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Vorwort

«Ein Menschenleben reicht nicht aus, um alles, was über ‹Napoleon und die Schweiz› geschrieben wurde, zu lesen», sagte während eines Treffens in Bern Jürg Stüssi-Lauterburg zu mir. Hinzu kommt, dass allein über Napoleon mehr als eine Million Bücher geschrieben wurden, was die Frage nach dem Wesentlichen in dieser schieren Masse an Quellen und Literatur zu keiner einfachen macht.

Fest steht, dass ohne den räuberischen französischen Überfall von 1798 die festgefahrenen Strukturen der Schweiz des Ancien Régime noch sehr lange nicht aufgebrochen worden wären. Durch die von Napoleon gestiftete Mediation von 1803 wurden die Grundlagen für die Entwicklung eines modernen, föderalistischen Staatswesens – ohne Untertanen – geschaffen. Im Jahr 1806 hätte Napoleon die Eidgenossenschaft um ein Haar an das verbündete Baden gegeben, die dann, wie Venedig und Hunderte deutscher Einzelstaaten, als eigenständiges Land unwiderruflich aufgehört hätte zu bestehen.

Wegweisend für die aussenpolitische Zukunft der Schweiz war die auf dem Wiener Kongress von den Grossmächten auferlegte Neutralität, die in der langfristigen Konsequenz dazu führte, dass die Schweiz von den Stürmen zweier Weltkriege im 20. Jahrhundert nahezu unberührt blieb und zu dem kulturell vielfältigen und prosperierenden Land wurde, das sie heute ist.

Neben der Darstellung dieser historisch dramatischen Ereignisse war es dem Autor ein Anliegen, einen tieferen Blick auf die Geschichte zu werfen im Sinne dessen, was die Schweizer Psychoanalytikerin und Mitarbeiterin von C. G. Jung, Marie-Louise von Franz, wie folgt formulierte: «Man könnte sagen, das was wir in der Schule als Geschichtsprozess lernen, das Kommen und Gehen von Kulturen und Nationen, die alle im Staub der Finsternis und im Todeswasser

der Vergänglichkeit vergehen, dass darunter noch ein weiterer Strom des Geschehens ist. Ein allmählicher, ganz langsam sich über die Jahrhunderte erstreckender Bewusstwerdungsprozess der Menschheit. Und um den geht es.» Ob Marie-Louise von Franz damit dasselbe meinte, wozu Friedrich Schiller, der Autor des Wilhelm Tell, aufgefordert hatte, dass es bei der Beschäftigung mit Geschichte darum gehe, «sich als Mensch auszubilden», lässt sich nicht eindeutig sagen. Unumstritten aber ist, dass Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft im menschlichen Geist immer im Jetzt stattfinden.

Dafür, dass dieses Buch auf diese Weise geschrieben werden konnte, muss ich meinem Freund Matthias Hasenauer danken, der mich auf den Schutzheiligen der Schweiz, Niklaus von Flüe, aufmerksam ge macht hat. Herausfordernd stellte er sich immer dazwischen, wenn ich versucht war, Geschichte, und damit meine ich auch meine eigene, auf die einfache Aneinanderreihung von Fakten zu beschränken, anstatt dem Raum zu geben, was uns alle, die ganze Menschheit trägt. In gleicher Weise möchte ich meiner Frau Monika Natalie, meiner Mutter Elisabeth und meiner Schwiegermutter Eva danken, ohne deren enorme zeitliche und finanzielle Unterstützung die Entstehung dieses Buches nicht möglich gewesen wäre. Mein weiterer Dank gilt von Herzen Nikolaus Fürst Blücher von Wahlstatt, dem Schriftsteller Peter von Matt sowie den Schweizer Historikern Jürg Stüssi-Lauterburg, Christian Schweizer und Peter Steiner aus Stans, die mir über manchen Alpenpass geholfen haben.

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