neunerhaus Jahresbericht 2014

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neunerhaus Jahresbericht 2014


neunerhaus Jahresbericht 2014 Wien, Aug ust 2015 Impressum Herausgeber: neunerhaus – Hilfe für obdachlose Menschen Margaretenstraße 166 / 1. Stock, 1050 Wien Tel.: +43/1/990 09 09-900 verein@neunerhaus.at www.neunerhaus.at Für den Inhalt verantwortlich: Markus Reiter, Christa Weißmayer Chefredaktion: Flora Eder Redaktionsteam und Texte: Clarissa Böck, Flora Eder, Simone Floh, Irmgard Habenicht, Elisabeth Hammer, Roswitha Harner, Brita Wilfling Mitarbeit: Christina Mund, Monika Pfeffer Danke für die Unterstützung: an Oliver Werani Umsetzung: HAVAS Worldwide Wien Konzept: Oliver Cleven & Karin Schalko Art Director: Oliver Cleven Graphic Design: Georg Nejeschleba Druck: Paul Gerin GmbH & Co. KG Fotos und Gestaltung wurden kostenlos zur Verfügung gestellt. Das neunerhaus dankt sehr herzlich.


Liebe Leserin, lieber Leser, Kleidung, Dokumente, Fotos, Erinnerungsstücke... Was bleibt von einem Leben übrig, wenn man die Wohnung verloren hat? Menschen, die im neunerhaus Hilfe suchen, besitzen stellenweise nicht viel mehr als diese wenigen Dinge. Doch genauso wie jeder Mensch verschieden ist, äußert sich auch Wohnungslosigkeit auf ganz unterschiedliche Art: So können die einen noch ein Auto ihr Eigen nennen, in dem sie ihre Sachen lagern und die Nächte verbringen, während andere auf einmal mit dem gesamten Mobiliar ihrer geräumten Wohnung auf der Straße stehen – und nicht wissen, wohin damit. Manche mit einem vollen Einkaufswagen, andere mit einem Berg Schulden – zum Teil alleine, zum Teil mit ihrer Familie. Einige mit Umzugskartons, die sie bei FreundInnen lagern, einer Katze, die sie bei ihren Eltern unterbringen und andere mit einem ordentlich gepackten Koffer, als wären sie auf einer langen Reise. Doch wir alle wissen: Wohnungslosigkeit ist keine Reise, sondern eine der schlimmsten Formen von Armut. Die Fallzahlen in Wien steigen an. Über 10.000 Menschen benötigen jährlich Unterstützung der Wohnungslosenhilfe, bis 2006 waren es noch weniger als 5.000. Unter ihnen immer mehr Personen, die arbeiten, aber nicht ausreichend verdienen, oder die aufgrund prekärer Arbeitsverhältnisse nicht über die Armutsgrenze kommen. Zusätzlich steigen Mietpreise, vor allem im privaten Sektor, drastisch an. Eine gefährliche Mischung. Doch „einfach helfen“ ist in dieser schwierigen Situation nicht so einfach. Denn es braucht mehr als ein Dach über dem Kopf. Was wirklich hilft, sind nachhaltige Unterstützungsangebote, die auf die individuelle Lage der Menschen eingehen. Daher haben wir auch 2014 unsere Angebote reflektiert und die Entwicklung neuer fachlicher Standards, Kooperationen und der Qualitätssicherung verstärkt. Denn wirksame Hilfe muss sich an den Betroffenen orientieren – und nicht umgekehrt. 2014 behandelten unsere ÄrztInnen 3.000 obdachlose Personen in Wien. 450 Menschen fanden über neunerhaus ein Zuhause. Im Vergleich: 2013 waren es noch knapp 400 Personen. Dieser Zuwachs ist vor allem auf das wachsende neunerhaus Housing First-Angebot zurückzuführen. Doch die Nachfrage stieg bei allen unseren Angeboten im Vergleich zum Vorjahr an – in der Tierarztpraxis sogar um 94 Prozent. Diesen Andrang und die vielen einzelnen Herausforderungen könnten wir ohne unsere engagierten MitarbeiterInnen und Ihre Hilfe nicht bewältigen. Von einer kleinen einmaligen Spende bis zum großzügigen Dauerauftrag, vom Like auf Facebook bis zum umfangreichen Leistungsvertrag mit dem öffentlichen Fördergeber, vom Benefizkonzert bis zur langjährigen Unternehmenskooperation: Jede Hilfe zählt – und potenziert sich, je mehr gemeinsam an einem Strang ziehen. Wir sind stolz, damit einen Beitrag für eine solidarische Stadt Wien zu leisten, die sich so stark im Bereich der nachhaltigen Beendigung von Wohnungslosigkeit einsetzt. Mit diesem Bericht möchten wir daher zeigen, was wir gemeinsam 2014 für obdachlose Menschen in Wien bewirken konnten. Danke für Ihre Unterstützung! Wir wünschen eine spannende Lektüre,

Markus Reiter

Christa Weißmayer



WOHNEN 8 Wohnen, so normal wie möglich 10 Im Porträt: „Die beste Zeit meines Lebens“

GESUNDHEIT 14 Die VertrauensärztInnen für obdachlose Menschen 16 Im Porträt: „Mit guten Zähnen in eine bessere Zukunft“

INNOVATION 20 Innovationen anstoßen 22 ERST WOHNEN: Neue Chancen in den eigenen vier Wänden

QUALITÄT 26 Mehr als „einfach helfen“

PERSPEKTIVEN 28 Blick in die Zukunft

ZAHLEN UND FAKTEN 32 Leistungen

ORGANISATION 34 Ressourcen 37 Organigramm neunerhaus 38 Governance 42 Finanzen


Karl-Heinz, 63 J. hatte beim Einzug in das neunerhaus BillrothstraĂ&#x;e nur noch diesen Eierbecher.



Wohnen, so normal wie möglich 397 Erwachsene und 46 Kinder fanden 2014 mit dem neunerhaus ein Zuhause. Mit drei Wohnhäusern, Housing First und vier unterschiedlichen Betreuungskonzepten begleiten wir obdachlose Menschen in ein selbstbestimmtes Leben.

Das Leben von Alois R., 42, begann so gewöhnlich wie das vieler anderer auch. Er wuchs behütet bei den Eltern auf, machte eine Tischlerlehre, verliebte sich, heiratete und wurde Vater einer Tochter. Soweit lief alles in konventionellen Bahnen. Hätte Alois nicht plötzlich seine Anstellung verloren. Kein Job, kein Geld, ein Überfall, um an Geld zu kommen, Haft, Scheidung, Alkohol: Alois lebte nach der Entlassung aus der Haft auf der Straße. Im Sommer 2013 spitzte sich die Situation zu, sein Gesundheitszustand war stark angegriffen. Alois entschied sich auf Anraten engagierter StreetworkerInnen zu einem Entzug und dazu, noch einmal Anlauf auf eine eigene Wohnung zu nehmen. So kam er in das neunerhaus Hagenmüllergasse.

443

Alois ist einer von 443 obdachlosen Menschen, die im neunerhaus 2014 ein Zuhause und Unterstützung durch SozialarbeiterInnen gefunden haben. Für die insgesamt 297 Männer, 100 Frauen und 46 Kinder arbeitet neunerhaus in drei Wohnhäusern und mit dem Pilotpro-

obdachlose Menschen fanden dank neunerhaus 2014 ein Zuhause.

jekt Housing First, um in unterschiedlichen Situationen der Obdachlosigkeit bestmöglich helfen zu können.

2013 waren es 398 Personen.

Wirksame Unterstützung. In allen Angeboten setzt neunerhaus auf Empowerment, Augenhöhe und Respekt vor der Privatsphäre. Im Zentrum steht die Befähigung zum eigenstädigen Leben. In unseren Wohnhäusern sind Besuche ausdrücklich erlaubt und erwünscht. Durch hohe Wohnqualität, liberale Hausordnungen, einen eigenen Schlüssel, Rückzugsmöglichkeiten und einen frei gestaltbaren Tagesablauf halten wir den Heimcharakter der Wohnhäuser so gering wie es geht. Wohnen, so normal wie möglich, ist in allen Angeboten das Ziel. Das neunerhaus Hagenmüllergasse ist ein Übergangswohnhaus mit Unterstützung für zwei Jahre, bei Bedarf auch länger. Ziel ist es, die BewohnerInnen soweit zu begleiten, dass sie nach der Zeit im neunerhaus wieder eigenständig wohnen können.

Selbständig leben

2014 im Überblick: •  85 Männer, 22 Frauen, 72 Wohnplätze im Ausweichquartier Riedelgasse •  Das Gebäude in der Hagenmüllergasse wurde von 2012 bis 2014 neu errichtet,

lautet die Devise für alle neunerhaus-Angebote.

2014 wurde die Gleichenfeier begangen •  F ür den bevorstehenden Umzug 2015 in das neue Haus wurde das Betreuungskonzept evaluiert und neu ausgerichtet •  Um häufige Umzüge zu vermeiden, wurden mit den BewohnerInnen so früh wie möglich eigenständige Wohnperspektiven erarbeitet

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WOHNEN


Das neunerhaus Billrothstraße ist ein Kurzzeit-Übergangswohnhaus, in dem akut von Wohnungslosigkeit Betroffene Unterstützung für bis zu sechs Monate erhalten. Ziel ist es, danach wieder eigenständig zu wohnen. 2014 im Überblick: •  136 Männer, 4 Frauen, 44 Wohnplätze •  Jahresschwerpunkt Diversität •  Start der kostenlosen Beratung durch die Mietervereinigung Österreich •  A nwaltschaftliches Engagement: Nach dem neunerhaus Billrothstraße ist im Regelfall die Anschlussperspektive eine Sozialwohnung der Stadt Wien. 2014 wurden mehrere Wohnungen der Kategorie B und C zugewiesen: Ohne Warmwasser, Heizung und Dusche. Das ist für Menschen, die sich aktuell aus einer Krisensituation befreien, kaum bewältigbar. 2014 hat das neunerhaus intensiv auf dieses Problem aufmerksam gemacht und zugleich etwa beim Einbau einer Dusche geholfen. Das neunerhaus Kudlichgasse ist ein sozial betreutes Wohnhaus für obdachlose Menschen mit langfristigem Unterstützungsbedarf. 2014 im Überblick: •  36 Männer, 32 Frauen •  Jahresschwerpunkt „Gender“ •  Frauen-Power-Treffen, Herren-Runden •  Empowerment und Selbstwert stärken •  Theatergruppe und Film mit BewohnerInnen. Die Ideen für die jeweiligen Stücke kamen von den BewohnerInnen, waren Märchen und Situationen aus dem Alltag. Regie: Mar Costa. Das Innovationsprojekt Housing First (Pilotprojekt seit 2012) bringt eigenständiges Wohnen mit Begleitung durch SozialarbeiterInnen. Betroffene wohnen hier nicht in Heimen, sondern

Housing First

mit eigenem Mietvertrag in normalen Wohnungen in Wien. 2014 im Überblick: •  35 Männer, 39 Frauen, 44 Kinder

Erfolgsprojekt: Obdachlose

•  30 neu akquirierte Wohnungen

Menschen werden direkt in leistbare

•  Das neunerhaus-Team unterstützte bei: Finanziellem, Fragen zu Familie,

Wohnungen vermittelt und erhalten

Amtswegen, Gesundheit, Arbeit, Partnerschaft etc.

sozialarbeiterische Begleitung. Mehr im Housing First Pilotbericht:

Zurück zu Alois. Schritt für Schritt war Alois nach einer langen Phase des Ankommens im

www.neunerhaus.at/HousingFirst

neunerhaus Hagenmüllergasse wieder voller Tatendrang. Bis Ende 2014 wollte er wieder selbständig wohnen. Er gönnte sich kaum noch einen tatenlosen Tag und bemühte sich um ein Sommer-Praktikum als Regalbetreuer in einem Großmarkt. Sein Engagement kam an, das Praktikum ging in eine feste Anstellung über. Der erste Schritt war geschafft. Kurz vor Weihnachten hörte Alois von einer leistbaren privaten Wohnung. Er bekam den Zuschlag. Alois packte seine Koffer und Schachteln. Eine schlaflose Nacht stand bevor. Mit Unterstützung des neunerhauses kam ein großes Paket mit Lebensmitteln, Möbeln, Hausrat und Wäsche zustande. Dieses sollte ihm den Start ebenfalls ein wenig erleichtern: den Start in ein neues Leben. WOHNEN

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„Die beste Zeit meines Lebens“ Hans Zauner*, 70 Jahre alt, hat im neunerhaus Kudlichgasse das erste Mal in seinem Leben ein Zuhause gefunden. Aber lange Jahre auf der Straße haben tiefe Wunden hinterlassen. Er ist heute auf professionelle Pflege und Unterstützung im Alltag angewiesen.

In der Schule war er Klassenbester, lernte freiwillig am Nachmittag Latein und flüsterte den LehrerInnen die Korrekturen ihrer Fallfehler ins Ohr. Studieren müsse er, sagten sie. Das hätte er auch gern. „Erdkunde, Biologie, Chemie, Geschichte – egal was“, sagt Hans. „Ich hätte Atomphysiker werden können!“ Aber das Leben hatte andere Pläne für den heute 70-Jährigen. Mit 16 Jahren arbeitete er in einer Fleischhauerei in Niederösterreich. Arbeitskollegen hatten es auf ihn abgesehen, schlugen ihn mehrere Male bewusstlos, folterten ihn, brachen ihm die Zähne aus. „Ich war nur mehr ein wimmerndes und zitterndes Bündel“, sagt Hans. Eines Tages ergriff er die Flucht. Doch die Eltern zeigten kein Verständnis, setzten ihren verletzten und traumatisierten Sohn vor die Tür. 13 Winter überlebte er im Freien, sagt er. Auf den Wiesen und in den Wäldern des Piestingtals, im Winter tagsüber vor dem Heizkörper eines Wirten und nachts in den Mulden, die er in den Schnee buddelte. Wovon man sich dann ernährt? „Von nichts“, sagt Hans, „jeder Tag war ein Kampf ums Überleben.“ Im August 1975 kam die Wende, sein „zweiter Geburtstag“. Er fand neuen Mut, Arbeit, eine Wohnung und seinen besten Freund, zu dem er bis heute Kontakt hat. Hans kam nach Wien, um am Bau des General-Motors-Werks mitzuarbeiten. Doch als das Werk fertig war, war auch die Stelle weg. Und er landete wieder auf der Straße. Gelegentlich schlief er bei Freunden. Zwischenzeitlich übernachtete er in Parks, U-Bahn-Stationen und beheizten WC-Anlagen. „Das ist wirklich grauslich. Aber im Vergleich zum Land kommt man in der Stadt leichter über die Runden“, sagt Hans. Das jahrelange Leben auf der Straße hat tiefe Narben in Hans’ Gesundheit hinterlassen. Heute wohnt er im neunerhaus Kudlichgasse, das spezielle dauerhafte Unterstützung für Menschen bietet, die eine oft jahrelange Biographie der Obdachlosigkeit haben – wie Hans. Hier erhält er nicht nur ein fixes Dach über dem Kopf, sondern auch professionelle medizinische Versorgung und Begleitung im Alltag. Nach zwei Schlaganfällen und wochenlangen Krankenhausaufenthalten ist er auf diese intensive Unterstützung angewiesen. Hans kann heute seine Beine kaum noch bewegen. Verbandszeug und Medikamente lagern in seinem Zimmer. Regelmäßig bekommt er Besuch von neunerhaus-Wohnbetreuer Benjamin Löhr, zweimal die Woche die Heimhilfe, dreimal die mobile Krankenpflege. Hans hilft mit, wo er kann, „ich will niemanden belasten“, sagt er. Die meiste Zeit verbringt er in seinem kleinen Appartement, spielt Schach und Bridge am Computer. Früher nahm er an Schachmeisterschaften teil, hatte eine Elo-Zahl von 1.922 – „aber das ist schon lang her“, sagt er. Heute machen ihm seine starken Schmerzen zu sehr zu schaffen. Trotzdem sagt er über seine Zeit im neunerhaus: „Das ist die beste Zeit meines Lebens.“ * Name von der Redaktion geändert.

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Wenn die Chemie stimmt Benjamin Löhr ist seit 2011 Wohnbetreuer im neunerhaus Kudlichgasse und unterstützt Hans Zauner im Alltag. Der Erhalt der vorhandenen Fähigkeiten steht im Vordergrund der Unterstützung. Wichtig ist es auch, sich empathisch auf die individuellen Bedürfnisse der BewohnerInnen einzustellen.

Regelmäßig besucht neunerhaus-Wohnbetreuer Benjamin Löhr Hans Zauner in seinem Appartement im neunerhaus Kudlichgasse. „Ich bin meist eine halbe Stunde bei ihm – die Zeit ist immer sehr intensiv. Herr Zauner erzählt gern. Früher hatte er ja nie jemanden, der ihm so lange zugehört hat wie ich“, sagt Löhr. Noch bis vor einem Jahr ging es in den Gesprächen vor allem um das ereignisreiche Leben von Herrn Zauner. In den letzten Monaten rückten Gesundheit und die starken Schmerzen nach Zauners Krankenhausaufenthalt in den Mittelpunkt. Aufgrund gesundheitlicher Probleme und der langen Zeit der Obdachlosigkeit kann der 70-Jährige nicht mehr in einer eigenen Wohnung ohne Unterstützung wohnen. Das neunerhaus Kudlichgasse hilft ihm, trotzdem so selbstbestimmt wie möglich zu leben. Hilfe für wohnungslose Menschen habe Löhr immer schon interessiert, sagt er. Schon seinen Zivildienst absolvierte er in einer stark frequentierten Notschlafstelle. „Am Anfang hatte ich noch Berührungsängste mit obdachlosen Menschen“, sagt Löhr, „es war wirklich etwas Neues für mich“. Doch schnell zeigte sich, dass mit Respekt ein Kontakt auf Augenhöhe möglich war, den er sich davor nicht erwartet hätte. „Es kommt schlicht darauf an, wie man auf einen Mensch zugeht: Da sind wir alle gleich. Wer obdachlosen Menschen gut zuhört, kann viel über das Leben erfahren.“ Doch nicht nur Reden und Zuhören gehören zu Löhrs Aufgaben. Er unterstützt Herrn Zauner bei der Organisation des Alltags – das reicht von der Koordination von externen Fachkräften wie Heimhilfen und Hauskrankenpflege über das Sicherstellen der Medikamentenversorgung im Zusammenspiel mit der Apotheke bis hin zu Begleitungen zu auswärtigen Terminen und Spitalsbesuchen. Aufgrund der eingeschränkten Mobilität und des Rollstuhls werden auch ganz selbstverständliche Aufgaben wie das Einkaufen von Kleidung oder eines neuen Telefons schnell zu großen Herausforderungen. „Kurz gesagt: Ich versuche gemeinsam mit Herrn Zauner den Überblick zu bewahren.“ Die Basis für das gute Verhältnis, das man den beiden sofort anmerkt, seien Zeit und Löhrs offenes Ohr. „Ich interessiere mich für Herrn Zauner, gebe ihm viel Wertschätzung. Das ist gerade nach so einem schwierigen Leben besonders wichtig.“ Mit Herrn Zauner könne man gut diskutieren. „Er ist ein intelligenter Mensch, der Herausforderungen in Diskussionen schätzt. Und ich schätze an ihm, dass er sehr offen anderen Meinungen gegenüber ist“, so Löhr. Auch wenn es Herrn Zauner manchmal aufgrund der Schmerzen nicht so gut geht, bringt Löhr ihn zum Lachen. „Man kann sagen, die Chemie zwischen uns stimmt.“

WOHNEN 11


Katrina, 47 J. Patientin in der neunerhaus Zahnarztpraxis, seit einem Jahr obdachlos. Am wichtigsten sind ihr Brille und Armreif, die ihr eine Freundin geschenkt hat.



Die VertrauensärztInnen für obdachlose Menschen 2.842 wohnungslose Menschen in Wien wurden von den neunerhaus ÄrztInnen 2014 behandelt. Zusätzlich startete die Neuausrichtung der allgemeinmedizinischen Versorgung auf Grundlage der Gesundheitsreform 2013.

Karin G., 37 Jahre alt, lebt jetzt – nach einem dramatischen Beziehungsende und Jahren auf der Couch einer Freundin – in einem Übergangswohnhaus der Wohnungslosenhilfe. Aus Angst vor anfallenden Kosten war sie seit über zehn Jahren nicht mehr bei einem Arzt. Ihre Sozialarbeiterin leitete sie an die neunerhaus Zahnarztpraxis weiter, wo sie das erste Mal wieder medizinische Hilfe annahm. Ein Team von rund 30 ehrenamtlichen ZahnärztInnen, einer Sozialarbeiterin und zwei zahnärztlichen AssistentInnen kümmert sich um die, auch 2014, immer mehr werdenden PatientInnen. Der Wiener Poldi O., 67 Jahre alt, lebte den überwiegenden Teil seines Lebens auf der Straße.

2.842

Vor fünf Jahren erlitt er zwei Herzinfarkte und wurde in einem betreuten Wohnhaus für obdachlose Menschen aufgenommen. Im Erdgeschoss seines neuen Zuhauses befindet sich eine kleine Arztpraxis des neunerhaus. Dank der wöchentlichen Sprechstunden bei der

PatientInnen versorgte

neunerhaus Ärztin hat Poldi seinen Alkoholkonsum in den Griff bekommen. Seine großen,

neunerhaus 2014

offenen und unbehandelten Wunden an den Beinen lässt er nun behandeln. Die Ärztin ist eine von zehn neunerhaus ÄrztInnen, die in ganz Wien 16 Ordinationen wie diese, sowie eine ambulante Arztpraxis, betreiben. Robert L. aus Polen, 35, kam nach Wien, um Arbeit zu finden. Doch die Anstellung war so prekär wie sein Wohnverhältnis: Er wurde nicht gemeldet und fand nie länger als einige Monate eine Unterkunft, manchmal schlief er im Freien. Nach einem Arbeitsunfall wurde alles noch schlimmer, er war nicht versichert. In der neunerhaus Arztpraxis wird er trotzdem behandelt. Drei AllgemeinmedizinerInnen und eine Sozialarbeiterin sind hier für alle obdachlosen Menschen in Wien da. neunerhaus versorgte 2014 mit diesen 16 Ordinationen, der ambulanten Hausarztpraxis und der Zahnarztpraxis insgesamt 2.842 obdachlose Menschen in Wien. Die neunerhaus ÄrztInnen waren für ihre PatientInnen in 21.984 Behandlungsterminen insgesamt 6.967 Leistungsstunden da. Zusätzlich stand neunerhaus 2014 vor der Herausforderung, die geplanten Reformen der österreichischen Gesundheitsreform, die 2013 vom Parlament beschlossen wurde und eine Neuausrichtung des niedergelassenen Bereichs vorsieht, umzusetzen. Gesundheitsreform im neunerhaus. Ziele der Gesundheitsreform 2013 sind einerseits gesundheitliche Chancengerechtigkeit und andererseits die Stärkung der Rolle der Hausärzt-

Gesundheitsreform im neunerhaus

Innen, was auch neunerhaus in seinem allgemeinmedizinischen Angebot betrifft. Unser Beitrag zu einer niederschwelligen und innovativen Gesundheitsversorgung ist es, wohnungslosen Menschen mit sozialem Unterstützungsbedarf den Zugang zu allgemein-

Nach dem Leitsatz „Gesundheit für alle“

und zahnmedizinischer Versorgung zu ermöglichen und für all jene Personen da zu sein,

will sich neunerhaus zum niederschwellig

die derzeit nicht ausreichend an das Regelsystem angebunden sind – unabhängig von Alter,

erreichbaren und innovativen Gesund-

Versicherungsstatus oder Aufenthaltstitel. Wir sind VertrauensärztInnen für wohnungslose

heitsdienstleister weiterentwickeln

Menschen, die (noch) keine/n Hausarzt/ärztin haben und ermächtigen unsere PatientInnen, weiterführende Behandlungen im regulären Gesundheitssystem in Anspruch zu nehmen.

14 GESUNDHEIT


Unsere Kombination von Gesundheitsversorgung und sozialarbeiterischer Beratung hilft bei der Überwindung organisatorischer oder finanzieller Hürden. Die Gesundheitsreform 2013 ist durch zahlreiche Ziele geprägt, von denen neunerhaus bereits einige 2014 erfolgreich umsetzte: Ziel: „Stärkung der Primärversorgung und Definition eines Best Point of Service“. Unsere ÄrztInnen sind leicht und niederschwellig erreichbar, sie müssen keine Termine vereinbaren oder bürokratische Hürden bewältigen. Bei sprachlichen Barrieren steht ein Videodolmetsch-System zur Verfügung, das bisher erfolgreich für PatientInnen aus Ungarn, Rumänien und Bulgarien eingesetzt wurde. Ziel: „Förderung der Multiprofessionalität im niedergelassenen Bereich“.

Best Point of Service

Aufgrund der engen Zusammenarbeit zwischen unseren ÄrztInnen und SozialarbeiterInnen

Die neunerhaus ÄrztInnen sind mit

zeichnet Multiprofessionalität seit jeher die medizinischen Angebote des neunerhaus aus.

Wissen um die besonderen Lebens-

Darüber hinaus arbeiten wir kontinuierlich am Ausbau der Kooperationen mit FachärztInnen,

umstände die VertrauensärztInnen

um die allgemeinmedizinische Versorgung weiterhin zu verbessern.

obdachloser Menschen in Wien.

Ziel: „Schaffung integrierter und innovativer Versorgungsformen“. Da die Wohnsituation eines Menschen erheblichen Einfluss auf seinen Gesundheitsstatus hat, verknüpfen wir diese beiden Lebensbereiche – Gesundheit und Wohnen – durch ganzheitliche Perspektiven, die SozialarbeiterInnen in die Behandlung und Beratung mit einbringen. Ziel: „Prävention und Gesundheitsförderung“. Positive Erfahrungen mit unseren Behandlungs- und Beratungsleistungen bewirken, dass sich PatientInnen vermehrt mit ihrem physischen und psychischen Wohlbefinden auseinandersetzen. Präventive und gesundheitsfördernde Effekte werden erzielt. Im Jahr 2014 wurde zudem eine erfolgreiche Impfaktion gegen Influenza sowie Hepatitis A und B durchgeführt und unser Angebotsspektrum z.B. durch Substitutionsbehandlungen erweitert. Ausblick und Perspektiven. neunerhaus wird auch 2015 die allgemeinmedizinischen

Soziale Arbeit

Angebote durch Pilotprojekte und Fortbildungen weiterentwickeln und ausbauen: Um weiterhin eine maßgeschneiderte medizinische Versorgung für obdachlose Menschen wie

ergänzt die medizinische

Karin, Poldi und Robert anbieten zu können, weil der Zugang zu medizinischen Leistungen

Versorgung im neunerhaus

ein Menschenrecht ist.

GESUNDHEIT 15


Mit guten Zähnen in eine bessere Zukunft Roman O. ist Patient in der neunerhaus Zahnarztpraxis.

Der Wiener Stadtpark ist für Roman O. mehr als eine gepflegte Grünfläche in der Wiener Innenstadt. Der etwa 40-Jährige hat in den vergangenen zwei Jahren einen Großteil der Nächte hier verbracht, bei klarem Himmel wie bei strömendem Regen. Seit über zwei Jahren wohnt Roman unter prekären Umständen: Im Winter in Notschlafstellen, ab dem Frühjahr entweder auf der Straße oder bei Bekannten. Dabei hat er einen Studienabschluss in Chemie in der Tasche, spricht fünf Sprachen fließend. Doch nachdem er vor Jahren einmal mit dem Gesetz in Konflikt kam, ging es für ihn bislang nicht mehr bergauf – seine Situation droht sich sogar immer weiter zu verschlechtern. Das möchte Roman jetzt ändern. Doch als EU-Bürger, mit zu wenigen Beitragszahlungen als Arbeitnehmer in Österreich und ohne sogenannte Anmeldebescheinigung, ist er in Wien „nicht anspruchsberechtigt“ – und hat es damit besonders schwer. Er ist weder sozialversichert noch berechtigt, Mindestsicherung zu beziehen. Im Winter kann er im Rahmen des „Winterpakets“ in einem Bettenlager übernachten, tagsüber stehen ihm Tageszentren und Beratungsstellen zur Verfügung. Ab April jedoch bleibt ihm – wie hunderten Weiteren – nur die Straße, oder, mit viel Glück, das Unterkommen bei Bekannten. Wo er ansetzen kann, um seine Situation zu verbessern, ist eine schwierige Frage: Ohne Wohnung kein Job, ohne Job keine Wohnung. Das ist einer von mehreren Teufelskreisen. Hinzu kommt seine schwierige gesundheitliche Situation. Erst kürzlich musste er aufgrund einer schweren Erkrankung mehrere Tage intensiv stationär behandelt werden. Gäbe es nicht ein Krankenhaus in Wien, das auch nicht-versicherte Menschen versorgt, hätte diese Erkrankung tödlich enden können. Roman hatte Glück. Und hat nach wie vor den Mut nicht verloren. Um sich aus der Situation zu befreien, sieht er mittlerweile seine Perspektive in Deutschland – und hofft, mit Unterstützung seiner dort lebenden Mutter, wieder von vorn anfangen zu können. Unabdingbare Voraussetzung, um dieses Ziel zu erreichen, sind für ihn gute Zähne. „Ohne Zahnsanierung finde ich weder Arbeit noch Wohnung. Aber für mich persönlich noch viel wichtiger: Ich kann meiner Mutter nicht aufrecht in die Augen sehen“, sagt Roman. Romans Zähne sind seit Jahren sehr schlecht. Das ist nicht nur ein optisches Problem – „ich habe Schmerzen und Schwierigkeiten, feste Mahlzeiten zu kauen“, sagt er. Daher kommt Roman in die neunerhaus Zahnarztpraxis und für die Nachbehandlung seiner Erkrankung in die neunerhaus Arztpraxis. Hier werden alle obdachlosen Menschen in Wien ungeachtet ihres Versicherungsstatus behandelt und professionell von AllgemeinmedizinerInnen und ehrenamtlichen ZahnärztInnen versorgt. Mit Sozialarbeiterin Magdalena Elsnegg, die im Empfangsbereich beider Praxen die PatientInnen berät, arbeitet er außerdem daran, dass seine Zukunftspläne diesmal endlich erfolgreich umgesetzt werden: „Wenn alles gut geht, war das der letzte Winter, den ich im Unsicheren zwischen Straße, Bekannten und Notquartier verbringen musste. Endlich.“

16 GESUNDHEIT


Lösungen, selbst in ausweglosen Situationen Magdalena Elsnegg ist Sozialarbeiterin in der neunerhaus Arzt- und Zahnarztpraxis.

„Für Menschen in einer Situation wie der von Roman ist es besonders schwer – es gibt nur wenige Stellen, die helfen können“, sagt Magdalena Elsnegg, Sozialarbeiterin der neunerhaus Zahnarzt- und Arztpraxis im fünften Bezirk in Wien. Sie empfängt hier die PatientInnen und führt mit allen vor der ersten Behandlung ein Aufnahmegespräch, in dem neben Fragen zur Gesundheit auch die Wohnsituation und Perspektiven zu deren Verbesserung besprochen werden. Für viele ist Elsnegg die erste Ansprechperson in der Wohnungslosenhilfe überhaupt: So schwierig es ist, Hilfe anzunehmen – Zahnschmerzen kann niemand ignorieren. Die meisten der PatientInnen, die Elsnegg begrüßt, haben eine aufrechte Krankenversicherung. „Es stimmt nicht, dass obdachlos gleich nicht versichert heißt“, sagt sie. „Trotzdem ist bei uns nicht die erste Frage jene nach der E-Card, sondern: Mein Name ist Magdalena, wie heißt du?“ Abbau von Hürden und Scham seien zwei ihrer wichtigsten Aufgaben. Dazu gehöre auch, dass in den neunerhaus-Praxen niemand Angst vor Kosten haben müsse. Denn viele obdachlose Menschen trauen sich trotz Erkrankung nicht zum Arzt. Das soll in der neunerhaus Arzt- und Zahnarztpraxis anders sein. Elsnegg steht in ihrer Arbeit täglich vor schwierigen Herausforderungen. „Die beschränkten Handlungsmöglichkeiten für viele meiner PatientInnen sind manchmal selbst für KennerInnen des Hilfssystems ausweglos“, sagt sie: „Mein Job ist es, trotzdem nach Lösungen zu suchen.“ Strukturelle Probleme könne aber auch sie nicht auflösen. Das Einzige, das in besonders komplexen Fällen noch helfe, sei das weitverzweigte Netzwerk des neunerhaus an Kooperationen mit FachärztInnen, Sozialorganisationen und Unternehmen – und Spenden. Dank deren Hilfe könne oft auch in ausweglosen Situationen Unterstützung geleistet werden. „Ohne dieses Engagement könnten wir niemals angemessen auf die Bedürfnisse der PatientInnen eingehen“, sagt sie. Und auch die Situation von Roman ist selbst für erfahrene SozialarbeiterInnen wie Elsnegg speziell. „Roman hat nach dem Winterpaket, das im April endete, von einem auf den anderen Tag seinen Schlafplatz verloren – hätte er nicht die Möglichkeit gehabt, bei einer Bekannten unterzukommen, wäre die Chance auf eine Unterkunft gegen Null gegangen“, erklärt Elsnegg. Was obdachlos zu sein bedeute? Das könne man sich als Mensch mit einem Zuhause kaum vorstellen, sagt sie: „In erster Linie ist das eine grundsätzliche Destabilisierung aller Lebensbereiche. Von den FreundInnen, der Familie, dem Job – bis hin zur Gesundheit. Und ab dann beißt sich sehr schnell bei jedem Lösungsversuch die Katze in den Schwanz.“ Sozialarbeit und Gesundheitsversorgung müssten daher früher als beim Notfall ansetzen, qualitative Hilfe dürfe keine Frage des Einkommens sein. Um das zu verdeutlichen, erzählt Elsnegg von einer Rechnung, die eine ihrer Klientinnen ohne Krankenversicherung von ihrem Spitalsaufenthalt erhielt – nach der Geburt ihres Kindes. Auch in diesem Fall konnte Elsnegg helfen und einen Kostenerlass erwirken: „Gerade in diesen Situationen zeigt sich, wie wichtig niederschwellige Sozialarbeit ohne Zugangsbarrieren wirklich ist.“

GESUNDHEIT 17


Eva, 54 J. Patientin in der neunerhaus Arzt- und Zahnarztpraxis, seit zwei Jahren obdachlos. Ein Foto und die Armbanduhr ihres verstorbenen Mannes tr채gt sie immer bei sich.



Innovationen anstoßen Den Status quo nicht akzeptieren, sondern den Sozialstaat weiterentwickeln – das ist der neunerhaus-Anspruch. Dafür braucht es starke inhaltliche Arbeit, genaue Ziele und vielfältige Kooperationen. Daher haben wir 2014 den Bereich Grundlagen und Entwicklung verstärkt.

Roland Ö., 39, erhielt nach der Delogierung aus seiner Wohnung Hilfe im neunerhaus Billrothstraße. Über die Jahre hatten sich Schulden bei ihm angehäuft, irgendwann konnte er auch die Miete nicht mehr zahlen. Mit Unterstützung eines Sozialarbeiters bekam er einen Überblick über den Schuldenberg und erarbeitete einen Plan für die Abzahlung. Weil sein ehemaliger Vermieter die gesamte Kaution behalten hatte, obwohl diese höher als die Mietschulden war, nahm Roland im neunerhaus eine kostenlose Beratung der Mietervereinigung in Anspruch. Beim Durchsehen des Mietvertrags stellte sich heraus, dass er zudem monatelang zu viel für die kleine Wohnung in einem Zinshaus bezahlt hatte. Das Geld wollte er sich zurückholen. Aber wie? Herausforderungen wie diese erleben unsere KlientInnen und PatientInnen tagtäglich – und wir mit ihnen. Oft fehlen auch uns noch Lösungen, um dann bestmöglich und professionell weiterhelfen zu können – weil passgenaue Hilfen und neue Angebote erst entwickelt werden müssen. Um solche Lücken qualitativ zu schließen, investierte neunerhaus 2014 in den Bereich Grundlagen und Entwicklung. Ausgehend von den Erfahrungen unserer Einrichtungen werden bestehende Angebote weiterentwickelt, über Kooperationen neue Partner gewonnen, aber auch Veränderungsbedarf an die Politik adressiert. So setzt neunerhaus den eigenen Anspruch um, den Status quo nicht zu akzeptieren, sondern uns und die Rahmenbedingungen für unsere KlientInnen stetig zu verbessern – und mit neuen Projekten Vorbilder für zukunftsfähige Lösungen zu entwerfen. Statt mehr vom Selben wächst dadurch auch die neunerhaus-Bandbreite: von der Wohnungsakquiseplattform bis zur Tierarztpraxis.

Konkrete Hilfe

Politische Veränderungen. Flächendeckend beenden lässt sich Wohnungslosigkeit damit noch nicht. Für die Verfügbarkeit von leistbarem Wohnraum, die Sicherung bestehender günstiger Wohnungen und den Zugang zum Gesundheitssystem für alle sind politische

wirkt doppelt, wenn sie immerzu

Maßnahmen notwendig. Neben unseren Angeboten engagieren wir uns deshalb als

überdacht, verbessert und weiter-

sozialpolitischer Akteur für weitreichende Reformen und einen inklusiven europäischen

entwickelt wird – und dadurch

Sozialstaat. In Arbeitsgruppen der Wiener Wohnungslosenhilfe, bundesweit und innerhalb

Veränderungsprozesse angestoßen

der FEANTSA auf europäischer Ebene haben wir uns auch 2014 für die Anliegen obdach- und

werden können.

wohnungsloser Menschen eingesetzt und unsere Erfahrungen in öffentliche Debatten eingebracht. Neben aktiver Pressearbeit, der Publikation von Fachartikeln und der Teilnahme an Tagungen beteiligten wir uns 2014 an vielen verschiedenen Netzwerken und Initiativen: •  I m Dachverband der Wiener Sozialeinrichtungen konnten wir die Konzeption einer wienweiten Plattform für die Akquise von leistbaren Wohnungen speziell für obdachlose Menschen abschließen,

20 INNOVATION


•  im Verband Wiener Wohnungslosenhilfe übernahm neunerhaus für jeweils ein halbes Jahr den planmäßig rotierenden Vorsitz und dessen Stellvertretung, entwickelte gemeinsam mit anderen Organisationen wohnungspolitische Reformideen, schaffte neue MitarbeiterRessourcen und setzte sich für nicht-anspruchsberechtigte obdachlose Menschen in Wien ein, •  u nd wir kommunizierten unsere Erfahrungen mit der Wohnungsmarktsituation mit Fachartikeln in „Sozialarbeit in Österreich“ und „Der Mieter“, auf einer Fachtagung der Arbeiterkammer, einer Präsentation der Neuauflage des „Handbuchs Armut“, im Rahmen

Qualitative Hilfe

eines stadtpolitischen Vernetzungstreffens sowie des Forums Alpbachs und des zivilgesellschaftlichen Zukunftsbudgets der Plattform „Wege aus der Krise“, das mit konkreten

benötigt professionelles

Vorschlägen Kritik an der österreichischen Budgetverwendung übt.

Engagement, Qualitätssicherung und die Einbindung der Betroffenen.

Die neunerhaus-Vision: Gesellschaftliche Veränderung braucht eine breite Basis und die Einbindung möglichst vieler Menschen aus unterschiedlichsten Bereichen. Um ambitionierte Ziele und qualitative Hilfe zu erreichen, sind Kooperationen für uns unverzichtbar geworden: •  Das beginnt bei der täglichen Betreuung unserer KlientInnen, die wir durch Zusammenarbeit mit anderen Organisationen bedarfs- und bedürfnisorientierter gestalten können. •  2014 gelang nach intensiven Bemühungen der Aufbau eines Netzwerks an FachärztInnen, die auch nichtversicherte PatientInnen behandeln. Zuvor hatten notwendige Überweisungen die neunerhaus-Arztpraxis ständig vor Herausforderungen gestellt. •  B esonders vielschichtig ist unsere Zusammenarbeit mit der Wohnungswirtschaft: Gemeinsam mit inzwischen 18 Partnern baute neunerhaus eine Plattform für die direkte Vermittlung leistbarer Wohnungen an ehemals wohnungslose Menschen auf. Ursprünglich

Doppelte Wirkung

vor allem zur Umsetzung des Housing First-Pilotprojekts gegründet, trägt ERST WOHNEN heute wesentlich zum besseren Verständnis zwischen Wohnbauträgern und Wohnungs-

Durch Kooperationen können wir

losenhilfe und so zur Weiterentwicklung von Housing First bei und hilft, Vorurteile und

gemeinsam mehr erreichen.

Klischeebilder von Obdachlosigkeit abzubauen. •  Und auch beim anwaltschaftlichen Einsatz für wohnungslose Menschen suchen wir erfahrene Verbündete – wie die Mietervereinigung, die neunerhaus-BewohnerInnen seit 2014 beim Einzug in die eigenen vier Wände mit kostenloser Beratung zur Seite steht. Zurück zur konkreten Hilfe: So entstand unter anderem die Möglichkeit für Roland, sein Recht durchzusetzen. Gemeinsam mit den JuristInnen der Mietervereinigung konnte er die Rückzahlung von 800 Euro erreichen. Sehr viel Geld für Roland. Er verwendete es nicht nur für die Tilgung seiner Schulden. Einen Teil davon legte er beiseite: Für die erste Mietzahlung seiner neuen Wohnung, die er Ende 2014 bezog.

INNOVATION 21


ERST WOHNEN: Neue Chance in den eigenen vier Wänden Als Mitarbeiterin des neunerhaus-Kooperationspartners und Wohnbauträgers ÖVW leistet Brigitte Hiesleitner einen wichtigen Beitrag zu mehr Selbstbestimmung in der Wohnungslosenhilfe: Sie vermietet Wohnungen an ehemals obdachlose Menschen, die durch neunerhaus betreut werden.

„Alle wollen es so bald wie möglich wieder ganz alleine schaffen. Trotz oder wegen ihrer Lebensgeschichten sind viele beeindruckend ehrgeizig“, erzählt Brigitte Hiesleitner von ihrem Eindruck der Mietvertragsunterzeichnungen mit jenen künftigen MieterInnen, die durch neunerhaus betreut werden. Seit 2009 ist sie beim Österreichischen Volkswohnungswerk (ÖVW) für Wiedervermietungen zuständig. Als das gemeinnützige Wohnbauunternehmen gemeinsam mit dem neunerhaus und weiteren Partnern 2012 die Plattform ERST WOHNEN aufbaute, war der sogenannte „Housing First“-Ansatz auch für Hiesleitner komplett neu. Dass eben noch obdachlose Menschen direkt in eine Wohnung vermittelt und so lange wie notwendig beim eigenständigen Wohnen unterstützt werden, sei aber auch für VermieterInnen ein Vorteil: „Mietrückstände oder Probleme mit der Wohnung kommen vor, nicht nur bei zuvor wohnungslosen Menschen. Durch die Unterstützung verschweigen diese MieterInnen Schwierigkeiten aber nicht, sondern sprechen sie meiner Erfahrung nach offener und schneller an.“ Für Hiesleitner ist das auch ein Ergebnis der klaren Trennung von Wohnung und Betreuung, „das nimmt den Leuten die Angst, ihr neues Zuhause gleich wieder zu verlieren“. ÖVW und 17 andere Kooperationspartner von ERST WOHNEN sorgen dafür, dass es dieses Zuhause überhaupt gibt. Denn das neunerhaus-Projekt „Housing First“ steht und fällt mit leistbaren Wohnungen, und diese sind in Wien rar. „Schon ein paar Minuten nach der Veröffentlichung auf unserer Website haben wir für günstige kleine Wohnungen Voranmeldungen im zweistelligen Bereich. Menschen in schwierigen Lebenslagen haben auf diesem Weg wenig Chancen“, begründet Hiesleitner die enge Zusammenarbeit von Wohnungslosenhilfe und Wohnungswirtschaft. Dadurch sind jährlich einige Wohnungen für KlientInnen des neunerhaus vorgesehen. Wenn sie von einer frei werdenden passenden Wohnung erfährt, informiert Hiesleitner das neunerhaus Housing First-Team von Claudia Halbartschlager. In den fast drei Jahren der Kooperation haben beide Seiten viel von- und übereinander gelernt. Hiesleitner ist vor allem ein Neustart ohne Vorurteile wichtig: „Für mich sind das ganz normale MieterInnen, und so sollen sie sich auch fühlen können.“ Im Wohnhaus erfahre deshalb niemand von den Vorgeschichten neuer NachbarInnen, denn „jeder kann in seinem Leben in eine Notlage geraten. Und jeder hat dann eine neue Chance verdient.“

22 INNOVATION


Housing First: Begleitung in die Eigenständigkeit Housing First-Projektleiterin Claudia Halbartschlager über die Zusammenarbeit von Sozialarbeit und Wohnungswirtschaft – und wie ERST WOHNEN zum beidseitigen Umdenken beiträgt.

„Zum Wohnen braucht man eine Wohnung. Das ist die erste und oft größte Hürde“, erzählt Housing First-Projektleiterin Claudia Halbartschlager von den Anfängen ihrer Zusammenarbeit mit Wohnbauträgern. Housing First ist ein Pilotprojekt, das neunerhaus seit 2012 in Wien durchführt. Wohnungslose Menschen werden direkt in eine eigene Wohnung vermittelt und vom neunerhaus mit Sozialarbeit unterstützt und begleitet. Dabei ist klar: Hier steht Selbstbestimmung im Vordergrund. Deshalb haben die betreuten Personen einen vom neunerhaus unabhängigen eigenen Mietvertrag. Wohnungsentzug als Druckmittel in der Betreuung entfällt. Doch Wohnungssuche auf eigene Faust sei in so schwierigen Lebenssituationen meist aussichtslos, „es war schnell klar, dass wir das übernehmen müssen, den Zugang alleine aber nicht schaffen können“. Die Lösung lag in der Zusammenarbeit mit Unternehmen, die das können: Mit ERST WOHNEN wurde eine Plattform zur Vermittlung leistbarer Wohnungen an ehemals wohnungslose Menschen aufgebaut. Inzwischen beteiligen sich 18 Unternehmen aus der Wohnungswirtschaft und machen Housing First in Wien erst möglich. ÖVW und damit auch Brigitte Hiesleitner waren von Beginn an dabei. Hiesleitner kennt die Anforderungen des neunerhaus gut und hat sie bei Wohnungsrückgaben immer im Hinterkopf. „Wir haben keine Wartelisten, wo die nächste freie Wohnung automatisch zugeteilt wird. Mit neuen KlientInnen erarbeiten wir erst gemeinsam, welche Kriterien eine langfristig passende Wohnung erfüllen muss und was „leistbar“ im persönlichen Fall bedeutet“, beschreibt Halbartschlager den für Bauträger ungewöhnlichen Weg zum Mietvertrag. Sind Wohnung und künftige MieterIn gefunden, müssen in den Wochen vor dem Einzug oft noch Förderungen für Finanzierungsbeiträge oder Kautionen beantragt werden. Befürchtungen, dass KlientInnen gleich nach der Schlüsselübergabe den Kontakt zur Sozialarbeit abbrechen würden, haben sich nicht bestätigt. „Natürlich können Probleme auftreten, für die wir dann gemeinsam Lösungen erarbeiten“, sagt Halbartschlager. Es ist Teil der Vereinbarung, dass VermieterInnen – mit Zustimmung der KlientInnen – bei Mietrückständen oder anderen Schwierigkeiten zusätzlich zur gewohnten Vorgangsweise auch ihr SozialarbeiterInnen-Team informieren. „Wir unterstützen dann beim Kontakt mit der Hausverwaltung und stärken unseren KlientInnen den Rücken, damit sie handlungsfähig bleiben.“ Dass dieser Weg gut funktioniert – bei bisher 58 Mietverträgen kam es nur einmal zu einer Delogierung – liegt auch an MitarbeiterInnen der Hausverwaltungen, meint Halbartschlager: „Viele von ihnen setzen sich für Einzelfalllösungen und somit für Wohnungssicherung ein. Das hat mich positiv überrascht und ist wirklich schön zu sehen.“ Mehr zu Housing First und ERST WOHNEN im aktuellen Pilotbericht: www.neunerhaus.at/housingfirst INNOVATION 23


Alex, 71 J. hatte beim Einzug in das neunerhaus BillrothstraĂ&#x;e nur noch einen Brief der Kubanischen Botschaft.



Mehr als „einfach helfen“ Das neunerhaus hat den Anspruch, hohe Standards in der fachlichen Arbeit umzusetzen: Wir wollen helfen – und die Hilfe qualitativ und grundsätzlich an den Bedürfnissen der Menschen ausrichten.

Einfach helfen – das wollen viele, mit den besten Absichten. Und doch entspricht Hilfe im Sozialstaat manchmal stärker den Bedürfnissen der UnterstützerInnen als jenen der Hilfebedürftigen. neunerhaus besteht darauf: Wir wollen helfen – und die Hilfe grundsätzlich an den Bedürfnissen der Menschen ausrichten und dabei unseren Grundhaltungen treu bleiben. Wir wollen helfen – nicht mit Lösungen von der Stange, sondern mit der Expertise und dem reflektierten Beziehungsangebot unserer geschulten MitarbeiterInnen. Daher kommt für die Qualitätssicherung im neunerhaus den Expertisen der MitarbeiterInnen ein hoher Stellenwert zu. Eine zentrale Methode im neunerhaus, um diese professionell zu diskutieren und zu verankern, sind Leitlinien. Sie werden auf Basis von wissenschaftlichen Erkenntnissen und aus der strukturierten Analyse des beruflichen Alltags gemeinsam mit MitarbeiterInnen entwickelt. 2014 wurden auf diese Art neunerhaus-Grundhaltungen und Umgangsweisen mit Alkoholkonsum verbrieft. Alkoholkonsum soll im neunerhaus weder verboten noch verharmlost werden, das Ziel ist ein professionell-akzeptierender Umgang. Daher haben wir Leitfragen zu diesem Thema ausgearbeitet, die den einzelnen Teams strukturiert helfen, ihren fachlichen Zugang in Bezug auf Teilhabe, Selbstbestimmung, Transparenz und Kontrolle zu aktualisieren und gegebenenfalls neu zu gestalten. Gendersensible soziale Arbeit war 2014 ein besonderer Schwerpunkt. Wohnungslosigkeit reflektieren wir grundsätzlich auch vor dem Hintergrund geschlechtsspezifischer Ungleichheiten. Geschlechtsspezifisches Verhalten soll erkannt und bearbeitet werden – andererseits aber auch gemeinsam mit BewohnerInnen hinterfragt werden, um neue

26 QUALITÄT


Handlungsmöglichkeiten abseits gewohnter Stereotype zu erarbeiten. Während in einer Wohneinrichtung konkrete Projekte – ein Frauencafé, eine Herrenrunde sowie ein GenderSaloon – etabliert wurden, hat sich ein anderes Team speziell mit der Ausformulierung von Grundsätzen gendersensibler Lösungen für Housing First beschäftigt. Im Rahmen von Kooperationen holen wir auch externe fachliche Expertise ins neunerhaus und bieten MitarbeiterInnen maßgeschneiderte Angebote zur Weiterentwicklung ihrer täglichen Arbeit. So haben interne Fortbildungen, die als Workshops auch konkret die Praxiserfahrungen der sozialen Arbeit integrieren, 2014 besonders positives Feedback der MitarbeiterInnen erhalten: •  Aktuelle Entwicklungen im Mietrecht •  Motivierende Gesprächsführung •  Selbstverständnis sowie Planung und Steuerung von Tätigkeiten der pädagogischen Abendbetreuungen in unseren Wohneinrichtungen. Wo radikal Neues gefordert ist, setzt neunerhaus auf Modelle einer kooperativen Entwicklung. So auch beim Thema Wirkungsorientierung. Wir erarbeiteten 2014 eine fachliche und sozialpolitische Standortbestimmung hinsichtlich der „Wirkungsorientierung“. Als Input dafür wurden MitarbeiterInnen aus der Beratung und Begleitung von KlientInnen, der Grundlagen- sowie Kommunikations- und Öffentlichkeitsarbeit mit einbezogen. 2015 wird das Grundlagenpapier Wirkungsorientierung im neunerhaus vorliegen – Effect, Impact und Outcome unserer Arbeit werden damit auch für MitarbeiterInnen einfacher unterscheidbar und besser beschreibbar.

QUALITÄT 27


Blick in die Zukunft Gemeinsam mit Bewohner-, Mieter- und PatientInnen an einer selbstbestimmten Perspektive zu arbeiten, sie professionell zu begleiten und zu betreuen treibt uns auch 2015 an.

2015 wird das Pilotprojekt Housing First, in dessen Rahmen wir obdachlose Menschen beim eigenständigen Wohnen begleiten, die Pilotphase nach drei Jahren hinter sich lassen. Wir planen den weiteren Ausbau dieses erfolgreichen Ansatzes. Doch sein Gelingen hängt auch weiterhin von der Verfügbarkeit leistbarer Wohnungen ab. Angesichts der Entwicklungen in Wien müssen wir bestehende Kooperationen mit der Wohnungswirtschaft weiter stärken und setzen uns für nachhaltige politische Lösungen ein. Der Einzug der BewohnerInnen in den Neubau des neunerhaus Hagenmüllergasse bietet 2015 Grund zum Feiern. Neben der architektonischen Gestaltung werden auch mit dem Betreuungskonzept neue Wege beschritten – mit Angeboten, die sich an die individuellen Bedürfnisse der Menschen anpassen und verschiedene Bereiche der sozialen Arbeit verbinden. Anknüpfend an die Ziele der Gesundheitsreform wollen wir unsere allgemeinmedizinischen Angebote in Zukunft nachhaltig in der Primärversorgung positionieren – mit Vorbildfunktion für die Verschränkung von Medizin und Sozialarbeit und mit höherer Finanzierungsdichte aus Gesundheitstöpfen. 2015 feiert die Tierarztpraxis ihr fünftes Jubiläum. Die dringende Notwendigkeit dieses Angebots zeigt sich im steten Anstieg der Behandlungszahlen, die wir nur durch das große Engagement unserer ehrenamtlichen MitarbeiterInnen bewältigen können. Daher wollen wir das Angebot weiterentwickeln. Dazu braucht es neben professioneller Arbeit auch mehr finanzielle Mittel, weshalb wir das Jubiläum mit verstärktem Einsatz für mehr Ressourcen begehen.

28 PERSPEKTIVEN


Empfehlungen Wohnungslosigkeit bekämpfen heißt Zugänge schaffen – zu leistbaren Wohnungen, professioneller Betreuung und effektiver medizinischer Versorgung.

L EIST BA R ER WOHNR AU M In sozial- und wohnpolitischer Hinsicht müssen die Wohnbauförderung und vor allem die Zugangssysteme verändert werden, um wohnungslose und von Wohnungslosigkeit bedrohte Menschen zu erreichen und die schon jetzt bestehende Versorgungslücke von mindestens 500 Wohnungen pro Jahr zu schließen. SELBST BEST IMM U NG IN DER WOHN U NGSLOSENHILFE Menschen in unterschiedlichen Situationen der Obdachlosigkeit brauchen unterschiedlich intensive Unterstützung. So normal wie möglich wohnen zu können ist in allen neunerhausAngeboten das Ziel – ob im Übergangswohnen, dem Dauerwohnen oder bei Housing First: Ohne vorgegebene Tagesstruktur oder bevormundende Regeln. Dem Pilotprojekt Housing First soll zudem langfristig ein schrittweiser Ausbau der Betreuungskontingente um mehrere hundert folgen – ein Beitrag zu langfristiger De-Institutionalisierung. Dazu benötigt es auch eine Reform der Übergangs-Wohnformen, in deren Rahmen wir anstelle weiterer Nachtquartiere und Übergangswohnhäuser die Schaffung zeitgemäßer und selbstbestimmter Angebote zur Überbrückung empfehlen. ZUGA NG ZU M GESU NDHEITSSYST EM FÜR A L L E Im Gesundheitsbereich soll die koordinierte Zusammenarbeit von Sozialberufen, ÄrztInnen und Betreuungseinrichtungen die Regel werden, um Zugangshürden abzubauen. Aber auch entlang verschiedener Verwaltungsebenen und über Ressortgrenzen hinweg müssen endlich Lösungen angestrebt werden. Denn immer noch scheitert die Inanspruchnahme medizinischer Hilfe für viele Menschen an Versicherungsstatus oder Herkunft. neunerhaus leistet daher bereits in der Basisgesundheitsversorgung einen Beitrag für Inklusion – indem alle obdachlosen Menschen Zugang zu Arzt- und Zahnarztpraxis haben. Auch 2015 wird sich neunerhaus für eine Ausweitung und nachhaltige Finanzierung in diesem Bereich engagieren.

PERSPEKTIVEN 29


Peter, 52 J. hatte beim Einzug in das neunerhaus BillrothstraĂ&#x;e nur noch diese zwei antiken BĂźcher.



Leistungen 2014 Wohnen mit neunerhaus

443

Männer:

Personen in der Wohnversorgung

Frauen:

(2013: 398 Personen)

Kinder:

297 100 46

17%

Wohnform vor dem neunerhaus 11%

Delogierung

obdachlos/von der Straße/ Nachtquartier

39%

Couch/Freunde

33%

wohnungslos/aus einer Einrichtung

Betreute Personen im neunerhaus

neunerhaus Billrothstraße

neunerhaus Kudlichgasse

44

60

neunerhaus Hagenmüllergasse

neunerhaus Housing First

72

118

Wohnplätze

Wohnplätze

Wohnplätze

betreute Personen

betreute Personen

betreute Personen

betreute Personen

Männer

140

68

136

36

107 85

Männer

Männer

Männer

Frauen

Frauen

Frauen

4

32

Durchschnittliches Alter

41,4 Jahre

neunerhaus Billrothstraße

57

35

39

Frauen

22

44 Kinder

Wiedervermittlung durch neunerhaus

137

107

Personen haben wieder

eigene Wohnungen bezogen

Jahre

neunerhaus Kudlichgasse

47,4 Jahre

neunerhaus Hagenmüllergasse

40

Jahre

neunerhaus Housing First

79

10

Gemeinde-

Privat-

wohnungen

wohnungen

18 Genossenschaftswohnungen


Gesundheitsversorgung

1.600 PatientInnen Allgemeinmedizin

134

1.242

Leistungsstunden pro Woche insgesamt

PatientInnen Zahnarztpraxis

(2013: 1502)

(2013: 1135)

Margaretenstraße 166, 1050 Wien und 16 Hausarztpraxen in Einrichtungen für wohnungslose Menschen in ganz Wien

neunerhaus Zahnarztpraxis

neunerhaus Allgemeinmedizin

3.856 Konsultationen

16

18.128 118 Konsultationen

20-35

Öffnungsstunden pro Woche

Öffnungsstunden pro Woche

PatientInnen täglich

39

63% 37%

47

70% 30%

Jahre Durchschnittsalter

6.135

Leistungsstunden Jahre 2014 Durchschnittsalter

Männer

Männer

Frauen

Frauen

neunerhaus Tierarztpraxis

430

obdachlose TierbesitzerInnen

142 1.720 392 Öffnungstage

Behandlungen

Auszug aus dem Leistungsspektrum 2014

289

Jahresimpfungen für Hunde

142

Jahresimpfungen für Katzen

Hunde

145

16

Katzen

Hasen, Kaninchen, Ratten, Meerschweinchen

Anzahl der Behandlungen 2014 +94%

56

Hunde-ChipRegistrierungen

887

1.720

Behandlungen

Behandlungen

2013

2014


Ressourcen Um dem Anspruch der hohen Standards in der fachlichen Arbeit gerecht zu werden, setzt neunerhaus auf professionelle MitarbeiterInnen – sowohl im Ehren- als auch im Hauptamt. Vor allem im Bereich der sozialen Arbeit, medizinischen Versorgung, Grundlagenarbeit, Entwicklung, Kommunikation und Verwaltung arbeiten angestellte MitarbeiterInnen für neunerhaus. In zwei Bereichen – der Zahnarztpraxis und der tierärztlichen Versorgungsstelle – unterstützen uns zum überwiegenden Teil ehrenamtlich tätige medizinische Fachkräfte und AssistentInnen. Wir bekennen uns zu dieser Freiwilligenarbeit. Darüber hinaus sind auch Zivildiener und PraktikantInnen im neunerhaus tätig.

MITARBEITERINNEN

2013*

2014*

Angestellte MitarbeiterInnen

59

65

Davon Vollzeit

12

13

Davon Teilzeit

47

52

Ehrenamtliche MitarbeiterInnen

92

78

7

7

158

150

50,2

53,5

Zivildiener Summe

RECHNERISCHE ANZAHL Vollzeitstellen * Stichtag jeweils 31.12.

34 ORGANISATION


Pro Bono Folgende Unternehmen und Personen haben uns 2014 mit ihrer kostenfreien professionellen Dienstleistung maßgeblich unterstützt: V ER EIN/GESCH Ä F TSL EIT U NG Fruhstorfer & Toifl Rechtsanwälte, Andrea Ötsch Unternehmensberatung, Komunariko Organisationsberatung, Rechtsanwalt Dr. Ingo Riss KOMM U NIK AT ION A.K.I.S. GmbH, Ecker & Partner Öffentlichkeitsarbeit und Public Affairs GmbH, Erste Bank Restaurantsbetriebe EBR, HAVAS Worldwide Wien Werbeagentur, MBIT Solutions GmbH, Michael Kovacek, Marion Pably, Susanne Pöchacker, Schrägstrich Kommunikationsdesign e. U. FOTOGR A FIE U ND T E X T liebentritt.at, johannarauch.at, ursulaschmitz.com, Bettina Figl, Elisabeth Scharang, Eva Winroither, Sandra Wobrazek NEU NER H AUS MEDIZINISCHE V ER SORGU NG Henry Schein Dental, Labors.at, Diagnosezentrum Urania NEU NER H AUS T IER Ä R ZT LICHE V ER SORGU NGSST EL L E B&R Winter e. U., Invitro – Labor für veterinärmedizinische Diagnostik und Hygiene GmbH, Tierarzt-Praxisverwaltungsprogramm zur Verfügung gestellt von Andreas Neumayr / Proagrar, Veterinärmedizinische Universität Wien Zahlreiche weitere Personen und Unternehmen unterstützen neunerhaus auf unterschiedliche Art, etwa in Rahmen von Sponsoring und Firmenspenden. Wir danken allen herzlich für ihre großzügige Unterstützung!

ORGANISATION 35



Organigramm neunerhaus Geschäftsführer

Geschäftsführerin

(Markus Reiter)

(Christa Weißmayer)

Fachliche Leitung (Elisabeth Hammer)

Grundlagen & Entwicklung

Medizinische Versorgung

neunerhaus Hagenmüllergasse

Controlling Rechnungswesen Personaladministration

Marketing Kommunikation Fundraising

neunerhaus tierärztliche Versorgungsstelle

neunerhaus allgemeine Arztpraxen

neunerhaus Billrothstraße

Personalmanagement

Öffentlichkeitsarbeit

neunerhaus Fußballclub

neunerhaus Zahnarztpraxis

neunerhaus Kudlichgasse

Infrastruktur

neunerhaus Housing First

Sekretariat

Immobilien: Entwicklung & Management

Legende Entwicklung, Akquise, Kommunikation

Zweigverein

Organisation

Angebote/Einrichtungen

ORGANISATION 37


GOVERNANCE GESCH Ä F TSFÜ HRU NG Markus Reiter, Mitbegründer des Vereins, vertritt als Sprecher neunerhaus und sozialpolitische Positionen gegenüber der Öffentlichkeit. Weitere Zuständigkeiten: Fachliche Arbeit, Projekt- und strategische Entwicklung, Kommunikation, Personalakquise, Spenden- und Fördergelder. Christa Weißmayer zeichnet für die Finanzgebarung, öffentliche Förderverwaltung und das Prozessmanagement verantwortlich. Weitere Zuständigkeiten: Controlling, Personal, Recht und Infrastruktur. Gemeinsam verantwortet die Geschäftsführung das Ressourcenmanagement, die interne Kommunikation und die Organisationsentwicklung. AU FSICHTSR AT Vorsitzender: Alexander Mernyi ST EL LV ERT R ET ER INNEN DES VOR SITZENDEN Christoph Sykora Ute Toifl MITGLIEDER Nicole Baczak Alexander Brunner Heidi Cammerlander Stefan Ceipek Ingrid Monsberger-Köchler Sophie Schmid-Szoloczki Konrad Pillwein Florian Pollack

38 ORGANISATION


R ECHN U NGS -/ W IRTSCH A F TSPRÜ FU NG Der Jahresabschluss wird von einen unabhängigen Abschlussprüfer geprüft, welcher gemäß Vereinsgesetz 2002 auch die Agenden des Rechnungsprüfers übernimmt. Die unabhängige Abschlussprüfung führte im Berichtszeitraum 2014 die CONSULTATIO Wirtschaftsprüfung GmbH & Co KG durch, welche auch die Voraussetzungen zur Erlangung des Spendengütesiegels und der Spendenabsetzbarkeit geprüft hat. BEL EGSCH A F TSV ERT R ET U NG Vorsitzender: Markus Reisinger Weitere Mitglieder: Flora Eder, Ines Ganahl, Klaus Kaufmann, Bettina Kollwinger BET EILIGU NGEN neunerhaus tierärztliche Versorgungsstelle ZVR-Zahl: 971695036 Gründung: 8.4.2010 Tierärztliche Leiterin: Eva Wistrela, für die Österreichische Tierärztekammer Organisation, Finanzen, Schnittstelle Wohnungslosenhilfe: Markus Reiter, neunerhaus neunerhaus FC ZVR-Zahl: 026056981 Gründung: 13.02.2009 Obmann: Stefan Loicht

ORGANISATION 39


Paul, 56 J. seit 2 Jahren obdachlos. Legt Wert auf ein gepflegtes Ă„uĂ&#x;eres.



Finanzen MIT T ELHER K U NFT Mehr Leistungen für wohnungslose Menschen bedeuten auch einen höheren finanziellen Aufwand und entsprechenden Finanzierungsbedarf. Von den gesamten Einnahmen in der Höhe von rund 4,4 Mio. Euro lukriert neunerhaus mehr als die Hälfte (55 %) aus städtischen Fördermitteln des Fonds Soziales Wien – für unsere Wohnhäuser, die Gesundheitsversorgung, und auch für Innovationsprojekte wie Housing First. Über die Wiener Gebietskrankenkasse konnten wir knapp eine halbe Million Euro für die vertraglichen Leistungen abrechnen. Einen wichtigen Beitrag zur Finanzierung leisten auch die BewohnerInnen unserer Wohneinrichtungen mit Nutzungsbeiträgen in der Höhe von insgesamt knapp 620.000 Euro. Der nicht öffentlich finanzierte Aufwand wird durch Spenden von Privatpersonen und Unternehmen, durch Startfinanzierungen für neue Projekte aus Stiftungsgeldern sowie durch das Engagement von zahlreichen Personen aus dem Kunst- und Kulturbereich abgedeckt. Im Jahr 2014 betrug dieser Bereich 18 Prozent der Gesamteinnahmen oder konkret 800.000 Euro. Ergänzt durch ehrenamtliche Mitarbeit, Corporate-Volunteering-Aktivitäten einiger Unternehmen, unentgeltliche Dienstleistungen und zahlreiche Sachspenden kann die derzeitige Qualität und Quantität der Arbeit sichergestellt werden. MIT T ELV ERW ENDU NG Ob öffentliche Fördergeber, Unternehmen oder private SpenderInnen – sie alle haben einen gemeinsamen Anspruch an uns: Unsere Arbeit soll den Menschen möglichst direkt und nachhaltig zugutekommen. Das erfordert Transparenz und Nachvollziehbarkeit der Ausgaben, hohe fachliche Ansprüche und eine Gebarung, die nach den Gesichtspunkten von Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Wirksamkeit arbeitet. Dies gelingt jedoch nur, wenn zeitgemäße professionelle NPO-Managementstrukturen im Bereich Controlling, Finanzverwaltung, Facility Management, Qualitätsmanagement, Personalmanagement, Marketing und Öffentlichkeitsarbeit eingesetzt werden. Dafür wenden wir neun Prozent der aufgebrachten Mittel auf. 82 % oder rund 3,6 Mio. Euro werden in konkrete Hilfsarbeit investiert. Fast drei Viertel davon kommen der Betreuung und Unterbringung wohnungsloser Menschen in unseren neunerhaus-Wohneinrichtungen sowie Startwohnungen und Housing First zugute. Einen immer stärkeren Platz nehmen die medizinischen Angebote ein, was sich in den Ausgaben von knapp 1 Mio. Euro widerspiegelt. Die Entwicklung und die Anschubfinanzierung neuer Projekte, anwaltschaftliches Engagement sowie die Unterstützung der tierärztlichen Versorgungsstelle erfordern einen steigenden Geldbedarf von knapp 200.000 Euro. W IRTSCH A F TSPRÜ FU NG Die Buchhaltung wurde im Bilanzjahr 2014 erstmals von MitarbeiterInnen der neunerhaus-Finanzabteilung durchgeführt. Die Erstellung des Jahresabschlusses sowie die Lohnverrechnung erfolgen weiterhin durch die Koll & Partner Steuerberatungsgesellschaft WirtschaftstreuhandgesmbH & Co KG. Der Jahresabschluss wird gemäß § 22 Vereinsgesetz erstellt und durch die CONSULTATIO Wirtschaftsprüfung GmbH & Co KG geprüft. Dieser obliegt auch die Prüfung für das Österreichische Spendengütesiegel laut Kriterienkatalog der Standards für spendensammelnde Organisationen sowie die Prüfung für die Spendenbegünstigung gemäß § 4a Abs. 8 Z 1 EstG.. 42 ORGANISATION


neunerhaus-Mittelverwendung für obdachlose Menschen

Mittelverwendung in der Gesundheitsversorgung

27% 22% 34% 17%

5%

26%

45% 69%

55%

für Wohnen für obdachlose Menschen

Allgemeinmedizin - ÄrztInnen und Sozialarbeit

für den Bereich Gesundheits-Versorgung für obdachlose Menschen

Zahnmedizin - ÄrztInnen und Sozialarbeit

Projektentwicklung, Innovation und Anwaltschaftlichkeit

neunerhaus Hagenmüllergasse

neunerhaus Billrothstraße neunerhaus Kudlichgasse Housing First

Die neunerhaus-Wohnhäuser

Mittelherkunft

14%

Mittelverwendung Bereich Wohnen

2% 13% Büro, Infrastruktur, IT, Hausverwaltung und Kommunikation

18%

13% 55%

11%

Instandhaltung und Reinigung

35%

KlientInnen-Betreuung

Öffentliche Mittel

Erlöse aus Leistungsverträgen (zB WGKK) Spenden und Mitgliedsbeiträge Miet- und Betreuungsbeiträge der BewohnerInnen

39%

Gebäude und Betriebskosten

Sonstige

ORGANISATION 43


Mittelherkunft 1. Spenden

799.690,86

a) ungewidmete Spenden

763.020,76

b) gewidmete Spenden

2. Mitgliedsbeiträge

610,30

3. Betriebliche Einnahmen

3.553.056,64

a) betriebliche Einnahmen aus öffentlichen Mitteln

2.401.615,52

b) sonstige betriebliche Einnahmen

1.151.441,12

4. Subventionen und Zuschüsse der öffentlichen Hand

19.800,00

5. Sonstige Einnahmen

3.540,42

a) Vermögensverwaltung

2.179,30

b) sonstige andere Einnahmen sofern nicht unter Punkt 1 bis 4

1.361,12

6. Auflösung von Rücklagen und Verwendung von zweckgewidmeten Mitteln

Summe Mittelherkunft

44 ORGANISATION

36.670,10

13.049,46

4.389.747,68


Mittelverwendung 1. Leistungen für die statutarisch festgesetzten Zwecke:

3.467.893,14

Wohnhäuser, Housing First, Startwohnungen

2.375.878,12

Gesundheitsversorgung: Allgemeinmedizinische Praxen, Zahnarztpraxis

902.899,53

Projektentwicklung, Innovation und Anwaltschaftlichkeit

189.115,49

2. Aufwendungen für Spendenwerbung

386.345,81

3. Verwaltungsaufwand

399.019,85

Allgemeine Verwaltung/Verein

383.895,48

Verwaltunskosten Spendenwerbung

4. Sonstiger Aufwand sofern nicht unter 1 bis 3 festgehalten

5. Zuführung zu Rücklagen und Zweckwidmungen a) Dotierung von Rücklagen b) Überschuss für Projekte 2014

Summe Mittelverwendung

15.124,37

0,00

136.488,88 0,00 136.488,88

4.389.747,68

ORGANISATION 45


Organisationsprofil neunerhaus neunerhaus – Hilfe für obdachlose Menschen Gegründet: 31.08.1999 Rechtsform: Verein nach dem VereinG 2002 Vereinsregister: ZVR-Nr. 701846883 Spendenabsetzbarkeit seit 1.1.2009 mit der Reg.Nr. SO 1127, gemäß Bescheid des Finanzamtes 1/21 nach § 4a Abs. 1 EstG Österreichisches Spendengütesiegel seit 2004: Reg.Nr. 05508 – www.osgs.at KON TA K T neunerhaus – Hilfe für obdachlose Menschen 1050 Wien, Margaretenstraße 166 / 1. Stock Tel. +43 1 9900909 900 Fax +43 1 9900909 909 verein@neunerhaus.at www.neunerhaus.at Verantwortlich für Spendenwerbung: Monika Pfeffer Verantwortlich für Datenschutz: Markus Reiter SPENDENKON T EN ERSTE BANK Erste Bank Österreich BIC: GIBAATWWXXX IBAN: AT38 2011 1284 3049 1706 RAIFFEISEN Raiffeisenlandesbank NÖ-Wien AG BIC: RLNWATWW IBAN: AT25 3200 0000 0592 9922

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