Programmheft | 24.01. Sidi Larbi Cherkaoui . Ballet du Grand Théâtre de Genève . Eastman: „Ihsane“

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„In Wahrheit vergesse ich, wer ich bin, ich vergesse, dass ich marrokanisch bin, dass ich belgisch bin, ich vergesse, dass ich in der Schweiz lebe, ich vergesse sogar, dass ich Choreograf bin. Diese Momente, in denen man sich vergisst, sind die schönsten.“

SIDI LARBI CHERKAOUI . BALLET DU GRAND THÉÂTRE DE GENÈVE . EASTMAN

fr 24/01

19.30 Uhr

Großer Saal

Festspielhaus St. Pölten

Einführung mit Sidi Larbi Cherkaoui und Bettina Masuch 18.30 Uhr, Kleiner Saal

ÖSTERREICH-PREMIERE FESTSPIELHAUS-KOPRODUKTION

Dauer: ca. 1 Std. 30 Min. (keine Pause)

Künstlerische Leiterin Festspielhaus St. Pölten: Bettina Masuch

SIDI LARBI CHERKAOUI . BALLET DU GRAND

THÉÂTRE DE GENÈVE . EASTMAN

Ihsane

Mit Texten in arabischer, englischer und französischer Sprache mit deutschen Übertiteln.

CHOREOGRAFIE Sidi Larbi Cherkaoui

BÜHNENBILD Amine Amharech

KOSTÜME Amine Bendriouich

LICHT Fabiana Piccioli

MUSIK Jasser Haj Youssef

VIDEO Maxime Guislain

DRAMATURGIE El Arbi El Harti

SOUNDDESIGN Alexandre Dai Castaing

PROBENLEITUNG Manuel Renard

CHOREOGRAFISCHE ASSISTENZ Pascal Marty, Patrick Williams Seebacher (TwoFace)

TEXTE Jason Silva, Timothy Winter

MUSIKER:INNEN Jasser Haj Youssef Viola d’amore, Gaël Cadoux Piano, Rhodes Yasamin Shahhosseini Oud, Gabriele Miracle Bragantini Schlagzeug

SÄNGER:INNEN Mohammed El Arabi-Serghini, Fadia Tomb El-Hage

TANZ Ballet du Grand Théâtre de Genève, Eastman

TÄNZER:INNEN VON EASTMAN Kazutomi „Tsuki“ Kozuki, Andrea „Drew“ Bou Othmane, Mohamed Toukabri

TÄNZER:INNEN DES GRAND THÉÂTRE DE GENÈVE

Anna Cenzuales, Oscar Comesaña Salgueiro, Mason Kelly, Emilie Meeus, Endre Schumicky, Sara Shigenari, Nahuel Vega, Luca Scaduto, Julio León

Torres, Zoe Hollinshead, Quintin Cianci, Yumi Aizama, Zoé Charpentier, Madeline Wong, Geoffrey Van Dyck, Jared Brown

GENERALDIREKTOR DES GRAND THÉÂTRE DE GENÈVE

Aviel Cahn

DIREKTOR DES BALLET DU GRAND THÉÂTRE DE GENÈVE

Sidi Larbi Cherkaoui

Premiere am 13. November 2024, Grand Théâtre de Genève

Eine Koproduktion mit Eastman, Théâtre du Châtelet Paris, Théâtres de la ville de Luxembourg, Tanz Köln, Internationaal Theater Amsterdam, Festspielhaus St. Pölten, Grec Festival Barcelona 2025, Centre National des Arts Ottawa.

Mit Unterstützung von DANCE REFLECTIONS by Van Cleef & Arpels und der Schweizer Kulturstiftung Pro Helvetia.

Partner des Ballet du Grand Théâtre de Genève: INDOSUEZ WEALTH MANAGEMENT.

DIE GEOGRAFIE IM

WERDEN

Über Sidi Larbi Cherkaouis Ihsane

Mit Ihsane setzt Sidi Larbi Cherkaoui ein Diptychon fort, das er 2022 mit Vlaemsch (chez moi) begonnen hat. Während Vlaemsch seiner Mutter und seinen flämischen Wurzeln gewidmet war, erkundet Ihsane die Beziehung zu seinem Vater: Sein Vater, der Marokko verließ, nach Flandern zog und seine Trompete zurückließ; sein Vater, der ihm den Islam vermittelte, die Religion, mit der er lebte, bis er 13 Jahre alt war; sein Vater, der das Einwandererdasein in einem Land ertrug, das ihm nichts schenkte; sein Vater, der – trotz seines Weggangs – eine bedingungslose Liebe zu Marokko bewahrte ... Diesen Vater, der starb, als er ein Teenager war, suchte er 30 Jahre später vergeblich auf einem Friedhof in Tanger, der zu voll mit Gräbern war. Jetzt sucht er ihn weiter mit dieser Kreation, die die Tänzer:innen des Ballet du Grand Théâtre de Genève mit seiner Compagnie Eastman vereint.

Im Arabischen bezeichnet „Ihsane“ ein Ideal der Güte, der Freundlichkeit und des Wohlwollens. Im Islam bezieht es sich auf eine Form der Gemeinschaft mit dem Universum. In Belgien erinnert „Ihsane“ als Vorname jedoch auch an eine tragische Begebenheit, ein rassistisches und homophobes Verbrechen, das sich 2012 in Lüttich ereignete: Ein 32-jähriger homosexueller Mann marokkanischer Herkunft wurde beim Verlassen eines Nachtclubs zu Tode geprügelt. Sidi Larbi Cherkaoui, der sich selbst als Künstler, queer und arabisch definiert, identifiziert sich mit

ihm: „Ihsane, c‘est moi“ (zu Deutsch: „Ihsane, das bin ich“).

Er ehrt Ihsane mit dieser Aufführung, die Cherkaouis

„Seit meiner Kindheit versuche ich, Wohlwollen zu kultivieren, jenseits von traumatischen oder destabilisierenden Momenten.“
SIDI LARBI CHERKAOUI

Familiengeschichte Revue passieren lässt: Ihsane ist eine Reise zur Quelle des Guten, die Suche nach innerem Frieden, der Versuch, den Konflikt, das Verlassenwerden und das Vergessen zu überwinden. Sidi Larbi Cherkaoui, der aus zwei Kulturen – der flämischen und der marokkanischen – stammt, wandelt die Fragen, die ihn beschäftigen, in Tanz um: Was bleibt uns, wenn unser Lebensraum sich verflüchtigt und ausgelöscht wird? Wie können multiple Identitäten in ein und demselben Körper zusammenleben? Was passiert mit der Identität, wenn sie bedroht wird? Sein Werk steht im Zeichen der Gastfreundschaft und öffnet sich für andere ästhetische Welten, die ihn durchdringen und bewegen. Wie gewohnt hat der Choreograf ein ganz neues Künstler:innenteam zusammengestellt. Der tunesische Musiker Jasser Haj Youssef ist ein Virtuose auf der Viola d‘amore und hat dieses seit der Barockzeit vergessene Instrument wiederentdeckt. Der Architekt und Bühnenbilder Amine Amharech ist ein entschiedener Nonkonformist und entwirft sinnliche und sensible Räume – oft vermischt mit marokkanischen Einflüssen –, die mit einer gewissen Tendenz zur

Rationalität in der modernen Architektur brechen. Seine Bühnengestaltung tritt in einen Dialog mit der Kunst von Fabiana Piccioli, die das Licht in einem Land hinterfragt, in dem es allgegenwärtig und der Schatten lebensrettend ist. Der Modedesigner Amine Bendriouich entwirft Kostüme jenseits von Normen und Genres: Seine Freiheit transzendiert die traditionellen Bekleidungsformen der heterogenen nordafrikanischen Bevölkerungsgruppe der Imazighen. Diese zeitgenössischen Kunstschaffenden zeugen von der künstlerischen Umtriebigkeit und Vitalität dieses Teils der Welt, mit dem der Choreograf durch seine Vorfahren verbunden ist. Alle tragen ein bewegtes Erbe in sich, eine Vergangenheit, die sie in der Gegenwart konjugieren: auf der einen Seite die Wurzeln, auf der anderen die Äste, Knospen und Blüten ... Sidi Larbi Cherkaoui beobachtet heute, wie die Väter fallen und die Welt sich in einem unaufhörlichen Zyklus von Zerstörung und Wiedergeburt verändert. Er misstraut Kulturen, wenn sie die Menschen gefangen nehmen und trennen. Er bevorzugt die Geografie im Werden, die immer wieder neu entstehenden Landschaften, den geteilten Raum, in dem wir koexistieren. In diesem Raum enthüllt er die unsichtbaren Fäden, die uns miteinander verbinden.

Simon Hatab. Bearbeitung von Laura Kisser, Redaktion Festspielhaus St. Pölten

GLOSSAR DES UNAUSGESPROCHENEN

Metaphorik und Symbolik in Ihsane

A - AMIN MALOUF

Der 1998 erschienene Essay Les identités meurtières (dt. Mörderische Identitäten) des libanesisch-französischen Autors Amin Malouf setzt sich mit der Frage auseinander, wie individuelle und kollektive Identitäten entstehen und warum sie oft als trennend und konfliktgeladen erlebt werden. Malouf plädiert für ein Verständnis von Identität als dynamisches, vielfältiges Konzept und warnt vor den Gefahren eines ausschließlichen und rigiden Identitätsdenkens, das zu Gewalt und Spaltung führen kann. In einem Interview mit Alexandre Demidoff bezeichnete Sidi Larbi Cherkaoui das Werk von Amin Malouf als „meine Bibel“. So meint Cherkaoui über den Autor: „Er definiert sich als christlicher Libanese arabischer Sprache und unterstreicht, dass man aus verschiedenen Identitäten zusammengesetzt ist, die reagieren, wenn sie sich angegriffen fühlen.“ Sidi Larbi Charkaoui teilt diese Denkweise über Identität und erläutert, dass er die Momente, in denen er seine verschiedenen Zugehörigkeiten vergisst, als die Schönsten empfindet.

Der Dramaturg von Ihsane, El Arbi El Harti, konstatiert in dem Stück drei verschiedene wiederkehrende metaphorische Figuren, die Themen der Aufopferung, des persönlichen und kollektiven Mitgefühls sowie

D - DREI METAPHORISCHE FIGUREN

der Trauer wiederspiegeln und aufgreifen. Sie referenzieren bereits verstorbene Menschen, die in Sidi Larbi Cherkaouis Lebensrealität oder in globalen kollektiven Erinnerungen präsent waren.

1) Sidi Mohamed Cherkaoui

Sidi Mohamed Cherkaoui ist Sidi Larbi Cherkaouis Vater. In Marroko geboren, emigrierte er nach Flandern in Belgien. Für den Choreografen war diese Entscheidung seines Vaters von vielen Opfern geprägt: „Er musste einiges an Anstrengung aufbringen, um sich in Belgien in einer Gemeinschaft zu behaupten, deren Sprache er nicht sprach, und eine Arbeit zu finden, um seine Familie zu unterstützen.“ Seine künstlerischen Hobbys, wie das Trompetenspiel, gab er auf. Sidi Mohamed Cherkaoui verstarb bereits früh, als der Choreograf 19 Jahre alt war. Nachdem sich Sidi Larbi Cherkaouis Stück Vlaemsch (chez moi) (2022) mit der flämischen Herkunft seiner Mutter Monique Van der Schueren auseinandersetzte, nimmt er in Ihsane Jahre nach dem Tod seines Vaters dessen Vermächtnis als Ausgangspunkt für die Beschäftigung mit seinen marrokanischen Wurzeln.

2) Ihsane Jarfi

Ihsane Jarfi war ein junger, homosexueller Mann marrokanischer Herkunft, der 2012 in Belgien von einer homophoben Gruppe brutal ermordet wurde. Ihsane Jarfi wurde nach dem Verlassen einer LGBTIQ-Bar in Lüttich von vier Männern in einem Auto entführt, erniedrigt und

zu Tode geprügelt. Seine nackte Leiche konnte erst mehrere Tage nach dem brutalen Angriff aufgefunden werden. Ihsane Jarfis Tod gilt als der erste Mord, der in Belgien als homophobe Tat erfasst wurde. Mit Ihsane verweist Sidi Larbi Cherkaoui auf den brutalen Mord an Ihsane Jarfi und solidarisiert sich – auch aus seinem Selbstverständnis als queerer Künstler – mit ihm.

3) Shaaban Al-Dalou

Der palästinensische Student Shaaban Al-Dalou teilte nach dem Ausbruch des Gazagkriegs auf Social Media Updates über das Schicksal seiner Familie und ließ seine Follower:innen an seiner Lebenssituation teilhaben, während er versuchte, seine Flucht aus dem Kriegsgebiet zu finanzieren. Nachdem Shaaban Al-Dalou in der Küstenstadt Deir Al-Balah Zuflucht suchte, starb er während des Brandes infolge eines Israelischen Angriffs. Sein Tod fand insbesondere auf Social Media große Aufmerksamkeit und rief eine Welle der Bestürzung und des Entsetzens über die menschenrechtliche Situation in Gaza hervor.

D - DREIECK

Das Symbol des Dreiecks gilt als Träger zahlreicher Bedeutungen. In Ihsane greift Sidi Larbi Cherkaoui das Dreieck auf, um persönliche und universelle Verbindungen zu erforschen. Im Rückverweis auf die familiäre Triade von Mutter, Vater und Sohn symbolisiert es die

wechselseitigen Beziehungen und Dynamiken, die Identität und Herkunft prägen. Vater und Mutter sind zugleich Ausgangs- und Endpunkt von Ihsane. Im Kontext der drei metaphorischen Figuren – Sidi Mohamed Cherkaoui, Ihsane Jarfi und Shaaban Al-Dalu – wird das Dreieck zu einem Symbol für die Verbindung von Aufopferung, Mitgefühl und Trauer. Es reicht zugleich über das Individuelle hinaus und wird zum Sinnbild einer globalen Verbundenheit: Wie die Ecken eines Dreiecks in unauflöslicher Beziehung stehen, so verweben sich in Cherkaouis Choreografie persönliche Schicksale mit kollektiven menschlichen Erfahrungen und Erinnerungen.

I - IBN AL-ARABI

Muhyiddin Ibn Arabi, häufig auch Ibn Al-Arabi (1165–1240), geboren in Murcia und verstorben in Damaskus, gilt als einer der bedeutendsten Mystiker und Philosophen der arabischen Welt. Auch bekannt als „der größte Meister“, prägte er die Entwicklung des Sufismus maßgeblich mit seiner Lehre von der Einheit des Seins, die Gott in allen Formen des Lebendigen sieht. Seine visionäre Verbindung von Liebe, Sexualität und Spiritualität als Gottesdienst machte ihn sowohl zu einem Vorbild religiöser Toleranz, als auch zu einer kontroversen und häufig kritisch betrachteten Figur. Ein Ausschnitt aus einem seiner wohl bekanntesten Werke Der Übersetzer der Sehnsüchte wird in Ihsane

auf der Bühne vorgetragen. Das Gedicht, inspiriert von seiner Liebe zu Nizami aus Mekka, zelebriert die universellen Erscheinungsformen des Göttlichen. In Ihsane verbindet die Darbietung dieses Gedichts die spirituelle Botschaft Ibn Arabis mit der Choreografie von Sidi Larbi Cherkaoui, die von Toleranz, Mitgefühl und universeller Verbundenheit geprägt ist.

I - IHSANE

Der Begriff „Ihsane“ stammt aus dem Arabischen und bedeutet ins Deutsche übersetzt Güte, Wohlwollen und Freundlichkeit. Im Kontext des Islams beschreibt Ihsane die Praxis der Wohltätigkeit, die sowohl auf andere Menschen, als auch auf das eigene Handeln ausgerichtet ist. Es beinhaltet, den Mitmenschen mit Mitgefühl und Großzügigkeit zu begegnen, aber auch die eigenen Pflichten mit höchstem Engagement und Hingabe zu erfüllen. Damit verkörpert Ihsane eine Haltung und universelle Tugend, die Grenzen von Kultur und Religion überschreitet.

K - KOSTÜME

Die Kostüme in Ihsane, entworfen vom marokkanischen Designer Amine Bendriouich, bewegen sich zwischen Tradition und Transgression. So tragen die Tänzer:innen Schleier, die mehr enthüllen als verbergen, Tarbouches – zylinderförmige, rote Kopfbedeckungen

„Mein Herz ist dazu fähig geworden Jede Form in sich aufzunehmen Es ist eine Prärie für die Gazellen Und eine Abtei für die Mönche Es ist ein Tempel für die Götzen Und die Kaaba für die Pilger. Es ist die Wohnstätte der Tafeln der Tora Und der Verse des Korans Denn meine Religion Ist die Liebe

Es ist egal, wohin sein Ross läuft Sein Weg ist der Weg meines Glaubens.“

IBN ARABI (1165-1240) Ausschnitt aus Der Übersetzer der Sehnsüchte Übersetzung aus dem Französischen

– die mit den Kopfbedeckungen der Gnawa-Musiker:innen verschmelzen, oder auch traditionelle Röcke der nordafrikanischen Imazighen, die jedoch zerrissen sind. Amine Bendriouichs hybride Kleidungsstücke vereinen verschiedene kulturelle Traditionen und fordern damit zugleich ihre Konventionen heraus.

O - OUD

Die Oud gilt weltweit als eines der ältesten Musikinstrumente, das immer noch gespielt wird. Das Instrument ist aus einem hölzernen Korpus mit langem Hals sowie fünf bis sechs paarweise gestimmten Saiten zusammengesetzt, die meist mit Plektrum bespielt werden. Zudem können auch die Finger zum Zupfen der Saiten benutzt werden. Oftmals als Vorläufer der modernen Gitarre betrachtet, lässt sich die Geschichte des Saiteninstruments bis in die Antike zurückverfolgen, wo es erstmals im antiken Mesopotamien aufkam. Die Oud wurde im Laufe der Jahrhunderte zu einem bedeutenden Teil der arabischen Musik und erfreut sich besonders ab dem 20. Jahrhundert auch größerer Popularität in anderen Genres.

In Ihsane wird die Oud von der aus Teheran stammenden Musikerin Yasamin Shahhosseini gespielt, die sich als eine der führendsten Künstler:innen ihrer Generation etablierte. Ihr Schaffen erweitert kontinuierlich die Möglichkeiten der Oud und unterstreicht ihre Bedeutung in der heutigen Musikwelt.

S - SIDI LARBI CHERKAOUI

„Sidi Larbi Cherkaoui“ bedeutet aus dem Arabischen ins Deutsche wörtlich übersetzt etwa so viel wie „der arabische Edle, der aus dem Osten zu uns kommt“. So trägt laut dem Dramaturgen El Arbi El Harti bereits Cherkaoui als Choreograf selbst eine symbolische Bedeutung.

S - SILSILA

Das arabische Wort „Silsila“ bedeutet ins Deutsche übersetzt so viel wie Kette, Verbindung oder Linie und kann auch auf eine Form der spirituellen Genealogie hinweisen. Für den Dramaturgen El Arbi El Harti verbildlicht Cherkaoui selbst diese Kette von alten Geheimnissen. Angefangen mit der wörtlichen Bedeutung seines Namens, sieht er in ihm „die Synthese eine Silsila“, da er es schafft, als verbindendes Kettenglied zwischen verschiedenen Traditionen, Identitäten und Narrativen zu wirken.

Laura Kisser, Redaktion Festspielhaus St. Pölten

SIDI LARBI CHERKAOUI

Sidi Larbi Cherkaoui, eine der führenden Persönlichkeiten der zeitgenössischen belgischen Tanzszene und Gründer der renommierten Compagnie Eastman, schuf im Laufe seiner choreografischen Karriere breits mehr als 50 Stücke. Bis 2022 fungierte er als künstlerische Leitung des Ballet Vlaanderen, wo er bedeutende Werke wie Fall (2015), Exhibition (2016) und Requiem (2017) schuf. Seit der Saison 2022/2023 übernimmt er die künstlerische Leitung des Ballet du Grand Théâtre de Genève, nachdem er dem Genfer Publikum bereits in den Spielzeiten 2005 und 2008 Loin und 2019 im Rahmen von Minimal Maximal sein Werk Fall präsentierte. 2013 inszenierte er gemeinsam mit Damien Jalet und Marina Abramović Maurice Ravels Boléro für die Opéra national de Paris und setzte diese Zusammenarbeit 2018 mit Pelléas et Mélisande in Antwerpen fort. Zu seinen weiteren wegweisenden Opernproduktionen zählen Les Indes galantes (2016) von Rameau, Alceste (2019) von Gluck, Satyagraha (2017) von Philip Glass sowie Mozarts Idomeneo (2023). Er choreografierte das Musikvideo Apeshit der Pop-Ikonen Beyoncé und Jay Z, für sein choerografisches Debut am Broadway mit dem Musical Jagged Little Pill (2019) erhielt er eine Nominierung für den Tony Award. Neben seiner Verpflichtung in Genf ist er assoziierter Künstler am Londoner Sadler‘s Wells und am Théâtre National de Bretagne in Rennes.

JASSER HAJ YOUSSEF

Der Violinist, Dirigent, Komponist, Musikwissenschaftler und Pädagoge Jasser Haj Youssef ist einer der außergewöhnlichsten Musiker:innen seiner Generation. Er konzertiert auf der modernen Violine und der barocken Viola d‘amore mit internationalen Größen wie Barbara Hendricks, Didier Lockwood, Youssou N‘Dour und Sœur Marie Keyrouz sowie mit den größten Künstler:innen seines Heimatlandes Tunesien wie Salah El Mahdi, Safia Chamia und Choubeila Rached. In seiner Betätigung als Dirigent leitete er Orchester wie das Pariser Kammerorchester, das Orchestre des Jeunes de la Méditerranée in Aix-enProvence und Les Musiciens du Louvre an. Die musikalischen Werke seines ersten Albums Sira (2012) werden weltweit auf renommierten Bühnen gespielt. Mit seinem neuen Album Resonance (2025) möchte er einen neuen Weg in der Geschichte der barocken Viola d‘amore eröffnen, die er als einer von weltweit wenigen Musiker:innen exzellent beherrscht. Jasser Haj Youssef ist zudem Co-Autor des Buches Le Jazz et l‘Orient (2015) und hält weltweit Vorträge und Meisterklassen an Universitäten wie Harvard in den USA, der Haute École de Musique in Genf oder auch am Conservatoire National Supérieur de Musique et de Danse in Lyon.

BALLET DU GRAND THÉÂTRE DE GENÈVE

1961 gegründet, wurde das Genfer Ballett von renommierten Persönlichkeiten der Tanzwelt wie George Balanchine, Oscar Araiz oder Philippe Cohen angeleitet. Mit Sidi Larbi Cherkaoui und dem assoziierten Künstler Damien Jalet schlägt das Ensemble, das aus 22 internationalen Tänzer:innen besteht, eine zunehmend zeitgenössische Ausrichtung ein. Neben der Produktion von neuen Werken für das Genfer Publikum legt das Ballett einen Schwerpunkt auf Tourneen sowie auf Kollaboration mit anderen künstlerischen Institutionen. Zusätzlich zum hauseigenen Programm wird pro Saison ein Gastspiel geladen, um die Vielfalt von Tanzstilen und -formen zu fördern.

EASTMAN

Das Ensemble Eastman wurde 2010 von Sidi Larbi Cherkaoui gegründet, um desssen Werke zu produzieren und zu fördern. Mit einem explizit nicht-hierarchischen Ansatz, der die Grundlage seiner Arbeit darstellt, präsentiert Eastman eine breite Palette von Arbeiten und Kollaborationen, die sich von zeitgenössischem Tanz, Theater, Ballett bis hin zu Oper und Musik erstrecken. Zu den internationalen Partnern von Eastman zählen unter anderem La Monnaie / De Munt (Brüssel), die Grande Halle de La Villette (Paris), das Sadler‘s Wells (London) sowie das DE SINGEL International Arts Centre in Antwerpen, in dem Eastman residiert.

MOHAMMED EL ARABI-SERGHINI

Der in Tanger geborene Sänger Mohammed El Arabi-Serghini absolvierte seine Ausbildung in einer Zaouïa (islamisches Kloster) sowie am Konservatorium in Tanger und beherrscht neben dem Gesang die andalusische Geige und Perkussionsinstrumente. Er erhielt in den beiden Jahren 1992 und 1993 den Premio Nacional de Música Sufí gemeinsam mit der Musikgruppe von Sheik Mohammed El Mehdi Temsamani. Seit 1994 arbeitet er mit dem spanischen Musiker Eduardo Paniagua zusammen, sowie mit den Ensembles Ibn Báya und Tre Fontane. Zudem leitet er sein eigenes Ensemble EL ARABÍ. Im Jahr 2005 arbeitete er beim Soundtrack zum Kinofilm Kingdom of Heaven von Ridley Scott mit.

FADIA TOMB EL-HAGE

Fadia Tomb El-Hage wurde in Beirut geboren und begann ihre Karriere im Libanon als Solistin in Produktionen der Brüder Rahbani, es folgten ein Gesangsstudium am Münchner Richard-Strauss-Konservatorium. Ihr Repertoire reicht von der klassischen arabischen Musik über Musik des Mittelalters bis hin zur zeitgenössischen Musik. Sie präsentiert regelmäßig Welturaufführungen libanesischer und französischer Komponist:innen und tritt mit zahlreichen Orchestern bei internationalen Festivals und in renommierten Konzertsälen auf, darunter die Berliner, Kölner und Pariser Philharmonie und das New Yorker Lincoln Center.

LEBENSFREUDE UND MEISTERHAFTE ORGELMUSIK

SERGE AIMÉ

COULIBALY

. FASO DANSE THÉÂTRE

C la vie

Tanz/Live-Musik Mit neun Performer:innen, der stimmgewaltigen Sängerin Dobet Gnahoré und dem Musiker

Ivan Talbot kehrt der belgischburkinische Choreograf Serge Aimé Coulibaly mit einer gleichsam kritischen wie abenteuerlichen Feier des Lebens ins Festspielhaus zurück.

sa 15/02

EUR 12-52 ÖSTERREICH-PREMIERE FESTSPIELHAUSKOPRODUKTION

CAMERON CARPENTER

Ciné-Konzert: Nosferatu von Friedrich Wilhelm Murnau

Musik/Film/Improvisation Der extravagante Klassik-Virtuose mit Rockstar-Flair vertont live in einem Ciné-Konzert der Sonderklasse Friedrich Wilhelm Murnaus Horrorfilmklassiker Nosferatu (1921). Man darf sich auf eine einzigartige Mischung aus Filmgeschichte und meisterhafter Instrumentenbeherrschung freuen!

fr 28/02

EUR 36

Februar 2025

sa 15

SERGE AIMÉ COULIBALY . FASO DANSE THÉÂTRE

19.30 Uhr Großer Saal C la vie

Tanz/Live-Musik

mo 17

TONKÜNSTLER-ORCHESTER

19.30 Uhr Großer Saal Korngold/Strauss Musik/Klassik

do 20

THOMAS GANSCH BLASMUSIK SUPERGROUP

19.30 Uhr Großer Saal Blasmusik goes Hollywood Musik/Blech

fr 28

CAMERON CARPENTER

19.30 Uhr Großer Saal Ciné-Konzert: Nosferatu von Friedrich Wilhelm Murnau Musik/Film/ Improvisation

März 2025

mo 03

TONKÜNSTLER-ORCHESTER

19.30 Uhr Großer Saal Sibelius/Mozart/Brahms Musik/Klassik

fr 07

OONA DOHERTY

19.30 Uhr Großer Saal Specky Clark, A series of theatrical Images Tanz/Live-Musik

so 09

BEETHOVEN/BRAHMS/MENDELSSOHN

19.00 Uhr Großer Saal Gautier Gapuçon & Stipendiatinnen der Fondation Gautier Gapuçon Musik/Klassik

mi 12

VIKTORIA UND IHR HUSAR

18.00 Uhr Großer Saal Gastspiel Bühne Baden Operette

so 16

THE100HANDS

19.30 Uhr Kleiner Saal Out of the Box 2.0. Musik/Klassik/Jazz

sa 22 JANOSKA ENSEMBLE

19.30 Uhr Großer Saal Die vier Jahreszeiten im Janoska-Style Musik/Klassik/Crossover

Unser gesamtes Saisonprogramm finden Sie auf www.festspielhaus.at.

Haltungsübung Nr. 99

Nach vorne schauen.

Eine Haltungsübung für stürmische Zeiten: Nach vorne schauen. Und zwar so oft es geht. Dann spüren Sie nämlich nicht nur den Gegenwind, sondern sehen vielleicht auch die Chancen und Möglichkeiten, die auf Sie zukommen.

derStandard.at

Der Haltung gewidmet.

TEAM FESTSPIELHAUS

Elke Cumpelik Büroleitung Geschäftsführung, Thomas Gludovatz, Andreas Gremel Geschäftsführer, Bettina Masuch Künstlerische Leiterin

KÜNSTLERISCHES PRODUKTIONSBÜRO

Constanze Eiselt Leitung, Musikkuratorin, Prokuristin, Sophie Pachner, Katharina Schober-Dufek Stv. Leitung, Anna Sonntag

KULTURVERMITTLUNG & OUTREACH

Christina Ebner, Marlies Eder, Gabrielle Erd Leitung, Leonie Humitsch, Margit Mössmer Stv. Leitung

MARKETING & VERKAUF

Julia Bieder Datenbankmanagement, Lisa Haas Werbung, Kooperations- & Medienmanagement, Marlene Jann Redaktion & Publikationen, Laura Kisser Redaktion & Publikationen, Oliver Maus Social Media & Online Marketing, Derya Polat Chefkassierin, Andreas Prieling Stv. Leitung & Presse, Ulli Roth Gruppen & Key Accounts, Gülcan Simsek Leitung

TECHNIK & HAUS

Herbert Baireder Stv. Technische Leitung, Beleuchtungsinspektor, Ahmet Bayazit Hausorganisation, Vermietungen, Erhard Biegler Bühnentechnik, Andreas Dröscher Technische Leitung, Lotte Forstner Chefbilleteurin, Omezzine Hadj Amor Reinigung, Christian Hahnl-Bichler Tonmeister, Ilona Hiesberger Hausorganisation, Gerlinde Högel Portierin, Monika Holzgruber Reinigung, Matous Horinek Bühnentechnik, Eren Karabulut Haus- & Betriebstechnik, Münevver Karabulut Leitung Reinigung, Ayben Karadag Portierin, Oliver Klenkhart Bühnentechnik, Michaela Kogler-Troll Portierin, Bernd Neuwirth Cheftonmeister, Simon Nussbaumer Bühnentechnik, Nurgül Polat Reinigung, Katarzyna Rausch Portierin, Martin Schmidt Beleuchtungstechnik, Robert Sommer Stv. Beleuchtungsinspektor, Samantha Suppinger Stv. Leitung Bühnentechnik, Aynur Tuna Reinigung, Jürgen Westermayr Bühnenmeister

IMPRESSUM

Herausgeber, Verleger und Medieninhaber Niederösterreichische Kulturszene Betriebs GmbH, Kulturbezirk 2, 3100 St. Pölten, T: +43 (0) 2742/90 80 80, www.festspielhaus.at. Für den Inhalt verantwortlich Thomas Gludovatz, Andreas Gremel. Künstlerische Leiterin Bettina Masuch. Musikkuratorin Constanze Eiselt. Redaktion Laura Kisser. Fotos Filip Van Roe (Cover), GTG Gregory Batardon (Produktionsfotos Ihsane auf S. 6-7, 12-23), Filip Van Roe (S. 11), Sophie Deiss (S. 27 links), Dovile Sermokas (S. 27 rechts). Druck Walla GmbH. Produziert in Wien. Termin-, Programmund Besetzungsänderungen vorbehalten. Fotografieren, Ton- und Videoaufzeichnungen nicht gestattet. Preis des Programmheftes Euro 2,90

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Karten & Information

+43 (0) 2742/90 80 80 600 karten@festspielhaus.at www.festspielhaus.at

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