Auf der Suche nach Halt: Die Nachwendegeneration in Krisenzeiten

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OBS-Arbeitspapier 62

Simon Storks, Rainer Faus, Jana Faus

OBS-Arbeitspapier 62

Auf der Suche nach Halt

Auf der Suche nach Halt

Die Nachwendegeneration in Krisenzeiten

Die Nachwendegeneration in Krisenzeiten IG METALL

www.otto-brenner-stiftung.de

EIN PROJEKT DER OTTO BRENNER STIFTUNG Gliederungsname FRANKFURT AM MAIN 2023


OBS-Arbeitspapier 62 ISSN: 2365-1962 (nur online) Herausgeber: Otto Brenner Stiftung Jupp Legrand Wilhelm-Leuschner-Straße 79 D-60329 Frankfurt am Main Tel.: 069-6693-2810 Fax: 069-6693-2786 E-Mail: info@otto-brenner-stiftung.de www.otto-brenner-stiftung.de Autor:innen: Simon Storks/Rainer Faus/Jana Faus pollytix strategic research gmbh Dolziger Straße 7 10247 Berlin E-Mail: info@pollytix.de www.pollytix.de Redaktion & Lektorat: Robin Koss (OBS) Satz und Gestaltung: Isabel Grammes, think and act Druck: AC medienhaus GmbH, Wiesbaden

Die Otto Brenner Stiftung …

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Dieses Arbeitspapier ist unter der Creative Commons „Namens­nennung – Nicht-kommerziell – Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0 International“-Lizenz (CC BY-NCSA 4.0) veröffentlicht. Die Inhalte sowie Grafiken und Abbildungen dürfen, sofern nicht anders angegeben, in jedwedem Format oder Medium vervielfältigt und weiterverbreitet, geremixt und verändert werden, sofern keine Nutzung für kommerzielle Zwecke stattfindet. Ferner müssen angemessene Urheber- und Rechteangaben gemacht, ein Link zur Lizenz beigefügt und angeben werden, ob Änderungen vorgenommen wurden. Weitere Details zur Lizenz entnehmen Sie bitte der Lizenz­ information auf https://creativecommons.org/licenses/ by-nc-sa/4.0/deed.de

Titelbild: Anticiclo/Shutterstock.com

In den Arbeitspapieren werden die Ergebnisse der Forschungsförderung der Otto Brenner Stiftung dokumentiert und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Für die Inhalte sind die Autorinnen und Autoren verantwortlich.

Redaktionsschluss: 17. Oktober 2023

Download und weitere Informationen: www.otto-brenner-stiftung.de

... ist die gemeinnützige Wissenschaftsstiftung der IG Metall. Sie hat ihren Sitz in Frankfurt am Main. Als Forum für gesellschaft­ liche Diskurse und Einrichtung der Forschungsförderung ist sie dem Ziel der sozialen Gerechtigkeit verpflichtet. Besonderes Augen­merk gilt dabei dem Ausgleich zwischen Ost und West. ... initiiert den gesellschaft­ lichen Dialog durch Veranstaltungen, Workshops und Koopera­ tionsveranstaltungen (z. B. im Herbst die OBS-Jahrestagungen), organisiert Konferenzen, lobt jährlich den „Otto Brenner Preis für kritischen Journalismus“ aus, fördert wissenschaftliche Untersuchungen zu sozialen, arbeitsmarkt- und gesellschaftspolitischen Themen und legt aktuelle medienkritische und -politische Analysen vor. ... informiert regelmäßig mit einem Newsletter über Projekte, Publikationen, Termine und Veranstaltungen.

... veröffentlicht die Ergebnisse ihrer Forschungsförderung in der Reihe „OBS-Arbeitshefte“ oder als Arbeitspapiere (nur online). Die Arbeitshefte werden, wie auch alle anderen Publikationen der OBS, kostenlos abgegeben. Über die Homepage der Stiftung können sie auch elektronisch bestellt werden. Vergriffene Hefte halten wir als PDF zum Download bereit unter: www.otto-brennerstiftung.de/wissenschaftsportal/ publikationen/ ... freut sich über jede ideelle Unterstützung ihrer Arbeit. Aber wir sind auch sehr dankbar, wenn die Arbeit der OBS materiell gefördert wird. ... ist zuletzt durch Bescheid des Finanzamtes Frankfurt am Main V (-Höchst) vom 4. November 2020 als ausschließlich und unmittelbar gemeinnützig anerkannt worden. Aufgrund der Gemeinnützigkeit der Otto Brenner Stiftung sind Spenden steuerlich absetzbar bzw. begünstigt.

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Aktuelle Ergebnisse der Forschungsförderung in der Reihe „OBS-Arbeitshefte“ OBS-Arbeitsheft 112

Leif Kramp, Stephan Weichert

Whitepaper Non-Profit-Journalismus

Handreichungen für Medien, Politik und Stiftungswesen

OBS-Arbeitsheft 111*

Janis Brinkmann

Journalistische Grenzgänger

Wie die Reportage-Formate von funk Wirklichkeit konstruieren

OBS-Arbeitsheft 110*

Henning Eichler

Journalismus in sozialen Netzwerken

ARD und ZDF im Bann der Algorithmen?

OBS-Arbeitsheft 109*

Barbara Witte, Gerhard Syben

Erosion von Öffentlichkeit

Freie Journalist*innen in der Corona-Pandemie

OBS-Arbeitsheft 108*

Victoria Sophie Teschendorf, Kim Otto

Framing in der Wirtschaftsberichterstattung

Der EU-Italien-Streit 2018 und die Verhandlungen über Corona-Hilfen 2020 im Vergleich

OBS-Arbeitsheft 107*

Leif Kramp, Stephan Weichert

Konstruktiv durch Krisen?

Fallanalysen zum Corona-Journalismus

OBS-Arbeitsheft 106*

Lutz Frühbrodt, Ronja Auerbacher

Den richtigen Ton treffen

Der Podcast-Boom in Deutschland

OBS-Arbeitsheft 105*

Hektor Haarkötter, Filiz Kalmuk

Medienjournalismus in Deutschland

Seine Leistungen und blinden Flecken

OBS-Arbeitsheft 104*

Valentin Sagvosdkin

Qualifiziert für die Zukunft?

Für Spenden mit zweckgebundenem Verwendungszweck zur Förderung von Wissenschaft und Forschung zu den Schwerpunkten:

Zur Pluralität der wirtschaftsjournalistischen Ausbildung in Deutschland

• Angleichung der Arbeits- und Lebensverhältnisse in Ost- und Westdeutschland (einschließlich des Umweltschutzes) • Entwicklung demokratischer Arbeitsbeziehungen in Mittel- und Osteuropa • Verfolgung des Zieles der sozialen Gerechtigkeit

Ingo Dachwitz, Alexander Fanta

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OBS-Arbeitsheft 103*

Medienmäzen Google

Wie der Datenkonzern den Journalismus umgarnt

OBS-Arbeitsheft 102*

Wolfgang Schroeder, Samuel Greef u. a.

Bedrängte Zivilgesellschaft von rechts

Interventionsversuche und Reaktionsmuster

* Printfassung leider vergriffen; Download weiterhin möglich.

Diese und weitere Publikationen der OBS finden Sie unter www.otto-brenner-stiftung.de Otto Brenner Stiftung | Wilhelm-Leuschner-Straße 79 | D-60329 Frankfurt/Main


Vorwort

Vorwort

Das Wendejahr 1989/90 steht für die radikaldemokratische Hoffnung auf eine bessere Zukunft. Verkörpert durch die mutigen Bürger:innen der DDR, die für einen selbst­ bestimmten Neuanfang auf die Straßen gingen und auf friedliche Weise am 9. November 1989 die Öffnung der innerdeutschen Grenze erwirkten. Es folgten allerdings auch ent­ täuschte Hoffnungen, die die Nachwendezeit geprägt haben: Schnell schlugen Euphorie und Aufbruch-Stimmung in Ernüchterung und teilweise völkische Gewalt um. Die Realität der Nachwende-Transformationen erschütterte nachhaltig das Versprechen auf eine bes­ sere Zukunft in „blühenden Landschaften“. 30 Jahre nach dem Mauerfall haben wir 2019 untersucht, wie die Umbrüche der 1990er Jahre noch die ‚Nachwendegeneration‘ prägt, also diejenigen, die nach 1989 geboren sind. Während die Folgen der Transformationen im Osten vergleichsweise sehr präsent waren, zeigte sich im Westen eine verbreitete Ignoranz gegenüber den weiterhin beste­ henden Ungleichheiten in Arbeits- und Lebenswelt. Die Einschätzungen von Vergangen­ heit und Gegenwart fielen unterschiedlich aus, geeint war die Nachwendegeneration jedoch in einem positiven Blick nach vorne: Optimistisch wurden die Gestaltungsmög­ lichkeiten für eine bessere Zukunft hervorgehoben. Inzwischen sind vier Jahre vergangen – eine Zeit, die durch intensive Krisendynami­ ken geprägt ist: Corona-Pandemie, der russische Angriffskrieg auf die Ukraine, ökono­ mische Unsicherheiten und die immer stärker spürbaren Folgen der Klimakrise haben die Normalität des Alltags mit Wucht erschüttert. Diese Entwicklungen waren für die Otto Brenner Stiftung jetzt Anlass, noch einmal die Nachwendegeneration in den Blick zu nehmen und danach zu fragen, ob und wie diese Vielfalt an Krisen in Ost und West verarbeitet wird. Wir freuen uns sehr, mit der vorliegenden Untersuchung die Zusammenarbeit mit den Autor:innen Simon Storks, Rainer Faus und Jana Faus von der Forschungs- und Be­ ratungsagentur pollytix fortzusetzen. In vier Online-Fokusgruppen, mit jeweils sieben Teilnehmenden aus Ost und West und zwei anschließenden Workshops, haben die Forscher:innen Einschätzungen zu privater Zukunft, gesellschaftlicher Stimmung und politischer Gestaltungsmacht diskutieren lassen, systematisiert und ausgewertet. Eine solch explorative Herangehensweise erlaubt es nicht, Verallgemeinerungen anzustreben oder gar Repräsentativität zu gewährleisten. Aber mit ihr können Argumentations- und

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Auf der Suche nach Halt

Begründungsmuster aufgedeckt werden, die ein tiefergehendes Verständnis für verbrei­ tete Wahrnehmungen und Einstellungen ermöglichen. Mit Blick auf Ungleichheiten zwischen Ost und West zeigt sich auch in dieser Un­ tersuchung, dass sie den ostdeutschen Teilnehmenden sehr viel bewusster sind. Im Vergleich zur Vorgängerstudie finden sich jedoch auch Unterschiede: Anders als 2019 blickt die Nachwendegeneration derzeit mit großer Ungewissheit auf die kommenden Jahre. Es fehlt sowohl im Osten als auch im Westen an Vertrauen, dass die Zukunft zum Besseren gestaltet werden kann. Die Teilnehmenden zeigen sich krisenmüde, nehmen die gesellschaftliche Stimmung als verhärtet und gespalten wahr und äußern Zweifel an den Lösungskompetenzen der Politik. Hervorzuheben sind dabei vor allem zwei Dimensionen: Der Nachwendegeneration fehlt es an Erfahrungen politischer Selbstwirksamkeit. Als Folge fühlen sich die Teilneh­ menden den gesellschaftlichen Verhältnissen gegenüber eher ohnmächtig und ausge­ liefert. Zudem zeichnet sich bei der Verarbeitung der Krisendynamiken eine Abgrenzung „nach unten“ ab. Hochgehalten wird ein neoliberales Leistungsprinzip, demzufolge Ar­ mut und Arbeitslosigkeit als individuelles Selbstverschulden gewertet werden. Die Befunde der Untersuchung müssen einerseits als Warnsignal verstanden werden. Denn Zukunftsoptimismus, Vertrauen in die Politik, soziale Gerechtigkeit sowie gesell­ schaftlicher Zusammenhalt sind den Autor:innen zufolge unverzichtbare Voraussetzun­ gen für eine demokratische Bewältigung von Krisen. Die Problemdiagnosen deuten dabei, andererseits, bereits an, was zu tun ist: Eine Demokratie, die sich auch in Krisenzeiten als stabil behaupten muss, bedarf der Lohngerechtigkeit in der Arbeitswelt, die endlich auch zwischen Ost und West realisiert werden muss. Die Stärkung von Gewerkschaften und betrieblicher Mitbestimmung ist dafür, dass zeigt die Geschichte, unverzichtbar. Zugleich weisen weitere Studien der OBS nach, dass Erfahrungen von Partizipation im Betrieb auch die demokratischen Einstellungen der einzelnen Beschäftigten stärken. Schon Otto Brenner, der Namensgeber unserer Stiftung, schlussfolgerte 1959: „Von der Demokratisierung der Arbeitswelt wird in einem hohen Maße die Festigung unserer Demokratie abhängen.“ Die vorliegende Untersuchung macht deutlich, dass es sich auch in Zukunft lohnt, für diese radikaldemokratische Vision zu streiten.

Jupp Legrand Geschäftsführer der OBS

2

Frankfurt am Main, im Oktober 2023


Inhalt

Inhalt

1

Einleitung................................................................................................................ 4

2

Fragestellungen........................................................................................................7

3

Ein zweistufiger explorativer Forschungsprozess...................................................... 10 3.1 Auswahl der Teilnehmenden.......................................................................................... 10 3.2 Erste Stufe: Online-Fokusgruppen................................................................................... 11 3.3 Zweite Stufe: Online-Workshops.................................................................................... 12

4

Schlechte Stimmung in der Nachwendegeneration................................................... 14 4.1 Alltagsprobleme treffen auf finanzielle und existenzielle Sorgen.................................... 14 4.2 Krisenmüdigkeit und Überforderung...............................................................................17 4.3 Zukunft ist längst nicht mehr Verheißung....................................................................... 19

5

Perspektiven auf Politik und Gesellschaft in Zeiten von Krise................................... 22 5.1 Machtlosigkeit und fehlende Erwartungssicherheit........................................................ 22 5.2 Unzufrieden mit dem Funktionieren der Demokratie....................................................... 24 5.3 Verteilungskonflikte und Abgrenzung nach unten..........................................................26 5.4 Fehlender Dialog befeuert die Spaltung......................................................................... 27

6

Sicht auf Wiedervereinigung und Deutsche Einheit.................................................. 29 6.1 Ostdeutsche Identität ohne westdeutsche Entsprechung............................................... 29 6.2 Gegenseitige Zuschreibungen als fortbestehendes Relikt................................................31 6.3 Keine einheitliche Perspektive auf Wende und Deutsche Einheit..................................... 32 6.4 Gleichwertige Lebensverhältnisse und ostdeutsche Benachteiligung............................. 33

7

Zusammenfassung und Schlussfolgerungen............................................................ 36 Literaturverzeichnis.............................................................................................................. 40 Verzeichnis der Abbildung.................................................................................................... 41 Hinweise zu den Autor:innen................................................................................................. 42

3


Auf der Suche nach Halt

1 Einleitung

Der 3. Oktober 2020 hätte ein Festtag sein

Krieg verletzlich ist, sondern auch durch Abhän­

sollen: 30 Jahre Wiedervereinigung. Doch die

gigkeiten im internationalen Gefüge. Drohende

Pläne für das große Jubiläum wurden durch die

Engpässe bei der Energieversorgung im Winter

Corona-­Pandemie durchkreuzt. Heute, drei Jah­

2022/23 zwangen die Bürger:innen erneut dazu,

re später, ist diese weitgehend ausgestanden,

ihren Alltag an eine neue Situation anzupassen.

doch ihre Folgen sind noch immer deutlich spür­

Es folgten hohe Inflationsraten, eine Wirtschaft

bar. Und nicht nur die Pandemie-Erfahrungen

am Rand der Rezession und daraus resultierende

stecken den Bürger:innen noch in den Knochen.

Existenzsorgen. Dabei hängt eine Krise wie ein

Als sich letztes Jahr langsam ein Ende der Co­

Damoklesschwert über allen anderen: die Klima­

rona-Krise abzuzeichnen begann, hofften viele

krise, die immer mehr ins Bewusstsein rückt,

Menschen auf eine Rückkehr zur Normalität.

eine erneute Anpassung an ein sich verändern­

Doch an Normalität war nicht zu denken: Mit

des Lebensumfeld erfordert und immer stärker

Russlands Angriffskrieg auf die Ukraine folgte

fordern wird.

der nächste Schock. Zwei Krisen, die für viele mit der Erfahrung einhergingen, dass es auch

Krise als Dauerzustand. Das ist das Charakteris­

für vermeintliche Sicherheiten keine Garantien

tikum unserer Gegenwart, die für die deutsche

gibt und das zuvor Unvorstellbares plötzlich zur

Gesellschaft zu einer Belastungsprobe gewor­

Realität werden kann.

den ist. Auch für das weitere Zusammenwach­ sen von Ost- und Westdeutschland, jenseits von

Corona stellte von einem Tag auf den anderen

durchkreuzten Jubiläen?

den Alltag aller Menschen völlig auf den Kopf und konfrontierte sie mit der sonst abstrak­

Angesichts der skizzierten Unsicherheit durch

ten Bedrohung durch den Tod. Die deutsche

sich überlagernde Krisen verwundert es kaum,

Gesellschaft musste sich der neuen Situation

dass wir derzeit in vielen Studien und Unter­

anpassen. Der brutale Übergriff Russlands auf

suchungen eine Erosion des politischen Ver­

die Ukraine erneuerte diese Bedrohung und

trauens und der Demokratiezufriedenheit be­

erschütterte die bis dato vorherrschende ver­

obachten. Diese Vertrauensverluste und Unzu­

meintliche Gewissheit, dass ein Angriffskrieg in

friedenheit beschränken sich nicht auf einzelne,

Europa nicht mehr stattfinden würde. Zugleich

spezifische soziodemografische Gruppen. Aber

wurde unmittelbar deutlich, dass die deutsche

insbesondere in den neuen Bundesländern sind

Gesellschaft nicht nur durch Krankheit oder

sie weit verbreitet, wie unter anderem der vor­

4


Einleitung

letzte Bericht des Ostbeauftragten der Bundes­

Beispiel, an dem sich nicht nur Unzufriedenheit

regierung zum Tag der Deutschen Einheit belegte

mit Demokratie und Politik, sondern auch eine

(Liljeberg/Krambeer 2022: 92 f.). Auch wenn die

autoritäre Konfliktbewältigung ablesen lässt

Leipziger Autoritarismus Studie 2022 auf den

(Kalkstein/Höcker 2022: 32 f.). Carolin Amlinger

ersten Blick einen gegensätzlichen Befund lie­

und Oliver Nachtwey bezeichnen in ihrer ein­

fert und eine leichte Zunahme der Demokratie­

schlägigen Untersuchung Querdenker:innen ge­

zufriedenheit auch in Ostdeutschland beobach­

radezu als den „Prototyp des libertären Autorita­

tete (Decker et al. 2022: 63–65), bieten weitere

rismus“ (2022: 24). Nicht nur fiel die Impfbereit­

Ergebnisse der Studie ebenfalls Anhaltspunkte

schaft in ostdeutschen Bundesländern deutlich

für abnehmendes Vertrauen in die Demokratie.

geringer aus als in westdeutschen, es formierte

Zum einen wurde sowohl für Ost- als auch für

sich auch organisierter Widerstand. Rechtsradi­

Westdeutschland festgestellt, dass die Wahr­

kale Protestbewegungen wie die ,Freien Sach­

nehmung, politisch ohnmächtig und einflusslos

sen‘ gewannen in dieser Zeit deutlich an Zulauf.

zu sein, über die vergangenen sechs Jahre stark zugenommen hat. So sind unter allen Befragten

Diese Beobachtungen nehmen wir zum Anlass,

74,5 % der Meinung gewesen, keinen Einfluss

anknüpfend an die OBS-Studie „Im vereinten

auf Politik zu haben – im Osten sogar rund 81 %

Deutschland geboren – in den Einstellungen ge­

(ebd.: 66). Zum anderen zeigen die Ergebnisse

spalten?“ (Faus/Storks 2019) erneut ein Schlag­

der Studie einen besorgniserregenden Anstieg

licht auf die Nachwendegeneration zu werfen.

antidemokratischer Einstellungen: So haben

Vor der Corona-Pandemie konnte in dieser Stu­

zwar geschlossen rechtsextreme Einstellungen

die gezeigt werden, dass Ost-West-Unterschie­

auch im Osten abgenommen (ebd.: 51–53), je­

de hinsichtlich Demokratiezufriedenheit und

doch sind der Hass und Vorurteile gegen Mus­

-unterstützung sowie zu Gerechtigkeit und Zu­

lim:innen, Sinti:zze und Rom:nja sowie Antifemi­

sammenhalt in der Nachwendegeneration fort­

nismus und Schuldabwehrantisemititsmus stark

bestehen, aber geringer ausfallen als in älteren

angestiegen (ebd.: 69–73).

Generationen (ebd.: 73–76). Gemein war der Nachwendegeneration in Ost wie West zudem

Auch in der Corona-Krise traten Ost-West-Unter­

ein optimistischer Blick in die Zukunft. Nun ha­

schiede immer wieder zu Tage: Eine Erhebung

ben die letzten vier Jahre einschneidende Ver­

von pollytix aus dem Frühjahr 2022 zeigt, dass

änderungen mit sich gebracht. In der medialen

die Bereitschaft zur Teilnahme an den sogenann­

Öffentlichkeit wird inzwischen mit Blick auf die

ten „Corona-Spaziergängen“ in Ostdeutschland

jüngere Nachwendegeneration von einer „Gene­

zwischenzeitlich mehr als doppelt so hoch wie

ration Krise“ gesprochen (z. B. Marschall 2022).

in Westdeutschland war (pollytix 2022). Die laut­

Deshalb gehen wir in diesem Arbeitspapier der

starken Proteste gegen die Maßnahmen zur Ein­

Frage nach, welchen Einfluss die Erfahrung mul­

dämmung der Corona-Pandemie sind dabei ein

tipler Krisen in den letzten Jahren auf die Nach­

5


Auf der Suche nach Halt

wendegeneration hatte. Lässt sich noch immer

ähnliches Bild zeichnet auch die jährlich durch­

ein zuversichtlicher Blick in die eigene Zukunft

geführte TUI-Jugendstudie: Ein Zeitvergleich zeigt

beobachten? Und: Sind die Folgen und Auswir­

hier eine seit 2019 abnehmende Zustimmung zur

kungen der Krisen überall gleich oder manifes­

Demokratie als beste Staatsform bei den 16- bis

tieren sich Unterschiede in Ost und West?

26-jährigen in Deutschland (TUI Stiftung 2022: 34). Im Widerspruch dazu schlussfolgert die

Dazu knüpfen wir an vorangegangene For­

Studie „Krisenerwachsen“ (Döbele et al. 2023),

schungsprojekte an: Ein zentrales Ergebnis ei­

die mit 16- bis 30-Jährigen ebenfalls etwa die

ner von pollytix durchgeführten repräsentativen

Nachwendegeneration zur Grundgesamtheit

quantitativen Erhebung unter Jugendlichen zwi­

hat, „dass trotz der multiplen Krisen und He­

schen 16 und 23 Jahren im Mai und Juni 2022

rausforderungen der vergangenen Jahre die Zu­

war, dass sich mehr als die Hälfte der Befragten

friedenheit mit der Art und Weise, wie die Demo­

durch die Corona-Pandemie häufig einsam fühl­

kratie in Deutschland funktioniert, stabil bleibt“

te. Auch fiel die Zufriedenheit junger Bürger:in­

(ebd.: 14).

nen mit dem demokratischen System geringer aus, als in früheren Erhebungen: Während 2019

Hinweise für eine Spaltung von jungen West- und

noch drei von vier Bürger:innen der Altersgruppe

Ostdeutschen lassen sich aktuell aber durchaus

mit dem Funktionieren der Demokratie zufrieden

an den Ergebnissen von Landtagswahlen able­

waren, sind es 2022 nicht einmal mehr die Hälfte

sen. Dort war die AfD in Ostdeutschland mitunter

(Neu et al. 2023). Die Studienautor:innen wer­

die stärkste politische Kraft in der Altersgruppe

ten diese Entwicklung als „besorgniserregend“

unter 30 Jahren, wie beispielsweise 2021 in Sach­

(ebd.: 48 f.). Dabei sind ostdeutsche Jugend­

sen-Anhalt (Bettendorf/Löhe 2021). Reagiert die

liche noch seltener zufrieden als gleichaltrige

Nachwendegeneration auf die sich überlagern­

Westdeutsche. Von der Politik fühlen sich fast

den Krisen und Herausforderungen in Ost und

zwei Drittel dieser Generation vernachlässigt. Ein

West unterschiedlich?

6


Fragestellungen

2 Fragestellungen

Nach der Wiedervereinigung wurde prognosti­

et al. 2020). Auch hier zeigten sich weiterhin be­

ziert, dass die nachkommenden, im geeinten

stehende ökonomische Unterschiede zwischen

Deutschland geborenen, aufgewachsenen und

Ost und West sowie Defizite in der Repräsen­

sozialisierten Generationen zusammenwach­

tation von Ostdeutschen in der Öffentlichkeit,

sen und sich Ost-West-Unterschiede langfristig

aber auch in Führungspositionen. Zugleich un­

aufheben würden. Die von pollytix im Jahr 2018

terschied sich die 2020 durchgeführte Studie in

durchgeführte Studie der Otto Brenner Stiftung

einem zentralen Punkt von der Erhebung 2018:

konnte eine Vielzahl an Gemeinsamkeiten von

Die Fokusgruppen und die quantitative Befra­

Ost- und Westdeutschen aufzeigen, wies aber

gung fanden bereits unter den Bedingungen

auch auf fortbestehende Unterschiede zwischen

der Corona-Pandemie statt. Und es ließ sich zu

jungen West- und Ostdeutschen hin (Faus/

diesem frühen Zeitpunkt der Pandemie bereits

Storks 2019). Eines der zentralen Ergebnisse war

in einem begrenzten Rahmen erahnen, wie sich

dabei, dass hinsichtlich der Unterschiede in den

ein solcher externer Schock auf die Gesellschaft

Einstellungen weniger eine unterschiedliche So­

auswirkt. So berichteten Teilnehmende der Fo­

zialisation entscheidend ist, sondern vor allem,

kusgruppen zu Beginn durchaus von einem Zu­

die ökonomische Situation in den jeweiligen

sammenrücken der Gesellschaft in ihrem nähe­

Heimatregionen. Feststellen ließ sich auch, dass

ren Umfeld. Zugleich wurde die Sorge geäußert,

sowohl in West- als auch in Ostdeutschland die

dass die Krise langfristig die Solidarität in der

Nachwendegeneration zum Messzeitpunkt 2018

gesamten Gesellschaft schwächen könnte. Die

einen zuversichtlichen Blick in die Zukunft und

quantitative Befragung unterstrich diesen Ein­

auf die weitere Entwicklung der (sozialen) Ein­

druck. Insbesondere unter den Ostdeutschen

heit in Deutschland teilte.

überwog hierbei die Skepsis: 32 Prozent befürch­ teten langfristig eine Verschlechterung gegen­

Eine zwei Jahre später durchgeführte Studie von

über 22 Prozent, die eine Verbesserung erwar­

pollytix für die Bertelsmann Stiftung kam zu ähn­

teten.

lichen Ergebnissen: Anlässlich des 30ten Jahrs der Wiedervereinigung wurde 2020 der Frage

Die angeführten Studien stellen eine gute Grund­

nachgegangen, was die deutsche Gesellschaft

lage dar. Doch ist speziell vor dem Hintergrund

zusammenhält und wie die Bürger:innen auf die

der anhaltenden multiplen Krisen und dring­

Deutsche Einheit und den langwierigen Prozess

licher werdenden Zukunftsherausforderungen

des Zusammenwachsens zurückblicken (Hartl

geboten, die Forschung zu vertiefen. Dazu neh­

7


Auf der Suche nach Halt

men wir die Krisenresilienz der Nachwende­

unausweichlichen Normalzustand erklärt und

generation in den Blick. Ursprünglich aus der

zugleich ausgeblendet werde, wem etwas ab­

Psychologie stammend und sich auf Individuen

verlangt wird und wer davon profitiert, diene

beziehend kann Resilienz definiert werden als

der Resilienz-Diskurs einer „neoliberalen Form

Zustand guter mentaler Gesundheit, der trotz

des Krisenmanagements“. Ähnlich kritisiert

widriger Umstände aufrechterhalten werden

auch Reckwitz, dass eine reine Politik der Re­

kann (Veer et al. 2021). Er umfasst dabei unter

silienz die Gefahr berge, sich durch einen ne­

anderem Aspekte wie emotionale Stabilität, Zu­

gativen Fokus darauf zu beschränken, Krisen

versicht, realistisches Selbstbild, flexibles Den­

und Katastrophen zu bewältigen, statt auch

ken, soziales Netz und das Vorhandensein eines

Gestaltungsspielräume und Fortschritt mitein­

Lebenssinns. Überträgt man den Begriff von In­

zubeziehen. Eine Metapher von „Standbein und

dividuen auf die soziale Ebene, meint Resilienz

Spielbein“ nutzend resümiert er aber, dass das

die Fähigkeit, durch Widerstandsfähigkeit Kri­

eine nicht gegen das andere sprechen dürfe

sen, Schocks und Katastrophen als Gesellschaft

(Reckwitz 2021). Entsprechend wird in dieser

unbeschadet zu überstehen. Folgt man Reckwitz

Studie der Fokus auf Resilienz als „Standbein“

(2021), „kommen [Gesellschaften] besser aus

für die Problembearbeitung gesellschaftlicher

Krisen heraus, wenn in der Bevölkerung Vertrau­

He­rausforderungen geworfen. Im Ausblick der

en in die Verlässlichkeit und Fairness der Insti­

Studie wird dann diskutiert, was die Ergebnisse

tutionen herrscht und wenn man politisch über

der Untersuchung für das „Spielbein“ als Sinn­

Lagergrenzen hinweg in der Lage ist zusammen­

bild für Gestaltungsmacht bedeuten.

zuarbeiten.“ Neben bzw. anstelle der oben auf­ geführten Aspekte zu individueller psychischer

Wie steht es also um die Resilienz in der Nach­

Resilienz rücken in dieser Studie Vertrauen in

wendegeneration? Wir gehen im Folgenden der

Politik und Demokratie, gesellschaftlicher Zu­

Frage nach, wie sich gegenwärtige Krisen auf

sammenhalt, Solidarität und soziale Gerechtig­

diese und ihre politischen Einstellungsmuster

keit in den Fokus.

auswirken.

Der Begriff der Resilienz, sowohl bezogen auf

Folgende Fragen werden in der vorliegenden Stu­

Individuen als auch auf Organisationen oder

die näher beleuchtet:

Gesellschaften, hat in den letzten Jahren enorm an Bedeutung gewonnen. Und wird entspre­

Unterscheiden sich die ost- und westdeut­

chend auch kritisch diskutiert. So konstatiert

sche Nachwendegeneration hinsichtlich ih­

beispielsweise Stefanie Graefe (2022), dass

res Umgangs mit anstehenden Transforma­

der Resilienz-Diskurs zu häufig Machtstruktu­

tionsherausforderungen?

ren und Herrschaftsverhältnisse nicht mit in

Wie haben sich die Zukunftsperspektiven der

den Blick nehme. Wenn Krise dabei zu einem

Nachwendegeneration entwickelt? Welche

8


Fragestellungen

Unterschiede zeigen sich dabei zwischen Ost

Wie bewertet die Nachwendegeneration den

und West?

gesellschaftlichen Zusammenhalt und den

Empfindet in der derzeit angespannten wirt­

Stand der Deutschen Einheit? Inwiefern ver-

schaftlichen Lage vornehmlich die ostdeut­

oder entschärfen die gegenwärtigen Krisen

sche Nachwendegeneration Überforderung

soziale und politische Spaltungen in Ost- und

und Zukunftsängste?

Westdeutschland?

Hat sich das (bereits geringe) Politikvertrauen

Driften Ostdeutsche und Westdeutsche dieser

in der Nachwendegeneration in Krisenzeiten

Generation tendenziell weiter auseinander

verschlechtert und die unterschiedlich aus­

oder kommen sie sich durch die gemeinsame

geprägte Unzufriedenheit mit der Demokratie

Krisenerfahrung näher? Inwiefern verschärfen

verstärkt oder wird mehr Vertrauen in staat­

oder lindern die Krisen gesellschaftliche Frag­

liche Problemlösungskompetenzen gelegt?

mentierungstendenzen?

9


Auf der Suche nach Halt

3 Ein zweistufiger explorativer Forschungsprozess

Aufgrund der Aktualität der Forschungsthema­

3.1 Auswahl der Teilnehmenden

tik, aber auch, um mögliche Erkenntnisse nicht durch starke Vorannahmen darüber zu limitie­

Gegenstand der Studie ist die Nachwende­

ren, wie Ost- und Westdeutsche auf die multi­

generation. Das heißt, alle Teilnehmer:innen

plen Krisen reagieren, wurde mit Fokusgruppen

sind volljährige Ost- und Westdeutsche, die nach

und Workshops ein explorativer qualitativer For­

1989 geboren wurden. Zur notwendigen Kom­

schungsansatz gewählt. Vertrauen in Politik und

plexitätsreduktion und aus forschungsökono­

Demokratie, gesellschaftlicher Zusammenhalt,

mischen Gründen wurde westdeutsch definiert

Solidarität und soziale Gerechtigkeit als relevan­

als in Westdeutschland geboren und wohnhaft.

te Aspekte für gesellschaftliche Resilienz lassen

Ostdeutsch wurde entsprechend definiert als in

sich zudem in einem sozialen Setting, wie Fo­

Ostdeutschland (inkl. Berlin) geboren und wohn­

kusgruppen und Workshops es bieten, sehr gut

haft. Bei Berliner:innen durften beide Elterntei­

ergründen. Zwar sind nicht alle oben genannten

le nicht aus Westdeutschland oder Berlin West

Aspekte von individueller Resilienz in Fokus­

kommen.

gruppen und Workshops untersuchbar. Doch emotionale Stabilität, Zuversicht und Lebens­

Da sich Lebenswirklichkeit und -lage in der Al­

sinn lassen sich auf Gesellschaft übertragen am

tersspanne 18 bis 34 Jahre stark unterscheiden

gesellschaftlichen Klima sowie an Perspektiven

können – Jüngere sind häufig noch wohnhaft bei

auf Zukunft ablesen.

den Eltern, Ältere bereits erwerbstätig, zum Teil mit Führungsverantwortung, eigenen Kindern

Ein mehrstufiger Forschungsprozess stellte da­

und Eigenheim – wurden die Teilnehmenden

bei sicher, dass sowohl Unterschiede als auch

zudem in zwei Altersgruppen unterteilt: 18- bis

Gemeinsamkeiten zwischen ost- und westdeut­

24-Jährige, im Folgenden als jüngere Nachwende­

scher Nachwendegeneration aufgedeckt werden

generation bezeichnet, sowie 25- bis 34-Jährige,

konnten: Es wurde nicht nur nebeneinander und

im Folgenden als ältere Nachwendegeneration

übereinander, sondern letztlich auch miteinan­

bezeichnet. Wo sich Unterschiede zwischen den

der diskutiert. Dafür wurden die Teilnehmenden

Altersgruppen gezeigt oder überraschenderwei­

wie im Folgenden skizziert je nach Forschungs­

se auch nicht gezeigt haben, wird explizit darauf

stufe in homo- und heterogene Gruppen einge­

hingewiesen. Ohne inhaltlich zu stark vorweg­

teilt.

greifen zu wollen: Die Unterschiede zwischen

10


Ein zweistufiger explorativer Forschungsprozess

den beiden Altersgruppen waren häufig nicht

sind eine in der qualitativen Sozialforschung

sehr deutlich, weshalb sie in der Analyse nur an

bewährte Form von Gruppendiskussionen, die

wenigen Stellen hervorgehoben werden.

durch professionelle Moderation auf ein be­ stimmtes Thema „fokussieren“. So werden Dis­

Die Rekrutierung der Teilnehmer:innen erfolgte

kussionen simuliert, wie sie täglich millionen­

mittels eines Screening-Fragebogens über Da­

fach in Deutschland geführt werden. Gegenüber

tenbanken von Meinungsforschungsdienstleis­

Einzelinterviews bieten Fokusgruppen den Vor­

tern. Dabei wurde in allen Gruppen auf einen Mix

teil, dass sich durch spontane Äußerungen in der

der geschlechtlichen Identität, des formalen Bil­

Diskussion Anregungen und Ideen entwickeln

dungsniveaus, der parteipolitischen Präferenz so­

können, die in Einzelinterviews eher unartiku­

wie des Wohnorts (Bundesland, urban/ländlich,

liert geblieben wären. Zugleich ermöglicht der

strukturstark/-schwach) geachtet. Diese quotier­

Austausch in einer Gruppe, dass die Teilnehmen­

te Auswahl stellte sicher, dass unterschiedliche

den zwischen einer aktiven und passiven Betei­

Perspektiven abgebildet werden konnten. Die

ligung wechseln können, auch können aufgrund

Teilnehmer:innen kannten zuvor weder Thema,

der Gruppengröße Effekte der Interviewer:in­

Fragestellung noch die Gruppenkonstellationen

nen bzw. Moderator:innen minimiert werden.

und Rekrutierungsmerkmale.

Die Aufgabe der Moderation besteht darin, alle Teilnehmenden möglichst gleichermaßen mit

Auf Basis einer Fallzahl von 28 Teilnehmer:innen

einzubeziehen. Ein Moderationsleitfaden stellt

aus einer zudem quotierten und nicht zufälligen

sicher, dass die entscheidenden Themen und

Stichprobe lassen sich keine repräsentativen

Fragestellung diskutiert und zumindest durch

Aussagen treffen, die Befunde der qualitativen

Nachfragen gestützt besprochen werden, wäh­

Untersuchung lassen sich nicht einfach quan­

rend er zugleich genügend Offenheit und Raum

tifizieren. Aber auch qualitative Studien ermög­

lässt, dass Diskussionsteilnehmer:innen eigene

lichen, Gesellschaft bzw. Teile von Gesellschaft

Schwerpunkte setzen und neue Impulse direkt in

zu verstehen und lassen dabei nicht nur Aussa­

die Diskussion aufgenommen werden können.

gen über einzelne Individuen zu. Im Folgenden

Um die Offenheit der Forschungsmethode zu

verwenden wir den Begriff der Nachwendegene­

wahren, werden die Teilnehmer:innen im Vorfeld

ration daher in verallgemeinernder Form ohne

nicht über das tatsächliche Forschungsinteresse

Anspruch auf Repräsentativität.

und -thema informiert. Auch wissen sie nichts über die konkrete Zusammensetzung der Grup­

3.2 Erste Stufe: Online-Fokusgruppen

pe, was im Fall dieser Erhebung heißt, dass die Diskussionsrunden ausschließlich aus Ost- bzw.

In der ersten Forschungsstufe wurde das Instru­

Westdeutschen einer bestimmten Altersgruppe

ment der Fokusgruppen gewählt. Fokusgruppen

besteht.

11


Auf der Suche nach Halt

Politische Einstellungen und gesellschaftspoli­

3.3 Zweite Stufe: Online-Workshops

tische Stimmungen sind stark in einen sozialen Kontext eingebettet. Mittels Fokusgruppen wer­

In der zweiten Erhebungsphase sollten die Grup­

den sie in einem solchen sozialen Setting unter­

pen miteinander diskutieren. Dazu wurden Teil­

sucht. Dabei sind Fokusgruppen explorativ ange­

nehmende aus jeweils beiden Altersgruppen aus

legt. Das heißt, sie dienen nicht dem Testen zu­

Ost- und Westdeutschland zusammengebracht.

vor formulierter Hypothesen. Vielmehr wird mit

Insgesamt wurden zwei gemischte Workshops à

der Herstellung einer dynamischen Gruppendis­

vier Personen mit Vertreter:innen aus den ersten

kussion ermöglicht, kollektiv geteilte Sinnstruk­

vier Gruppen gebildet.

turen und Gesprächsdynamiken zwischen den Teilnehmenden zu beobachten. Auf Letzteres

Diese zweite Forschungsstufe ermöglicht vertie­

wird in dieser Studie immer wieder auch einge­

fende Erkenntnisse: Zum einen sind die Teilneh­

gangen, der Fokus liegt jedoch auf einer inhalts­

mer:innen zum Zeitpunkt der Workshops bereits

analytischen Auswertung der Gruppendiskussio­

mit dem Thema aus den Fokusgruppen vertraut,

nen, mit dem Ziel, dominante sowie kontroverse

zum anderen können Sichtweisen aus den zuvor

Argumentationsmuster, Wahrnehmungen und

homogenen Fokusgruppen in den heterogenen

Einstellungen zu verstehen. So kann das in einer

Workshops diskutiert und gegenübergestellt

Gruppe vorhandene Meinungsspektrum nachge­

werden. In den Workshops haben die einzelnen

zeichnet werden. Auch können gegebenenfalls

Personen durch die kleinere Gruppengröße von

unbekannte Sachverhalte und Perspektiven

vier Teilnehmer:innen und ihre exponierte Stel­

und dahinterliegende Begründungsmuster und

lung als explizite Vertretung ihrer Fokusgrup­

Argumente verstanden werden. Der offene For­

pen einen vergleichsweise hohen Redeanteil.

schungsansatz ermöglicht zudem, die Erkennt­

Zugleich erlaubt auch hier die Gruppenkon­

nisse in einen breiteren thematischen Kontext

stellation, dass individuelle Aussagen in einem

einzuordnen und zu diskutieren.

gruppendynamischen Prozess weitergedacht, hinterfragt und vertieft werden können.

Für diese Studie wurden insgesamt vier Fokus­ gruppen mit jeweils sieben Teilnehmer:innen

Die Teilnehmer:innen beschäftigten sich in

durchgeführt. Die jeweils 120-minütigen Diskus­

diesen Workshops mit den Sichtweisen, Ein­

sionen fanden am 31. Mai und 1. Juni 2023 statt.

stellungen, Werten und zentralen Themen aus den vorhergehenden Fokusgruppendiskussi­

12

Gruppe 1: 18- bis 24-jährige Westdeutsche

onen. Dazu reflektierten alle Vertreter:innen

Gruppe 2: 25- bis 34-jährige Westdeutsche

jeweils eingangs, wie sie ihre jeweilige Fokus­

Gruppe 3: 18- bis 24-jährige Ostdeutsche

gruppendiskussion erlebt haben: Wie war die

Gruppe 4: 25- bis 34-jährige Ostdeutsche

Stimmung? Was wurde diskutiert? Wo gab es


Ein zweistufiger explorativer Forschungsprozess

Konsens oder Dissens in der jeweiligen Gruppe?

Moderation kam wiederum die Aufgabe zu, mit­

Anschließend wurde gemeinsam diskutiert, ob

hilfe eines Leitfadens sicherzustellen, dass alle

und wie sich ihre jeweiligen Gruppen voneinan­

relevanten Themen diskutiert werden und alle

der unterschieden haben. Durch die Moderation

Teilnehmer:innen zu Wort kommen. Die beiden

wurden sie mit Zitaten aus den Gruppendiskus­

90-minütigen Workshops fanden am 7. Juni 2023

sionen und weiterem Stimuli-Material (Grafiken

statt.

zu Ost-West-Unterschieden) konfrontiert. Unter­ schiedliche Argumentationsmuster wurden so

Die Analysen und Befunde beruhen auf der

miteinander in Beziehung gesetzt und auf ihre

gemeinsamen Auswertung beider Stufen, wes­

Beständigkeit überprüft. Gibt es Verständnis

halb in der Auswertung nur dann explizit darauf

für die jeweils andere Sichtweise? Warum oder

eingegangen wird, wenn sich etwas nur in den

warum nicht? Und wo liegen die Perspektiven

homo- oder erst in den heterogenen Gruppen

vielleicht gar nicht so weit auseinander? Der

gezeigt hat.

Abbildung 1:

Teilnehmenden-Konstellation Ostdeutschland

18-24 Jahre

25-34 Jahre

Westdeutschland

18-24 Jahre

25-34 Jahre

1. Stufe

4 Fokusgruppen

2. Stufe

2 Workshops

Quelle: Eigene Darstellung.

13


Auf der Suche nach Halt

4 Schlechte Stimmung in der Nachwendegeneration

Wie nimmt die Nachwendegeneration Deutsch­

einen starken Leistungsdruck. Auch zeugen sie

land derzeit wahr? Welche Themen sind für sie

in gewisser Hinsicht bereits von einer Suche

relevant? Was funktioniert aus ihrer Sicht gut

nach Stabilität in Zeiten der Überforderung und

und wo sehen sie Herausforderungen? Wie

Unsicherheiten, auf die später noch näher ein­

schauen sie in Krisenzeiten in die Zukunft? Ein

gegangen wird.

Schlüssel­ergebnis der OBS-Studie zur ersten Nachwendegeneration war ein geteilter positiver

In den jeweils zunächst sehr offenen Fokusgrup­

Blick nach vorne. Trotz Belastung durch Stress

pendiskussion betonen die Teilnehmenden,

und auch damals schon vorhandenen Zukunfts­

dass Deutschland jungen Menschen wie ihnen

sorgen, war die Nachwendegeneration optimis­

grundsätzlich gute Chancen zum Start ins eigene

tisch beim Gedanken an Ihre Zukunft – in Ost

Leben bietet: Der Sozialstaat sichere alle Bür­

und West gleichermaßen (Faus/Storks 2019: 16).

ger:innen ab, das Grundgesetz und der Rechts­

In den Fokusgruppen dieser Studie wurde daher

staat würden Sicherheit geben und Rechte wie

eingangs zunächst offen über die gesellschafts­

Meinungsfreiheit garantieren.

politische Situation und Stimmung in Deutsch­ land diskutiert.

Dieser positive allgemeine Blick auf Deutsch­ land ist für viele Teilnehmer:innen aber derzeit

4.1 Alltagsprobleme treffen auf finanzielle und existenzielle Sorgen

getrübt. Sie haben den Eindruck, dass viele Grundvorrausetzungen für ein gutes Leben zu­ nehmend in Frage gestellt werden: Dem Staat

Viel Raum in den Fokusgruppendiskussionen

fehle an jeder Ecke Geld, notwendige Investi­

nehmen lebensnahe Alltagsprobleme und alters­

tionen in Schulen, in Bildung oder auch in das

typische Herausforderungen ein: So werden als

Gesundheitssystem blieben aus. Begleitet wird

wichtige Themen die Suche nach Ausbildungs-

dieser Eindruck von der Sorge vor einer weiteren

und Studienplatz, Finanzierung von Bildung oder

Verschlechterung und einem drohenden wirt­

bei der älteren Nachwendegeneration auch Fa­

schaftlichem Abschwung, der auch auf das ei­

miliengründung, beruflicher Aufstieg und Karri­

gene Leben durchschlagen könnte.

ere sowie das Streben nach einem Eigenheim genannt. Diese Ansprüche, Ziele und Herausfor­

Anders als in früheren Forschungsprojekten

derungen erzeugen bei vielen Teilnehmer:innen

(Faus/Storks 2019: 43) zeigt sich, dass der er­

14


Schlechte Stimmung in der Nachwendegeneration

wähnte Leistungsdruck aktuell zusätzlich auf

Klimawandel, technologischer Fortschritt durch

starke finanzielle und in einzelnen Fällen auch

Künstliche Intelligenz sowie demografischer

existenzielle Sorgen trifft: Wohnraum ist knapp,

Wandel und Fachkräftemangel. Weil die persön­

die Mietkosten steigen schneller als die eigenen

lichen, alltäglicheren Herausforderungen der­

Einkommen, Energie-, Sprit- und Lebensmittel­

zeit aber relevanter sind, werden diese großen

preise sind stark gestiegen. Die Inflation ist in

Themen für einige eher zum anstrengenden Hin­

allen Gruppen ein bestimmendes Thema. Für vie­

tergrundrauschen. Die Alltagsbewältigung lässt

le der jüngeren Nachwendegeneration gestaltet

wenig Raum, um groß zu denken.

sich der Start ins eigene Leben außerhalb des Elternhauses unter diesen Bedingungen zuneh­

Ost-West-Unterschiede lassen sich in den Grup­

mend schwierig, weil sie nicht wissen, wie sie

pendiskussionen bei der Frage nach Stimmung

die Miete bzw. Ratenzahlungen und alltägliche

und Herausforderungen noch nicht erkennen. Die

Kosten stemmen sollen. Vor allem die ältere

Teilnehmer:innen thematisieren ungefragt nicht,

Nachwendegeneration thematisiert die Heraus­

ob ihre Perspektive sich von derjenigen anderer

forderung, angesichts steigender Zinsen ein

Generationen unterscheiden könnte. Erst durch

Eigenheim zu finanzieren und die schwierigen

gezieltes Nachfragen durch die Moderation wird

Bedingungen, bei finanzieller Belastung eine ei­

diese These diskutiert. Einige argumentieren

gene Familie zu gründen.

“ “

dann, dass die Themen- und Prioritätensetzung

Neben diesen, die konkrete individuelle Lebens­

Beispiele angeführt, die älteren Generationen

planung betreffenden Themen und Problemen,

lebensphasenbedingt weniger wichtig seien. Als

beschäftigen viele Teilnehmer:innen auch die

größere politische Themen, die für jüngere Bür­

größeren gesellschaftlichen und politischen He­

ger:innen eine höhere Priorität haben, werden

rausforderungen und Veränderungen: Russlands

Umwelt- und Klimaschutz sowie Gleichstellungs­

Krieg gegen die Ukraine, der fortschreitenden

fragen, Diskriminierung und Migration genannt.

der Nachwendegeneration sich im Vergleich zu

Für uns ist es gerade Leben am Existenzmini­

älteren Generationen vermutlich unterscheiden

mum. Mit Kind und Haus bei dieser Inflation

würde. Am Wahlverhalten seien beispielsweise

und diesen Energiekosten, das ist wirklich

starke Altersunterschiede ablesbar, die darauf

sehr schwer.

hindeuten. Viele vertreten aber auch die Annah­

(Ost)

me, dass sich die Themen und Probleme zwischen den Generationen gar nicht stark unterscheiden,

Es ist echt ein Kampf. Es ist echt krass manch­

jedoch anders gewichtet würden. Vereinbarkeit

mal. Es ist schwer.

von Familie und Beruf, Flexibilität am Arbeits­

(West)

markt und das Ziel, sich einen gewissen Lebens­ standard aufzubauen, werden als lebensnahe

15


Auf der Suche nach Halt

Die Teilnehmer:innen kritisieren, dass die von

diversen anderen Erhebungen wider. So zeigt

Bürger:innen ihrer Generation stärker priori­

die Studie „Krisenerwachsen“ (Döbele et al.

sierten Themen in Deutschland zwar genug Auf­

2023) auf, dass Angst um finanzielle Stabili­

merksamkeit bekommen, aber politisch nicht

tät sowie Sorge vor Altersarmut unter jungen

angegangen würden. Sie sehen es nicht als Er­

Erwachsenen weit verbreitet sind (ebd.: 10).

kenntnisproblem, sondern sind der Meinung, es

Laut der „Trendstudie Jugend in Deutschland“

fehlen der politische Wille sowie die notwendi­

ist Geld, noch vor Faktoren wie Spaß oder Errei­

gen Finanzmittel zur konsequenten Umsetzung.

chung der eigenen Ziele, der wichtigste Moti­

Das liege zum einen an der zahlenmäßig über­

vator, weil viele Jugendliche das Gefühl haben,

legenen Wähler:innengruppe der älteren Gene­

sich in einer finanziellen Notlage zu befinden

rationen, aber auch am zu geringen politischen

(Schnetzer et al. 2023). Auch in der Studie „Ex­

Engagement der Nachwendegeneration, wie ein­

trem Einsam?“ (Neu et al. 2023) arbeiten die

zelne selbstkritisch hinzufügen.

Autor:innen heraus, dass Stabilität und Sicher­ heit für die Befragten höchste Priorität haben.

Angesichts der geschilderten Probleme und

Gleichzeitig zeigen die genannten Studien,

Herausforderungen, mit denen sich die Nach­

dass Familie für die Befragten von hervorge­

wendegeneration konfrontiert sieht, verwun­

hobener Bedeutung ist, mehr noch als Freiheit

dert es kaum, dass die Stimmung entsprechend

oder Gesundheit (Schnetzer et al. 2023). So äu­

schlecht ist. Sie ist geprägt von Sorgen, Unge­

ßern viele Befragte den Wunsch, später eine

wissheiten, mitunter auch Ängsten. Es ist in den

eigene Familie zu gründen (Döbele et al. 2023).

Schilderungen der Teilnehmer:innen gut erkenn­

Die genannten Studien bestätigen den Befund,

bar, dass sie in der Konsequenz nach Stabilität

dass Sorgen in Bezug auf Stabilität und Sicher­

und Sicherheit suchen. Dies drückt sich in einem

heit sowie die Rückbesinnung auf den privaten

Rückzug ins Private und dem Streben nach tra­

Raum und traditionelle Lebensentwürfe für die

ditionellen Lebensentwürfen aus: Familiengrün­

Nachwendegeneration prägend geworden sind.

dung, Eigenheim, Karriere. Es zeigt sich aber auch in Gedanken ans Auswandern, die mit der

Auch generationenübergreifend nehmen die

Hoffnung verknüpft werden, dort bessere Karrie­

Teilnehmer:innen die gesellschaftliche Stim­

re- und Aufstiegs-Chancen sowie Wohlstand zu

mung als schlecht wahr. Sie äußern ambiva­

finden. Die Idee des Auswanderns ist hier nicht

lente Gefühle: Einige haben Sorge oder gar

postmaterialistisch begründet, durch Neugier

Angst, dass die gesellschaftliche Stimmung

und Selbstverwirklichung, sondern durch das

kippen kann, ohne genau definieren zu können,

Streben nach Sicherheit gekennzeichnet.

was das konkret für sie heißt. Andere äußern mitunter fast schon den Wunsch nach einem

Dieses Sicherheitsbedürfnis sowie die Rück­

gesellschaftlichen „Knall“, den sie als Befrei­

besinnung aufs Private spiegeln sich auch in

ungsschlag aus der angespannten Situation

16


Schlechte Stimmung in der Nachwendegeneration

empfinden würden, der aber zugleich ebenso

4.2 Krisenmüdigkeit und Überforderung

undefiniert bleibt. Viele der Sorgen und Ängste, vor allem aber die Sowohl die wahrgenommene angespannte ge­

insgesamt schlechte Stimmung, sind direkte oder

sellschaftliche Stimmung als auch eigene finan­

indirekte Folge der vergangenen Krisenjahre. Die

zielle Sorgen werden von den Teilnehmenden mit

Teilnehmer:innen reflektieren, dass es schon im­

Verteilungskämpfen verbunden. Auffallend ist

mer Krisen gegeben habe, aber die Corona-Pan­

hierbei, dass vor allem eine Abgrenzung nach un­

demie für sie selbst spürbar anders wahr. Viele

ten stattfindet. Beispielsweise wird betont, dass

haben hier erstmals die Erfahrung gemacht, wie

Obdachlose für ihre Lage grundsätzlich selbst

eine gesamtgesellschaftliche Krise konkrete Aus­

verantwortlich seien. Einige Teilnehmer:innen

wirkungen auf den eigenen Alltag hatte. Plötzlich

zeigen auch nationalistisch-protektionistische

war Krise nicht mehr etwas, das am anderen Ende

Haltungen: In der aktuellen Lage müsse man sich

der Welt stattfand, sondern vor oder auch hinter

als Land erst einmal um die eigenen Bürger:in­

der eigenen Haustür. Auf Krisen- und Umbrucher­

nen kümmern und weniger um Geflüchtete, wo­

fahrungen ihrer Eltern- oder Großelterngeneration

bei zum Teil auch Ukraine-Geflüchtete explizit

wird an dieser Stelle kaum referiert.

mitgemeint sind. Diese Argumente sorgen in den Gruppendiskussionen durchaus für Reibung und

Nach mehreren herausfordernden Jahren gibt

werden kontrovers andiskutiert. Insbesondere

es in der Nachwendegeneration eine spürbare

Teilnehmer:innen mit familiärer Migrationsge­

Krisenmüdigkeit, auch wenn sie den Teilneh­

schichte berichten als kritische Replik von eige­

mer:innen selbst nicht immer bewusst ist. Im­

nen Ausgrenzungserfahrungen.

mer wieder klingt durch, dass sie sich von den aktuellen Herausforderungen überfordert füh­

Obwohl ich hier geboren und aufgewachsen

len und die Unzufriedenheit in letzter Zeit eher

bin, ist es trotzdem so, dass man sich hier

zu- als abgenommen hat. Allen ist sehr präsent,

nicht dazugehörig fühlt. Man merkt, dass da

dass noch weitere Krisen folgen werden. Unge­

immer so eine kleine Distanz ist, auch wenn

wissheit besteht aber, ob Deutschland zukünftig

man das selbst nicht möchte.

von einer Krise in die nächste stolpern wird oder

(West)

Verschnaufpausen da sein werden. Einige äu­ ßern die Sorge, dass ersteres der Fall sein wird

Eine tiefergehende Diskussion findet jedoch

und es zu einer Überlagerung und Gleichzeitig­

nicht statt. Die Teilnehmer:innen sind eher kon­

keit multipler Krisen kommen wird. Wenige Teil­

fliktscheu und führen diese gesellschaftlich

nehmer:innen reagieren hier eher gelassen. Die

wichtigen Aushandlungsprozesse selbst in die­

Gründe für diese unterschiedlichen Perspekti­

sem kleinen und moderierten Setting nicht zu

ven lassen sich in den Fokusgruppen nicht klar

Ende.

erkennen und herausarbeiten.

17


Auf der Suche nach Halt

Es zeigen sich unterschiedliche Bewältigungs­

einiger zeigt hier durchaus Anschlussfähigkeit

strategien bei den Teilnehmer:innen, wobei ost-

an gängige Verschwörungsnarrative. In diesen

und westdeutsch hier kein Unterscheidungs-

Fällen wird argumentiert, dass vermeintlich ge­

oder gar Erklärungskriterium zu sein scheint. In

steuerte Medien bewusst Krisenstimmung ver­

allen Gruppendiskussionen gibt es Personen,

breiten, ohne dass sie begründen, was genau

die Anpassung und Offenheit als Strategie zur

damit beabsichtigt wird und wer die Medien in

Bewältigung von Krisen wählen, aber auch Teil­

diesem Sinne steuere.

nehmer:innen, die eher einen Rückzug in den vermeintlich geschützteren privaten Kontext su­

Kritisiert wird von den Teilnehmer:innen aber

chen. Während sich einige angesichts von Kri­

auch, dass viele Krisen hausgemacht sind – ohne

sensituationen noch bewusster auf positive Er­

dass Absicht oder ein Plan dahinterstehe: Es

lebnisse fokussieren, konzentrieren sich andere

handelt sich in ihren Augen vielmehr um langfris­

auf negative oder resignative Erfahrungen und

tig aufgebaute Problemlagen, deren Zuspitzung

Zukunftsvisionen. Auch die Gründe für diese un­

vorhersehbar und lösbar gewesen wäre. Aber die

terschiedlichen Herangehensweisen lassen sich

Politik bleibe bei den großen Themen nicht am

in den Fokusgruppen nicht klar erkennen und

Ball und handele nicht konsequent, weil externe

herausarbeiten.

“ “ “

Faktoren immer wieder „dazwischenkommen“.

Zum Teil wird bei der Diskussion um multiple

notwendige Anstrengungen mitzutragen. Dazu

Krisen die Bezeichnung Krise selbst abgelehnt.

brauche es aber eine gemeinsame Vision, ein

Das Framing als Krise werde medial gepusht

einendes Ziel und eine motivierende Erzählung,

und sei übertrieben, so Teilnehmer:innen in

die einzelnen Kraftanstrengungen einen Sinn

verschiedenen Fokusgruppen. Die Medienkritik

gibt, Akzeptanz schafft und sie in ein großes Gan­

Mit mehr Konsequenz und Vorsorge lasse sich

Was will man machen? Man muss sich anpas­

eigentlich verhindern, dass wir weiter im Krisen­

sen. Auch wenn das Scheiße ist.

modus verharren. Dabei geht es ihnen zum einen

(Ost)

um den Klimawandel, aber auch um Katastro­ phenschutz, Vorsorge für Extremereignisse wie

Wenn man da mit so einer Einstellung ran­

Pandemieausbrüche, Abhängigkeiten bei Liefer­

geht, bloß nichts neues, bloß keine Verände­

ketten und Versorgungsengpässe.

rungen, dann kommen wir nicht weiter.

(Ost)

18

Die Bedürfnisse der Teilnehmer:innen gehen hier weit auseinander: Auf der einen Seite ste­

Ich ignoriere es einfach, ich habe keine Lust

hen diejenigen, die sich starke Veränderungen

mehr.

wünschen, um Vorsorge zu treffen und aus dem

(West)

Krisenmodus rauszukommen. Sie zeigen – trotz spürbarer Krisenmüdigkeit – Bereitschaft, hierfür


Schlechte Stimmung in der Nachwendegeneration

zes einordnet. Sie selbst sehen sich dabei durch

Anders als in den Vorüberlegungen zur Studie

le­thargisches bis apathisches Gefangensein im

vermutet, zeigen sich hier keine klar erkennba­

Hier und Jetzt derzeit nicht in der Lage, diese Vi­

ren Ost-West-Unterschiede, die sich auf unter­

sion zu entwickeln. Die Verantwortung delegieren

schiedliche Voraussetzungen oder Erfahrungen

sie an politische Akteur:innen nach oben.

mit Transformationsleistungen der Vergangen­

“ “

heit zurückführen lassen.

Klar wäre es angenehm, wenn man jetzt mal eine kurze Pause hätte. Aber ich denke, dass würde die Krisen dann am Ende nur verstär­

ken.

(West)

4.3 Zukunft ist längst nicht mehr Verheißung In die private Zukunft schauen einzelne Teilneh­ mer:innen zum Teil mit positiven Erwartungen,

Ich würde mir wünschen, dass wir mit Ta­

die gesamtgesellschaftliche Zukunft wird aber

tendrang vorangehen. Aber ich habe das

vor allem negativ gesehen.

Gefühl, dass uns eine gemeinsame Vision in Deutschland fehlt. Eine Vorstellung, dahin

Wie im Kontext der aktuellen Stimmung be­

wollen wir eigentlich wirklich, das ist unser

reits geschildert, suchen in Zeiten von politi­

Ziel und unsere Vision von einer guten Gesell­

scher und wirtschaftlicher Unsicherheit viele

schaft. Aber so ein Konsens müsste erstmal

Bürger:innen Sicherheit und Stabilität im ei­

gefunden werden.

genen Kosmos, was sich in Wünschen nach

(West)

Wohneigentum, Hausbau oder Sparzielen aus­ drückt. Viele beschäftigen sich mit Fragen der

Auf der anderen Seite stehen diejenigen, die

Familiengründung. Aber das Erreichen dieser

einen starken Wunsch nach einer Pause und Er­

privaten Ziele scheint ihnen momentan sehr

holung artikulieren. Sie sind aktuell nicht be­

unsicher. Der Blick in die Zukunft ist wenig op­

reit, große Transformationsleistungen zu erbrin­

timistisch.

gen – auch, weil ihnen die Kraft dazu fehlt. Sie wünschen sich das bislang erreichte erst einmal

Einige Teilnehmer:innen aus der jungen Nach­

genießen zu können und Energie zu sammeln,

wendegeneration argumentieren, dass jüngere

bevor Veränderungen angegangen werden oder

Menschen heute viel mehr Möglichkeiten hät­

die nächsten Krisen anstehen.

ten, weil ihr Lebensweg weniger vorbestimmt

sei. Die Spielräume, die sich dadurch für mehr

Ich hoffe einfach, dass man mal kurz durchat­

Selbstbestimmtheit auftun, werden positiv ge­

men kann, aber ich befürchte, das wird jetzt

wertet. Zugleich klingt aber an, dass diese Viel­

so bleiben.

zahl an Möglichkeiten bei vielen auch Überfor­

(Ost)

derung auslöst.

19


Auf der Suche nach Halt

in die Zukunft. Aber auch hier überwiegen die

Zweifel darüber, ob sich die Lebensbedingun­

Bürger:innen aktuell noch negativer in die Zu­

gen in Zukunft verbessern werden: die Sorge um

kunft schauen als sie selbst, weil sie mehr zu

Klimawandel und Umweltverschmutzung, Sorge

verlieren haben. Zugleich wird aber auch die

aufgrund des Fachkräftemangels und demografi­

Annahme geäußert, dass eben diese älteren

schen Wandels, Sorge um Krieg und Armut sowie

Generationen als sie im Alter der Nachwende­

politisch radikalisierte Ränder trüben den Blick

generation waren, deutlich positiver in die Zu­

nach vorne.

kunft geschaut hätten. Denn im Unterschied

Gesamtgesellschaftlich schauen viele Teilneh­ mer:innen angesichts technologischer Fort­ schritte bei Künstlicher Intelligenz und neuen Formen der Mobilität neugierig optimistisch

Meine Mutti sagt, ich soll keine Kinder be­ kommen, weil alles immer schlimmer wird.

(Ost)

Die Teilnehmer:innen nehmen an, das ältere

zu heute, heißt es, hätten sie noch die Mög­ Einigen Teilnehmer:innen fällt es angesichts der

lichkeit gehabt, sich etwas aufzubauen. Zinsen

aktuellen Herausforderungen und bedingt durch

und steigende Preise würden dagegen der Ver­

die empfundene Ungewissheit schwer, über­

wirklichung der eigenen Lebensziele der Nach­

haupt an Zukunft zu denken. Sie sind gefangen

wendegeneration heute im Weg stehen. Das

in der Alltagsbewältigung.

Versprechen beziehungsweise die Erzählung,

“ “ “

dass es zukünftigen Generationen einmal bes­

Ich habe Ziele, die ich erreichen möchte und

ser geht, gilt in den Augen der Nachwendegene­

versuche daranzugehen. Wenn ich an die Zu­

ration nicht mehr. Das Gehalt, dass ältere Bür­

kunft denke, denke ich an die Zeit, wo ich

ger:innen erreicht haben, gilt als unerreichbar.

diese Ziele erreicht haben werde.

Zugleich wird die eigene Anpassungsfähigkeit

(West)

von der Nachwendegeneration als hoch einge­

Natürlich hat man Ziele, die man erreichen

schätzt und als Vorteil gegenüber älteren Gene­ rationen gesehen.

will, aber bei mir ist da auch Angst oder Un­

20

gewissheit dabei.

Diesbezüglich werden, anders als bei Stimmung

(West)

und Themenprioritäten, deutlichere Unterschie­ de zwischen Ost und West in den Diskussionen

Es ist alles so ungewiss. Ich habe einen guten

ersichtlich. Im Osten ist teilweise ein Bewusst­

Job und kann da viel Geld verdienen. Aber ich

sein für die DDR-Biografien der Eltern vorhan­

kann es mir halt einfach nicht leisten.

den. Die ostdeutsche Nachwendegeneration

(Ost)

betont hier zum Teil, dass die Herausforderun­


Schlechte Stimmung in der Nachwendegeneration

gen und Voraussetzungen für die eigenen Eltern andere gewesen sind als in Westdeutschland. Zu DDR-Zeiten habe es zwar keine Berufsfreiheit, aber Arbeitsplatzsicherheit gegeben. Die Nach­ wendezeit sei geprägt gewesen durch Umbrüche und Arbeitslosigkeit. Im Westen diskutiert die Nachwendegeneration diese Unterschiede un­ gefragt nicht. Dass nach der Wende die Zukunfts­ aussichten für viele Bürger:innen in Ostdeutsch­ land eher negativ waren, ist ihnen nicht bewusst.

“ “

Wir sind relativ jung, wir haben wenig zu ver­ lieren. Selbst wenn sich hier was grundlegend ändert, können wir noch von vorne anfangen.

(West)

Ich sehe keine Möglichkeit, dass es zukünftig besser wird als früher. Alles war entspannt und ordnungsgemäß, jetzt leben wir in turbu­ lenten Zeiten.

(Ost)

Schon die Vorgängerstudie hatte gezeigt, dass negative Erfahrungen der Nachwendezeit in der

Zuversicht ist eine wichtige Voraussetzung für

ostdeutschen Nachwendegeneration präsent

Krisenresilienz (Veer et al. 2021: 6). Und um die

sind, es vielen westdeutschen Bürger:innen die­

steht es in der Nachwendegeneration gerade

ser Generation aber an Bewusstsein dafür fehlt

nicht gut. Es gibt keine positive Zukunftserzäh­

(Faus/Storks 2019: 32).

lung (mehr).

21


Auf der Suche nach Halt

5 Perspektiven auf Politik und Gesellschaft in Zeiten von Krise In der OBS-Studie zur ersten Nachwendegenera­ tion wurde deutlich, dass es in dieser Genera­

5.1 Machtlosigkeit und fehlende Erwartungssicherheit

tion ausgeprägte demokratische Überzeugungen gibt, diese aber nicht immer auch mit intaktem

Die Teilnehmer:innen thematisieren in den Dis­

Politikvertrauen und Demokratiezufriedenheit

kussionen, dass politische Entscheidungen

einhergingen. Dabei meint Politikvertrauen

spürbaren Einfluss auf ihr eigenes gegenwärti­

das Vertrauen in politische Akteur:innen und

ges und zukünftiges Leben haben: Politik wird

Institutionen wie Parteien, Parlamente und Re­

als wirksam wahrgenommen und es macht in

gierungen. Demokratiezufriedenheit hingegen

ihren Augen durchaus einen Unterschied, was

meint die Zufriedenheit mit dem politischen

politisch beschlossen wird. Ein positives Bei­

System – in Abgrenzung zur Demokratieunter­

spiel, das hervorgehoben wird, ist das Deutsch­

stützung, welche erfasst, inwiefern Demokra­

landticket. Jedoch werden weniger Beispiele

tie als beste Staatsform wahrgenommen wird.

genannt, die dafür stehen, dass politische Ent­

Gerade die weniger hoch ausgeprägte Demo­

scheidungen etwas verbessern oder ermög­

kratiezufriedenheit und diesbezüglich messbare

lichen. Vielmehr überwiegen Beispiele für Ein­

Unterschiede zwischen Ost- und Westdeutsch­

schränkungen und Verbote. Mit Politik assoziiert

land konnten auf eine Output-­Legitimation zu­

die Nachwendegeneration aktuell in erster Linie

rückgeführt werden (Faus/Storks 2019: 37–40):

eher negatives. Viele berichten von spürbaren

Die geringere Zufriedenheit mit der Demokra­

Vertrauensverlusten und zeigen sich politisch

tie in der ostdeutschen Nachwendegenerati­

enttäuscht bis verdrossen. Analog hierzu stellt

on begründete sich durch die schlechter ein­

auch die Studie „Krisenerwachsen“ (Döbele

geschätzte wirtschaftliche Lage ihrer Region

et al. 2023) fest, dass Politik von den jungen Er­

und ihre schlechteren Perspektiven vor Ort als

wachsenen zwar als relevanter Teil des eigenen

Output von Politik. Wenn nun aber seit länge­

Lebens empfunden wird, sie sich jedoch gleich­

rer Zeit schlechte Stimmung herrscht, Krisen­

zeitig von der Politik oftmals übersehen und ver­

müdigkeit und Überforderung auf finanzielle

gessen fühlen, weshalb sich eine bedeutende

Sorgen treffen und Zukunft nicht mehr grund­

Skepsis gegenüber dem Funktionieren der De­

sätzlich etwas Positives ist, wie steht es um

mokratie verzeichnen lässt (ebd.: 48). Ebenso

Demokratieunterstützung, -zufriedenheit und

beobachten die Autor:innen der Studie „Extrem

das politische Vertrauen in der Nachwende­

Einsam?“ (Neu et al. 2023), dass eine Vielzahl

generation heute?

von Jugendlichen sich von der Politik ignoriert

22


Perspektiven auf Politik und Gesellschaft in Zeiten von Krise

Die politische Unzufriedenheit resultiert bei vie­

len aus dem Eindruck, dass „die Politik“, womit

Hinzu kommt, dass es den Teilnehmer:innen über­

Regierung, Parlamente, Parteien und Politiker:in­

wiegend an eigenen Selbstwirksamkeitserfahrun­

nen gleichermaßen gemeint sind, überfordert

gen fehlt. Sie reduzieren Politik und politische Be­

sei und deshalb plan- und ziellos handle. Politi­

teiligung in der Regel auf Beteiligung an Wahlen.

sche Prozesse werden als zu träge und langsam

Partizipation darüber hinaus gerät kaum in den

sowie nicht anpassungsfähig wahrgenommen.

Fokus. Sie assoziieren mit Politik ein Gefühl von

Hieraus wird letztlich der Schluss gezogen, dass

Machtlosigkeit. Einigen fehlt auch das Interesse

Parteien und Politiker:innen keine Erwartungs­

an Politik, aber selbst die politisch Interessier­

sicherheit garantieren würden. Es fehle ihnen an

ten, die durchaus einen Wunsch nach mehr Mit­

Standfestigkeit. Zudem seien sie durch Vettern­

bestimmung artikulieren, haben kein ausgepräg­

wirtschaft und Lobbyismus beeinflusst. Populis­

tes Selbstwirksamkeitsgefühl. Jeder könne sich

tische Narrative, beispielsweise von einer durch

zwar in Parteien engagieren und einbringen, aber

lobbyinteressen gesteuerten korrupten Elite, die

die Teilnehmer:innen glauben nicht, dass man

gegen die Interessen des eigenen Volkes agiere,

so letztlich etwas bewegt. Zusammengenommen

klingen bei einigen Teilnehmer:innen immer wie­

heißt das für die meisten Teilnehmer:innen: Poli­

der an und bleiben zumeist unwidersprochen im

tik hat Einfluss auf mein Leben, aber ich habe

Raum stehen.

keinen Einfluss auf Politik – und so wird Politik zur

fühlt und deshalb Demokratie als Staatsform ebenso wie die Problemlösungskompetenz der Politik massiv in Frage stellt (ebd.: 64).

Man dachte mit 18: Super, jetzt darf ich mich endlich beteiligen. Und dann ist das wie so ein Schlag ins Gesicht.

(West)

“ “ “

Fremd- statt Mitbestimmung.

Da fühlt man sich schnell ausgeschlossen, da wird man nicht gehört.

Vereinzelt wird in diesem Kontext kritisiert, dass

(West)

junge Bürger:innen wie die Nachwendegenera­ tion politisch auch deshalb wenig Einfluss neh­

Man fühlt sich so ungehört. Es geht nur noch

men könnten, weil sie durch die zahlenmäßig

um Macht, um Gewinnstreben. Aber das

größere Gruppe älterer Wähler:innen, die andere

Wohlergehen von uns?

Prioritäten setze, immer überstimmt werden. Da­

(West)

bei wird aber auch auf die Kehrseite hingewie­ sen, dass junge Bürger:innen sich bei Wahlen

Klar kann man wählen gehen, sollte man auch

häufig weniger stark beteiligen und einbringen

machen. Aber ich habe trotzdem das Gefühl,

würden. Konkrete Veränderungsbereitschaft im

man ist machtlos.

eigenen Verhalten leitet sich aus dieser Erkennt­

(Ost)

nis in den Diskussionen nicht ab.

23


Auf der Suche nach Halt

“ “

Vielleicht sind auch viel zu viele junge Leute

alle Bürger:innen gleichermaßen Einfluss neh­

festgefahren, die sich einfach einreden: Ich

men.

muss nicht wählen. Vielleicht müssen auch viel mehr junge Leute einfach wählen gehen, dass sich was verändert.

(West)

5.2 Unzufrieden mit dem Funktionieren der Demokratie Mit dem Funktionieren der Demokratie in

Aber vielleicht stellt man sich Politik auch

Deutschland zeigen sich die Teilnehmer:innen

sehr einfach vor, und dann kommt aber die

aktuell eher unzufrieden: Sie haben das Gefühl,

Realität und es ist nicht alles so einfach um­

dass viele Bürger:innen nicht gehört werden, zu

zusetzen.

wenig Einfluss nehmen können und es im politi­

(Ost)

schen Betrieb zu viel Korruption und Lobbyismus gebe. Demokratie legitimiert sich bei den Teil­

Diese aufgestaute Unzufriedenheit bei dem

nehmer:innen, wie bereits die Vorgängerstudie

gleichzeitigen Gefühl der eigenen Machtlosig­

zeigen konnte (Faus/Storks 2019: 37–40), vor­

keit führt bei einigen dazu, dass sie sich positiv

rangig durch ihren Output. Bei den Teilnehmer:in­

auf Krawallen im Zuge der Rentenreform in Frank­

nen überwiegt dabei der Eindruck, dass dieser

reich berufen. Die Bürger:innen in Deutschland

Output zumeist schlecht ist. Aus der Unzufrie­

würden sich von „der Politik“ zu viel gefallen las­

denheit mit dem Funktionieren der Demokratie

sen, in Frankreich würde es in einer solchen Si­

in Deutschland folgt aber keinesfalls direkt eine

tuation längst Aufstände geben. In dieser Schil­

Ablehnung oder Abkehr von Demokratie: Trotz

derung zeigt sich eine Haltung, in der Einfluss­

Kritik und Unzufriedenheit gilt den meisten Teil­

nahme auf Politik fast ausschließlich in Form

nehmer:innen die Demokratie in Deutschland

von Protesten gegen politische Entscheidungen

als das bestmögliche System, da es Macht auf

vorgestellt wird.

Zeit begrenze und auf Gewaltenteilung und Kon­ trollinstanzen basiere.

In allen Gruppendiskussionen wird als Reaktion auf Ohnmachtsgefühle und populistische Narra­

Der für die Nachwendegeneration wichtigste

tive die Forderung nach mehr Volksentscheiden

Aspekt einer Demokratie ist: Alle Macht geht

laut. Diese würden den Bürger:innen mehr Ein­

vom Volke aus. Demokratie heißt für sie darüber

flussmöglichkeiten eröffnen und ermöglichen,

hinaus, dass alle Bürger:innen gleichermaßen

sich von Fall zu Fall entscheiden zu können an­

gehört und ernstgenommen werden, dass sie

statt sich an die Programmatik einer Partei bin­

unabhängig von Alter, Einkommen oder Bildung

den zu müssen. Nur wenige merken kritisch an,

ein Mitspracherecht haben. Wahlen werden als

dass Volksentscheide aufgrund von ungleicher

hohes Gut gewertet, dabei wird dem Verlauf von

Beteiligung nicht notwendig dazu führen, dass

Wahlen in Deutschland ein hohes Vertrauen ent­

24


Perspektiven auf Politik und Gesellschaft in Zeiten von Krise

gegengebracht. So betonen mehrere Teilneh­

gebe und die Demokratie auch von außen be­

mer:innen immer wieder, dass es, anders als in

droht wird, aber als echte Gefahr wird dies der­

anderen Ländern, in Deutschland keine Wahl­

zeit nicht eingeschätzt. Dafür seien sich Demo­

fälschungen gebe. Die Teilnehmer:innen heben

kratiegegner:innen untereinander zu uneins.

zumeist hervor, dass das Wahlrecht erkämpft

Eine Differenzierung zwischen der radikalen

werden musste und man es daher auch nutzen

Rechten und Linken erfolgt hier kaum. Unter­

müsse. Auf einzelne Personen, die offen darüber

schiedliche Argumentationsmuster zwischen

reden, nicht wählen zu gehen, wird von den an­

ost- und westdeutscher Nachwendegeneration

deren sehr kritisch reagiert, aber ohne das hier

sind nicht ersichtlich.

gegenseitige Überzeugungsarbeit gelingt.

“ “ “ “ “

Ist es eine wirkliche Demokratie, wenn wir nur

Sehr vereinzelt stellen Teilnehmer:innen Über­ legungen an, ob auch eine Diktatur zum Wohle aller als positive Utopie denkbar ist. Sie verwer­ fen die Idee aber meist selbst sehr schnell, da Kontrollinstanzen und Gewaltenteilung für ein gutes System letztlich immer unverzichtbar seien.

Scheiße zur Auswahl haben?

(West)

Man kann immer meckern, aber wir leben in einer sehr gut funktionierenden Demokratie. Man muss gar nicht weit schauen, in andere europäische Nachbarländer, da ist das deut­

Trotz des aktuell geringen Vertrauens in die Poli­ tik gibt es ein hohes Vertrauen in die Stabilität der Demokratie in Deutschland. Nach der Be­ gründung gefragt, werden das Grundgesetz und Kontrollinstanzen als institutionelle Faktoren angeführt. Aber auch Deutschlands Geschichte und Erfahrungen mit nicht-demokratischen Sys­ temen, allen voran dem Nationalsozialismus, gelten als Garanten für eine stabile Demokratie. Auf die DDR als Diktatur wird hier weniger refe­ riert, auf die Wende als friedliche Revolution hin zu einer Demokratie gar nicht. Für die anwesenden jungen Erwachsenen scheint es kaum denkbar, dass Demokratie in Deutsch­ land zukünftig kippen könnte. Zwar wird geäu­ ßert, dass es Demokratiegegner:innen auf der politisch radikal rechten und radikal linken Seite

lich schlechter.

(Ost)

Demokratie sieht in meinen Augen ein biss­ chen anders aus als wie das aktuell abläuft. (Ost)

Es ist mir gar nicht so wichtig, in was für einer Form von Staat ich lebe. Mir ist wichtig, dass es mir und meiner Familie und meinen Leuten gut geht.

(West)

Wir haben das Grundgesetz und das Grund­ gesetz schützt unsere Demokratie. Ich kann mir kein Szenario ausdenken, wo das anders ausgeht.

(Ost)

25


Auf der Suche nach Halt

Dass die Unzufriedenheit mit dem Funktionieren

der Studienfinanzierung oder zu niedrigen Aus­

der Demokratie derzeit nicht in eine Ablehnung

bildungsgehältern wird diese Ungerechtigkeit in

von Demokratie mündet, ist für sich genommen

den Augen der Teilnehmer:innen immer weiter

eine gute Nachricht. Doch besorgniserregend

manifestiert. Bemerkenswerterweise liegt der

ist, dass aus der in der Nachwendegeneration

Fokus bei Bildungsungerechtigkeiten vor allem

nach wie vor vorhandenen Demokratiebefürwor­

auf dem monetären Background. Unterschied­

tung keine aktive Demokratieunterstützung folgt

liches kulturelles Kapital und unterschiedliche

und wenig Sensibilität und Aufmerksamkeit für

Bewertungen bei gleicher Leistung durch unter­

die Gefahr besteht, dass die Demokratie zerstört

schiedlichen Bildungsbackground ist den Teil­

werden kann. Die Teilnehmer:innen schätzen die

nehmer:innen weniger präsent.

Gefahr, die von Demokratiegegner:innen, der ra­ dikalen Rechten und der AfD ausgehen, als ge­

Weitere Ungleichheiten werden zwischen Frauen

ring ein und haben derzeit nicht den Eindruck,

und Männern gesehen, wobei in der Diskussion

aktiv für Demokratie eintreten zu müssen.

die unterschiedlichen Rollen der Frau in DDR und BRD und die auch nach der Wiedervereinigung

5.3 Verteilungskonflikte und Abgrenzung nach unten

fortbestehenden Unterschiede bei Kinderbe­ treuung und Frauenerwerbstätigkeit keine Rolle spielen. Dennoch werden an dieser Stelle Un­

Auch ein intaktes subjektives Gerechtigkeits­

terschiede zwischen den Ost- und Westgruppen

empfinden ist ein entscheidender Faktor für poli­

deutlicher als bei anderen Themen. Vor allem

tisches Vertrauen, welches wiederum Vorausset­

die ältere Gruppe der ostdeutschen Nachwende­

zung für gelingende politische Krisenbewälti­

generation thematisiert von sich aus, dass Ost­

gung und Transformation ist (Baarck et al. 2022:

deutschland nach wie vor benachteiligt werde.

50). In der Vorgängerstudie zeigte sich, dass nur

Dreh und Angelpunkt, an dem sich die Ungleich­

etwa die Hälfte der westdeutschen Nachwende­

heit manifestiere, ist in ihren Augen der Gehalts­

generation Deutschland alles in allem als ge­

unterschied zwischen Ost- und Westdeutsch­

recht empfand. Unter den Ostdeutschen dieser

land.

den von der Nachwendegeneration auch heute

noch mannigfaltig gesehen. Am präsentesten ist

Der deutsche Sozialstaat gilt den Teilnehmer:in­

die Schere zwischen Arm und Reich. Durch Bil­

nen als eine Errungenschaft, die maßgeblich

dungsungerechtigkeiten wie Schwierigkeiten bei

zur Lebensqualität in Deutschland beiträgt. Die

Generation waren es nochmals deutlich weni­ ger (Faus/Storks 2019: 50). Wie haben sich die Krisen­jahre hier ausgewirkt?

Eventuell Ost und West. Ist zwar nicht mehr so, wie früher, aber ich denke schon, dass es da noch einen Unterschied gibt.

Ungleichheiten und Ungleichbehandlungen wer­

26

(Ost)


Perspektiven auf Politik und Gesellschaft in Zeiten von Krise

Gruppendiskussionen zeigen in Ansätzen, wie

lich mehr unterstützt würden als Bürger:innen

die Grenzen des Sozialstaates in Verteilungskon­

ohne Migrationsgeschichte. Kritik gibt es in die­

flikten aktuell neu verhandelt werden. Viele der

sem Zusammenhang vereinzelt auch an der Hilfe

jungen Erwachsenen lassen durchblicken oder

für Geflüchtete aus der Ukraine: Entweder, dass

äußern sehr konkret, dass sie derzeit auch selbst

ihnen zu viel geholfen wird und man weniger

das Gefühl haben, zu kurz zu kommen. Während

unterstützen sollte. Oder, dass Ukrainer:innen

sie für vieles kämpfen und sich Wohlstand oder

mehr geholfen wird als früheren Geflüchteten,

Chancen erarbeiten müssten, bekämen andere

beispielweise aus Syrien, und man diesen Men­

deutlich mehr Unterstützung. Hier zeigt sich,

schen auch mehr hätte helfen müssen.

wie bereits in der Diskussion um Stimmung und aktuelle Herausforderungen, dass Verteilungs­ fragen derzeit deutlicher gestellt werden und Verteilungskonflikte aufbrechen. Dabei findet

5.4 Fehlender Dialog befeuert die Spaltung

vor allem eine Abgrenzung nach unten statt, in

Die Teilnehmer:innen zeigen sich besorgt um

dem Teilnehmer:innen beispielsweise Eigenver­

eine gesellschaftliche Spaltung. Sie haben das

antwortung betonen und Armut, Arbeitslosigkeit

Gefühl, dass der gesellschaftliche Dialog mo­

oder Obdachlosigkeit als individuelles Verschul­

mentan nicht funktioniert oder gar nicht stattfin­

den werten.

“ “

det. Eine insgesamt gereizte, aufgeregte gesell­

Wie mit Blick auf die generelle gesellschaftliche

tischen bei kontroversen und pola­risierenden

Stimmung bereits beschrieben, aber auch in

Debatten. Bereits bei vermeintlich harmlosen

diesem Zusammenhang zentral, zeigt sich: Die­

Themen bestehe teilweise die Gefahr, dass es

ser Verteilungskonflikt wird von einigen Teilneh­

verbal eskaliere. Jedes Wort, so manche Teilneh­

menden auch entlang von Herkunft geführt. Sie

mer:innen, werde von Menschen mit anderer

äußern den Eindruck, dass Migrant:innen staat­

Meinung auf die Goldwaage gelegt.

schaftliche Stimmung mache die Kommunikation

Ich bin froh in Deutschland zu leben, weil es

zunehmend anstrengend. Schon in der ersten

keine willkürlichen Gesetze gibt und das Ge­

Studie hat sich gezeigt, dass sich die Nachwende­

setz sehr durchdacht ist. Es beruht alles auf

generation mitunter bewusst aus politischen

der Würde des Menschen.

Gesprächen raushält, wenn diese kontroverse

(West)

Themen zum Gegenstand haben oder aber die Gesprächspartner:innen politisch schwer einzu­

Die Päckchen, die uns auferlegt werden, wer­

schätzen sind. Damals ging es vor allem um hitzig

den immer Größer. Die Laune sinkt immer

geführte Debatten um Migrations- und Asylpoli­

mehr. Die Ängste steigen immer mehr.

tik, sowie um den erstarkenden Rechtspopulis­

(Ost)

mus (Faus/Storks 2019: 31 f.). Auch in der jetzigen Studie zeigt sich dieser Rückzug aus dem Poli­

27


Auf der Suche nach Halt

Die Teilnehmer:innen können nicht sicher sagen,

Gegenüber diesem bewussten Rückzug in ho­

seit wann sie dieses Gefühl haben. Viele verorten

mogene Gruppen zeigen sich die Teilnehmer:in­

den Ursprung aber in Zeiten der Corona-Pande­

nen dabei durchaus selbstkritisch: Denn dieser

mie. Die Krisensituation habe als Katalysator für

treibe durch fehlenden Dialog und daraus fol­

politische und kulturelle Spaltungen in Deutsch­

gend fehlendes gegenseitiges Verständnis Spal­

land fungiert.

tungen weiter voran. Zudem verhindere eine

“ “

viel Raum für Toleranz.

(West)

Um den gesellschaftlichen Zusammenhalt steht

In der Folge berichten viele, sich bewusst in ein­

les in allem nicht gut. Zwar funktioniere Zusam­

stellungshomogene Gruppen zurückzuziehen

menhalt noch im Kleinen, in privaten oder loka­

oder zumindest außerhalb dieser Gruppen kon­

len Kontexten, nicht aber darüber hinaus. Die

troverse Themen auszuklammern. Auch in den

Teilnehmer:innen in den ostdeutschen Gruppen

Fokusgruppen selbst konnte dieses konfliktver­

stellen die These auf, dass der soziale Zusam­

meidende Verhalten gerade bei kontroversen Aus­

menhalt dabei in Ostdeutschland vor der Wie­

sagen beobachtet werden. Ablehnung oder Kritik

dervereinigung besser war und eventuell daher

wurde zum Teil nur nonverbal mit Mimik angedeu­

auch weiterhin ist.

Zersplitterung der Gesellschaft übergreifende

Man muss heute aufpassen, wie man seine

Solidarisierung zur Durchsetzung gemeinsamer

Meinung sagt, sonst wird man sofort von fünf

politischer Interessen.

Seiten angegriffen, weil alle in Alarmbereit­

schaft sind.

(Ost)

Man ist entweder oder. Es gibt nicht mehr so

Wir sind eine einsame Gesellschaft, in der sehr viel nebeneinander her gelebt wird, ohne aufeinander Acht zu geben.

(Ost)

es aus Perspektive der Nachwendegeneration al­

dass sie in den Fokusgruppen eine andere Mei­

nung als die anderen Teilnehmer:innen hatten.

(Ost)

tet oder aber es folgte unmittelbar die Suche nach einem gemeinsamen Nenner, um trotz angedeu­ teter Kritik oder Meinungsdifferenz wieder einen unstrittigen Punkt zu finden. Zum Teil äußerten Teilnehmer:innen auch erst in den Workshops,

28

Meine Generation nicht mehr, aber bei mei­ nen Eltern und Großeltern ist das von der DDR im Kopf noch verankert, dass man aufeinan­

der Acht geben muss. Weil die mussten sich ja gegenseitig helfen.


Sicht auf Wiedervereinigung und Deutsche Einheit

6 Sicht auf Wiedervereinigung und Deutsche Einheit

In der Vorgängerstudie ließ sich schlussfolgern,

zeichnen. Sie verstehen sich beispielsweise als

dass es in der Nachwendegeneration keine ge­

Kölner:in oder Rheinländer:in, aber eben nicht

einte Sicht auf die Vergangenheit gibt. Die Per­

als westdeutsch. In der weiteren Diskussion wird

spektiven unterschieden sich aufgrund der un­

ersichtlich, dass für sie westdeutsch weder eine

terschiedlichen Historien und die Bewertungen

identitätsstiftende Kategorie ist, noch, dass die

der Vergangenheit, aber auch die Einschätzun­

meisten sich mit ihrer Eigenschaft, westdeutsch

gen zum Stand der Deutschen Einheit, vielen un­

zu sein, zuvor überhaupt beschäftigt haben. Die

terschiedlich aus (Faus/Storks 2019: 73 f.). Fünf

Frage nach ost- bzw. westdeutscher Identität hat

Jahre später beleuchten wir auch diese Frage ein

nur diejenigen schon einmal beschäftigt, die

weiteres Mal. Was hat sich in Zeiten der Krise hier

einmal längere Zeit in Ostdeutschland gewesen

verändert – und was vielleicht auch nicht?

sind, beispielsweise während des Studiums, ei­ ner Ausbildung oder anderweitig berufsbedingt.

6.1 Ostdeutsche Identität ohne westdeutsche Entsprechung

Diese Teilnehmer:innen berichten in den Fokus­ gruppen vor allem von negativen Erlebnissen: Für sie selbst sei es nicht relevant, westdeutsch zu

Die Teilnehmer:innen wurden vorab nicht infor­

sein, aber Ostdeutsche hätten ihnen gegenüber

miert, dass sie in den Fokusgruppen der ersten

ihre ostdeutsche Identität des Öfteren betont,

Stufe in rein ost- bzw. westdeutschen Konstel­

um sich aufzuspielen oder sie auszugrenzen.

lationen rekrutiert wurden. Den westdeutschen Teilnehmer:innen wird weder in der Vorstellungs­

Letztlich vermuten die westdeutschen Teilneh­

runde, wo alle auch ihren ungefähren Wohnort

mer:innen aber, dass es sich vor allem um eine

nennen, noch im Verlaufe der Diskussion von

Generationenfrage handele. Für ihre und vor al­

alleine bewusst, dass sie alle westdeutsch sind.

lem für kommende Generationen, so ihre These,

Als durch die Moderation auf diese Gemeinsam­

verliere west- bzw. ostdeutsche Identität oder

keit hingewiesen und gefragt wird, inwieweit

Zugehörigkeit zunehmend an Relevanz.

westdeutsch für sie prägend oder identitätsstif­ tend ist, zeigen sich die meisten Teilnehmer:in­ nen von der Frage eher irritiert und haben keine klare Antwort. Stattdessen sprechen sie über regionale Identitäten, die auch mit Mentalitäten und Dialekten verknüpft werden, die sie kenn­

Also ich habe mich erst gar nicht angespro­ chen gefühlt, als du gesagt hast, wir kommen alle aus Westdeutschland, weil ich mir dach­

te, nein, ich komme aus Süddeutschland.

(West)

29


Auf der Suche nach Halt

Ich habe Freunde, die als sie in den Osten

chung gibt, konnte eine Studie von Hartl et al.

gezogen sind, beschimpft worden sind als

(2020: 32) anschaulich belegen und hat sich auch

reiche Wessis.

in der Vorgängerstudie für die Nachwendegenera­

(West)

tion bereits gezeigt (Faus/Storks 2019: 28).

In den ostdeutschen Gruppen wird den Teilneh­

Als ursächlich für die Existenz einer ostdeutschen

mer:innen im Vergleich deutlich schneller be­

Identität ohne vergleichbares westdeutsches

wusst, dass sie alle in Ostdeutschland leben.

Pendant sehen die Teilnehmer:innen zum einen

Insbesondere den Teilnehmer:innen in der älte­

eine DDR-Sozialisation – in der DDR seien die

ren Gruppe fällt dies bereits in der Vorstellungs­

Bürger:innen stärker auf ein Verbundenheitsge­

runde auf. Als diese Gemeinsamkeit im Verlauf

fühl getrimmt worden –, aber zum anderen auch

der Diskussion thematisiert wird, reagieren die

die gemeinsame Erfahrung der Nachwende­zeit.

Teilnehmer:innen mit unterschiedlichen Gefüh­

Die Teilnehmer:innen diskutieren, dass die Iden­

len: Einige sagen, sie hätten von dem Moment

tifikation mit Ostdeutschland der Versuch sei,

an nicht mehr den Eindruck gehabt, ihren Dialekt

eine eigene kulturelle Identität und Geschichte

verstecken zu müssen. Andere äußern, sie hät­

zu bewahren, wenn westdeutsch als Mehrheits­

ten Bedenken gehabt, dass die Gruppendiskus­

gesellschaft mit deutsch gleichgesetzt werde.

sion zum Ziel hätte, stereotypische Ergebnisse

Und gerade in Zeiten von Veränderungen, wie es

über „die Ossis“ zu produzieren.

die Nachwendejahre für viele ostdeutsche Bür­

ger:innen im positiven wie negativen Sinne in

Im ersten Moment dachte ich mir: Klasse, voll

jedem Fall waren, sei es für Menschen wichtig,

die Stigmatisierung. Wir haben hier die Ossi-­

die eigene Identität als Anker zu haben, um die

Gruppe und die ganze Meinungsforschung ist

eigenen „Wurzeln“ nicht zu verlieren. Eine wei­

wieder unterteilt zwischen Ost und West.

tere Erklärung, die vorgebracht wird, ist, dass

(Ost)

Ost-Identität vor allem die Regionen Sachsen und Thüringen betreffe und es eine regional

Die meisten ostdeutschen Teilnehmer:innen äu­

sehr unterschiedlich stark verteilte Identifika­

ßern, ein Zugehörigkeitsgefühl zu Ostdeutsch­

tion gebe.

land zu haben, aber es mündet nicht bei allen auch in einem bewussten Identifikationsmerk­

Für einige Teilnehmer:innen ist eine ostdeutsche

mal. Zum Teil äußern die Teilnehmer:innen zwar,

Identität auch negativ behaftet, weshalb sie be­

ostdeutsch sei Teil ihrer Identität, aber mitunter

wusst ablehnen, sie sich eigen zu machen. Sie

wird Ost-Identität auch als etwas gesehen, dass

assoziieren damit eher Eigenschaften wie männ­

vor allem ältere Generationen noch hätten. Dass

lich, weiß, nationalorientiert sowie Hooligans,

es gesamtgesellschaftlich betrachtet eine ost­

keinesfalls aber einen Querschnitt der ostdeut­

deutsche Identität ohne westdeutsche Entspre­

schen Bevölkerung.

30


Sicht auf Wiedervereinigung und Deutsche Einheit

“ “

Für mich ist dieses Denken in Ost und West

Gerade die ostdeutschen Teilnehmer:innen sto­

gar nicht vorhanden, weil es so weit weg ist.

ßen sich an einem Framing, das Ostdeutschland

Ich bin 9 Jahre nach der Wende geboren.

als rückständig darstellt. Zwar gehe es dabei

(Ost)

häufig um strukturelle Ungleichheiten mit Blick auf Wirtschaftsstärke, Einkommensniveau oder

Es ist wichtig, das in Geschichte zu behan­

ähnlichem, doch dabei schwinge oft auch eine

deln. Aber es ist vielleicht auch ein Stück weit

Abwertung von Ostdeutschland insgesamt mit.

falsch, das zu seiner Identität zu machen.

Über Ostdeutschland und Ostdeutsche werde

Wenn man immer Ost-West denkt, wird da­

in einer Art und Weise gesprochen, die einem

raus keine Gemeinschaft.

vermittele, man hänge hinterher. Erzählungen

(Ost)

über Ostdeutschland seien zumeist Defiziterzäh­ lungen.

6.2 Gegenseitige Zuschreibungen als fortbestehendes Relikt

Ursächlich für diese gegenseitige Wahrnehmung

Obwohl die Teilnehmer:innen immer wieder be­

vor allem die Prägung durch ihre Eltern- und

tonen, eine Trennung zwischen Ost und West

Großelterngeneration. Von diesen würden be­

spiele für sie heutzutage kaum noch eine Rol­

stimmte Bilder und Ideen schlicht übernommen,

le, benutzen sie unbewusst oder auch bewusst,

aber auch Medien, so die Kritik vor allem in den

aber mit gestisch dargestellten Anführungsstrei­

Ostgruppen, würden durch Schlagzeilen und zu

chen, Formulierungen wie „drüben“. Auch die­

einseitige Berichterstattung diese gegenseitige

ses Verhalten hatte sich schon in der Vorgänger­

Wahrnehmung und Spaltung in Ost und West

studie gezeigt und besteht, wie sich hier zeigt,

verstärken.

fort (Faus/Storks 2019: 24 f.).

und Beschreibung sehen die Teilnehmer:innen

“ “ “

Meine Eltern denken noch so richtig ost­

Die Teilnehmer:innen betonen zumeist, dass es nichts gibt, was für sie typisch ost- oder west­ deutsch ist, beschreiben dann im Verlaufe der Diskussionen aber doch die jeweils andere Landeshälfte mit typischen, teilweise auch ste­ reotypen Attributen. In den Westgruppen wird Westdeutschland beispielsweise als toleranter dargestellt, während der Osten hingegen mit Rassismus und Rechtsradikalismus assoziiert wird. Hier werden auch Begriffe wie „Dunkel­ deutschland“ verwendet.

deutsch.

(Ost)

Wenn man in Westdeutschland ist und sagt, man kommt aus Sachsen, ist man gleich rechts.

(Ost)

Den Ostdeutschen erkennt man meist direkt am Dialekt.

(West)

31


Auf der Suche nach Halt

Im Osten ist man entweder extrem links oder

können. Es habe „im Osten“ ihrer Einschätzung

extrem rechts. Es gibt da keinen Mittelweg.

nach schlicht mehr schlechte als gute Dinge ge­

(West)

geben. Konfrontiert mit dem Vorwurf, dass sich

6.3 Keine einheitliche Perspektive auf Wende und Deutsche Einheit

Westdeutsche für Ostdeutschland bis heute zu wenig interessieren, stimmen sie diesem selbst­ kritisch zu. Einzelne betonen, dass die DDR-Ver­ gangenheit und Wiedervereinigung nicht in

In der Vorgängerstudie hat sich gezeigt, dass

Vergessenheit geraten dürfen, wie das folgende

die ostdeutsche Nachwendegeneration auch

Zitat zeigt. Dabei werden von diesen Teilneh­

privat deutlich häufiger mit dem Thema Wieder­

mer:innen aber Versäumnisse oder Probleme der

vereinigung konfrontiert wurde, während die

Nachwendezeit eher ausgeblendet.

dervereinigung privat fast nie Thema gewesen.

In der Regel haben weder sie selbst, noch ihre

Ein anderes Bild zeigt sich in den Gruppendis­

Familie und Freunde einen persönlichen Bezug

kussionen mit Ostdeutschen. Hier geben viele

dazu. Sie nehmen an, dass es eine Generatio­

Teilnehmer:innen an, dass die Wiedervereini­

nenfrage ist und vielmehr ältere Bürger:innen als

gung und auch die Nachwendezeit privat durch­

Zeitzeugen, vor allem ältere Ostdeutsche, betrifft

aus Thema waren – aber keinesfalls bei allen.

und persönlich beschäftigt. Als Grund, weshalb

Nach einer Erklärung gefragt, wieso ein so ein­

es vor allem Ostdeutsche und nicht mindestens

schneidendes Erlebnis von der eigenen Familie

genauso auch ältere Westdeutsche beschäftigt,

privat nicht thematisiert wurde, spekulieren ei­

nennen sie, dass „dem Osten“ das westdeut­

nige, dass es davon abhängig ist, wie es den

sche System „übergestülpt“ worden sei, sowohl

Eltern nach der Wende ging. Für sich selbst se­

poli­tisch als auch kulturell. Dadurch habe sich in

hen aber auch die meisten ostdeutschen Teil­

Westdeutschland fast nichts, in Ostdeutschland

nehmer:innen keinen persönlichen Bezug mehr

jedoch fast alles verändert.

zur Wiedervereinigung. Vielmehr nervt es sie

gleichaltrigen Westdeutschen außerhalb des Geschichtsunterrichtes nur wenige Berührungs­ punkte hatten (Faus/Storks 2019: 20). Dieser Befund bestätigt sich in dieser Studie: Für die westdeutsche Nachwendegeneration ist die Wie­

Es darf nicht vergessen werden. Die Geschich­ te endet nicht damit, dass die Mauer gefallen ist. Es gab mehr als genug Mauertote.

(West)

mitunter, wenn beispielweise Kolleg:innen oder Einerseits wird diese als einseitig empfunde­

Nachbar:innen verklärt anfangen zu erzählen,

ne Wiedervereinigung von den westdeutschen

was alles anders gewesen sei.

Teilnehmer:innen zwar kritisiert, andererseits können sie keine Beispiele nennen, was „der

Hier zeigt sich dann auch eine Gemeinsam­

Westen“ von Ostdeutschland hätte übernehmen

keit zwischen ost- und westdeutschen Teilneh­

32


Sicht auf Wiedervereinigung und Deutsche Einheit

mer:innen: Sie nehmen an, dass beim Blick auf

In ihrer Zustimmung zu dieser Aussage legen

Wiedervereinigung und deutsche Einheit eher

die ostdeutschen Teilnehmer:innen dabei ein

Altersunterschiede als Ost-West-Unterschiede

merkbar breiteres Verständnis von Ungleichbe­

entscheidend seien.

handlung zugrunde. Auch sie stellen Gehalts­

unterschiede in den Fokus, gehen darüber hinaus

Meine Schwiegereltern erzählen zwar immer

jedoch auf weitere Facetten ein: Ein viel verwen­

davon, aber ich kann mir das einfach gar nicht

detes Beispiel ist die negative Reduzierung auf

vorstellen.

den sächsischen Dialekt, der dabei zudem mit

(Ost)

Ostdeutschland insgesamt gleichgesetzt werde.

6.4 Gleichwertige Lebensverhältnisse und ostdeutsche Benachteiligung

Einige ostdeutsche Teilnehmer:innen berichten in dem Zusammenhang, dass sie versuchen, ih­ ren Dialekt außerhalb der eigenen Heimatregion bewusst zu verstecken, um nicht mit negativen

Wenn auch nicht immer explizit, äußerten die

Attributen in Verbindung gebracht zu werden.

Teilnehmer:innen in den ostdeutschen Fokus­

Manche Teilnehmer:innen bekunden, sie ver­

gruppen immer wieder von selbst, dass Ostdeut­

suchten sich ihren ursprünglichen Dialekt sogar

sche bis heute häufig benachteiligt würden. In

gänzlich abzutrainieren und sich in manchen Mo­

den Westgruppen kam diese Einschätzung nicht

menten selbst bei einem internalisiertem „Ost­

von selbst zur Sprache.

bashing“, der Abwertung anderer Menschen mit diesem Dialekt, ertappen. Vor allem die ältere

Von der Moderation mit der Aussage konfron­

Nachwendegeneration kritisiert, dass schon seit

tiert, dass Ostdeutsche bis heute benachteiligt

den 1990ern „der Ossi“ als Projektionsfläche für

werden, stimmten die westdeutschen Teilneh­

Comedians und Medien diene.

mer:innen zu einem gewissen Grad zu, beton­ ten aber auch, dass die einzige Benachteiligung

Gleichwohl unterschiedliche Facetten von Un­

die Gehaltsdifferenz zwischen Ost und West sei.

gleichbehandlung Thema sind, wird weder in

Diese Ungleichheit versuchen einige von ihnen

den Fokusgruppen noch in den Workshops von

unmittelbar mit dem Verweis auf niedrigere Le­

selbst thematisiert, dass Ostdeutsche weiter­

benshaltungskosten in Ostdeutschland zu legi­

hin in den Führungsetagen von Politik, Medien

timieren. Einzelne stellen bei der Diskussion ad

und Wirtschaft unterrepräsentiert sind. Gestützt

hoc Überlegungen an, ob Ostdeutsche schlech­

durch die Moderation in die Diskussion gegeben,

tere Chancen bei Bewerbungen haben könnten.

zeigte sich, dass insbesondere die ungleiche Medienrepräsentation von Ostdeutschland den

Auch in den Ostgruppen wurde die Aussage zur

Teilnehmer:innen aus Ost- wie Westdeutschland

Benachteiligung von Ostdeutschen durch die Mo­

nicht bewusst ist – und auch erstaunlich wenig

deration explizit in die Diskussion eingebracht.

problematisiert wird, als die Moderation darauf

33


Auf der Suche nach Halt

hinweist. In der weiteren Diskussion wird bei­

gleiche Preise und Lebenshaltungskosten

spielsweise die Forderung nach einer Ostquote

vergleichbare Infrastruktur hinsichtlich Bil­

mehrheitlich abgelehnt, weil hierfür gar keine

dung, Gesundheit, Verkehr und Internet

Notwendigkeit bestehe. Außerdem sei, so die Teilnehmer:innen, heutzutage in ihrer Genera­

Insbesondere hinsichtlich Infrastruktur diskutie­

tion gar nicht mehr klar zu definieren, wer ost-

ren sie, dass sich Lebensverhältnisse hier nicht

und wer westdeutsch ist.

zur zwischen Ost und West unterscheiden, son­ dern innerhalb von Ost und West auch zwischen

Bezogen auf den Wohnort äußern sowohl die

Zentrum und Peripherie. Mitunter vermuten sie,

ostdeutschen als auch die westdeutschen Teil­

dass dieser Unterschied sogar größer sein könn­

nehmer:innen, dass sie sich vorstellen können,

te. Eine Karte, welche Landkreise von struktur­

in den jeweils anderen Landesteil umzuziehen.

schwach bis -stark einfärbt (Fina et al. 2019: 6),

Ost und West seien für die Wahl ihres Wohnortes

überraschte die Teilnehmer:innen dann aber in

keine Kriterien. Westdeutsche Teilnehmer:innen

ihrer Deutlichkeit: Dass Ostdeutschland alleine

mit Migrationsgeschichte äußern aber zugleich

durch die Einfärbung strukturschwacher Land­

Bedenken, dass es in Ostdeutschland mehr

kreise bis heute unmittelbar optisch erkennbar

Rassismus gebe. Für alle bleiben am Ende aber

ist und es dort nur wenige strukturstarke Land­

Familie, Freunde, Heimatnähe und berufliche so­

kreise gibt, die zudem alle urbane Zentren sind,

wie wirtschaftliche Chancen die zentralen Krite­

offenbart eine größere Diskrepanz als von west-

rien für die Wahl des Wohnortes.

wie ostdeutscher Nachwendegeneration zuvor angenommen. Die Teilnehmer:innen leiten da­

Diese Chancen, die vor dem im Kapitel 4 skiz­

raus ab, dass die Forderung nach gleichwertigen

zierten Streben nach Sicherheit in Zeiten der In­

Lebensverhältnissen noch immer aktuell und

stabilität umso wichtiger sind, hängen dabei vor

eine weiterbestehende Aufgabe ist.

allem mit der Frage nach gleichwertigen Lebens­ verhältnissen zusammen. Schon die Vorgänger­

Die westdeutschen Fokusgruppen in der ersten

studie unterstrich die zentrale Bedeutung, die

Forschungsstufe zeigen wenig Wissen zu Unter­

der Herstellung von Gleichwertigkeit zukommt,

schieden bei Einkommen und Renten zwischen

damit die Nachwendegeneration zur Einheits­

Ost- und Westdeutschland. Die meisten haben

generation wird (Faus/Storks 2019: 76). In den

sich mit der Frage nach Unterschieden bislang

Workshops definieren die Teilnehmer:innen ge­

gar nicht auseinandergesetzt. In den Ostgrup­

meinsam, dass gleichwertige Lebensverhältnis­

pen hingegen ist präsent, dass das Lohn- und

se für sie mehrere Aspekte umfassen:

Einkommensniveau in ihrer Region vielerorts geringer ist als in Westdeutschland, dass die

34

gleiche Rechte und gleiche Gesetze

Wirtschaft durch fehlende große Unternehmen

gleiches Geld für gleiche Arbeit

schwächer ist, und dass man dadurch weniger


Sicht auf Wiedervereinigung und Deutsche Einheit

berufliche Chancen oder Möglichkeiten hat. Zu­

lands günstiger, aber auch im Osten gebe es

gleich haben sie den Eindruck, dass das Betreu­

Boom-Regionen. Und der Kauf eines Autos oder

ungs- und Bildungssystem in Ostdeutschland

die Buchung einer Reise seien gleich teuer, egal

besser sei als in Westdeutschland. Nach einer

ob man in Ost- oder Westdeutschland lebe.

Einschätzung gefragt, nehmen sie korrekterwei­ se an, dass Unterschiede den Westgruppen nicht

Vor allem die ostdeutschen Teilnehmer:innen

präsent sind.

sagen, die Gehaltsunterscheide seien histo­

“ “ “

risch gewachsen, weil Ostdeutschland nach der

Ostdeutsche Städte sind alle top saniert, da

Wiedervereinigung ein schwächerer Wirtschafts­

merkt man keine Unterschiede.

standort war. Ungleiche Tarifverträge und feh­

(West)

lende Großunternehmen tragen dazu bei, dass Gehaltsunterschiede bis heute fortbestehen. Für

Es gibt im Westen viel mehr Möglichkeiten,

die Teilnehmer:innen ist dies vor allem der Poli­

weil es in Ostdeutschland auch viel weniger

tik als Versagen zuzuschreiben.

da gar nicht so Gedanken drüber.

(Ost)

Ohne dass es durch die Moderation in die Dis­

Mittelständische Unternehmen und Großkon­

zerne gibt, die einstellen wollen.

(Ost)

Wessis sind nicht betroffen, die machen sich

Ich find es doof, dass es immer noch diesen Unterschied gibt. Versteh ich nicht, kann ich nicht nachvollziehen.

(Ost)

kussion eingebracht wird, ist den Teilnehmer:in­

Wie in den einzelnen Fokusgruppen wurde auch

nen nicht präsent, dass es neben Gehalts- auch

in den gemeinsamen Workshops das Gehalt als

deutliche Vermögensunterschiede zwischen Ost

größte Spaltungslinie bzw. als schwerwiegends­

und West gibt, die man sehr gut an ungleicher

te Ungleichheit ausgemacht – stärker als Reprä­

Verteilung von Erbschaften und Schenkungen

sentation und stärker als Vermögen. Die in den

ablesen kann. Dies erklären sich die Teilneh­

Westgruppen andiskutierte Frage nach unter­

mer:innen ebenfalls durch die DDR-Vergangen­

schiedlichen Lebenshaltungskosten, welche die

heit Ostdeutschlands, aber das Fortbestehen der

Unterschiede erklären und zu einem gewissen

Ungleichheit wird hier deutlich weniger kritisiert

Grad auch rechtfertigen soll, wird in den gemein­

als beim Gehalt. Es ist für sie gefühlt weniger

samen Workshops zurückgewiesen. Zwar sei

ungerecht, als dass man für die gleiche Arbeit

Wohnraum in manchen Gegenden Ostdeutsch­

weniger Geld bekommt.

35


Auf der Suche nach Halt

7 Zusammenfassung und Schlussfolgerungen

2019 haben wir in einer OBS-Studie das erste

der zuvor doch positiv gestimmten Nachwende­

Mal ein Schlaglicht auf die Nachwendegene­

generation?

ration geworfen. Ein zentraler Befund dieser Vorgängerstudie war, dass es in dieser jungen

Um dieser Frage nachzugehen, haben wir in ei­

Generation zwischen Ost und West nach wie vor

nem qualitativem Forschungsdesign die Krisen­

Einstellungsdifferenzen gibt, die Generation

resilienz in den Fokus gestellt. Dem Konzept der

aber letztlich mehr eint als trennt (Faus/Storks

Resilienz zufolge braucht es als Gesellschaft zum

2019: 73–76): Junge Ostdeutsche bewerteten

einen Zuversicht und Zukunftsoptimismus, aber

die wirtschaftliche Lage ihrer Region zumeist

auch Vertrauen in Politik und Demokratie sowie

schlechter und empfanden die Verhältnisse

gesellschaftlichen Zusammenhalt und Gerech­

in Deutschland seltener als gerecht als die

tigkeit, um Krisen unbeschadet zu überstehen.

gleichaltrigen Westdeutschen. Gemeinsam war der Nachwendegeneration jedoch in beiden

Wenn wir uns diese Bedingungen ansehen,

Landesteilen der zugleich positive Blick in die

fällt die Bewertung bereits beim Blick auf Zu­

Zukunft. Auch wenn das Gefühl, auf politische

versicht und Zukunftsoptimismus negativ aus.

Entscheidungen wenig Einfluss nehmen zu kön­

Finanzielle Sorgen verschärfen aktuell die exis­

nen, schon damals in der gesamten Altersgrup­

tierenden Alltagsprobleme der jungen Genera­

pe sehr verbreitet war und sich viele mit dem

tion, Unsicherheiten erschweren den Start ins

Funktionieren des demokratischen Systems in

eigene Leben. Die Nachwendegeneration zeigt

Deutschland unzufrieden zeigten, erwies sich

sich krisenmüde und überfordert von den An­

die Demokratieunterstützung in beiden Lan­

passungen, die ihnen die letzten Jahre abver­

desteilen dennoch als hoch.

langt haben. Der Blick nach vorne lässt für sie tendenziell keine Verbesserung erkennen: Das

Die darauffolgenden Jahre waren von multiplen

Versprechen, dass es kommenden Generationen

Krisen geprägt: Allen voran die Schocks durch

einmal besser gehen wird, hat in ihren Augen

die Corona-Pandemie und Russlands Angriffs­

keine uneingeschränkte Gültigkeit mehr. Es gibt

krieg auf die Ukraine mit all ihren auch län­

für sie keine positive Zukunftserzählung. Dies ist

gerfristigen Auswirkungen sowie die sich ver­

insofern ein Problem, als längst nicht alle Krisen

schärfende Klimakrise sind für die Gesellschaft

ausgestanden sind: Einige Krisen wie der Klima­

zunehmend zur Belastungsprobe geworden.

wandel werden uns noch jahrzehntelang beglei­

Krise als Normalzustand – was macht das mit

ten, neue Krisen werden dazukommen.

36


Zusammenfassung und Schlussfolgerungen

Das fehlende Zukunftsversprechen ist aber nicht

sonders gut. Schon in der Vorgängerstudie war

nur für die Krisenresilienz, sondern auch für

die Demokratiezufriedenheit eher gering (Faus/

anstehende Transformationsleistungen ein Pro­

Storks 2019: 37 ff.). Ohne es mit der vorliegenden

blem. Analog zu anderen Studien (vgl. Poulakos/

Studie in Zahlen ausdrücken zu können, zeich­

Kittel 2023) beobachten auch wir einen Rück­

nen die Fokusgruppen und Workshops dennoch

zug ins Private. Statt die Zukunft zu gestalten,

ein klares Bild: Verbessert hat sich die Demo­

wird auf der Suche nach Stabilität und Sicherheit

kratiezufriedenheit der Nachwendegeneration

mitunter ein Bild von der Vergangenheit romanti­

in den Krisenjahren keinesfalls. Politik wird von

siert oder die Idee vom Auswandern als gedank­

ihnen aktuell vor allem mit negativen Aspekten

licher Fluchtpunkt genutzt, um das Versprechen,

assoziiert, mehr als Fremd- denn als Mitbestim­

dass eigene kleine Glück noch finden zu kön­

mung empfunden. Viele der Teilnehmer:innen

nen, weiter aufrechtzuerhalten. Felix Heidenreich

teilen Gefühle von politischer Ohnmacht.

zeigt auf, warum die hier zu beobachtende feh­ lende Zukunft nicht nur eine Belastung für je­

Auch dieser Befund ist nicht nur für die Resi­

de:n Einzelne:n bleibt, sondern langfristig auch

lienz, sondern auch für die demokratische

die Demokratie gefährdet. Ihm zufolge müssen

Gestaltung von Zukunft jenseits von Krisenbe­

moderne Demokratien eine positive Zukunft in

wältigung ein Problem. So zeigt die Leipziger

Aussicht stellen können: „Es gab und gibt kei­

Autoritarismus-Studie, dass „das Gefühl, kei­

ne Demokratie ohne ein solches Versprechen“

nen Einfluss auf politische Prozesse zu haben

(Heidenreich 2023: 19). In den USA lässt sich be­

bzw. dass es sinnlos sei, sich politisch zu enga­

reits empirisch nachweisen, wie Zukunftssorgen

gieren, […] mit einer stärkeren Zustimmung zu

mit einer Abkehr von Demokratie einhergehen.

autoritären Aussagen verbunden [ist]“ (Heller

Auch in Deutschland zeigt sich, dass vor allem

et al. 2022: 172). Insgesamt zeigt die Nachwende­

die Wähler:innen der rechtsradikalen AfD nicht

generation, trotz zum Ausdruck gebrachter Un­

an eine positive Zukunft glauben, sondern diese

zufriedenheiten und politischer Deprivation,

in einer vermeintlichen, romantisierten Vergan­

zwar noch immer eine breite Demokratieunter­

genheit suchen (ebd.: 19 ff. & 77). Dies ist, wie

stützung, doch gilt Demokratie zugleich fast

Heidenreich analysiert, aber kein Wesensmerk­

als Selbstverständlichkeit und damit nicht als

mal von Demokratien, sondern von autoritären

etwas, um das man sich fortlaufend bemü­

Staaten: Putin träumt von der Restauration des

hen und aktiv herstellen oder erhalten muss.

Zarenreichs, Erdoğan bemüht die Vision eines

Darin kommt zum einen ein sehr einseitiges

Osmanischen Reichs.

Verständnis von politischer Partizipation und Demokratie zum Ausdruck, welches zivilgesell­

Auch um die zweite Bedingung für Resilienz,

schaftliches Engagement oder auch unkonven­

das Vertrauen in Politik und Demokratie, steht

tionelle, nicht-verfasste politische Partizipa­

es in der Nachwendegeneration derzeit nicht be­

tion als Beitrag zur Demokratie nicht mit in den

37


Auf der Suche nach Halt

Blick nimmt. Zum anderen bedeutet dies, dass

Der Umgang mit gegenwärtigen und kommenden

Bürger:innen eine Haltung gegenüber Politik

Krisen, vor allem aber das Gelingen anstehen­

und Demokratie einnehmen, in der sie laut Hei­

der Transformationen und die Gestaltung von

denreich zu bloßen Konsument:innen werden.

Zukunft sind aber abhängig von einem intakten

Doch gilt: „Demokratie ist kein Supermarkt“

Gefühl des Miteinanders. Vor allem braucht es

(Heidenreich 2022: 66).

einen offenen, funktionierenden gesellschaft­ lichen Dialog, um in einer demokratischen

Damit Krisenbewältigung genauso wie anstehen­

Gesellschaft Aushandlungsprozesse und Kom­

de Transformationsleistungen gelingen können,

promissfindung zu ermöglichen. Schon in der

braucht es Akzeptanz und aktive Unterstützung

Vorgängerstudie konnte gezeigt werden, dass

der Bürger:innen. Diese kann in der Nachwende­

junge Bürger:innen sich aus dem politischen

generation aber nicht erwachsen, solange Politik

Raum eher zurückziehen, weil die Stimmung als

als Fremd- statt Selbstbestimmung, als planlos

zu aufreibend empfunden wurde. Das hat sich

reagierend statt aktiv gestaltend und als System,

verschärft: Die Teilnehmer:innen dieser Studie

das zwar um die Themen und Herausforderungen

zeigen sich besorgt um eine zunehmenden Spal­

der jungen Bürger:innen weiß, sie aber nicht an­

tung. Viele äußern, dass sie sich in politischen

geht, wahrgenommen wird.

Auseinandersetzungen eher konfliktvermeidend verhalten, da es zu viele verhärtete Fronten gebe.

Auch der Blick auf die dritte Voraussetzung für Krisenresilienz der Nachwendegeneration eig­

Um auf die von Reckwitz (2021) bemühte Meta­

net sich an dieser Stelle leider nicht, um zu ei­

pher von „Standbein und Spielbein“ zurückzu­

nem positiven Abschluss zu kommen: Bei den

kommen – es braucht Krisenresilienz zur Bewäl­

Einschätzungen der Nachwendegeneration da­

tigung der Gegenwart, aber auch Gestaltungs­

rüber, wie gerecht die deutsche Gesellschaft ist,

macht für die Zukunft – muss an dieser Stelle

zeigen sich mit Blick auf ältere Ergebnisse keine

geschlussfolgert werden, dass die Nachwende­

Verbesserungen. Nur Einzelne haben das Gefühl,

generation in beiden Aspekten nach Jahren der

dass es in Deutschland gerecht zugeht, viele hin­

Krise gerade nicht gut dasteht. Es mangelt an

gegen haben den Eindruck, aktuell selbst zu kurz

Zuversicht, an Vertrauen in die Politik sowie an

zu kommen. Das mündet in sich verschärfenden

gesellschaftlichem Zusammenhalt. Es bleibt

Verteilungskonflikten, die von einigen Teilneh­

daher eine gesellschaftliche und vor allem

mer:innen durch eine Abgrenzung nach unten

politische Aufgabe für Akteur:innen in Politik,

benannt werden. Es zeigt sich erneut die bereits

Wirtschaft und Gesellschaft gleichermaßen,

in der Einleitung skizzierte autoritäre Verarbei­

Alternativen und Handlungsmöglichkeiten für

tung von Unsicherheit und Unzufriedenheit. Das

ein echtes Zukunftsversprechen zu erarbeiten

Prinzip von Eigenverantwortung wird hier zu

und aufzuzeigen. Dass junge Bürger:innen der

Selbstverschulden.

Nachwendegeneration, die faktisch mehr Le­

38


Zusammenfassung und Schlussfolgerungen

benszeit vor sich haben als alle älteren Genera­

die gemeinsame Diskussion in der zweiten Stu­

tionen, das eigentlich paradoxe Gefühl teilen,

fe der Workshops zeigen: Die Perspektive auf

weniger Zukunft als vorherige Generationen

die Vergangenheit unterscheidet sich nach wie

zu haben, ist ein nicht zu unterschätzendes

vor je nach persönlicher Nähe zur Thematik und

Pro­blem. Es ist an der Politik, die eigene Pro­

persönlichen Berührungspunkten mit ostdeut­

blemlösungsfähigkeit unter Beweis zu stellen,

scher Geschichte. Für die meisten Westdeut­

um Zufriedenheit zu stärken und Unterstüt­

schen spielt diese Geschichte keine Rolle, für

zung für Demokratie in Zeiten zu generieren,

einige Ostdeutsche hingegen schon – wobei das

wo diese international unter Druck geraten ist.

Spektrum hier von der bewussten Identifikation

Die He­rausforderungen der Zukunft – demogra­

mit Ostdeutschland bis hin zur Abgrenzung und

fischer Wandel, Digitalisierung, Klimawandel,

zum genervt sein von eben dieser Identifikation

der Schutz von Demokratie und Frieden – sind

anderer mit Ostdeutschland reicht.

so groß, dass sie nicht durch eine Gesellschaft von Einzelkämpfer:innen zu meistern sind. Es

Wichtiger aber als die Perspektive auf die Ver­

braucht Miteinander, und Miteinander braucht

gangenheit ist der überwiegend negative Blick

gesellschaftlichen Dialog.

auf Politik und Gesellschaft, der von der ost- und westdeutschen Nachwendegenerationen der­

Abschließend bleibt die Frage, ob sich die Nach­

zeit geteilt wird. Den jungen Bürger:innen sind,

wendegeneration in Ost und West nun ange­

vor allem in Ostdeutschland, in der Gegenwart

nähert oder weiter auseinanderentwickelt hat.

fortbestehende objektive Ungleichheiten aus­

Die auffälligste Differenz in der Vorgängerstudie

gesprochen wichtig. Dabei geht es den meisten

war, dass es keine geeinte Sicht auf die Vergan­

Teilnehmer:innen weniger um ostdeutsche Re­

genheit gab: Zu unterschiedlich waren Wissens­

präsentation, als um finanzielle und wirtschaft­

stand zu und persönliche Berührungspunkte mit

liche Ungleichheiten. Die Frage, wer in ihrer und

deutscher Teilung, Wende und Nachwendezeit.

vor allem in kommenden Generationen noch als

Auch 30 Jahre nach dem Mauerfall identifizierten

ost- oder westdeutsch gilt, finden sie kaum zu

sich Ostdeutsche als ostdeutsch, ohne dass es

beantworten. Sozialisationsunterschiede wür­

dazu eine westdeutsche Entsprechung gab. Wie

den vor allem ältere Generationen betreffen, das

haben sich die letzten Jahre, die von Krisen do­

„wachse sich raus“. Die Herstellung gleichwerti­

miniert waren, darauf ausgewirkt?

ger Lebens- und Arbeitsverhältnisse bleibt hin­ gegen die zentrale Aufgabe zur Vollendung einer

Sowohl die nach Ost- und Westdeutschen ge­

Deutschen Einheit für die Nachwendegenera­

trennten Fokusgruppen der ersten Stufe als auch

tion. Und das richtet nicht die Zeit allein.

39


Auf der Suche nach Halt

Literaturverzeichnis

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Anhang

Neu, C. / Küpper, B. / Luhmann, M. / Deutsch, M. / Fröhlich, P. (2023): Extrem einsam? Die demokratische Relevanz von Einsamkeitserfahrungen unter Jugendlichen in Deutschland, Berlin: Das Progressive Zentrum. pollytix (2022): pollytix-Politikmonitor Februar 2022, Berlin: pollytix strategic research gmbh. Poulakos, I. / Kittel, S. (2023): Deutschland auf der Flucht vor der Wirklichkeit, online unter: https://www. rheingold-marktforschung.de/gesellschaft/deutschland-auf-der-flucht-vor-der-wirklichkeit/ (abgerufen am 05.09.2023). Reckwitz, A. (2021): Die Politik der Resilienz und ihre vier Probleme, in: DER SPIEGEL, online unter: https:// www.spiegel.de/psychologie/corona-und-politische-resilienz-was-wir-aus-der-krise-lernen-sollten-a-3cea 4d87-0002-0001-0000-000176138623 (abgerufen am 05.09.2023). Schnetzer, Simon / Hampel, Kilian / Hurrelmann, Klaus (2023): Trendstudie Jugend in Deutschland. Aktuelle Krisen belasten Jüngere stärker als Ältere – Ein Generationenkonflikt bleibt aus. TUI Stiftung (2022): Junges Europa 2022 – So denken Menschen zwischen 16 und 26 Jahren, Hannover: TUI Stiftung. Veer, I. M. / Riepenhausen, A. / Zerban, M. et al. (2021): Psycho-social factors associated with mental resilience in the Corona lockdown, in: Transnational Psychiatry 11(67).

Verzeichnis der Abbildung Abbildung 1:

Teilnehmenden-Konstellation........................................................................................... 13

41


Auf der Suche nach Halt

Hinweise zu den Autor:innen Simon Storks ist Soziologe M. A. und spezialisiert auf politische Partizipationsforschung sowie Me­ thoden der empirischen Sozialforschung. Er ist seit 2017 bei der Berliner Forschungs- und Beratungs­ agentur pollytix strategic research gmbh tätig, zunächst als Berater, seit 2020 als Seniorberater. Er ist Autor weiterer Studien und Beiträge wie „Krisenstimmung: Die ‚Bewegliche Mitte‘ kann kippen“, „Gesundes Misstrauen oder Vertrauenskrise?“ sowie „Das pragmatische Einwanderungsland. Was die Deutschen über Migration denken“. Rainer Faus ist Diplom-Sozialwissenschaftler, Autor sowie Gründer und Geschäftsführer der For­ schungs- und Beratungsagentur pollytix strategic research gmbh. In den vergangenen 15 Jahren hat er zahlreiche Publikationen zu politischen und gesellschaftlichen Themen veröffentlicht. Mit pollytix berät er auf Basis qualitativer und quantitativer Forschung Kund:innen aus Politik, Gesellschaft und Wirtschaft strategisch zu gesellschaftlichen und politischen Fragen. Jana Faus ist Diplom-Sozialwissenschaftlerin sowie Gründerin und Geschäftsführerin der Forschungsund Beratungsagentur pollytix strategic research gmbh. Sie forscht seit mehr als 15 Jahren zu politi­ schen und gesellschaftlichen Themen in Asien, Australien und Deutschland und ist Autorin verschie­ dener Publikationen, unter anderem „30 Jahre deutsche Einheit. Gesellschaftlicher Zusammenhalt im vereinten Deutschland“, „Auf der Suche nach dem verlorenen Dialog. Erkenntnisse einer quali­ tativen Studie über die fragmentierte Gesellschaft in Deutschland“ und zusammen mit Rainer Faus „Kartografie der politischen Landschaft in Deutschland“.

42


n–

Anhang

Weitere OBS-Publikationen zum Thema:

Otto Brenner Stiftung

Ayline Heller/Ana Nanette Tibubos/Manfred Beutel/Elmar Brähler Heller et al. – Mauer in den Köpfen?

Rainer Faus, Simon Storks

OBS-Arbeitspapier 42

OBS-Arbeitspapier 42

OBS-Arbeitsheft 96

Faus, Storks – Im vereinten Deutschland geboren ...

OBS-Arbeitsheft 96

Mauer in den Köpfen? Einstellungen zur deutschen Einheit im Wandel

generation

stiftung.de

Im vereinten Deutschland geboren – in den Einstellungen gespalten?

Mauer in den Köpfen? Einstellungen zur deutschen Einheit im Wandel

OBS-Studie zur ersten Nachwendegeneration ier

Ein Projekt der Otto Brenner Stiftung www.otto-brenner-stiftung.de Frankfurt am Main 2019

Ein Projekt der Otto Brenner Stiftung Frankfurt am Main 2020

42

b

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S-

OB

ap sp eit

Kostenloser Download unter:

Kostenloser Download unter:

https://www.otto-brenner-stiftung.de/ nachwendegeneration/

https://www.otto-brenner-stiftung.de/ mauer-in-den-koepfen-1/

43


Auf der Suche nach Halt

OBS-Arbeitspapiere Infos und Download: www.otto-brenner-stiftung.de

Nr. 61

Desiderius-Erasmus-Stiftung. Immer weiter nach rechts außen (Arne Semsrott, Matthias Jakubowski)

Nr. 60

Vom Winde verdreht? Mediale Narrative über Windkraft, Naturschutz und Energiewandel (Georgiana Banita)

Nr. 59

Radikalisiert und etabliert. Die AfD vor dem Superwahljahr 2024 (Wolfgang Schroeder, Bernhard Weßels)

Nr. 58

Antisemitismus. Alte Gefahr mit neuen Gesichtern (Michael Kraske)

Nr. 57

Gut beraten? Zur Rolle der Zivilgesellschaft in Sachverständigengremien (Siri Hummel, Laura Pfirter)

Nr. 56

Mehr Wählen wagen? Ungleichheiten beim „Wählen ab 16“ und ihre Folgen (Thorsten Faas, Arndt Leininger)

Nr. 55

Arbeitsdruck – Anpassung – Ausstieg. Wie Journalist:innen die Transformation der Medien erleben (Burkhard Schmidt, Rainer Nübel, Simon Mack, Daniel Rölle)

Nr. 54

Mediale Routinen und Ignoranz? Die Sahel-Einsätze der Bundeswehr im öffentlichen Diskurs (Lutz Mükke)

Nr. 53

Das Verblassen der Welt. Auslandsberichterstattung in der Krise (Marc Engelhardt)

Nr. 52

Soziale Rhetorik, neoliberale Praxis. Eine Analyse der Wirtschafts- und Sozialpolitik der AfD (Stephan Pühringer, Karl M. Beyer, Dominik Kronberger)

Nr. 51

Desiderius-Erasmus-Stiftung. Politische Bildung von Rechtsaußen (Arne Semsrott, Matthias Jakubowski)

Nr. 50

Künstliche Intelligenz und die Zukunft der Arbeit. Die digitale Transformation in den (sozialen) Medien (Derya Gür-Şeker)

Nr. 49

Alternative Fakten im Gespräch. AfD-Diskussionen auf Facebook (Hannah Trautmann, Nils C. Kumkar)

Nr. 48

Aufstocker im Bundestag IV. Bilanz der Nebenverdienste der Abgeordneten in der 19. Wahlperiode (Sven Osterberg)

Nr. 47

Tragische Einzelfälle? Wie Medien über Gewalt gegen Frauen berichten (Christine E. Meltzer)

Nr. 46

Wenn Politik Presse macht. Gastbeiträge von Politiker*innen in ausgewählten Tageszeitungen (Marvin Oppong)

Nr. 45

30 Jahre staatliche Einheit – 30 Jahre mediale Spaltung. Schreiben Medien die Teilung Deutschlands fest? (Lutz Mükke)

44


OBS-Arbeitspapier 62 ISSN: 2365-1962 (nur online) Herausgeber: Otto Brenner Stiftung Jupp Legrand Wilhelm-Leuschner-Straße 79 D-60329 Frankfurt am Main Tel.: 069-6693-2810 Fax: 069-6693-2786 E-Mail: info@otto-brenner-stiftung.de www.otto-brenner-stiftung.de Autor:innen: Simon Storks/Rainer Faus/Jana Faus pollytix strategic research gmbh Dolziger Straße 7 10247 Berlin E-Mail: info@pollytix.de www.pollytix.de Redaktion & Lektorat: Robin Koss (OBS) Satz und Gestaltung: Isabel Grammes, think and act Druck: AC medienhaus GmbH, Wiesbaden

Die Otto Brenner Stiftung …

Hinweis zu den Nutzungsbedingungen:

Dieses Arbeitspapier ist unter der Creative Commons „Namens­nennung – Nicht-kommerziell – Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0 International“-Lizenz (CC BY-NCSA 4.0) veröffentlicht. Die Inhalte sowie Grafiken und Abbildungen dürfen, sofern nicht anders angegeben, in jedwedem Format oder Medium vervielfältigt und weiterverbreitet, geremixt und verändert werden, sofern keine Nutzung für kommerzielle Zwecke stattfindet. Ferner müssen angemessene Urheber- und Rechteangaben gemacht, ein Link zur Lizenz beigefügt und angeben werden, ob Änderungen vorgenommen wurden. Weitere Details zur Lizenz entnehmen Sie bitte der Lizenz­ information auf https://creativecommons.org/licenses/ by-nc-sa/4.0/deed.de

Titelbild: Anticiclo/Shutterstock.com

In den Arbeitspapieren werden die Ergebnisse der Forschungsförderung der Otto Brenner Stiftung dokumentiert und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Für die Inhalte sind die Autorinnen und Autoren verantwortlich.

Redaktionsschluss: 17. Oktober 2023

Download und weitere Informationen: www.otto-brenner-stiftung.de

... ist die gemeinnützige Wissenschaftsstiftung der IG Metall. Sie hat ihren Sitz in Frankfurt am Main. Als Forum für gesellschaft­ liche Diskurse und Einrichtung der Forschungsförderung ist sie dem Ziel der sozialen Gerechtigkeit verpflichtet. Besonderes Augen­merk gilt dabei dem Ausgleich zwischen Ost und West. ... initiiert den gesellschaft­ lichen Dialog durch Veranstaltungen, Workshops und Koopera­ tionsveranstaltungen (z. B. im Herbst die OBS-Jahrestagungen), organisiert Konferenzen, lobt jährlich den „Otto Brenner Preis für kritischen Journalismus“ aus, fördert wissenschaftliche Untersuchungen zu sozialen, arbeitsmarkt- und gesellschaftspolitischen Themen und legt aktuelle medienkritische und -politische Analysen vor. ... informiert regelmäßig mit einem Newsletter über Projekte, Publikationen, Termine und Veranstaltungen.

... veröffentlicht die Ergebnisse ihrer Forschungsförderung in der Reihe „OBS-Arbeitshefte“ oder als Arbeitspapiere (nur online). Die Arbeitshefte werden, wie auch alle anderen Publikationen der OBS, kostenlos abgegeben. Über die Homepage der Stiftung können sie auch elektronisch bestellt werden. Vergriffene Hefte halten wir als PDF zum Download bereit unter: www.otto-brennerstiftung.de/wissenschaftsportal/ publikationen/ ... freut sich über jede ideelle Unterstützung ihrer Arbeit. Aber wir sind auch sehr dankbar, wenn die Arbeit der OBS materiell gefördert wird. ... ist zuletzt durch Bescheid des Finanzamtes Frankfurt am Main V (-Höchst) vom 4. November 2020 als ausschließlich und unmittelbar gemeinnützig anerkannt worden. Aufgrund der Gemeinnützigkeit der Otto Brenner Stiftung sind Spenden steuerlich absetzbar bzw. begünstigt.

Unterstützen Sie unsere Arbeit, z. B. durch eine zweckgebundene Spende Spenden erfolgen nicht in den Vermögensstock der Stiftung, sie werden ausschließlich und zeitnah für die Durchführung der Projekte entsprechend dem Verwendungszweck genutzt. Bitte nutzen Sie folgende Spendenkonten: Für Spenden mit zweckgebundenem Verwendungszweck zur Förderung von Wissenschaft und Forschung zum Schwerpunkt: • Förderung der internationalen Gesinnung und des Völkerverständigungsgedankens Bank: IBAN: BIC:

HELABA Frankfurt/Main DE11 5005 0000 0090 5460 03 HELA DE FF

Aktuelle Ergebnisse der Forschungsförderung in der Reihe „OBS-Arbeitshefte“ OBS-Arbeitsheft 112

Leif Kramp, Stephan Weichert

Whitepaper Non-Profit-Journalismus

Handreichungen für Medien, Politik und Stiftungswesen

OBS-Arbeitsheft 111*

Janis Brinkmann

Journalistische Grenzgänger

Wie die Reportage-Formate von funk Wirklichkeit konstruieren

OBS-Arbeitsheft 110*

Henning Eichler

Journalismus in sozialen Netzwerken

ARD und ZDF im Bann der Algorithmen?

OBS-Arbeitsheft 109*

Barbara Witte, Gerhard Syben

Erosion von Öffentlichkeit

Freie Journalist*innen in der Corona-Pandemie

OBS-Arbeitsheft 108*

Victoria Sophie Teschendorf, Kim Otto

Framing in der Wirtschaftsberichterstattung

Der EU-Italien-Streit 2018 und die Verhandlungen über Corona-Hilfen 2020 im Vergleich

OBS-Arbeitsheft 107*

Leif Kramp, Stephan Weichert

Konstruktiv durch Krisen?

Fallanalysen zum Corona-Journalismus

OBS-Arbeitsheft 106*

Lutz Frühbrodt, Ronja Auerbacher

Den richtigen Ton treffen

Der Podcast-Boom in Deutschland

OBS-Arbeitsheft 105*

Hektor Haarkötter, Filiz Kalmuk

Medienjournalismus in Deutschland

Seine Leistungen und blinden Flecken

OBS-Arbeitsheft 104*

Valentin Sagvosdkin

Qualifiziert für die Zukunft?

Für Spenden mit zweckgebundenem Verwendungszweck zur Förderung von Wissenschaft und Forschung zu den Schwerpunkten:

Zur Pluralität der wirtschaftsjournalistischen Ausbildung in Deutschland

• Angleichung der Arbeits- und Lebensverhältnisse in Ost- und Westdeutschland (einschließlich des Umweltschutzes) • Entwicklung demokratischer Arbeitsbeziehungen in Mittel- und Osteuropa • Verfolgung des Zieles der sozialen Gerechtigkeit

Ingo Dachwitz, Alexander Fanta

Bank: IBAN: BIC:

HELABA Frankfurt/Main DE86 5005 0000 0090 5460 11 HELA DE FF

Geben Sie bitte Ihre vollständige Adresse auf dem Überweisungsträger an, damit wir Ihnen nach Eingang der Spende eine Spendenbescheinigung zusenden können. Oder bitten Sie in einem kurzen Schreiben an die Stiftung unter Angabe der Zahlungsmodalitäten um eine Spendenbescheinigung. Verwaltungsrat und Geschäftsführung der Otto Brenner Stiftung danken für die finanzielle Unterstützung und versichern, dass die Spenden ausschließlich für den gewünschten Verwendungszweck genutzt werden.

OBS-Arbeitsheft 103*

Medienmäzen Google

Wie der Datenkonzern den Journalismus umgarnt

OBS-Arbeitsheft 102*

Wolfgang Schroeder, Samuel Greef u. a.

Bedrängte Zivilgesellschaft von rechts

Interventionsversuche und Reaktionsmuster

* Printfassung leider vergriffen; Download weiterhin möglich.

Diese und weitere Publikationen der OBS finden Sie unter www.otto-brenner-stiftung.de Otto Brenner Stiftung | Wilhelm-Leuschner-Straße 79 | D-60329 Frankfurt/Main


OBS-Arbeitspapier 62

Simon Storks, Rainer Faus, Jana Faus

OBS-Arbeitspapier 62

Auf der Suche nach Halt

Auf der Suche nach Halt

Die Nachwendegeneration in Krisenzeiten

Die Nachwendegeneration in Krisenzeiten IG METALL

www.otto-brenner-stiftung.de

EIN PROJEKT DER OTTO BRENNER STIFTUNG Gliederungsname FRANKFURT AM MAIN 2023


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