Science Linknockberge Tätigkeitsbericht 2014

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Dokumentation

Tätigkeitsbericht 2014 Heike Egner Jungmeier Michael Zollner Daniel

science_link_report 05 19.12.2014


INHALTSVERZEICHNIS

1 Rahmen 1_1

Science_linknockberge

1_2 Koordination 2 Tätigkeiten

3 3 4 5

2_1 Forschungsbörse

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2_2 Studentische Arbeiten 2014

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2_3 NockoThek – Online Literaturdatenbank

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2_4 Öffentlichkeitsarbeit

7

2_5 Übersicht Lehrveranstaltungen mit Bezug zum Biosphärenpark

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3 Übersicht Ergebnisse

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3_1 science_link_report 05: Tätigkeitsbericht (inkl. gesammelte Ergebnisse/Anhänge) 3_2 report 05 – annex 1: Auszug aus der NockoThek Literaturdatenbank 3_3 report 05 – annex 2: Beiträge für die Zeitschrift „Meine Biosphäre“ 3_4 report 05 – annex 3: Plakatpräsentationen zu den Seminararbeiten 3_5 report 05 – annex 4: Studentische Seminararbeiten 3_6 report 05 – annex 5: Forschungstag Nachhaltigkeit

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RAHM EN

Der vorliegende Tätigkeitsbericht fasst die Tätigkeiten und Ergebnisse des Science_link Projektes für das zweite Jahr der Zusammenarbeit zwischen der Universität Klagenfurt und dem Biosphärenpark Nockberge zusammen. Der folgende Bericht beschreibt daher analog zum Vorjahresbericht in Kurzform den Rahmen, die Tätigkeiten, und die Ergebnisse. Es ist der Dokumentation zu entnehmen, dass das Projekt auch im Jahr 2014 maßgeblich seine Schnittstellenfunktion zwischen universitärer Forschung und praktischer Arbeit im Biosphärenpark gerecht werden konnte. Für 2015 ist eine Weiterführung angedacht.

1 RAHMEN 1_1 Science_linknockberge Am 25.1.2013 wurde der Kooperationsvertrag zwischen der Alpen-Adria-Universität, Institut für Geographie und Regionalforschung, einerseits und dem Biosphärenpark Nockberge auf der anderen Seite zur Ausgestaltung der Partnerschaft im Rahmen des Projektes Science_linknockberge abgeschlossen. Präambel. Mit 11. Juli 2012 hat die UNESCO den Biosphärenpark Salzburger Lungau und Kärntner Nockberge anerkannt. Damit wird die herausragende Bedeutung des Gebietes als internationale Modellregion für nachhaltige Entwicklung beurkundet. Die Alpen-AdriaUniversität, vertreten durch das Institut für Geographie und Regionalforschung, und der Biosphärenparkfonds Nockberge begründen eine Forschungskooperation zur Unterstützung des Forschungs-, Bildungs-, Schutz-, und Entwicklungsauftrages des Biosphärenparks. Durch diese Vereinbarung soll die Zusammenarbeit der bedeutendsten Forschungsund Bildungseinrichtung des Landes mit einer international anerkannten Zukunfts- und Modellregion begründet werden. Ziele der Kooperation. Die Brücke zwischen exzellenter internationaler Forschung und der Lebensrealität der Biosphärenpark-Region soll langfristig und systematisch entwickelt werden. Technische, ökonomische, ökologische und soziale Innovationen in der Region sollen wissenschaftlich unterstützt und begleitet werden. Das Management

des Biosphärenparks soll im Zugang zu internationalen Entwicklungen, in technischer Hinsicht sowie in der wissenschaftlichen Öffentlichkeitsarbeit unterstützt werden. Die Identifikation einer breiten Öffentlichkeit mit dem Kärntner Biosphärenpark soll gefördert werden. Gegenstand und inhaltliche Schwerpunkte der Kooperation. Gemeinsame Forcierung von Lehrveranstaltungen und Unterstützung von Abschlussarbeiten (Bachelorarbeiten, Masterarbeiten und Dissertationen); Definition und laufende Weiterentwicklung des Bildungsauftrages (z.B. Besucherprogramm, Bildungsmaterialien, Bildungsveranstaltungen, etc.); Definition und laufende Weiterentwicklung des Forschungsauftrages (z.B. gemeinsame Entwicklung von Forschungsfragen, Aufbau und Weiterentwicklung eines Forschungsnetzwerkes, Durchführung von Forschungsaktivitäten etc.); Inhaltliche/technische Unterstützung der Öffentlichkeitsarbeit und Kommunikation (z.B. internationale Auftritte, Panorama-Beiträge, Dokumentationen etc.); Datenrecherche und Aufbereitung (z.B. statistische Zahlen, BRIM, etc.); Entwicklung von Forschungsvorhaben und -projekten mit Beteiligten aus der Region und internationalen Partnern. Berichtspflichten. Die Grundlage der Zusammenarbeit ist ein verbindlicher Jahresplan, der gemeinsam von den Vertragspartnern zu Beginn eines jeden Jahres schriftlich zu vereinbaren ist. Die Universität informiert das BiosphärenparkKuratorium einmal im Jahr über die Ergebnisse und die weiteren geplanten Schritte. Die Universität legt am Ende eines jeden Jahres einen Bericht und einen Leistungsnachweis vor. Etwaige Ergebnisse der Forschungsaktivitäten sollen im gemeinsamen Interesse publiziert werden. Die Urherberrechte liegen jeweils bei den Verfasserinnen und Verfassern der Publikationen. Gezeichnet: Prof. Dr. Heike Egner, Ing. Dietmar Rossmann, Bad Kleinkirchheim, am 25.01.2013.

Unterzeichnung des Kooperationsvertrages. Bad Kleinkirchheim, 25.1.2013

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RAHM EN

1_2 Koordination An der Alpen-Adria-Universität fungiert Frau Prof. Dr. Heike Egner, Institut für Geographie und Regionalforschung, als wissenschaftliche Leiterin des Projektes. Die laufende Koordination erfolgt einerseits durch Dr. Michael Jungmeier am selben Institut, andererseits durch DI Daniel Zollner von E.C.O. Institut für Ökologie.

Rechts: StudentInnen präsentieren ihre Seminararbeiten im Nockstadl.

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TÄTIGKEITEN

2 TÄTIGKEITEN

Hier liegen einige Ideenskizzen vor, die Umsetzung ist für 2015 geplant.

2_1 Forschungsbörse

Zur Intensivierung des Gesprächs zwischen StudentInnen und Biosphärenparkmanagement wurden zudem 4 Treffen durchgeführt (jeweils Im Büro von E.C.O am 3. Juli; 25. August; 3. November; 4. Dezember). Dabei wurde den StudentInnen die Möglichkeit zur Diskussion ihrer geplanten Seminararbeiten und möglicher Hilfestellungen mit dem Biosphärenparkdirektor geboten.

Die Forschungsbörse richtet sich an Studierende aller Fakultäten, auch über die Alpen-AdriaUniversität hinaus. Es existiert ein Forschungsthemenkatalog, der im Vorjahr erarbeitet wurde und eine Auswahl an Themen für Studierende bereitstellt. Die Themen sind zunächst allgemein formuliert, so dass sie für die jeweilige Situation adaptiert werden können. Insbesondere werden angesprochen: Seminararbeiten Bachelorarbeiten Masterarbeiten (eventuell: Dissertationen) Aufbauend auf die konzeptionellen Arbeiten aus dem Vorjahr und dem dort angeführten Themenkatalog wurden heuer die technischen Voraussetzungen für eine webbasierte Oberfläche geschaffen. Die Veröffentlichung auf der Homepage ist nach Abklärung des Gesamtkontextes (MAB, Wartung, Programmserver) mit Anfang nächsten Jahres zu rechnen. LehrveranstaltungsleiterInnen bzw. Studierenden, die eine wissenschaftliche Arbeit in der oder zur Region verfassen wollen, wird somit weitreichende fachliche und logistische Unterstützung im Rahmen des Projektes Science_linknockberge angeboten. Zur Bekanntmachung der Forschungsbörse wurde eine Informationsveranstaltung an der Universität Klagenfurt am 24. April 2014 durchgeführt.

Im Laufe des Jahres sind bereits einige konkrete Ideen beziehungsweise Arbeiten entstanden: "Nutzungskonflikte rund um den Königsstuhl im BSP Nockberge" (Neuwirther Christoph Stefan, AAU Klagenfurt) Potentiale von barrierefreien Tourismusangeboten am Beispiel vom BSP Nockberge (Lukas Öhlinger, TU Wien) Nutzungs- und Interessensmanagement im Biosphärenpark Nockberge (Michael Thurner, AAU Klagenfurt) Wissenstransfer über Generationen am Beispiel Nockberge (Snajdr Julia Veronika, Boku Wien) Webgis-Plattform Nockberge (Cecon Marco, AAU Klagenfurt)

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TÄTIGKEITEN

2_2 Studentische Arbeiten 2014 Im Rahmen des Seminars „Protected areas of the Alps-Adriatic Region“ des Instituts für Geographie und Regionalforschung haben sich Studierende mit folgenden Fragen beschäftigt: Der Blaue Eisenhut: giftig aber belebend (von Magdalena Sperl, Seminararbeit an der Universität Klagenfurt) Das Weiße Bergschaf (von Niedermayer, Seminararbeit Universität Klagenfurt)

Thomas an der

„Amanita Muscaria“ - Der Fliegenpilz (von Marco Cecon, Seminararbeit an der Universität Klagenfurt) Der Rothirsch - Bedeutung in der Religion und Mythologie (von Christoph Neuwirther, Seminararbeit an der Universität Klagenfurt) Die Gemeine Esche – Mythologie einer Alltagsbaumart (von Patrick Illgoutz, Seminararbeit an der Universität Klagenfurt) Echt Speik: Eine geschützte Pflanze, welche die Nockberge berühmt macht! (von Michael Hilpert, Seminararbeit an der Universität Klagenfurt)

Die abgeschlossenen Seminararbeiten und Plakatpräsentationen befinden sich im Anhang. Beispiel einer Plakatpräsentation.

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TÄTIGKEITEN

2_4 Öffentlichkeitsarbeit 2_3 NockoThek – Online Literaturdatenbank Aufbauend auf die Zusammenstellung einer Bibliographie zur Region, zu aktuellen Projekten sowie zur Biosphärenparkentwicklung in den Nockbergen im Jahr 2014 wurden rund 40 neue Werke recherchiert, beschlagwortet und eingegeben. Zudem wurden technische Umbauarbeiten und Adaptierungen des Eingabeformulares vorgenommen. Die adaptierte Web-Plattform mit den gesammelten Werken ist unter http://oremo.e-c-o.at verfügbar.

„Den Geheimnissen der Nockberge auf der Spur“ – Beitrag für die Kleine Zeitung, am 23.1.2014 Präsentation des Konzeptes bei Landesrat Ragger am 19.2.2014. 3 Beträge für „Meine Biosphäre“: Verteilt über das Jahr wurden Textbeiträge eingebracht, die die Ergebnisse des Kooperationsprojektes aus dem Vorjahr sowie sechs aktuelle Seminararbeiten zu wichtigen Leitarten der Region vorstellten (vgl. Kap. 2.2.)

Eingabemaske der NockoThek.

Veröffentlichung in der Biosphären-Zeitschrift.

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TÄTIGKEITEN

2_5 Übersicht Lehrveranstaltungen mit Bezug zum Biosphärenpark LV Protected Areas in the Alps Adriatic Region, WS 2013/14: Studierende arbeiten über typische Arten der Fauna und Flora im Biosphärenpark und präsentieren die Ergebnisse in der Region. Wahlfachmodul „Nachhaltige Entwicklung“ SS 2014: Die Konflikte und Dilemmata nachhaltiger Entwicklung werden am Beispiel der Biosphärenparkregion diskutiert und erarbeitet. Im Zuge des Wahlfachmoduls wurde mit StudentInnen eine Lehrfahrt in den Biosphärenpark unternommen, um dort mit regionalen Akteuren (Gemeindevertreter, Tourismusvertreter etc.) über die nachhaltigen Entwicklungsmöglichkeiten einer Region zu diskutieren. Bachelor-Seminare für Geographie SS 2014 (grundlagenorietiert und anwendungsorientiert): Einige Studierende aus beiden Seminaren beschäftigen sich mit dem Biosphärenpark beziehungsweise mit der Region (vgl. Beschreibung Forschungsbörse). Die Arbeiten sind noch nicht abgeschlossen. Forschungstag Nachhaltigkeit (4.12.2014). Die Kooperation ScienceLink wird im Rahmen des universitären Forschungsclusters Nachhaltigkeit vorgestellt (siehe Anhang).

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ÜBERSICHT ERGEBNISSE

3 ÜBERSICHT ERGEBNISSE 3_1 science_link_report 05: Tätigkeitsbericht (inkl. gesammelte Ergebnisse/Anhänge)

3_2 report 05 – annex 1: Auszug aus der NockoThek Literaturdatenbank

3_3 report 05 – annex 2: Beiträge für die Zeitschrift „Meine Biosphäre“

3_4 report 05 – annex 3: Plakatpräsentationen zu den Seminararbeiten

3_5 report 05 – annex 4: Studentische Seminararbeiten

3_6 report 05 – annex 5: Forschungstag Nachhaltigkeit

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report 05 - annex 1 Auszug aus der NockoThek Literaturdatenbank


Literatur-Auszug aus der NockoThek zur Region Nockberge (alte und neue Einträge)

1932 In der Einschicht - das Leben eines Kärntner Bergbauernbuben Volkskundliches aus dem Kärntner Nockgebiet. Volksmedizin, Volksglaube, Volksdichtung, Volkskunst, 1952 Hofwesen und Arbeitsleben 1971 Studie über die wissenschaftlichen Auswirkungen einer Nockalpenstraße 1977 Zur Geologie des Jungtertiärbeckens von Tamsweg mit kristalliner Umrahmung 1978 Geologie des mittleren Liesertales mit Gmeineck und Tschiernock (Kärnten) 1980 Vegetationskundlich-ökologische Untersuchungen an drei Ostalpenmooren 1981 Zum Vorkommen und zur Lebensweise von Weidefliegen an Rindern im Lungau (Salzburg) 1985 Grundlagenfaktoren, Struktur und ökonomische Bedeutung des Fremdenverkehrs im Lungau 1985 Naturschutz und Strukturpolitik. Nationalpark auf Probe in der Region Nockberge, Mittelkärnten Auswirkungen von Wind, Kammeis und anderen abiotischen Faktoren auf verschiedene 1986 Pflanzengesellschaften im Kärntner Natur- und Landschaftsschutzgebiet Nockberge Strukturgeologische Untersuchungen in Kristallin und Gurktaler Decke im Raum Radenthein - Bad 1987 Kleinkirchheim Nockengebiet, Kärnten, Österreich. Schwache Metamorphose in Gesteinsserien des Nockgebietes und im Postvariszikum des 1987 Karawankenvorlandes 1987 Das Kristallin der NW-Nockberge. Eine kristallingeologische Neuuntersuchung 1988 Die geomorphologische Entwicklung des Lungau im Jungtertiär Quellflurgesellschaften im Nationalpark Nockberge. Pflanzensoziologische-ökologische Untersuchungen 1989 hygrophiler, moosreicher Gesellschaften 1989 Montangeologische Untersuchungen im AS- AU- (AG) Bergbau Rotgülden im Lungau Wolframite- and scheelite-bearing carbonate rocks of the Nock mountains, Austria: A new type of tungsten 1989 mineralization in the Eastern Alps 1989 Nationalpark Nockberge Die Nockalmstraße im Nationalpark Nockberge. Planungsarbeiten zum Themenkomplex Naturschutz 1990 Verkehr - Tourismus Über die hochalpine-nivale Vegetation der Niederen Tauern. Ein pflanzensoziologischer Vergleich von 1990 Hochgolling, Preber und Mosermandl. Forststraßenbau im Nationalpark. Eine Fallstudie am Beispiel eines Forstbetriebes im Nationalpark 1990 Nockberge Populationsökologische Untersuchungen am Grasfrosch (Rana temporaria) in alpiner Lage (Waldboden 1990 1820m, Kärntner Nockberge) 1990 Volksmedizinisch verwendete Heilpflanzen und Hausmittel im Kärntner Nockgebiet 1990 Die Flechten im Nationalpark Nockberge (Kärnten, Österreich) 1990 Untersuchung der vertikalen Verteilung von Ozon im Lungau 1990 Limnologie stehender Gewässer im Nationalpark Nockberge Geologische Untersuchungen im Grenzbereich Ostalpin-Penninikum am Tauern-Südostrand zwischen 1991 Katschberg und Spittal a.d. Drau (Kärnten, Österreich) 1991 Populationsökologische Untersuchungen am Bergmolch im Nationalpark Nockberge Wintererschließung und Rauhfußhühner. Untersuchungen am Fallbeispiel Feldpannalm bei Bad 1991 Kleinkirchheim/Kärnten, unter besonderer Berücksichtigung des Schneehuhnes (Lagopus mutus) Landschaftsökologische bodenkundliche Untersuchungen im Bereich des Lungaus (mit praktischen 1991 Beispielen an Hand der Loipenpräparierung). 1991 Vegetationskundliche und waldökologische Grundlagenerhebung für die Errichtung von


Naturwaldreservaten im Nationalpark Nockberge Möglichkeiten zur Wiederaufnahme des Abbaues von Dolomit in einem Steinbruch, welcher im 1991 Nationalpark Nockberge liegt 1991 Nationalparks im regionalen Bewußtsein. Akzeptanzstudie Hohe Tauern und Nockberge in Kärnten 1991 Nationalparks im regionalen Bewußtsein: Akzeptanzstudie "Hohe Tauern" und "Nockberge" in Kärnten Gesteinsabhängigkeit von Krustenflechten im Bereich der Kärntner Zentralalpen (Nationalpark Nockberge, 1992 Österreich) 1993 Sozial- und umweltverträglicher Tourismus im Nationalpark Nockberge Qualität durch Nutzung. Standortsökologische Untersuchungen und Ertragsermittlungen von 1993 Almweidebeständen im Nationalpark Nockberge 1993 Zur spätglazialen Entwicklung des Lieser- und Maltatals Halten & Nachschau Halten - Zur Landschaftsökologie der alpinen Kulturlandschaft am Beispiel der 1993 Hohen Pressing Lebensmittel & Lebensraum. Zur Landschaftsökologie der bergbäuerlichen Kulturlandschaft am Beispiel 1993 der Marktgemeinde Radenthein. Almgeographische Untersuchungen im hinteren Murtal / Lungau. Mit (besonderer) Berücksichtigung 1994 nationalparkrelevanter Aspekte. 1994 Ackerunkräuter im Lungau 1995 Waldzustandserhebung Tamsweg - Lungau. Fernerkundung; Farbinfrarot-Bildflug 1995 Fichtennadeluntersuchungen in Kärnten. Rasterelektronenmikroskopische und chemisch-analytische 1995 Ergebnisse. Interdisziplinäre geowissenschaftliche Untersuchungen des Thermalwasservorkommens von Bad 1995 Kleinkirchheim (Kärnten, Österreich) 1995 Jagdgeographie am Beispiel von Zederhaus im Lungau Vogelgemeinschaften an der oberen Waldgrenze unter dem Einfluss traditioneller und moderner 1996 Landnutzung im Nockgebiet (Kärnten, Steiermark) 1996 Die Gesteine der Millstätter Serie. Petrologische und geothermobarometrische Untersuchungen 1996 Nockberge - Straße und Nationalpark 1997 Kraftwerk Innerkrems Ein Beitrag zur Köcher- und Steinfliegenfauna Kärntens (Insecta: Trichoptera, Plecoptera). Das 1997 Oswaldbachsystem (Nockberge, Kärnten) 1998 Die jungpaläozoische Flora in der Umrahmung des Rosanintales Chancen und Barrieren der Umsetzung von Schlüsselprojekten in peripheren Regionen am Beispiel des 1998 Holz-Techno-Z im Lungau ...und Eisen in Ewigkeit? Geschichte des Kremser Eisenbergbaues samt Auswirkungen und 1998 Nachwirkungen 1998 National park management in the USA and Austria 1998 Wissenschaft im Nationalpark Nockberge 1999 Zur Limnologie von drei Kleinseen im Nationalpark Nockberge Die Auswirkungen des Nationalparks Nockberge auf die Entwicklung des Sanften Tourismus in dieser 1999 Region Verteilung, Paragenese, Korngröße und Chemismus des Goldes im Au-W-Erzvorkommen Stüblbau in 1999 Schellgaden (Lungau) Pollenanalytische Untersuchungen zur spät- und postglazialen Vegetationsgeschichte am Seetaler See 1999 (Österreich; Salzburg, Lungau) Die Heuschrecken (Orthoptera: Saltatoria) des Nationalparks Nockberge (Kärnten, Österreich): 2000 Verbreitung und Ökologie Forschungsergebnisse bei Lepidopteren anlässlich des „19. Freundschaftlichen Treffen der Entomologen 2000 aus Slowenien, Friaul - Julisch Venetien, Steiermark und Kärnten". Lagerstättenmineralogie von edelmetallführenden Vererzungen im Altenbergtal, Silbereck Formation, 2000 Lungau, Salzburg Hydrologisches Monitoring und Vegetationskartierung am Moor südöstlich der Überlinghütte (Lungau) – 2000 wissenschaftliche Begleitung eines Renaturierungsprojektes.


2000 Strukturanalyse und Auswirkungen des Nationalpark Nockberge auf den Tourismus 2000 Nationalpark Nockberge 2000+. Rahmenkonzept. Lagerstättengeologie von Au - W Vererzungen des Schellgaden Typus westlich des Katschbergpasses 2001 (Lungau, Salzburg) 2001 Kinder und Jugendliche im Lungau. Zwischen Partizipation und Apathie 2001 Die Kärntner Nockberge - Ringen um ein Schutzgebiet (1980) Informationskampagnen und Umweltbewusstsein: dargestellt am Beispiel Nationalpark Nockberge in 2001 Kärnten 2002 Eine bewegte Talflanke im Bereich Zickenberg-Grosseck im Zederhaustal (Salzburg, Österreich) Jagdwirtschaft im Nationalpark Nockberge. Eine Raumnutzungs- und Konfliktanalyse unter Anwendung 2002 eines geographischen Informationssystems 2002 Nutzungsgeschichte und Vegetation der Bergmähder bei Saureggen Bestandsaufnahme beim Alpenschneehuhn Lagopus mutus in einem Teilgebiet der Nationalparkregion 2003 Nockberge Geomorphologisches Inventar des Nationalparks Nockberge mit einem Vorschlag für einen 2003 geomorphologischen Lehrpfad 2003 Klimaeignungskarte Lungau. Klimatopkarte und bioklimatische Eignung für den Fremdenverkehr Themenstraßen. Regionalpolitische Chancen und touristische Auswirkungen - gezeigt am Beispiel 2003 Kärntner Holzstraße - Region Nockberge 2004 Exkursionen Lungau: 31.05.2004 - 04.06.2004 und 12.10.2004 - 16.10.2004 2004 ERA Eco Regio Alpe Adria 2004-2006. Final report. 2004 Der Kärntner Nationalpark Nockberge im Spannungsfeld zwischen Nutzung und Naturschutz 2004 Konflikte in der Nachhaltigkeit – Reflexionen über die Insel Rügen und die Nockberge 2004 Regionalentwicklung und -planung im Regionalverband Spittal-Millstättersee Lieser-Malta-Nockberge 2004 Nationalpark Nockberge: Was wird im Biosphärenpark anders? 2004 Biosphere Reserve Nomination Form Sommerliche Habitatnutzung des Alpenschneehuhnes (Lagopus mutus helveticus) im Bereich 2004 Nationalpark Nockberge 2005 Das Saumoos bei St. Margarethen im Lungau. Vegetation, Hydrologie und Geschichte 2005 Ökotourismus in Bergregionen. Eine Untersuchung des Nationalparks Nockberge in Kärnten 2005 Zur Flechtendiversität in den Gurktaler Alpen 2005 Managementplan Hochmoor Autertal 2005 Entwicklungsleitbild Turracher Höhe 2005 Entwicklungsplan für Tourismus und Freizeit 2005-2015 2005 Biosphärenpark Nockberge Phase 1 - Ergebnisse 2006 Die Bedeutung der Nockberge für den alpinen Deckenbau 2006 Örtliches Entwicklungskonzept Gemeinde Reichenau. Leitbild für die Entwicklung und Gestaltung Analyse regionaler Wertschöpfungsketten am Beispiel landwirtschaftlicher Produktionsprozesse im 2007 Lungau und in Südtirol. Eine Synthese aus dem EU-Projekt TERESA (6. Rahmenprogramm) 2007 Der Granat von Radenthein - Bergbaugeschichte und Mineralparagenese. 2007 Der Naturschutzplan auf der Alm 2007 Geschlechter und Verhältnisse auf dem Lande Der Naturraum und das Fremdenverkehrsmanagement von Bad Kleinkirchheim auf Basis der 2007 Thermalwassernutzung und zukünftiger Tourismusentwicklungen 2007 Almwirtschaft und Natura 2000 im Nationalpark Nockberge- Konfliktpotenziale und Lösungen 2007 Biosphärenparkentwicklung Nockberge 2007 Spittal/Drau. Raum für verschiedene Interessen sichern. Regionales Entwicklungsleitbild Spittal/Drau Expertenworkshop zur Erarbeitung einer Forschungsagenda. Ergebnisprotokoll im Rahmen der Initiative 2007 "Der Biosphärenpark Nockberge am Weg zur internationalen Anerkennung" Gesetz über die Errichtung von Nationalparks - und Biosphärenparks (Kärntner Nationalpark- und 2007 Biosphärenparkgesetz) K-NBG


2007 Lokale Entwicklungsstrategie der Lokalen Aktionsgruppe (LAG) kärnten:mitte 2007-2013 2007 Förderprojekt-Einreichformulare. Interne Kurzfassung zu Speik, Zirbox, Almrind und Heublumenbad. 2007 Lokale Entwicklungsstrategie der lokalen Aktionsgruppe (LAG) Nockregion-Oberkärnten 2007-2013 2008 Vegetation, Kleinlebensräume und Weideverhalten des Almviehs auf der Twengeralm 2008 Schutzgebietssystem Nockberge Veränderungen der Almwirtschaft in Salzburg und altes Erfahrungswissen am Beispiel einer Alm im 2008 Lessachtal, Lungau 2008 Biosphärenpark Nockberge - Planungsleitfaden 2008 Räumliche Strategie zur Landesentwicklung Kärnten 2009 Zur Vegetation und Flora des Rosanintals im Lungau (Bundschuh, Salzburg, Österreich). 2009 Nationalpark Nockberge - Ideen und Möglichkeiten zur Gestaltung von Projekttagen 2009 Naturraumressourcen der Naturparkregion Bad Kleinkirchheim und deren touristische Inwertsetzung 2009 Eine nachfrageseitige Angebotsbewertung des Sommertourismus in der Region Nockberge 2009 Participation Prozess in Biosphere Reserves - Development of an Intervention 2009 Tourismus Masterplan Lungau 2009 Naturschutzplan. Projektskizze Eine Untersuchung des Nationalpark Nockberge unter besonderer Berücksichtigung des 2010 umweltpädagogischen Potentials Blaues Gold aus hartem Fels. Vom Leben und Glauben der Lungauer Knappen im Kobaltbergbau auf der 2010 Zinkwand im 16. Jahrhundert. Part_b: Partizipationsprozesse in Biosphärenparks – Interventionstheorie, Strategieanalyse und 2010 Prozessethik am Beispiel vom Biosphärenpark Wienerwald, Großes Walsertal und Nationalpark Nockberge 2010 Zukunftsforum Bad Kleinkirchheim. Nationalpark Nockberge Strategieentwicklung. Strategiepapier im Auftrag von Verein Entwicklung 2010 Biosphärenpark Nockberge 2011 Akzeptanz und Partizipation der Bevölkerung im geplanten Biosphärenpark Lungau 2011 Ausgewählte Wellnessregionen in der Steiermark und in Kärnten im Vergleich Biosphärenpark Lungau-Nockberge. Schritte und Anerkennung. Studie im Auftrag von: Regionalverband 2011 Lungau & Nationalpark Nockberge 2012 The path towards setting up the UNESCO Biosphere Reserve Salzburger Lungau and Kärntner Nockberge 2012 Structural and AMS investigations in rocks of the Austroalpine units in the Nock Mountains 2012 Die Nockberge - Ein Naturführer. Gesetz mit dem der Biosphärenpark Nockberge errichtet wird (Biosphärenpark-Nockberge-Gesetz K2012 BPNG) „BRIMnockberge“ - Biosphere Reserve Nockberge – Conception and implementation of an integrated 2012 monitoring system 2012 Strategiepapier Nockalmstraße. Strategiepapier im Auftrag von Land Kärnten - Nockalmstraße 2012 100. Verordnung der Kärntner Landesregierung vom 25. September 2012 2013 Feldkirchen. Raum für Innovation und Kooperation. Regionales Entwicklungsleitbild Feldkirchen 2013 Positionierungsstrategie Bad Kleinkirchheim 2013-2018 2013 Örtliches Entwicklungskonzept 2013 - Kurgemeinde Bad Kleinkirchheim 2013 Tätigkeitsbericht 2013 Biosphärenpark Nockberge 2013 Sanftmobiles Naturerlebnis Kärnten 2014 Betriebserfahrungen der Bad Kleinkirchheimer Bergbahnen mit Speicheranlagen zur Beschneiung 2014 „Amanita Muscaria“ - Der Fliegenpilz 2014 Das weiße Bergschaf - Kulturhistorische Betrachtung und regionale Bedeutung Die Gemeine Esche (Fraxinus excelsior) - Eine kulturhistorische Betrachtung mit Fokus auf das Gebiet 2014 Nockberge 2014 Aconitum napellus – der Blaue Eisenhut: Gift und Gabe 2014 Der Rothirsch - Kulturgeschichtliche Bedeutung des Rothirsches


2014 Der Echte Speik o.A. Sustainable management of alpine pastures in protected areas – ALPA, Project implementation plan o.A. Waldentwicklungsplan - Leitfunktionen. Planliche Darstellung


report 05 - annex 2 Beiträge für die Zeitschrift „Meine Biosphäre“





report 05 - annex 3 Plakatpräsentationen zu den Seminararbeiten








report 05 - annex 4

Studentische Seminararbeiten


Alpen-Adria Universität Klagenfurt

Fakultät für Wirtschaftswissenschaften Institut für Geographie und Regionalforschung

Seminar: Projektstudien 320.403 B 9.3 „Protected Areas in the Alps-Adriatic Region“ Vortragende: Univ. Prof. Dr. Heike Egner Mag. Dr. Michael Jungmeier Wintersemester 2013/2014

-Seminararbeit„Amanita Muscaria“ Der Fliegenpilz

Autor: Marco Cecon 1060640 mcecon@edu.uni-klu.ac.at Abgabe: 14.02.2014



EINLEITUNG

4

MERKMALE UND KURZBESCHREIBUNG

5

NAMENSGEBUNG

5

VON/M FLIEGEN

5

DER „KRÖTENSTUHL“

6

DER FLIEGENPILZ, EIN GIFTPILZ?

7

CHEMISCHE SUBSTANZEN

7

RAUSCH

7

ERFAHRUNGSBERICHTE

8

EIN MÄNNLEIN STEHT IM WALDE...

10

MÄRCHENHAFTES SINNBILD

10

EIN HEIM FÜR ZWERGE

11

HEXENZAUBER UND TEUFELSWERK?

12

MENSCHSEIN

13

SCHAMANISMUS

13

MÖGLICHE QUERVERBINDUNGEN

16

DER KESSELWAGEN VON STRETTWEG – KULTISCHES PILZGEFÄß?

16

FAZIT

17

ZEITSCHRIFT ARTIKEL

19

WAS HAT DER WEIHNACHTSMANN MIT DEM FLIEGENPILZ ZU TUN?

19

RUDOLPH THE RED-­‐NOSED REINDEER

19

SCHAMANEN IN SIBIRIEN UND GERMANISCHE GÖTTER

19

MORPHOLOGIE DES ERZÄHLENS

19

QUELLENANGABEN:

20

LITERATURQUELLEN:

20

ABBILDUNGSVERZEICHNIS

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INTERVIEWPARTNER UND VON PERSONEN ERFAHRENES ZUSATZWISSEN

22


Einleitung Der Fliegenpilz ist in Mitteleuropa wohl der bekannteste aller Pilze und der Klischeepilz schlechthin. Schizophren seine Ausprägungen, denn der Fliegenpilz verkörpert heutzutage vollkommen gegensätzliche Aspekte. Zum einen ist der Fliegenpilz einer der vielversprechendsten Glücksbringer zum Jahreswechsel, wohnen Gartenzwerge in ihm und in zumeist kindlicher Lektüre, ist er das Symbol des Waldes und der Märchen. Zum anderen aber, ist der Fliegenpilz als giftig verkannt und die gegenwärtige Pilzliteratur unterstreicht dies auch. Der Fliegenpilz besticht also zum einen durch seine symbolhafte „glücksbringende“ Wirkung und zum anderen wird er „giftig“ klassifiziert, und jedes Kind weiß, davon die Finger zu lassen. Warum verkörpert der Fliegenpilz heutzutage diese gewichtigen Gegensätze? Der Fliegenpilz ist eigentlich fast jedermann als giftig geläufig und als solches, wird er auch in aktuellen Pilzbestimmungsbüchern klassifiziert, wie steht es wirklich mit der Giftigkeit des Fliegenpilzes? Aber warum wohnt dem Fliegenpilz dann eine solche Symbolkraft – eben als Glücksbringer, oder Märchensymbol – inne, wo man doch die Finger davon lassen sollte? Diesen Fragen und mehr, wird im Zuge dieser Seminararbeit begegnet. Dabei wird ein zeitlicher Rahmen aufgeschlagen, welcher von heute bis tief an die Ursprünge der Menschheit zurückreicht. Dabei wird ersonnen, dass der Fliegenpilz einer jener Kulturbegleiter der Menschheit ist, welcher in seiner Bedeutung wirklich schwerwiegend zu sein scheint und durch die Verzerrungen des Zeitenlaufs besitzt der Pilz heute noch eine gewisse Bedeutung und zumindest eine verklärte Symbolhaftigkeit. Im Betrachtungswinkel dieser Seminararbeit steht der mitteleuropäische Raum bis in den Norden Asiens.

Anfangs schon, möchte ich die Gelegenheit nutzen, mich bei den Personen bedanken, welche es ermöglicht haben die Arbeit in die richtigen Bahnen zu lenken. Univ. Prof. Dr. Heike Egner und Mag. Dr. Michael Jungmeier für die konstruktive Betreuung im Kurs. Dr. Gerfried H. Leute für die guten Ergänzungen und Herstellung von Kontakten. Ursula Happ, für das zur Verfügung stellen von qualitativer Fachliteratur und den drei Interviewparten. Als weiteres noch anderen Personen, welche im Zuge der Plakatpräsentation in den Nockbergen gute Ergänzungen lieferten.


Merkmale und Kurzbeschreibung Der Fliegenpilz gehört zu der Gattung der Wulstlinge, also den Amanitaceae und tritt häufig in Nadel und Mischwäldern auf. Der Pilz entwickelt sich aus einer rundlichen Knolle, welche fast aussieht wie ein Hühner-Ei. Anfangs bedeckt eine weiße Haut den wachsenden Pilz, die später in einzelne Felder aufreißt. Von dieser ehemaligen Haut stammen dann die weißen Flocken, welche den Pilzhut zieren. Diese Velumsflocken, können durch Regen abgewaschen werden. Der Fliegenpilz wächst in Europa und von Asien bis nach Sibirien (vgl. Höpfliger et. al 2002: S. 86). Diese

Seminararbeit

nimmt

sich

nicht

den

naturwissenschaftlichen und botanischen Aspekten rund um den Fliegenpilz an, sondern zeigt dessen volkskulturelle Bedeutung auf. Auf die vegetativen Merkmale wird in dieser Arbeit daher nur bedingt eingegangen, vielmehr wird die Symbolhaftigkeitund die Bedeutung des Pilzes in der Ethnologie und Menschheitsgeschichte herausgehoben, dabei ist die Namensgebung – also warum gerade Fliegenpilz von besonderer Bedeutung.

Namensgebung

Abbildung 1: Der Fliegenpilz

Der wissenschaftliche Name des Fliegenpilzes lautet Amanita Muscaria. Allgemein ist der Pilz im deutschen Sprachraum als Fliegenpilz bekannt. Weitere deutsche Namen sind Mückenschwamm, Mückenpfeffer, Narrenschwamm oder auch Krötenstuhl. Im englischen Sprachraum ist er – sinnverwandt - als fly fungus, paddockstool, toadstool oder auch toads- meat, -cheese, oder – bread bekannt (vgl. De Vries 1991: S. 15).

Von/m Fliegen Allgemein dominiert der Namens-Hauptbezug des Pilzes zu Kröten, Fliegen oder Mücken. Die ursprüngliche Meinung besagt, dass die Namensgebung des Pilzes von der Tatsache rührt, dass der Pilz in Milch oder Wasser eingelegt als Mittel gegen Fliegen – also als Insektizid - verwendet wurde. Durch das „Gift“ sollten die Fliegen zu Grunde gehen. Ein anderer Bezug von Fliege sei jedoch hervor zu heben, um sich der folkloristischen Versinnbildlichung des Pilzes zu nähern. Die Fliege ist – und war in


früheren Zeiten vermehrt - ein Symbol dunkler Kräfte, ein Symbol des Irrsinns. Laut Volksglauben können sich „Hexen“ und Zauberer in Fliegen verwandeln, oder auflösen. Dies wurde ebenso dem Teufel zugeschrieben. Ebenso auch das Fliegen als Eigenschaft selbst, könnte man als Namensbezug herleiten. „Hexen“ wurden beschuldigt, mit dem Teufel im Bunde zu sein und mit ihren Besen zu können. Das Fliegen hat in Schamanentraditionen eine ganz spezielle Bedeutung – dazu jedoch später genaueres. In französischen Dialekten oder im sardischen Sprachgebrauch meint Fliege einen Rausch oder sich närrisch Gebärden (vgl. De Vries 1991: S. 17). Auch im kärntnerischen meint es einen Rausch zu haben, wenn gesagt wird, die Person habe einen Flieger. Und gebärt sich jemand seltsam, wird gefragt, ob die Person denn „tamische Schwammerl“ gegessen hat, was soviel bedeutet wie verwirrte-, oder benommene Schwämme (Pilze).

Der „Krötenstuhl“ Der Bezug zu Kröten, ließe sich entweder von der Gestalt des trockenen Pilzes ableiten, welche mit Fantasie aussieht wie eine Kröte oder von der Kröte als „Hexentier“. Auch die Kröte ist eine Verwandlungsgestalt von „Hexen“, Zauberern oder dem Teufel. Als magisches Tier wurde die Kröte bei Zaubern gewählt, z.B. besteht ein Teil der berauschenden Flugsalbe von Hexen aus Krötenfett (vgl. De Vries 1991: S.17). Im Volksglauben hieß es auch, dass Kröten auf den Fliegenpilzen sitzen oder Schlangen sich um diese winden und dabei giftige Sekrete ausschwitzen, welche in den Pilz übergehen. Die Kröte ist bei mancherlei magischen Hexenrezepten als Zutat genannt, dies geht aus wenigen historischen Dokumenten hervor (vgl. Bauer 1991: S. 30). Hierbei kann man sich nun also ausmalen, dass der getrocknete Pilz, als „Kröte“, den Weg ins magische Gebräu nahm und nicht zwingend das Tier. Des Weiteren, führt Bauer noch aus: „ „Kröten haben“ bedeutet heute noch so viel wie reich sein. Gibt es einen Zusammenhang zu früher, wo „Kröten haben“ vielleicht hieß, ein Glückspilz zu sein, weil man Glück bringende Fliegenpilze besaß?“ (Bauer 1991: S. 30). Mit beiden Bezeichnungen für den Pilz, also Fliegenpilz oder auch Krötenstuhl, passt die Verbindung Pilz-Zauber-Teufel zusammen, welcher mit Rausch und geistesbewegenden Wirkungen zusammenhängt (vgl. De Vries 1991: S. 17). Wie sieht es im allgemeinen mit dem „Glückspilz“ -dem Fliegenpilz - aus, der zum Jahreswechsel gerne als Glücksbringer verschenkt wird und seiner sonderbaren Namensherkunft aus, welche mit Zauberkräften und Schamanismus im Einklang stehen? Davon will auf den folgenden Seiten nun genauer berichtet werden, zuerst aber blicken wir auf die Inhaltsstoffe des Fliegenpilzes.


Der Fliegenpilz, ein Giftpilz? Chemische Substanzen Die gängige These aus Pilzbüchern und toxikologischen Lehrbüchern benennt den Fliegenpilz als gefährlichen Giftpilz mit dem verantwortlichen Alkaloid Muskarin welches – laut Pilzbestimmungsbüchern – giftig ist. In manchen ist zu lesen, welche Zustände dieses „Pilzgift“ hervorruft; wirklichkeitsverzerrenden Wahrnehmungen, Halluzinationen (Erhöhung des parasympathischen Teils des vegetativen Nervensystems), Erregungszuständen, erhöhter Speichelfluss und Gefäßerweiterung etc. Laut den Wissenschaftlern rund um den Züricher Pharmakologen Peter G. Waser kann aber die Substanz Muskarin vom Darm nicht ganz aufgenommen werden und um toxisch zu wirken besitzt der Fliegenpilz davon zu wenig an Alkaloid-Menge. Von den Züricher Wissenschaftlern wurden noch weitere Substanzen im Fliegenpilz entdeckt; Ibotensäure, Muscimol und Muscazon. Es lies sich auch das Halluzinogen Bufotenin – eine psychotrope Alkaloid Verbindung, welche auch in Kröten vorkommt – nachweisen. Muscimol weist – ähnlich dem LSD – beträchtliche psychotrope Wirkungen auf. Psychotrop meint auch psychoaktiv, man spricht davon, wenn eine Substanz die Psyche oder das Bewusstsein von Menschen beeinflusst. Und Muscimol, Muscarin und Muscazon tun dies in ihrem Zusammenspiel. Die Raum- und Zeitvorstellung wird verändert, die Umwelt anders wahrgenommen. Kleine Pfützen können für riesige Seen gehalten werden und Berge können erscheinen, als wären diese ein, mit einem kleinen Sprung überwindbares Hindernis (vgl. Schmidbauer et. al. 2003: S. 145 – 149).

Rausch Stellen psychoaktive Pflanzen in der evolutionären Entwicklung hohen menschlichen Bewusstseins einen wichtigen Eckpfeiler dar? Die meisten Kulturen, weisen zumindest ein Rauschmittel auf, welches im Zuge ritueller Handlungen – oder hedonistischen Zwecken – zur Geltung kamen. Psychedelische Erfahrungen können vielfältige Erscheinungsbilder haben. Diese reichen von ästhetischen und abstrakten Erlebnissen, über biographisch-psychodynamische - also einem selbst betreffende Wahrnehmung von Traumbildern- bis hin zu transpersonalen Erfahrungen, bei dem das eigene Ich überschritten wird und ein verzerrtes Gefühl von Raum und Zeit herrscht. Die Schranken die einem das eigene alltägliche Bewusstsein weist, werden durchbrochen. Psychedelische – psychotrope – Substanzen, ermöglichen


eine andere Wahrnehmung gegenüber Seiner selbst, bis hin zum Universum (vgl. Grof 1985, S. 48-50).

Erfahrungsberichte Für diese Seminararbeit wurden drei Personen befragt, welche selbst Erfahrungen mit dem Konsum von Fliegenpilzen gesammelt haben. Hierbei wurde auf eine knappe Schilderung der Begebenheiten wert gelegt. Das Interview sollte also nicht in Kleinigkeiten „ertränkt werden“ sondern es sollten wesentliche Merkmale, also für die Personen wichtigsten Wahrnehmungen und Merkmale beschrieben werden. Interessant war, dass die drei Personen sich durch „hören-sagen“ über die Verfassung dieser Arbeit, auffindbar machen ließen. Die Personen wollten verständlicher Weise anonym bleiben. Person 1: Männlich, 28 Jahre, Student. Nahm vor Jahren im Selbstversuch mit einer weiteren Person Fliegenpilz zu sich. Die Menge war ein großer Pilzhut pro Person. Die Pilzhüte wurden in Stücke zerteilt, im Backrohr mehrere Stunden lang getrocknet und danach förmlich runtergewürgt. Nach ca. einer Stunde trat die erste Wirkung auf. Dies wurde beschrieben, als ein Gefüge aus anfänglicher Übelkeit und missmutiger Stimmung, welche sich jedoch nach einer gewissen Zeit auflöste und in ein euphorisches Gefühl mündete, dass mit dem Drang sich zu bewegen verbunden war. Der Proband durchstreifte Wälder und fühlte sich dort geborgen und dazugehörig als wäre er ein Teil des Waldes. Die Bäume erschienen ihm verzerrt und lebendig, voller Lebenskraft. Nach ca. drei Stunden (wobei er sich hier zeitlich nicht ganz sicher ist) klang die Wirkung langsam ab und dem Probanden überkam eine schwere Müdigkeit. Am nächsten Morgen nach langem Schlaf fühlte er sich wieder frisch und munter. Person 2: Männlich, 46 Jahre, Hobbykünstler. Nahm in den 90er Jahren des 20. Jhdt. mehrere Male Fliegenpilz zu sich. Laut seinen Angaben war dies eine seiner intensiven Schaffungsphasen und die Pilze lieferten ihm hierbei Erfahrungen und Ideen, welche er in seinen Bildern einbrachte. Er sprach von anfänglicher Gedankenflucht und Tagträume in farbige Landschaften und beschrieb diese als manchmal hörbar- schrill und laut. Nach einer solchen Phase war er zumeist „Putzmunter“ und fühlte sich stark (also stärker als sonst) und motiviert seine Kunst auszuüben, Größenverhältnisse waren teils drastisch verändert, so erschien ihm die Staffelei zumeist kleiner als sonst und er malte „noch genauer“ mit einem Auge auf die Leinwand blickend. Es schien ihm als alles verwoben,


also sein Atelier, seine Farben und Dinge, als ob alle Dinge über ein unsichtbares Band zusammengehören. Alles im allen war diese „Phase“ für ihn eine sehr produktive. Person 3: Weiblich, 26, Studentin. Dem Fliegenpilz wurde die Haut abgezogen und diese getrocknet und geraucht. Die Wirkung war schnell da und wurde als Gefühl von Heiterkeit beschrieben. Eine leichte Müdigkeit steckte lt. Angaben „in den Knochen“ aber diese entwich als die Probandin sich von der Couch erhob, danach fühlte sich „unternehmungslustig“ und redselig. Noch am selben Abend wurde Alkohol konsumiert, also kann über den weiteren Verlauf des Fliegenpilz-Rausches nicht viel gesagt werden. Die Erfahrung wurde im Herbst 2013 gesammelt und lt. Probandin würde sie gerne wieder eine Erfahrung sammeln. Grundsätzlich wurden neben euphorischen Gefühlen und dem Drang sich zu bewegen die anfängliche Phase von Müdigkeit oder Gedankenflucht genannt. Auch von Verzerrungen wurde berichtet. Diese Gefühlszustände decken sich mit jenen Beschreibungen die auch in der Fachliteratur zu finden ist. Interessant ist, dass sich bei den ersten beiden Personen eine „Beseeltheit“ einzustellen schien, also eine wirklich gefühlte Beseeltheit der Natur, aber auch von Gegenständen, fast wie eine „göttliche“ Wahrnehmung. Solche Erfahrungen scheinen eine gewisse Ähnlichkeit mit dem ebenfalls psychotrop wirkenden Pilz „Psylocybe Semilanceata“ – des Spitzkegeligen Kahlkopfes – haben, jedoch nicht ganz, denn die Alkaloid-Zusammensetzung in beiden Pilzen ist total unterschiedlich. Das wirksame Alkaloid des Spitzkegeligen Kahlkopfes ist Psilocybin. Den Pilz kann man in ganz Mitteleuropa finden. Es scheint als würde dieser Pilz auch ein Kulturbegleiter des Menschen zu sein, da dieser hauptsächlich auf dem Dung von Kühen und Schafen wächst, welche wiederum domestizierte Kulturbegleiter des Menschen sind. Es gibt in Südamerika ganze Kulte um Psilocybin-haltige Pilze, welche teilweise bis 1000 vor unserer Zeitrechnung zurückreichen. Psilocybin-haltige-Pilze, stellen neben den Lysergsäure-Amiden (Mutterkorn-Pilz - LSD), den Cannabinolen (Hanf, Cannabis – THC) und den Phenetylaminen (Amphetamine), als Psylocyben eine eigene Gruppe schwerer Psychedelika dar, in der Forschung selbst, wurde dies erst spät entdeckt (vgl. Stafford 1977: S. 7 – 30). Weitere Ausführungen über Psilocyben und deren Gebrauch in Südamerika, würde den Rahmen dieser Arbeit sprengen. Der Focus bleibt dem Fliegenpilz, im euro-asiatischen Raum erhalten.


Zuvor, um noch einen Link vom Fliegenpilz zu den Kröten zu schließen, sollte auch noch das Bufotenin erwähnt werden. Gewisse Krötenarten enthalten Bufotenin – wie oben erwähnt, in geringen Mengen auch der Fliegenpilz - , ein psychotrop wirksames Alkaloid. Um die Wirkung von Bufotenin zu erzielen, muss eine lebendige Kröte gegessen werden. Bauer meint, dass der Ausdruck „Eine Kröte schlucken“ vielleicht auch aus dem Brauch resultiert, psychoaktive Kröten zu schlucken (vgl. Bauer 1991: S. 30). Der Rausch scheint jene Person, welche den Fliegenpilz konsumiert in eine andere Wirklichkeit zu entführen, in Wachträume mit teils fantastischen Inhalt und zu verzerrten Wahrnehmungen der Wirklichkeit mit dem Drang sich durch die Natur zu Bewegen. Auch die unterschiedliche Größenwahrnehmung von Objekten ist ein ganz spezieller Punkt. Objekte scheinen größer oder kleiner und aus einer anderen Welt zu kommenwomöglich eine verträumte und märchenhafte. Nicht umsonst säumen Fliegenpilze wohl den Weg in die Welt der Märchen und Legenden.

Ein Männlein steht im Walde... Märchenhaftes Sinnbild Der Fliegenpilz taucht in Volksliedern und Märchenerzählungen auf. Hier jedoch oft nicht in definitiver Gestalt, sondern als Versinnbildlichung verschiedenster Aspekte. Repräsentativ erscheint der Pilz bildlich illustriert in Märchenbüchern und Geschichten um

Mainzelmännchen,

Kobolde.

Gartenzwerge

sitzen-,

bemalen-,

bewohnen

Fliegenpilze. Man darf annehmen, dass der Pilz in solchen Fällen, bewusst- oder auch unbewusst, als Tor zur Anderswelt – eben in die Welt der Märchen und Legenden dargestellt wird. Der Fliegenpilz wird im Märchen nicht direkt beim Namen genannt, so darf man laut Bauer „Aufmerken [...] wenn es in den Märchen um ein Rotkäppchen, um ein Zwergenmützchen, einen Wünschelhut, ein rotes Mützchen oder einen Zauberhut geht, wenn nach einem wundertätigen Lebenswasser gesucht wird, oder wenn ein Rabe im Spiel ist und Hinweise gibt oder wenn gar eine Kröte den Held, die Heldin ins Innere der Erde begleitet und zu den Unterirdischen bringt.“ (Bauer 1991: S. 39). Wo es dann der Vergleich mit einem Märchen gezogen wird im welchen der Protagonist eine Kröte enthauptet, die auf einen Schatz sitzt, welche dann das sprechen beginnt und ihren Namen mit Margarete „Mutter Kröte“ angibt (vgl. Bauer 1991: S. 39).


Sagen scheinen laut dem Autor Sergius Golowin häufig Schilderungen von substanzinduzierten Seelenreisen und Erlebnissen zu sein, weshalb der Fliegenpilz dort eine große Rolle spielen sollte (1991: S. 59). Die Sagen sind aber stets der Standpunkt des „[...] Uneingeweihten, des Außenstehenden, des erstaunten, zweifelnden oder gläubigen, entsetzten oder bewundernden Beobachters; Sagen sind fast immer dichterische Gestaltungen des tiefen Eindrucks den das merkwürdige Treiben der Hexen, fahrenden Schüler, Zigeuner-Spielleute [sic], Kräuterweiber usw. und die verworrenen Berichte über ihre geheimnisvollen seelischen Abenteuer und deren Vorbereitungen im Volke erzeugten.“ (Golowin 1991: S. 59).

Ein Heim für Zwerge Bauer schwenkt in seiner Ausführung über die Erscheinung des Fliegenpilzes im Märchen weiter auf die Gartenzwerge über. Die Vorliebe der Gesellschaft -besonders der Deutschen - für Gartenzwerge, soll aus der Sehnsucht nach einer geistreichen und beseelten Welt herbeirühren. „Millionen von Zwergen stehen in deutschen Gärten, Wohnzimmerfenster und auf Blumenbänken. Sie sitzen auf Fliegenpilzen oder bemalen sie, halten Fliegenpilze in Händen oder stehen – als Manifestation der guten Erdkräfte – wissend neben ihnen. Wie gute Hausgötter werden sie gehalten, geschrubbt, geputzt und renoviert.“ (Bauer 1991: S. 40). Doch nicht nur in Märchenbüchern und Vorgärten tummeln- und sprießen allerhand Fliegenpilze, auch in Lewis Carrolls Buch „Alice im Wunderland“ (1865) finden Pilze mit allerlei seltsamen Effekten auf die Protagonistin Alice ihre Erwähnung. Ein Pilz macht sie größer, ein anderer kleiner, verwandelt die ganze Landschaft etc. Das Buch gilt als eines der Vorläufer der psychedelischen Kultur (vgl. Golowin 1991: S. 50 - 59). In Kinderbüchern wimmelt es nur so von Fliegenpilzen, in Märchenbüchern – alten wie neuen - wird dieser gern illustriert. Es scheint als wäre der Pilz – bewusst oder auch unbewusst – als Versinnbildlichung, als Tor zur Anderswelt dorthin gesetzt. Als Tor zur Welt der Märchen, Sagen, Fabelwesen und Legenden. Doch nicht nur in Märchen kommt der Fliegenpilz codiert und verschachtelt zur Geltung. Er findet ebenso auch in Volksliedern Erwähnung, so soll es sich im Volkslied „Ein Männlein steht im Walde“, mancher Interpretation nach, um den Fliegenpilz handeln.


Hexenzauber und Teufelswerk? Einerseits kennt man heute noch die romantische Auffassung des Fliegenpilzes, sein Aufkommen in Märchenbüchern, als Heim für Gartenzwerge und dessen Nutzung als Glückssymbol und positivem Neujahreswunsch. Andererseits, dessen Giftigkeit. Dahinter und dazwischen, steht aber altes schwerwiegendes Wissen über die Nutzung von „Zauberpilzen“ in frühen Zeiten der Menschheit. Zwischen diesen Gegensätzen scheint es auf dem ersten Blick wirklich große Schnitte zu geben. Schnitte waren wohl künstlich herbeigeführt um das unbekannte, fremde, andersartige und phantastische aus der Welt zu verbannen. Altes Wissen ging verloren. Die Inquisition

und das Aufkeimen der modernen Schulmedizin, könnte hier als

treibende Kraft angesehen werden. Aber Trotz der Inquisition – die durch die Kirche über Jahrhunderte ausgeführte Machtausübung – ist es nicht ganz gelungen,

altes-, bis

teilweise über die Antike, an die Ursprünge des Menschseins zurückreichenden Wissen, über Zauberpflanzen und magischen Pilzen auszurotten. Im Bezug auf den Fliegenpilz, scheinen sich manche Facetten – also jene des Fliegenpilzes, als Tor zur Anderswelt, Glücksbringende Eigenschaften etc. – erhalten zu haben. Das ändert jedoch nichts an der Tatsache, dass weise Menschen des Mittelalters - Kräuterkundige, Heilpraktiker, Schamanen – also jene, welche noch altes - z.T. „heidnisches“ – Wissen, Gedankengut, Riten und Bräuche bewahrt haben, als „Hexen und Hexer“, auf den Scheiterhaufen der Inquisition zum Opfer fielen (vgl. Schultes et. al. 1980: S. 86 – 90). Zu einem sich teilweise erhaltenen Wissen, aber auch im Zuge der InquisitionsPropaganda ausgeschlachtetem Klischee, handelt es sich um die Anwendung von Flugsalbe. Eine Flugsalbe war ein Gemenge aus Fett (Meist Schweine, oder Hühnerfett, die Inquisition sagte es den „Hexen“ als Negativpropaganda nach, „Kinderfett“ zu nehmen) und psychoaktiven Pflanzen (vgl. Rätsch 2002, S. 749-755). Zu diesen Pflanzen zählten Bilsenkraut (Hyoscyamus), Tollkirsche (Atropa Belladonna), Stechapfel (Datura Stramonium) wie auch der Fliegenpilz (Amanita Muscaria). Flugsalben wurden meist unter die Achseln und in die Kniekehlen geschmiert, um einen berauschenden Effekt zu erlangen. Es wird auch davon berichtet, dass auch Besenstiele mit diesen Salben eingerieben wurden welche Vaginal, oder Anal appliziert wurden um die Substanzen über die Schleimhäute noch intensiver aufzunehmen. Dies gab wohl den Anstoß, eben „Hexen“ auf Besen fliegend darzustellen (vgl. Schultes et. al 1980: S. 90).


Bei der Anfertigung von Flugsalben, handelt es sich wohl um antikes- und vorgeschichtliches Wissen (Vorgeschichtlich = im Sinne von vorgeschichtlicher Geschichtsschreibung durch die Griechen oder Römer). Schon in der griechischen Antike wurde vom Ambrosia geschrieben. Ambrosia -die Nahrung der Götter- diente der Göttin Hera als Salbe, welche es ihr ermöglichte schnell durch die Lüfte zu reisen (vgl. MüllerEbeling et. al. 2005: S. 154). Die Ursprünge von der Nutzung psychoaktiver- psychotroper Substanzen, Pflanzen und Pilze geht wohl bis an die Ursprünge des Menschseins zurück. Einige Forscher behaupten sogar, dass ein Eckpfeiler in der Ausbildung des menschlichen Bewusstseins darauf fußt, psychotrope Substanzen konsumiert zu haben.

Menschsein Das Erreichen von höheren Bewusstseinszuständen ist ein Prozess zur Menschwerdung. Die Theorie der Bewusstseinsevolution von Terence Mc. Kenna besagt sogar, dass der Konsum von psychotropen Substanzen den Missing Link der Evolutionskette darstellt und dass die Menschheit ihr hohes Bewusstsein deshalb erlangte, weil diese zufällig auf der Suche nach Nahrung, auf halluzinogene Pilze stießen. Die darin vorkommenden Alkaloide wirkten wie ein Beschleuniger für die Ausbildung eines höheren, selbstreflektierenden Bewusstseins (vgl. Mc. Kenna 1992: S. 31-70). Die Theorie Mc Kennas, ist eine schwerwiegende Aussage welches die Grundexistenz der Menschheit betrifft. Die Katalysatoren zur Entstehung eines höheren – menschlichen – Bewusstseins, sind heute verkannt und in das Reich der Drogen und Süchte degradiert. Durch zuerst, per „trial and error“ Prinzip, konsumierte psychotrope Substanzen, wirkten wie ein Katalysator und könnten weiter im Lauf der Jahrtausende zur „Menschwerdung“ immer mehr im Zuge von rituellen Handlungen - um „göttliches“ zu erfahren – genutzt worden sein. Um diesen Schritt greifbar zu machen, gibt es Theorien zu Schamanismus und auch Interpretationen von Felszeichnungen, die sich seit Jahrtausenden bewahrt haben, auch in Mitteleuropa.

Schamanismus Wie sieht es mit der vorgeschichtlichen Nutzung von psychotropen Substanzen im mitteleuropäischen Raum aus? Man darf davon ausgehen dass Menschen im


mitteleuropäischen Raum schon im Neolithikum von der Wirkung halluzinogener Pilze wussten. Verschiedenste Interpretationen der neolithischen Felszeichnungen vom Berg Bego in Italien und jene des Val Camonicas (beide Norditalien), besagen dies jedenfalls. Eine Felszeichnung vom Berg Bego mag den Anschein erwecken, eine Silhuette eines Pilzes vor sich zu haben. Jedenfalls sieht diese Felsritzung pilzähnlich aus. Die figurale Abbildung neben dem Pilz scheint einen Schamanen zu zeigen, welcher eine Art Wissensstrahl in den Kopf bekommt. Die Felsbilder des Camonica Tales sind auf einer Strecke von 25 Kilometern entlang des Tales verteilt und wurden durch die verschiedenste Ausführung von Stilen über eine Periode von beinahe 10.000 Jahren durch die dort vorkommenden Kulturen geschaffen. Zu sehen sind schematisierte menschliche Figuren, Ackergeräte, rituelle- und religiöse Handlungen. Weiters auch Webstühle oder Waffen wie Bögen und Äxte (vgl. Grünig 2012: S. 8-10). Der Gebrauch psychoaktiver Pilze im neolithischen Europa ist nicht gänzlich als solches Festzumachen. Hierbei handelt es sich um eine Theorie die auf der Interpretation eines Felsbildes beruht. Um kurz den Betrachtungswinkel Europa und Asien zu verlassen; Als wirklich definitiv, was den anthropogenen Gebrauch psychotroper Pilze anbelangt, kann eine Felszeichnung aus der Sahara bei Tassili in Algerien, angesehen werden. Diese Abbildung zeigt zwei tanzende anthropogene Gestalten mit Pilzen in den Händen von welchen eine Art „Gedankenstrahl“ aus, in die Köpfe der Gestalten dringen (vgl. Passauer 1997: 257-258).

Abbildung 2: Anthropomorphen beim Pilztanz


Laut dem Forscher und Ethnobotaniker Christian Rätsch weist die Antike eine Vielzahl von Pilzkulten auf, welche von den Ägyptern bis zu den Griechen und Römern reichte (vgl. Rätsch 1988: S. 62). Ebenso auch, werden Fundstücke kultischer Gefäße, mit dem Gebrauch psychotroper Substanzen in Verbindung gebracht. Ein solches Gefäß könnte der „Streitwagen“ oder auch „Kultwagen“ von Strettweg gewesen sein. Ein kurzer Abriss zu dieser Vermutung seitens des Autors, findet sich im Kapitel „Vermutungen und Querverbindungen“. Der Nachweis schamanischer Handlungen im vorgeschichtlichen Europa gestaltet sich dennoch als äußerst schwierig. Wirklich greifbar hingegen ist der Schamanismus in Sibirien, dort wurde und wird der Fliegenpilz besonders gebraucht. Die ersten Beschreibungen des Gebrauches von Fliegenpilzen in Sibirien gehen auf das Jahr 1730 zurück. Ein Offizier der schwedischen Armee verbrachte seine Kriegsgefangenschaft in Sibirien und konnte in Erfahrung bringen, dass Schamanen in sibirischen Stämmen, Fliegenpilze als Rauschmittel zu sich nahmen. Der Gebrauch von Fliegenpilzen war unter den weitverstreuten finnisch-ugrischen Volksstämmen Sibiriens sehr verbreitet. Sibirische Stämme wie die Korjaken, Kamtschadalen und Tschuktschen kannten vor der Einfuhr von Alkohol keine anderen Rauschdrogen als Pilze. Auf verschiedenste Weise wurden die Fliegenpilze zubereitet; getrocknet und gegessen, in Wasser gekocht- oder in Milch über mehrere Tage eingelegt. Sogar durch Frauen vorgekaute und eingeweichte Pilzkugeln wurden gegessen. Durch die zeremonielle Verwendung entwickelte sich auch der Brauch des Urintrinkens. Der Pilz war entweder nur Schamanen vorbehalten, oder enorm teuer, also den wohlhabenden Bewohnern vorbehalten. Die ärmeren Stammesmitglieder konsumierten dann deren Urin um ebenfalls die berauschende Wirkung des Pilzes zu erfahren. Der Fliegenpilz weist unter den pflanzlichen Halluzinogenverbindungen die höchst seltene Eigenschaft auf, die Schranken des Körpers ungehindert zu passieren. Die psychoaktiven Alkaloide werden also unverändert mit dem Urin ausgeschieden (vgl. Schultes et. al 1980: S. 82-85). Wahrscheinlich kannten die finnisch-ugrischen Völker den Konsum von Fliegenpilzen durch Rentiere, was durch Interpretation gewisse Facetten der heute so populären Geschichte des Weihnachtsmannes erahnen ließe. Mehr dazu, im übernächsten Kapitel.


Mögliche Querverbindungen Der Kesselwagen von Strettweg – kultisches Pilzgefäß? Im Buch „Noreia – Atlantis der Alpen“ beschreibt der Kärntner Landesarchäologe Paul Gleirscher den Kesselwagen von Strettweg aus dem 6. Jhdt. v. Chr., welcher im Jahre 1851 gefunden wurde. Dieser Wagen besteht Figuren wie Reittieren, Reitern und Kriegern

und

einer

mittig

thronende

Frauengestalt,

welche

von

Gleirscher

möglicherweise als die Göttin „Noreia“ gedeutet wird. Diese Frauengestalt hält einen Kessel hoch, welcher möglicherweise zur Aufnahme psychotroper Substanzen diente (vgl. Gleirscher 2009: S. 45-54). Ebenso auch wird von „Soma“ geschrieben, ein Getränk mit welchem sich germanische Stämme in Extase versetzten. In mancher Literatur wird „Soma“ auch als Fliegenpilz gedeutet (vgl. Richter 1989: S. 27-30). Ein besonderes Detail, des Strettweger Steitwagens fiel dem Autor auf. Die Figuren der Reiterdarstellungen tragen spitzkegelige Hüte und man könnte daraus schließen, dass der Pilz „Psylocybe Semilanceata“ – eben der Spitzkegelige Kahlkopf dafür genutzt wurde. Dies würde manche Vermutungen zu Pilzkulten in der Antike stützen, das Gefäß ist als keltisch anzusehen.

Abbildung 3: Der Kesselwagen von Strettweg


Fazit Im Fliegenpilz muss wohl viel Zauber innewohnen, der heute in seiner Form wohl nichtmehr verstanden wird. Über Jahrtausende hinweg diente er den aufstrebenden Volkskulturen als Wegbereiter zur einem höheren Bewusstsein. In einem Menschen von damals, müssen psychotrope Erlebnisse wirklich „göttliche Gefüge“ ausgelöst haben. Eng verband sich Mensch mit anderen Geistesebenen. Durch die psychoaktive Wirkweise des Pilzes, handelt es sich bei den kultischen Handlungen keineswegs um Metaphysik, sondern um eine für den Menschen real wahrgenommene Magie. Die Welt der Ahnen, Geister und Seelen war somit wirklich betretbar. Auf Grund der psychotropen Wirkung, konnte der Mensch für sich selbst und andere scheinbar wirklich in andere Welten blicken. Die Schamanen waren dafür dann die „Spezialisten“. Mit der Zeit kam es dann anders. Der Fliegenpilz ist wohl ein sehr starkes Sinnbild dafür, wie sich später dann der Kampf zwischen Kirche und Volksglaube auf der Ebene von Heil und Zauberpflanzen ausgetragen hat. Die versuchte Auslöschung von altem Wissen und die Ermordung unzähliger, unschuldiger Frauen als „Hexen“, war das Durchsetzen mit Schwert und Feuer der Machtinstitution Kirche und auch wohl der Ursprung der Schulmedizin. Der Fliegenpilz wurde nun mit okkulten und verbotenen Ritualen assoziiert, was im Laufe der Zeit eine Furcht vor dem Pilz konstruiert hat. Was einst die Quelle für Weisheit und Glück war, wurde in einen „todbringenden“ Giftpilz gewandelt. Das bedeutete einen gravierenden Einschnitt, aber das Wissen um Heil- und Zauberpflanzen und damit verbundene Rituale existierte im kollektiven Bewusstsein weiter. Die gesellschaftlich-religiöse Kampagne gegen den Fliegenpilz führte dann dazu, dass die Konsumation zu einem geächteten Akt wurde, die bildliche und symbolische Bedeutung blieb jedoch weitgehend erhalten. Der Fliegenpilz wurde als von seiner magisch-psychotropen Realwirkung enthoben um nur noch mehr als glücksverheißendes Sinnbild und Symbol der Märchen und Sagenwelt zu wirken und wird

in den

verschiedensten Ausprägungen als Glücksbringer gebraucht. Der Pilz scheint heute von der gesellschaftlichen Betrachtung aus gesehen auf jeden Fall ein gewisses Gefahrenpotenzial zu bringen. Denn im Sinne der Gesellschaft ist der Gebrauch von sämtlichen psychotropen Substanzen wie beispielsweise LSD oder Cannabis etc.., nicht konform. Solche Substanzen passen nicht in das Bild einer strukturierten und beinahe schon mechanisierten Gesellschaft. Aber wenn wir zu sehr mechanisch werden, bleibt die Menschwerdung, die unaufhaltsam von statten geht auf der


Strecke. So täte es in mancherlei Hinsicht oft nach höherem Bewusstsein zu streben, anstatt sich immer mehr in die Fänge von Maschinen zu begeben und kollektiv zu verblöden. Psychotrope Substanzen wurden immer wieder im Zusammenhang mit aufrührerischen – die gesellschaftlichen Normen untergrabenen – Prozessen in Zusammenhang gestellt. Dies konnte man allen voran anhand der Flower-Power Hippie Bewegung sehen, welche auch aufgrund der Einnahme solcher Substanzen gesellschaftliche Werte hinterfragten und auch ins Wanken gebracht haben. Das hat bei den meisten psychotropen Substanzen dazu geführt, dass die verboten und kriminalisiert wurden. Interessanterweise ist dieses Schicksal dem Fliegenpilz erspart geblieben. Dies lässt darauf schließen, dass der Fliegenpilz zu tief im Volksglauben verankert ist, um diesen zu kriminalisieren. Da sich der Umfang der Arbeit in gewissen Schranken halten musste, konnten viele Facetten des Fliegenpilzes nicht umfassen erschlossen werden. Es gäbe für eine weiterführende Forschung noch etliche Anhaltspunkte zu analysieren, so wäre es beispielsweise wert, das Auftauchen des Fliegenpilzes in modernen esoterischen Kreisen, der Erscheinung in der Pop Kultur oder in Jugendbewegungen und Sub-Kulturen zu erforschen. Ebenso auch um in die Antike zurück zu greifen, ein eventuelles damals vorhanden sein von Pilzkulten.


Zeitschrift Artikel Was hat der Weihnachtsmann mit dem Fliegenpilz zu tun? Die Figur des Weihnachtsmannes, welche seit den letzten Jahrzehnten aus den USA nach Europa überschwappt, ist nicht so amerikanisch wie man denkt, wurde auch nicht durch den bekanntesten Cola-Konzern ins Leben gerufen und hat mitunter Ursprünge, die tief in das kollektive menschliche Bewusstsein zurückreichen.

Rudolph the Red-­‐Nosed Reindeer Aus Beobachtungen weiß man, dass Rehe in den Nockbergen manchmal gerne auch Fliegenpilze anknabbern. Die Rehe gehören zur Familie der Hirsche und ebenso auch die Rentiere. In Sibirien wurden Rentiere dabei beobachtet, wie diese unter der Schneedecke nach Fliegenpilzen graben um sich - aufgrund der psychoaktiven Substanzen welche sich im Fliegenpilz befinden - zu berauschen. Durch das Wühlen im Schnee bekommen die Rentiere eine rote Nase. Wohl auch, darf man im übertragenen Sinne von der Farbe des Fliegenpilzes auf die rote Nase schließen. „Rudolph the Red-Nosed Reindeer“ also.

Schamanen in Sibirien und germanische Götter Die Menschen der finnisch-ugrischen Volksstämme Sibiriens, beobachteten dies wohl schon vor Jahrtausenden und begannen auch, Fliegenpilze als Rauschmittel zu nutzen. Der Gebrauch, war unter den weitverstreuten Stämmen wie den Korjaken, Kamtschadalen oder Tschuktschen sehr verbreitet. Besonders unter den Schamanen stand der Fliegenpilz unter hohem Ansehen. Dieser gab ihnen ein Gefühl des Fliegens und gestattete es auch in andere Ebenen - in die „Anderswelt“ der Geister und Seelen überzutreten. In Sibirien gilt auch die Tatsache, dass die Bewohner, ihre Hütten über eine Luke im Dach - welche auch als Rauchabzug benutzt wurden - betreten haben. Die Rentiere, Flugvorstellungen und der Zugang durch den „Rauchfang“ könnten eine Vorlage zur Ausgestaltung der Geschichte des Weihnachtsmannes gegeben haben. Ebenso auch, kommt der Gott „Odin“ der germanischen Mythologie als „Weihnachtsmann-Vorbild“ in Frage und wieder ist der Fliegenpilz beteiligt. Odin reitet zur Wintersonnenwende mit der „wilden Jagd“ über Wälder und Felder und von den Nüstern seines achtbeinigen Rosses „Sleipnir“ tropft Schaum auf die Erde. Dort wo dieser Schaum landet, sprießen im nächsten Jahr Fliegenpilze.

Morphologie des Erzählens Im kollektiven Gedächtnis der Menschen sind uralte Geschichten teils noch sehr lebendig. Legenden, Geschichten und Sagen wurden oft überprägt und anders erzählt, der Kern blieb jedoch meist erhalten. Man hat Rentiere mit roten Nasen, einen bärtigen Mann der auf seinem Reittier zur Wintersonnenwende (21. od. 22. Dezember) durch die Lüfte fliegt und Zugänge über Dächer... Diese Aspekte haben sich anscheinend im Laufe der Zeit zur Geschichte des Weihnachtsmannes zusammenkonstruiert. Denkt man an das rot-weiße Gewand des Weihnachtsmannes, schließt sich hier auch farblich ein Kreis zum Fliegenpilz. Natürlich hat auch noch die christliche Variante mit dem Hl. Nikolaus und weitere neuzeitliche Ausprägungen ihren Einfluss auf die Geschichte, aber viel interessanter sind doch die Dinge, die hinter all dem stehen und somit tiefer blicken zu können. Von dem Gebrauch des Fliegenpilzes wird übrigens dringend abgeraten, denn die Wirkstoffkonzentration ist in Mitteleuropa eine viel gefährlichere, als in den Breitengraden Sibiriens, oder Skandinaviens.


Quellenangaben: Literaturquellen: Bauer, Wolfgang (1991): Das Tabu um den Fliegenpilz: Das Tabu um den Fliegenpilz – einige Thesen und Anmerkungen. In: Bauer, Wolfgang (Hrsg.): Der Fliegenpilz: Ein kulturhistorisches Museum. Wienand Verlag. Köln. ISBN: 3-87909-224-9 De Vries, Hermann (1991): Die Namen des Fliegenpilzes: Eine kurze Übersicht – mit einigen Anmerkungen. In: Bauer, Wolfgang (Hrsg.): Der Fliegenpilz: Ein kulturhistorisches Museum. Wienand Verlag. Köln. ISBN: 3-87909-224-9 Gleirscher, Paul (2009): Noreia – Atlantis der Berge: Neues zu Göttin, Stadt und Straßenstation. Verlag Hermagoras. Klagenfurt. ISBN: 978-7086-0467-1 Golowin, Sergius (1991): Psychedelische Volkskunde: Carrolls Alice – letzte Fee und erstes Hippie Mädchen. In: Bauer, Wolfgang (Hrsg.): Der Fliegenpilz: Ein kulturhistorisches Museum. Wienand Verlag. Köln. ISBN: 3-87909-224-9 Grof, Stanisvlav (1985): Geburt, Tod und Transzendenz: Neue Dimensionen in der Psychologie. Kösel Verlag. München. ISBN: 3-466-34117-5 Grünig,

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Abbildungsverzeichnis Abbildung

1:

Der

Fliegenpilz:

Wikimedia

Commons

Lizenz:

http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/d/d1/Fliegenpilz-1.jpg,

URL: Letzter

Zugriff: 06.01.2014 Abbildung 2: Anthropomorphen beim Pilztanz: Aus: Passauer, Uwe (1997): Der Fliegenpilz: Mittel zum Töten der Fliegen oder Medium zum Fliegen? IN: Naturwissenschaftlicher Verein für Kärnten (Hrsg.): Carinthia II, 187/107: Klagenfurt. S. 257. Abbildung 3: Der Kesselwagen von Strettweg: Aus: Gleirscher, Paul (2009): Noreia – Atlantis der Berge: Neues zu Göttin, Stadt und Straßenstation. Verlag Hermagoras. Klagenfurt. ISBN: 978-7086-0467-1 S. 47.

Interviewpartner und von Personen erfahrenes Zusatzwissen Fliegenpilz-Erfahrungen; Drei anonyme Probanden des Fliegenpilzes, Herstellung von Kontakten; Gerfried H. Leute, Zur Verfügung Stellung von Literatur; Ursula Happ, Beobachtung von Fliegenpilz-essenden Rehen; Heinz Mayer, Verifizierung der Farb-Assoziation Weihnachtsmann-Fliegenpilz; Max Rossberg, Nutzung von Fliegenpilz als Fliegen-Tilgungsmittel; Mindestens bestätigt durch 5 Personen.


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Universität Klagenfurt WS 2014

Seminararbeit Wintersemester 2014 KURSLEITUNG: Univ. Prof. Dr. Heike Egner, Mag. Dr. Michael Jungmeier

DAS WEISSE BERGSCHAF Kulturhistorische Betrachtung und regionale Bedeutung

bearbeitet von Thomas Niedermayer (Matrikelnummer: 0760537) Abgabe: 11. Februar 2014

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Inhaltsverzeichnis:

1. Einleitung

2. Das Weiße Bergschaf - eine Rassenbeschreibung

3. Die kulturelle und religiöse Bedeutung 3.1 Kultur und Tradition 3.2 Religion

4. Die Entwicklung der Schafzucht in Kärnten

5. Der wirtschaftliche Nutzen

6. Fazit

7. Literaturverzeichnis

8. Gesprächsverzeichnis

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1.Einleitung Seitdem der Mensch vor rund 10.000 Jahren begann Wildtiere zu domestizieren war das Schaf sein stetiger Begleiter. Dadurch, dass es sehr anpassungsfähig, genügsam, und widerstandsfähig ist und alle Produkte die man zum Überleben benötigt liefert, wurde es das erste Haustier des Menschen und sicherte ihm speziell in unwirtschaftlichen Gegenden seine Existenz (Rahmann 2010: 18ff.). In den Gebirgsregionen Österreichs, und somit auch in den Nockbergen, wurde im Laufe der Zeit eine Schafrasse charakteristisch für die Viehhaltung in diesen Lagen. Das Weiße Bergschaf hat durch seine Züchtungsgeschichte die besten Eigenschaften entwickelt um dem rauen Klima und den extremen Bedingungen der Steillagen standzuhalten. Seine Langlebigkeit, Robustheit, Fruchtbarkeit und guten Muttereigenschaften boten den Bauern eine Sicherheit um in ihrer Selbstversorgung zu bestehen (Bietzker et al. 2005: 21). Ich möchte im ersten Schritt meiner Arbeit deswegen zeigen, wie sich das Weiße Bergschaf entwickelt hat, inwieweit die Einzüchtung anderer Rassen seine Eigenschaften und Anpassungsfähigkeit verbesserte, und welche andere Schläge es in Österreich gibt. Damit möchte ich belegen wieso gerade das Bergschaf in den Berggebieten Oberkärntens so weit verbreitet ist. Danach werde ich auf die kulturelle und religiöse Bedeutung des Schafes eingehen, weil dadurch erkenntlich wird, wie sehr es mit dem Menschen verbunden ist und Bestandteil seines täglichen Lebens wurde. Ebenso spiegelt sich in der gottgleichen Verehrung, der Stellung als heilige Opfertiere und in der Vielfalt der religiösen Darstellungen wider, dass die Bevölkerung in jeder geschichtlichen Epoche wusste, wie wichtig diese Nutztiere für sie sind und welche Stellung sie in ihrer Kultur einnehmen. Danach möchte ich einen kurzen Überblick darüber geben, wie sich die Schafzucht in Kärnten entwickelte und welche Faktoren ausschlaggebend dafür waren, dass schlussendlich diese eine bestimmte Rasse das Bild der Weidewirtschaft insbesondere in den Nockbergen so dominiert. Nachdem der Bereich der kulturhistorischen Entwicklung in Bezug auf das Weiße Bergschaf von mir behandelt wurde, werde ich im nächsten Kapitel den wirtschaftlichen Nutzen dieses Tieres beleuchten. Produkte wie Fleisch, Milch, Wolle und andere Erzeugnisse werde ich hierbei einzeln betrachten und dabei versuchen die rassetypischen Bedeutungen aufzuzeigen. Schlussendlich möchte ich mit einem Fazit meine Arbeit abschließen und nochmals alle von mir gesammelten Aussagen und Werte, die ich durch Literaturrecherche, Expertengespräche, Umfragen oder statistische Datensätze erhalten habe in Einklang bringen um den Stellenwert des Weißen Bergschafes in den Nockbergen deutlich zu machen. 2


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2. Das Weiße Bergschaf – eine Rassenbeschreibung In Mitteleuropa zählen die Merinoschafe (Fleischwollschafe), die Fleischschafe, die Milchschafe und die Landschafe zu den vier wichtigsten Rassegruppen. Die Bergschafe gehören den in unseren Breiten sehr stark zurückgedrängten und gefährdeten Landschafrassen an. Im Alpenraum jedoch sind sie bis heute durch ihre perfekte Anpassung an die Landschaft, die hohe Fruchtbarkeit und ihren asaisonalen Brunstzyklus (eine Deckung der Tiere ist das ganze Jahr über möglich) eines der wichtigsten Nutztiere geblieben (Granz et al. 2011: 506f.). Zu den wichtigsten Arten in diesem Gebiet zählen die Weißen, Schwarzen und Braunen Bergschafe, die Juraschafe (Schwarzbraune Bergschafe), die Brillenschafe, die Alpinen Steinschafe und die Krainer Steinschafe. Des Weiteren sind im Alpenraum neben den eben erwähnten Bergschaf-, auch drei Fleischschafrassen weit verbreitet, und zwar die Suffolkschafe, die Texel und die Schwarzkopfschafe (Österreichischer Bundesverband für Schafe und Ziegen 2013). In der heimischen Schafpopulation hat das Weiße (Tiroler) Bergschaf mit rund 45% den größten Anteil aller Rassen (Baumung et al. 2006: 2). Es ist hierbei wichtig, die zwei Schläge des Weißen Bergschafes, den Bayerischen und den Tiroler zu unterscheiden. Das Bayrische Bergschaf ist etwas schwerer, hat aber eine geringere Widerristhöhe. Es weist eine bessere Wollqualität auf, aber kein so gutes Ablammalter und Ablammergebnis wie das Tiroler Bergschaf. (Bietzker et al. 2005: 21). Im Gegensatz dazu ist das Tiroler Bergschaf etwas leichter, hat aber kräftigere Beine und ist ein wenig größer. (Bietzker et al. 2005: 35). Durch seine Konstitution zeigt sich, dass das Weiße Tiroler Bergschaf ideal an die steilen Lagen und rauen klimatischen Verhältnisse angepasst ist. Des Weiteren bietet es den Bauern durch seine besseren Muttereigenschaften eine Sicherheit bezüglich der Zucht und Fleischproduktion. In Österreich ist somit, wenn man von den Weißen Bergschafen spricht, zumeist das Weiße Tiroler gemeint, da es bei uns eine weitaus größere Population hat und hier regional verwurzelt ist. Aus dem Weißen Bergschaf gingen später das Braune und mehrere gescheckte Bergschafrassen hervor. Grundsätzlich weisen die meisten Schafrassen in den österreichischen Alpen ähnliche Anlagen auf. Das Weiße Bergschaf sticht jedoch durch ganz besondere Leistungen hervor. Es zeigt eine hohe Anpassungsfähigkeit an die Nutzung von Alpflächen, ist sehr trittfest und hält dem rauen Klima bestens stand (Bietzker et al. 2005: 35). Des Weiteren hat es wie bereits erwähnt perfekte Eigenschaften für die Zucht. Seine Muttertiere erlangen mit circa 6-7 Monaten die Geschlechtsreife, gebären mit spätestens 20 Monaten zum ersten Mal (Baumung et al. 2006: 6) und haben einen sehr hohen Anteil an Zwillingsgeburten (circa 60 Prozent) 3


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(Baumung et al. 2006: 9). Sie sind asaisonal, wobei ihre Spitzen im Frühjahr und im Herbst liegen, was auf die Alpung im Sommer zurückzuführen ist (Baumung et al. 2006: 9f.). Ihre gute Muttereigenschaft ist auch dadurch bedingt, dass sie nur geringe Lämmerverluste aufweisen (nur rund 4 Prozent) (Baumung et al. 2006: 12f.), und sofort nach der Geburt eine gute tägliche Zunahme der Jungtiere erfolgt (rund 300 Gramm pro Tag), was auch eine kurze Mastzeit bewirkt (rund 100 Tage) (Baumung et al. 2006: 18f.). Dadurch, dass die Züchtungen so ausgelegt wurden, dass die Tiroler Bergschafrasse eine gute Vitalität und Fitness, eine perfekte Weidetüchtigkeit und eine hohe Aufzuchtsleistung und Fleischqualität zeigen, wurde die Milchleistung und Wollmenge geringer. Deswegen spielen die letzten beiden Produktionsfaktoren bei dieser Schafrasse auch nur noch eine geringe Rolle (Österreichischer Bundesverband für Schafe und Ziegen 2013). Bezüglich der Rassengeschichte des Weißen Bergschafes ist zu erwähnen, dass die Herkunft der heimischen Schafe auf die Urschafrassen aus dem Gebiet des fruchtbaren Halbmondes, also den Raum um Syrien, die Osttürkei und den Irak zurückgeht, worauf ich im Laufe meiner Arbeit noch genauer eingehen werde (Rahmann 2010: 24). Im 18. Jahrhundert kam es zu Einkreuzungen des Bergamaskerschafes zu den Steinschafen, womit erstmals die Weißen Bergschafe gezüchtet wurden (Bietzker et al. 2005: 35). Durch diese Verpaarungen kam es zur Bildung von vielen verschiedenen Schlägen, die je nach Rasse zu einer Verbesserung des Gewichtes oder der Wollqualität führten (Berger/Fischleitner 2009: 10). Zu diesem Zeitpunkt wurden auch die ersten richtigen Einteilungen in die verschiedenen Unterrassen geschaffen, weswegen seitdem auch Herdenbücher bestehen (Reinthaler 2013: 3). Im Alpenraum gibt es derzeit noch 60 Schafrassen, wovon 8 Rassen in Österreich vorkommen. Viele Arten sind regionalspezifisch, aber sehr viele kommen auch grenzüberschreitend vor. Das Weiße Tiroler Bergschaf ist zum Beispiel in Österreich und Italien sehr weit verbreitet. Ebenso ist das Schwarzbraune Bergschaf, auch Juraschaf genannt, in der Schweiz und in Österreich heimisch, das Kärntner Brillenschaf hingegen besonders in Österreich und in Bayern (Bietzker et al. 2005: 5). Auf diese verwandten Rassen des Weißen Bergschafes möchte ich nun im Detail etwas näher eingehen, da sie eine wichtige Rolle in deren Entwicklung bzw. der Zuchtgeschichte spielten und deren Einfluss in wirtschaftlicher Sicht auch nicht zu vernachlässigen ist. Erst durch die Betrachtung dieser Rassen erlangt man einen guten Überblick darüber, wieso das Weiße Tiroler Bergschaf heute im Alpenraum so dominant ist. Zu den direkten verwandten Schafrassen des Weißen Bergschafes zählen das Braune Bergschaf und das Schwarze Bergschaf. Das Braune Bergschaf wurde aus den verschiedensten Farbschlägen des Weißen Bergschafes heraus gezüchtet. Da in früheren 4


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Zeiten vermehrt Nachfrage nach dunkler Wolle bestand, weil diese nicht erst nachgefärbt werden musste, wurde dieser Farbschlag vermehrt gezüchtet. Als jedoch die Nachfrage nach Wolle sehr stark zurückging und die Industrie nur noch weiße Wolle ankaufte, wurde es fast ausgerottet. Im Jahr 1977 wurde das Braune Bergschaf als eigene Rasse in das Herdenbuch aufgenommen und wird seitdem als gefährdete Rassen behandelt (Berger in Wallner 2010: 263f.) Somit konnten sich die Bestände wieder stabilisieren, wobei es derzeit wieder um die 3000 gemeldete Tiere gibt (Jaritz et al. 2010: 70). Ebenso verhält es sich mit dem Schwarzen Bergschaf, dessen Rückgang auf die Bevorzugung der weißen Farbschläge zurückzuführen ist (Drießler 2013). Neben diesen Bergschafrassen kommen im Gebiet der Nockberge vor allem die Schwarzbraunen Bergschafe oder Juraschafe vor, welche aber nicht direkt miteinander verwandt sind. Es hat seinen Ursprung in der Schweiz und kam erst in den 1970er Jahren nach Kärnten. Es ist ebenso wie die anderen Bergschafe für die Alpung geeignet, kommt im Gebiet der Nockberge aber nicht so oft vor, da es eher im Hügelland Niederösterreichs und der Steiermark sein Hauptverbreitungsgebiet hat. Das Juraschaf ist sehr widerstandsfähig und robust gegen Krankheiten, was dazu beiträgt, dass es wie das Weiße Bergschaf nicht zu den gefährdeten Rassen gehört (Bietzker et al. 2005: 27). Das Tiroler und das Alpine Steinschaf, zwei alte Rassen, welche ursprünglich auch im Nockgebiet beheimatet waren, weisen ebenso perfekte Eigenschaften für die Alpung und die Beweidung von Steil- und Hochlagen auf. Dadurch, dass diese Rassen in das Tiroler Bergschaf eingekreuzt wurden sind kaum noch reine Bestände vorhanden (Berger/Fischleitner 2009: 10). Das Alpine Steinschaf ist mit heute nur noch 300 Tieren weitaus gefährdeter als das Tiroler Steinschaf, da seine gezielte Züchtung erst später begann (Jaritz et al. 2010: 70f.). Weitere Bergschafrassen wie das Kärntner Brillenschaf oder Krainer Steinschaf kommen im Nockgebiet ebenso nur sehr selten bei einzelnen Züchtern vor und sind eher im südlichen Teil Kärntens heimisch (Jaritz et al. 2010: 77). Die Texel, Schwarzkopf- und Suffolkwidder kommen in Oberkärnten ursprünglich nicht vor, werden aber oft zu Zuchtverbindungen mit dem Tiroler Bergschaf verwendet, da sie ein besseres Mastverhalten zeigen und sehr friedlich sind (Baumung et al. 2006: 19). Ausserdem gilt unter Züchtern: „Der Bock macht die halbe Herde“, was die Wichtigkeit dieser Rassen aufzeigt. Ruhige und aufmerksame Widder fördern nämlich das gesamte soziale System und somit die Qualität der Lämmer (Drießler 2013).

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3. Die kulturelle und religiöse Bedeutung 3.1 Kultur und Tradition Das Schaf begleitet den Menschen schon lange bevor er begonnen hat dieses zu domestizieren. Erste Verbindungen zeigen sich in der Nomadenkultur im Nahen Osten (Rohde 2010). In der Zeit des Neolithikum, als die Sesshaftwerdung begann, wurde es jedoch in das direkte Umfeld der Siedler geholt und somit zum ersten Haustier der Geschichte. Dies begründet darauf, dass es leicht zu zähmen und zu halten war, es sich sehr genügsam zeigte und dem Menschen viele verschiedene Produkte lieferte (Rahmann 2010: 24). Aus dem Wildschaf („ovis orientalis“), dem Urahn aller Schafe, entwickelten sich im Laufe der Zeit die Europäischen Mufflons („ovis orientalis musimon“), die Steppenschafe, auch Urials genannt („ovis vignei“) und die Riesenwildschafe, die Argalis („ovis ammon“) (Meadow in Campana et al. 1989: 28f.). Das Mufflon orientierte sich in seiner räumlichen Verbreitung in Richtung Europa und siedelte sich hier an, wogegen die anderen Beiden sich in den Vorderorient (Urials) bis hinein ins Himalayagebiet (Argalis) ausbreiteten (Rahmann 2010: 22). Von diesen ursprünglichen Spezies der Wildschafe sind bis heute ungefähr 39 Unterarten erhalten geblieben (Haid 2010: 13). Darunter befinden sich auch das Torfschaf („ovis aries palustris“), welches das älteste Hausschaf Europas war (Duerst/Wilckens 2012: 186) und jene Arten, welche wir heutzutage als „Hausschafe“ bezeichnen („ovis orientalis aries“) (Meadow in Campana et al. 1989: 28). Das Mufflon wird also als der Vorfahre des heutigen, europäischen Schafes bezeichnet und wurde um circa 9.000 vor Christus, voraussichtlich in Westasien, zum ersten Mal gezähmt (Haid 2010: 13). Dies zeigt, dass das Schaf, neben der Ziege und dem Hund, zu den Tieren gehört, die in der Kultur des Menschen eine wichtige Bedeutung spielen und seine ältesten Begleiter sind (Rahmann 2010: 18). Ich möchte aus diesem Grund kurz darauf eingehen, in welchen Hochkulturen das Schaf vom Menschen als Nutztier genutzt wurde und der Bevölkerung damit das tägliche Überleben sicherte. Bereits in Griechenland im 7. Jahrtausend vor Christus war es so, dass der Adel riesige Schafherden besaß, welche deren Reichtum widerspiegelten. Die Schafhirten selbst waren Sklaven, welche in der Gesellschaft keinen hohen Stellenwert hatten. In dieser Epoche waren Schafe auch das häufigste Opfertier, da sie im Gegensatz zum Rind für jeden bezahlbar und nicht wie die Ziege religiös negativ belastet waren. Auch in Altbabylonien im 19. Jahrhundert vor Christus wurde Schafhaltung im großen Stil betrieben, wobei die Wolle und deren Verkauf den wichtigsten Wirtschaftsfaktor darstellten (Rohde 2010). Dass schon in dieser 6


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Zeit das Schaf auf verschiedene Arten einen Wirtschaftsfaktor darstellte, zeigen auch die sumerischen Zeichnungen auf der „Kultvase von Uruk“ (Rahmann 2010: 24). Bei den Germanen und Kelten war die Verbundenheit der Menschen zu diesem Tier ebenso klar erkennbar. Zum Beispiel gab es ein eigenes Fest, das „Oimeleg“, welches übersetzt „Fest der Schafsmilch“ bedeutet. Dieses fand am 2. Februar statt und lässt darauf schließen, dass zu diesem Zeitpunkt die meisten Lebensmittelvorräte schon aufgebraucht waren, aber die Schafe ihre Lämmer bereits zur Welt gebracht hatten, und somit Milch in reichlicher Menge zur Verfügung stand und den Menschen das Überleben sicherte (Sauter 2009: 67f.). Ebenso ist im Ötztal noch heute eine alte Kultstätte mit einem „Menhir Stein“ vorhanden, welche uns zeigt, dass der Widderkult auch im Gebiet rund um Tirol beheimatet war (Haid 2010: 49f.). Die Haltung der Schafe als Nutztiere in Mitteleuropa breitete sich stetig von Süden her aus. Dass sie schon vor über 6.000 Jahren immer öfter über die wichtigen Handelsrouten über die Alpen her getrieben wurden, beweist ferner, dass die Landwirtschaft in Mitteleuropa dieses Nutztier angenommen hatte und es perfekt in unser Landschaftsbild passte (Haid 2010: 51). Besonders wichtig war es für die Bevölkerung, da sie diese Tiere auch dafür einsetzten um Wald- und Buschland in landwirtschaftliche Nutzflächen umzuwandeln. In Europa war es ab dem 1. Jahrtausend nach Christus andererseits auch so, dass die Schafherden aufgrund der Tuchproduktion ein Statussymbol für den Adel und den Klerus waren. Im Mittelalter war es den Bauern sogar verboten eigene Tiere zu besitzen (Rahmann 2010: 25). In

Österreich

zählte

das

Schaf,

im

Gegensatz

zu

Deutschland,

aufgrund

der

Gebirgslandschaften schon immer zu den wichtigsten Nutztieren und fehlte auf keinem Hof (Rahmann 2010: 27). Auch in den Nockbergen war dies bis zur Mitte des letzten Jahrhunderts noch der Fall. Aufgrund der Robustheit und hohen Fruchtbarkeit war es lebenswichtig, speziell für die ärmere Bevölkerung. Wer sich keine Rinder halten konnte, der musste auf dieses Tier zurückgreifen, und erhielt von diesen alles, was er zum Überleben brauchte. Auch die geringen Betriebsgrößen der Landwirtschaften in den Nockbergen und die Steilheit des Geländes begünstigten das Halten der Bergschafe (Drießler 2013). Wirtschaftlichkeit spielte in der Selbstversorgung keine so große Rolle, speziell wenn man in abgelegenen Regionen wohnte. Am eigenen Hof wurde Wolle zu Strickprodukten, Filz und anderen Wollstoffen verarbeitet, Fleisch gepökelt, geräuchert und dadurch haltbar gemacht, und die Milch zu Käse weiterverarbeitet, was das Überleben sicherte (Berger/Fischleitner 2009: 2). Auf diese Faktoren werde ich in Kapitel 5 noch näher eingehen. Heutzutage können die meisten Bauernhöfe nicht mehr Kühe und Schafe zugleich halten und müssen sich spezialisieren. Aufgrund des Wegfallens des notwendigen „Allzwecknutzens“ und dadurch, dass die Tiere 7


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immer früher geschlachtet werden, geben vielerorts die Bauern ihre Schafhaltung auf. Wer in der Schafhaltung noch wirtschaftlich sein will, braucht eine hohe Anzahl von Tieren und einen großen Flächenbedarf. Andernfalls nutzen die Menschen wie erwähnt die Schafe nur noch als Auftriebsvieh auf steilere Flächen, die sie anders nicht nutzen können (Drießler 2013). Dies spiegelt sich auch in der Entwicklung des Schafbestandes in Österreich wider. Dieser hat sich seit Beginn des letzten Jahrhunderts sehr unterschiedlich entwickelt. Darauf werde ich im nächsten Kapitel näher eingehen. Der Einfluss des Schafes auf den Mensch, bedingt durch die geschichtliche Entwicklung und die traditionellen Verbundenheit des Menschen mit diesem Nutztier, machte auch vor der Sprache nicht Halt. Noch heute gibt es sehr viele Redewendungen und Ausdrücke, die dies deutlich machen. Es gibt zum Beispiel „schwarze Schafe“ in einer Familie, jemand kann „lammfromm“ sein, oder auch „stur wie ein Bock“. Wie ein „Schaf“ zu sein bedeutet oftmals auch „dumm“ oder „willenlos“ zu sein und nur „der Herde zu folgen“.

Weitere

Redewendungen sind auch: „Seine Schäfchen ins Trockene bringen“ oder „Wie ein Wolf im Schafspelz sein.“ Begriffe wie „Schafskälte“ oder „Schäfchenwolken“ zeigen uns die enge Verbundenheit dieser Tiere zum Wettergeschehen, da sie auch plötzliche Umschwünge desselben spüren und den Menschen warnen können (Sauter 2009: 77). Nachdem ich nun die kulturellen und traditionellen Einflüsse des Schafes auf den Menschen besprochen habe, möchte ich auf die religiösen Zusammenhänge eingehen.

3.2 Religion Die Verehrung des Schafes, des Widders oder des Lammes hat in der Geschichte der Menschheit schon eine lange Tradition. Es gibt eine Verbundenheit zu allen Weltreligionen, was den engen Zusammenhang zwischen der Domestizierung des Schafes, dessen Wichtigkeit für den Menschen zum Überleben und der Wirtschaftlichkeit seiner Produkte in den verschiedensten Kultur- und Glaubensrichtungen zeigt (Haid 2010: 15). Schon in Ägypten um circa 2000 vor Christus stellt der heilige Widder ein Fruchtbarkeitssymbol dar. Im alten Griechenland spielt das Schaf in einigen Sagen, wie dem „Goldenen Vlies“ oder der „Odyssee“, eine wichtige Rolle. Das Sternkreiszeichen des Widders wurde aus der Argonautensage begründet (Berger in Wallner 2010: 248). Im christlichen Glauben zeigt sich die Bedeutung des Schafes durch seine unzähligen Erwähnungen in der Bibel. Schon im Alten Testament werden der Hirtenkult und die Sesshaftwerdung durch den Konflikt zwischen Kain und Abel dargestellt (Haid 2010: 14). Dass das Schaf als Opfertier einen wichtigen Stellenwert hat, erfährt man zum Beispiel im ersten Buch Mose: „Abraham aber hob seine 8


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Augen empor, schaute hin und erblickte einen Widder, der sich mit seinen Hörnern im Gestrüpp verfangen hatte. Abraham ging hin, nahm den Widder und brachte ihn statt seines Sohnes zum Brandopfer dar.“ (1Mo 22, 12). Im Neuen Testament wird das „Lamm Gottes“ sehr oft als Vergleich zu Jesus Christus genannt, der für uns den Opfertod erleidet (Berger in Wallner 2010: 248). Eine Textstelle in der Bibel lautet zum Beispiel: „Seht das Lamm Gottes, das hinweg nimmt die Sünde der Welt.“ (Joh 1, 29). Des Weiteren gibt es die Darstellung der Jünger als Schafe und Jesu als Hirte: „Noch andere Schafe habe ich, die nicht aus diesem Gehege sind, auch diese muss ich führen, und sie werden auf meine Stimme hören, und es wird eine Herde sein, ein Hirt.“ (Joh 10, 16). Der bekannteste Psalm, der sich auf die Symbolik des Hirten bezieht, ist wohl dieser: „Der Herr ist mein Hirte, mir wird an nichts mangeln.“ (Ps 23, 1). Aber Jesus wird in der Apokalypse auch als das „kämpfende“ Lamm dargestellt, welches auf den Thron steigt (Haid 2010: 28). Neben all diesen Symbolen in der Bibel gibt es auch unzählige Darstellungen in der Realität, wie die Fensterbilder in den Kirchen oder den Hirtenstab des Klerus, welche die Illustration des Hirten und seiner Schäfchen noch verdeutlichen (Haid 2010: 33). Im Jahreskreis der christlichen Feste gibt es noch heute zu Ostern das „Osterlamm“, welches wiederum die Fruchtbarkeit und das Ende des Winters aufzeigen soll (Haid 2010: 40f.). Ebenso werden die Täuflinge auch „aqui“ oder „aquelli“ genannt, was übersetzt „Lämmer“ bedeutet (Haid 2010: 28). In anderen Weltreligionen, wie dem Islam oder Judentum, spielt das Schaf in religiöser und kultureller Hinsicht ebenso eine wichtige Rolle. Die Schächtungen stehen dort noch heutzutage an der Tagesordnung und sind auch zum Beispiel durch den Koran vorgeschrieben (Haid 2010: 131). Somit zeigt sich, dass das Schaf als „Opfertier“, von den Ursprüngen des „Pessachfestes“ der Juden zur Zeit Jesu, welches ebenfalls im Frühjahr stattfindet (2 Mo 12, 1-28), bis in unsere Zeit Bestand hat.

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4. Die Entwicklung der Schafzucht in Kärnten Die Frühgeschichte der Schafzucht wurde von mir schon im vorangegangenen Kapitel betrachtet, nun möchte ich auf deren Entwicklung im Kärntner Raum eingehen. Im 12. Jahrhundert war im alpinen Raum unseres Landes die Betriebsform der „Schwaighöfe“ am weitesten verbreitet. Hier wurde Viehwirtschaft betrieben, wobei vorwiegend die im Sommer bewirtschafteten Almweiden gemeint sind. Aber grundsätzlich ist es so, dass diese „Schwaigen“ ab 800 Meter Seehöhe, also nicht nur in Hochlagen anzutreffen waren. Die Bauern standen hier unter der Kirchen- oder Adelsherrschaft und mussten diesen ihre Produkte, wie Milch und Käse, als Zins abliefern. Im Kärntner Gebiet war es so, dass hier die „Schafschwaigen“, also Betriebe mit hauptsächlichem Schafbestand, überwiegten (Pacher 1993: 102ff.). Im 13. und 14. Jahrhundert war neben der Standschäferei auch die Wanderschafhaltung (besonders in alpinen Gebieten) sehr stark ausgeprägt. Hierbei kam es jedoch aufgrund der Landschaftsformen und der zeitlich eingeschränkten Wanderungen nur zu kurzen Wegen. Einzig beim Alm- auf und Abtrieb wurden weite Strecken zurückgelegt, während der Almsaison war dies nicht mehr der Fall. Trotzdem kam es aber öfters zu Konflikten zwischen den Schäfern, welche ihre Schafe im Namen der Grundherren hüteten und den Bauern, deren Flächen ohne Zustimmung beweidet wurden (Rösener 1991: 149). Die zu dieser Zeit in Kärnten übliche Rasse war das Kärntner Landschaf, das dem in weiten Teilen Europas verbreiteten Zaupel- oder Steinschaf entsprach. Es war robust und genügsam, lieferte jedoch nur wenig Fleisch und grobe Wolle (Berger/Fischleitner 2009: 2). Ab dem 17. Jahrhundert wurde die Wollproduktion in Mitteleuropa der wichtigste Wirtschaftsfaktor in der Schafzucht. Aus diesem Grund importierte man das Merinoschaf aus Spanien und kreuzte es mit den heimischen Landschafrassen (Masius et al. 2009: 135). Bis ins 18. Jahrhundert hatte die Wolle einen herausragenden Wert, und die Schafe wurden im Gegensatz zu heute vor der Schur gewaschen (Masius et al. 2009: 134). Der Fleischwert rückte in den Hintergrund. In der Vergangenheit wurden Schafe, welche nur als Milch und Fleischlieferant gebraucht wurden, auch abwertend als „arme Leute Kuh“ bezeichnet (Reinthaler 2013: 2). Gegen Ende des 19. Jahrhunderts war die Hochzeit der Wollproduktion aber zu Ende, da die Zölle erhöht wurden und Ersatzprodukte auf den Markt kamen. Hinzu kam die verbesserte Qualität der Wollerzeugnisse aus Übersee (Reinthaler 2013: 2). In Kärnten und anderen alpinen Gebieten spielte dieser Einbruch im Wollhandel jedoch keine große Rolle im Bezug auf die Schafpopulation, da man hier stets für die Selbstversorgung Zaupelschafe gehalten hatte (Berger/Fischleitner 2009: 3). 10


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Dies kam den Haltern in Kärnten zugute, da Anfang des 20. Jahrhundertes vor allem wieder die Fleischleistung der Rassen in den Vordergrund gestellt wurde. Bis dahin war das Kärntner Brillenschaf („Seeländer Schaf“) die am weitesten verbreitete Rasse in Österreich und in den Nockbergen geworden, da sie durch Einzüchtungen der Paduaner Schafe eine bessere Leistung brachten (Reinthaler: 2013: 2). Durch weitere Einkreuzungen und Verdrängungen nahm die Zahl aber in den folgenden Jahren wieder sehr drastisch ab (Bietzker et al. 2005: 29). Dass in dieser Zeit vor allem Schafrassen, welche größer waren und somit mehr Fleisch lieferten, gefragt waren und verstärkt gezüchtet wurden, ist auf den Nahrungsmittelmangel aufgrund

von

Kriegen

zurückzuführen.

Die

wichtigste

Rasse

hierbei

war

das

Bergamaskerschaf, welches aus der Lombardei kam und hier eingeführt wurde um seine guten Leistungsmerkmale in Bezug auf sein Gewicht auf die kleineren, hier ansässigen Schafe zu übertragen (Duerst/Wilckens 2012: 197f.). In den 1920er Jahren kam es in Kärnten zum Höhepunkt in der Schafzucht und es gab noch eine Vielfalt an unterschiedlichen Bergschafrassen. Gemeinsamkeiten waren in der Größe, der Körper- und Kopfform und der Wolle zu finden. Zu dieser Zeit fasste man schlussendlich alle Schläge unter dem Begriff „Kärntner Schaf“ zusammen und es wurde mit der Reinzucht begonnen (Reinthaler 2013: 3). Ab 1939 kam es im Dritten Reich und somit auch in Kärnten zu einer Verordnung, dass die Rasse der Weißen Bergschafe (damals das „Deutsche Bergschaf“) bevorzugt gehalten werden sollte. Es wurde durch diese Geschehnisse auch erstmals im Herdenbuch erwähnt. Durch diese Bestimmung, den allgemeinen Niedergang der Schafzucht nach dem 2. Weltkrieg, die Abwanderungen und die Förderung der Rinderzucht wären beinahe fast alle anderen Schafrassen außer dem Weißen Bergschaf in Österreich ausgestorben (Berger in Wallner 2010: 253). Dies lässt sich auch durch die Betriebszahlen darstellen. Bis in die 1940er Jahr wurde die Schafhaltung sehr stark forciert, was vor allem auf die Nutzung des Fleisches und der Wolle als Produkte zurückzuführen war (Rahmann 2010: 27). Kärnten wies hierbei mit über 95.000 Tieren den höchsten Wert aller Bundesländer auf. Nach dem zweiten Weltkrieg kam es jedoch zu einem stetigen Rückgang der Bestände, bis im Jahr 1970 mit etwas mehr als 15.000 Tieren der Tiefstand in der Population erreicht war. Ab diesem Zeitpunkt ging es wieder bergauf und bis in die heutige Zeit pendelten sich die Zahl der Schafe auf rund 45.000 ein, wobei Kärnten nicht mehr der Spitzenreiter in den Bundesländern ist (Statistik Austria 2013). Des Weiteren ist zu erwähnen, dass sich der Tierbestand seit 1980 verdoppelte, die Tierzahl pro Halter sich aber verdreifachte (AMA 2013: 2). Dies zeigt, dass, auch wenn es regionale Unterscheide gibt, viele kleinstrukturierte 11


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Betriebe aufhören eine Schafzucht zu betreiben und immer mehr Landwirte sich spezialisieren. Die Direktzahlungen schaffen es zwar teilweise, dass die Schafzucht in bestimmten Gebieten gefördert wird, jedoch ist es eher der „Tradition“ der Betriebsführer zu verdanken, dass viele Flächen noch immer mit Schafen bestoßen werden (Drießler 2013). In der heutigen Zeit sind die häufigsten Betriebsformen der Schafzüchter in den Nockbergen die Almweide- und die Koppelhaltung. Bei der Koppelhaltung werden Grünlandflächen eingezäunt und die Bestandesgröße an die Futterfläche und die vorhandenen Arbeitskräfte innerhalb der landwirtschaftlichen Betriebsführung angepasst. Der Vorteil dieser Nutzung ist, dass eine ständige Überwachung der Schafe durch den Bauern möglich ist, jedoch ist wiederum der größte Nachteil, dass eine Verseuchung mir Parasiten und Würmern durch das Umtriebssystem viel schneller entsteht (Granz et al. 2011: 501f.). Der Auftrieb auf die Almweide stellt hingegen eine Nutzung von (nahegelegenen) Weiden dar, wobei die Tiere in der Winterzeit aufgestallt werden. Ab Anfang November werden die Tiere von den Bergwiesen abgetrieben und wieder in den Heimbetrieben gefüttert und gepflegt (KönigHollrah/Löneke 2007: 39). In touristischer Hinsicht werden die Schafe nur als Beitiere zu den Kühen für die festlichen Zeremonien des Almauftriebes und Almabtriebes geduldet und spielen keine so wichtige Rolle (Haid 2010: 120). Die großräumige Wanderschäferei hatte in den Berggebieten der Nockberge nie eine so große Bedeutung wie die Alpung oder Koppelhaltung (Kengeter 2004: 6). In den wirtschaftlichen Strukturen der kleinbäuerlichen Betriebe spielt vor allem die Landschaftspflege, welche durch den Auftrieb der Schafe auf Steilflächen, die von keinen anderen Nutztieren mehr beweidet werden können, heutzutage oftmals die wichtigste Rolle. Durch den Verbiss von bestimmten Sträuchern und Bäumen und das dadurch bedingte Freihalten von Kulturlandschaften sind sie besonders in Schutzgebieten eine der gefragtesten Nutztierrassen (Rahmann 2010: 175ff.). Landwirte, welche in diesen Regionen noch Schafe halten, tun dies vor allem deswegen, da die alten Landschafrassen und das Bewirtschaften der Steilflächen gefördert werden und auch weil deren Haltungsform bei extensiver Beweidung eines geringen Aufwands bedarf (Rahmann 2010: 218).

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5. Der wirtschaftliche Nutzen Schafe sind nicht nur in der Landschaftspflege perfekt einsetzbar und somit für den Erhalt der Kulturlandschaft im Biosphärenpark Nockberge sehr wichtig, sonder sie liefern auch wertvolle Produkte wie Fleisch, Wolle, Milch(-produkte), Fell, Leder und Ähnliches. Dies zeigt sich auch in der Historie, denn schon Opferkalender der früheren Zeiten achteten darauf, dass sich Kultbetrieb und Wirtschaftlichkeit vereinbaren ließen. Zum Beispiel mussten an religiösen Festtagen genügend Jungtiere vorhanden sein, welche aber noch nicht in der Fütterung stehen sollten, da sonst unnötige Kosten entstanden wären (Rhode 2010).

Fleisch: Aus wirtschaftlicher Sicht ist das Lammfleisch heutzutage das Zielprodukt in der Schafhaltung. Seine Qualität ist vor allem darin begründet, dass es sehr zart ist, wenig Fett beinhaltet

und

nur

geringe

Zubereitungszeit

benötigt.

Des

Weiteren

ist

es

gesundheitsfördernd, hat eine diätive Wirkung und weist nur geringe Fleischqualitätsmängel auf (Granz et al. 2011: 503). Das Junglammfleisch wird von vier bis sechs Monate alten Lämmern gewonnen, wobei das Lebendgewicht hier bei reinen Bergschafen knapp 40 kg beträgt und der Schlachtkörper ein Gewicht von rund 20 kg aufweist. Wenn aber Widder von Fleischrassen als Vatertiere mit in die Zucht gebracht werden, dann erhöht sich das Gewicht und somit auch der Verdienst deutlich (Baumung et al. 2006: 63). Durch seine besonders gute Qualität wird dieses Fleisch von den Züchtern auch auf den Markt gebracht. Altschafe werden am eigenen Hof verwertet und meist zu Würsten verarbeitet (Drießler 2013). Lammfleisch ist verglichen mit anderen Fleischsorten in einer weitaus höheren Preiskategorie angesiedelt. Dies kommt daher, da im steilen Gelände im Gebirge die Produktionskosten pro Kilogramm Fleisch sehr hoch sind. Der Bedarf an Futter erhöht sich bei einer extensiven Weidewirtschaft um 50 Prozent und bei einer Haltung im Steilgelände sogar um 75 Prozent, was auf die erhöhte Bewegung der Tiere zurückzuführen ist. Jedoch werden Schafe gerade in diesen Lagen gehalten, da bei intensiver Stallmast meist Rinder oder Schweine bevorzugt werden (Rahmann 2010: 87f.). Ebenso ist der Schlachtkörper bei einem Lamm noch relativ klein und damit die Fleischausbeute gering (Baumung et al. 2006: 63). Ein weiterer Kostenfaktor ist der Tierbestand pro Betrieb. Dieser ist mit knapp über 20 Stück pro Halter immer noch sehr gering. Im Gegensatz dazu beträgt dieser in der Schweinezucht fast 100 (AMA 2013: 2). Allerdings verlangt der Markt nach Lammfleisch, da seine Qualität für den Endnutzer sehr attraktiv ist. Es hat ein mildes Aroma, nur eine leichte Fettabdeckung und zartes, saftiges 13


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Fleisch. Diese Eigenschaften werden durch die hohen Tageszunahmen und die Haltungsformen bei den Bergschafen positiv beeinflusst (Rahmann 2010: 154). Jedoch kann der Schafzüchter nur Lämmer an den Konsumenten verkaufen und nutzt Altschafe für den Eigenverbrauch (Drießler 2013). Dies ist bedingt durch den höheren Fettanteil der Schafe, der ab einem Gewicht von 30 kg auftreten kann (Rahmann 2010: 155). Auch eine gezielte Fütterung kann durchaus die Fleischqualität beeinflussen. Zum Beispiel ist es so, dass die Zufütterung von bestimmten Blättern von Laubbäumen Einfluss darauf nehmen kann (Drießler 2013) und dass die Weidehaltung und das Beifügen von Weißklee zum Futter einige Wochen vor der Schlachtung das Aroma des Fleisches positiv beeinflusst (Rahmann 2010: 155). Der Lammfleischkonsum ist in Österreich mit weniger als 1 kg pro Person und Jahr noch sehr gering, und doch ist es so, dass dieser nicht durch die Produktion der heimischen Bauern gedeckt werden kann. Die Selbstversorgungsrate beträgt nur knappe 80 Prozent, und dadurch sind wir immer noch ein Importland für Lammfleisch. Der Markt ist aus diesem Grund für unsere Bauern durchaus noch offen und es ist genügend Potential vorhanden (Stückler 2013). In den Nockbergen haben sich die Landwirte wenn sie Schafe halten vor allem auf die Produktion von Lammfleisch spezialisiert. Könnte man das vorhandene Leistungsvermögen steigern, dann würde auch der Markt besser bedient werden können. Dies zeigt sich auch im Gebiet des Biosphärenparks, da auch hier durchaus Abnehmer vorhanden wären. Beispielsweise muss für das Fest des „Schof-Aufbratelns“ im Salzburger Teil des Parks (Lungau) Lammfleisch aus weiter entfernten Gebieten angeliefert werden. In diesem Fall könnte eine Erweiterung der Schafhaltung in den Nockbergen Abhilfe schaffen und dieses benötigte Fleisch anliefern (Rossmann 2014). Da die Nahrung auf den Almflächen im Biosphärenpark, welche sehr viele Kräuter beinhalten, und die ständige Bewegung im steilen Gelände die Fleischqualität der NockbergeSchafe zusätzlich begünstigen, würde es sich durchaus anbieten hier eine eigene Marke zu schaffen (Drießler 2013). Bei der Vermarktung und der Einführung eines eigenen, regionalen Brandings müsste man beachten, dass bei den verschiedenen Schafrassen kein geschmacklicher Unterschied besteht (Granz et al. 2011: 503), jedoch erhält das Fleisch durch eine unterschiedliche Fütterung eine Beeinflussung desselben (Drießler 2013 & Rahmann 2010: 155).

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Milch / Milchprodukte: Schafmilch und weiterverarbeitete Produkte wie Käse oder Joghurt stellen neben der Fleischproduktion den wichtigsten Wirtschaftsfaktor in der Schaftzucht dar. Jedoch bringen die Weißen Bergschafe keine gute Milchleistung. Milchschafe liefern doppelt so große Mengen an Schafmilch und sind deswegen für die wirtschaftliche Nutzung dieser Produkte besser geeignet (Baumung et al. 2006: 57). Sie können aber aufgrund der klimatischen Verhältnisse in den alpinen Gebieten und dadurch auch in den Nockbergen nicht gehalten werden, da sie sehr empfindlich gegen Nässe und Kälte sind (Kengeter 2004: 6). Deswegen dominieren im Biosphärenpark die Weißen Bergschafe. Diese wurden früher trotz ihrer eher mäßigen Milchleistung für die Selbstversorgung genutzt. Heute hat sich die Lämmerzucht durchgesetzt und Milch wird kaum noch gewonnen oder verwertet (Drießler 2013). Schafmilch wäre jedoch ein gut zu vermarkten, da es aus gesundheitlicher Sicht sehr viele Vorteile gegenüber der Kuhmilch bietet. Menschen, die laktoseintolerant sind, können Schafmilch als Alternative nutzen (Kengeter 2004: 18f.). Des Weiteren ist sie die fettigste Milch alles Haustierrassen und hat auch den höchsten Phosphoranteil (Schauter 2009: 66). Grundsätzlich ist damit zu sagen, dass Schafmilch und Produkte daraus durchaus das Potential dazu hätten gut vermarktet zu werden, aber in den Nockbergen aufgrund der klimatischen Verhältnisse die dafür notwendigen Schafrassen nicht gehalten werden können. Somit beschränkte sich die Milchproduktion nur auf eine regional sehr eingeschränkte Ebene und auf die Selbstversorgung, wobei sie heutzutage fast gänzlich in den Hintergrund gerückt ist. Jedoch versucht die Europäische Union durch Programme wie dem EU-Interreg-Projekt „Alpinet-Gheep“

neue

Wege

zu

finden

um

die

regionale

Vermarktung

von

Schafmilchprodukten zu fördern. Im Triglav-Nationalpark in Slowenien zeigte dies schon erste Erfolge. Auch für den Biosphärenpark Nockberge wäre dies ein Weg, den man einschlagen könnte (Haid 2010: 184f.)

Wolle / Filz: Bergschafe gehören auch im Bezug auf die Wollproduktion nicht zu den besten Schafrassen. Besonders Merionschafe zeigen hierbei höhere Werte und eignen sich aufgrund der Weiterverarbeitungs-Qualität der Wolle besser zum Verkauf (Baumung et al. 2006: 98). Als die Wolle jedoch noch ein gefragtes Naturprodukt war, hatte sie auch in Kärnten und somit auch in den Nockbergen einen höheren Stellenwert, was in Kapitel 4 bereits beschrieben wurde (Granz et al. 2011: 503). Genau wie bei der Nutzung der Milch wird sie aber heute nur noch zur Selbstversorgung, Weiterverarbeitung oder auch noch zum Verkauf herangezogen. 15


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Grundsätzlich decken die Einnahmen des Verkaufes nicht einmal mehr die Schurkosten (Granz et al. 2011: 503). Ökonomisch betrachtet ist der Preis mit 60-70 Cent pro Kilogramm sehr gering (Rahmann 2010: 247). Schafe werden normalerweise einmal im Jahr, im Frühjahr, geschoren. Jedoch führen viele Bauern auch noch im Herbst diese Tätigkeit aus, da dies einige Vorteile mit sich bringt. Es wirkt sich positiv auf die Sauberkeit, Ablammhygiene und Belegdichte aus (Granz et al. 2011: 503). Nach der Schur wird die Wolle nach Qualität und Farbe sortiert. Nun kann sie weiterverarbeitet und neben der Wolle auch Loden und Filz hergestellt werden (Drießler 2013 & Haid 2010: 178). In kultureller und naturheilkundlicher Hinsicht wird die Wolle bis in die heutige Zeit auch noch genutzt. Die Wolle der Schafe dient beispielsweise für den Schutz der jungen Nadelbäume vor dem Verbiss. Des Weiteren wird die Wolle bei der Tradition des Almauftriebes genutzt und dem Vieh vor diesem Ritual zum Essen gegeben um sie für ihre Zeit auf der Bergweide vor Unheil zu schützen (Moro 1952: 57f.). In medizinischer Hinsicht wird die Wolle des Schafes von heimischen Bauern noch immer zur Herstellung von Brandsalben genutzt (Drießler 2013). Dies ist auf das Lanolin, welches als Fett in der Schafwolle enthalten ist und auch in der industriellen Arzneiherstellung genutzt wird, zurückzuführen (Haid 2010: 187).

Fell / Leder: Schaffelle wurden schon in Urzeiten als Kleidung oder als Decken genutzt um sich zu wärmen. In späterer Zeit war es vor allem die Buchbinderei, die eine hohe Nachfrage an Schafsleder schaffte (Krünitz 1795: 741). In der heutigen Zeit wird in Mitteleuropa das Leder kaum noch genutzt. In der Produktion kommen Schaffelle höchstens noch als sogenannte „Gesundheitsfelle“ auf den Markt. Jedoch ist dies in einem überschaubaren Ausmaß der Fall und stellt keinen bedeutsamen Wirtschaftsfaktor dar (Drießler 2013).

Unschlitt / Dung / Knochen: Als Unschlitt wird das Schaffett bezeichnet, welches früher für die Herstellung von Kerzen sehr weit verbreitet war. Ebenso wurden daraus Seifen oder Lederfettungsmittel hergestellt (Haid 2010: 187). Der Dung der Schafe wurde zu Heizzwecken verwendet oder diente, wie auch heute noch, zur Qualitätsverbesserung von Acker- und Wiesenflächen (KönigHollrah/Löneke 2007: 40). Beiprodukte der Schlachtung sind beispielsweise auch Knochen, Hörner und Blut, welche bestens für die Düngung im Gemüseanbau geeignet sind. Aufgrund der BSE Krise ist dies jedoch nicht mehr erlaubt (Rahmann 2010: 20).

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6. Fazit Nachdem ich mich in meiner Arbeit auf die Bereiche der Kultur, Tradition, Religion und Wirtschaft konzentriert und diese mit dem Weißen Bergschaf in Verbindung gebracht habe, komme ich zu folgendem Ergebnis. Diese Schafrasse hat sich im Laufe der Zeit perfekt an die regionalen Bedingungen im Gebiet der Nockberge angepasst und stellt für die heimischen Landwirte einen wichtigen Wirtschaftsfaktor dar. Jedoch stellt sich die Frage, wie man die Vermarktung von Schafprodukte in dieser Region verbessern kann. Die angebotenen Produkte, das Lammfleisch oder auch die Schafsmilch, werden privat oder regional verkauft, andere Erzeugnisse haben am heutigen Markt keine Chance. Grundsätzlich fehlt es an einer starken, übergeordneten Marke, so wie dies das „Nockberge Almrind“ darstellt. Für die Schafzüchter ist es jedoch sehr schwer ein eigenes „Branding“ zu schaffen, da im Umfeld mit dem Mölltaler-Glockner Lamm und dem Osttiroler Berglamm eine enorme Konkurrenz herrscht. Ebenso gibt es auf kleinerer Ebene Vermarktungsversuche unter Namen wie dem „Lesachtaler Lamm“, dem „Weizer Berglamm“ oder dem „Tennengauer Berglamm“ (Haid 2010: 170). Aufgrund der hohen Marktnachfrage und der touristisch durchaus attraktiven Lage der Nockberge und des Biosphärenparks wäre es durchaus möglich, dass ein solches Projekt auch hier Erfolg hätte. Ein früherer Versuch so ein Vorhaben zu starten scheiterte aber daran, dass keine Einigkeit unter den Schafzüchtern herrschte (Drießler 2013). Eine von mir durchgeführte Umfrage in den vier Gemeinden des Biosphärenparks zeigte hierbei, dass die Bevölkerung einer Dachmarke durchaus eine Chance geben würde. Ausgenommen von den Befragten in der Gemeinde Reichenau waren die Anwohner durchaus für ein regionales „Branding“ und standen einer Förderung der Schafzucht und der Vermarktung grundsätzlich positiv gegenüber. Wenn man einen Großteil der Züchter ebenfalls dafür begeistern kann, dann wäre es sehr wohl möglich damit auch die Unterversorgung an Lammfleisch, welche in Österreich, Kärnten und auch in den Nockbergen besteht, zu decken. Das Weiße Bergschaf müsste sich eine attraktive Marktstellung erarbeiten und eine Förderung der Schafzucht wäre hierbei durchaus auch notwendig, um regionale Produkte zu fördern. Ebenso wäre es notwendig die Betriebsumstellungen von der Rinderhaltung auf die Schafzucht zu forcieren und diese auch finanziell zu unterstützen, da diese arbeits- und zeitaufwendiger ist. Durch eine Erhöhung der Betriebe, die sich auf die Produktion von Schaferzeugnissen spezialisieren, würde auch die Milchwirtschaft entlastet werden, was überregional positive Folgen hätte (Stückler 2013). Neben den Faktoren der Produktion von hochwertigen Lebensmitteln spielt die Landschaftspflege auch eine weitere, wichtige Rolle im Bereich der Wirtschaftlichkeit. In 17


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dieser ökologischen Sicht ist das Weiße Bergschaf immens wichtig für den Biosphärenpark Nockberge. Flächen, die von Rindern nicht mehr bestoßen werden können, weil sie zu steil sind, werden von den Schafen gepflegt, was wiederum eine Verbuschung verhindert. Hierfür ist das Weiße Bergschaft die perfekte Rasse, da es sich über die Jahrhunderte an das Klima und die Landschaftsformen angepasst hat. Die Düngung der Flächen und die Verdichtung des Bodens durch den Viehtritt spielen hierbei eine ebenso große Rolle wie die Freihaltung von Kulturland. Somit sind lokal gesehen die ökologischen Faktoren der Schafhaltung in den Nockbergen weit über die ökonomischen zu stellen (Drießler 2013). Infolgedessen ist schlussendlich zu sagen, dass ein passender Kompromiss gefunden werden muss, damit die Wirtschaftlichkeit der Landwirte gefestigt wird und aus naturräumlicher Sicht die Kulturlandschaften erhalten bleiben. Um zu diesem Ziel zu gelangen darf das Weiße Bergschaf nicht aus dem Landschaftsbild verschwinden und durch gezielte Maßnahmen muss die Vermarktung der von ihm gewonnen Produkte forciert werden. Wenn dies gelingt, dann steht der ältesten Haustierrasse des Menschen im Gebiet der Nockberge eine blühende Zukunft bevor.

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7. Literaturverzeichnis

AMA (Agrarmarkt Austria): Preis- und Produktionsübersicht Österreich - Vieh und Fleisch. 2013 (http://www.ama.at/Portal.Node/public?gentics.rm=PCP&gentics.pm=gti_full&p.cont entid =10008.109182&01_Kennzahlen_AT.pdf) [letzter Zugriff am: 2. Februar 2014]

Baumung, Roswitha; Fürst-Waltl, Birgit, Willam, Alfons: Entwicklung nationaler Zuchtprogramme für Schafrassen in Österreich - Abschlussbericht des Projektes 1330. Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft und des

Österreichischen

Bundesverbandes

für

Schafe

und

Ziegen,

2006

(https://www.dafne.at/prod/dafne_plus_common/attachment_download/c02d8bae7754 4113aaad4551e6812552/Abschlussbericht-1330-Schafe_1.pdf) [letzter Zugriff: 2. Februar 2014]

Berger, Beate: Domestikation und alte Haustierrassen. In: Wallner, Ruth: Wieviele Arten braucht der Mensch? Wien, Köln, Weimar: Böhlau Verlag Ges. m. b. H. und Co. KG, 2010, S 235-284

Berger, Beate; Fischleitner, Franz: Die seltenen erhaltungswürdigen Schafrassen Österreichs. Wels:

ÖGENE

Österreichische

Nationalvereinigung

für

Genreserven

landwirtschaftlicher Nutztiere, LFZ Raumberg-Gumpenstein, 2009

Bietzker, Ursula; Feldmann, Antje; Mendel, Christian: Schafrassen in den Alpen. Witzenhausen: Gesellschaft zur Erhaltung alter und gefährdeter Haustierrassen, 2005 (http://www.alpinespace.org/uploads/media/Alpinet_Gheep_Schafrassen_in_den_Alpen_DE.pdf) [letzter Zugriff: 2. Februar 2013]

Duerst, Ulrich; Wilckens, Martin: Grundzüge der Naturgeschichte der Haustiere. Bremen: DOGMA in Europäischer Hochschulverlag G.m.b.H. CO KG, 2012

Granz, Susanne; Papst Wilhelm; Weiß, Jürgen Wolfgang: Tierproduktion, 14. Auflage. Stuttgart: Enke Verlag, 2011 19


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Haid, Hans: Das Schaf: eine Kulturgeschichte. Wien, Köln, Weimar: Böhlau Verlag Ges.m.b.H. und Co. KG, 2010

Hamp, Vinzenz; Kürzinger, Josef; Stenzel, Meinrad: Die heilige Schrift des Alten und Neuen Testamentes – Vollständige Ausgabe nach den Grundtexten übersetzt und herausgegeben. Augsburg: Pattloch Verlag in Weltbild Verlag G. m. b. H., 1990 (Bibelzitate)

Jaritz, Günter; Klenovec, Christine; Schipflinger, Florian: Rote Liste gefährdeter Tiere Österreichs – alte Haustierrassen. Wien, Köln, Weimar: Böhlau Verlag, Wallner Lebensministerium – Grüne Reihe Band 14/4, 2010

Kengeter, Brigitte: Die Bedeutung der Schafmilch für die menschliche Ernährung unter Berücksichtigung des Angebotes auf dem Bio-Markt. Bad Vilbel: Arbeitskreis für Ernährungsforschung, 2004 König-Hollrah, Claus; Löneke, Regina: Von Hirten, Pfennigsruckern und Rippenbeißern – Schäferleben und Schafhaltung im Göttinger Land des 20. Jahrhunderts. Duderstadt: Mecke Verlag und Druckerei, 2007

Krünitz, Johann Georg: Ökonomisch technologische Enzyklopädie oder Allgemeines System der Staats-, Stadt-, Haus- und Landwirtschaft in alphabetischer Ordnung – Leder, Band 68, Heft 17. Berlin: Pauli, 1795

Masius, Patrick; Sparenberg,Ole; Sprenger, Jana: Umweltgeschichte und Umweltzukunft: Zur gesellschaftlichen Relevanz einer jungen Disziplin. Göttingen: Universotätsverlag Göttingen, 2009

Meadow, Richard: Prehistoric Wild Sheep and Sheep Domestication in India and its Cultural Context. In: Campana, Douglas; Crabtree, Pam; Ryan, Kathleen: Early Animal Domestication and Its Cultural Context, Philadelphia: The Museum Applied Science Center for Archeology (MASCA), 1989, S 24-36

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Moro, Oswald: Volkskundliches aus dem Kärntner Nockgebiet – Volksmedizin, Volksglaube, Volksdichtung, Volkskunst, Hofwesen und Arbeitsleben. Klagenfurt: Verlag des Geschichtsvereins für Kärnten, 1952 Österreichischer Bundesverband für Schafe und Ziegen: Rassen&Züchter – Rasseneinteilung in Österreich – Schafe. Wien, 2013 (http://www.alpinetgheep.com/37-0-Schafe.html) (http://www.alpinetgheep.com/46-0-Tiroler-Bergschaf.html)

[letzter

Zugriff:

29.

Jänner 2014]

Pacher, Susanne: Die Schwaighofkolonisation im Alpenraum: Neue Forschungen aus historisch – geographischer Sicht. Trier: Zentralausschuss für deutsche Landeskunde, Selbstverlag, 1993 Rahmann, Gerold: Ökologische Schaf- und Ziegenhaltung – 100 Fragen und Antworten für die Praxis, 3. Auflage. Westerau: Instutut für Ökologischen Landbau (OEL, 2010

Reinthaler, Doris: Kärntner Brillenschaf. Wien: Lebensministerium Abt.3/4: 2013

Reinthaler, Doris: Tiroler Bergschaf. Wien: Lebensministerium Abt.3/4: 2013

Rohde, Michael: Schaf/Schafzucht. 2010 (http://www.bibelwissenschaft.de/stichwort/26209/) [letzter Zugriff: 29.Jänner 2014]

Rösener, Werner: Bauern im Mittelalter, 4. Auflage. München: C.H. Beck´sche Verlagsbuchhandlung, 1991

Schauter, Sven: Tiere in Homöopathie und Schamanismus, 1. Auflage. Berlin: Edition Lohmühle, Pro BUISNESS, 2009

Statistik

Austria:

Schafbestand

nach

Bundesländern

von

1946

bis

2012.

2013

(http://www.statistik.at/web_de/statistiken/land_und_forstwirtschaft/viehbestand_tieris che_erzeugung/tierbestand/036107.html) [letzter Zugriff: 2. Februar 2014]

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8. Gesprächsverzeichnis

Drießler, Hermann: Schafzüchter in Eisentratten. persönliches Gespräch am 11. Dezember 2013, Eisentratten: 2013

Rossmann, Dietmar: Leiter Biosphärenpark Nockberge. persönliches Gespräch am 10. Jänner 2014, Ebene Reichenau: 2014

Stückler, Rudolf: AMA-Manager für Fleisch und Fleischwaren, Ei und Geflügel. telefonisches Gespräch am 16. Dezember 2013, Wutschein: 2013

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Alpen-Adria Universit채t Klagenfurt

Fakult채t f체r Wirtschaftswissenschaften Institut f체r Geographie und Regionalforschung

320.403 Protected Areas im Wintersemester 2013/2014

Die Gemeine Esche (Fraxinus excelsior) Eine kulturhistorische Betrachtung mit Fokus auf das Gebiet Nockberge

- Projektstudie -

Leitung: Univ.Prof. Dr. Heike Egner & Mag. Dr. Michael Jungmeier

Verfasser: Illgoutz Patrick, 1035412, patrick.illgoutz@gmx.at

Abgabe: 14.02.2014


Inhaltsverzeichnis 1. Die Gemeine Esche – ein sommergrüner Laubbaum ...................................... 3 2. Methodologisches Vorgehen in der Arbeit ....................................................... 4 3. Die Gemeine Esche als Nahrungsmittel und Medizin ...................................... 5 4. Futterlaubwirtschaft und veterinärmedizinischer Einsatz der Esche ............ 6 4.1. Nutzung der Gemeinen Esche in den Nockbergen ......................................... 9 5. Mythologie, Religion, Künste – Die Gemeine Esche als Mythos, Inspiration und Quelle des Glaubens ................................................................................. 11 6. Zusammenfassung ............................................................................................ 13 7. Literatur .............................................................................................................. 15

Illgoutz Patrick

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1. Die Gemeine Esche – ein sommergrüner Laubbaum „Die Esche, eine unspektakuläre Baumart – so könnte man meinen“, so beginnt Eugen Freiherr von Redwitz sein Vorwort zum „Baum des Jahres 2001“ (Freiherr von Redwitz 2002, I). Diese Baumart ist für den Menschen aber seit Jahrtausenden beispielsweise als Quelle hochwertigen Holzes, als Futter für raufutterfressende Haustiere oder aber auch als Naturheilmittel von Bedeutung. Die Gemeine Esche (im Folgenden auch als Esche bezeichnet) als seit Jahrtausenden kultivierte Pflanzenart soll im Zuge dieser Arbeit einer kulturhistorischen Betrachtung unterzogen werden, welche im Besonderen auf ihre Verwendung im Gebiet Nockberge fokussiert wird. Die Gemeine Esche (Fraxinus excelsior) ist ein sommergrüner Laubbaum (vgl. Aas 2002, 2), welcher eine Höhe von bis zu 40 Metern erreichen kann und zumeist wenig verzweigt ist (vgl. Aas 2002, 3). Sie weist eine gelblich graue Rinde auf, welche lange Zeit glatt bleibt und ihre Knospen zeichnen sich durch ihre matt schwarze Farbe, eine dichte kurzfilzige Behaarung und dem markanten Größen- und Formunterschied zwischen Seiten- und Endknospen aus (vgl. ebd.). Die Blätter der Gemeinen Esche bestehen aus einer Anzahl von 9-15 Blättchen und sind gegenständig oder schiefgegenständig angeordnet (vgl. ebd.). Die Blütezeit dieses zwittrigen oder eingeschlechtigen Baumes ist von April bis Mai und findet vor dem Laubaustrieb statt (vgl. ebd.). Die Gemeine Esche weist als Früchte geflügelte Nüsse auf, welche durch den Wind verbreitet werden, in dicht hängenden Büscheln vorkommen (vgl. ebd.) und bis in den Winter am Mutterbaum hängen bleiben, was eine weiträumigere Verbreitung der Früchte durch höhere Windgeschwindigkeiten im Winter zur Folge hat (vgl. Schmidt 2002, 29). Das Wurzelwerk der Esche bildet sich zunächst pfahl- bis herzwurzelartig aus und entwickelt sich in höherem Alter zuerst zu einem Herz- und später zu einem Senkerwurzelsystem (vgl. Guldner 2002, 51). Das Holz der Esche ist hell, weißlich bis gelb und kann im höheren Alter einen Braunkern aufweisen (vgl. Grosser 2002, 56). Es ist außerdem eine schwere und harte Holzart, welche eine hervorragende Zug- wie auch Biegefestigkeit und auch eine hohe Elastizität und Abriebfestigkeit aufweist (vgl. Grosser 2002, 57). Das Eschenholz ist eine vielseitig verwendbare Holzart, welche früher beispielsweise als Spezialholz im Waggonbau eingesetzt wurde und heute vielfach als Möbelholz, sowohl in massiver als auch in Furnierform zum Einsatz kommt (vgl. Grosser 2002, 60). Durch seine Elastizität, Zähigkeit und Festigkeit wird Eschenholz auch vorrangig zur Herstellung von Werkzeugstielen – beispielsweise von Äxten oder Heugabeln – Illgoutz Patrick

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verwendet (vgl. ebd.). Auch im Instrumentenbau wird das harte Eschenholz aufgrund seiner „hervorragenden Klangeigenschaften im Mittel- bis Hochtonbereich“ (Rössel 2005, 58) bei der Herstellung von E-Gitarren geschätzt. Aufgrund seiner Eigenschaften gehört das Eschenholz nach der Buche und der Eiche zu den wichtigsten heimischen Laubnutzhölzern (vgl. Grosser 2002, 61). Im Rahmen dieser Seminararbeit sollen die kulturhistorischen Hintergründe dieser vielfältigen Baumart näher beleuchtet werden. Neben der Heilwirkung der Esche und ihrer Bedeutung als Nahrung für Mensch und Tier wird auch ihre Verortung in der Mythologie und Kunst sowie in der Esoterik untersucht. Ein besonderes Augenmerk wird in dieser Arbeit auf die regionalen Bezüge der Gemeinen Esche im Gebiet der Nockberge gelegt, wo die Futterlaubwirtschaft noch von einigen wenigen Landwirten praktiziert wird. 2. Methodologisches Vorgehen in der Arbeit Basis der Arbeit ist eine umfangreiche Literaturrecherche, welche von forstwirtschaftlichen Publikationen bis hin zu Quellen esoterischen Ursprungs reicht. Die dabei konsultierte Literatur ist zum größten Teil seriös-wissenschaftlicher Natur. Doch zugunsten einer ganzheitlichen Betrachtung der Gemeinen Esche wurden für diese Arbeit auch Quellen verwendet, welche nicht wissenschaftlichen Ursprungs sind. Dies trifft vor allem auf den Themenbereich des „Keltischen Baumkreises“ zu, welcher in wissenschaftlichen Quellen kaum vorkommt und zum Neuheidentum zu zählen ist. Neben den bereits genannten Quellen basiert die Arbeit auch auf empirischen Erhebungen, die mit Hilfe von Begehungen, zwei leitfadengestützten Experteninterviews und einer Vielzahl an informellen Gesprächen durchgeführt wurden. Das erste leitfadengestützte Interview konnte am 11.12.2013 mit Familie Drießler auf deren landwirtschaftlich genutzten Hof in Vordernöring (Gemeinde Krems in Kärnten) durchgeführt werden und hatte die Untersuchung der Futterlaubnutzung von Schneiteleschen im Gebiet Nockberge zum Ziel. Der dafür entwickelte Interviewleitfaden beinhaltete folgende Fragestellungen: •

Wann werden die Triebe der Schneiteleschen geerntet und wie viel Ertrag bringt ein Baum?

Findet eine jährliche Ernte der Triebe statt?

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Welcher prozentuale Anteil des gesamten Winterfutters entfällt auf die geschneitelten Triebe?

Wirkt sich die Beifütterung der geschneitelten Eschentriebe auf die Fleischqualität oder Ähnliches aus?

Wie oft findet eine Fällung der Schneiteleschen und die darauf folgende Neubepflanzung statt?

Stellen Sie noch Werkzeuge aus den stärkeren Ästen der Schneiteleschen her?

Für das zweite leitfadengestützte Experteninterview am 13.02.2014 konnte ein Schnitzer aus dem Gebiet der Nockberge gewonnen werden. Dieses Experteninterview hatte die Untersuchung des Eschenholzes als Schnitzholz in den Nockbergen zum Ziel. Der dafür generierte Interviewleitfaden beschränkte sich auf lediglich drei Fragen: •

Welche Holzarten verwenden sie zum Schnitzen?

Wird das Holz der Gemeinen Esche als Schnitzholz in den Nockbergen verwendet?

Für welche Einsatzgebiete der Schnitzerei wird das Eschenholz generell verwendet?

3. Die Gemeine Esche als Nahrungsmittel und Medizin Neben den vielfältigen Einsatzmöglichkeiten des Eschenholzes können auch andere Teile der Gemeinen Esche für eine Vielzahl von Nutzungen herangezogen werden. Eine kaum bewusste Einsatzmöglichkeit von Eschentrieben, -blättern und -samen ist die Verwendung als Nahrungsmittel beziehungsweise als Nahrungsergänzung (vgl. Schwarz 2009, 85) für den Menschen. Dies bestätigte sich auch bei der Plakatpräsentation am 10.01.2014 in den Nockbergen, bei der einige der Besucherinnen sehr interessiert an dieser, ihnen neuen, Einsatzmöglichkeit der Esche waren. Als geeignete Beilage zu Fleisch oder als Bitterstoffelemente in Salaten können Eschensamen gemeinsam mit Senfkörnern und Gewürzkräutern in Essig eingelegt werden (vgl. Machatschek 2002, 356). Die Eschensamen werden dabei nach Vermengung mit den genannten Zutaten nach kurzer Wartezeit in luftdichte Gläser abgefüllt und erhalten mit der Zeit eine hellgrüne Färbung (vgl. ebd.). Als Gemüsebeilage eignen sich junge Eschensprossen, welche mit einer Länge von zirka 10 bis 15 cm geerntet werden und sich leicht abbrechen lassen sollten (vgl. Machatschek Illgoutz Patrick

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2002, 357 f.). Die von den Blättern getrennten Eschensprossen werden in Essigoder Salzwasser gekocht und mit Essig oder Öl abgemacht, um dann als leicht herbe Gemüsebeilage verspeist zu werden (vgl. Machatschek 2002, 358). Junge Eschenblätter lassen sich in geringen Mengen auch für Mischsalate verwenden, sollten aber davor in Wasser eingeweicht werden und bereits vor der Einlagerung von Bitterstoffen geerntet werden (vgl. ebd.). Zu den angeführten Rezepten ist noch anzumerken, dass sich für die gekochten Sprossen und die Eschenblätter in Mischsalaten vor allem Schneiteleschen und für die eingelegten Eschensamen nur außer Nutzung gestellte Eschen – Schneiteleschen setzen keine Früchte an – als Erntebäume eignen (vgl. Machatschek 2002, 356 ff.). Des Weiteren eignet sich die Esche

auch

zum

Bierbrauen

(vgl.

Roloff,

http://baum-des-

jahres.de/index.php?id=341, zuletzt aufgerufen am 13.02.2014), wobei ihre Blätter hierbei im Mittelalter als Ersatz für den Hopfen genutzt wurden (vgl. Machatschek 2002, 357). Die Nutzung von Eschenbestandteilen für medizinische Hilfsmittel kann hingegen als bekannter als die Nahrungsmittelnutzung bezeichnet werden, ist vielen aber trotzdem unbewusst (dies ging vor allem aus den Gesprächen bei der Plakatpräsentation am 10.01.2014 in den Nockbergen hervor). Eschenfrüchte können, gemeinsam mit Schafgarbe, Rainfarn, Melisse, Wermut, Pfefferminze, Wacholderbeeren und Oregano mit 70 prozentigem Weingeist aufgegossen werden und helfen in dieser Form zum Einreiben gegen Gicht und Rheuma (vgl. Machatschek 2002, 357). Gegen Leber-, Blasen- und Milzbeschwerden sowie bei Nierensteinen hilft ein aus Eschensamen und -blättern zubereiteter Tee (vgl. ebd.). Selbst die Rinde der Gemeinen Esche weist laut Ingrid Striedinger (im Gespräch am 11.12.2013) eine Heilwirkung gegen Fieber, Rheuma und Menstruationsbeschwerden auf. Eine vielseitige Heilwirkung weisen laut Machatschek (2002, 357) auch die einzelnen Fiederblätter der Esche auf, welche als Tee gekocht gegen Nierenkrankheiten, Gicht und Rheuma helfen sollen und auch zur Blutreinigung oder zur Wassertreibung geeignet sind. 4. Futterlaubwirtschaft und veterinärmedizinischer Einsatz der Esche Doch nicht nur für den Menschen, sondern in einem viel größeren Maße auch für Nutztiere, bietet die Gemeine Esche seit langem sowohl Nahrung als auch medizinische Hilfe. Die Gewinnung der dazu benötigten Rohstoffe erfolgte zumeist von hauseigenen Schneiteleschen, die unweit der Gehöfte gezogen wurden und die Illgoutz Patrick

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auch der Hangsicherung dienten (vgl. Machatschek 2002, 76 f.). Die Futterlaubwirtschaft war bis vor zirka 200 Jahren eine in ganz Europa verbreitete Methode zur Gewinnung von Winterfutter für Nutztiere (vgl. Machatschek 2002, 92). Dabei kam es zur Nutzung einer Vielzahl von Futterlaubgehölzen, wobei Machatschek (2002, 105 ff.) hier alleine für Mitteleuropa über neunzig verschiedene Gehölzarten nennt. Die Nutzung beschränkte sich dabei aber nicht ausschließlich auf Laubgehölze, sondern beinhaltete auch Nadelgehölze, wie etwa die Fichte, die Föhre oder die Zirbe (vgl. Machatschek 2002, 105 ff.). Laut Machatschek (2002, 93) kann auch davon ausgegangen werden, dass die Futterlaubwirtschaft die erste Form der Sesshaftwerdung war und dass die Esche hierbei eine der ersten bewirtschafteten Futterlaubbaumarten gewesen ist (vgl. Machatschek 2002, 292 f.). Die Einlagerung von Schneitelheu ermöglichte es nämlich, in kälteren Gebieten zu überwintern und von einer Wanderung in winterwarme Gebiete abzusehen (vgl. Machatschek 2002, 293). Diese Form der Futtergewinnung dürfte nach Willerding (1996, 39) „die älteste Form von Futterwirtschaft in Mitteleuropa gewesen sein“. Die Gemeine Esche war damit neben der Ulme der erste und wichtigste Schneitelbaum (vgl. Machatschek 2002, 292). Diese Stellung hat die Esche im Laufe der Zeit auch nie eingebüßt und gilt nach wie vor als das Hauptfutterlaubgehölz in Mitteleuropa (vgl. Machatschek 2002, 293). Die Dominanz von Esche und Ulme ist vor allem auf die gute Verdaulichkeit ihres Laubes zurückzuführen (vgl. Machatschek 2002, 108). Dabei stellt die Gemeine Esche hohe Standortansprüche und hinkt auf schlechteren Standorten anderen Baumarten in Sachen Nährstoffreichtum hinterher (vgl. Machatschek 2002, 294). Die Schneitelung erfolgt mit Hilfe unterschiedlichster Werkzeuge, die von Sicheln über Sägen bis hin zu eigens für diesen Zweck angefertigten Messern reichen (vgl. Machatschek 2002, 115 ff.). Eine unkonventionellere, in Unterkärnten selten praktizierte, Methode zur Gewinnung von Eschentrieben als Beifutter für das Weidevieh, ist das Absägen älterer Äste mit Hilfe von Motorsägen bei Futtermangel in den Sommermonaten (vgl. Gespräch mit einem Landwirt aus Ebenthal in Kärnten am 31.01.2014). Bei der Ernte sind zumeist Leitern erforderlich (vgl. Machatschek 2002, 124 ff.), da die Schneitelbäume großteils ohne Steigäste erzogen werden um die Fläche, welche von den Bäumen beschattet wird, zu minimieren (vgl. Machatschek 2002, 177). Dies bestätigt auch Gruber (im Gespräch am 10.01.2013) und verweist dabei auf die Vermoosung der Wiesen bei dauerhafter Beschattung. Ein weiterer Vorteil von ast- und damit auch trieblosen Stämmen ist der dadurch Illgoutz Patrick

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erreichte größere Abstand des Laubfutters zum Boden, was weidende Nutztiere vom ungeplanten Verzehr der Blätter und Triebe abhält (vgl. Herr Drießler im Interview am 11.12.2013). Die Erntezeit der Triebe ist normalerweise im August und September, eine Beerntung im Frühsommer ist allerdings auch möglich (vgl. Machatschek 2002, 195 f.). Für eine frühere Beerntung der Triebe spricht der höhere Nährstoffgehalt, dagegen der geringere Mengenertrag (vgl. Machatschek 2002, 195). Die geernteten Triebe müssen anschließend getrocknet werden, dies erfolgt meist in zusammengebundenen Astbündeln in der Wiese neben den Schneitelbäumen (vgl. Herr Drießler im Interview am 11.12.2013). Es sind dahingehend aber auch andere Trocknungsmethoden, wie das Aufstellen der Bündel am Baumstamm oder das Auftürmen zu Pyramiden, bekannt (vgl. Machatschek 2002, 197). Verfüttert werden die gewonnenen Triebe an raufutterfressende Nutztiere wie Schafe, Ziegen und früher auch Rinder (vgl. Herr Drießler im Interview am 11.12.2013). Das Füttern des Schneitellaubes an Milchkühe hatte den Effekt, dass die Kühe eine größere Menge an Milch gaben und diese durch diese Beifütterung auch einen höheren Fettgehalt aufwies (vgl. Machatschek 2002, 78). Den höheren Fettgehalt der Milch durch Beifütterung von Eschenlaub bestätigte auch Herr Drießler im Interview am 11.12.2013. Auch in der Mast wurde das Eschenlaub vielseitig eingesetzt und wurde beispielsweise Schweinen in pulverisierter Form und Stieren sowie Ochsen in frischer, getrockneter und sogar in einsilierter Form beigefüttert, um eine gezielte Gewichtszunahme zu erreichen (vgl. Machatschek 2002, 210 ff.). Die Schneitelwirtschaft verliert allerdings immer mehr an Bedeutung, da die Bewirtschaftung sehr arbeitsaufwendig ist und das Futter für Nutztiere anderwertig gewonnen werden kann (vgl. Bogner 2008, 138). Kurz & Machatschek (2008, 99) führen den starken Rückgang der Futterlaubwirtschaft auch auf die Einführung der Talmolkereien zurück, womit der Bestand der Melkziegen und mit ihnen die Futterlaubwirtschaft an Bedeutung verlor. Teile der Gemeinen Esche können allerdings auch veterinärmedizinisch eingesetzt werden (vgl. Machatschek 2002, 216 f.). So wurden den Nutztieren beispielsweise der Absud von Eschenrinde oder im Sommer geerntete und in Wasser eingelegte Eschenblätter zur Anregung der Verdauung verabreicht (vgl. Machatschek 2002, 216). Wie auch beim medizinischen Einsatz von Eschenprodukten beim Menschen galten Absude für Nutztiere auch als Heilmittel gegen Rheuma oder Gicht und Eschenlaub war auch für Nutztiere als blutreinigend bekannt (vgl. Machatschek Illgoutz Patrick

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2002, 216 f.). Beeindruckend ist auch der Einsatz von Eschenaschenpillen gegen Gelbsucht bei Nutztieren (vgl. Machatschek 2002, 217). 4.1. Nutzung der Gemeinen Esche in den Nockbergen Die gegenwärtige Nutzung der Gemeinen Esche in den Nockbergen konnte vor allem mit Hilfe einer Begehung und einem Experteninterview am 11.12.2013 bei Familie Drießler in Vordernöring genauer untersucht werden. Der Schneiteleschenbestand der Familie Drießler umfasst zirka 100 Bäume, die sich hauptsächlich in der Nähe ihres Hofes in Vordernöring befinden (vgl. Begehung am 11.12.2013). Die Bewirtschaftung der Schneiteleschen erfolgt in Zweijahresrythmen, wobei diese nur jedes zweite Jahr geschneitelt werden, das abfallende Laub allerdings auch in den Jahren zwischen den Schneitelungen aufgesammelt und im Winter verfüttert wird (vgl. Herr Drießler im Interview am 11.12.2013). Um, aus diesem Rhythmus folgend, jedes Jahr Triebe ernten zu können, werden am Hof der Familie Drießler jährlich nur die halben Schneiteleschen beerntet. Die Ernte erfolgt mit Hilfe eines eigenen Werkzeuges (siehe dazu Abb. 1), der sogenannten „Labpraxn“ (Leute 2012, 197), findet im September statt (vgl. Herr Drießler im Interview am 11.12.2013) und wurde auch im dreidimensionalen Dokumentarfilm über die Nockberge mit Hilfe von Herrn Drießler dargestellt

(vgl.

3D-Film

über

die

Nockberge). Die ideale Erntezeit, welche früher auch eingehalten wurde, wäre im Abb. 1 „Labpraxn“ (Leute 2012, 197) von Herrn Drießler (fotografiert von Illgoutz Patrick am 11.12.2013)

August, doch aufgrund der Arbeitsbelastung bei der Heuernte, welche auch im August stattfindet, wurde die Schneitelung der

Eschen in den September verschoben (vgl. Herr Drießler im Interview am 11.12.2013). Die Schneitelung sollte laut Herrn Drießler (im Interview am 11.12.2013) nur bei abnehmendem Mond erfolgen, da die Tiere das Futter ansonsten nicht gut annehmen. Das gewonnene Eschenheu der halben Schneiteleschen von Familie Drießler wird nach der Trocknung auf der Tenne eingelagert und stellt zirka ein Drittel des winterlichen Futterbedarfes für zwanzig Mutterschafe samt Lämmern dar (vgl. Herr Drießler im Inverview am 11.12.2013). Das Futterlaub wird aber nicht von allen raufutterfressenden Haustieren gleich gut angenommen, so verweist Herr Drießler (im Interview am 11.12.2013) beispielsweise darauf, dass Illgoutz Patrick

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Ziegen sogar die Rinde von den geschneitelten Trieben fressen, wohingegen Schafe lediglich die Blätter verzehren. Er ergänzt seine Aussagen bezüglich der Futterlaubwirtschaft in den Nockbergen auch dahingehend, dass früher alle in Wiesen aufkommenden Laubgehölze abgeerntet wurden, um damit die Nutztiere zu füttern. Steile Wiesenflächen, welche gemäß seinen Aussagen heute bewaldet sind, verbuschten erst mit Aufgabe dieser Beerntung, welche durchaus auch als Schwendung bezeichnet werden könnte. Zum historischen Hintergrund der Futterlaubnutzung der Gemeinen Esche in den Nockbergen ergänzt Herr Drießler (im Interview am 11.12.2013) noch, dass die Wertigkeit der Schneiteleschen in Zeiten, als noch die Subsistenzwirtschaft der einzelnen Höfe im Vordergrund stand, viel größer war, da die ebenen Flächen nicht wie heute als Wiesen, sondern als Äcker genutzt wurden und die Nutztiere daher zu einem großen Teil mit dem Laub der Eschen versorgt werden mussten. Das gewonnene Futterlaub der Schneiteleschen diente damit also als Substitut zum Heu und mit Hilfe der Schneiteleschen konnte – wenn auch mit größerem Arbeitsaufwand – auf kleinen Grundflächen Futter für die Nutztiere produziert werden, was Platz für den Ackerbau schaffte. Außer der

Abb. 2 Schneiteleschen von Familie Drießler (fotografiert von Illgoutz Patrick am 11.12.2013)

Nutzung der Eschen als Futterquelle wurde diese in den Nockbergen auch veterinärmedizinisch verwendet und zerriebene Blätter der Esche brachten dahingehend säumige Kühe zum Stieren (vgl. Gespräch mit einem Besucher der Abendveranstaltung im Nockstadel am 10.01.2014). Darüber hinaus sicherten die Schneiteleschen die Hänge vor drohender Erosion und wurden dahingehend auch gezielt angepflanzt (vgl. Frau Drießler im Interview am 11.12.2013), was auch an den Bepflanzungsmustern der Schneiteleschen gut zu erkennen ist (siehe dazu Abb. 2). Unabhängig von der Nutzung der Gemeinen Esche für Nutztiere und zur Hangsicherung wurde Eschenholz in den Nockbergen auch zur Herstellung von Sapinoder Axtstielen verwendet, wobei hier eher das Holz von ungescheitelten Eschen Illgoutz Patrick

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zum Einsatz kam, da dieses viel weniger Verastungen aufweist (vgl. Herr Drießler im Interview am 11.12.2013). Die Eigenschaften des Eschenholzes wurden aber auch für die Herstellung der ersten Skimodelle genutzt (vgl. Gespräch mit einem Besucher der Abendveranstaltung im Nockstadl am 10.01.2014) und das Eschenholz haltet auch heutzutage wieder als Kern für Skier in Kompositbauweise Einzug in diesen Industriezweig (vgl. Grosser 2002, 60).

5. Mythologie, Religion, Künste – Die Gemeine Esche als Mythos, Inspiration und Quelle des Glaubens Aufgrund

der,

im

vorhergehenden

Teil

der

Arbeit

beschriebenen, Nutzung der Esche als Futtermittel und veterinärmedizinische Heilpflanze für Nutztiere sowie als Nahrungsmittel und Medizin für den Menschen und damit als wichtiger Schneitel- und Speiselaubbaum wurde die Esche wahrscheinlich unter den Schutz der Religion gestellt und als heilige Baumart verehrt (vgl. Machatschek 2002, 291). In der nordgermanischen Mythologie, welche nur durch die friedliche Koexistenz zwischen Heidentum und Christentum in Island um 1000 nach Christus erhalten blieb und nur in wenigen schriftlichen Quellen überliefert ist, ist von einem Weltenbaum mit dem Namen Yggdrasil die Rede (vgl. Heizmann 2002, 64 f.). Eine der wenigen schriftlich überlieferten Quellen ist die Snorra-Edda, welche

vom

Isländer

Snorri

Sturluson

(1179-1241)

verfasst wurde und eine ausführliche Beschreibung der Weltenesche namens Yggdrasil beinhaltet (vgl. Heizmann 2002, 65). Darin ist von einem immergrünen Eschenbaum die Rede, dessen Wurzeln sich nach drei Seiten erstrecken, an dessen Blättern sich vier Hirsche laben und

Abb. 3 Yggdrasil (Quelle:

in dessen Ästen ein Adler sitzt (vgl. Simek 2006, 494). Wikimedia Commons; URL:

http://upload.wikimedia.or

Unter den drei Wurzelseiten leben getrennt von einander g/wikipedia/commons/thu

mb/0/02/AM_738_4to_Ygg

Menschen, Riesen und Hel (vgl. ebd.), welche die Göttin drasill.png/193px-

AM_738_4to_Yggdrasill.p

des Totenreiches ist (vgl. Simek 2006, 178). Entlang des ng, zuletzt aufgerufen am Stammes von Yggdrasil läuft das Eichkätzchen Ratatoskr 13.02.2014) Illgoutz Patrick

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und an seinen Wurzeln nagt der Drache Níðhöggr sowie einige Schlangen (vgl. Simek 2006, 494). Außerdem befindet sich unter Yggdrasil der Urdsbrunnen (vgl. ebd.), was soviel wie Schicksalsbrunnen bedeutet (vgl. Simek 2006, 452). Die Götter halten unter Yggdrasil Rat vor den Ragnarök (vgl. ebd.), was „Endschicksal der Götter“(Simek 2006, 340) bedeutet und gleichbedeutend mit einem zyklischen, reinigenden Weltuntergang gesetzt werden kann, bei dem es auch zum Ableben einiger Götter kommt (vgl. Simek 2006, 340). Viele der genannten Elemente sind in der Darstellung des Yggdrasil (siehe dazu Abb. 3) gut erkennbar. Auf Grundlage dieser Überlieferungen komponierte Richard Wagner auch den vierten Teil seines Stücks „Der Ring der Niebelungen“, die sogenannte „Götterdämmerung“ (vgl. Heizmann 2002, 64). Dieses Stück beruht aber nur teilweise auf diesen Überlieferungen, denn der Großteil wurde von Wagner frei erfunden (vgl. ebd.). Als heilig galt die Esche auch bei den Kelten (vgl. Birkhan 1999, 781). Es ist allerdings anzumerken, dass hier nicht die Baumart Esche, sondern einzelne Individuen verehrt wurden und es auch zur Verehrung anderer Baumarten kam (vgl. ebd.). Bei den irischen Kelten spielten diese heiligen Bäume auch in der Kriegsführung eine nicht unwesentliche Rolle und so wurden heilige Bäume feindlicher Stämme in der Absicht, den feindlichen Stämmen zu schaden, gefällt (vgl. ebd.). Dieser Baumkult und die Vorgehensweise erinnern sehr stark an die alpenländischen Maibaumbräuche, mit dem Aufstellen und Bewachen beziehungsweise Fällen der „feindlichen“ Maibäume. Ein Zusammenhang dahingehend wäre durchaus möglich, ein dahingehender Beweis konnte allerdings nicht erbracht werden. Es gibt auch Hinweise darauf, dass die Kelten Bäumen Äste abhackten und dass sie diese Handlungen anstelle von Menschenopfern stellten (vgl. Birkhan 1999, 645). Dahingehend gibt es in der Wissenschaft allerdings auch Stimmen, die behaupten, dass die Kelten ihren Göttern durch diese Taten Schaden zufügen wollten und dass sie beim Verstümmeln der Bäume an das Verstümmeln der Götter selbst glaubten (vgl. Birkhan 1999, 645 f.). Auch der Name des keltischen Druiden hat einen Bezug zu einer Baumart, denn das griechische Wort „drys“ bedeutet übersetzt Eiche (vgl. Dermandt 1998, 42 f.). Die Religion und Gebräuche der Kelten gewannen in den letzten Jahrzehnten durch den sogenannten Neopaganismus (= Neuheidentum (vgl. Bischofberger 1996, 11 f.)) wieder an Bedeutung (vgl. Bischofberger 1996, 24). Mit einer romantisch-mythologischen Zugangsweise wird dabei mit Hilfe keltischer Überlieferungen versucht aus dem Alltag auszubrechen und Illgoutz Patrick

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sich neu zu orientieren (vgl. Rahemipour 2002, 123 ff.). Aus dieser Bewegung und aus dem Verhältnis der Kelten zu Bäumen heraus entwickelte sich höchstwahrscheinlich auch der sogenannte keltische Baumkreis, der sozusagen vom französischen Journalisten Paule Delsole in den 1970er Jahren erfunden wurde (vgl. Findling, http://www.baumkreis.de/lebensbaum2/index.html, zuletzt aufgerufen am 13.02.2014). Der keltische Baumkreis ist ein Kalender, der jedem Tag des Jahres eine gewisse Baumart zuordnet, wobei sich die Baumarten wiederholen und jeweils für

mehrere

Tage

stehen

http://www.baumkreis.de/lebensbaum2/index.html,

(vgl. zuletzt

Findling,

aufgerufen

am

13.02.2014). Die Esche verkörpert dabei die Tage vom 25. Mai bis zum 3. Juni und vom

22.

November

bis

zum

1.

Dezember

(vgl.

Findling,

http://www.baumkreis.de/lebensbaeume/25-mai-03-juni/index.html, zuletzt aufgerufen am 13.02.2014). Die dabei vergebenen Charaktereigenschaften, welche jene Menschen, die innerhalb dieser Tage geboren sind, auszeichnen sollen, sind allerdings sehr vage und kontrovers, so sind diese Menschen beispielsweise als zähe Verhandlungspartner und gleichzeitig als kompromissbereit beschrieben (vgl. ebd.).

Nähere Betrachtung dieser Quelle zeigt allerdings scheinbar den wahren

Hintergrund dieser Idee, denn hier können die diversen Baumarten auch bestellt werden und es gibt auch weitere Kategorien, wie beispielsweise Hochzeitsbäume. Holz spielt im Gebiet der Nockberge auch als Rohmaterial für das Kunsthandwerk in Form des Schnitzens eine nicht unwesentliche Rolle. Doch trotz seiner hervorragenden Eigenschaften wird das Eschenholz hierbei kaum mehr verwendet und wurde hier früher lediglich für Drechsel- und Wagnerarbeiten sowie zum Herstellen von Bögen verwendet (vgl. Schnitzer aus den Nockbergen im Interview am 13.02.2014). Die Holzart, welche im Gebiet der Nockberge hauptsächlich zum Schnitzen verwendet wird ist laut dem Schnitzer aus den Nockbergen (im Interview am 13.02.2014) die hier auch heimische Zirbe. 6. Zusammenfassung Summa summarum kann festgehalten werden, dass es sich bei der Gemeinen Esche um eine Baumart mit hervorragender Holzqualität handelt, weswegen ihr Holz auch vielseitig eingesetzt wird und dass die Esche auch anderwärtige nutzbare Produkte abwirft. Dies bezieht sich einerseits auf die Nutzung als Nahrungsmittel und Medizin für den Menschen als auch auf jene Nutzung als Futterlaub- und NaturIllgoutz Patrick

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medikamentenquelle für Nutztiere. Die angesprochene Futterlaubnutzung der Gemeinen Esche hat im ganzen Alpengebiet Tradition und wird auch in den Nockbergen noch von wenigen Personen praktiziert. Die dazu nötigen Schneiteleschen werden aber auch in Hinblick auf ihr hangstabilisierendes Wurzelwerk an gezielte Plätze gesetzt und verhindern dadurch Erosionserscheinungen im steilen Gelände. Darüberhinaus wurde die Esche auch in religiöser Hinsicht verehrt und galt als mächtigster aller Bäume, was wahrscheinlich auch zu ihrer Verortung im Neopaganismus führte, wodurch die Esche auch in den keltischen Baumkreis, einer Art neuheidnischem Kalender, aufgenommen wurde. Die Gemeine Esche kann also als facettenreiche Baumart bezeichnet werden, die den Menschen immer wieder Inspiration, medizinische Hilfe und Nahrung beziehungsweise Futterquelle für dessen Nutztiere war.

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7. Literatur Aas, Gregor (2002): Die Gewöhnliche Esche (Fraxinus excelsior) – Dendrologische Anmerkungen. In: Berichte aus der Bayerischen Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft 8 (34): 1-5. Birkhan, Helmut (1999): Kelten. Versuch einer Gesamtdarstellung ihrer Kultur. Wien 3

: Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften.

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Illgoutz Patrick

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Seminararbeit Protected Areas Flagship-Species der Region Nockberge

Der Echte Speik

Abb. 1

Hilpert Michael Matrikelnummer: 0760502 Datum: 13.02.2014


Inhalt

Einleitung ............................................................................................................................................... 3 Die Biologie der Pflanze ...................................................................................................................... 4 Valeriana celtica................................................................................................................................ 4 Verbreitung des Echten Speiks .......................................................................................................... 5 Geschichte ............................................................................................................................................. 5 Der Schutz der Pflanze ........................................................................................................................ 6 Die Ernte und das Regenerationsverhalten des Speiks ................................................................. 8 Traditionen und Brauchtum in der Region ........................................................................................ 9 Medizinische Wirkung der Pflanze ................................................................................................... 10 Monopol der Nockberge .................................................................................................................... 12 Vermarktung in der Region ........................................................................................................... 12 Zusammenfassung ............................................................................................................................. 13 Literaturverzeichnis ............................................................................................................................ 14 Interview Partner ............................................................................................................................. 16 Abbildungsverzeichnis ................................................................................................................... 17

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Einleitung

Der Inhalt dieser Arbeit beschäftigt sich mit dem Thema Valeriana celtica ssp norica, dem Echten Speik, dessen Hauptverbreitungsgebiet sich in den Ostalpen befindet. Es wird ein kultureller und historischer Überblick über diese Pflanze gegeben. Im Zuge von narrativen Interviews wurden Information von Personen aus der Region Nockberge gewonnen und mit zusätzlicher Literatur aufbereitet. Es wird gezeigt, dass der Speik, der in den letzten Jahrzenten eher in den Hintergrund gerückt ist, zur heutigen Zeit wieder immer mehr an Bedeutung gewinnt. Im ersten Kapitel wird auf die Biologie der Pflanze und Ihre Verbreitung eingegangen. In den darauf folgen Kapiteln wird der geschichtliche Hintergrund und die Unterschutzstellung des Speiks bis hin zur heute noch möglichen Ernte beschrieben. Danach werden Traditionen und Heilwirkung erklärt um im letzten Kapitel noch einmal auf die Region der Nockberge einzugehen.

3


Die Biologie der Pflanze

Die Familie der Baldriangewächse beinhaltet 13 Gattungen und in etwa 360 Arten, die in einjährige oder ausdauernde Kräuter (Arten) eingeteilt werden. Ihr Verbreitungsgebiet ist die Nordhemisphäre, Südamerika, das Mittelmeergebiet und das pazifische Amerika, wobei man in den wärmeren Gebieten ausschließ einjährige Arten findet. Die ausdauernden Arten verteilen sich eher auf Gebirgsregionen.

(Kutschera u. Lichtenegger, 1992, S. 530-531)

Speziell auf eine Art wird hier

näher eingegangen.

Valeriana celtica

Man unterscheidet auch bei der Art Valeriana celtica wieder unter einer etwas größeren Pflanze, der Valeriana celtica ssp. Norica, und der etwas kleineren, Valeriana celtica ssp pennina, die in den subalpinen Regionen der Schweiz beheimatet ist. (Vierhapper, 1925, S. 241) Diese zwei Unterarten sind ein gutes Beispiel für eine disjunkte Verbreitung einer Pflanze. Sie unterscheiden sich zwar marginal, aber man kann sie doch gut charakterisieren. Die Pflanze der Westalpen ist etwas zarter, die Blattspitzen sind schmäler, die Blüten Achänen und Fruchtkelche sind kleiner und im getrockneten Zustand sind die Blütenkränze der ssp. Pennina dunkler.

(Vierhap-

per, 1925, S. 242-243)

Die ssp. Norica wird auch als Echter Speik bezeichnet. Der Name „Speik“ kommt von einer älteren Bezeichnung „spica celtica“, was so viel bedeutet wie „im Lande der Kelten“.

(Wendelberger, 1984. S.149 )

Sie ist eine etwa 15 cm hohe

Pflanze mit 1-2 Blattbaren und ihr Blütenstand ist länglich. Die Blütenkrone ist 3-4 mm lang, auf der Unterseite gelblich und auf der Oberseite rötlich. Ihre Hauptblütezeit ist von Juni bis August. Die ssp. Norica wächst zerstreut aber gesellig und vorwiegend auf tiefgrünen Matten im Krummseggenrasen und bevorzugt saure, speziell kalkfreie oder ausgelaugte Böden, auf einer Seehöhe zwischen 1800 und 2800 m.

(Della Betta, 1999, S. 30)

Es werden aber auch noch

andere Pflanzen als Speik bezeichnet. Dazu zählt beispielsweise die Klebrige Primel (Primula gultinosa), ein Endemit der Ostalpen. Sie ist ein Heidekraut4


gewächs und wächst hauptsächlich auf Silikatgestein auf einer Seehöhe von 1800 und 3100 m. Auch der sogenannte Speik Boden bezieht sich auf diese Pflanze und nicht den Echten Speik.

(Della Betta, 1999, S. 32)

Einige weitere namens-

verwandte Pflanzen sind: 

Großer Speik

Lavandula latifolia, ein Lippenblütler

Kleiner Speik

Lavendel

Gelber Speik

Senecio icanus var. Carneolicus, ein Kreuzkraut (Korbblütler)

Weißer Speik

Achillea clavena, oder auch Bittere Schafgarbe (Korbblütler)

http://www.wissen.de/lexikon/speik

Verbreitung des Echten Speiks

Das Verbreitungsgebiet der Valeriana celtica ssp. norica beschränkt sich nicht nur wie oftmals angenommen auf die Bereiche der Nockberge und Koralpe, vielmehr umfasst der Echte Speik „einen Teil der nördlichen Kalkalpen, fast die ganzen Niederen Tauern, die Steirischen-Kärntnerischen Alpen und den Süd Fuß der Hohen Tauern. In den Nördlichen Kalkalpen findet man ihn auf dem Hochschwab, auf mehren Bergen der Eisenerzer Alpen auf dem Pyrengras und Warschenek.“ (Vierhapper, 1925, S. 250)

Geschichte

Der wirtschaftliche Nutzen des Speiks begann bereits vor Christi Geburt. Der Handel zwischen dem Königreich Norikum und Rom ging schon auf die Zeit vor der Eingliederung der Alpenländer unter Kaiser Augustus über die Stadt Aquila an der Adria zurück.

(Kriz, 1976, S. 4)

Voraussetzungen für diesen guten

Handel in den Niederen Tauern, waren die ausgezeichneten Übergänge in der Nord-Süd und in der Ost-West Achse. Judenburg wurde somit schon im 13. Jahrhundert zum Hauptstapelplatz dieser Ware.

(Genter, 1932, S. 63-65)

Um den

Speikhandel zu regulieren wurde der Stadt im Jahr 1460 von Erzherzog Friedrich das kaiserliche Monopol für die Speikgräberei und den Speikhandel im Ostalpenraum übertragen. Dies war auch ein deutliches Zeichen für die Be5


deutung des Speikhandels in dieser Zeit.

(Grill, 1912 zitiert nach Novack 1998 S. 6)

Durch

das Handelsmonopol waren die Verkaufswege, die Gebiete und wer in den Gebieten sammeln durfte klar geregelt. Personen, die sammeln wollten, mussten eine Sammelerlaubnis beantragen. So konnte kontrolliert werden das nur wenige Pflanzen außerhalb von Judenburg verkauft werden konnten. Bis zum Jahr 1567 hatte die Stadt Judenburg das alleinige Monopol auf den Handel mit Speik. Nach 1567 traten andere Städte wie Murau, Leoben oder Oberwölz als Pächter des Monopols auf. (Historischer Verein für Steiermark, 1958, S. 85) Ab 1787 war das Sammeln der Pflanze nicht mehr als ein Monopol anzusehen. Im 18. und 19. Jahrhundert war es dann möglich sich über ein Servitut ein Nutzungsrecht zu sichern, welches sogar im Grundbuch festgehalten wurde. (Hable und Präsent, 1985, S. 411) Quellen wie das „Wiener Blatt 1918“ bestätigen auch durch Anzeigen wie: „Speik (Valeriana celtica) 500 Faß à 50 kg greifbar, ab steirischer Station, auch für´s Ausland sofort zu verkaufen“, dass der Handel auch noch bis in das 20. Jahrhundert zurückzuverfolgen ist. (Wiener Blatt, 1946, S. 22) Warum der Speik ab Anfang des 20. Jahrhunderts unter Naturschutz gestellt wurde und ob dies, oder eine immer geringer werdende nachfrage, zu einem Rückgang des Exports und Handels geführt hat, ist aus den gesichteten Quellen leider nicht klar erkenntlich.

Der Schutz der Pflanze

Die erste Unterschutzstellung des Speiks erfolgte im Jahr 1915. (Steirisches Landesgesetz 1915)

Erwähnenswert ist hier, dass Natur- und Landschaftsschutz in Öster-

reich in den Kompetenzbereich der Bundesländer und ihren untergeordneten Behörden fällt. Jedes Bundesland verfügt über ein eigenes Landesnaturschutzgesetz. An dieser Stelle wird an Hand der wichtigsten Gesetze der Weg der Unterschutzstellung des Speiks veranschaulicht. (www.naturschutz.at/gesetze/naturschutzgesetze/)

6


Am 14.04.1915 kam es zur Unterschutzstellung in der Steiermark. „§ 1: Das Ausgraben und Ausreißen mit Wurzeln, sowie das Feilhalten und der Verkauf bewurzelter nachstehender Arten ist verboten. Unter diesen neun verschiedenen Pflanzen ist neben Edelweiß, Enzian und Alpenrose auch Speik (Valeriana celtica) genannt. Zu wissenschaftlichen Zwecken kann das Ausgraben und Ausreißen genannter Arten jedoch bewilligt werden. § 2: Für das gewerbsmäßige Sammeln von Speik und Enzian werden Erlaubnisscheine von der politischen Behörde ausgefertigt, welche nur für ein Jahr und für ein bestimmtes Sammelgebiet Geltung haben. Jedes Sammelgebiet darf nur jedes dritte Jahr und nur mit schriftlicher Zustimmung des Besitzers nach Speik bzw. Enzian abgesucht werden. Übertretungen des § 1 werden mit Geldstrafen von 2-20 Kronen, im Wiederholungsfall bis 50 Kr. geahndet und Verfall der Pflanzen ausgesprochen.“

(Steirisches Landesgesetz §1, 2 1915)

In diesem Ge-

setz wurde das Sammeln von Speik verboten, wenn man sich nicht einen Erlaubnisschein ausstellen lies. Am 10.02.1939 kam es zur Einführung des Reichsnaturschutzgesetzes. Mit der Einführung des Gesetzes wurden Bundesländerspezifische Regelungen aufgehoben und für die gesamte Ostmark galt folgendes: „§ 2: Für den Handel oder für gewerbliche Zwecke dürfen wildwachsende Pflanzen, Bäume und Sträucher der nachstehend angeführten Arten oder Teile davon nicht gesammelt angeboten, mitgeführt, angeboten, feilgehalten, erworben, versandt, anderen überlassen oder ein und ausgeführt werden.“ (Reichsgesetzblatt Teil 1, 1936)

Zu diesen auch der Speik zählte. Weiter wurde die

Pflanze auch in Kärnten 1988 teilweise unter Schutz gestellt. „§ 2 Unterirdische Teile teilweise geschützter Pflanzen dürfen von ihrem Standort nicht entfernt werden, oberirdische Teile dürfen bis zu drei Stück (...) abgeschnitten werden. (...) Ausnahmebewilligungen von den Bestimmungen dieser Verordnung können von der Landesregierung für wissenschaftliche Zwecke, Lehrzwecke oder für Maßnahmen, deren Durchführung im öffentlichen Interesse liegt, erteilt werden“. (Kärntner Naturschutzgesetz, §2, 1988)

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Der Grund, warum es nach 1945 zu keiner sofortigen Erneuerung der Naturschutzgesetze gekommen ist, resultierte laut Mag. Dr. Michael Jungmeier daraus dass die Gesetze mit in die zweite Republik übernommen wurden.

Die Ernte und das Regenerationsverhalten des Speiks

Durch die heutigen gesetzlichen Regelungen ist es seit dem Jahr 1997 nur mehr zwei Familien erlaubt den Speik zu ernten. Gesammelt wird die Pflanze auf sehr kleinen Einzelflächen von circa 1-2 Quadratmetern. Die Ernte erfolgt auf einer Gesamtfläche von 80 Hektar, die speziell für diese vorgesehen ist. Die Entnahme darf jährlich nur geringfügig mehr als rund 25 kg pro Familie des getrockneten Speikes ausmachen und wird auch stetig von der Biosphärenparkverwaltung kontrolliert. (Fheodorfer, 2007, S. 4) Forschungsberichte der BOKU Wien veranschaulichen, dass der Speik bei einer nachhaltigen Ernte ein positives Regenerationsverhalten aufweist. Über den Zeitraum von 1992 bis 1996 wurden Dauerbeobachtungsflächen eingerichtet, auf denen man die Vegetationsentwicklung beobachtete. Die Beobachtungsflächen wurden in ungenutzte Bereiche und Bereiche mit kontrollierter Nutzung eingeteilt. Letztere Flächen wurden des Weiteren nach der Intensität der Nutzung gegliedert. 16 Versuchsflächen wurden eingerichtet und jede dieser Flächen wurde in vier gleich große Streifen unterteilt. Im ersten Streifen A der Dauerbeobachtungsflächen wurden alle Pflanzen abgeerntet, im Streifen B wurden 50% des Bestandes geerntet, im Streifen C 25% und beim Streifen D kam es zu keiner Entnahme. Nach der Ernte beobachtete man in den darauf folgenden Jahren die Regenerationsfähigkeit des Speiks und errechnete daraus ein Minus- bzw. Pluswachstum. (Novak, 1998, S. 4-12) Im Streifen A, in dem 100 % abgeerntet wurde, kam es zum größten Minuswachstum von rund -20,4 %. Der Streifen B, in dem die Hälfte abgeerntet wurde wies als einzige Fläche ein Pluswachstum von 16,8 % auf. Im Streifen C wurden 25 % entnommen, in diesem kam es zu einem sehr geringen negativen Wachstum von -2,2 %. Am Teststreifen D kam es zu keiner Ernte, hier

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wurde ein Minuswachstum von -11,6 % festgestellt. (Novak, 1998, S. 4-12)Durch diese Ergebnisse kann man klar erkennen, dass sich eine nachhaltige Nutzung durch eine Ernte im Bereich zwischen 25 – 50 % stabilisierend und wachstumsfördernd auf den Bestand auswirkt. (Theodorfer, 2007, S. 6)

Durch Gespräche mit einem der Speik-Bauern wurde mir das Wachstumsverhalten der Pflanze auch noch einmal verdeutlicht. Er erklärte mir, dass durch das Ausgraben der Speikwurzel (auch Speiken genannt) große Teile der Wurzel im Boden verbleiben und diese dann erneut keimen können. Auch die in der unmittelbaren Nähe befindlichen anderen Pflanzen werden beim Speiken oftmals unabsichtlich mit entfernt, was sich wiederum positiv auf das Wachstum des Speikes auswirkt, da es dadurch an dieser Stelle weniger Konkurrenz im Boden gibt. Zum Erntevorgang erklärte der Bauer, dass es wichtig sei, dass der Boden vor der Ernte feucht oder leicht durchnässt ist, da es ansonsten nur mit großem Aufwand möglich sei, die Speikwurzeln aus dem harten Boden zu entnehmen. (Huber, 2013) Traditionen und Brauchtümer, die mit dem Speik zu tun haben, kennt der Bauer selbst nicht. Er kann sich jedoch erinnern, dass seine Eltern und Großeltern noch vereinzelt einige Traditionen pflegten. (Huber, 2013)

Traditionen und Brauchtum in der Region Diese Pflanze ist mittlerweile über 2000 Jahre bekannt und somit ringen sich auch eine große Zahl an Mythen, Legenden und Traditionen um diese. Im Brauchtum war der Speik früher stark verankert und auch heute findet er sich noch vereinzelt in Brauchtümern wieder. Durch den starken und sehr intensiven Geruch, wohltuend oder stinkend, wurde der Speik früher in Truhen und Kästen gelegt um Motten und anderes Ungeziefer daraus zu vertreiben. Die „Almgeher“ trugen ihn am Hut und im Herbst wenn die Kühe von der Alm ins Tal getrieben wurden, wurden ihnen Kränze geflochten die auch den Speik beinhalteten. Dieser wurde danach

9


nicht weggeworfen sondern für andere Bräuche weiterverwendet.

(Leute, 2012, S.

202-203)

Speik wurde auch auf die glühenden Kohlen der Rauchpfanne gegeben um in den Raunächten (am Heiligen Abend, am Silvesterabend und am Dreikönigsabend) alle Räume des Hofes und auch der Ställe auszuräuchern und somit böse Geister und Unglück fernzuhalten. (Maierbrugger, 1984, S. 31-32) Über die Internetseite des Biosphärenparks Nockberge ist es möglich Zugriff auf eine eigens vom Biosphärenpark erstellte Speikfiebel zu bekommen. In dieser wird noch von anderen Legend erzählt, wie die Salbung der Füße Jesu oder das Speikstizen. Diese sich literarisch nicht wirklich belegen lassen, seine medizinische Wirkung lässt sich jedoch bestätigen.

Medizinische Wirkung der Pflanze

Kurz noch einmal zurück zum Baldrian. Heutzutage wird der Echte Baldrian als ein leichtes und natürliches Beruhigungsmittel verwendet. Des Weiteren wird er auch bei Schlafstörungen, Hypernervosität, Neuralgien, Migräneschmerzen und leichten Bauchschmerzen eingenommen. Er ist eine der bekanntesten Heilpflanzen der heutigen Volks- und Schulmedizin. 608)

Seine Hauptbestandteile sind ätherische Öle (Monoterpene u. Sesquiter-

pene) Valerensäuren, Aminobuttersäure, Glutamin und Argin. 383)

(Wurzer, 2003, S.

(Pschyrembel, 2006, S.

Die größte Wirkung der Inhaltsstoffe entfaltet sich in der Zubereitung von

Tee. Dafür nimmt man 1-2 Teelöffel der getrockneten Wurzel, gibt diese ins Wasser und lässt sie dann 8 Stunden ausziehen, danach werden schluckweise 2-3 Tassen täglich getrunken. (Wendelberger, 2005, S. 98)

Wie schon oben erwähnt, ist Baldrian eine sehr verbreitete Heilpflanze und sein Aufbau und Wirkung genauestens in Fachliteraturen beschrieben, was auf den Echten Speik nicht zutrifft. Ich konnte jedoch in Patergassen einen Experten auf diesem Gebiet ausfindig machen und befragen. Herr Dr. Hofmeister beschäftigt sich schon seit vielen Jahren mit dem Thema Speik, entwickelte mit Unterstützung von seiner Frau, einer ausgebildeten Physiotherapeu-

10


tin, eine eigene Massagetechnik und hält Vorträge im Zuge von Veranstaltungen der Speik-Akademie über die Wirkung des Speiks.

Er beschrieb, dass die Hauptwirkstoffe Valerensäure, Valepotriate und Valeriansäure sind. Valerensäure kommt nur in einem geringen Ausmaß von ungefähr 2% in der Pflanze vor und wirkt auf die GABA1 (γ-Aminobuttersäure), was sich wiederum krampflösend und muskelrelaxierend auf unseren Körper auswirkt. Valepotriate wirken bei Erregung sedierend und bei Ermüdung aktivierend. Durch die Valeriansäure erhält diese Pflanze auch ihren eigenartigen Geruch. Der Speik wird hauptsächlich in der Aromatherapie eingesetzt und entfaltet seine Wirkung zu einem sehr großen Teil über unser Riechorgan. Somit wirken die Bestandteile des Speiks speziell über unser Riechhirn, das aus den phytogenitschen2 alten Hirnteilen besteht.

(Krämer, 1987, S. 27-29) Aus

unse-

rem Riechhirn führen wiederum Axone3 in weitere Teile des Hirns. Ein Teil der Fasern führt zum Hypothalamus, zum Formatio reticularis4 und ein weiterer zum limbischen System. Speziell im Limbischen System werden Geruchserlebnisse allektiv getönt.

(Betz et. All., 2001, S. 682)

Dieses System fasst gewisse Hirn-

strukturen zusammen, die untereinander verbunden sind und mit der Steuerung von Emotionen und Motivation zu tun haben. (Köhler, 2001, S.57) Herr Dr. Hofmeiser erklärt mir weiter, dass das limbische System wiederum direkte Anschlüsse an andere Hirnsysteme besitzt, wie das Hormonsystem und vegetative/automatische Nervensystem. Das heißt wenn der Geruch des Speiks aufgenommen wird geht er über das limbische System sofort ins vegetative Nervensystem über und verändert den Herzschlag. Wenn es zu weiteren regelmäßigen Anwendungen kommt wirkt es sich auch weiter auf das Hormonsystem aus. Diese Veränderungen sind jedoch schwer messbar. Im Gegensatz dazu kann man die Veränderungen im vegetativen Nervensystem über einen Herzfrequenzvariabilitätstest klar darstellen.

1

Neurotransmitter im Zentralnervensystem Durch mehrere Gene bestimmt. 3 Nervenzellfortsatz 4 Besteht aus schwer abgrenzbaren Nervenzellen verschiedener Form und Größe das vom Zwischenhirn bis zum Hirnstamm reicht. 2

11


Er beschreibt mir seine Wirkung als harmonisierend. „Wenn i oben bin holts mi runter und wenn i unten bin holts mi wieder aufe“. Des Weiteren wirkt der Speik auch als Rhythmusgeber.5 (Hofmeister, 2014)

Monopol der Nockberge

Der Speik ist eine Pflanze, die nicht nur in den Regionen der Nockberge vorkommt. Die Region beansprucht jedoch mit Hilfe der Stuttgarter Firma „Feinseifenwerk WALTER RAU“ die alleinige Vermarktung dieser Pflanze für sich. Nicht nur durch verschiedenste Produkte der Firma gewinnt die Region mehr und mehr an Bekanntheit, sondern auch durch verschiedene eigene Angebote.

Vermarktung in der Region

Die Speikakademie, die nun schon seit 2001 existiert, bietet eine weltweit einzigartige Ausbildung, welche Wissen über die Pflanze, ihrer Herkunft und Anwendungsmöglichkeiten vermittelt. Es werden drei verschiedene Kurse für „Basis“, „Spezialisten“ und „Experten“ angeboten, welche auf die unterschiedlichen Zielgruppen zugeschnitten wurden. (Presseinformation 2011) Zusätzlich wurde ein Speik-Trail in der Innerkrems, ein Speik–Duftgarten in der Reichenau und ein eigener Platz mit einer Speik-Skulptur in Bad Kleinkirchheim eingerichtet. Auf den verschiedenen Speikhütten gibt es auch noch Angebote die mit dem Speik zu tun haben. (Biosphärenpark Nockberge 2014) Einen relativ großen Bekanntheitsgrad erlangte die Nockberg-Region auch durch die Produktion von Speikseifen, Speiköl und verschiedenen anderen Speikkosmetik Produkten durch die Firma Walter Rau GmbH u. Co.

Das Feinseifenwerk Walter Rau gibt es schon seit mehr als 85 Jahren und wurde im Jahr 1928 gegründet. Der Anteil an ätherischen Ölen des Speiks wird heute wieder ausschließlich von den zwei Speikbauern in der Region

5

In Bezug auf: Tag und Nachtrhythmus und das Nervenrhythmus

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Nockberge bezogen. Es dürfen wie im oberen Kapitel, der Ernte, schon erwähnt wurde, 25 kg pro Familie geerntet werden, die nach dem Trocknen direkt weiter an die Firma verkauft werden.

(Feinseifenwerk Walter Rau)

Dass dies wie es

im Internetauftritt der Firma geschrieben wird, ein wichtiges Zusatzeinkommen für die Familien darstellt, wird in meinen Interviews nicht bestätigt. Auch wurde versucht die Pflanzen zu kultivieren was aber eher erfolglos war und somit kehrte man wieder zur Verwendung der wilden Pflanze zurück. (Interview Speikbauer)

Zusammenfassung Der Echte Speik ist ein Baldriangewächs und seine Blütezeit ist von Juni bis August. Seine bevorzugte Heimat sind kalkfreie und ausgelaugte Böden in einer Seehöhe von 1800-2800 m. Die Verbreitung dieser Pflanze beschränkt sich nicht nur auf die Regionen der Nockberge und Koralpe. Er wächst in teilen der nördlichen Kalkalpen, fast den ganzen niederen Tauern bis in den Süden der Hohen Tauern und auf einigen Bergen der Eisenerzeralpen kann man ihn finden. Auch seine geschichtliche Reise brachte ihn an weit entfernte Plätze. Der Erste Handel geht vor Christi Geburt zurück, in die Zeit des Königreiches Norikum. Im 15. Jahrhundert wurde zur Regulierung des Handels mit der Pflanze, eine der damals wenigen Monopolregelungen der Stadt Judenburg übertragen. Die bis 1787 galt. 1915 wurde der Speik unter Naturschutzgestellt und das Sammeln war nur mehr mit Erlaubnisscheinen möglich. Durch weitere gesetzliche Änderungen im letzten Jahrhundert ist es heute nur mehr zwei Familien gestattet insgesamt 50 kg getrockneten Speik jährlich zu ernten. Dies wird von der Biosphärenparkverwaltung in den Nockbergen kontrolliert. In der Medizin gewinnt der Speik auch immer mehr an Bedeutung. Er wirkt über unser Riechhirn auf das limbische System. Bei Erregung sedieren und bei Ermüdung aktivierend sprich auf das Vegetative Nervensystem und das Hormonsystem. Durch seine einzigartige Wirkung und seinen alten geschichtlichen Hintergrund ist er eine sehr wichtige Pflanze für die Nockberge Region. Die in den letzten Jahren viele neue Angebote geschaffen hat, welche speziell in Verbindung mit der Pflanze stehen. Somit ist der Speik eine Pflanze die 13


nicht nur durch ihre Wirkung sondern auch durch ihre Bekanntheit sehr wichtig für den Biosphärenpart Nockberge-Lungau ist.

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Interview Partner Folgende Personen wurden zum Speik interviewt: Persönliche Interviews: Huber M. Speik Bauer, am 27.12.2013 Saureggen Dr. Hofmeister W. medizinisches Wissen Speik, am 27.01.2014 Patergassen Telefongespräche: Leibbrand G. Marketing u. Produktmanagement Walter Rau, am 11.12.2013 Fluch I. Museumsverein Judenburg, am 30.12.2013

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Abbildungsverzeichnis 1.) Valeriana celtica http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/8/86/Valeriana_celtica.jpg?uselang=n ds (Zugriff: 11.02.2014)

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Alpen-Adria Universität Klagenfurt

Fakultät für Wirtschaftswissenschaften Institut für Geographie und Regionalforschung

320.403 Protected Areas im Wintersemester 2013/ 2014

-SeminararbeitAconitum napellus – der Blauer Eisenhut Gift und Gabe

Leitung: Prof. Dr. Heike Egner Mag. Dr. Michael Jungmeier

Verfasser: Magdalena Sperl 1060491; magdalena.sperl@web.de

Abgabe: 13.2.2014


Abstract Eine der giftigsten Pflanzen Europas – der prachtvolle, blütenreiche und hochwachsende Blaue Eisenhut – ist auch in den Nockbergen zu finden. Angeblich entstanden aus dem Geifer des Höllenhundes ist die Pflanze seit alters her bekannt. In jüngster Zeit lebt sie in alternativer Medizin, der Homöopathie, wieder auf. Unter Aconitum, der lateinischen und wissenschaftlichen Bezeichnung, ist sie als Heilmittel, vor allem in Form von Globuli, bekannt. Doch welche kulturelle und historische Bedeutung hat der Blaue Eisenhut? Welche Mythen und Legenden ringen sich um ihn? Und wie steht es um diese Pflanze im Gebiet der Nockberge – hat er eine spezielle Geltung oder ist er von besonderer Wichtigkeit?

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Inhaltsverzeichnis Abstract ......................................................................................................................................... 2 1. Einleitung................................................................................................................................... 4 2. Der Blaue Eisenhut .................................................................................................................... 4 2.1 Verbreitung ......................................................................................................................... 5 2.2 Bezeichnungen .................................................................................................................... 6 3. Gift und Gabe ............................................................................................................................ 7 3.1 Der Blaue Eisenhut und seine giftige Wirkung ................................................................... 7 3.1.1. Vergiftungserscheinungen ........................................................................................... 8 3.1.2 Verwendung als Pfeilgift, Mordgift und Termingift .................................................... 9 3.2 Der Blaue Eisenhut und seine heilende Wirkung .............................................................. 10 3.2.1 Heilmittel in der Volksmedizin .................................................................................. 11 3.2.2 Der Blaue Eisenhut in der Homöopathie .................................................................... 12 4. Der Eisenhut und seine Psychoaktivität .................................................................................. 12 4.1 Hexenkraut ........................................................................................................................ 13 4.2 Wolfswurzessen ................................................................................................................ 13 4.3 Anwendung bei Pferden .................................................................................................... 15 5. Resümee .................................................................................................................................. 15 6. Literaturverzeichnis ................................................................................................................. 16 7. Abbildungsverzeichnis ............................................................................................................. 19

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1. Einleitung Der Fokus dieser Arbeit liegt auf dem Blauen Eisenhut und seiner Verwendung als Heil- und Giftpflanze im kulturellen und historischen Kontext. Der Blaue Eisenhut, laut wissenschaftlicher Bezeichnung Aconitum napellus, gehört zur großen Gattung Eisenhut und umschließt viele Klein- und Unterarten, sowie Hybride. Diese sind selbst für Experten nicht eindeutig zu bestimmten und zu kategorisieren. Deshalb wird auf diese und ihre Unterscheidungen im Folgenden nicht genauer eingegangen. Im Zentrum steht die Art Aconitum napellus an sich, d.h. die Art des Eisenhuts, die im Wesentlichen bläuliche Blüten aufweist und u.a. in den Nockbergen zu finden ist. Diese wird oft auch als Echter Eisenhut bezeichnet. Nach allgemeinen Informationen, wie Verbreitung, Aussehen und Artenzugehörigkeit, wird auf zahlreiche alternative und volkstümliche Bezeichnungen eingegangen. Anschließend wird die Gift- und Heilwirkung der Pflanze thematisiert. Der Blaue Eisenhut mit seinem aphrodisischen und psychoaktiven Beigeschmack als Droge wird abschließend behandelt. Mythen, sowie Verweise und Anmerkungen zum Blauen Eisenhut speziell in den Nockbergen ziehen sich als informative Ausschmückungen durch die Arbeit und bezeugen die aufregende Vergangenheit des Eisenhuts.

2. Der Blaue Eisenhut Der Blaue Eisenhut gehört zur Familie der Ranunculaceae, der Hahnenfußgewächse. Zur Gattung Eisenhuts zählen verschiedene Arten. Die Art Aconitum napellus ist eine große Artengruppe. Sie ist reich an Unter- und Kleinarten, welche wiederum miteinander eine Vielzahl von Hybriden bilden, sodass eine eindeutige Bestimmung der Unter- bzw. Kleinarten schwierig ist. Unter Aconitum Nappelus fallen laut Fischer, Adler und Oswald (2008) im Wesentlichen auch die Unterarten Aconitum lubelii und Aconitum formosum mit Hybriden. Aconitum Nappelus subspecies tauricum, von vielen ebenfalls zu den Unterarten von Aconitum Nappelus gezählt, wird von ihnen als eigene Art angeführt (vgl. Fischer et al. 2008: S. 272, 273). Doch diese Einteilung ist nicht universal gültig, so A. Gruber. Verschiedene Botaniker nehmen unterschiedliche Klassifikationen vor (vgl. A. Gruber 2013; Lauber & Wagner 2009: S. 108). Das Aussehen der jeweiligen Kleinarten, inklusive Hybriden, untereinander ist sehr ähnlich. Laut Schlatti vom Kärntner Botanikzentrum besteht eine Verwechslungsgefahr daher 4


eher innerhalb der Art. Mit anderen Pflanzen wird der Blaue Eisenhut in der Regel nicht verwechselt (vgl. Schlatti 2013). Die Pflanze kann über einen Meter groß werden. Ihre Wurzel ist rübenartig. Der Stengel, von dem fünf- bis siebenspaltige Blätter abgehen, ist aufrecht. Eine Vielzahl von Blüten ziert ihn. Sie sind, wie der geläufigste deutsche Name Blauer Eisenhut schon verrät, blau und helmförmig (vgl. Roth et al. 1994: S. 88). Schlatti gibt genauer an, dass jede Blüte aus fünf Kronblätter besteht. Die oberste von ihnen ist nach oben gewölbt und umschließt zwei Nektarblätter. Die restlichen bilden eine Art Unterlippe. Laut Schlatti wird der Abbildung 1: Der Blaue Eisenhut

Blaue Eisenhut von Biologen als Kraftblume bezeichnet, da der Nektar nur schwer und mit

Mühe erreicht werden kann. Nur starke Hummeln scheinen in der Lage zu sein das Kronblatt wegzudrücken. Dadurch ist es wahrscheinlicher, dass der Pollen des Eisenhuts wieder auf einen anderen Eisenhut gelangt (vgl. Schlatti 2013).

2.1 Verbreitung Der Blaue Eisenhut wächst generell in höheren Lagen, vor allem in feuchten Gebieten entlang von Bächen oder Hochstaudenfluren (vgl. Roth et al. 1994: S. 88). In der Nähe von Almen, auf gedüngten Böden kann er oft gesichtet werden. Er tritt nicht einzeln auf, sondern stets in Begleitung mehrerer (vgl. Marzell 1938: S. 87). In Kärnten ist sein Vorkommen,

wie

aus

der

Abbildung zu entnehmen, im Wesentlichen auf Oberkärnten beschränkt (vgl. Hartl et al. Abbildung 2: Verbreitung des Blauen Eisenhuts in den Nockbergen

5

1992:

S.

67).

Biermann

schreibt in seinem Artikel


(1988), dass die Pflanze vor allem zahlreich auf der Flattnitz wächst. Der Blaue Eisenhut ist auffallend schön und deshalb auch oft in Gärten als Zierpflanze zu finden (vgl. Biermann 1988:S. 5,6). Er blüht von Juni bis August. (vgl. Roth et al. 1994: S. 88).

2.2 Bezeichnungen Die lateinische und wissenschaftliche Bezeichnung des Blauen oder auch Echten Eisenhuts lautet Aconitum napellus (vgl. Roth et al. 1994: S. 88). Unter diesem Namen, genauer gesagt unter Akonit kannten ihn bereits alle alten Kulturen (vgl. Beckmann & Beckmann 1990: S. 116). Theophrastus (1493–1541), auch als Paracelcus bekannt, besagt, dass er diese Bezeichnung seiner Herkunft wegen hat. Er wachse in der Nähe der Stadt Akonae in Bithynien. (vgl. Paracelsus in Wiegele 2003: S. 149). Es ist jedoch darauf zu achten, dass auch die Einbeere früher unter der Bezeichnung Aconitum bekannt war. Die Pflanzen stehen nicht in Verwandtschaft zueinander. Vielmehr ist es die giftige Wirkung beider Pflanzen, die zu diesem „Sammelbegriff für mehrere Giftpflanzen“ (Müller-Ebeling et al. 1998: S. 112) führte (vgl. Müller-Ebeling et al. 1998: S. 112, 113). Die Pflanze hat eine Vielzahl weiterer Bezeichnungen. Die bekannteste und geläufigste deutsche Alternative zu Blauer Eisenhut ist wohl Sturmhut. Aber auch Blauer Wolfswurz, Ziegentod und Würgling sind bekannt. Weitere Namen sind: Fuchswurz, Rachenblume,

Mönchskappe,

Narrenkappe

oder

auch

Venuswagen,

Himmelmutterschlapfen und Isenhütlein (vgl. Müller-Ebeling et al. 1998: S. 180; Rebmann 2007; Marzell 1937: S. 98-108) Viele volkstümliche Bezeichnungen lassen sich auf das Aussehen, die Wirkung, Funktion oder Verwendung des Blauen Eisenhuts zurückführen. Die Namen Sturmhut und Eisenhut, sowie Mönchshut und Narrenkappe leiten sich vom Aussehen der Blüte ab. „Das blaublühende Hahnenfußgewächs wird nach der Form seiner Blüten als Eisenhut (älteres Wort für ‚Helm‘) bezeichnet.“ (Kluge & Seebold 2011: S. 237) Die Blüten ähneln im Wesentlichen einem Ritterhelm - daher die wohl bekanntesten Bezeichnungen Eisenhut und Sturmhut (vgl. Müller-Ebeling et al. 1998: S. 193). Aber auch Ähnlichkeiten mit der Kapuze von Mönchen oder Kappen von Narren sind ersichtlich, was der Pflanze zudem den Namen Mönchshut und Narrenkappe einbrachte (vgl. Loniceri 1703: S. 335).

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Wolfswurz, Wolfsgift oder auch Fuchwurz geht auf die Verwendung des Eisenhuts und dessen Wurzel als Gift gegen wilde Tiere, meist Wölfe, zurück. Unter der Bezeichnung Wolfswurz ist nicht nur der Eisenhut bekannt. Laut Marzell (1937) fallen noch weitere Pflanzen unter diesen Begriff. In Kärnten wurde jedoch einst der Eisenhut so bezeichnet. Nicht mehr genau nachvollziehbar ist jedoch auf welche Art des Eisenhuts sich dieser Name bezieht – auf den Blauen, also Acontium napellus oder eine weitere Art, die als der Gelbe Eisenhut bekannt ist. Vielleicht war es auch ein Begriff für beide Arten (vgl. Biermann 1988: S. 5; Marzell 1937:S. 106,107; Marzell 1938: S. 87). Ziegentod oder Würgling und Rachenblume wird die Pflanze, Vermutungen zufolge, wegen ihres starken Gifts genannt. Der Blaue Eisenhut wird seit langer Zeit weiblichen Gottheiten zugeschrieben, „die Assoziation der Heil- und Giftpflanze Eisenhut mit Göttinnen, die unterschiedlichen Kulturkreisen angehören, [hat] eine lange kulturelle Tradition.“ (Müller-Ebeling et al. 1998: S. 180) Die Namen Isenhütlin, Venuswagen und Himmelmutterschlapfen resultieren und verweisen darauf. Isis ist die ägyptische Liebesgöttin und dient mit ihrem Horusknaben als Vorbild für die Abbildung der Gottesmutter Maria mit ihrem Jesuskind. Durch die Christianisierung Südgermaniens wurden viele ehemalige Göttinnen zu Hexen abgewertet, so auch Isis. Venus ist die römische Variante der Isis. Die Pflanze gilt als typisches Hexenkraut und ist der Hexengöttin Hekate geweiht (vgl. Müller-Ebeling et al. 1998: S. 113, 180).

3. Gift und Gabe Der Blaue Eisenhut ist schon seit der Antike als Gift- und Heilpflanze bekannt (vgl. Müller-Ebeling et al 1998: S. 112, 113). Ob diese oder jene Wirkung erzielt wird, wird allein durch die Menge bestimmt. Wie so oft ist die Dosis entscheidend (vgl. Paracelsus in Szönyi 2010: S. 110). Um es mit den Worten von Paracelsus auszudrücken: "Alle Ding' sind Gift und nichts ohn' Gift; allein die Dosis macht, das ein Ding' kein Gift ist." (Paracelsus in Szönyi 2010: S. 110)

3.1 Der Blaue Eisenhut und seine giftige Wirkung Alle Teile – Wurzel, Stengel, Blätter, Blüten und Samen – des Eisenhuts sind äußerst giftig. Die Pflanze enthält, neben anderen toxischen Substanzen und Alkaloiden, 7


Akonitin. Akonitin ist ein sehr starkes Pflanzengift. Demzufolge ist der Eisenhut als äußerst giftig eingestuft und gilt sogar „als die ‚giftigste Pflanze Europas‘.“ (MüllerEbeling et al. 1998: S. 112, 113) Bereits geringe Mengen von ca. 0,3g sind toxisch und können lebensbedrohlich sein. Er ist nicht nur oral eingenommen giftig. Das Gift kann bereits durch die unverletzte Haut aufgenommen werden (vgl. Roth et al. 1994: S. 88, 89).

3.1.1. Vergiftungserscheinungen Kontakt mit dem Blauen Eisenhut kann zu kribbelndem Gefühl der betroffenen Körperstellen mit anschließenden Lähmungserscheinungen und Taubheitsgefühl führen. Diese Anzeichen einer Vergiftung treten bereits nach ein paar Minuten auf. Weitere Hinweise einer Aconitinvergiftung sind: Schweißausbrüche, Kälteempfindungen, Übelkeit, Krämpfe, Atemlähmungen und Herzrhythmusstörungen (vgl. Roth et al. 1994: S. 88, 89). Ein Gegengift gibt es aus medizinischer Sicht nicht (vgl. Wiegele 2003: S. 149). Die beste Abhilfe bietet sofortiges Erbrechen oder Magenspülungen (vgl. Hunnius 1950: S. 454).

Schlatti

empfiehlt

dringend

einen

Notarzt

zu

alarmieren,

denn

Eisenhutvergiftungen können innerhalb weniger Stunden zum Tod führen (vgl. Schlatti 2013). Verursacht wird dieser durch Herzstillstand und Lähmung der Atmung. Das Bewusstsein bleibt dabei erhalten (vgl. Hagspiel & Keller 1998: S. 32). Das Gift des Blauen Eisenhuts wird relativ schnell abgebaut (vgl. Wiegele 2003: S. 149). Wichtig ist jedoch dass die Atmung aufrecht erhalten bleibt und es nicht zum völligen Herzversagen kommt (vgl. Hagspiel & Keller 1998: S. 32). Herr Gruber aus den Nockbergen berichtet davon, dass in seiner Familie das Almvieh erst nach dem 28. Juli, dem Tag des Jakobi, auf die Almen getrieben wurde, da es beim Auftrieb eine von Eisenhut übersäte Wiese überqueren musste. In seiner Familie ist überliefert, dass bei einem Almauftrieb vor jenem Tag die Tiere aufgrund des blühenden Eisenhuts, der bereits durch Berühren Vergiftungserscheinungen auslöst, erkrankten und als Folge daran teils verendeten (vgl. Redebeitrag von F. Gruber 2014). In einem Mythos wird aber folgendes berichtet: „Die beste und gewisseste Hülff wider Napellum, sey ein Feldmaus / welche die Wurzel des Napelli in der Erden abgenaget und isset: Ein solche Maus hat 8


Matthiolus auf dem hohen Gebürg des Thals ananiae, nicht fern von Trient gelegen / gefangen / und meldet / es gehöre viel Mühe / Fleiß und Wachen darzu / daß man sie finde und fage.“ (Tabernaemontanus 1732) Weiter berichtet Tabernaemontanus, dass ein anderer Fürst so ein Geschöpf nicht aufspüren konnte. Er stellte daher mit Fliegen, die auf der Blüte des Eisenhuts saßen und davon aßen, eine Mixtur gegen das Gift her (vgl. Tabernaemontanus 1732). Bei Beckmann & Beckmann (1990) heißt es, dass Stinkasant, sogenannter Teufelsdreck, als Gegenmittel hilfreich ist (vgl. Beckmann & Beckmann 1990: S. 117).

3.1.2 Verwendung als Pfeilgift, Mordgift und Termingift Aconitum napellus wurde früher häufig von Jägern als Pfeilgift verwendet. Es wird vor allem davon berichtet, dass Wölfe durch mit Blauem Eisenhut versehene Pfeilspitzen getötet wurden. Auch Panther, die in den Gegenden des Schwarzen Meeres einst eine Plage dargestellt haben, sollen durch Eisenhut minimiert worden sein. Um sie zu töten wurden ihnen, sowie auch Wölfen, vergiftete Fleischstücke als Köder vorgeworfen (vgl. Beckmann & Beckmann 1990: S. 116, 117). Auch Senner sollen sich des Eisenhuts bedient haben oder diesen sogar in der Nähe ihrer Sennhütten gepflanzt haben, um sich und ihre Tiere vor Wölfen zu schützen. Dies erklärt die zahlreichen Vorkommen des Eisenhuts in Umgebung von Hütten. Zudem mag die Pflanze Boden, der gedüngt ist (vgl. Marzell 1938: S. 87). Eine große Rolle spielte der Blaue Eisenhut auch in den Giftmischereien der Römer. Calpurnius Bestia, ein römischer Konsul, wurde beispielsweise beschuldigt mehrere Frauen im Schlaf getötet zu haben. Dies gelang ihm, indem er die Genitalien der Frauen mit einem seiner Finger, der in einen Giftextrakt des Eisenhuts getränkt war, berührte (vgl. Aigremont 1997: S. 79). Der Eisenhut oder auch Sturmhut war im alten Rom durch Beschluss des Senats verboten (vgl. Müller-Ebeling et al. 1998: S. 99). Eine andere Quelle, die sich eher mit dem Eisenhut als sogenanntes Hexenkraut beschäftigt, behauptet gegenteiliges. Nicht Frauen wurden durch das Gift des Eisenhuts getötet, sondern Frauen bedienten sich diesem. Sie steckten es in ihre Genitalien, um die Männer dadurch beim sexuellen Akt zu töten (vgl. Beckmann & Beckmann 1990: S. 117).

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Als wirksames Termingift fand der Blaue Eisenhut ebenfalls Verwendung. Unter diesem Terminus ist zu verstehen, dass der Todeszeitpunkt durch Verabreichung einer bestimmten Giftdosis über einen kurzen oder auch längeren Zeitraum hinweg relativ genau beeinflusst und gelenkt werden kann. Die Todesursache – das Gift – konnte früher nicht nachgewiesen werden. Der oder die Betroffene schien unter einer natürlichen Krankheit mit Todesfolge zu leiden. Die Dosis sollte, je nach geplantem Todeszeitpunkt, angemessen sein. Dazu muss der Blaue Eisenhut über mehrere Wochen, Monate oder Jahre verabreicht werden. Seine Verabreichung und das darauf folgende Herbeiführen des Todes war keine Seltenheit. Seit der Antike wurde sich seiner giftigen Wirkung vor allem bedient um eher an das Erbe zu gelangen. Daher auch der Name „Altsitzerkraut“ - die Alten, die sich noch einen Teil des Erbes bis zu ihrem Tod selbst behielten, wurden verfrüht in den Tod geschickt (vgl. Beckmann & Beckmann 1990: S. 113, 114, 117). Herr Mayer berichtete von einer mündlichen Überlieferung, die besagt, dass im Gebiet der Nockberge einem Mann zwischen Matratzen Eisenhutpflanzen gelegt worden waren. Er erkrankte daraufhin (vgl. Redebeitrag von Mayer 2014). Als Mordgift wurde der Echte Eisenhut, laut dem Sprachwissenschaftler und Namensforscher Pohl, in Kärnten aber grundsätzlich weniger verwendet (vgl. Pohl 2014).

3.2 Der Blaue Eisenhut und seine heilende Wirkung Die Menge ist entscheidend - so kann die giftige Pflanze auch als Heilmittel verwendet werden. Aus der Antike ist über den heilbringenden Gebrauch des Blauen Eisenhuts nur sehr wenig überliefert (vgl. Müller-Ebeling et al. 1998: S. 112, 113). Loniceri, ein frankfurter Arzt (1703) beschreibt einige Wirkungsbereiche der Pflanze. Er nimmt jedoch eine Unterscheidung des Eisenhüttleins vor. Nach ihm gibt es männliche und weibliche Pflanzen des Blauen Eisenhuts, die sich im Wesentlichen nur in ihrer Wuchshöhe unterscheiden. Die weibliche Pflanze ist etwas kleiner. Sie wirkt als Gegengift gegen den männlichen Eisenhut und andere Aconitum Arten, die innerlich angewendet sehr giftig sind. Außerdem wirkt sie schleimlösend, scheidet „wässrige Feuchtigkeiten auß [und] Tötet und vertreibt die Würmer aus dem Bauch.“ (Loniceri 1703: S. 337) Der männliche Eisenhut kann, gemäß dem frankfurter Arzt, äußerlich angewendet positiv gegen Gebrechen verwendet werden (vgl. Loniceri 1703: S. 336, 337). 10


3.2.1 Heilmittel in der Volksmedizin In der Volksmedizin scheint die heilsame Verwendung des Echten Eisenhuts, laut Quellen, nicht sehr bekannt gewesen zu sein und sich auf einige wenige Bereiche beschränkt zu haben. Der Blaue Eisenhut war aber vor allem in Oberkärnten als Heilmittel bekannt, denn der Oberkärntner Eugen Bellschan-Mildenburg wies in den Zeiten zwischen den beiden Weltkriegen oft auf die Giftigkeit des Gewächses hin und warnte das Volk vor einer Verwendung dessen als Heilmittel. In der Gemeinde Kleblach wurde der Blaue Eisenhut beispielsweise zur inneren Anwendung genutzt. Ein wenig von der Wurzel wurde in Alkohol angesetzt. Bei hohem Fieber wurde auch den Kindern ein paar Tropfen davon ins Wasser getropft um dies zu lindern (vgl. Biermann 1988: S. 5, 6; Bellschan-Mildenburg 1941: S.18). Bei äußerlicher Anwendung galt und gilt der Echte Eisenhut auch heutzutage noch als Hautreizmittel und wurde zu Pestzeiten als Pestmittel verwendet. Auf aufgeschnittene Pestbeulen wurde Eisenhut gegeben. (vgl. Beckmann & Beckmann 1990: S. 117). Auch speziell in den Nockbergen scheint ein Ansetzen der Sturmhutwurzel in Alkohol zum Einreiben in einigen Haushalten verbreitet gewesen zu sein, so Rossberg. Laut ihm gibt es aber auch in der heutigen Zeit noch einige wenige, die mit solch einem Gemisch Schmerzen oder Leiden lindern. Über die genaue Zusammensetzung und das Verhältnis von Alkohol und Wurzelstücken wissen nur noch sehr wenige. Es kann bei falscher Anwendung zu Vergiftungserscheinungen kommen (vgl. Redebeitrag von Rossberg 2014). Weitere äußere Verwendung findet der Echte Eisenhut in Form von Ölen und Salben oder in Umschlägen (vgl. Hunnius 1950: S. 12). Aus Heiligenblut in Kärnten ist beispielsweise ein Öl verfeinert mit frischen Wurzeln des Blauen Eisenhuts bekannt. Dieses

sogenannte

Wolfswurzelöl

wird

„als

blasenziehendes

Mittel

nach

Knochenbrüchen, verdünnt auch als Wundheilmittel“ (vgl. Bellschan-Mildenburg 1938: 11) gebraucht. Weiters soll die giftigste Pflanze Europas gegen Aussatz helfen und in Salben den Körper schön machen (vgl. Birkhan 2012: S. 118).

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3.2.2 Der Blaue Eisenhut in der Homöopathie Laut dem Apotheker Michl (2014) beschränkt sich die Verwendung auf die Homöopathie, d.h. in der gängigen Schulmedizin hat die Pflanze bislang keinen Einzug gefunden. In sehr stark verdünnter Form kann die gesamte Pflanze dazu verwendet werden, wirksame homöopathische Mittel herzustellen. Aconitum liegt in Form von Globuli, Tablette, Dilutionen, Salben und Ampullen in verschiedenen Potenzen vor. Die Verdünnungen reichen von D-, über C- und LM- Reihen. D-Potenzen sind dabei die am wenigsten verdünnten Potenzen. In einzelnen Schritten wird die Substanz immer wieder um das zehnfache verdünnt. Eine D6 Potenz weist somit beispielsweise eine Verdünnung von 1: 1.000.000 auf. C Potenzen sind hundertfach und LM 50.000-fach verdünnt. Es gilt: je stärker die Verdünnung, desto wirksamer das Mittel. Wegen der starken Giftigkeit wird geraten keine Selbstversuche durchzuführen, sondern sich Fertigprodukten aus der Apotheke zu bedienen. Bekannte Hersteller von Homöopathie, die sich auch des Blauen Eisenhuts bedienen und Aconitum Präparate herstellen, sind Pflüger, Weleda und die Deutsche Homöopathieunion, kurz DHU (vgl. Michl 2014; DHU 2013; Marbach Verlag). Aconitum hilft gegen alle Krankheiten und Beschwerden, die unerwartet und plötzlich auftreten. Am häufigsten wird davon berichtet, dass es gegen Erkältungen und Grippe hilfreich ist und das Fieber senkt. Außerdem kann es bei Angstzuständen, Unruhen, Schocks oder Panikattaken, sowie bei Schnupfen, Husten, Halsentzündungen, Zahnschmerzen, Augen- und Ohrenentzündungen und Kopfschmerzen genommen werden. Auch gegen Schlafstörungen und Taubheitsgefühle hilft es. Ein weiterer Anwendungsbereich des Blauen Eisenhuts bieten Leiden wie Gicht, Rheuma, Ischias und Neuralgien (vgl. Hertwig: S. 133, 134, 239; Hunnius 1950 S. 12; Marbach Verlag;).

4. Der Eisenhut und seine Psychoaktivität Die Wirkung des Blauen Eisenhuts beschränkt sich aber nicht nur auf todbringend oder heilend. Zwischen Gift und Heil lässt sich eine weitere Kategorie einordnen – allgemein gefasst die der Drogen. Aconitum napellus wird zu den wichtigsten psychoaktiven Pflanzen Europas gezählt. Sie gilt sowohl als Aphrodisiakum, als auch als

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Aufputschmittel. Bereits im alten Rom wurde sie verboten (vgl. Meier-Ebeling et al 1990: S. 99, 159, 216; Schmidbauer & Scheidt 2003: S. 173).

4.1 Hexenkraut Aconitum napellus zählt zu den Pflanzen im Garten der Hekate. Hekate gilt als Hexengöttin. Die römische Gottheit verinnerlicht in sich drei Göttinnen - Proserpina, die Frau des Pluto, Diana und Lucia. In den drei Welten – Hölle als Proserpina, Erde als Diana und Himmel als Lucia– ist sie somit nicht nur bekannt. Sie verbindet diese sozusagen (vgl. Müller-Ebeling et al. 1990: S. 96, 97, 114, 157). Durch die Christianisierung sind, wie bereits erwähnt, viele Göttinnen, sowie auch Hekate und Isis zu Hexen symbolisiert worden (vgl. Müller-Ebeling et al. 1998: S. 180). Auch weise Frauen und Männer, die von der vielseitigen Wirkung des Blauen Eisenhuts wussten und sich dessen unter anderem wegen seiner psychoaktiven und aphrodisischen Wirkung bemächtigten, wurden im Zuge der Christianisierung als Hexen und Hexer verschrien und geächtet. Sie benutzten die Pflanze in ihren Hexensalben, auch Flugsalben genannt. Unter diesem Terminus sind Salben mit narkotischer, betäubender, sinneserweiternder und halluzinogener Wirkung zu verstehen (vgl. Müller-Ebeling et al. 1998: S. 96-99). Sie „stellten […] ein Berauschungs- und Genußmittel des armen Volkes dar, dem kostspieligere Genüsse versagt waren.“ (Schmidbauer & Scheidt 2003: S. 173) Die Verwendung von Flugsalben führt zu gefühlsmäßigen Schwebe-, bzw. Flugzuständen. Zu den Bestandteilen dieser Salben zählen noch zahlreiche weitere Pflanzen und Substanzen (vgl. Schmidbauer und Scheidt 2003: S. 173-175). Dieses Wissen um einige Substanzen und ihre Wirkung war und ist heute noch zum Teil „verbotene, geächtete, staatlich und/oder kirchlich unterdrückte, sanktionierte […] Medizin. Denn sie […] bringt Lust und Erkenntnis, Rausch und mystische Einsicht.“ (Müller-Ebeling et al. 1998: S. 96) (vgl. Müller-Ebeling et al. 1998: S. 96).

4.2 Wolfswurzessen In Kärnten, vor allem in Oberkärnten, fand der Blaue Eisenhut weniger als Pflanze oder Kraut der sogenannten Hexen und ihren Flugsalben Verwendung. Vielmehr wurde er scheinbar verspeist. Bei Biermann (1988) wird davon berichtet, dass die Wurzel der Pflanze bis ca. in die 80er Jahre, von einigen wenigen gegessen wurde. Das sogenannte 13


Wolfswurzessen war und ist aber wenig bekannt und begrenzt sich auf einen sehr geringen Teil aktiver Anwender. Meist wurde die Wolfswurz von Bergleuten, Rossknechten und Fuhrmännern genommen, denn sie verleiht Energie und Kraft. Zudem wirkt sie belebend, sowie stimulierend. Die Anwender konnten scheinbar besser und länger körperliche Arbeit verrichten. Geruch von Knoblauch hatte negative Auswirkungen. „Kein Wolfswurzesser sollte es in seiner Nähe ausgehalten haben.“ (Biermann 1988: S. 5) Bei Biermann (1988) steht zudem ergänzend geschrieben, dass „Die meisten der Wolfswurzesserei Verdächtigen […] als Außenseiter galten [,,,].“ (Biermann 1988: S. 5). Es ist auszuschließen, dass es heutzutage noch Konsumenten dieser Wurzel in Kärnten gibt. Mittlerweile sind fast alle früheren Wolfswurzesser nicht mehr am Leben und bei Biermann (1988) heißt es „die Tradierung ist abgebrochen.“ (Biermann 1988: S. 6) (vgl. Biermann 1988: S. 5,6). Über den genauen Ablauf und die Dosis ist von einem ehemaligen Esser der Wolfswurz aus Lölling, wie bei Biermann (1988) berichtet wird, bekannt, dass die relativ frische Wurzel roh, also ohne jegliche Behandlung verzehrt wurde. Am Anfang wurde nur ein sehr kleines Stück, das etwa dem Kopf eines Streichholzes entsprach, gegessen. Die Größe des Stücks wurde dann von Tag zu Tag etwas erhöht. Das kleine Stück der Wurzel wurde zerkaut und dann geschluckt. Der Eisenhut lähmte den Mundraum, rief aber eine aufputschende Wirkung beim Anwender hervor. Nach einigen Wochen der täglichen Einnahme sollte für einige Zeit auf die tägliche Ration verzichtet werden, damit keine Gewöhnung an das Gift stattfand. Im getrockneten Zustand wurde die Wurzel auch zur Jause mit Speck und Brot verzehrt. (vgl. Biermann 1988: S. 5,6). Zu erstehen waren Wolfswurzen auf dem Markt (vgl. Biermann 1988: S. 6). Der bekannte Bauernarzt Michael Pertl, besser bekannt als Graf Michl, lebte von 1844 bis 1904 in Vorderkoflach in der Nähe von Bad Reichenau. 1865 begann er sein sogenanntes Sympathiebuch zu schreiben - „Eine Sammlung aus gedruckten und ungedruckten, sehr alten und wohl abprobierten(!) Mitteln für Mensch und Vieh, nach vielen Jahren und mit großer Mühe zusammengeschrieben und selbst viele Mittel gebraucht und für sehr gut und gewiss befunden.“ (Pertl 1883) (vgl. Biermann & Leute 2004: S. 30, 31). Darin wird die Eisenwurz erwähnt. Es könnte sich dabei eventuell um die Wurzel von Eisenhut handeln. Es wird darauf verwiesen, dass diese gegen Müdigkeit hilft. Angaben über das Wolfswurzessens enthalten die Aufzeichnungen nicht. Der Bauerndoktor gibt aber eine Anweisung darüber, wie die Eisenwurzen zu

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graben seien. Weitere Anwendungen der Eisenwurz oder Verweise ließen sich nicht ausfindig machen (vgl. Pertl 1883: Nr. 88).

4.3 Anwendung bei Pferden Aufgrund seiner aufputschenden Wirkung wurde wohl auch Pferden etwas von der Wurzel des Aconitum napellus verabreicht. Die Wolfswurz wurde entweder ins Futter gemischt oder an den Futtertrögen befestigt. „Pferden wird vor deren Verkauf Wolfswurz eingegeben, damit sie sich recht „schäumig“ (feurig) gebären. Man nagelt Wurzelstücke auf die Futterkrippen, um die Freßlust der Tiere zu vermehren.“ (Naturwissenschaftlicher Verein für Kärnten S. 21)

5. Resümee Der Blaue Eisenhut oder wie auch immer die Pflanze noch genannt werden mag, weist ein unglaublich weites Spektrum auf. Er ist hochgiftig, aber auch heilend und als Droge kann er zudem verwendet werden. Dabei gilt wie so oft: die Dosis macht das Gift. Eine Vielzahl von Verwendungen, beispielsweise als Pfeil- oder Termingift, Mittel gegen Pest oder Nervenleiden oder auch das Wolfswurzessen zeigen die Bedeutung des Echten Eisenhuts als kulturelle und historische Pflanze. In den Nockbergen ist der Blaue Eisenhut verbreitet. Viele schriftliche Quellen über eine besondere Relevanz, sei es als Droge, als Gift oder als Heilmittel in den Nockbergen, gibt es aber nicht. Umso interessanter daher, dass einige mündliche Überlieferungen der Anwendung von Wolfswurz zum Teil auch heute noch mehr oder weniger Aktualität zuschreiben. Der Ansatz in Alkohol zum Einreiben und das Essen der Wurzel, das noch bis vor circa 25 Jahren verbreitet war, um Kraft und Energie zu erhalten, stehen stellvertretend dafür. Das Wissen um die Zubereitung solcher Mittel geht jedoch nach und nach verloren. Erhalten bleibt der Blaue Eisenhut als alternatives Heilmittel in der Homöopathie.

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6. Literaturverzeichnis Aigremont Dr. (1997): Volkserotik und Pflanzenwelt.2. Auflage. Berlin: VWB-Verlag. Beckmann, Dieter & Beckmann Barbara (1990): Alraun, Beifuß und andere Hexenkräuter. Alltagswissen vergangener Zeiten. Frankfurt/ New York: Campus Verlag. Bellschan-Mildenburg (1938): In Kärnten übliche Volksheilmittel aus dem Pflanzenund Tierreich. In: Carinthia II 128./48. Klagenfurt: Naturwissenschaftlicher Verein für Kärnten. Bellschan-Mildenburg (1941): In Kärnten übliche Volksheilmittel aus dem Pflanzenund Tierreich. In: Carinthia II 131./51. Klagenfurt: Naturwissenschaftlicher Verein für Kärnten. Biermann, Günther (1988): Wolfwurz – Heilmittel und Droge. In: Kärntner Landsmannschaft. Heft 1/1988. Biermann, Günther & Gerfried Leute (2004): Pflanzenzauber – Zauberpflanzen. Selbstverlag des Kärntner Freilichtmuseums. Birkhan, Helmut (2012): Pflanzen im Mittelalter. Wien, Köln, Weimar: Böhlau Verlag. Deutsche Homöopathie-Union (2013): Homöopathie. globuli.de/service/impressum/ (Zugriff 2.1.2014).

URL:

http://www.dhu-

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17


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7. Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: Blauer Eisenhut. URL: http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/1/12/Aconitum_napellus_008.JPG?use lang=de (Zugriff 30.12.2013).

Abbildung 2: Verbreitung des Blauen Eisenhuts in Kärnten: Hartl, Helmut & Gerhard Kniely & Gerfried H. Leute & Harald Niklfeld & Michael Perko (1992): Verbreitungsatlas der Farn- und Blütenpflanzen Kärntens. Klagenfurt: Naturwissenschaftlicher Verein für Kärnten.

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Der Rothirsch Kulturgeschichtliche Bedeutung des Rothirsches (Seminararbeit) 13.02.2014 Neuwirther Christoph 0411566

LV: 320.403 Protected Areas LV-Leitung: Univ.Prof. Dr. Heike Egner Mag. Dr. Michael Jungmeier


Inhaltsverzeichnis 1 Ausgangsstellung ................................................................................................................ 3 2

Der Rothirsch (Cervus elaphus) .......................................................................................... 3

3

Die Bedeutung des Hirsches in Mythologie und Religion .................................................. 4 3.1

Griechisch/Rรถmische Kultur ....................................................................................... 4

3.2

Nordisch/Germanische Kultur .................................................................................... 5

3.3

Keltische Kultur .......................................................................................................... 6

3.4

Christentum ................................................................................................................ 7

4

Die Bedeutung des Rothirsches im Nockgebiet ............................................................... 11

5

Quellen ............................................................................................................................. 14


1

Ausgangsstellung

Im Rahmen der Lehrveranstaltung "Protected Areas" im Wintersemester 2013/14 haben wir in Sitzungen im Biosphärenpark Nockberge und an der Universität jeweils eigenständige Fragen zu einem ausgewählten Thema erarbeitet. Das Thema ist die Herausarbeitung von kulturgeschichtlichen Aspekten zu Spezies, die für den Biosphärenpark Nockberge interessant sein könnten. Nach einem harten Auswahlverfahren entschied sich jeder Student für die Spezies seiner Wahl. Ich entschied mich für den Rothirsch, weil ich glaubte, dass man über diese Art viel kulturhistorisch relevantes Material finden würde und der Hirsch eine große Bedeutung für das Nockgebiet hat. Meine Annahmen waren Großteils richtig. Der Hirsch ist in Kunst und Kultur kein selten vorkommendes Tier. Er ist in der Religion und Mythologie stark verwurzelt. Durch die Jagd, die ein wichtiges gesellschaftliches Element, speziell in ländlicheren Gebieten darstellt, ist der Hirsch sehr stark in der Gesellschaft verwurzelt. In der Volksmedizin und der Kosmetik spielt er auch eine Rolle. Im asiatischen Raum schätzt man sehr Produkte aus aufgeriebenem Hirschgeweih, die angeblich die Potenz steigern soll. Der Hirschtalg wird als Ingredienz bei Kosmetika wie z.B. Seifen verwendet. In der Handwerkskunst und der Kulinarik finden Teile des Hirsches auch ihre Verwendung. Geweihe und Felle werden zu kunstvollen Accessoires verarbeitet, und das Wildbret in köstliche Gerichte verwandelt. In weiter Folge will ich mich näher mit den religiösen und mythologischen Aspekten des Hirsches beschäftigen. Ein anderer Schwerpunkt meiner Arbeit soll die jagdliche Bedeutung des Hirsches, insbesondere für die Region Nockberge, sein.

2

Der Rothirsch (Cervus elaphus)

Der Rothirsch ist nach dem Braunbär das größte Säugetier in Mitteleuropa. Der männliche Hirsch auch Stier genannt, hat eine Schulterhöhe von 1,20 bis 1,50 Meter und wiegt zwischen 170 und 220 Kilogramm. Die Hirschkuh hingegen wird nur 1 bis 1,20 Meter groß und 90 bis 130 Kilogramm schwer (vgl. Dragesco 2002, S.30). Der europäische Rothirsch gehört zur Ordnung der Paarhufer, zur Unterordnung der Wiederkäuer und der Familie der Cerviden. Charakteristisch ist sein großes Geweih, welches ihm seine Anmut verleiht und zugleich auch das Interesse der Jäger für dieses Tier weckt. Er wechselt zweimal im Jahr das Fell. Das kurze rötliche Fell vom Sommer verfärbt sich im Herbst graubraun und wird in Erwartung auf die kalte Jahreszeit dicker. Seine Oberschenkel haben einen gelblichen Stich und entlang seines Rückgrats verläuft ein schwarzer Streifen (vgl. Dragesco 2002, S. 30).


Hirsche verstecken sich meist tagsüber in Wälder (Einstand) und kommen bei Dämmerung auf offenes Gelände um zu äßen. Falls der Druck des Menschen nicht zu hoch ist, sind sie auch tagsüber auf offenen Stellen anzutreffen. Wenn genug Nahrung vorhanden ist bleiben Hirsche meist im selben Gebiet, aber wenn es nötig ist (Winter) nehmen sie auch längere Wanderungen auf sich. Sie können sich geschickt auf steilen und unwegsamen Gelände fortbewegen (vgl. Dragesco 2002, S. 31). Außerhalb der Brunftzeit gibt die Hirschkuh den Ton an. Die Brunftzeit findet zwischen Mitte September und Mitte Oktober statt. Die männlichen Hirsche sind Einzelgänger und schotten sich mit zunehmenden Alter immer mehr ab. Die Herde ist matriarchalisch organisiert. In den Sommermonaten zieht die Hirschkuh mit ihren Kälbern allein umher. In den Wintermonaten schließen sich die Hirschkühe mit ihren Kälbern zu einer Herde zusammen, wobei eine Hirschkuh (Leitkuh) die Führung übernimmt (vgl. Dragesco 2002, S. 32).

3

Die Bedeutung des Hirsches in Mythologie und Religion

In diesem Kapitel will ich versuchen zu erklären, wie der Hirsch Einzug in den christlichen abendländischen Glauben gefunden hat. Die Ursprünge dazu sind in sogenannten Heidnischen Kulturen zu suchen, die maßgeblich das christliche Gedankengut und die christliche Symbolik den Hirsch betreffend beeinflussten. Der Hirsch wird unabhängig der verschiedenen Kulturen immer positiv dargestellt. Er verkörpert durchwegs das Gute, das Licht, der den Kampf gegen das Böse nicht scheut. Drei Kulturen prägten maßgeblich das Christentum und die abgeleitete Bedeutung des Hirsches - die Griechisch/Römische Kultur, die Nordisch/Germanische Kultur und die Keltische Kultur.

3.1

Griechisch/Römische Kultur

Artemis in der griechischen und Diana in der römischen Götterwelt ist eine alte Natur- und Fruchtbarkeitsgöttin, die eng mit der Jagd verbunden ist. Dies begründet sich wahrscheinlich daher, dass bei den frühesten Darstellungen der Artemis immer Tieren bzw. deren Köpfe oder Gliedern zu sehen waren. Das altgriechische Wort αρταμος bedeutet so viel wie Schlächter. Nur drückt diese Herleitung nicht das bekannte Wesen der Gottheit Artemis wieder, die keineswegs als Schlächterin verehrt wurde (vgl. Nilsson 1992, S. 481). Fest steht, dass Artemis oft in Begleitung einer Hirschkuh dargestellt wird. Den Überlieferungen nach war sie immer in den Wäldern meist nicht weit von einer Quelle anzufinden und den Männern ganz und gar abgeneigt. Artemis war immer eine Jungfrau und mochte es gar nicht von Männern beobachtet zu werden. Dies wurde vielen Männern zum Verhängnis, die sich unsterblich in die Göttin verliebten. Der arme Aktaion, der Artemis beim Baden beobachtete, wurde von ihr zur Strafe in


einen Hirsch verwandelt. Nur so durfte er sich der Göttin nähern. Auch sagt man, dass der (Aber)Glaube an der wilden Jagd, der noch heute in Geschichten und Brauchtum zu finden ist, auf Artemis zurückzuführen ist. Oft folgten ihr Nymphen, die an den Quellen hausten, an denen sie sich gern aufhielt. Sie streiften gerne wild und ungezügelt durch den Wald und ließen sich durch nichts aufhalten (vgl. Nilsson 1992, S. 499). Die Fichte wird ebenfalls der Göttin Artemis als heiliger Baum zugesprochen.

Abbildung 1: Artemis mit ihrer goldenen Hirschkuh, http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Artemis.png, Letzter Zugriff: 13.2.14.

3.2

Nordisch/Germanische Kultur

In der nordischen Kultur hat der Hirsch eine zentrale Rolle und kommt auch in vielen Geschichten und Mythen vor. Direkt in Walhalla vor Odins Thron soll der Baum Lärad stehen. Neben Lärad soll auf einer Seite der Hirsch Eikthyrnir (Eichdorn) und auf der anderen Seite die Ziege Heidrun stehen. Beide fressen sie das Laub von Lärad. Aus Heidruns Euter soll beständig Met fließen. Aus Eikthyrnirs Geweih soll ständig Wasser tropfen, welches angeblich alle Flüsse der Erde speist. Lärad selbst ist aber nur der Wipfel vom Weltenbaum Yggdrasil, der in die Halle des Odin reicht. Yggdrasil der Weltenbaum ist der Überlieferung nach eine Esche, Lärad aber wird eher als Eiche gedeutet (vgl. Edda, Grimnirlied 26f.). Weiters sollen noch vier Hirsche an Yggdrasil äßen. Die Edda erwähnt Dain, Dwalin, Duneyr und Dyrathor denen ebenfalls das Eschenlaub schmeckt. Auch soll ein Hirsch den Sonnenwagen über das Firmament gezogen haben, dass den Hirsch in Verbindung mit dem Lichtmythos bringt (vgl. Nemec 1974, S. 52). Im Nibelungenlied wird überliefert das der berühmte Siegfried von einer Hirschkuh gesäugt wurde. Dies wurde auch später christlichen Heiligen nachgesagt (vgl. Herzog 2006, o.S.).


Abbildung 2: Künstlerische Darstellung des Eikthyrnir, http://www.kamakarst.pl/graphics/, Letzter Zugriff: 13.2.14

3.3

Keltische Kultur

Bei den Kelten gab es einen Hirschgott, der Cernunnos genannt wird. Er ist ein wichtiger Gott, wobei über seine Aufgaben keine absolute Klarheit herrscht. Dargestellt wird er fast immer gleich. Auf der berühmtesten Darstellung am Kessel von Gundestrup wird er ganz entstammt im Schneidersitz meditierend gezeigt. Er ist deutlich an seinem Hirschgeweih zu erkennen, dass für ihn charakteristisch ist und ihn zweifelsfrei identifizieren lässt. Dazu hält er in der rechten Hand einen Ring (Torque) und in der linken Hand eine Schlange, die er anscheinend unter Kontrolle hat und von der keine Gefahr ausgeht (vgl. Eilenstein 2011, S. 49 f.). Die Schlange wird im christlichen Glauben mit dem Bösen in Verbindung gebracht. Cernunnos braucht die Schlange um in die Unterwelt zu gelangen. Er begleitet tote Seelen in die Unterwelt. Andererseits ist er auch ein Lichtgott, welches die Torque symbolisieren sollen. Er wird oft verglichen mit einer Mischung aus dem griechischen Hermes, der auch im Rahmen seiner Aufgaben in die Unterwelt hinabsteigen muss, und von Apollo, der als großer Schlangenbezwinger und Lichtgott gilt (vgl. Eilenstein 2011, S. 74). Eben dieser Kessel von Gundestrup soll den Schamanen des Cernunnos als Ritualkessel gedient haben und neue Schamanen in die Riten eingeführt haben. Da Schamanen immer mit Heilung und Heilkräften zu tun haben, kann daher auch der Glaube an den kräuterkundigen sich selbst heilenden Hirsches herrühren. Auch gibt es ein weibliches Pendant zu Cernunnos im keltischen Glauben. Die Hirschgöttin Karnuntina soll sogar die Namensgeberin der berühmten römischen Stadt Carnuntum gewesen sein (vgl. Eilenstein 2011, S. 122).


Abbildung 3: Cernunnos am Kessel von Gundestrup, Eilenstein 2011, S.49.

3.4

Christentum

Im abendländischen Christentum findet man viele Attribute des Hirsches wieder, die schon die sogenannten heidnischen Völker diesem Tier nach sagten. Viele Elemente und Mythen wurden ins christliche Glaubensbild übernommen. Der Lichtmythos, der Hirsch, der einem das Gute zeigt, der dich wieder zu Gott führt. Der Hirsch oft mit strahlendem hell leuchtenden Geweih, oder ganz in Licht gehüllt, dargestellt untermauert dies. Er wird oft in der Nähe von Wasser (Quellen) angetroffen. Der Kampf gegen die Schlange als Verkörperung des Bösen findet auch einen zentralen Punkt im christlichen Glauben. So meinte Hildegard von Bingen (12 Jh.) der Hirsch müsse die Schlange verschlingen, dann zu einer bestimmten Quelle gehen und so viel trinken, bis die Schlange ersäuft. Nachdem diese ersoffen ist, muss er noch bestimmte Kräuter essen und er erlangt seine Jugend zurück. Der Sieg des Hirsches über die Schlange soll den Sieg des Glaubens über den Sündentod symbolisieren (vgl. Nemec 1974, S. 52). Die Kirche geht soweit den Hirsch mit Jesus selbst gleichzusetzen. In verschiedenen Physiologi wird dies beschrieben. Hier werden verschiedene Tier- und Pflanzenarten nach christlicher Auslegung gedeutet. Der erste Physiologus stammet aus den 2. bis 3. Jh. n. Christus. Im Grunde ist es eine Abhandlung über christliche Naturlehre (vgl. Schönberger 2001, S. 1). Ein Einzug aus dem Berner Physiologus 9. Jh. zum Hirsch: " Der Physiologus sagt, dass er ein Feind ist des Drachen und ihn verfolgt und ihn töten will. Wenn nun der Drache vor ihm flieht und sich in den Klüften versteckt, dann geht der Hirsch geschwind zur Quelle und füllt sich den Bauch mit vielem Wasser und kommt und speit es ihm nach. Der Drache wird durch das Wasser aufgestört, er kommt heraus, und der Hirsch verschlingt ihn.


So hat auch der Herr Jesus Christus den grossen Drachen, den Teufel, (fol. 17v) bis in die Tiefen der Erde verfolgt und hat ihn, indem er Blut und Wasser aus seiner Seite ergoss [Joh. 19,34], vertrieben durch das Bad der Wiedergeburt [Tit. 3,5], und hat die Werke des Teufels hinweg genommen." Hier wird der Hirsch als großer Retter glorifiziert und als Retter der Menschheit dargestellt, der den Teufel bezwingt. Der Teufel wird als Feigling hingestellt, der sich vor dem Hirsch versteckt. Aber der tapfere Hirsch verfolgt ihn und fordert ihn heraus und siegt. Ein richtig christliches Heldenepos bei dem der Hirsch als großer Gewinner hervorgeht. Viele Heilige stehen in Verbindung mit dem Hirsch. Der Lichtmythos spielt hierbei eine wichtige Rolle. Der berühmteste in unseren Breiten und wohl bekannteste ist der Heilige Hubertus. Die Legende besagt, dass ein Hirsch mit leuchtendem Kreuz im Geweih dem Hubertus erschien. Die Geschichte ist eigentlich völlig erfunden und wurde erst viel später nach dem Tod Hubertus von hohen Geistlichen instrumentalisiert. Dieser heilige Hirsch ist zuvor schon vielen anderen Männern erschienen. Bevor der Heilige Hubertus zu unseren führenden Jagdpatron wurde, war es der Heilige Eustachius. Eustachius soll der Legende nach ein General und begnadeter Jäger unter Kaiser Trajan gewesen sein. Ihm soll während einer Jagd der Hirsch mit dem Gekreuzigten im Geweih erschienen sein, worauf er zum Christentum konvertierte. Der Kaiser war davon weniger entzückt und verurteilte Eustachius zu einem grausamen Märtyrertod. Ob es ihn wirklich gab ist fraglich. Er könnte aber identisch mit dem heiligen Eustathios, dem Patriarch von Antiochia, sein. Früher wurde er am 3. November verehrt, bevor Hubertus ihm den Rang abnahm. Die Legende vom leuchtenden Hirsch geht aber viel weiter zurück. Der Ursprung soll in Hinterindien 270 v. Chr. sein. Dort soll dem König Devanampaya der leuchtende Hirsch erschienen sein (vgl. Trummler 2013, S. 63). Nun zurück zum Heiligen Hubertus. Der Legende nach soll Hubertus ein junger Adliger gewesen sein, der zügellos und ausschweifend lebte und dem heutigen Jägerbild vom Hegen und Pflegen ganz und gar nicht entsprach. Auch sonntags soll er lieber gejagt haben als zur Messe zu gehen. Als er einmal sogar am Karfreitag jagen ging, riss Gott die Geduld und er stellte sich ihm als ein kapitaler Hirsch mit einem strahlenden Kreuz im Geweih entgegen und stellte ihn zur Rede. Dies veranlasste Hubertus sich zu bekehren. Er wurde ein Mann Gottes und führte von nun an ein bescheidendes gottgefälliges Leben in Demut. Hubertus war tatsächlich eine historische Person. Soweit ist man sich einig. Hubertus wurde Mitte des 7. Jh. als Sohn eines Adligen geboren. Bei der Geburt seines ersten Kindes soll seine Frau gestorben sein. Aus lauter Trauer zog er sich in die Ardennen zurück und lebte dort als Einsiedler und Jäger (vgl. Stahmann 2012, S. 87). Eine andere Quelle besagt, dass Hubertus gleich nach seiner Geburt in die Obhut des Bischoffs Lambert von Maastricht kam, und er als Missionar die Völker in den Ardennen, die teilweise noch Diana verehrten, bekehrte. Dass er die Nachfolge als Bischoff nach Lamberts Tod antrat, steht wieder außer Zweifel. Die Hirschlegende wurde ihm erst einige Jahrhunderte später aufgedrückt. Im 15. Jh. War es Herzog Gerhard II von Jülich und Berg, der die bekannte Legende auf Hubertus übertrug. Er


schlug seinen Wiedersacher Arnold von Egmond und gründete daraufhin den St.-Hubertus-Orden (vgl. Trummler 2013, S. 63). Bis ins 19. Jh. war Hubertus aber nur der Schutzheilige der berittenen höfischen Jagd. Der gemeine Jäger, der nur zu Fuß unterwegs war, erbat immer noch seinen Segen von Diana. Als die bürgerliche Jagd mehr akzeptiert wurde und das gemeine Volk an Achtung gewann, wurde auch langsam Diana von Hubertus abgelöst, dass die katholische Kirche sehr freute (vgl. Stahmann 2012, S. 89).

Abbildung 4: Heiliger Hubertus; Trummler, Herbert 2013: Jagdheilige. In: Der Anblick, 2013/11, S.62.

Das leuchtende Kreuz im Geweih hat sich über die Jahrhunderte zu einem Markenzeichen entwickelt und ziert verschiedenste Gebäude, Flaschen oder sonstige Dinge. Eines der bekanntesten Produkte ist sicherlich der Jägermeister. Auch viele Gasthäuser oder Brauereien benennen sich nach dem populären Heiligen Hubertus, Hubertushof oder Hubertusbräu. Auch wurde das Zeichen schon missbraucht. So wie die Nazis während ihres Regimes das christliche Kreuz gegen das Hakenkreuz austauschten.

Abbildung 5: Jagermeisterlogo, http://commons.wikimedia.org/wiki/File:J%C3%A4germeister.jpg?uselang=de, Letzer Zugriff: 13.2.14


Abbildung 6 Hubertus Bräu, http://www.hubertus.at/fileadmin/templates/images/Hubertus_Logo_Goldrand.jpg, Letzter Zugriff: 14.2.14

Abbildung 7: Von den Nazis verändertes Hubertussymbol, http://www.mymilitaria.it/liste/RDJ50Jahre.htm, Letzter Zugriff: 14.2.14

Interessant ist auch das die Legende des Siegfrieds aus dem Nibelungenlied Einkehr in den christlichen Glauben fand. So wie Siegfried von einer Hirschkuh gesäugt wurde, soll auch der Heilige Ägidius von einer Hirschkuh durch ihre Milch gerettet worden sein. Als Dank dafür soll sich Ägidius während einer Jagd schützend vor das Tier gestellt haben, als der Westgotenkönig Wamba auf sie Jagd machte. Er traf mit seinem Pfeil Ägidius. Der Legende nach soll die Wunde zeitlebens nie mehr verheilt sein und für die menschliche Schwachheit stehen. Abschließend möchte ich noch erwähnen, dass es außer Artemis und Diana, keine anderen weiblichen Jagdgöttinnen gibt (vgl. Trummler 2013, S. 65).


4

Die Bedeutung des Rothirsches im Nockgebiet

Die Jagd ist eindeutig die wichtigste Form der Nutzung durch den Menschen. Das Erlebnis einen kapitalen Rothirsch zu erlegen, ist wohl eines der schönsten Momente für einen Jäger. Dies ist durch nichts zu vergleichen. Da ich aus einem jagdlich geprägten Umfeld komme, konnte ich die Freude und Glücksgefühle schon oft hautnah miterleben. Einen Hirsch zu erledigen ist immer noch etwas Besonderes. Besonders ist auch die Region der Nockberge, die in vielerlei Hinsicht beste Lebensbedingungen für das Rotwild bietet. Das Rotwild ist sehr anpassungsfähig und lebt in lichten Wäldern bis halboffenen und offenen Landschaften. Die Struktur der Almen und deren jahrhundertelange Gestaltung des Menschen haben einen nahezu perfekten Lebensraum für das Rotwild geschaffen. Die Halboffenen bis offenen Formen liebt das Rotwild. Das charakteristische Landschaftsbild der Nockberge mit den sanften Gipfeln und relativ breiten Tälern und die vergleichsweise flachen Hänge fördern das Sozialgefüge des Rotwildes. Die Rudelbildung der weiblichen und jungen Tiere wird durch diese Tatsache optimal begünstigt. Auch die Höhenlagen von ca. 1000 bis 2500 Metern kommen dem Rotwild entgegen. Auch findet das Rotwild im Winter genug Nahrung in den Nockbergen. An den sonnseitigen Hängen kann es sich wärmen, auf den abgeblasenen Gipfelregionen findet es Futter und Zwergsträucher auf den Almen komplettieren das Nahrungsangebot. Aber auch der Mensch füttert durch jagdliches Interesse gelenkt das Rotwild an bestimmten Fütterungsplatzen (vgl. Huber 2006, S.13 f).


Abbildung 8: Charakteristische Landschaft in den biosphaerenpark-nockberge, Letzter Zugriff: 14.2.14.

Nockbergen,

http://www.badkleinkirchheim.at/herbst-im-

Das Nockgebiet sowie die ganzen Gurktaler Alpen ist ein Gebiet mit hoher Rotwilddichte. Die Jagden werfen in der Regel äußerst gute Pachterlöse ab. Der Jagdtourismus ist ein Faktor, der in dieser Region immer wichtiger wird. Einige Faktoren sprechen besonders für das Nockgebiet. Die gute Erreichbarkeit dieser Region und die Nähe zu relativ großen Ballungszentren machen dieses Gebiet sehr attraktiv. Die Nähe zum Kärntner Zentralraum und die Autobahnen, die unmittelbar an der Region vorbeiführen, sind große Vorteile. Der Mittelgebirgscharakter sowie die Vielfalt der zu jagenden Wildtierarten kommt dieser Region auch zu Gute. Schließlich ist auch die innere Erschließung durch Forststraßen und Almwege beispielhaft. Ein Jäger findet hier die besten komfortabelsten Voraussetzungen für ein schönes Jagderlebnis (vgl. Huber 2006, S. 36 f.). Sorgen muss man sich um das Rotwild keine machen. Eben die guten Lebensbedingungen, die in den Nockbergen vorherrschen, fördern die Population des Rotwildes. Der Bestand ist hoch und wächst stetig jedes Jahr. Man möchte meinen, dass die Jäger ihrer Pflicht nicht nachkommen, aber trotz hoher Abschusszahlen, wird das Rotwild immer mehr. Erbprinz Johannes von Schwarzenberg, der Präsident einer 55.000 ha großen Rotwildbewirtschaftungsgemeinschaft ist, hat diese Problematik mit einigen kantigen Zitaten auf den Punkt gebracht - „Wie Narren im Paradies“, oder „Aktive Waldverwüstung“, oder „ Die Struktur der Hirsche ist gut, die Dosis ist zu hoch“. Vielen Jägern und Waldbesitzern spricht er damit aus der Seele (vgl. Maurer 2011, S. 40 f.).


Die folgende Abbildung zeigt die Entwicklung der Rotwildstrecke für gesamt Österreich seit dem Jahr 1913 bis 2012. Obwohl die Abschusszahlen im Trend stetig steigen, mindert dies die Rotwilddichte nicht.

Abbildung 9: Rotwildstrecke seit 1913; Maurer, Stefan 2013: Rekord bei Hirsch- und Sauenstrecke. In: Der Anblick, 2013/12, S.34.

Auch findet man einige Gasthäuser in der Gegend, die zeigen wie stark der Hirsch und der Glaube an den Heiligen Hubertus in dieser Gegend verwurzelt ist. An der Front des Landgasthauses "Lax" in EbeneReichenau hängt ein Hirschgeweih und in Himmelberg nennt sich ein Gasthaus "Hubertus". Jährlich wird auch dem Heiligen Hubertus an seinem Namenstag am 3. November an ihn geweihten Orten gedacht. In Sirnitz wird z.B. an einer Kapelle unter Linden dem Heiligen Hubertus gedacht.

In Madling bei

Ramingstein (Lungau) gab es in der ersten Hälfte des 20. Jh. eine Papierfabrik, die ihr Papier unter den Namen "Hirschenpapier" weltweit verkaufte. Besonders in der Türkei und Ägypten soll das Papier reißenden Absatz gefunden haben. Als aber 1926 der Fürst Schwarzenberg, dessen Familie bis heute in dieser Gegend ansässig ist, die Fabrik kaufte, kam sie bald in wirtschaftliche Turbulenzen und wurde bald geschlossen (laut Max Rossberg).

Abbildung 10: Gasthaus "Hubertus". Eigenes Bild 11.1.14


Abbildung 11: Gasthaus "Lax". Eigenes Bild 11.1.14

Abbildung 12: Andacht an der Hubertuskapelle in Sirnitz, http://www.meinbezirk.at/albeck/kultur/hubertusjagd-insirnitz-d736710.html, Letzter Zugriff: 14.2.14.

5

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report 05 - annex 5

Forschungstag Nachhaltigkeit


3. Forschungstag des fachübergreifenden Forschungsclusters Nachhaltigkeit der Alpen-Adria-Universität Klagenfurt am 4. Dezember 2014, 14.30-18.00 Uhr im Stiftungssaal der Kärntner Sparkasse im Servicegebäude der Alpen-Adria-Universität Klagenfurt Programm 14.30-14.45

Begrüßung

14.45-15.15

Schutzgebietsentwicklung in Kärnten: ScienceLinknockberge und City Meets Nature Michael Jungmeier, Heike Egner

15.15-15.45

The efficiency rebound effect and synergies with renewable energy Norbert Wohlgemuth

15.45-16.15

SUSTAINABLE CARE Ulli Weisz, Klaus Wegleitner, Katharina Heimerl, Elisabeth Reitinger, Willi Haas, Gert Dressel

16.15-16.45

Kaffeepause

16.45-17.15

Energiearmut als Herausforderung für ein nachhaltiges Energiesystem Thomas Berger

17.15-17.45

Maßnahmen und Instrumente der Energiearmutsbekämpfung in Graz Christoph Manuel Steiner

17.45-18.00

Verabschiedung

Eine Kurzbeschreibung der Präsentationen sowie der Vortragenden findet sich im Anhang.


14.45-15.15

Schutzgebietsentwicklung in Kärnten: ScienceLinknockberge und City Meets Nature Michael Jungmeier, Heike Egner

Im Beitrag werden zwei langfristige Kooperationen des Institutes für Geographie und Regionalforschung (GEO_AAU) mit Kärntner Praxispartnern vorgestellt: 1.) Der Biosphärenpark Nockberge wurde 2012 von der UNESCO als Modellregion für nachhaltige Entwicklung anerkannt. ScienceLinknockberge ist eine Forschungskooperation zwischen GEO_AAU und dem „jungen“ Biosphärenpark. Dabei soll der Forschungs-, Bildungs, Schutz-, und Entwicklungsauftrag des Parks unterstützt werden. Insbesondere wird die Brücke zwischen exzellenter internationaler Forschung und der Lebensrealität der Biosphärenpark-Region langfristig und systematisch entwickelt. Technische, ökonomische, ökologische und soziale Innovationen in der Region sollen wissenschaftlich unterstützt und begleitet werden. 2.) Das Europaschutzgebiet Lendspitz-Maiernigg im unmittelbaren Anschluss an den Campus der AAU ist nach der EU-FFH-Richtlinie geschützt. Schutz und Entwicklung dieses urbanen Schutzgebietes liegen in multiplen Konfliktfeldern. Im Kooperationsvorhaben City meets Nature zwischen Stadt Klagenfurt, Land Kärnten und GEO_AAU unterstützen TeilnehmerInnen und AbsolventInnen des ULG „Management of Protected Areas“ Stadt und Land im Management des Gebietes. Im Vordergrund stehen Grundlagenforschung, Planungsund Beteiligungsprozesse sowie praktische Naturschutzmaßnahmen, Öffentlichkeitsarbeit und Besucherlenkung. Die Modelle der Kooperationen, die Aktivitäten und Ergebnisse sowie die bisherigen Erfahrungen werden präsentiert und zur Diskussion gestellt.

Mag. Dr. Michael Jungmeier ist Senior Scientist am Institut für Geographie und Regionalforschung, Leiter von E.C.O. Institut für Ökologie sowie des ULG „Management of Protected Areas“. Univ.-Prof. Dr. Heike Egner ist Institutsvorständin des Instituts für Geographie und Regionalforschung und wissenschaftliche Leiterin der ULG „Management of Protected Areas“.


15.15-15.45

The efficiency rebound effect and synergies with renewable energy Norbert Wohlgemuth

Improving efficiency at all stages of energy production, transformation and consumption is generally considered a win-win strategy in order to achieve the twin goals of economic growth and reducing adverse impacts on the environment. Improving energy efficiency, however, does not necessarily translate into energy savings due to the rebound effect, i.e., the consumers’ and producers’ reaction to cheaper energy services that can reduce or even completely reverse energy savings achievements from higher energy efficiency. This phenomenon is well-known and has been observed by Stanley Jevons in his famous book “The coal question” in which he argued that more efficient technologies lead not to a reduction but an absolute increase in energy use, a phenomenon also known as “backfiring”. In this presentation, I show different types of rebound effects and the extent to which estimates for these effects vary. Energy efficiency and renewables enhance each other. To achieve objectives for sustainable energy development, both should be treated jointly when formulating energy policies. The rebound effect makes us better off, even though it is a challenge in the context of climate policy.

Ao. Univ.-Prof. Dr. Norbert Wohlgemuth ist stellvertretender Institutsvorstand des Instituts für Volkswirtschaftslehre der AAU Klagenfurt.


15.45-16.15

SUSTAINABLE CARE Ulli Weisz, Klaus Wegleitner , Katharina Heimerl, Elisabeth Reitinger, Willi Haas, Gert Dressel

Die Frage, wie die Sorge um Mitmenschen organisiert wird und künftig organisiert werden soll, wird angesichts des demographischen Wandels sowie knapper werdender Ressourcen zu einer immer brennenderen gesellschaftlichen Herausforderung. Vor diesem Hintergrund befasst sich das Projekt SUSTAINABLE CARE, eine fächerübergreifende Kooperation dreier IFF Institute mit einer Gesundheits- und Krankenpflegeschule, mit den Potentialen einer nachhaltigen Sorgekultur im Krankenhaus. Mit diesem Ansatz sprechen wir den sorgsamen und verantwortungsvollen Umgang sowohl mit Menschen - insbesondere älteren, schwer kranken, mit Demenz lebenden und sterbenden PatientInnen - und mit knappen ökologischen, sozialen und finanziellen Ressourcen an. Wir verbinden dadurch zwei bislang getrennt behandelte Ansätze aus Palliative Care und sozialökologischer Nachhaltigkeitsforschung. Mit SUSTAINABLE CARE wollen wir zu einer Sensibilisierung der zukünftigen AkteurInnen des Gesundheitssystems für Möglichkeiten und Bedingungen einer nachhaltigen Sorgekultur beitragen. In unserem Beitrag am Forschungstag wollen wir unseren theoretischen Ansatz im Kontext der konkreten Herausforderungen dieser Forschungs-Bildungs-Kooperation zur Diskussion stellen. Konsortium Institut für Palliative Care und Organisationsethik (Koordination), IFF Wien Institut für Soziale Ökologie, IFF Wien Institut für Wissenschaft- und Hochschulforschung, IFF Wien Partnerschule: Gesunden- und Krankenpflegeschule SMZ Ost, Donauspital Wien Förderung: Sparkling Science BMWFW, Laufzeit: 1. Oktober 2014 – 30. September 2016

Mag.a Ulli Weisz, Institut für Soziale Ökologie/IFF Wien, ist Ökologin und Diplomierte Gesundheitsund Krankenpflegerin. Sie beschäftigt sich in Forschung und Lehre mit Gesundheit und Gesundheitsförderung aus der Perspektive sozialökologischer Nachhaltigkeitsforschung und mit Transdisziplinarität. Konkret geht es in ihrer Arbeit um das Erkennen von Synergien zwischen beiden gesellschaftlichen Anliegen (co-benefits) und deren Umsetzung. Postdoc. Ass. Mag. Dr. Klaus Wegleitner, Institut für Palliative Care und OrganisationsEthik/IFF Wien, Sozialwissenschaftler und Versorgungssystemforscher. Widmet sich Fragen des Transformationsbedarfs von Gesundheitssystemen und Hilfenetzwerken in spätmodernen Gesellschaften in der Unterstützung von chronisch kranken, alten und sterbenden Menschen. Interund transdisziplinäre Zugänge, sowie die Verknüpfung von Palliative Care und Public Health Perspektiven prägen seine internationalen Forschungs- und Beratungstätigkeiten.


16.45-17.15

Energiearmut als Herausforderung für ein nachhaltiges Energiesystem Thomas Berger

Energiearmut wurde mittlerweile auch in Österreich auf unterschiedlichen sozial-politischen Ebenen als Thema aufgegriffen, was in weiterer Folge zu Forschungstätigkeiten mit stark angewandtem Charakter führte, um dieser Problematik (v.a. durch Energieberatungen) entgegenzuwirken. Der Begriff „Energiearmut“ entstand in Großbritannien im Zuge der sogenannten Ölkrisen der 1970er Jahre, die vor allem für einkommensschwache Haushalte negative Konsequenzen hinsichtlich ihres Energieverbrauchs bedeuteten. Die Betroffenen in Österreich können sich in der Regel nur eine unterdurchschnittliche Energieversorgung leisten oder werden auf Grund von Zahlungsverzug durch das jeweilige Energieunternehmen vom Energiekonsum ausgeschlossen (die s.g. Abschaltung). In der Präsentation wird ein kurzer Überblick über die Ausgangslage von „Energiearmut“ gegeben und die derzeitige Situation in Österreich skizziert. Unter Berücksichtigung von regionalen Bezügen soll vor allem das Potential einer sozio-technischen Betrachtung von Energiearmut diskutiert werden, denn die Genese und Rolle von Technologien im Kontext moderner Energiedienstleistungen ist in Österreich noch weitgehend unberücksichtigt. Für eine sozial gerechte und nachhaltige Gestaltung des Energiesystems ist diese Perspektive relevant, da Technologien im Kund*innenmanagement je nach Konfiguration in- oder exklusive Versorgungspraktiken von energiearmen Haushalten bedingen.

Thomas Berger ist Soziologe und arbeitet derzeit an seiner Dissertation im Rahmen des Doktoratskollegs für Technik- und Wissenschaftsforschung mit dem Thema „Energiearmut in Österreich aus sozio-technischer Perspektive“. Er forscht am IFZ und lehrt an der Alpen-Adria Universität Klagenfurt | Graz Wien. Neben seinem zentralen Forschungsthema Energiearmut arbeitet er in Forschungsprojekten zu ‚smarter IT-Nutzung‘ und genderreflektierter Medienbildung. Zudem koordiniert er mit Kolleg*innen eine IFZ-Arbeitsgruppe zu sozialer Gerechtigkeit und Intersektionalität.


17.15-17.45

Maßnahmen und Instrumente der Energiearmutsbekämpfung in Graz Christoph Manuel Steiner

Energiearme Menschen leben oft in schlecht gedämmten und energieineffizienten Gebäuden und verfügen über geringe Haushaltseinkommen, von denen ein erheblicher Anteil für Strom und Raumwärme verwendet wird. Mangelndes Bewusstsein für Energieeffizienzmaßnahmen sowie das drohende Risiko einer Stromabschaltung verstärken die prekäre Situation dieser Haushalte überdies. Trotz zunehmender Wahrnehmung der ökologischen und sozialen Folgen von Energiearmut konnte in den letzten Jahren in Österreich kein landesweiter Aktionsplan zur Eindämmung des Phänomens etabliert werden. Erst im kürzlich beschlossenen Bundesenergieeffizienzgesetz wurde dem Thema eine größere Bedeutung eingeräumt; diese Entwicklung erfordert jedoch auch eine entsprechende Auseinandersetzung auf wissenschaftlicher Ebene. Der Beitrag basiert auf den Ergebnissen eines Projektes zu diesem Thema, welches in Kooperation mit dem Wegener Center und dem Umweltamt Graz durchgeführt wurde und einen Überblick über Maßnahmen gegen Energiearmut in Graz gibt. Im Zuge von ExpertInneninterviews und qualitativen Interviews mit betroffenen Haushalten wurden überdies die Perspektiven unterschiedlicher Akteure berücksichtigt, um bestehende Barrieren bei der Inanspruchnahme und Durchführung von Maßnahmen zu identifizieren und Wege zur Überbrückung dieser aufzuzeigen.

Christoph Manuel Steiner, BA studierte Soziologie an der Karl-Franzens Universität in Graz und ist aktuell Studierender der Sozial- und Humanökologie am IFF in Wien. Er war in den letzten Jahren an Forschungsprojekten in den Bereichen nachhaltige Stadt- und Regionalentwicklung, Energiearmut sowie Änderung des Energieverbrauchsverhaltens von Privathaushalten tätig. In seiner Masterarbeit befasst er sich mit Situation, Ausmaß und Bekämpfungsmaßnahmen von Energiearmut in Graz.


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