2006_07

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AKTUELLES AUS DEM LANDTAG

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INHALTSVERZEICHNIS

1.

2.

3.

4.

5.

Soziales und Gesundheit sowie Europaangelegenheiten 1.1. Heroin-Vergabe an Schwerstabhängige

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1.2. SGB II – Finanzieller Ausgleich für die Kommunen

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Bildung, Wissenschaft und Kultur 2.1. Schulgesetz verschiedet

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2.2. Novellierung des Hochschulgesetzes

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Haushalt, Finanzen; Wirtschaft, Arbeit und Verkehr 3.1. Haushalt und Finanzen / Vorlage des Haushaltsplanes 2007 durch das Kabinett

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3.2. Wirtschaft und Arbeit / Haushaltsschwerpunkte

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Innen und Recht 4.1. Vertretung der Gemeinde in Unternehmen und Einrichtungen

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4.2. Gerichtsnahe Mediation

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4.3. Einführung von Schülergerichten

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4.4. Strafvollzugsgesetz

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Umwelt, Landwirtschaft und Verbraucherschutz 5.1. Vollständiger Arbeitnehmerfreizügigkeit für osteuropäische Erntehelfer gefordert

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AKTUELLES AUS DEM LANDTAG

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FACHGEBIETE DER ABGEORDNETEN (STAND: 21. Juli 2006) Abgeordnete/r

Ausschuss (Vertretung)

Bode, Jörg

Innen, Ältestenrat, Abgeordnetengesetz, Wahlprüfung

Dürr, Christian

Umwelt (Kultus)

Hermann, Wolfgang

Wirtschaft (Landwirtschaft)

Hirche, Walter

Wirtschaftsminister

König, Gabriela

Petitionen (Ausländerkommission, Wirtschaft) / Verkehrs- und tourismuspolitische Sprecherin

Kuhlo, Ulrike

Landtagsvizepräsidentin, Europa, Medien (Wirtschaft, Wahlprüfungsausschuss)

Meißner, Gesine

Vorsitzende des Sozialausschusses (Demografischer Wandel)

Oetjen, Jan-Christoph

Landwirtschaft, Demografischer Wandel (Häfen)

Peters, Ursula

Unterausschuss Justizvollzug, Datenschutzkommission (Innen, Recht, Finanzen, soziales) / Baupolitische Sprecherin

Rickert, Klaus

Haushalt und Finanzen, Unterausschuss Haushaltsrechnung (Datenschutzkommission)

Riese, Roland

Häfen, Ausländerkommission (Wissenschaft und Kultur, Petition)

Rösler, Dr. Philipp

Verfassungsschutz (Europa/Medien, Ältestenrat, Abgeordnetengesetz)

Sander, Hans-Heinrich

Umweltminister

Schwarz, Hans-Werner

Kultus (Umwelt) / Sportpolitischer Sprecher

Zielke, Prof. Dr. Dr. Roland

Recht, Wissenschaft und Kultur (UA Justiz)


AKTUELLES AUS DEM LANDTAG 1.

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SOZIALES UND GESUNDHEIT SOWIE EUROPAANGELEGENHEITEN

Wissenschaftlicher Fachreferent: Thomas Franzkewitsch; Telefon 0511-3030 4306 1.1

Heroin-Vergabe an Schwerstabhängige

Seit dem Jahr 2002 lief das Modellprojekt zur Heroin-Abgabe an Schwerstabhängige in Kooperation von Bund, Ländern und Kommunen. Dieses Modellprojekt hat sich an Menschen gerichtet, die über viele Jahre Heroin und teilweise zusätzlich andere Drogen konsumiert haben und die sowohl von konventionellen Therapien wie auch von der Substitution mit Methadon nicht erreicht wurden. In der begleitenden Studie wurde die Heroin-Vergabe mit der Methadonbehandlung verglichen. Die Ergebnisse des Modellprojektes sind eindeutig positiv. So ist bei 80% der Probanden eine gesundheitliche Verbesserung eingetreten gegenüber 74% in der MethadonVergleichsgruppe. Der Beikonsum von illegalen Drogen ist bei 69% zurückgegangen gegenüber 55% in der Vergleichsgruppe. Insgesamt hat sich gezeigt, dass es bei der HeroinVergabe leichter fällt, sich von der Drogenszene und dem kriminellen Umfeld zu lösen. In Hannover haben 126 Menschen an der Studie teilgenommen. Das Land hat sich an der Finanzierung des Modellprojektes mit insgesamt rund 2,6 Millionen Euro beteiligt. Das Modellprojekt zur Heroin-Vergabe sollte ursprünglich Ende Juni enden. Es konnte aber eine Übergangsregelung bis zum Jahresende vereinbart werden, danach droht allerdings weiterhin, dass die betroffenen Menschen in den Kreislauf von Drogenkonsum, Sucht und Beschaffungskriminalität zurückfallen und dass die erreichten gesundheitlichen Verbesserungen verloren gehen. Eine möglichst schnelle Aufnahme der Heroin-Vergabe in die Regelversorgung ist daher erforderlich. Dazu sind zuerst auf Bundesebene Änderungen des Betäubungsmittelgesetzes und des Arzneimittelgesetzes vorzunehmen. In der Folge sollte der Gemeinsame Bundesausschuss von Ärzten und Krankenkassen die Heroin-Vergabe unter einer klaren Indikationsstellung für Schwerstabhängige in die Behandlungsrichtlinien der gesetzlichen Krankenversicherung aufnehmen. Allerdings gibt es erhebliche Widerstände in der Bundestagsfraktion der Union, die bisher die Gesetzgebung verhindert haben. Im Niedersächsischen Landtag waren sich hingegen alle Fraktionen im Ziel der Überlebenshilfe für schwer kranke Menschen einig und haben für die Fortsetzung der HeroinVergabe plädiert. Umstritten war allerdings, ob in der Beschlussfassung erwähnt werden sollte, dass Heroin erstattungsfähiges Arzneimittel werden sollte, wie es SPD und Grüne gefordert haben, die CDU allerdings nicht festschreiben wollte. Alternativ wurden daher im Antrag der Koalitionsfraktionen nur auf die zur Umsetzung der Heroin-Abgabe erforderlichen Beschlüsse verwiesen.


AKTUELLES AUS DEM LANDTAG 1.2

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SGB II – Finanzieller Ausgleich für die Kommunen

Die kommunalen Träger im SGB II – also die Landkreise, kreisfreien Städte und die Region Hannover – erhalten für ihre Aufwendungen (vor allem für die Unterkunftskosten der Arbeitslosengeld II-Bezieher, aber auch für begleitende Eingliederungsleistungen wie psychosoziale Betreuung, Suchtberatung oder Schuldnerberatung) auf zwei Grundlagen einen finanziellen Ausgleich. Dies betrifft einerseits die Beteiligung des Bundes an den Unterkunftskosten, die für 2005 und 2006 auf 29,1 % festgeschrieben war und nach den tatsächlichen Aufwendungen ausgezahlt wird. Für 2007 ist noch keine Quote der Bundesbeteiligung vereinbart worden, es soll aber bis Oktober eine dauerhafte Regelung gefunden werden. Da die Berechnungen von Bund und Ländern zu den finanziellen Be- und Entlastungen der Kommunen weiterhin erheblich voneinander abweichen, wird sich der Einigungsprozess schwierig gestalten. Dies führt natürlich zu erheblichen Unsicherheiten für die kommunalen Haushalte. Daneben gibt es einen Ausgleich für die Entlastungen des Landes, die vor allem beim Wohngeld entstanden sind. Dieser Ausgleich wurde zuerst mit 105 Millionen Euro angesetzt und nach aktualisierten Berechnungen auf 127 Millionen Euro im Jahr erhöht. Die Verteilung auf die einzelnen Kommunen nach § 5 des Niedersächsischen Ausführungsgesetzes zum SGB II orientiert sich an der Verteilung der vorherigen Wohngeldausgaben. Andere Bundesländer geben die Ausgleichszahlungen für ihre finanzielle Entlastung in den allgemeinen kommunalen Finanzausgleich, so dass dort eine Quantifizierung im Hinblick auf die SGB IILeistungen für die einzelnen Kommunen kaum möglich ist. Beim Vergleich der finanziellen Be- und Entlastungen der Kommunen hat sich in der Praxis gezeigt, dass die vom Bund insgesamt versprochenen Entlastungen (für Niedersachsen ca. 250 Millionen Euro) nicht erreicht werden. Zudem haben sich für die einzelnen Kommunen sehr unterschiedliche Be- und Entlastungen ergeben, Gewinner sind z. B. die Region Hannover, die Städte Braunschweig und Wilhelmshaven und die Kreise Hildesheim, Helmstedt und Stade, Verlierer sind z. B. die Landkreise Harburg, Gifhorn und Grafschaft Bentheim und die Stadt Oldenburg. Ursache für diese interkommunalen Verwerfungen sind unterschiedliche Ausgangsbedingungen bei der Einführung des SGB II u. a. hinsichtlich des Verhältnisses von früheren Sozialhilfe- und Arbeitslosenhilfebeziehern und hinsichtlich der tatsächlichen Unterkunftskosten. Die Arbeitsgruppe Quantifizierung unter Federführung des Sozialministeriums und Beteiligung von Landkreistag, Städtetag und Vertretern einzelner Kommunen hat die finanziellen Verwerfungen zwischen den Kommunen anhand der Kommunaldatenerhebung untersucht und mehrheitlich einen neuen Verteilungsmechanismus vorgeschlagen. Demnach sollten im zweiten Halbjahr 2006 die Ausgleichszahlungen des Landes vorrangig an diejenigen Kommunen gehen, bei denen sich nach den bisherigen Berechnungen ein Defizit ergeben hat. Dann hätten aber einige der bisherigen „Gewinner-Kommunen“ erheblich verringerte Ausgleichszahlungen erhalten, was auf deren Widerstand gestoßen ist.


AKTUELLES AUS DEM LANDTAG

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Eine Beschlussfassung der Landesregierung für das zweite Halbjahr 2006 soll allerdings nicht erfolgen, wenn in dieser Frage nicht zumindest ein einvernehmliches Votum der kommunalen Spitzenverbände erreicht wird, was derzeit nicht abzusehen ist. Daher ist eine geplante Änderung des Niedersächsischen Ausführungsgesetzes zum SGB II zurückgestellt worden. Für das Jahr 2007 wird allerdings eine grundlegende Neuberechnung erforderlich werden, wenn feststeht, wie sich zukünftig der finanzielle Ausgleich des Bundes gestalten wird.


AKTUELLES AUS DEM LANDTAG 2.

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BILDUNG, WISSENSCHAFT UND KULTUR

Wissenschaftliche Mitarbeiterin: Jutta Cohausz; Telefon 0511-3030 4303 2.1

Schulgesetz verabschiedet

In der letzten Plenarwoche vor der Sommerpause wurde die Novellierung des Schulgesetzes (NSchG) verabschiedet, um Anpassungen für die Umsetzung der Eigenverantwortlichen Schule vorzunehmen. Damit ist jetzt der Weg für die Schulen frei, ab August 2007 eigenverantwortlich zu agieren und ihre Schulen im vorgegebenen Rahmen selbst zu gestalten. Die Schulen können ihre Profile schärfen und ihre Stärken herausarbeiten. Bis zur Verabschiedung des Gesetzes war es ein weiter Weg. Der vom Ministerium vorgelegte Gesetzentwurf war in vieler Hinsicht unbefriedigend. Umso erfreulicher war es zu sehen, wie konstruktiv sich alle beteiligten Interessengruppen am Gesetzesverfahren beteiligt haben. Das Ergebnis ist nun eine Gesetzesnovelle, die von einer breiten Mehrheit getragen wird. Neben der Regierungskoalition haben auch die Grünen der Novelle im Landtag zugestimmt, die mit einem eigenen Gesetzentwurf zur konstruktiven Arbeit des Kultusausschusses beigetragen hatten. Abgelehnt wird die Novelle aus dem Lager der Interessengruppen nur noch von der SPD, der GEW und dem Philologenverband. Aus liberaler Sicht ist das Ergebnis der Beratungen sehr zufrieden stellend. Die Forderungen des Landesparteitags konnten umgesetzt werden. Ein schrittweiser Einstieg in die eigenverantwortliche Schule wird möglich sein. Außerdem werden die Schulleiter in Fortbildungen auf ihre neuen Aufgaben vorbereitet. Die Gesamtkonferenz bleibt in pädagogischen Fragen der Entscheidungsträger, während für organisatorische Fragen ein schlankerer und damit flexiblerer Schulvorstand zuständig sein wird. Dieser wird sich zu 50% aus Lehrkräften und zu jeweils 25% aus Eltern und Schülern zusammensetzen und in organisatorischen Fragen entscheiden. Zudem arbeitet er der Gesamtkonferenz zu und legt z.B. für das Schulprogramm oder die Schulordnung Entwürfe vor. Sollte es bei Entscheidungen im Schulvorstand zu einer Patt- Situation kommen, bleibt die ausschlaggebende Stimme der Schulleitung vorbehalten. Hier hätten wir gerne gesehen, dass die Schulleitung zusätzlich zum Anteil der Lehrkräfte Teil des Vorstandes wird, damit die Mehrheit bei den professionellen Bildungsvertretern liegt. Das war jedoch nicht durchsetzbar. Die Verabschiedung des Gesetzes war ein wichtiger erster Schritt zur Verbesserung der Bildungsqualität. Unabhängig davon wird für den Erfolg der Eigenverantwortlichen Schule entscheidend sein, dass die Schulen bei der schrittweisen Umsetzung adäquat begleitet und unterstützt werden. Wir dürfen die Schulen jetzt nicht alleine lassen. Eine Umstellung auf die eigenverantwortliche Schule erfordert viel Engagement von den Beteiligten vor Ort, darum müssen wir sicherstellen, dass die Voraussetzungen stimmen. Wenn auch die gesetzlichen Grundlagen nun geschaffen sind, bleibt für uns noch viel zu tun. Viele Erlasse hindern die Schulen noch an einer freien Entfaltung und damit an einer Verbesserung der Bildungsqualität. Nennen Sie uns solche Erlasse, damit wir uns für deren Abschaffung einsetzen können! Zudem eignet sich das Modell der eigenverantwortlichen Schule nicht für Sparmaßnahmen. Um Eigenverantwortung zu einer „guten Schule“ zu entfalten, muss die Budgetierung adäquat ausfallen. Nicht nur, dass es keinesfalls zu Kürzungen kommen darf, die Schule


AKTUELLES AUS DEM LANDTAG

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muss zudem die volle Entscheidungsgewalt über ihr Budget erhalten. Außerdem muss klar sein, dass evtl. eingeworbene Sponsoringmittel zusätzliche Mittel sind, die der Schule zur freien Verfügung stehen. Wir sehen uns auf einem guten Weg, müssen aber gemeinsam mit allen Beteiligten den Prozess konstruktiv weiter begleiten. Die größte Baustelle, die uns im Hinblick auf unsere Schulen bleibt, ist die Sicherung der Unterrichtsversorgung. Darauf werden wir uns auch in den kommenden Haushaltsverhandlungen konzentrieren müssen. Denn eine Verbesserung der Bildungsqualität ist ohne eine angemessene Unterrichtsversorgung nicht möglich. Und die ist noch nicht da, wo wir sie sehen möchten. Bei all diesen eingeleiteten und anstehenden Maßnahmen muss jedoch klar sein, dass Bildung eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe ist. Schulen allein können diese Arbeit nicht leisten. Darum müssen wir auch die Eltern stärker in die Pflicht nehmen. Damit sind nicht die Eltern gemeint, die sich schon jetzt viel Zeit für ihre Kinder nehmen und sich für die Kinder und ihre Schulen engagieren. Gemeint sind die Eltern, die diese Verantwortung auf die Schulen abschieben wollen oder mit ihrer Erziehungsaufgabe überfordert sind. Hier müssen wir ein Bewusstsein schaffen und gemeinsam mit den Betroffenen überlegen, welche Unterstützungsangebote möglich und angemessen sind, um die Zukunft unserer Kinder und damit unseres Landes zu sichern.

2.2

Novellierung des Hochschulgesetzes

Im März hat das Wissenschaftsministerium für die Landesregierung einen Entwurf für die Hochschulgesetzesnovelle eingebracht, der aus liberaler Sicht so nicht tragbar war. Dementsprechend kontrovers wurde dann auch die Plenardebatte geführt. Nach der Ausschussanhörung und einer Klausur des CDU/ FDP- Arbeitskreises konnten wir einige wesentliche Punkte in unserem Sinne korrigieren, vor allem was die Autonomie der Hochschulen betrifft. Den Hochschulen werden insbesondere mehr Freiräume gewährt, um mit anderen Hochschulen in gemeinsamen Einrichtungen zu kooperieren. Gleichzeitig konnten wir sicherstellen, dass außerplanmäßige Professoren und Privatdozenten der Gruppe der Hochschullehrer zugeordnet werden und damit nicht schlechter gestellt werden als Juniorprofessoren. Die beiden wissenschaftlichen Laufbahnen Juniorprofessor und Habilitand werden rechtlich gleichgestellt. Es ist gelungen, die im Entwurf vorgesehene Streichung jeglicher Abwahlmöglichkeit der Präsidenten rückgängig zu machen, sodass der Senat seine grundsätzliche Bedeutung behält. Weiter konnten wir erreichen, dass die Hochschulen ihre Masterstudenten nicht nur nach der BA-Note auswählen müssen, sondern andere Kriterien ebenfalls in die Überlegungen einfließen können. Für berufstätige Studierende werden Teilzeitstudiengänge mit halbierten Beiträgen ermöglicht. Um Missbrauch auszuschließen, dürfen Teilzeitstudierende nur die Hälfte der pro Semester vorgesehenen Module belegen. Wir konnten außerdem verhindern, dass Studierende, die einer Straftat verdächtigt werden, vorsorglich exmatrikuliert werden.


AKTUELLES AUS DEM LANDTAG

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Gemeinsam mit den Studentenwerken konnte eine Regelung erzielt werden, die ein bereits eingeplantes „Sonderopfer“ aller Standorte von je € 1 Mio. zur Sanierung des Studentenwerkes Clausthal/ Zellerfeld verhindert hat. Das Studentenwerk Clausthal/ Zellerfeld wird vom Studentenwerk Braunschweig mit annähernd seinen bisherigen Mitteln übernommen. Die Sockelbeiträge werden auf € 300.000 gesenkt, während die restlichen im Landeshaushalt vorgesehenen Mittel prozentual nach Studierenden und ausgegebenen Essen verteilt werden. Damit hat sich die Mittelverteilung leicht verschoben, die Studentenwerke haben jedoch nicht die vorgesehene große Einbuße zu verkraften und sind deshalb mit der Neuregelung einverstanden. Insgesamt ist die NHG-Novelle nicht der große Wurf, den wir uns erhofft hatten. Wir konnten jedoch wichtige liberale Zeichen setzen und gehen davon aus, dass die Novelle im Oktober oder November verabschiedet werden kann.


AKTUELLES AUS DEM LANDTAG 3.

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HAUSHALT UND FINANZEN; WIRTSCHAFT, ARBEIT UND VERKEHR

Wissenschaftlicher Fachreferent: Sebastian Maas; Telefon 0511-3030 4305 3.1

Haushalt und Finanzen / Vorlage des Haushaltsplanes 2007 durch das Kabinett

Die Landesregierung hat den Fraktionen ihren Kabinettsbeschluss für den Haushalt 2007 vorgelegt. Das Wichtigste: die Neuverschuldung wird auch 2007 um 350 Mio. € gesenkt. Damit wird der durch die CDU/FDP-Regierung eingeleitete Sparkurs fortgeführt und die Nettokreditaufnahme sowie das strukturelle Defizit im Vergleich zum Wahljahr 2003 halbiert. Erstmals seit 2002 liegt auch wieder ein verfassungskonformer Haushalt vor. Wir bestreiten nicht, dass dieses positive Ergebnis auch durch die zu erwartenden Mehreinnahmen aus der von der FDP abgelehnten Mehrwertsteuererhöhung zustande gekommen ist. Da wir nicht wissen, wie sich die Steuerpolitik des Bundes auf die konjunkturelle Entwicklung der nächsten Jahre auswirkt, besteht jedoch kein Anlass, vom derzeitigen Konsolidierungskurs abzuweichen. Der finanzpolitischen Sprecher der Fraktion, Klaus Rickert, kann sich im Gegenteil sogar eine stärkere Kürzung der Nettokreditaufnahme vorstellen. Den Willen der Landesregierung, auch Zukunftsausgaben anzugehen, zeigt sich in der Setzung von Schwerpunkten im nächsten Jahr, die die Zukunftsfähigkeit des Landes fördern sollen. Zur Verbesserung des Betreuungs- und Bildungsangebotes für 1- bis 3-Jährige werden 25 Mio. € investiert. Für Jugendliche wurden zwei Initiativen beschlossen, um die Jugendarbeitslosigkeit zu senken (Details dazu im Abschnitt Wirtschaft und Arbeit). Zur Stärkung von Wirtschaft und Infrastruktur werden die entscheidenden Projekte weiter im notwendigen Umfang finanziert (Details im Abschnitt Wirtschaft und Arbeit). Auch die Beamten, die in den letzten Jahren die größten Beiträge zur Haushaltssanierung geleistet haben, erhalten erstmals wieder eine Anpassung ihrer Bezüge von 3% sowie eine einmalige Sonderzahlung im Dezember 2006 von 2%. Wir wissen, dass dies keine große Freude auslösen wird, verstehen dies aber als Signal an die Landesbeamten, dass die Landesregierung sie im Rahmen ihrer Möglichkeiten berücksichtigt. Sparen und Gestalten sind also kein Widerspruch und das nächste Ziel heißt nun, einen ausgeglichenen Haushalt bis 2012 vorzulegen, um dann den Schuldenberg von mittlerweile über 50 Mrd. € abzubauen. Sozialdemokratische und grüne Wunschkonzerte sind beim Erreichen dieses Ziels fehl am Platz.

3.2

Wirtschaft und Arbeit / Haushaltsschwerpunkte

Der Haushaltsplanentwurf 2007 enthält aus Sicht des Wirtschaftsressorts viel Positives. Die zentralen Infrastrukturprojekte des Landes erhalten die notwendigen Mittel, um die Planungs- und Bauarbeiten fortsetzen zu können. An der Küste wird der Jade-Weser-Port als zentraler Containerhafen für Niedersachsen weiter gebaut und in Brake die Erweiterung des Seehafens umgesetzt. Dies ist dringend notwendig,


AKTUELLES AUS DEM LANDTAG

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da Brake u.a. als wichtigster Umschlagplatz Deutschlands für Zellstoff an seine Kapazitätsgrenzen stößt. Auch die A 22, die für den zunehmenden Güterverkehr zwischen Ost- und Westeuropa sowie Skandinavien dringend gebraucht wird, erhält Barmittel sowie eine Verpflichtungsermächtigung, um die Planungskosten der nächsten Jahre abzudecken. In Braunschweig, einem der größten Zentren für Luftfahrtforschung in Europa, beteiligt sich das Land mit 17 Mio. € an den Kosten der Startbahnverlängerung des Forschungsflughafens. Diese ist notwendig, damit dort auch mit zukünftigen Generationen von Flugzeugen gearbeitet werden kann. Einziger Wermutstropfen: Für den geplanten Innovationsfond konnten bisher noch keine Mittel bereitgestellt werden. Die kritische Situation am Ausbildungsmarkt hat die Landesregierung dazu bewogen, das Programm „2000x2500“ für zusätzliche Ausbildungsplätze aufzulegen. Dabei werden kleine und mittlere Unternehmen, die zusätzliche Ausbildungsplätze für Jugendlichen bereitstellen, mit einem einmaligen Zuschuss von 2500 € gefördert. Mit den dafür bereitstehenden fünf Millionen € können insgesamt 2000 neue Ausbildungsplätze in Niedersachsen geschaffen werden. Gemeinsam mit dem zum 1. Juli 2006 eingeführten Kombilohn-Modell in Niedersachsen ist dies eine weiterer Baustein der Arbeitsmarktpolitik aus dem liberalen Wirtschaftsministerium unter der Überschrift „Erster Arbeitsmarkt zuerst“.


AKTUELLES AUS DEM LANDTAG 4.

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INNEN UND RECHT

Wissenschaftliche Fachreferentin: Silke Fricke; Telefon 0511-3030 4314; im Bereich Recht z. Zt. vertreten durch Vanessa Albowitz; Telefon 0511-3030 4308 4.1

Vertretung der Gemeinde in Unternehmen und Einrichtungen

Aufgrund mehrfacher Anfragen zu der genauen Bedeutung des § 111 Absatz 7 NGO, welcher eine Abführungspflicht von Vergütungen aus Tätigkeiten als Vertreter der Gemeine in Unternehmen und Einrichtungen statuiert, soll an dieser Stelle eine kurze Erläuterung erfolgen: Zunächst ist zu beachten, dass diese Vorschrift nur für Unternehmen und Einrichtungen gilt, welche in privatrechtlicher Form geführt werden. Sie gilt also nicht für öffentlich-rechtlich organisierte Einrichtungen wie Zweckverbände, Wasserverbände oder Sparkassenzweckverbände. Nur bei Zweckverbänden mit überwiegend wirtschaftlichen Aufgaben, deren Verbandssatzung dementsprechend ausgestaltet sein sollte kommt ihre Anwendung in Betracht. Für Sparkassen gelten die besonderen Vorschriften des NSpG. Die Vertreter der Gemeinde im jeweiligen Mitgliederorgan werden vom Rat gewählt. Die Tätigkeit als Vertreter der Gemeinde in den Organen gehört nun nicht zur „normalen“ Mandatstätigkeit, so dass der Aufwand nicht durch die Entschädigung nach § 39 NGO abgegolten ist. Deshalb ist die Gewährung einer Aufwandsentschädigung durch die Unternehmen und Einrichtungen gerechtfertigt. Die Ablieferungspflicht besteht dabei für den das Maß einer angemessenen Aufwandsentschädigung übersteigenden Teil gezahlter Vergütungen. Die Höhe dieses Teils wird vom Rat festgesetzt. Eine Orientierung soll beispielsweise an der Höhe der für Mitglieder des Verwaltungsausschusses zulässigen Aufwandsentschädigung oder an den besoldungsrechtlichen Bestimmungen festgelegt werden. Hierdurch sollen landesweite Einzelentscheidungen vermieden und Verwaltungsaufwand reduziert werden.

4.2

Gerichtsnahe Mediation

Das Niedersächsische Justizministerium hat zusammen mit dem gemeinnützigen Verein Konsens ein Projekt „gerichtsnahe Mediation“ an sechs Gerichten in Niedersachsen durchgeführt. Unter Mediation versteht man dabei eine besondere Methode der Streitbeilegung, bei der der Mediator keine eigene Entscheidungsbefugnis hat, sondern versucht, zwischen den Parteien zu vermitteln. Hauptverantwortung und die Erarbeitung der Lösungsansätze übernehmen jedoch die Parteien selbst. Die Teilnahme an der Mediation erfolgt freiwillig, jedoch nachdem bereits Klage an einem der teilnehmenden Gerichte erhoben wurde. Letztes Jahr lief das Projekt offiziell aus, wird jedoch aufgrund ausschließlich positiver Äußerungen aller Beteiligten zunächst an den sechs Gerichten in Oldenburg, Göttingen, Hannover (Landgericht, Sozialgericht und Verwaltungsgericht) und Hildesheim weitergeführt. Nach unserer Ansicht hat sich das Projekt bewährt und sollte nun gesetzlich verankert werden, um die gerichtsnahe Mediation landesweit anbieten zu können.


AKTUELLES AUS DEM LANDTAG

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Denn einvernehmliche Konfliktlösungen können zeitnah und kostengünstig eine größere Zufriedenheit für alle Beteiligten gewähren, als dies das Ergebnis eines langen Klageverfahrens schaffen könnte.

4.3

Einführung von Schülergerichten

Justizministerin Elisabeth Heister-Neumann hat vorgeschlagen, in Niedersachsen Schülergerichte – sog. Teen-Courts - einzuführen. Aufgrund positiver Erfahrungen aus anderen Bundesländern hat die FDP-Landtagsfraktion Zustimmung zu diesem Vorschlag signalisiert. Denn der Einstieg in eine kriminelle Karriere erfolgt gerade bei Jugendlichen oft über minderschwere Straftaten. In einem Schülergremium soll nach den Plänen der Justizministerin eine erzieherische Maßnahme von Altersgenossen vorschlagen werden. Nach unserer Ansicht kann sich hierdurch eine größere Nähe der Urteile zur Realität der Jugendlichen ergeben. Wichtig ist uns aber bei einer Realisierung des Projekts, dass die zu behandelnden Fälle ausschließlich durch die Staatsanwaltschaft an das jeweilige Schülergericht übermittelt werden und dass Jugendliche ebenso wie Eltern einverstanden sind, dass der Fall vor einem Teen-Court behandelt wird.

4.4

Strafvollzugsgesetz

Nachdem im Rahmen der Föderalismusreform Bundestag und Bundesrat beschlossen haben, die Gesetzgebungskompetenz für den Strafvollzug auf die Länder zu übertragen, haben sich Prof. Zielke und Frau Peters als zuständige Sprecher mit dem Arbeitskreis Recht, dem Unterarbeitskreis Strafvollzug und einigen Vertretern des Justizministeriums inklusive Ministerin Heister-Neumann getroffen, um erste Beratungen für ein geplantes Landesstrafvollzugsgesetz zu erörtern. Die Diskussion wurde auf der Grundlage des Eckpunktepapiers zum Strafvollzug geführt, dass Frau Heister-Neumann im Frühjahr vorgelegt hatte. Aus unserer Sicht besteht noch Diskussionsbedarf bzgl. der bisherigen Vorschläge, doch zunächst soll der eigentliche Gesetzentwurf abgewartet werden, der voraussichtlich nach der Sommerpause vom Justizministerium vorgelegt wird.


AKTUELLES AUS DEM LANDTAG 5. VERBRAUCHERSCHUTZ, LANDWIRTSCHAFT UMWELT, UND MEDIEN

UND

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LÄNDLICHER RAUM;

Wissenschaftlicher Fachreferent: Christian Budde, z. Zt. vertreten durch Fabian Fischer; Telefon 0511-3030 4313 5.1

Vollständiger Arbeitnehmerfreizügigkeit für osteuropäische Erntehelfer gefordert

Die neue Eckpunkteregelung zum Einsatz osteuropäischer Saisonarbeitskräfte ist gescheitert. Zu diesem Ergebnis kam man nicht nur in Berlin, sondern auch während der Fragestunde der Plenarsitzung des Niedersächsischen Landtages im Juli, in der Abgeordnete von CDU und FDP die Eckpunkteregelung zum Einsatz von Saisonarbeitskräften thematisiert haben. Man kam zu dem Schluss, dass sich laut einer Umfrage des Deutschen Bauernverbandes, des Gesamtverbands der Deutschen Land- und Forstwirtschaftlichen Arbeitgeberverbände und des Bundesausschusses Obst und Gemüse die bisherige Eckpunkteregelung zum Einsatz ausländischer Saisonarbeitskräfte nicht bewährt hat. Die Eckpunkteregelung sah ursprünglich vor, dass durch eine intensive und gezielte Arbeitsvermittlung und die enge Zusammenarbeit mit den landwirtschaftlichen Betrieben verstärkt auch inländische Arbeitslose für die Saisonbeschäftigung gewonnen werden sollten. Im Frühjahr diesen Jahres sah es so aus, als würden sich immer mehr Langzeitarbeitslose diesen Herausforderungen stellen wollen. Auch die Qualifizierungsmaßnahmen wurden gut angenommen. Nach der Spargel- und Erdbeersaison wurde jetzt aber erkennbar, dass die Eckpunkteregelung nicht die benötigten Arbeitskräfte auf den Feldern und im vor- und nachgelagerten Bereich der Ernte bringen konnte. Spargel- und Erdbeerfelder konnten teilweise nicht abgeerntet werden, da einheimische Arbeitskräfte nicht die wegen der begrenzten Zulassungen fehlenden osteuropäischen Saisonarbeitskräfte auffangen konnten. Die vom Niedersächsischen Landwirtschaftsminister Hans-Heinrich Ehlen initiierte flexible Handhabung der Eckpunkteregelung, nach der bei weniger als 20 Prozent inländischer Arbeitskräfte auch mehr osteuropäische Arbeiter eingestellt werden durften, hat dabei nicht das gewünschte Ziel erreicht. Deshalb fordert der Agrarexperte der FDP-Fraktion, JanChristoph Oetjen, dass es zukünftig für die niedersächsischen Landwirte wieder Planungssicherheit bei der Anwerbung von Saisonarbeitskräften geben müsse. Das bedeutet, dass den heimischen Betrieben flexibel die Werbung von ausländischen Kräften erlaubt werden muss, falls auch zukünftig nicht genügend einheimische Erntehelfer bereit stehen sollten. Deshalb fordern wir von der Bundesregierung, die vollständige Arbeitnehmerfreizügigkeit für osteuropäische Arbeitskräfte im Bereich der saisonalen landwirtschaftlichen Tätigkeiten durchzusetzen.

Stand: Juli 2006


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