RHB 2019 - Island

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N A L IS #island

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Eisberge auf dem Fjallsárlón: Seit 2017 gehört der südisländische Gletschersee zum Vatnajökull-Nationalpark. 368


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#island

A L IS D N is


d n a l s #i

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#talkingnordic UNTERWEGS IN ISLAND Stadtbus Überlandbus Fahrplan Busbahnhof Ankunft/Abfahrt hin und zurück Taxi Straße, Weg Fähre Hafen Flugzeug Tankstelle

#hardfacts strætó rúta ferðaáætlun umferðarmiðstöð koma/brottför fram og til baka leigubíll gata, braut, vegur ferja höfn flugvél bensínstöð

DAS WETTER Wettervorhersage Sonnenschein Regen Nebel Sturm Windstärke

veðurspá sólskin rigning floka stormur/rok vindstig

VOR ORT Schwimmbad (Heimat-)Museum (Zahn-)Arzt Krankenhaus Post Telefon Bank Polizei Information

sundlaug (byggða-)safn (tann-)læknir sjúkrahús póstur sími banki lögregla upplýsingar

GEOGRAFISCHE BEGRIFFE Fluss Stadt Hof Tal Insel Berg/Gebirge Fjord/Fjorde Wasserfall Lavafeld heiße Quelle Gletscher warme Quelle Rauch Wald See Bucht

Skandinavien Reisehandbuch 2019

á borg bær dalur ey/eyjar fjall/fjöll fjörður/firðir foss hraun hver jökull laug reykur skógur vatn vík

Island umfasst eine Fläche von 103.000 km². Die Vulkaninsel liegt in der arktisch-polaren Zone, der Polarkreis verläuft durch die nördlich vorgelagerte Insel Grímsey. Im Nordwesten sind es nach Grönland 290 km, im Südosten auf die Färöer 435 km und nach Norwegen 970 km. In Island leben ca. 355.000 Menschen, was einer Bevölkerungsdichte von 3,4 Einwohnern/ km² entspricht – der geringsten in Europa. Etwa 225.000 Menschen leben im Großraum Reykjavík, der Rest verteilt sich fast ausschließlich auf die küstennahen Bereiche. Das Landesinnere oberhalb 200 m Höhe – rund 80 % der Landesfläche – ist unbesiedelt. 90 % der Bevölkerung gehören der evangelischlutherischen Kirche an. Die Republik Island mit der Hauptstadt Reykjavík ist eine parlamentarische Demokratie und wurde am 17.06.1944 gegründet. Das isländische Parlament, das Alþing, besteht aus 63 Abgeordneten und wird für vier Jahre gewählt. Der Staatspräsident (zurzeit Guðni Thorlacius Jóhannesson) hat repräsentative Funktionen. Vigdís Finnbogadóttir, Staatsoberhaupt von 1980–1996, war zum Zeitpunkt ihrer Wahl das erste direkt vom Volk gewählte weibliche Staatsoberhaupt der Welt.

TEXT & FOTOS # ISLAND: ERIK VAN DE PERRE (sofern nicht anders gekennzeichnet)

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#island #reportage

Ganz nah bei den Giganten

g n u t h c a b Walbeo

Whale Watching boomt. Statistisch gesehen unternimmt heute jeder fünfte Islandbesucher eine Walbeobachtungsfahrt. Auf der Suche nach den großen Meeressäugern stechen sie mit umgebauten Fischkuttern und schnellen Festrumpfschlauchbooten von Reykjavík, Snæfellsnes und Nordisland aus in See. Eine Erfolgsgeschichte, die in einer nordisländischen Kleinstadt begann.

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Walbeobachtung in der Bucht Skjálfandi.

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och vor wenigen Jahren war Húsavík ein verschlafenes Fischerdorf, bis die Brüder Árni und Hörður Sigurbjarnarson den wahren Reichtum der Bucht Skjálfandi entdeckten: Wale. 1995 liefen die Gründer von »North Sailing« mit der »Knörrinn«, einem umgebauten Fischkutter von 1963, zur ersten Walbeobachtungsfahrt aus. Und entfachten einen wahren Boom: Im ersten Sommer buchten 1.700 Leute eine Tour, ein Jahr später 5.000, 1998 bereits 12.000.

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Heute setzt »North Sailing« ein halbes Dutzend Schiffe ein. Allein in Húsavík gibt es mittlerweile bereits vier Anbieter von Walsafaris, landesweit ein ganzes Dutzend. 2017 buchten über 370.000 Menschen eine Walbeobachtungsfahrt, mehr als die Hälfte in Húsavík. Die selbst ernannte »Whale WatchingHauptstadt Europas« lockt mit Sichtungsraten von 98 Prozent. Vor allem im Sommer Skandinavien Reisehandbuch 2019


brummt der Waltourismus in Húsavík – und in der angrenzenden Bucht. Einige Zwergund Buckelwale leben dort das ganze Jahr über. Die meisten Wale kommen aber im Sommer aus südlichen Gefilden, um sich am üppigen Buffet in der nährstoffreichen Bucht gütlich zu tun. Denn dort gibt es Plankton, Krill, Lodde und Sandaal in Hülle und Fülle. Das reiche Nahrungsangebot lockt auch Unmengen Seevögel an, was das Aufspüren der Wale vereinfacht, erklärt der Guide. Denn wo die Vögel fressen, sind die Wale nie weit. Zum Auftakt der mehrstündigen Safari erfährt man Wissenswertes über die zu erwartenden Wale. Bis zu einem Dutzend Arten tummeln sich in der Bucht.

Akrobatische Sprünge Der Buckelwal mit einer Körpergröße von bis zu 17 Metern ist der eigentliche Star. Der Megaptera novaeangliae, erkennbar an den langen Brustflossen, gilt als besonders verspielt. Oft reckt er neben dem Boot seinen massiven mit Seepocken bewachsenen Kopf aus dem Wasser, schlägt mit Brustflossen oder Fluke auf die Wasseroberfläche, dass es knallt wie Peitschenhiebe, und überrascht mit akrobatischen Sprüngen. Beim Abtauchen bildet er einen Buckel – daher der Name – und erhebt die Fluke senkrecht aus dem Wasser. Jedes Tier lässt sich übrigens an der Fluke eindeutig identifizieren, denn ihr Muster ist einmalig, so wie der Fingerabdruck eines Menschen. Auch Weißschnauzendelfinen begegnet man oft. Die extrem schnellen Schwimmer, die nur im Nordatlantik vorkommen, sind recht gesellig und meist in Gruppen von fünf bis zehn (und mehr) Tieren unterwegs. Skandinavien Reisehandbuch 2019

Ein Buckelwal reckt seinen mit Seepocken übersäten Kopf aus dem Wasser.

Auch sie gelten als neugierig. Nicht selten kommen sie sogar auf das Boot zugesprungen. Wenn Muttertiere mit Kälbern unterwegs sind, sind sie aber scheu und weichen aus. Auch die Crews der Walbeobachtungsschiffe drehen dann rasch ab, um die Tiere keinem unnötigen Stress auszusetzen. Der Zwergwal oder Minkwal, mit einer Länge von acht bis zehn Metern einer der kleinsten Bartenwale, ist ein weiterer Dau373


#island #reportage

Wiederaufnahme des Walfangs Obwohl seit 1986 ein weltweites kommerzielles Fangverbot gilt, erlaubt die isländische Regierung seit 2006 wieder die Jagd auf Zwergwale und die (als gefährdete Art eingestuften) Finnwale. Jährlich dürfen bis zu 200 Zwerg- und 150 Finnwale gefangen werden. Insgesamt hat das Unternehmen »Hvalur« seit 2006 bereits mehr als 700 Finnwale erlegt. Allein 2015 wurden 155 Finn- und 29 Zwergwale getötet. Die Wiederaufnahme der Waljagd wirft viele Fragen auf, auch wirtschaftliche. Denn lebende Wale sind längst ertragreicher als tote. Allein 2015 wurde mit Walsafaris ca. 13,5 Millionen Euro umgesetzt. Ein weiteres Wachstum des Waltourismus scheint somit der beste Schutz für die Tiere zu sein.

is Walfangkutter im Hafen von Reykjavík.

ergast. Das schlanke, stromlinienförmige Tier ist ebenfalls neugierig und nähert sich oft den Schiffen. Wie der Buckelwal springt es oft aus dem Wasser. Seinen Namen erhielt der Zwergwal einst von den Walfängern, von denen er verschont blieb, da er als kommerziell weniger wertvoll als die übrigen Großwale galt. In den letzten Jahren sind die Zwergwale mancherorts jedoch scheuer geworden. Veranstalter von Walsafaris beklagen, dass sie immer weiter aufs Meer hinausfahren müssen, um sie zu sichten. Ein Verhalten, das vermutlich an der Wiederaufnahme des Walfangs liegt. 374

Bemerkenswert ist auch, dass Isländer selbst kaum Walfleisch essen. Das Land hat weder eine echte Walfangtradition (der Walfang wurde erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts von den Norwegern introduziert), noch ist Walfleisch ein traditioneller Bestandteil der Speisekarte. Das im Inland zum Verkauf angebotene Fleisch wird hauptsächlich in Restaurants von ausländischen Touristen verzehrt. Dabei handelt es sich um Zwergwalfleisch, während das Fleisch der Finnwale nach Japan exportiert wird. Doch nun drohen sich über den Walfang dunkle Wolken zu packen. Der Export ins »Land der aufgehenden Sonne« ist in den letzten Jahren ins Stocken geraten und die Tötung eines gigantischen Wal-Mischlings, eines Hybrids aus Blau- und Finnwal, im Sommer 2018 hat die Rufe nach einem Ende des kommerziellen Walfangs noch einmal lauter werden lassen. Skandinavien Reisehandbuch 2019


#WHALE #WATCHING North Sailing: www.northsailing.is (ab Húsavík und Hjalteri) entle Giants: www.gentlegiants.is G (Húsavík)

Das Skelett eines Schwertwals im Walmuseum von Húsavík.

Erstklassige Museen Auch zwei erstklassige Museen sind den Walen gewidmet. Das frühere Schlachthaus von Húsavík beherbergt das Walmuseum Hvalasafnið. Es informiert auf einer Fläche von 1.600 Quadratmetern über die verschiedenen Wale, deren Lebensräume und ihre Bedeutung in der Mythologie. Auch Themen wie Walstrandungen oder die blutige Geschichte des Walfangs werden nicht ausgelassen. Kinder werden in der liebevoll gestalteten Ecke »Yellow Submarine« spielerisch an das Thema herangeführt. In Reykjavík empfiehlt sich ein Besuch des Zentrums Whales of Iceland, untergebracht im Alten Hafen. Die 2015 in einer ehemaligen Fabrikhalle eröffnete Ausstellung ist die größte ihrer Art weltweit und zeigt 23 lebensgroße Modelle aller Walarten, die in isländischen Gewässern beheimatet sind – vom winzigen Schweinswal bis zum mächtigen Blauwal. Das blaue Licht in der Halle erweckt den Eindruck, als würde der Betrachter in die Tiefen des Ozeans eintauchen. Interaktive Touchscreens und modernste Computertechnik vermitteln Wissenswertes über die einzelnen Meeressäuger. Eine bessere Einstimmung auf eine Walsafari gibt es nicht … • Skandinavien Reisehandbuch 2019

Salka Whale Watching: salkawhalewatching.is (Húsavík) Whale Watching Akureyri: www.whalewatchingakureyri.is (Akureyri) Whale Watching Hauganes: www.whales.is (Hauganes) Elding: elding.is (Reykjavík und Akureyri) hale Safari: www.whalesafari.is W (Reykjavík und Akureyri) pecial Tours: specialtours.is S (Reykjavík) Reykjavík Sailors: www.reykjaviksailors.is (Reykjavík) Arctic Sea Tours: www.arcticseatours.is (ganzjährig ab Dalvík und Reykjavík, ab Ólafsvík im Sommer und ab Grundarfjörður im Winter) Láki Tours: www.lakitours.com (ab Ólafsvík und Hólmavík im Sommer, ab Grundarfjörður im Winter)

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#reykjavík

k í v a j k y e r #

Schriller Kontrast: Direkt hinter dem Freilichtmuseum Árbæjarsafn ragen moderne Hochhäuser auf.

Islands Hauptstadt zählt 128.000 Einwohner, im Großraum Reykjavík leben sogar 225.000 Menschen oder 2/3 der Gesamtbevölkerung Islands. Mit ihrer auffälligen Architektur, kulturellen Vielfalt und herrlichen Lage am Meer lockt die Stadt eine rasch wachsende Zahl von Besuchern – und das zu jeder Saison.

Wahrzeichen der Hauptstadt: die Hallgrímskirkja.

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ie Geschichte von Reykjavík reicht bis ins Jahr 874 zurück, als sich Islands erster Siedler, der Norweger Ingólfur Arnarson, in einer Bucht niederließ, an deren Küste er Dampfsäulen emporsteigen sah. Daraufhin bezeichnete er diese als Reykjavík – »Rauchbucht«.

Bummel durch die Altstadt Die »Altstadt« beschränkt sich auf ein Karree zwischen dem See Tjörnin und dem Meer. Tjörnin ist als Vogelschutzgebiet ausgewiesen. An seinem Nordwestufer erhebt sich das moderne Rathaus mit einer sehenswerten Reliefkarte des Landes im Erdgeschoss. An der nahen Aðalstræti (Nr. 10) befindet sich das älteste Haus der Stadt, Fógetinn (1762), seit 2018 ein Museum mit Ausstellungen zum Leben in Reykjavík anno 1918 und zum Thema Torfhäuser. Das angrenzende Museum The Settlement Exhibition, entstanden rund um die Überreste eines Langhauses aus dem 10. Jahrhundert, ge376

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Víkin

Gamla Höfnin

Sigurjón Ólafsson Museum

Inlandsflughafen

Austurvöllur (Platz) Parlamentsgebäude Alþingishús Dómkirkja Rathaus Nationalmuseum Islands Handschriftenmuseum Safnahúsið Nordisches Haus Einar-Jónsson-Museum Nationalgalerie Islands Hallgrímskirkja Kjarvalsstaðir Höfði Ásmundarsafn Laugardalslaug (Freibad) Laugardalur Perlan (Perlan Museum und Aussichtsplattform) Ingólfstorg (Platz) Elding Walsafaris Touristeninformation (Adresse s. Service-Teil Info)

währt mit einer Multimedia-Ausstellung Einblicke in die frühe Besiedlung der Hauptstadtregion. Östlich davon liegt der schönste Platz der Stadt: Austurvöllur, begrenzt von der Dómkirkja (1796), Sitz des evangelisch-lutherischen Bischofs von Island, und dem Parlamentsgebäude Alþing­ ishús (1881). Auf dem Platz erhebt sich die Statue des isländischen Freiheitskämpfers Jón Sigurðsson. Am nahen Busbahnhof Lækjartorg liegt das Stjórnarráðshús, der Amtssitz des Premierministers. Von dem massiven Gebäude, 1765 von den Dänen eigentlich als Gefängnis geplant, zieht sich

die wichtigste Shoppingmeile der Stadt nach Osten: Am Laugavegur reihen sich Boutiquen, Galerien, trendige Bars und gemütliche Cafés. Galerien, Designshops und Musikgeschäfte säumen auch den Skólavörðustígur, der zur Hallgrímskirkja (1945– 1986) hochführt. Die ganz Reykjavík überragende Betonkirche, entworfen vom Staatsarchitekten Guðjón Samúelsson, ist das Wahrzeichen der Stadt. Blickfang im Inneren ist die Orgel mit 5.275 Pfeifen von der Bonner Orgelbauwerkstatt Johannes Klais Orgelbau. Der 73 Meter hohe Turm bietet eine tolle Aussicht über Stadt und Meer. Warmwasserspeicher mit Panoramarestaurant: Perlan.

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#reykjavík

Vor dem Portal thront die Statue des Amerika-Entdeckers Leifur Eiríksson. Das nahe Einar-Jónsson-Museum ist den Skulpturen dieses bekannten isländischen Bildhauers gewidmet. Das Safnahúsið an der Hverfisgata zeigt bedeutende mittelalterliche Handschriften, unter anderem eine Guðbrandur-Bibel. Hinter einer unscheinbaren Fassade am Busbahnhof Hlemmur verbirgt sich das skurrilste Museum des Landes: Im Isländischen Phallusmuseum sind die Phallen sämtlicher isländischer Säugetiere ausgestellt, darunter ein Exemplar des Homo sapiens (seit 2011). Im nahen Höfði, einem weißen Holzhaus am Wasser, fand 1986 das legendäre Gipfeltreffen zwischen Reagan und Gorbatschow statt, das das Ende des Kalten Krieges einläutete.

Der alte Hafen is

Am Nordrand der Innenstadt erstreckt sich der Gamla Höfnin, der »alte Hafen«, bis vor wenigen Jahren ein marodes Viertel, heute, dank eines umfassenden Stadtentwicklungsprojekts, ein pulsierendes Quartier mit vielen Museen, Galerien, Restaurants und Cafés. Der ein Kilometer lange Fußweg Hafnarstígur verbindet die wichtigsten Attraktionen. Als Startpunkt für einen Streifzug empfiehlt sich das Konzerthaus Harpa (2011). Der 160 Millionen Euro teure Palast, der wie ein überdimensionaler Kristall wirkt, stammt vom dänischen Architektenbüro Henning Larsen. Die größte Konzerthalle Skandinaviens gilt als Symbol für den Wiederaufstieg Islands nach der Finanzkrise. Im nahen Betongebäude mit der Aufschrift Kolaportið – früher wurden hier die Kohlen für 378

die Dampfschiffe gelagert – findet an Wochenenden der einzige Flohmarkt Islands statt. Ein Besuch lohnt sich nicht zuletzt wegen der »Food-Abteilung«, wo traditionelle Spezialitäten aus ganz Island verkauft werden. Am Ostrand des Hafenbeckens schildert das Saga Museum mit lebensgroßen Wachsfiguren die Geschichte Islands von der Besiedlung bis zur Reformation, während das nahe Erlebniszentrum Aurora Borealis dem Schauspiel des Polarlichts gewidmet ist. Der Hafenpfad endet beim Schifffahrtsmuseum Víkin, untergebracht in einer ehemaligen Fischfabrik. Die neueste Attraktion im alten Hafen ist die Ausstellung Whales of Iceland (2015). 23 lebensgroße Modelle aller in isländischen Gewässern lebenden Wale und interaktive Touchscreens mit Informationen über die Cetacea bilden den idealen EinSkandinavien Reisehandbuch 2019


Rekordverdächtig: Mit 1.800 Plätzen ist Harpa die größte Konzerthalle Skandinaviens.

Café Haiti: In dem kleinen Café im Alten Hafen gibt es täglich frisch gerösteten Kaffee.

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#reykjavík

stieg zu einer Walsafari in der Bucht Faxa­ flói. Die Ausflugsschiffe starten vom Pier am Ægisgarður. Von dort verkehrt auch eine Sommerfähre zur vorgelagerten Insel Viðey mit dem ältesten Steinhaus Islands (1755).

Die wichtigsten Museen Das Isländische Nationalmuseum zeigt außergewöhnliche Exponate des isländischen Kulturgutes und vermittelt Einblicke in die Siedlungsgeschichte bis ins 20. Jahrhundert. Die Ausstellung ist als Zeitreise konzipiert. Schwerpunkte sind Archäologie, Kunsthandwerk und sakrale Kunst. Der Blickfang ist eine Bronzefigur des Thor (circa 1000).

Im Fokus der Isländischen Nationalgalerie steht isländische Kunst des 19. und 20. Jahrhunderts, ergänzt durch Arbeiten internationaler Künstler wie Picasso oder Munch. Das Reykjavík Art Museum verteilt sich auf drei Museen. Der Hauptstandort Hafnarhús, in einem früheren Hafengebäude gelegen, ist lokalen und internationalen zeitgenössischen Künstlern gewidmet; zwei Räume sind dem bekannten isländischen Pop-Art-Künstler Erró vorbehalten. Im Kjarvalsstaðir sind Gemälde des renommierten isländischen Künstlers Jóhannes S. Kjarval sowie Gemälde und Skulpturen bekannter isländischer und internationaler Künstler der Gegenwart zu bewun-

Auf den norwegischen Stabkirchen basiert: Das Modell der mittelalterlichen Kirche von Skálholt gehört zu den Blickfängen des Nationalmuseums.

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dern. Im Ásmundarsafn dreht sich alles um den isländischen Bildhauer Ásmundur Sveinsson (1893–1982), der auch das Gebäude entworfen hat.

Erleben wie es früher war: Im Sommer wird das Freilichtmuseum Árbæjarsafn von Menschen und Tieren bevölkert.

Am östlichen Stadtrand liegt das große Freilichtmuseum Árbæjarsafn. Rund um ein bis 1948 bewohntes Torfgehöft wurden Wohn- und Handwerkshäuser aus dem Reykjavík des 19. Jahrhunderts wiederaufgebaut. Ältestes Haus ist eine Schmiede von 1823. Ebenfalls zu besichtigen ist die Torfkirche Silfrastaðir (1842).

Wasser heiß und kalt Mit seinem futuristischen Aussehen – eine Glaskuppel, die auf sechs Stahltanks ruht – erinnert Perlan, die »Perle«, an ein Raumschiff, das auf dem Hügel Öskjuhlíð gestrandet ist. Tatsächlich handelt es sich um einen Warmwasserspeicher der Hauptstadt. Fünf der sechs Tanks sind mit 85 °C heißem Wasser gefüllt, der sechste enthält das 2017 eröffnete Perlan Museum mit Ausstellungen zur isländischen Natur (Gletscher, Vulkanismus, Fauna und Flora). Zu den Highlights gehören ein künstlicher Gletscher mit begehbarer Eishöhle und das zehn Meter hohe Modell der Vogelklippe Látrabjarg. Im Dezember 2018 kam ein ultramodernes Planetarium hinzu. Eine Aussichtsplattform bietet ein 360-Grad-Panorama über die Stadt und weite Teile Südwestislands. Nebenan faucht der künstliche Geysir Strókur. Die nahe Bucht Nauthólsvík überrascht mit dem nördlichsten Badestrand der Welt: Der Ylströnd (Wärmestrand) bietet ganzjährig angenehme 20 °C Badetemperatur – möglich macht es warmes Thermalwasser, das in die Bucht geleitet wird, wo es sich mit kaltem Meerwasser vermischt. • Skandinavien Reisehandbuch 2019

#UnterwegsInReykjavík Lohnenswert ist die Anschaffung der Reykjavík City Card. Diese berechtigt drei Tage lang die Nutzung des öffentlichen Nahverkehrs, gibt Zutritt zu allen Freibädern und zu vielen Museen. Sie kostet 3.900 ISK (29 €) für einen Tag, 5.500 ISK (41 €) für zwei Tage bzw. 6.700 ISK (50 €) für drei Tage (2019) und ist an der Touristeninformation, am Infoschalter des Rathauses und in einigen Museen erhältlich. 381


#akureyri

i r y e r u k a #

Akureyri, bereits 1602 ein dänischer Handelsposten, profitiert von einer schönen und geschützten Lage am Eyjafjörður, umgeben von bis zu 1.500 Meter hohen Bergen. Die Stadt mit 18.800 Einwohnern ist das Handels- und Dienstleistungszentrum Nordislands.

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Erinnert mit ihrer Bauweise an die bergige Umgebung des Eyjafjörður: die Akureyrarkirkja.

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n die einstige Präsenz dänischer Kaufleute erinnern die stattlichen Holzhäuser in der Hafnarstræti und Aðalstræti. Besonders schöne Exemplare sind das Tuliniusarhús (1902) und das Höepfnershús (1911). Das schwarz geteerte Laxdalshús (1795) ist das älteste Haus der Stadt. Sym382

bol von Akureyri ist die Akureyrarkirkja (1940) oder »Eiskathedrale«, entworfen von Guðjón Samúelsson. Im schlichten Nonnahús (Nonni-Haus) wuchs der Jesuit und Autor Jón Sveinsson (1857–1944) auf, der durch seine »Nonni«-Bücher auch in Deutschland bekannt wurde. Das angrenSkandinavien Reisehandbuch 2019


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zende Heimatmuseum veranschaulicht die Geschichte der Region. Das 2017 eröffnete Museum Into the Arctic (Strandgata 53) zeichnet ein Bild des Lebens im hohen Norden: Die Themenbreite reicht von historischen Karten über die Reisen großer Polarforscher wie Alfred Wegener bis hin zur arktischen Tierwelt. Im Fokus des Luftfahrtmuseums steht die Luftfahrtgeschichte Islands. Zu sehen sind unter anderem die Überreste eines britischen Bombers, der im Zweiten Weltkrieg auf der Halbinsel Trölla­ skagi abstürzte und erst nach 60 Jahren vom Gletschereis freigegeben wurde. Kunstfreunde zieht es in die Listagil (»Straße der Kunst«), wo viele Galerien und Ateliers von Kunsthandwerkern, Designern und Künstlern angesiedelt sind. Der Botanische Garten, der nördlichste dieser Art weltweit, überrascht mit 430 einheimischen und 6.600 exotischen Pflanzenarten. •

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Eldorado für Flugzeugfans: das isländische Luftfahrtmuseum.

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#route 1

ISLAN

ROUTE 1

Rund um Island auf der Ringstraße – 1.337 km Die Ringstraße oder Str. 1 erlaubt eine zügige Umrundung Islands und bietet einen Querschnitt durch die landschaftliche Vielfalt der Vulkaninsel. Sie durchquert moosbewachsene Lavafelder und wüstenähnliche Sander, schraubt sich über einsame Hochebenen und windet sich um idyllische Fjorde. Am Wegesrand entdeckt man nicht nur mächtige Gletscher, schäumende Wasserfälle und brodelnde heiße Quellen, sondern auch malerische Fischerdörfer, alte Torfhöfe und spannende Museen. Die Route beginnt in Reykjavík. Alternativ können Sie in Keflavík (Airport) oder Seyðisfjörður (Fährhafen) starten.

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Von Reykjavík nach Borgarnes Wer von Reykjavík auf der Ringstraße nach Norden fährt, passiert zunächst den Vorort Mosfellsbær. Hier lohnt sich ein Abstecher auf der Str. 36 zum Laxness Museum und nach Þingvellir (siehe Route 2). Nach der Umrundung des Esja-Massivs führt die Ringstraße durch einen 5,8 Kilometer langen Tunnel unter dem Hvalfjörður hindurch. Eine gute Nachricht für Autofahrer: Seit September 2018 ist der Tunnel nicht mehr mautpflichtig! 384

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Faszinierendes Naturschauspiel in der kalten Jahreszeit: Nordlichter über Borgarnes.

Eine reizvolle Alternative (40 Kilometer länger) bietet die kaum befahrene »alte« Ringstraße (Str. 47), die den malerischen, von hohen Bergen gesäumten Fjord umrundet. Im Innern des »Walfjords« bietet der Glymur, der zweithöchste Wasserfall Islands (Fallhöhe 196 Meter), ein spannendes Ziel für schwindelfreie Wanderer. Am Nordufer liegt die Walfangstation Hvalstöð, wo seit 2009 wieder Wale verarbeitet werden. Westlich davon erhebt sich die Kirche von Saurbær, Heimat des isländischen Pfarrers und Psalmendichters Hallgrímur Pétursson (1614–1674). Vom Nordufer des Hvalfjörður lohnt sich auch ein Abstecher (Str. 51) nach Akranes (7.300 Einwohner). Die größte Stadt Westislands, vermutlich im 9. Jahrhundert von irischen Siedlern gegründet, gehört zu den wichtigsten Fischereihäfen des Landes. Größte Attraktion ist das Folk Museum, eine Mischung aus Heimat-, Sport-1und MineraliD-001a-b:Layout 1 20.12.11 14:19 Seite

Versteckte Perle am Hvalfjörður: Mit einer Fallhöhe von 196 Metern gehört der Glymur zu den höchsten Wasserfällen Islands.

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#island #route1

#Abstecherins #Reykholtsdalur

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Der Name »Rauchhügeltal« verrät, dass im Tal viele Heißwasserquellen sprudeln und dampfen. Deildartunguhver ist mit einer Schüttung von 180 l/s kochenden Wassers die ergiebigste weltweit! In Reykholt erinnern ein Museum und das von einer heißen Quelle gespeiste Badebecken Snorralaug an den berühmten Politiker und Dichter Snorri Sturluson (1179–1241). Eine Augenweide sind die Hraunfossar, eine Reihe kleiner Wasserfälle, die neben der Str. 518 unter dem Lavafeld Gráhraun hervortreten. Von Húsafell, am Ende des Tals, lockt ein Abstecher zur imposanten Lavahöhle Víðgelmir, die mit einem Guide erkundet werden kann. Spannend ist auch die Wanderung durch einen 500 Meter langen künstlichen Eistunnel im Gletscher Langjökull (Zugang über die KaldidalurPiste Nr. 550). Im Verlauf der Führung unter dem Motto »Into the Glacier« erfährt man vieles über die Klimaerwärmung und das Schicksal der Gletscher.

enmuseum. Seit 2017 ist die Stadt im Sommer durch eine Passagierfähre mit Reykjavík verbunden. Auf einer kleinen Landzunge im Norden des Borgarfjörður liegt Borgarnes mit seinem preisgekrönten Landnahmezentrum. Das moderne multimediale Museum setzt sich mit der Besiedlung Islands auseinander. Ein weiterer Schwerpunkt ist die Egils saga, die in der Region spielt. Von Borgarnes empfiehlt sich ein Ausflug in das geologisch vielseitige Reykholtsdalur.

Von Borgarnes nach Blönduós Hinter der Universität Bifröst durchquert die Ringstraße das moosbewachsene Lavafeld Grábrókarhraun, entstanden vor 3.400 Jahren beim Ausbruch der Grábrók-Kraterreihe. Der Hauptkrater, ein formschöner Schlackenkegel, der seine Umgebung um 173 Meter überragt, kann auf einem Fußweg erkundet werden. Die Ringstraße steigt nun allmählich durch ein weites Tal mit vereinzelten Höfen zur Holtavörðuheiði (407 Meter) an. Nach der Überquerung dieser rauen, windgepeitschten Hochebene fällt sie rasch zum Hrútafjörður ab. An das Fjordufer schmiegt sich die winzige Siedlung Reykir mit einem kleinen Regionalmuseum, in dem unter anderem das Haifischfangboot »Ófeigur« (1875) ausgestellt ist. In Hvammstangi informiert das Selasetur Íslands, das »isländische Robbenzentrum«, über das LePreisgekröntes Museum über die Geschichte der Besiedlung: das Landnahmezentrum.

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ben dieser Meeressäuger, denen man bei einer Rundfahrt auf der nahen Halbinsel Vatnsnes (Schotterstraße!) vielerorts begegnet. Die Ringstraße zieht sich nun an der Lagune Hóp vorbei, deren Fläche abhängig von den Gezeiten zwischen 29 und 44 Quadratkilometern schwankt, und schlängelt sich dann durch die Vatnsdalshólar, eine vier Quadratkilometer große Ebene durchsetzt mit Hunderten von kahlen Hügeln. Die an überdimensionale Maulwurfshügel erinnernden Erhebungen verdanken ihre Entstehung vermutlich einem gewaltigen Bergsturz, der sich nach der letzten Eiszeit am nahen Vatnsdalsfjall ereignet hat. Blönduós, an der Mündung des Gletscherflusses Blanda, wartet mit einem sehenswerten Textil- und Handarbeitsmuseum auf. Im nahen Textílsetur Íslands entsteht, nach dem Vorbild des Teppichs von Bayeux, ein 46 Meter langer Teppich, auf dem die Vatnsdæla saga abgebildet wird. Ein Mammutprojekt, das wohl erst in vielen Jahren abgeschlossen sein wird. Mitsticken darf jeder – unter Anleitung.

Von Blönduós nach Akureyri Über die Vatnsskarð-Passstraße (441 Meter) erreicht man in Varmahlíð das weite Tal der Héraðsvötn. Die Umgebung lockt nicht nur Aktivurlauber (Rafting, Reiten), sondern auch Liebhaber traditioneller Torfbauten. Unweit der Ringstraße verbirgt sich die hübsche Víðimýrarkirkja. Einblick im Innenleben eines Gletschers: Ein Eistunnel im Schoss des Langjökull macht es möglich.

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#Vatnsnes-Halbinsel Die Halbinsel zwischen Hrúta- und Miðfjörður bietet beste Bedingungen für die Robbenbeobachtung. Beim Hof Illugastaðir gibt es sogar eine überdachte Beobachtungsstation, sodass man das Treiben der Tiere auch bei schlechtem Wetter verfolgen kann. Eine weitere große Kolonie gibt es bei Ósar, im Osten der Halbinsel. Gleich nebenan erhebt sich die imposante Basaltformation Hvítserkur aus den Fluten. Der Legende nach handelt es sich um einen Troll, der beim Versuch, die Bucht Húnaflói zu überqueren, von der aufgehenden Sonne überrascht wurde und versteinerte.

#Víðimýrarkirkja Die Kirche von Víðimýri ist eine von nur sechs erhaltenen Torfkirchen in Island. Sie gilt als das beste Beispiel dieser Kirchen, die einst Teil vieler isländischer Bauernhöfe waren. Die kleine Kirche wurde 1834 auf einem Fundament von Basaltblöcken aus sibirischem Treibholz errichtet, mit Torfplaggen isoliert und mit Grassoden abgedeckt. Im Innenraum herrschte eine strikte Sitzordnung: Auf den vorderen Bänken saßen der Bauer und seine Familie, dahinter an der Nordseite die Frauen, an der Südseite die Männer, die Wohlhabenden vorne, die Ärmeren hinten. Heutzutage finden in der Kirche noch immer ab und zu Trauungen statt. Weitere Torfkirchen gibt es in Saurbær und Gröf (Nordisland), Núpsstaður und Hof (Südisland) sowie im Freilichtmuseum Árbæjarsafn (Reykjavík). 387


#island #route1

# KlondikeDes #Atlantiks

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Die Erfolgsgeschichte von Siglufjörður begann 1903, als norwegische Fischer von dort zum Heringsfang aufbrachen. Bald schossen Kais und Baracken für das Einsalzen der Fische und Siedereien für die Mehl- und Tranherstellung wie Pilze aus dem Boden. In der Blütezeit zählte der Ort 23 Heringsstationen. Allein 1916 wurden von Siglufjörður 200.000 Fässer Salzhering exportiert. Als der Hering 1969 aus den isländischen Gewässern verschwand, begann der Niedergang. Heute lebt der Heringsboom weiter in einem erstklassigen Museum. Zu sehen sind u. a. eine authentische Heringsstation von 1907, eine rekonstruierte Fischfabrik und ein nachgebauter Heringshafen.

Bis 1947 bewohnt: der Torfhof Glaumbær.

Nördlich von Varmahlíð liegt der Museumsbauernhof Glaumbær (18. und 19. Jahrhundert). Der Torfhof, ein Komplex von 13 Gebäuden, ist das größte Museum dieser Art und war bis 1947 bewohnt. Sattgrüne Weiden voller Pferde prägen die Umgebung. Kein Wunder, denn der nahe Ort Sauðárkrókur (Str. 75) am Skagafjörður gilt als das Zentrum der isländischen Pferdezucht. Von Sauðárkrókur aus verkehren auch Boote zur Vogelinsel Drangey, wo Grettir der Starke, Held der Grettis saga, die letzten Jahre seiner Ächtung verbrachte. Sauðárkrókur ist auch ein guter Ausgangspunkt für Streifzüge am Ostufer des Skagafjörður. Auf der Str. 76 gelangt man zu der Torfkirche Gröf (circa 1670), dem Hafenplatz Hofsós mit dem isländischen Emigrationsmuseum (am Ende des 19. Jahrhunderts verließen zwischen 16.000 und 20.000 Isländer die Insel) und der Fischerstadt Siglufjörður, wo das mehrfach ausgezeichnete Heringsmuseum an die Blütezeit der Heringsfischerei erinnert. Unterwegs lohnt sich auch ein Umweg nach Hólar (Str. 76/767), von 1106 bis 1798 einer der beiden Bischofssitze Islands. Über die Öxnadalsheiði, eine 540 Meter hohe Passstraße, gesäumt von hohen, oft bis in den Juli hinein schneebedeckten Bergen, geht es zum nächsten Fjord, dem mächtigen Eyjafjörður. Der Name bedeutet »Inselfjord« und stammt von der Insel Hrísey (Fährverbindung von Dalvík und Árskógssandur). Am südlichen Fjordende schmiegt sich Akureyri an die hohen Berge.

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Von Akureyri nach Mývatn Am Ostufer des Eyjafjörður winkt ein Abstecher (Str. 83) zum Torfgehöft Laufás, für viele der schönste als Museum erhaltene Torfhof Islands. Der im Originalzustand erhaltene Pfarrhof wurde zwischen 1840 und 1870 erbaut und war bis 1936 bewohnt. Die Str. 1 führt anschließend durch einen neuen 7,2 Kilometer langen Tunnel, der seit 2019 die Víkurskarð-Passstraße (325 Meter) ersetzt. Nach der Überquerung der Fnjóská taucht neben der Straße ein – für isländische Verhältnisse – riesiger Birkenwald auf. Vaglaskógur, ein beliebtes Ziel vieler Wochenendurlauber aus Akureyri, ist das zweitgrößte Waldgebiet Islands. Einzelne »Baumriesen« sind bis zu zehn Meter hoch. Liebhaber einer Walbeobachtungsfahrt gelangen auf der Str. 85 nach Húsavík an der Nordküste. Nächstes Ziel an der Ringstraße ist der Goðafoss. Angeblich erhielt der hufeisenförmige »Götterfall« seinen Namen im Jahr 1000, weil der lokale Gode und Gesetzessprecher Þorgeir Þorkelsson nach der Konvertierung zum Christentum hier seine Götzenbilder in die tosenden Fluten warf. Interessant ist auch ein Abstecher zum ehemaligen Pfarrhof Grenjaðarstaður (Str. 845), einem weiteren gut erhaltenen Torfhof. Der Mývatn (Mückensee), mit 37 Quadratkilometern der viertgrößte See Islands, gehört zu den großen Touristenmagneten der Insel und ist auf jeden Fall einen mehrtägi-

#NeuerTunnel Mit der Inbetriebnahme des neuen Straßentunnels Vaðlaheiðargöng am 2. Januar 2019 gehört die im Winter oft durch Schneemassen blockierte Gebirgsstrecke über das Víkurskarð nun der Vergangenheit an. Mit dem Bau des Tunnels, der die Strecke von Akureyri zum Mývatn um 16 Kilometer verkürzt, wurde im April 2013 begonnen. Doch beim Bau kam es immer wieder zu Verzögerungen, nicht zuletzt aufgrund von Heißwassereinbrüchen im Tunnel. Dadurch erhöhten sich auch die Kosten von 8,7 auf 16 bis 17 Mrd. ISK (circa 130 bis 138 Mio. €). Der neue Tunnel soll durch Mauteinnahmen refinanziert werden. Die Mautgebühr beträgt 1.500 ISK (11 €).

Beliebter Ausgangspunkt für Reittouren am Eyjafjörður: der Reiterhof Pólar Hestar in Grýtubakki.

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#island #route1

Erdgeschichte zum Anfassen: In der Krafla-Region läuft man über junge Lavafelder und schaut in dampfende Vulkanspalten hinein. Bunte Berge, bunte Schafe: Für den Werbespot eines deutschen Autobauers griffen die Schafbauern am Mývatn zum Farbeimer.

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#Hverfjall Hverfjall ist der weltgrößte Explosionskrater. Er entstand vor 2.700 Jahren durch gewaltige Wasserdampfexplosionen, ausgelöst durch das Aufeinandertreffen von heißem Magma und Grundwasser. Der Tuffring mit einem Durchmesser von circa einem Kilometer entstand vermutlich innerhalb weniger Tage. Er überragt seine Umgebung um bis zu 150 Meter. Der Krater kann auf zwei markierten Wanderwegen erkundet werden. 390

gen Aufenthalt wert. Für Geologen offenbart sich die Mývatn-Region wie ein Lehrbuch über Vulkanismus: Wuchtige Tafelberge aus der Eiszeit stehen neben riesigen Explosionskratern, langgezogenen Kraterreihen, bizarren Lavaformationen und formschönen Pseudokratern. Auch der See, aufgestaut durch Lavaströme, ist ein Produkt des Vulkanismus. Zur geologischen kommt eine große ornithologische Bedeutung: Etwa 45 Wasservogelarten nisten hier, darunter 16 Entenarten. Manche, wie die Kragenente und der Eistaucher, brüten in Europa nur hier. Große Teile des Sees und der Oberlauf des Ausflusses Laxá sind Teil eines 4.400 Quadratkilometer großen Naturschutzgebiets. Zwei Wege führen um den See herum. Die Ringstraße geht westlich, die Str. 848 östlich herum. Beide Strecken lassen sich auch zu einer Runde kombinieren – zum Beispiel mit dem Fahrrad (Leihräder erhält man in Reykjahlíð). Bei der vor allem für Ornithologen interessanten »Westroute« empfiehlt sich eine Wanderung zum Aussichtsgipfel Vindbelgjarfjall (1,5 bis zwei Stunden). Anschließend durchqueren Sie das Vogelschutzgebiet am Nordwesten des Sees, das während der Brutzeit (Mitte Mai–Mitte Juni) abseits der Straße gesperrt ist. Vogelliebhaber sollten auch das Vogelmuseum Fuglasafn Sigurgeirs in Ytri-Neslönd nicht verpassen. Skandinavien Reisehandbuch 2019


Ergebnis eines explosiven Vulkanausbruchs: Der Tuffring Hverfjall entstand vermutlich in nur wenigen Tagen.

#BrotAusDerErde Hverabrauð – wortwörtlich »Heiße-Quellen-Brot« – ist eine echte Spezialität der Mývatn-Region. Das dunkle Roggenbrot, dessen Farbe, Konsistenz und Geschmack an Pumpernickel erinnert, wird am Ortsrand von Reykjahlíð in kleinen Öfen im Geothermalgebiet Bjarnarflag zubereitet. Der Teig aus Roggenschrot, Zucker, Vollkornmehl, Salz, Milch und Trockenhefe wird in einer Backform bis zu 24 Stunden bei einer Temperatur von 100 °C in der heißen Erde gebacken – oder eher gegart. Serviert wird es bevorzugt mit Räucherforelle, einer weiteren Spezialität der Region.

Die geologische interessantere »Ostroute« führt zuerst nach Skútustaðir, bekannt für seine Pseudokrater (Rundweg, 30 bis 45 Minuten). Der Name verrät schon, dass es sich bei diesen kraterähnlichen Erhebungen nicht um Vulkane handelt. Stattdessen entstanden sie durch Dampfexplosionen, die sich ereigneten, als heiße Lava den Mývatn überrannte. Die Halbinsel Höfði überrascht mit einer schönen privaten Parkanlage und skurrilen, aus dem Wasser aufragenden Lavatürmen. Noch mehr bizarre Lavaformationen gibt es bei den durch markierte Rundwege erschlossenen Dimmuborgir oder »dunklen Burgen«, ein Lava-Labyrinth, entstanden aus einem ehemaligen Lavasee, das mit seinen Türmen, Säulen und Höhlen an eine verwunschene Burgruine erinnert. Nördlich von Dimmuborgir erhebt sich der mächtige Tuffring Hverfjall. Von Reykjahlíð, dem größten Ort am Mývatn, knickt die Ringstraße nach Osten und passiert Stóragjá und Grjótagjá, zwei mit Heißwasser gefüllte Dehnungsspalten. Grjótagjá, bekannt als die Liebesgrotte von Jon Snow und Ygritte in der Fernsehserie »Game of Thrones«, war früher als Badeort beliebt (heute verboten). Das ganzjährig geöffnete Geothermalbad Mývatn Nature Baths ist das Pendant zur Blauen Lagune auf der Halbinsel Reykjanes (siehe Route 3). Skandinavien Reisehandbuch 2019

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#island #route1

#GewaltigeSchlucht Jökulsárgljúfur ist eine 28 Kilometer lange und bis zu 120 Meter tiefe Schlucht, ausgehobelt durch die Jökulsá á Fjöllum, einen 206 Kilometer langen Gletscherfluss, der unter der Eiskappe Vatna­ jökull entspringt. Die Schlucht entstand durch sintflutartige Gletscherläufe, die sich vor circa 9.000, 5.000 und 2.000 Jahren ereigneten, vermutlich im Zusammenhang mit Vulkanausbrüchen unter dem Eis des Vatnajökull. Die Schlucht ist heute Teil des Nationalparks Vatnajökull. Vom Dettifoss führt ein markierter zweitägiger Wanderweg an der Schlucht entlang nach Norden zur »Hufeisenschlucht« Ásbyrgi.

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Über das Námafjall gelangt man zum Solfatarenfeld Hverarönd mit blubbernden Schlammpfuhlen und zischenden Dampfquellen. Die Bezeichnung Solfataren (austretende schwefelhaltige Wasserdämpfe) kommt vom Schwefelwasserstoff, der »duftend« über diese Felder zieht. Durch die austretenden Dämpfe wird der Boden zersetzt und schimmert in Rot (Eisen), Gelb (Schwefel) und Weiß (Silizium). Eine Stichstraße führt in die geothermisch sehr aktive Region des Vulkans Krafla (827 Meter). Dem hier angesiedelten Geothermalkraftwerk Kröfluvirkjun (60 MW) angegliedert ist ein Informationszentrum über Geothermie. Nebenan erstreckt sich das Geothermalgebiet Leirhnjúkur, erschlossen von einem dichten Netz markierter Wanderwege. Rabenschwarze Lava der »Krafla-Feuer« (1975–1984) kontrastiert hier scharf mit knallgelben Schwefelablagerungen und dampfenden Solfataren. Die Straße endet beim türkisfarbenen Maar Víti (Hölle), das 1724 bei einer Dampfexplosion entstanden ist.

Von Mývatn nach Egilsstaðir Die Str. 1 durchquert nun eine karge, menschenleere Umgebung, die einen Eindruck vom Hochland vermittelt. Bis zum Horizont erstrecken sich schroffe Lavafelder, begrenzt von markanten Tafelbergen und Tuffkegeln. Mitten in dieser Ödnis zweigt die Str. 862 zum Wasserfall Dettifoss (24 Kilometer) ab, der den Beginn der Schlucht Jökulsárgljúfur markiert. Vom Parkplatz am Ende der gut ausgebauten Straße führen markierte Pfade zum Dettifoss (Fallhöhe 54 Meter, mittlere Wasserführung im Sommer 500 m³/s) sowie zum Selfoss und Hafragilsfoss. Die Ringstraße überquert nun die Jökulsá á Fjöllum, einen der wenigen großen Gletscherflüsse des Landes, der noch nicht durch Stauseen und Kraftwerke gebändigt ist. Hinter dem Weiler Grímsstaðir durchquert sie die düsteren Tuffkegel der Möðrudalsfjallgarður, Relikte eiszeitlicher Vulkanausbrüche. Anschließend geht es durch die Jökuldalsheiði, eine einsame Hochebene, die noch bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts besiedelt war. Nach einem verheerenden Ausbruch der Askja (1875) wurde die Region weitgehend entvölkert – viele wanderten nach Amerika aus. Für die Durchquerung dieses verlassenen Gebiets stehen zwei Va-

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Wasserfall der Extraklasse: Auf Grund seiner gewaltigen Dimensionen wird der Dettifoss oft als »Niagara Europas« bezeichnet.

rianten zur Verfügung: Schneller und bequemer ist die »neue« Ringstraße (2005 eröffnet), die durchgehend asphaltiert ist. Landschaftlich reizvoller, aber anspruchsvoller ist die »alte« Ringstraße, die weiter südlich verläuft. Bei der Fahrt auf dieser staubigen Schotterstraße (Str. 901) lohnt ein Zwischenstopp im Einödhof Möðrudalur (beliebtes Hochlandcafé, Übernachtungsmöglichkeit und Hubschrauberrundflüge).

Delikatesse aus Möðrudalur: Villis hangikjöt (Räucherlamm) ist landesweit ein Begriff.

Von der Jökuldalsheiði fällt die Str. 1 steil ins Jökuldalur ab. Bei der Brücke über die Jökulsá á Brú ergibt sich eine tolle Aussicht auf die Schlucht dieses Gletscherflusses, der vor dem Bau des Stausees Hálslón (2006) täglich über 3.000 Tonnen Sedimente ins Meer beförderte. Seitdem ging die durchschnittliche Wassermenge von 205 m³/s auf 95 m³/s zurück. Nächster landschaftliche Höhepunkt ist der 112 Meter tiefe See Lagarfljót (auch Lögurinn genannt), in dem angeblich das Seeungeheuer Lagarfljótsormurinn – Nessies isländischer Neffe – zu Hause ist. Von der 300 Meter langen Brücke über den See erblickt man am Ostufer Egilsstaðir. Die 1945 gegründete Stadt ist das Verwaltungszentrum NordSkandinavien Reisehandbuch 2019

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#island #route1

ostislands, sowie ein wichtiger Handels- und Verkehrsknotenpunkt. Das Heimatmuseum Ostislands beleuchtet die regionale Geschichte. Neben historischen Wohn- und Kirchenräumen ist unter anderem das Grab eines Mannes mit seinem Pferd und Beigaben aus der Zeit um 980 ausgestellt.

Papey: Die Mönche sind längst fort, geblieben sind die Papageientaucher.

Egilsstaðir ist auch eine gute Basis für Ausflüge in die Umgebung. Die Str. 931 erlaubt eine Umrundung des Lögurinn. Die Umgebung des Sees bietet viele reizvolle Ziele für Wanderer, wie die Wasserfälle Hengifoss und Litlanesfoss sowie Hallormsstaðaskógur, mit 740 Hektar der größte Wald Islands. Im nahen Fljótsdalur wurde 1889 der isländische Dichter Gunnar Gunnarsson geboren. Der Klosterhof Skriðuklaustur zeigt eine Ausstellung zu seinem Leben und Werk. Dort befindet sich auch das Vatnajökull-Nationalparkzentrum Snæfellsstofa. Interessant ist auch ein Abstecher ins Hochland, zum Beispiel zum größten isländischen Wasserkraftwerk Kárahnjúkavirkjun. Die Str. 94 führt von Egilsstaðir über das Vatnsskarð (431 Meter) nach Bakkagerði, auch Borgarfjörður eystri genannt und bekannt für seine bunten Rhyolithberge, Elfenkolonien und üppiges Vogelleben (von einer Plattform beim Kleinbootshafen lassen sich Papageientaucher und Dreizehenmöwen aus nächster Nähe beobachten). Auf der Str. 93 gelangt man über die FjarðarheiðiPassstraße (620 Meter) in das Fischerdorf Seyðisfjörður, Zielhafen der Fähre »Norröna« (Smyril Line), die zwi-

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Hvítserkur, Relikt eines erodierten Zentralvulkans bei Bakkagerði.

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schen Dänemark und Island pendelt. Schmucke Holzhäuser im norwegischen Stil aus der Zeit um 1900 prägen den Ort, der durch die Fernsehserie Trapped – Gefangen in Island (2015) Bekanntheit erlangte.

Von Egilsstaðir nach Höfn Der Abschnitt durch die Ostfjorde gehört zu den landschaftlich abwechslungsreichsten Etappen der Ringstraße und verbindet eine ganze Reihe authentischer Fischerdörfer. Die Route führt zunächst über die Fagridalur-Passstraße (350 Meter) zum Reyðarfjörður hinunter. Im gleichnamigen Ort beleuchtet das Museum Íslenska Stríðsárasafnið die Jahre des Zweiten Weltkriegs, als das Städtchen quasi über Nacht von 3.000 britischen Soldaten besetzt wurde. Ein Tunnel verbindet Reyðarfjörður mit dem Nachbarort Fáskrúðsfjörður. 35 Kilometer länger, aber kaum befahren und landschaftlich schöner ist die alte Küstenstraße der Halbinsel Vattarnes, die die beiden Fischerorte verbindet. Stöðvarfjörður überrascht mit einem sehenswerten Mineralienmuseum. Über Breiðdalsvík führt die Ringstraße zum Berufjörður, einem der schönsten der Ostfjorde. Vom Ostufer dieses idyllischen Fjordes ergeben sich herrliche Ausblicke auf das Massiv des Búlandstindur. Auf einer Landzunge am Fjordausgang sitzt das malerische Fischerdorf Djúpivogur, 1589 von hanseatischen Kaufleuten gegründet. Vom Hafen fahren im Sommer Ausflugsboote zur unbewohnten Insel Papey (Pfaffeninsel), benannt nach irischen Mönchen, die dort angeblich vor langer Zeit gelebt haben. Geblieben sind die vielen Papageientaucher.

#ErbeDerFranzosen Beim Bummel durch Fáskrúðsfjörður stellt man erstaunt fest, dass viele Straßennamen zweisprachig sind: Isländisch und … Französisch. Damit wird an die Zeit von 1852 bis 1935 erinnert, als der Ort Hauptstandort der französischen Fischereiflotte auf Island war. Aus diesen Tagen ist auch das ehemalige Krankenhaus der Franzosen, heute ein Hotel mit angegliedertem Museum. Die Islandfischerei war nicht nur sehr ertragreich, sondern auch riskant. Tausende Seeleute ertranken in den eisigen Fluten. 49 Fischer fanden ihre letzte Ruhestätte auf dem »Französischen Friedhof« unten am Fjord.

#DieSteineVonPetra Der Hauptgrund für einen Besuch an Stöðvarfjörður ist das Steinasafn Petru – Petras Mineraliensammlung. Das Museum ist das Lebenswerk einer einzigartigen Frau. Bereits als Kind streifte Petra Sveinsdóttir durch die Berge, auf der Suche nach schönen Steinen und Mineralien – eine Leidenschaft, die ein Leben lang anhalten sollte. Die Fundstücke füllten schließlich nicht nur das Wohnhaus, sondern auch den kompletten Garten. Petra verstarb 2012 im Alter von 89 Jahren, aber ihre Sammlung lebt weiter und begeistert jährlich viele Besucher.

Zweisprachige Straßenschilder: In Fáskrúðsfjörður erinnert vieles an die frühere Bedeu­­tung des Dorfes als Hauptstandort der französischen Fischereiflotte auf Island. Skandinavien Reisehandbuch 2019

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#island #route1

Die Ringstraße zieht sich nun um eine Reihe von Fjorden mit Haff-Charakter: Am Hamarsfjörður, Álftafjörður und Lón sammeln sich im Frühling und während der Mauser im Spätsommer bis zu 10.000 Singschwäne.

Singschwäne am Álftafjörður.

Was folgt, ist eine wilde Fahrt entlang der Steilküste, begleitet vom dumpfen Getöse der Atlantikbrecher. Am Fuß des wuchtigen Massivs des Eystrahorn zeigt der gelbe Leuchtturm von Hvalnes Schiffen den Weg, während sich auf der angrenzenden Landzunge oft Seehunde tummeln. Am nahen Hang erkennt man die Ruinen eines nachgebauten Torfhofes, der 1979 als Kulisse für die Verfilmung des Laxness-Romans »Das wiedergefundene Paradies« diente. Stafafell ist ein guter Ausgangspunkt für Wanderungen in das nahe Naturschutzgebiet Lónsöræfi (120 Quadratkilometer) mit seinen bunten Rhyolithbergen. Die Almanna­ skarð-Passstraße (153 Meter) ist längst durch einen Tunnel ersetzt worden. Die Passhöhe ist jedoch noch immer (von der Ostseite her!) mit dem Auto erreichbar und überrascht mit einer herrlichen Aussicht auf Höfn und die Gletscher des Vatnajökull. Höfn (1.600 Einwohner) ist der größte Ort im Südosten und ein bedeutender Fischereihafen. Ein Großteil des isländischen Hummers wird hier angelandet. Das Krustentier wird in Höfn sogar im Juni mit einem eigenen Festival geehrt. Höfn ist auch ein ausgezeichneter Ausgangspunkt für Ausflüge zum nahen Vatnajökull. Alles Wissenswerte über die Gletscher und die Folgen der Klimaerwärmung vermittelt das Vatnajökull-Nationalparkzentrum im Haus Gamlabúð.

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Täuschend echt: Der Torfhof Hvalnes fungierte 1979 als Kulisse für die Verfilmung eines Laxness-Romans. 396

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Ein Hauch von Grönland: Haushohe Eisberge des Breiðamerkurjökull treiben auf dem Gletschersee Jökulsárlón.

Von Höfn nach Skaftafell Die nächsten 100 Kilometer stehen im Zeichen des Vatnajökull. Die Fahrt führt durch eine Urlandschaft mit schillernden Eiszungen und hohen Moränen, schwarzen Sandern und tosenden Gletscherflüssen. Schon die nackten Zahlen beeindrucken. Mit einer Fläche von 8.100 Quadratkilometern – das entspricht der Hälfte Schleswig-Holsteins – ist der Vatnajökull der größte Gletscher Europas. Die Eisdicke beträgt im Schnitt 400 Meter, mancherorts sogar 950 Meter. Das Volumen (3.100 Kubikkilometer) entspricht dem zweieinhalbfachen Volumen aller Alpengletscher zusammen! Unter dem Eis schlummern aktive Vulkane, wie Grímsvötn und Bárðarbunga, deren Ausbrüche oft verheerende Gletscherläufe (jökulhlaup) auslösen, die die Landschaft nachhaltig verändern. Die Eiskappe bildet auch den Kern des Nationalparks Vatnajökull (14.390 Quadratkilometer, 14 Prozent der Fläche Islands), der zweitgrößte Nationalpark Europas. Für Menschen war und ist nur wenig Platz in dieser Urlandschaft. Und so fällt auf der Fahrt durch Halli das Museum Þórbergssetur sofort auf. Das Museum, gestaltet wie ein Bücherbrett mit 45 Buchrücken, erinnert an den Autor Þórbergur Þórðarson (1888–1974), der hier geboren wurde. Nur wenige Kilometer weiter verbirgt sich hinter einer mächtigen Endmoräne eine der größten Attraktionen der Region: Jökulsárlón. Auf dem Gletschersee am Fuß des Breiðamerkurjökull kreuzen Ausflugsboote zwischen haushohen Eisbergen, die von der Gletscherkante in die Lagune kalben. Ein markierter Wanderweg, Skandinavien Reisehandbuch 2019

#Jökulsárlón In Anbetracht der Größe überrascht das jugendliche Alter dieses Gletschersees. 1932 reichte der Gletscher noch bis zur Küste heran, und er kalbte direkt ins Meer. Dann begann der Breiðamerkurjökull zu schrumpfen und ließ einen rasch wachsenden See zurück. 1975 erstreckte sich die Lagune über eine Fläche von acht Quadratkilometern, heute sind es mehr als 25 Quadratkilometer. Der Abstand von der Gletscherabbruchkante bis zur Küste beträgt nun bereits fünf Kilometer. 1992 entdeckten Wissenschaftler einen 21 Kilometer langen Fjord, der sich unter dem Gletscher fortsetzt. Unter ihm befindet sich auch der tiefste Punkt Islands, 300 Meter unter dem Meeresspiegel. Seit Juni 2017 ist die Eislagune Teil des Nationalparks Vatnajökull. 397


#island #route1

#MitDemTraktor #ZumVogelberg Die entlegene, nur von Seevögeln bewohnte Landzunge Ingólfshöfði liegt 20 Kilometer südlich des Vulkans Öræfajök­ ull und verdankt ihren Namen Ingólfur Arnarson. Der Überlieferung nach verbrachte der erste Siedler Islands hier 874 n. Chr. seinen ersten Winter auf der Vulkaninsel. Heute bietet das kleine Unternehmen Local Guide dort in der Saison recht originelle Vogelsafaris an. Die Anreise erfolgt nämlich mit Traktor und Heuwagen. Anschließend kann man auf einer geführten Wanderung aus nächster Nähe Papageientaucher, Trottellummen und Raubmöwen betrachten. Eine launige Erfahrung, auch mit Kindern!

der Breiðamörk Trail (15 Kilometer, fünf Stunden), verbindet Jökulsárlón mit Breiðárlón und Fjallsárlón, zwei weiteren eisgefüllten Lagunen. Letztere ist auch mit dem Auto erreichbar und kann ebenfalls mit Schlauchbooten erkundet werden. Die Str. 1 durchquert nun den Breiðamerkursandur, bevölkert von nistenden Raubmöwen und Küstenseeschwalben, und zieht sich dann südlich um das Massiv des Öræfajökull. Der Gletschervulkan gehört zu den meistgefürchteten Feuerbergen der Insel. Seit der Besiedlung explodierte er zweimal, 1362 und 1727. Nach dem Ausbruch von 1362 war die Region am Fuß des Vulkans total verwüstet und erhielt ihren heutigen Namen: Öræfi – »Ödland«. Der höchste Gipfel des Massivs, Hvannadalshnúkur (2.109 Meter), ist auch das »Dach« Islands. Östlich des Öræfajökull liegt die beliebte Oase Skaftafell. Hier vermittelt ein Besucherzentrum Wissenswertes über Geologie, Fauna und Flora. Markierte Wanderwege erschließen das Gebiet und bieten herrliche Ausblicke auf die umgebenden Gletscher. Das beliebteste Ziel ist der malerische Wasserfall Svartifoss. Auch geführte Gletschertouren werden angeboten.

is Populäres Ziel für geführte Gletscherwanderungen: Die Eiszunge Svínafellsjökull liegt nur einen Steinwurf von Skaftafell entfernt.

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Von Skaftafell nach Vík Kilometer um Kilometer zieht sich die Ringstraße nun durch den Skeiðarársandur. Die 50 Kilometer lange und 20 bis 30 Kilometer breite Schwemmlandschaft südlich des Vatna­ jökull wurde seit der letzten Eiszeit vor 12.000 Jahren von Gletscherflüssen geschaffen. Erst durch die Überbrückung der Skeiðará im Jahre 1974 wurde eine Umrundung der Insel auf der Ringstraße überhaupt möglich. Nach einer Eruption unter dem Vatnajökull 1996 wurden große Teile des Skeiðarársandur überschwemmt. Auch ein zehn Kilometer langer Abschnitt der Ringstraße wurde zerstört. Heute ist der Skeiðarársandur Teil des Geoparks Katla. Der 9.542 Quadratkilometer große Geopark erstreckt sich vom Vatnajökull im Osten bis Hvolsvöllur im Westen und illustriert wie kaum eine Region der Vulkaninsel das Zusammenspiel von Feuer und Eis. Zum Geopark Katla gehören bedeutende Vulkane wie Katla, Eyjafjallajökull und Laki. Erst als das markante Palagonitkliff Lómagnúpur auftaucht, wird die Landschaft wieder grüner. Am Fuß des Kliffs duckt sich die winzige Kirche von Núpsstaður, eine von sechs erhaltenen Torfkirchen. Nur wenig später überquert die Ringstraße das Lavafeld Brunahraun, entstanden bei der LakiEruption 1783–1784. Der Ausbruch der Laki-Krater war

Dauerbrenner: Der Vulkan Grímsvötn, verborgen unter dem Eis des Vatnajökull, bricht etwa alle 10 Jahre einmal aus, zuletzt 2011.

Höhepunkt einer Vogelsafari nach Ingólfshöfði: die Brutkolonien der Papageientaucher.

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#island #route1

Erodierter Stumpf einer vor 80.000 Jahren entstandenen Vulkaninsel: Kap Dyrhólaey. Paradies in den Bergen: Der Campingplatz Þakgil verbirgt sich in einer Schlucht im Hinterland von Vík.

eine der weltgrößten Eruptionen der vergangenen Jahrhunderte. Entlang einer 25 Kilometer langen Spalte waren über 130 Krater aktiv. Die geförderten Lavamassen bedeckten schließlich ein Areal von 565 Quadratkilometern. In Kirkjubæjarklaustur, oft abgekürzt als »Klaustur« (Kloster), erinnern Flurnamen wie Systravatn und Systrafoss an ein längst verschwundenes Benediktinerkloster.

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#Kirkjugólf 400 Meter nördlich von Kirkjubæjarklaustur (Zugang über die Str. 203) findet man eine geologische Kuriosität. Beim Betrachten der glatt polierten Basaltsäulenformation Kirkjugólf (Kirchenboden) könnte man glatt vermuten, dass es sich hier um ein Relikt des verschwundenen Klosters handelt. Tatsächlich wurde das natürliche, 80 Quadratmeter große Mosaik aus sechseckigen Basaltsäulen vermutlich durch Gletscher oder durch die Meeresbrandung poliert. 400

Beim Verlassen von Kirkjubæjarklaustur durchquert man die Landbrotshólar: Islands größte Ansammlung von Pseudokratern entstand vermutlich beim Ausbruch der Eldgjá (934). Anschließend überwindet man das moosbewachsene Lavafeld Eldhraun (Feuerlava). Das 25 Kilometer breite Lavafeld entstammt, wie das Brunahraun östlich von Kirkjubæjarklaustur, dem Ausbruch der Vulkanspalte Lakagígar. Mit einem Geländefahrzeug kann man auf der Hochlandpiste F206 einen Abstecher zur Laki-Spalte machen und unterwegs die Schlucht Fjaðrárgljúfur und den Wasserfall Fagrifoss bestaunen. Durch den Mýrdalssandur, eine Sand- und Schotterwüste, aufgeschwemmt durch Gletscherflüsse des Mýrdalsjökull, geht die Fahrt weiter nach Vík í Mýrdal. Hier informiert das Besucherzentrum Kötlusetur über den nahen Vulkan Katla und die vielen Schiffsstrandungen an der Küste. Nicht zu verpassen: ein Abstecher zum Kap Dyrhólaey (Türhügelinsel). Vom Leuchtturm auf dem 120 Meter hohen Gipfelplateau der ehemaligen Vulkaninsel bietet sich eine großartiSkandinavien Reisehandbuch 2019


ge Aussicht auf ein von der Brandung geschlagenes Felsentor in der senkrecht abfallenden Steilküste und kilometerlange schwarze Sandstrände nach Westen und Osten. Am Kap nisten zahlreiche Papageientaucher.

Von Vík nach Reykjavík Die Ringstraße verläuft nun südlich an der Eiskappe Mýrdalsjökull vorbei, mit einer Fläche von 590 Quadratkilometern der viertgrößte Gletscher Islands. Eine Stichstraße führt am östlichen Ufer der Jökulsá bis an den Rand der Eiszunge Sólheimajökull. Das nächste Ziel an der Ringstraße ist der kleine Ort Skógar mit dem imposanten 62 Meter hohen Skógafoss. Auch das Skógar Museum, eines der besten Heimatmuseen des Landes, ist einen Besuch wert. Zu sehen sind unter anderem alte Wohnhäuser der Region und viele Kuriositäten – von Schuhen aus Fischhaut bis zu Werkzeugen aus Walknochen.

#FabelhafterStrand Vík gehört zu den wenigen Küstenorten, die nicht über einen Hafen verfügen. Dafür punktet der kleine Ort an der Südküste aber mit einem grandiosen schwarzen Sandstrand. Lonely Planet bezeichnete Reynisfjara gar als »einen der fünf schönsten Strände Europas«. Vor dem Strand tauchen die Felsnadeln der Reynis­ drangar aus dem Meer auf – laut der Legende zwei Trolle, die beim Versuch, ihr Schiff an Land zu ziehen, von der aufgehenden Sonne überrascht wurden und versteinerten.

Auf der Weiterfahrt erhascht man ab und zu einen Blick vom Gletschervulkan Eyjafjallajökull. Bei seinem letzten Ausbruch 2010 versank die ganze Gegend unter der Asche, und in Europa kam der Flugverkehr weitgehend zum Erliegen. An das Ereignis und seine Folgen erinnert das Besucherzentrum Þorvaldseyri. Unmittelbar vor der Brücke über den Gletscherfluss Markarfljót lockt ein Abstecher zum 65 Meter hohen Seljalandsfoss. Die Str. 249/F249 führt anschließend weiter nach

Illustriert die ärmlichen Wohnverhältnisse der Bauern im 19. Jahrhundert: rekonstruiertes Torfgehöft im Skógar Museum.

Wahrzeichen von Skógar: der Skógafoss.

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#island #route1

#ZweiHochkarätige #Museen Im Juni 2017 wurde in Hvolsvöllur das Lava Centre eröffnet. In diesem hochmodernen Informationszentrum dreht sich alles um Vulkane, Erdbeben und die Entstehung Islands. Zu den Highlights gehören ein Erdbebensimulator und ein simulierter Ascheregen. Im Fokus des ebenfalls in Hvolsvöllur angesiedelten Isländischen Saga-Zentrums steht die Njáls saga, die in dieser Gegend spielt. In der Saga wird auch der Hof Keldur (Str. 264) erwähnt, ein Torfgehöft, dessen älteste Teile aus dem 12./13. Jahrhundert datieren – es gilt als das älteste erhaltene Gebäude Islands.

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Vulkaninsel im Schatten des Eyjafjallajökull: Elliðaey gehört zu den größeren Inseln der Vestmannaeyjar.

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Þórsmörk. Das zwischen den Gletschern Eyjafjalla-, Mýrdals- und Tindfjallajökull eingebettete Tal ist ein beliebtes Wandergebiet mit Berghütten und Zeltplätzen. Von Þórsmörk führt der Fernwanderweg Laugavegur in vier Etappen in das Thermalgebiet Landmannalaugar. Achtung: Die Piste nach Þórsmörk ist nur mit großen Geländewagen befahrbar, und das auch nur, wenn der Wasserstand der Gletscherflüsse dieses erlaubt! In der Sommersaison verkehren mehrmals pro Tag Busse. Von Landeyjahöfn an der Südküste (Str. 254) existiert eine Fährverbindung zu den Vestmannaeyjar oder »Westmännerinseln« (bei schlechtem Wetter fungiert der Hafen von Þorlákshöfn im Südwesten als Ausweichhafen!). Der Archipel besteht aus 15 Inseln, von denen nur die Hauptinsel Heimaey bewohnt ist. Haupterwerbszweig ist die Fischerei. 1973 wurde ein Großteil der Häuser der Stadt Vestmannaeyjar bei einem Vulkanausbruch zerstört. An die dramatischen Ereignisse von damals erinnert das Museum Eld­ heimar (Feuerwelt). Ein zweiter Themenschwerpunkt des Museums ist die Entstehung der Insel Surtsey, die 1963 aus dem Meer auftauchte und von der UNESCO seit 2008 als Weltnaturerbe anerkannt ist. Der Nachbarort Hella ist ein prima Ausgangsort für Touren zum Vulkan Hekla und zum Museumshof Þjóðveldisbærinn (Str. 26/32), einem Nachbau des beim Hekla-Ausbruch von 1104 zerstörten Wikingerhofs Stöng. Die 1.491 Meter hohe Hekla ist einer der bekanntesten und aktivsten Feuerberge Islands – und einer der gefährlichsten. Allein seit der Besiedlung Islands brach der Vulkan, im Mittelalter in Europa als »Tor zur Hölle« bezeichnet, zwischen 20 und 30 Mal aus. Die letzte größere Eruption fand 1947 statt. Zuletzt war die Hekla 2000 aktiv.


#Bananenvom #Polarkreis

Auch Bananen gibt es auf Island… in der staatlichen Gartenbauschule in Hveragerði.

Selfoss (7.100 Einwohner), die größte Stadt Südislands, ist auch das Landwirtschafts- und Verwaltungszentrum der Region. Sehenswert ist das Bobby Fischer Center, das Memorabilien des Schachweltmeisters Bobby Fischer (1943– 2008) zeigt. Sein Grab befindet sich auf dem Friedhof der lokalen Laugardælakirkja. Von Selfoss lohnt sich auch ein Streifzug zu den Fischerdörfern Eyrarbakki und Stokkseyri. Eyrarbakki war um 1900 der bedeutendste Hafen und Handelsplatz der Südküste. An diese Zeiten erinnern viele Häuser aus dem 19. Jahrhundert. Im schwarz geteerten Kaufmannshaus Húsið (1765) ist ein Heimatmuseum untergebracht. Das örtliche Seefahrtsmuseum zeigt unter anderem ein Fischerboot von 1915. In Stokkseyri illustriert die Fischerhütte Þuriðarbúð, wie einst die Fischer, die mit offenen Ruderbooten in See stachen, in der winterlichen Fangsaison hausten. Interessant ist auch das Geistermuseum, dem eine Ausstellung über Elfen, Trolle und Nordlichter angegliedert ist. Hinter dem Treibhauszentrum Hveragerði steigt die Straße kräftig an und führt dann über die Hellisheiði-Passstraße (374 Meter) und durch das Hengill-Hochtemperaturgebiet. Die ergiebig vorhandene Erdwärme nutzt das Geothermalkraftwerk Hellisheiðarvirkjun zur Erzeugung von Strom (303 MW) und Heißwasser (133 MW). Ein Besucherzentrum im Kraftwerk veranschaulicht die Nutzung der Geothermie. Über das Lavafeld Svínahraun und vorbei am Naherholungsgebiet Heiðmörk geht es zurück nach Reykjavík. • Skandinavien Reisehandbuch 2019

Hveragerði ist die Hauptstadt isländischer Treibhauskultur. In den vielen Gewächshäusern werden vor allem Gemüse und Blumen angebaut. In der staatlichen Gartenbauschule gedeihen sogar Bananenstauden. Möglich machen es die vielen Dampfquellen. Einige sind im Geothermalpark Hvera­svæði zu bestaunen, wo Kinder in einer heißen Quelle Eier kochen und Erwachsene das Fußbad im warmen Schlamm genießen können. Zu den bekanntesten Quellen gehört Ruslahver, wortwörtlich die »Müllquelle«. Sie wurde bei einem Erdstoß 1947 plötzlich aktiviert, dummerweise nachdem jahrelang der Müll in der bis dahin trockenen Quelle deponiert worden war. Prompt wurde der Unrat an die Absender zurückgeschickt. Wie das schwere Erdbeben von 2008 (Stärke 6,3!) dem Ort zusetzte, zeigt die Ausstellung »Skjálftinn 2008« im lokalen Einkaufszentrum. Empfehlenswert ist auch eine Wanderung in das Hengill-Gebiet mit seinen vielen dampfenden Quellen, zum Beispiel ins Reykjadalur mit hübsch eingerichteter natürlicher Badestelle.

# WeiterLesen Rund um Island auf der Ringstraße, Erik Van de Perre, Conrad Stein Verlag, 2017, 16,90 €. Detaillierte Routenbeschreibung der Ringstraße mit vielen praktischen Tipps zu Sehenswürdigkeiten, Unterkünften usw. Outdoor Regional: Island, Erik Van de Perre, Conrad Stein Verlag, 2017, 12,90 €. Eine Auswahl der schönsten Tageswanderungen in der Nähe der Ringstraße. 403


#route 2 ISLAN

ROUTE 2

Golden Circle – 235 km Der »Goldene Kreis«, eine beliebte Rundtour von Reykjavík aus in das fruchtbare Tiefland im Südwesten, verbindet einige der bekanntesten Highlights des Landes: die Welterbestätte Þingvellir, das Hochtemperaturgebiet Geysir und den Wasserfall Gullfoss.

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Mit Wasser gefüllte Spalte in Þingvellir.

Von Reykjavík über Þingvellir nach Laugarvatn Von Reykjavík geht es zunächst auf der Ringstraße nach Norden Richtung Mosfellsbær, wo man rechts in die Str. 36 einbiegt. Im Mosfellsdalur fallen sofort die vielen Treibhäuser auf. Heißwasser, das hier aus Bohrlöchern gewonnen wird, deckt einen Großteil der Heißwasserversorgung der Hauptstadt Reykjavík, die über eine Pipeline versorgt wird. Die Hauptattraktion im Tal ist Gljúfrasteinn, das einstige Wohnhaus von Halldór Laxness (1902–1998). Der große isländische Romancier und Träger des Literatur-Nobelpreises lebte hier über 50 Jahre. Das Haus ist im Original als Museum erhalten geblieben.

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Skandinavien Reisehandbuch 2019


Die Str. 36 steigt allmählich zum Plateau der Mosfellsheiði an und gibt bald einen ersten Blick frei auf den malerischen, bis zu 114 Meter tiefen Þingvallavatn, mit einer Fläche von 84 Quadratkilometern der größte See Islands. Kurz vor dem See lockt rechts ein Abstecher (Str. 360) zum Nesjavellir-Kraftwerk. Das zweitgrößte geothermische Kraftwerk Islands liefert sowohl Strom (120 MW) als auch Heißwasser (300 MW). Am Nordrand des Sees wartet ein geologisch und historisch einmaliges Highlight: Þingvellir – die »Thingfelder« – bietet Anschauungsunterricht in Sachen Plattentektonik. Denn wo sonst lässt sich das Auseinanderdriften der eurasischen und der amerikanischen Erdplatte besser nachvollziehen? Die Platten bewegen sich jährlich um einen Zentimeter in jede Richtung, gleichzeitig sinkt die Ebene um Þingvellir kontinuierlich ab. Auf den »Thingfeldern« wurde 930 erstmals das Alþingi, eine parlamentsartige Versammlung, einberufen, die danach jahrhundertelang (bis zur Auflösung durch die Dänen 1798) einmal jährlich hier tagte. An gleicher Stelle wurde am 17. Juni 1944 die Unabhängigkeit ausgerufen. Der 1928 gegründete, 237 Quadratkilometer große Nationalpark Þingvellir ist der älteste Nationalpark Islands. Oberhalb der Schlucht Almannagjá (Allmännerschlucht) liegt das schön in die Umgebung integrierte Þingvellir

Farbenprächtig: Im Spätsommer leuchtet das Laub der Heidelbeeren im Nationalpark Þingvellir feuerrot.

Anschauungsunterricht in Sachen Plattentektonik: der Graben von Þingvellir.

Regelmäßiger Brutgast im Nationalpark Þingvellir: die Rotdrossel.

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#island #route2

Visitor Centre, ein multimediales Besucherzentrum, das Geologie, Flora, Fauna und Geschichte erläutert, auch auf Deutsch. Von der nahen Aussichtsplattform überschaut man den See, den Graben und den 1.009 Meter hohen Schildvulkan Skjaldbreiður, der seine Umgebung um 600 Meter überragt. Auskünfte über den Nationalpark erhält man im fünf Kilometer entfernten Information Centre Þingvellir.

Islands aktivster Geysir: Strokkur.

#Eine heroische #Junge Frau

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Was wäre wohl ohne Sigríður Tómasdóttir aus dem Gullfoss geworden? Der vor Kraft strotzende Wasserfall weckte schon früh Begehrlichkeiten. 1907 bot ein Engländer, der Gullfoss zur Stromerzeugung nutzen wollte, dem Bauern des Gehöfts Brattholt 50.000 Isländische Kronen. Eine Summe, die dem 50-fachen Wert des Hofes entsprach. Doch der Bauer schickte ihn fort mit den Worten: »Meinen Freund verkaufe ich nicht.« Nachdem Investoren später doch noch die Hand auf den Wasserfall legen konnten, startete seine Tochter Sigríður Tómasdóttir (1871–1957) einen entschlossenen Kampf. Als die Lage aussichtslos erschien, drohte sie sogar, sich in den Wasserfall zu stürzen. Soweit kam es zum Glück nicht. Mit Hilfe des Anwalts Sveinn Björnsson, der später der erste Präsident Islands wurde, konnte der Vertrag aufgehoben werden. Der Wasserfall gehört seitdem dem isländischen Volk. Seit 1979 steht Gullfoss unter Naturschutz. Beim Wasserfall erinnert ein Denkmal des isländischen Bildhauers Ríkarður Jónsson an die heroische junge Frau von Brattholt. 406

Sie fahren nördlich um den See herum und biegen dann links in die Str. 365 nach Laugarvatn ab. Die Straße steigt nun über verwitterte Lavafelder zur Lyngdalsheiði an. Auf dieser kesselartigen Hochebene, die ab und zu von Sandstürmen heimgesucht wird, führt eine kurze Stichstraße zum Laugarvatnshellir, einer kleinen Tuffsteinhöhle, die zu Beginn des 20. Jahrhunderts zeitweise bewohnt war. Nach einer Restaurierung sieht die Höhle heute wieder so aus wie vor einem Jahrhundert, als dort die letzten »Höhlenmenschen« lebten. Im Sommer finden Führungen in der Höhle statt. Der kleine Ort Laugarvatn, heute ein Schulzentrum, liegt am Ufer des gleichnamigen, von warmen Quellen gespeisten Sees. Nach der Einführung des Christentums im Jahr 1000 ließen sich viele hier auf dem Heimweg von Þingvellir taufen, statt im eiskalten Þingvallavatn. Mehr Komfort verspricht die moderne Wellness-Anlage Laugarvatn Fontana, die mit vielen Dampfbädern, Saunen und unterschiedlich temperierten Außenpools aufwartet.

Von Laugarvatn über Geysir nach Reykjavík Die Str. 37/35 führt weiter nach Osten. Dampffahnen kündigen das Geothermalgebiet im Haukadalur an, oft schlicht als Geysir bezeichnet. Dieser Eigenname, heute Fachbegriff für alle heißen Quellen dieser Art, ist vom isländischen Verb gjósa (springen) abgeleitet. Geysir ist der bekannteste isländische Vertreter. Allerdings ist er nur noch sporadisch aktiv, zumeist nach starken Erdbeben. Zuletzt schleuderte er 2008 – nach einem weiteren Erdbeben – tagelang eine bis zu 60 Meter hohe Wassersäule empor. Mehr Verlass ist auf Strokkur (Butterfass), den kleinen Bruder von Geysir, der im Fünf-Minuten-Takt kochend heißes Wasser zehn bis 20 Meter in die Höhe jagt. Skandinavien Reisehandbuch 2019


Bei günstigem Wind hört man bereits in Geysir das Rauschen des zehn Kilometer entfernten Gullfoss. Der »goldene Wasserfall«, für viele der schönste Wasserfall des Landes, fällt in zwei rechtwinklig versetzte Kaskaden insgesamt 32 Meter tief in eine 2,5 Kilometer lange und 70 Meter tiefe Schlucht hinab. Vom Gullfoss geht es zunächst auf dem gleichen Weg zurück bis zur Gabelung der Str. 35/37, wo man sich links hält und weiter der Str. 35 Richtung Selfoss folgt. Unterwegs lockt ein Abstecher (Str. 359) in den Ort Flúðir, das wichtigste Pilzzuchtzentrum Islands. Den vielen heißen Quellen verdankt das Dorf nicht nur seine Treibhäuser, sondern auch das älteste Schwimmbad des Landes (1891). Die vor Kurzem renovierte »Secret Lagoon« ist ganzjährig 38 bis 40 °C warm. Von Weitem beherrscht die massive weiße Kirche von Skálholt die Umgebung. Hinter dem kleinen Ort, jahrhundertelang als Bischofssitz von großer Bedeutung, bietet sich ein Abstecher (Str. 354) nach Sólheimar an. Im ersten Öko-Dorf Islands leben geistig behinderte Menschen mit Nichtbehinderten zusammen. Eine heiße Quelle liefert die notwendige Energie für die Treibhäuser, in denen Bio-Anbau betrieben wird. Es gibt auch eine Baumschule und Ateliers, in denen Kerzen und Kunsthandwerk hergestellt werden.

Für viele Islands schönster Wasserfall: Gullfoss.

#ZentrumDerMacht Beim Besuch an Skálholt fällt sofort die wuchtige Kirche auf, die für den kleinen Ort viel zu groß erscheint. Tatsächlich war Skálholt nicht nur von 1056 bis 1801 einer von zwei Bischofssitzen des Landes, sondern jahrhundertelang auch das kulturelle Zentrum Islands. In der Krypta der 1963 geweihten Kirche ruhen die Gebeine der 44 Bischöfe von Skálholt, 31 katholische und 13 lutherische. Ein Gedenkstein erinnert an den letzten katholischen Bischof Jón Arason, der sich energisch der Reformation widersetzte und deshalb 1550 zusammen mit seinen beiden Söhnen in Skálholt geköpft wurde. Erloschene Geysire im Haukadalur.

Das nächste Highlight ist Kerið, ein 55 Meter tiefer, wassergefüllter Krater, der zur Kraterreihe Tjarnarhólar gehört, die vor 5.000 bis 6.000 Jahren aktiv war. Die Str. 35 mündet kurz vor Selfoss in die Ringstraße (siehe Route 1), auf der es über Hveragerði nach Reykjavík zurückgeht. • Skandinavien Reisehandbuch 2019

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#route 3 ISLAN

Brennisteinsfjöll

Kleifarvatn

ROUTE 3

Halbinsel Reykjanes – 190 km is

Die Blaue Lagune ist bei Islandreisenden längst ein Begriff. Darüber hinaus bietet Reykjanes, wortwörtlich die »rauchende Landzunge«, jede Menge urwüchsige, teils hochlandähnliche Vulkanlandschaften. Nicht zufällig wurde auf der Halbinsel im Südwesten 2015 der zweite Geopark des Landes eröffnet.

Von Reykjavík nach Keflavík Von Reykjavík aus führt die Str. 41 über Kópavogur und Garðabær rasch aus der Stadt heraus. Ein erster Stopp lohnt sich in Hafnarfjörður. In der mit 29.800 Einwohnern drittgrößten Stadt Islands, aufgrund ihres Naturhafens schon immer ein wichtiger Handelsplatz, illustriert das Sívertsens Húsið (1805), wie eine wohlhabende Familie zu Beginn des 19. Jahrhunderts lebte. Im angrenzenden Pakkhúsið gibt es eine Ausstellung zur Stadtgeschichte. Eintauchen in die Welt der Elfen kann man auf einer geführten »Elfenwanderung« durch die Lava. Hinter der Aluminiumhütte ÍSAL (205.000 Tonnen) bietet sich an, die Schnellstraße zu verlassen und der ruhigen Str. 420 zu folgen, die am Meer entlang verläuft. Dabei passiert man die stattliche Kálfatjarnarkirkja (1893), die mit schönen Wand- und Deckenmalereien besticht. In der Hafenstadt Njarðvík lockt ein Besuch des Museums Víkingaheimar (Wikingerwelt). Blickfang ist die »Íslendingur« (Isländer), ein Nachbau des norwegischen Wikingerschiffs »Gokstad«, das dort 1880 am Sandefjord freigelegt wurde. Die Str. 41 streift den Ort 408

Skandinavien Reisehandbuch 2019


Ásbrú, hervorgegangen aus dem 2006 aufgegebenen USamerikanischen Luftwaffenstützpunkt Keflavík. Heute sind hier das Hochschulzentrum Keilir, ein Filmstudio, eine Veranstaltungshalle und mehrere Hotels angesiedelt. In Keflavík lohnt sich ein Besuch des Kulturzentrums Duushús. Schiffsliebhaber werden sich an den rund 100 ausgestellten Modellschiffen des pensionierten Kapitäns Grímur Karlsson erfreuen. Neben diversen Wechselausstellungen ist hier auch das Besucherzentrum des Reykjanes Global Geoparks untergebracht. Im Mittelpunkt des 825 Qua­ dratkilometer großen Geoparks steht der Mittelatlantische Rücken, der in Reykjanes aus den Tiefen des Ozeans auftaucht und auf der Halbinsel – als einziger Ort weltweit – über dem Meeresspiegel zu sehen ist.

Originalgetreue Rekonstruktion eines norwegischen Wikingerschiffs: die Íslendingur ist das Prunkstück des Museums Víkingaheimar.

Von Keflavík über Grindavík nach Reykjavík Über die Str. 45 erreicht man den Fischerort Garður. Von dort geht es auf der Str. 402 nach Nordwesten weiter, vorbei an der geschichtsträchtigen Útskálakirkja. Die Str. 402 endet an der Nordspitze der Landzunge Garðskagi mit zwei sehenswerten Leuchttürmen. Der alte (1897) steht am Wasser, der neue (1944), mit 28 Metern der höchste des Landes, weiter landeinwärts. Im nahen Garðskagi Folk Museum sind Gerätschaften und Motoren aus Fischerei und Seefahrt ausgestellt. Im Fischerort Sandgerði informiert das Suðurnes Science and Learning Center über Fauna und Flora der isländischen Küste. Im Fokus steht auch der französische Polarforscher Jean-Baptiste Charcot (1867–1936), der 1936 mit seinem Schiff »Pourquoi Pas?« vor der Küste Islands unter-

#TragödieAufSee Mit dem Pfarrhof Útskálar ist eine der größten Tragödien der isländischen Seefahrt verbunden. Am 8. März 1685 ertranken hier bei einem heftigen Sturm 156 Seeleute, die mit offenen Booten zum Fischfang aufgebrochen waren. Viele der Opfer stammten aus Nordisland und weilten zur Fangsaison auf Reykjanes. 42 von ihnen wurden am 11. März auf dem Friedhof von Útskálar beigesetzt, 47 weitere am nächsten Tag in einem Massengrab bestattet.

Einblick in die Kochtöpfe des Leibhaftigen: das Geothermalgebiet Seltún.

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#island #route3

#Brückezwischen #denKontinenten is

Sieben Kilometer südlich von Hafnir lockt eine merkwürdige Konstruktion inmitten der Lava jede Menge Neugierige an. Clevere Tourismusmanager loben die 18 Meter lange »Brücke zwischen den Kontinenten« gar als »eines der großen Wunder der Welt«. Denn wo kann man eben mal schnell von Amerika nach Europa laufen? Dahinter steckt die Idee, dass man sich hier an der Nahtstelle zwischen der nordamerikanischen und eurasischen Platte befindet. Im Prinzip richtig, nur ist die »Naht« natürlich nicht 18 Meter, sondern ca. fünf Kilometer breit! Überbrückt wurde nur eine Verwerfung am Nordrand der Riftzone, also auf der amerikanischen Seite. Um die Theorie der Kontinentaldrift zu visualisieren, eignet sich das Bauwerk allemal. 410

Beherrscht die Südwestspitze von Reykjanes: der Leuchtturm Reykjanesviti.

ging. Hvalsnes lockt mit einer hübschen Steinkirche (1887), Stafnes mit Spaziergängen zu den grasbewachsenen Ruinen von Básendar. Dieses einst bedeutende Handelszentrum fiel 1799 einer verheerenden Springflut zum Opfer. An eine weitere Katastrophe wird im Fischerdorf Hafnir erinnert: Neben der Kirche rostet der Anker des Schoners »Jamestown«, der 1881 ohne Besatzung in einer nahen Bucht strandete. Auf der Weiterfahrt erblickt man die vorgelagerte Vulkan­ insel Eldey, Nistplatz einer der weltgrößten Basstölpelkolonien (circa 16.000 Brutpaare) und für Besucher gesperrt. Anschauen kann man aber den Vogelberg Hafnaberg. In den bis zu 43 Meter hohen Kliffen nisten zahlreiche Dreizehenmöwen, Krähenscharben und Lummen. Weiter südlich erinnern Krater und Verwerfungen daran, dass man sich direkt auf dem Mittel­ atlantischen Rücken befindet, der Nahtstelle zwischen den auseinanderdriftenden nordamerikanischen und eurasischen Kontinentalplatten. An der Südwestspitze von Reykjanes ragt das Kliff Valahnúkur empor, auf dem 1878 der erste Leuchtturm Islands erbaut wurde. Nachdem er durch ein ErdbeSkandinavien Reisehandbuch 2019


ben schwer beschädigt wurde, wurde landeinwärts der neue Leuchtturm Reykjanesviti (1908) errichtet. Der nahe »100-Krater-Park« gehört mit drei Lehrpfaden von vier, sechs und 14 Kilometern zu den Highlights des Reykjanes-Geoparks. Sehenswert sind auch die Solfataren und kochenden Schlammtümpel des Hochtemperaturgebiets Gunnuhver, das sich hinter dem Geothermalkraftwerk Reykjanesvirkjun (100 MW) erstreckt. In Grindavík gewährt das Museum Kvikan Einblicke in die Salzfischproduktion. Eine zweite Ausstellung im gleichen Haus setzt sich mit Geologie und Geothermie auseinander. Die Toppattraktion des Fischerdorfs ist die Blaue Lagune, erreichbar über die Str. 43. Seit 1999 zieht das hübsch in der Lava angelegte Thermalbad Gäste aus aller Welt an. Gespeist wird der milchig blaue, 37 bis 42 °C warme Badesee durch »Abwasser« des nahen Geothermalkraftwerks Svarts­ engi (75 MW). Aufgrund der großen Nachfrage – 700.000 Besucher im Jahr! – wurde eine Buchungspflicht eingeführt. Die Str. 427 führt an der Südküste entlang nach Osten. Nach der Durchquerung des Lavafelds Ögmundarhraun (1151) zweigt eine Piste zum Vogelfelsen Krísuvíkurberg ab, Brutstätte von über 100.000 Seevögeln. Die Str. 427 mündet schließlich in die Str. 42, die nach Norden Richtung Krýsuvík führt. Zwei Maare – Grænavatn ist eine Augenweide! – erinnern an explosive Eruptionen, die sich vor gut 6.000 Jahren ereigneten. Im Geothermalgebiet Seltún zischen Solfataren neben brodelnden Schlammtöpfen. Weiter nördlich schlängelt sich die Straße zwischen wild zerklüfteten Bergen und dem mysteriösen, neun Quadratkilometer Fläche umfassenden See Kleifarvatn hindurch, angeblich bevölkert von einem Seeungeheuer. Bevor es auf der Str. 42/41 nach Reykjavík zurückgeht, lockt ein letzter Abstecher in die Bláfjöll (Str. 417): Dort verspricht die Fahrt mit der Gondel in den 120 Meter tiefen Schlund des vor 4.000 Jahren erloschenen Vulkans Þríhnúka­ gígur Nervenkitzel pur. • Skandinavien Reisehandbuch 2019

Wildes Wasser: Unaufhaltsam prügeln die Brecher des Nordatlantiks auf die Felsnadeln am Fuß des Valahnúkar ein.

#DasLebenist #Salzfisch Im Fischerhafen von Grindavík tauchen die Ausstellungen des Museums Kvikan den Besucher ein in die lebhafte Geschichte der Salzfischherstellung, begleitet von Möwengeschrei und dem Duft von gesalzenem Dorsch. Packende Schwarzweißbilder zeigen Fischer in offenen Booten, Frauen mit weißer Schürze beim Ausnehmen der Fische und Lagerarbeiter beim Aufschichten der brettharten Salzfische. Die große Bedeutung des Salzfisches für die Nation brachte der Literaturnobelpreisträger Halldór Laxness in seinem Roman »Salka Valka« mit einem einzigen Satz auf den Punkt: »Das Leben ist Salzfisch.«

#WeiterLesen Rund um Island auf der Ringstraße, Erik Van de Perre, Conrad Stein Verlag, 2017, 16,90 €. Beschreibung der Route über Reykjanes mit praktischen Infos zu Sehenswürdigkeiten, Unterkünften usw. 411


#island

d n a l #is

Kurs Island

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REISEN MIT DEM AUTO

ANREISE MIT DER FÄHRE

Wer mit dem eigenen Auto oder Wohnmobil anreisen möchte, bucht eine Überfahrt mit der Fähre der Smyril Line. Alternativ stehen in den Mietzentralen am Flughafen in Keflavík hochlandpistentaugliche Allradfahrzeuge für Urlauber bereit.

Von Hirtshals an der Nordspitze Dänemarks fährt die »M/S Norröna« via Tórshavn auf den Färöer-Inseln nach Seyðisfjörður im Osten Islands. Bei der Fahrt ist man einen kompletten Tag auf See. Alle bewohnten Inseln und auch abgelegene Halbinseln kann man mit Autofähren oder Personenfähren erreichen. In der Saison empfiehlt sich eine Buchung im Voraus.

Hochlandpisten In Island darf man die Inlandsstrecken nur mit Allradfahrzeugen befahren. Wenn man die Hauptstraßen verlässt und sich auf die Hochlandpisten (F-Straßen) begibt, gerät man in sehr einsame Gegenden, in denen es in der Regel weder Geschäfte noch Tankstellen gibt. Hier kommt man nur sehr langsam voran, da Flussläufe und Schlamm die oft erst Anfang Juli geöffneten Pisten unpassierbar machen. Die aktuellen Öffnungszeiten der Hochlandstraßen erfährt man auf Campingplätzen, in Hotels oder Touristenbüros, außerdem beim Isländischen Straßenamt (Tel. +354-522 1000, vegagerdin@ vegagerdin.is, www.road.is). Weitere Infos zu den Hochlandpisten erhält man bei den Tourist Information Centers und beim Isländischen Fremdenverkehrsamt (www.visiticeland.com). Allgemeine Verkehrsbestimmungen • In Island herrscht Rechtsverkehr und Anschnallpflicht auf Vorder- und Rücksitzen. • Das Abblendlicht muss auch am Tag eingeschaltet sein. Standlicht reicht nicht. • Promillegrenze: 0,5 • Höchstgeschwindigkeiten: innerhalb geschlossener Ortschaften: 50 km/h, außerhalb geschlossener Ortschaften, auf Schotterstraßen: 80 km/h, auf Asphalt- und Schnellstraßen: 90 km/h. Besonderheiten: Siehe Hochlandpisten. Jeglicher Kfz-Verkehr im Gelände außerhalb der Straßen und gekennzeichneter Fahrspuren ist verboten und wird mit hohen Bußgeldern bestraft.

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Die Fährverbindung Hirtshals – Tórshavn – Seyðisfjörður (Smyril Line) Kontakt zur Fährlinie • Smyril Line: Tel. 0431-20 08 86, www.smyrilline.de

ANREISE MIT DEM FLUGZEUG Keflavík, Islands größter Flughafen bei Reykjavík, ist aus Deutschland, Österreich und der Schweiz ganzjährig mit dem Flugzeug zu erreichen. Da sich die Flugverbindungen jedoch je nach Jahreszeit ändern können, erheben wir keinen Anspruch auf Richtigkeit und Vollständigkeit und verweisen für aktuelle Informationen ebenso auf die Website der jeweiligen Fluggesellschaft. • EasyJet: Von Basel und Genf nach Reykjavík. www.easyjet.com • Eurowings: Von Frankfurt/M., Köln/Bonn, Hamburg, Stuttgart, München, Nürnberg und Zürich nach Reykjavík. www.eurowings.com • Icelandair: Von Frankfurt/M. nach Reykjavík. www.icelandair.de • Lufthansa: Von Frankfurt/M. nach Reykjavík. www.lufthansa.com • SAS: Von Berlin, Düsseldorf, Frankfurt/M., Hamburg, Stuttgart und München nach Reykjavík. www.flysas.com • WOW Air: Von Berlin, Düsseldorf, Frankfurt/M. und Salzburg nach Reykjavík (saisonabhängig). www.wow-air.de

Skandinavien Reisehandbuch 2019


HOTELS

SLAN

Gute Nacht in Island

In Island findet man in den Städten und rund um die touristischen Highlights ein gutes Hotelangebot in verschiedenen Preis- und Sternklassen. In Island vertreten sind mehrere Hotelketten wie Fosshótel, Radisson Blu, Best Western, Edda, Hotel Kea, Icelandair Hotels und Hringhotels.

JUGENDHERBERGEN

In Island gibt es 34 internationale Hostels, die über das ganze Land verteilt sind. Sie bieten preiswerte Unterkünfte mit gutem Standard. Alle Herbergen verfügen über Selbstverpflegungsküchen und Familienzimmer. • Hostelling International Iceland Tel. +354-575 6700 info@hostel.is www.hostel.is

PRIVATUNTERKÜNFTE

In Island gibt es zahlreiche B&Bs. Einfach am Straßenrand auf Schilder achten oder die Infos bei den örtlichen Touristenbüros einholen. Hinzu kommen mehr als 170 Bauernhöfe, die Unterkünfte in verschiedenen Kategorien anbieten und sich in der Dachorganisation Hey Iceland (www.heyiceland.is) zusammengeschlossen haben und auch Aktivitäten anbieten.

FERIENHÄUSER

Auch wenn in Island Ferienhäuser noch nicht so weit verbreitet sind wie in manchen anderen skandinavischen Ländern, kann man trotzdem unter einer Reihe von Angeboten wählen. So haben unter anderem Novasol (www.novasol.de) und Casamundo (www.casamundo.de) Feriendomizile auf der Vulkaninsel im Angebot.

CAMPING

In ganz Island finden Camper rund 80 Plätze für Wohnmobil, Wohnwagen oder Zelt, die gewöhnlich zwischen Anfang Juni und Ende August geöffnet sind. Die Klassifizierung orientiert sich an internationalen Standards. Eine Übersicht über die Campingplätze gibt es unter www.visiticeland.com. Skandinavien Reisehandbuch 2019

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R A U FEBR #veranstaltungen2019 FEBRUAR

MÄRZ

APRIL

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7.–10.2. Reykjavík Winterlichterfest, mit Museumsnacht (8.2.), Nordlichtlauf und Poolnacht (beides 9.2.). 15.–16.2. Seyðisfjörður: »List í ljósi«, Kunstfestival, um die Rückkehr des Lichts nach vier Monaten zu feiern. 22.–24.2. Reykjavík: »Bierfestival«, Craft Beer und lokale Biere stehen im Mittelpunkt. 28.2.–10.3. Reykjavík: »Stockfish Film Festival«.

MÄRZ L I R P A

7.–10.3. Reykjavík: »Rainbow Reykjavík«. 9.3. Mývatn: »Mývatn Open«, Reitturnier auf Eis. 16.3. Akureyri: »Local Food Festival« mit Kochwettbewerben und Essen an ungewöhnlichen Orten. 22.–24.3. Akureyri: »Iceland Winter Games«, eines der bedeutendsten Wintersportfestivals Europas mit Ski-, Snowboard- und Schlittenhunderennen. 28.–31.3. Reykjavík: »HönnunarMars«, Islands wichtigstes Mode- und Designfestival mit Ausstellungen, Shows, Vorträgen, Workshops und mehr.

3.–7.4. Reykjavík: »Iceland Writers Retreat«, internationales Treffen von und für Schriftsteller mit Touren und Schreibworkshops in und um Reykjavík. 4.–7.4. Akureyri: »AK Extreme«, Snowboardfestival. 8.–16.4. Reykjavík: »Reykjavík Open«, internationales Schachturnier. 9.–14.4. Reykjavík: Kinderkulturfestival. 12.–22.4. Akureyri: Osterfestwochen. Zahlreiche Kultur- und Sportveranstaltungen. 19.–20.4. Ísafjörður: »Aldrei fór ég suður«, Musikfestival in den Westfjorden mit Rock- und Indiebands. 22.–24.4. Reykjavík: Bierfestival, Jubiläum 30 Jahre nach Ende des Bierverbots. 24.–27.4. Reykjavík: Internationales Literaturfestival. 25.4. Im ganzen Land: »Sumardagurinn fyrsti«, der erste Tag des Sommers wird mit Paraden und Straßenfesten begrüßt. 25.–27.4. Reykjavík: »Sónar Reykjavík«, Festival für moderne Musik.

MAI 2.–5.5. Ísafjörður: JUNI

MAI

»Fossavatnsgangan«, Islands ältester Skimarathon.

2.6. in allen Küstenorten: Seemannstag. 13.–17.6. Akureyri: »Bíladagar«, Motorsportfestival. 13.–17.6. Hafnarfjörður: Wikingerfestival im Park Víðistaðatún. 15.6. Esja, Mosfellsbær: »Mt. Esja Ultra«, Geländeläufe verschiedener Länge auf dem 914 m hohen Berg Esja. 17.6. im ganzen Land: Nationalfeiertag. Geburtstag von Jón Sigurðsson. Am Nationalfeiertag wird die seit 1944 bestehende Unabhängigkeit als Volksfest gefeiert. 19.–22.6. Akureyri: »Arctic Open«, internationales Golfturnier unter der Mitternachtssonne. 20.6. Reykjavík: »Midnight Sun Run«, nächtlicher Halbmarathon. 21.–23.6. Reykjavík: »Secret Solstice«, Musikfestival. 23.6.–23.8. Akureyri: »Listasumar« (Kunstsommer), Kultur- und Kunstfestival. 24.6. im ganzen Land: »Jónsmessa«, Johannisnacht. 25.–29.6. Straße Nr. 1: »Wow Cyclothon«, Radrennen rund um Island. 29.–30.6. Höfn: »Humarhátíð«, Stadtfest rund um den Kaisergranat.

I N U J

JULI

JULI 5.–7.7. Akranes: »Irische Tage«, mehrtägiges Familienfest. 6.7. Þorvaldsdalur, Eyjafjörður: »Þorvaldsdalsskokk«, der älteste Trail Run Islands. 10.–13.7. Neskaupstaður: »Eistnaflug«, Rock- und Metal-Festival. 414

Skandinavien Reisehandbuch 2019


Nationalfeiertag in Akureyri.

JULI

13.–14.7. Hrísey, Eyjafjörður: »Hríseyjarhátíð«, Volksfest für die ganze Familie. 13.7. Landmannalaugar–Þórsmörk: »Laugavegur Ultra-Marathon«, 55 km über einen Hochland-Wanderweg. 14.–21.7. Seyðisfjörður: »LungA«, Musikfestival. 20.–21.7. Gásir, Eyafjörður: »Miðaldadagar«, Mittelaltermarkt. 24.–28.7. Reykjavík: »Rey Cup«, internationales Jugend-Fußballturnier. 26.–28.7. Reykholt: »Reykholtshátíð«, Festival für Kammermusik. 27.–28.7. Borgarfjörður, Ostisland: »Bræðslan«, Musikevent.

T S U G AU

AUGUST

1.–4.8. Akureyri: »Ein með öllu«, Familienfest mit Jahrmarkt und vielen Sportveranstaltungen. 2.–4.8. Bolungarvík: »Mýrarboltinn«, Schlammfußball-EM. 2.–5.8. Vestmannaeyjar: »Þjóðhátíð í Eyjum«, Volksfest und Musikfestival. 5.8. im ganzen Land: »Frídagur verslunarmanna«, umgangssprachlich »Versló«, Handelsfeiertag mit großen Festivals im ganzen Land. 8.–11.8. Akureyri: »Arctic Handcraft and Design«, Handwerkermarkt. 9.–11.8. Island-Meisterschaft im Segeln (Jollen). 10.8. Dalvík: »Fiskidagurinn mikli«, (großer Fischtag) mit Fjordfahrten, Shows, Straßentheater, Musik und riesigem kostenlosem Fischbüfett. 14.–18.8. Island-Meisterschaft im Segeln (Kielboote). 23.–24.8. Akureyri: »Akureyrarvaka«, Kulturevent mit vielen Konzerten, Ausstellungen usw. 24.8. Reykjavík: »Menningarnótt« Kulturnacht mit Konzerten, Lesungen und Feiern in den Museen und Kulturinstitutionen der Stadt. 24.8. Reykjavík: Stadtmarathon. 29.8.–1.9. Reykjanesbær: »Ljósanótt«, nächtliches Lichtkunstspektakel in der Nähe des Flughafens Keflavík.

R E B M E T P E S R E B O OKT Z E D / NOV

SEPTEMBER Sept.-WE In allen ländlichen Gegenden: Schafabtrieb. Das Zusammentreiben der Schafe und Sortieren im Pferch ist ein Ereignis mit Volksfestcharakter. 4.–8.9. Reykjavík: »Jazzhátíð Reykjavíkur«, Jazzfestival. 26.9.–6.10. Reykjavík: »RIFF«, Reykjavíks Internationales Filmfestival. OKTOBER

9.10. Reykjavík:

Der »Imagine Peace Tower« leuchtet für den Frieden.

NOVEMBER/ 7.–9.11. Reykjavík, Akureyri: »Iceland Airwaves Festival«, bekanntestes DEZEMBER Musikfestival des Landes mit jungen aufstre 29.11.–22.12. Hafnarfjörður: Weihnachtsdorf an den Wochenenden. 23.12. im ganzen Land: »Þorláksmessa«, traditionelles Rochen-Essen zu Ehren des Hl. Þorlákur. 31.12. Reykjavík: »Gamlárshlaup ÍR«, traditioneller Silvesterlauf (10 km). Skandinavien Reisehandbuch 2019

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