Solidarität Juni/Juli 2011

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-ZEITSCHRIFT FÜR DIE ARBEITSWELT

Interview: Der neue Staatssekretär Sebastian Kurz über seine Ideen zu Integration Seite 2

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Bildung: Der ÖGJ-Kongress setzte ein starkes Zeichen für ein modernes Bildungssystem Seite 3

Kommentar: Bernadette Ségol ist die neue starke Frau an der Spitze des Europäischen Gewerkschaftsbundes Seite 12

„Was du unbedingt für den Ferialjob wissen solltest!“

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DIE

Infoabend Dienstag, 28. Juni 2011, 18.00 Uhr Anmeldung unter servicecenter@oegb.at oder 01/534 44-39100 Johann-Böhm-Platz 1, 1020 Wien

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Solidarität

editorial

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AKTUELL Interview: Integration als Querschnittsthema

Sachlich gegen Hetze

NANI KAUER

Eine gute Idee! Vieles wird über „die EU“ gesagt, aber wer ist das eigentlich? Die EU sind viele: Regierungen der Mitgliedsländer, die Europäische Kommission, der Europäische Rat, das Europäische Parlament. In der Krise spielen aber auch andere entscheidende Rollen: die Europäische Zentralbank, der Internationale Währungsfonds und die Weltbank. Sie wachen über die Verteilung von Hilfsgeld. Sie bestimmen, ob Geld gewährt wird, wenn sie zum Beispiel befinden, die Griechen sparen hart und schnell genug. Sie überrollen damit die Politik von demokratisch gewählten Regierungen, wenn sie Vorschriften von außen machen. Die EU – das sind auch die europäischen Gewerkschaften. Sie haben eine andere Idee für Europa als die des Sparzwangs: Lohnpolitik sollen die Gewerkschaften machen, nicht eine zentrale Wirtschaftsregierung. Wachstum und Wohlstand für alle gibt es nur mit Jobs und guten Löhnen, nicht mit Sparzwang. Und die besten Regeln sollen für die ArbeitnehmerInnen gelten, nicht die schlechtesten. Das war die Europäische Idee, und sie ist es, für die die Gewerkschaften gerade jetzt wieder energisch kämpfen.

Impressum: Herausgeber: Österreichischer Gewerkschaftsbund, 1020 Wien, Johann-Böhm-Platz 1. Medieninhaber: Verlag des Österreichischen Gewerkschaftsbundes GmbH, 1020 Wien, Johann-Böhm-Platz 1, Tel. 01/662 32 96-0, Fax 01/662 32 96-39793, E-Mail: Renate.Wimmer@ oegbverlag.at, www.oegbverlag.at. Herstellerin: Leykam Druck GmbH & Co KG, 7201 Neudörfl, Bickfordstr. 21. Verlagsort: Wien. Herstellungsort: Neudörfl. Chefredaktion: Nani Kauer. Kaufmännische Leitung: Christoph Höllriegl. AutorInnen: Katja Dämmrich, Florian Kräftner, Amela Muratović, Carmen Janko, Benjamin Praxmarer, Mag. Christian Resei, Hermann Wackerle, Michaela Hubweber, Sabrina Kainrad, Thomas Varkonyi. Layout/Grafik/Bildredaktion: Stephanie Guberner, Isabelle Carhoun. Anzeigen: Mag. Thomas AichelburgRumerskirch, www.brandcom.at, soli@brandcom.at. Sekretariat: Sonja Adler, Johanna Kastner. Lektorat: Renate Nebehaj-Neuber. Redaktionsadresse: 1020 Wien, Johann-Böhm-Platz 1, Tel.: 01/534 44-39262, Fax: 01/534 44-39916, E-Mail: soli@oegb.at WWW: http://www.oegb.at/soli

Solidarität: Das Integrationsressort ist im Innenministerium angesiedelt, das auch für die Sicherheit zuständig ist. Sehen Sie Probleme, das zu vermischen? Sebastian Kurz: Integration ist eine Querschnittsmaterie, wir spielen in fast alle Ressorts hinein. Es gibt eine klare Aufgabenteilung zwischen der Innenministerin und mir. Ich bin für den Bereich Integration zuständig, das beginnt, wenn jemand legal in Österreich ist und bleiben will. Ich sehe kein Problem, dass das im Innenministerium angesiedelt ist, es gibt hier die Ressourcen, die Integrationsabteilung, den unabhängigen Integrationsbeirat. Das Innenministerium ist in der Außenwahrnehmung vor allem das Polizeiministerium, die Tätigkeit ist aber breit, auch die Gedenkstätten oder der Zivildienst sind hier angesiedelt. Solidarität: Menschen, die zu uns kommen, haben oft Bildungsabschlüsse, die hier nicht anerkannt sind, das behindert die Integration am Arbeitsmarkt. Was planen Sie dazu? Sebastian Kurz: Wir haben derzeit ein sehr kompliziertes System, es gibt viele Stellen, an die man sich wenden muss. Mit einem Wurf alles zu ändern, wird nicht möglich sein, aber man kann es vereinfachen. Wenn Menschen mit Migrationshintergrund Ausbildungen haben, die in Österreich nicht anerkannt werden, ist das nicht nur frustrierend für die Einzelnen, sondern auch für Österreich und unsere Wirtschaft schlecht.

„Bildungsabschlüsse rascher anerkennen.“ Sebastian Kurz, Staatssekretär für Integration

Solidarität: Sie sagten, Ihre Zuständigkeit beginnt wenn sich Menschen legal in Österreich aufhalten, welche Bereiche umfasst das und welche nicht? Sebastian Kurz: Es geht nicht um Asyl, das ist ein Menschenrecht, da entscheiden unabhängige Behörden, ob diejenigen überhaupt in Österreich bleiben dürfen, das betrifft ca. 10.000 Menschen. Dann gibt es den Bereich der Zuwanderung und dann meinen Bereich der Integration jener, die legal hier sind. Es ist Zeit, dass man das endlich sachlich trennt. Weil oft viel Ausländerhetze betrieben wird, ohne genau zu wissen von wem man da eigentlich redet. Solidarität: Was ist Ihr Plan gegen Ausländerhetze? Sebastian Kurz: Durch Versachlichung und durch Trennung dieser Bereiche. Es gab was Integration angeht sehr viel Träumerei auf der einen, und sehr viel Hetze auf der anderen Seite. Wir wollen einen neuen

nahaufnahme Der 49-jährige Erich Gsellmann arbeitet seit 20 Jahren im Strandbad Gänsehäufl. In allen städtischen Bädern existiert ein Betriebsrat, Gsellmann ist seit drei Jahren für die Personalvertretung zuständig. Zu vertreten sind 70 MitarbeiterInnen, rund ein Drittel davon Frauen. Solidarität: Wie ist das Klima in der Belegschaft? Gsellmann: Insgesamt gut, da auch das Gesprächsklima mit der

Geschäftsführung zufriedenstellend ist. Solidarität: Welche Aufgaben hat der Betriebsrat? Gsellmann: Ich bin immer im Bilde, was welcher/welche Mit-

Für unverlangt eingesendete Manuskripte und Fotos keine Gewähr. Nachdrucke, auch auszugsweise, nur mit Zustimmung der Redaktion und mit Quellenangabe. Namentlich gekennzeichnete Artikel müssen nicht der Meinung der Redaktion entsprechen.“

arbeiterIn zu tun hat. Das ist zum Beispiel bei der fairen Einteilung von Dienstplänen und der Verteilung der anstehenden Arbeit sehr hilfreich.

ZVR-Nr.: 576439352 DVR-Nr. 0046655

Solidarität: Was ist für die Zukunft geplant? Gsellmann: Wir haben bis dato drei Bademeisterinnen, und es

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dürfen ruhig mehr werden, da sie bei Reibereien mit Badegästen meist diplomatischer vorgehen.

Zugang, die Antwort auf Hetze und auf Träumerei ist Integration durch Leistung. Wenn man in Österreich fleißig ist, wenn man sich anstrengt, Deutsch kann, was weiterbringen will, kann man in Österreich seinen Weg machen. Wir wollen Motivation schaffen, dass Menschen mit Migrationshintergrund sich das auch zutrauen, und bei der Bevölkerung Vorurteile abbauen.

Solidarität: Wie stehen Sie zu Türkisch als Maturafach? Sebastian Kurz: Man kann jetzt schon in 13 Sprachen maturieren. Viele Sprachen kommen aber wegen zu wenig Anmeldungen nicht zustande. Man muss nicht polarisieren, man braucht keine Angst vor einer bestimmten Sprache zu haben, es ist aber auch alles andere als prioritär, das jetzt einzuführen.

Gemeinden: Ausreichend finanzieren

VERSORGUNG SICHERN

Wichtige Aufgaben. Gemeinden und Städte erfüllen viele wichtige Aufgaben, oft ist man sich der vielen Leistungen gar nicht bewusst – dass der Müll verschwindet, die Straßen in der Nacht beleuchtet sind, wir in Spitälern betreut werden und vieles mehr. In den vergangenen Jahren haben Gemeinden und Städte immer mehr Aufgaben übertragen bekommen – die notwendigen finanziellen Mittel allerdings nicht. Diese Situation hat sich in der Krise verschärft. Daher stellt sich die Frage: Wird die Politik den Gemeinden zukünftig mehr Geld für den Erhalt und den Ausbau kommunaler Grundversorgung zur Verfügung stellen, oder wird abgebaut oder privatisiert? BürgermeisterInnen mobilisieren Die Gewerkschaft der Gemeindebediensteten – Kunst, Medien, Sport, freie Berufe (GdG-KMSfB) hat gemeinsam mit der Allianz „Wege aus der Krise“ die Initiative ergriffen: In einer Gemeinderesolution fordern sie ausreichende Finanzierung der Gemeinden und Maßnahmen zur Absicherung der kommunalen Dienstleistungen für die BürgerInnen und Bürger. BürgermeisterInnen in ganz Österreich sind dazu aufgerufen, diese Petition, die ihnen auf dem Postweg bereits zugegangen ist, mit ihrer Unterschrift zu unterstützen, ihren Gemeinderäten/ -rätinnen zum Beschluss vorzulegen und sich den Forderungen anzuschließen. Weitere Informationen und einen Überblick über die Rolle und Aufgaben von Gemeinden und Städten im Bereich der kommunalen Grundversorgung finden Sie im Internet unter: www.kommunale-grundversorgung-sichern.at

© Staatssekretariat für Integration

Der ÖGB begrüßt das neue Integrationsressort. Anlass für ein Interview mit dem Staatssekretär.


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Solidarität

BILDUNG

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„Haushaltshilfen“:

© ÖGB/Christina Häusler

Jetzt legal

ÖGB: Jugendkongress

Betriebe sollen zahlen ZITAT

ÖGJ-Vorsitzender Jürgen Michlmayr fordert, dass alle Firmen in einen Ausbildungsfonds einzahlen müssen, denn freiwillig bilden immer weniger Unternehmer Lehrlinge aus. Zukunft. „Gebt uns ein ordentliches Bildungssystem, gebt uns Zukunft!“, appellierte Jürgen Michlmayr, der beim 32. Jugendkongress des ÖGB am 14. Mai erneut zum Bundesvorsitzenden der Österreichischen Gewerkschaftsjugend (ÖGJ) gewählt wurde. Um die Abhängigkeit der Bildungschancen von der finanziellen Situation der Eltern zu verringern, verlangt die ÖGJ die Einführung von Unterstützungen aus öffentlichen Mitteln für armutsgefährdete Familien. Auch Bundespräsident Heinz Fischer hat beim Jugendkongress kritisiert, dass die Bil-

dungschancen nach wie vor ungerecht verteilt sind. „Alle Menschen haben das gleiche Recht auf Bildung, sagt die Europäische Menschenrechtskonvention. Das Prinzip wird allgemein anerkannt, aber die Praxis entspricht noch nicht diesem Prinzip.“

Echte Löhne statt Almosen Echte Löhne und Gehälter statt Lehrlingsentschädigungen – das verlangt die ÖGJ für jene Fachkräfte, die ihre Berufsausbildung in einer Schule abgeschlossen haben, von den Unternehmen aber trotzdem nur als Lehrlinge eingestuft werden.

„Gelernt ist gelernt – egal ob in einem Betrieb oder in der Schule“, sagte Michlmayr. Im Bereich der Lehrlingsausbildung fordert die ÖGJ erstens mehr Qualität und zweitens einen Ausbildungsfonds, in den alle Betriebe einzahlen müssen. Michlmayr (24), der seit 2006 an der ÖGJ-Spitze steht, kritisierte: „2008 hat die Wirtschaft angekündigt, dass durch die Lehrstellenförderung 5.000 zusätzliche Lehrstellen entstehen werden, aber heute gibt es 2.600 Lehrplätze weniger.“ Auch ÖGB-Präsident Erich Foglar verlangt mehr Lehrstellen: „Wir haben viel zu viele

Trittbrettfahrer, die von den gut ausgebildeten Fachkräften profitieren wollen, deren Ausbildung andere finanzieren.“

Beste Vertretung Michlmayr wies aber auch auf ÖGJ-Erfolge hin: „Wir haben zentrale Forderungen durchgesetzt: entscheidende Verbesserungen beim Wahlrecht zum Jugendvertrauensrat, und dass jetzt auch Jugendliche in überbetrieblichen Ausbildungseinrichtungen ihre VertreterInnen wählen dürfen.“ www.oegj.at/planbildung Florian Kräftner

Putzen, bügeln, aufräumen. Viele haben diese Arbeiten ausgelagert, oft stammt die Reinigungskraft aus Osteuropa, meist ist sie nicht angemeldet. Seit Mai ist unser Arbeitsmarkt für Beschäftigte aus acht jungen EU-Staaten offen. Damit können auch die Haushaltshilfen aus diesen Ländern offiziell beschäftigt werden. Die Aussage, man wolle ja, könne seine „Putzfrau“ aber nicht legal beschäftigen, fällt in vielen Fällen weg. Zur Bezahlung von stundenweise eingesetzten Haushaltshilfen eignet sich der Dienstleistungsscheck. Eine andere Möglichkeit ist die Anmeldung bei der Gebietskrankenkasse als geringfügig Beschäftigte im Haushalt. Welche Mindestlöhne in den beiden Fällen gelten, und was bei der Anmeldung sonst noch zu beachten ist, hat die Gewerkschaft vida auf ihrer Internetseite zusammengefasst. Mehr dazu auf www.vida.at

Interview: ÖGB-Schwerpunkt Bildung

AK-Kampagne:

Bildung nicht vererben

Mehr Rechte

Noch immer hängt es von den Eltern ab, wer studiert und wer nicht. ÖGB-Vizepräsidentin Sabine Oberhauser fordert bessere Bedingungen für arbeitende Studierende. Solidarität: Studieren kostet nichts, trotzdem studieren nur wenige. Sabine Oberhauser: Die Studiengebühren, die es für ein paar Jahre wieder gegeben hat, sind abgeschafft, und das ist gut so. Trotzdem hängt es vom Geld der Eltern ab, unter welchen Bedingungen die Kinder studieren. Die Unis fordern immer zielstrebigeres und schnelleres Studieren, doch das geht nur, wenn man nicht nebenbei arbeiten muss – und das können sich nur die allerwenigsten leisten: Mehr als zwei Drittel haben Jobs, und zwar während des Semesters, und nicht nur in den Ferien. Solidarität: Brauchen also die Studierenden mehr Geld? Sabine Oberhauser: Die Politik muss sich dringend Gedanken über neue Stipendienmodelle machen. Aber auch die

Universitäten sind gefordert, ihr Angebot auf arbeitende Studierende einzustellen: Mit Vorlesungen am Wochenende, mit offenen Instituten und Bibliotheken auch am Abend, oder gleich mit eigenen Studiengängen für Berufstätige. Es fehlen auch Angebote für Studentinnen – es sind vor allem Frauen betroffen – mit Kind, die Unis müssen Kinderbetreuungsplätze anbieten. Solidarität: Die Menschen scheitern aber nicht unbedingt an den Schwierigkeiten im Studium, sie fangen erst gar keines an. Trotz jahrzehntelang freien Universitätszugangs gehen Akademikerkinder nach wie vor an die Uni, ArbeiterInnenkinder nicht. Sabine Oberhauser: Um diese „Bildungsvererbung“ zu durchbrechen, waren die Fachhochschulen eine ganz

ÖGBVizepräsidentin Sabine Oberhauser

wesentliche Erfindung. Denn die bieten konkrete Berufsausbildung, und das hat auch für Eltern ohne höhere Bildung einen Wert, den sie zum Beispiel in geisteswissenschaftlichen Studien nicht erkennen. Deswegen sind die FH so wichtig für die soziale Durchlässigkeit

des Bildungssystems, das zeigt auch die Statistik: Der Anteil der Studierenden ohne traditionelle Matura ist dort doppelt so hoch wie an den Unis. Gerade deshalb müssen auch an allen FH die Studiengebühren endlich abgeschafft werden. www.bildunggehtweiter.at

Eine Schnecke steht im Mittelpunkt einer bundesweiten AK-Kampagne: Die Kampagne soll einerseits über ArbeitnehmerInnenRechte informieren, aber auch Mut machen. Denn wer sich nicht zur Schnecke machen lässt, geht auch mit gestärktem Rücken und mehr Selbstvertrauen durchs Berufsleben: Gerechtigkeit muss sein. Die Kampagne enthält einen Spot, ein Wissensquiz mit vielen Fragen rund ums Arbeitsrecht und weitere Informationen für ArbeitnehmerInnen. Mehr Infos dazu: www.arbeiterkammer.at


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Solidarität

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ARBEITSWELT Frauenkampagne: Marie Los forderte ihre Rechte

Arm trotz Arbeit ÖGB-Kampagne „Ich will’s FAIR“ zeigt Wirkung. Prekäre Arbeit. In Österreich sind 241.000 Personen arm, obwohl sie arbeiten. Mehr als zwei Drittel der Betroffenen haben einen Vollzeitjob und können sich trotzdem keinen Urlaub leisten oder unerwartete Ausgaben tätigen. „In einem der reichsten Länder der Welt ist Armut inakzeptabel. Wir müssen alles daransetzen, dies zu beseitigen. Um das Phänomen ‚Armut trotz Arbeit‘ zu bekämpfen, braucht es mehr Weiterbildungsmaßnahmen und höhere Mindesteinkommen“, fordert ÖGB-Bundesfrauenvorsitzende Brigitte Ruprecht. Vor allem Frauen würden davon stark profitieren. Sie arbeiten besonders häufig in Niedriglohnbranchen – vor allem im Dienstleistungsbereich.

Österreich:

MillionärInnen

© Isabelle Carhoun

Ich will’s FAIR

© ÖGB/Thomas Reimer

Die Zahl der MillionärInnen in Österreich ist deutlich gestiegen. Gegenüber dem Vorjahr erhöhte sich die Millionärsdichte 2010 um 7,2 Prozent, wie aus einer aktuellen Studie der Liechtensteiner Investmentgesellschaft und dem österreichischen Unternehmensberater Amadeus Consulting hervorgeht. Auch das Vermögen der Superreichen vermehrte sich – um 9,5 Prozent. Allein die zehn reichsten ÖsterreicherInnen verfügen über insgesamt 63,5 Milliarden Euro. Fast die Hälfte des Vermögens entfällt auf die Familien Porsche und Piech, dahinter folgen unter anderem die Familie Flick, RedBull-Chef Dietrich Mateschitz und Billa-Gründer Karl Wlaschek. Die meisten MillionärInnen leben in Wien (18.400), Niederösterreich (16.400), Oberösterreich (11.900) und der Steiermark (9.200). Die wenigsten im Burgenland (1.500). Das Vermögen der Superreichen wächst im Schnitt mit 8 bis10 Prozent pro Jahr dreimal schneller als die Gesamtwirtschaft.

ÖGB-Bundesfrauenvorsitzende Brigitte Ruprecht

Um auf das Problem „working poor“ aufmerksam zu machen, haben die ÖGB-Frauen im vergangenen Jahr die Kampagne „Ich will’s FAIR“ gestartet. Im Mittelpunkt der Kampagne steht die Forderung nach einem gerechten Einkommen und einer sozialen Absicherung. „Auch durch den sanften Druck der ÖGB-Frauen gibt es mittlerweile in vielen Kollektivverträgen ein Mindesteinkommen von 1.300 Euro brutto“, betont Ruprecht den bisherigen Erfolg der Kampagne. Ihre Forderungen zur Kampagne haben die ÖGB-Frauen mit der Figur „Marie Los“

dargestellt. Die alltäglichen Probleme, die Marie und ihre Familie mit einem niedrigen Einkommen haben, gab es in Comic-Form in der „Solidarität“ zu sehen. In dieser Ausgabe erscheint der letzte Comic-Strip. Der Einsatz der ÖGBFrauen für ein flächendeckendes Mindesteinkommen von 1.300 Euro aber nimmt kein Ende. Mehr zur Kampagne unter: www.oegb.a/frauen

FRAUEN ZAHLEN FÜR DIE KRISE „Immer mehr prekäre Arbeitsplätze statt gut bezahlter Vollzeitstellen – derzeit bekommen Frauen die Folgen der Krise besonders stark zu spüren“, warnte ÖGB-Bundesfrauenvorsitzende Brigitte Ruprecht beim 12. EGB-Kongress. Die Tendenz in der EU, Löhne in einem Wettbewerb nach „unten“ drücken zu wollen, wird, so Ruprecht, die Existenz vieler Arbeitnehmerinnen im Niedriglohnsektor weiter bedrohen. Zudem kritisierte die Frauenvorsitzende die weiterhin hohe Einkommensschere zwischen Frauen und Männern und appellierte, die Diskriminierung von Frauen stärker zu bekämpfen. „Die Gleichstellung ist nicht nur eine gesellschaftliche, sondern auch eine wirtschaftspolitische Notwendigkeit.“

Von nix kommt nix Chancengleichheit am Arbeitsmarkt heißt auch, dass Frauen die wirtschaftliche und politische Mitbestimmung ermöglicht werden muss. „Mit Freiwilligkeit allein kommen wir nicht weiter, wir brauchen verbindliche Regeln“, forderte Ruprecht. Frauen sind aufgrund ihrer Qualifikation bestens für Entscheidungspositionen geeignet, und haben dazu ein anderes Risikoverhalten als Männer. „Studien belegen, dass jene Firmen den Crash am besten überstanden haben, deren Führungsetagen weiblicher waren“, bekräftigte sie. Um die männliche Dominanz in Führungsetagen zu brechen, forderte Ruprecht erneut eine verpflichtende Frauenquote in Aufsichtsräten.


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BILDUNG

Bildung: So geht‘s weiter

Mehr Urlaub für alle:

Lehre als Überholspur

6 Wochen

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ÖGB will flächendeckendes Angebot für Lehre mit Matura.

© ÖGB/Trabi

7400. Montagnachmittag, 17 Uhr 15 – während viele Berufstätige und SchülerInnen bereits auf dem Weg in den Feierabend sind, füllt sich der Innenhof der Berufsschule in der Hütteldorfer Straße in Wien 15 mit Jugendlichen. Gruppen von SchülerInnen stehen im Pausenhof des Schulgebäudes, unterhalten sich, vergleichen Unterlagen, während andere sich eilig auf den Weg zu den in Kürze beginnenden Kursen machen. Gelernt wird hier für die „Lehre mit Matura“; österreichweit nehmen mittlerweile mehr als 7.400 Personen teil.

Abend-Unterricht

Lehre mit Matura ist ein Erfolgsmodell – und muss ausgeweitet werden.

Darunter auch die 19-jährige Nicole Hiebel. Die angehende Speditionskauffrau steht kurz vor dem Lehrabschluss und absolviert die Abendkurse seit vorigem Jahr, um im Rahmen ihrer Lehrausbildung auch die Reifeprüfung abzulegen. „Weil ich auch noch für den Lehrabschluss lerne, bekommen mich meine Freunde im Moment eigentlich gar nicht zu sehen“, erklärt die gebürtige Niederösterreicherin. Neben dem Vollzeitjob bei der Spedition WienCont steht an drei Abenden pro Woche Unterricht auf dem Programm. Die Wochenenden sind für Lernen und Haus-

übungen reserviert. „Wenn ich mit der Matura fertig bin, wird mir sicher fad“, glaubt Nicole. „Aber andererseits – dann will ich ja eh mit dem Studium anfangen.“ Transport- und Logistikmanagement will sie studieren – und später eine eigene Spedition gründen. Ehrgeizige Pläne hat auch Markus Tilg. Der 21-Jährige kam aus Tirol nach Wien, um bei den ÖBB eine Ausbildung zum Mechatroniker zu absolvieren – den Lehrabschluss hat er bereits in der Tasche. Weil er diesen mit Auszeichnung bestanden hat, ist er zum Mechatronik-Studi-

Lehrlinge übrigens kostenlos: Die rund 6.000 Euro, die ein Ausbildungsplatz kostet, werden vom Unterrichtsministerium übernommen. Auch die Sozialpartner unterstützen das Projekt. Der ÖGB setzt sich in seiner aktuellen Bildungskampagne für ein flächendeckendes Angebot der Lehre mit Matura ein. Die Chancen stehen gut: Unterrichtsministerin Schmied spricht von einem „absoluten Erfolgsmodell“, eine Ausweitung und Fortführung sei vorgesehen.

um an der FH schon zugelassen. Die Matura will er aber trotzdem noch machen: „Deutsch, Mathe, Medieninformatik – ich lerne die Sachen halt gerne“, erklärt er. Auch bei ihm ist die Freizeit neben Job und Ausbildung knapp. „Nach der Arbeit gehe ich aber immer noch schnell joggen, dann unter die Dusche und ab zum Kurs“, erzählt er. Nach Abschluss seiner Ausbildung würde der Mechatroniker gerne Industrieroboter programmieren – vorzugsweise in der Automobilbranche. Die Maturakurse sind für die

Michaela Hubweber

Pensionskassen:

Jugend: Rechte und Pflichten

Arbeiten in den Ferien Welche Bestimmungen gelten bei Ferienjobs und Praktika – informier dich am 28. Juni. Sommerzeit bedeutet nicht immer nur Ferienzeit. Viele SchülerInnen und StudentInnen arbeiten im Sommer. Manche einfach nur, um ihr Taschengeld aufzubessern, andere nicht ganz so freiwillig, sondern weil ihr Studienplan oder Lehrplan ein Pflichtpraktikum vorsieht.

nur gearbeitet wird, sondern auch ausgebildet. Geht jemand einem Ferienjob als ganz „normaler/normale“ ArbeitnehmerIn nach, ist das Dienstverhältnis befristet und nicht einfach kündbar. Zusätzlich besteht Anspruch auf anteilsmäßiges Urlaubs- und Weihnachtsgeld sowie Überstundenauszahlung.

Ferienjob oder Praktikum Geld zurück! Wer einem Ferialjob nachgeht, bekommt Geld vom Finanzamt zurück. Das liegt daran, dass beim Ferienjob in der Regel Lohnsteuer abgezogen wird.

Infoabend © GPA

Ferialarbeit wird in den unterschiedlichsten Formen angeboten. Besonders wichtig für junge ArbeitnehmerInnen ist es, über ihre Rechte und Pflichten Bescheid zu wissen. Denn leider nutzen immer noch manche ArbeitgeberInnen die Unwissenheit junger ArbeitnehmerInnen aus und verweigern ihnen die zustehenden Rechte oder die gerechte Bezahlung. Es gibt jedoch Regelungen und Bestimmungen, die für Arbeitszeit und Bezahlung „normaler“

Der Urlaubsanspruch wird oft als Selbstverständlichkeit empfunden. Bezahlter Urlaub ist einfach nicht mehr wegzudenken – wie auch das Weihnachtsgeld. Dabei wird vergessen, dass die Gewerkschaften oft in mühsamen Verhandlungen mit Arbeitgebern und Politik den Urlaubsanspruch erst durchsetzen müssen. Derzeit gibt es sechs Wochen Urlaub für ArbeitnehmerInnen, die sehr lange bei demselben Arbeitgeber beschäftigt sind. Aufgrund des Wandels in der Arbeitswelt mit kurzfristigen und wechselnden Jobs erreichen immer weniger Beschäftigte diesen Anspruch. Deshalb ist diese Regelung nicht mehr zeitgemäß. Die GPA-djp ist der Meinung, dass viel mehr Beschäftigte den Anspruch auf sechs Wochen Urlaub erreichen sollten. Außerdem setzt sich die GPA-djp dafür ein, dass auch freie DienstnehmerInnen endlich Anspruch auf Urlaub haben. Mehr Infos unter: www.gpa-djp.at

Ferienjobs und Pflichtpraktika gelten. SchülerInnen und StudentInnen sind also keineswegs den ArbeitgeberInnen schutzlos ausgeliefert.

Unterschiede Wer ein Pflichtpraktikum benötigt, ist PraktikantIn und wird meist niedriger bezahlt – weil in diesem Fall nicht

Am 28. Juni informiert die Österreichische Gewerkschaftsjugend in der ÖGB-Zentrale in Wien über alles Wissenswerte rund um Ferienjobs und Praktika. Lass dich nicht an der Nase herumführen und informier dich. Siehe auch Seite 1.

Gejammer Mitte Juni präsentierten die Pensionskassen eine Umfrage über die Einstellung junger Menschen zum staatlichen Pensionssystem. Wenig verwunderlich, dass laut dieser Umfrage die Jugend kaum mehr darauf vertraut, einmal anständige Pensionen zu bekommen. „Das ewige Krankjammern des öffentlichen Pensionssystems, das unter anderem auch von den Pensionskassen betrieben wird, hat natürlich irgendwann Auswirkungen auf die Meinung der jungen Menschen“, sagt Bernhard Achitz, Leitender Sekretär des ÖGB, und kritisiert „Geschäftemacherei, die auf Kosten des Vertrauens in die Altersversorgung“ gehe. Zusätzliche Steuerzuckerl für die private Vorsorge lehnt der ÖGB ab: „Staatliche Mittel müssen in die Absicherung des gesetzlichen Pensionssystems fließen. Nur dieses bringt soziale Gerechtigkeit, und auch eine Mindestpension gibt es nur im öffentlichen System.


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ARBEITSWELT

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Social Media: Klare Regeln für Beschäftigte

Facebook im Büro Wie viel Privat ist im Job erlaubt? Auftrag gegeben wurde. Eva Angerler, Expertin in der Abteilung für Arbeit und Technik in der GPA-djp erklärt die gesetzlichen Regelungen: „Der Arbeitgeber kann die Privatnutzung von Telekommunikationsmittel am Arbeitsplatz einschränken. Es muss aber ein geringfügiger Gebrauch erlaubt sein, den ArbeitnehmerInnen muss immer noch ein gewisser Mindeststandard

an Kontaktaufnahme möglich sein.“

Maßvoll nutzen Wenn die Arbeitsleistung passt, wird eine private Nutzung in Maßen auch kein Problem sein. Eine strenge Trennung ist häufig gar nicht möglich, Beruf und Privat gehen fließend ineinander über. Ein Teil der Arbeitgeber reagiert darauf mit strengen technischen Kon-

© ÖGB

Arbeitsrecht. Rund 70 Prozent der Beschäftigten ist die private Nutzung von E-Mail, Internet oder Telefon erlaubt oder wird zumindest geduldet, während in 20 Prozent der Betriebe die Privatnutzung der Telekommunikationsmedien dezidiert verboten ist. Das ergab eine Studie über den Datenschutz in der Arbeitswelt, die von der AK Wien und den Fachgewerkschaften des ÖGB in

Facebook im Büro: In vielen Firmen unterschiedlich geregelt. Im Zweifel Betriebsrat fragen.

trollen. Dazu Angerler: „Dafür gibt es eine klare gesetzliche Regelung. Der Arbeitgeber darf personenbezogene Daten ohne einer Betriebsvereinbarung nicht kontrollieren.“

Datenschutz Die Studie zeigt, dass in diesem Bereich aber noch großer Informationsbedarf besteht, denn bei nicht einmal der Hälfte der Videoüberwachungen besteht eine Betriebsvereinbarung. Die GPA-djp hat für den Herbst Veranstaltungen zur Europäischen Datenschutzrichtlinie geplant.

Studie zur Nutzung Die Studie „Verwendung personenbezogener Daten und Grenzen betrieblicher Mitbestimmung – Datenschutz in der Arbeitswelt“ wurde Anfang 2009 von der FORBA (Forschungs- und Beratungsstelle Arbeitswelt) durchgeführt und wird Anfang Juli in der AKSchriftenreihe SPID (Sozialpolitik in Diskussion) veröffentlicht. Es nahmen über 1.200 BetriebsrätInnen/PersonalvertreterInnen sowie ArbeitnehmerInnen teil. Sabrina Kainrad

Nur den angekratzten Stolz können wir nicht reparieren.

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TIPP Viele Firmen regeln die Nutzung von Facebook und Co. bereits in Handbüchern oder in Betriebsvereinbarungen. Wenn allgemeine Computer zur Verfügung stehen, zum Beispiel in Sozialräumen, in Werkshallen abseits von Einzelarbeitsplätzen, ist besondere Sensibilität angesagt. Der oder die nächste NutzerIn kann vorher angesurfte Internetseiten, und je nach Einstellung des Computers auch Passwörter, noch sehen. Im Zweifel gilt wie immer: Betriebsrat fragen.


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ARBEITSWELT

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Löhne, Einstufungen, Bildungsabschlüsse – das und mehr sind Fragen rund um die Arbeitsmarktöffnung.

Festival 2011:

© ÖGB/Walter Schreiner (3)

See-Rock

Arbeitsmarktöffnung: Viele Fragen

Fit für die Zukunft Der Beratungstag der AK Niederösterreich hat keine Fragen unbeantwortet gelassen. Akos Tutuntzisz lebt in der ungarischen Stadt Sopron, nahe der österreichischen Grenze. Der gelernte Forsttechniker hat sich vor einigen Jahren zum Sozialpädagogen ausbilden lassen. „Da mein Deutsch nicht gut genug ist, will ich in Österreich für eine Gartenbaufirma arbeiten“, erzählt Tutuntzisz. Der Ungar ist zum Beratungstag für ArbeitnehmerInnen aus den neuen EU-Ländern in Wiener Neustadt angereist, um sich über die Arbeitsbedingungen in Österreich zu informieren. Seit 1. Mai dürfen EU-Bürger aus den Ländern Estland, Lettland, Litauen, Polen, Slowakei, Slowenien, Tschechien und Ungarn in Österreich arbeiten.

Gute Gewerkschaften Für Akos Tutuntzisz würde sich das Pendeln im Umkreis von 30 Kilometern oder bis nach Wien auszahlen. „Derzeit bekommt ein Sozialpädagoge in Ungarn weniger als 400 Euro im Monat“, erklärt Tutuntzisz und lässt sich vom Berater der AK Niederösterreich, Erich Hirschhofer, vorrechnen, wie viel ihm von einem Bruttogehalt in Österreich netto übrig bleibt. Auch über den Zeitarbeitskol-

lektivvertrag wird der Sozialpädagoge aufgeklärt, denn vielen Ungarn ist das Kollektivlohnmodell nicht geläufig. „Viele Ungarn wissen sehr wohl, dass in Österreich sehr gute Gewerkschaftsarbeit geleistet wird und es einen Mindestlohn gibt. Die gewerkschaftliche Arbeit hat in Österreich einen hohen Standard geschaffen, besonders im Vergleich zu den ehemaligen Ostblockländern“, erklärt Erich Hirschhofer, der seit 19 Jahren als AK-Berater in Wiener Neustadt tätig ist.

Knapp ein Monat nach der Arbeitsmarktöffnung ist der Informationsbedarf bei Beschäftigten beiderseits der Grenzen groß, die AK informierte.

gewinnspiel

Sport & Action:

Jugend

Mindestlohn muss sein Thomas Kaindl, Leiter der AK in Wiener Neustadt: „Im Lohnund Sozialdumpinggesetz ist festgelegt, dass jeder Arbeitnehmer, der in Österreich arbeitet, zumindest den Mindestlohn bekommen muss.“ Kein Unternehmer darf weniger zahlen als in den Kollektivverträgen vorgesehen ist – wer sich nicht daran hält, muss hohe Strafen zahlen. Der Kollektivvertrag regelt u. a. auch die Zahlung von Überstunden, Anspruch auf Weihnachtsgeld und Urlaubsremuneration. Vermehrt kommen Hilfesuchende in die Beratung, um den Inhalt ihres freien

Der Sommer 2011 steht ganz im Zeichen des SeeRock-Festivals in der Steiermark. Bryan Adams, Joe Cocker, Sting, The Eagles, Roxette & Co. – die Superstars der Musikszene sorgen beim Schwarzl Freizeitzentrum für das Mega-Spektakel in der schönsten OpenAir-Arena des Landes. Genießen Sie die Weltstars live und hautnah – und verbinden Sie den Konzertbesuch auch gleich mit einem Tag voller Action, Spaß und Erholung rund um den traumhaften Badesee im Schwarzl Freizeitzentrum. Denn: Jedes See-Rock-Ticket gilt auch am Tag des jeweiligen Konzerts und zwei Tage danach als Gratis-Karte für den Badesee. ÖGB-Mitglieder erhalten auf alle See-Rock-Konzerte minus 20 Prozent über die ÖGB Kartenstelle. (ticketservice@oegb.at oder 01/534 44-39681 oder 39679 DW) www.oegb.at

Dienstvertrages von der Arbeiterkammer überprüfen zu lassen. Doch oft stellt sich heraus, dass diese Verträge ein echtes Dienstverhältnis sind. „Nicht die Überschrift zählt, sondern der Inhalt und die Tätigkeit. Besonders im Dienstleistungsgewerbe, in Callcentern und im Pflegebereich erleben wir das

häufig“, berichtet Hirschhofer. Akos Tutuntzisz ist gut beraten, hofft nun auf einen Lohn, von dem er und seine Familie leben können und freut sich auf die Zukunft: „Die österreichischen Wälder kenne ich schon sehr gut, aber nicht die Städte.“ Christian Resei

Winnetou wartet!

ÖGB-Mitglieder können sich auch heuer wieder über ermäßigte Preise bei den Winnetou-Festspielen in Winzendorf freuen. Von 30. Juli bis 28. August 2011, jeweils Freitag, Samstag und Sonntag, außerdem am Montag, 15. August. Heuer wird der Klassiker „Winnetou I“ gespielt, der die Begegnung zwischen Winnetou und Old Shatterhand erzählt. Infos: www.winwi.at. LeserInnen der Solidarität können außerdem am Gewinnspiel teilnehmen: Wir verlosen dreimal zwei Karten für Erwachsene plus Kind(er). „Wie heißt Winnetous Blutsbruder?“ Senden Sie die richtige Antwort bis 23. Juli 2010 (Poststempel), Kennwort „Winzendorf“ an Solidarität, 1020 Wien, Johann-Böhm-Platz 1, oder E-Mail an soli@oegb.at

Am 30. Juni 2011 findet der jährliche Jugendsporttag der Österreichischen Gewerkschaftsjugend (ÖGJ) statt. Jede Menge Sport, Spaß und Action sind garantiert, wenn mehrere Tausend Lehrlinge, SchülerInnen und interessierte Jugendliche in den verschiedensten Disziplinen gegeneinander antreten. Zu den sportlichen Highlights zählen heuer ein Fußballturnier, American Football, Beachvolleyball, Slacklinen oder Speed Stacking – für alle ist etwas dabei. Teilnehmen können alle sportlich Interessierten, die Anmeldung erfolgt direkt vor Ort ab 8.00 Uhr. Bei Absolvierung von mindestens fünf Stationen stellt die ÖGJ ab 15.30 Uhr gegen Abgabe der Teilnahmepässe Besuchsbestätigungen aus, wenn diese zur Vorlage im Betrieb oder in der Schule benötigt werden. Die Teilnahme ist kostenlos! 46. Jugendsporttag: 30. Juni 2011 von 8.00 bis 16.00 Uhr Sportzentrum WAT Hopsagasse 5, 1200 Wien Mehr Infos: www.jugendsporttag.at


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Solidarität

RECHT

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Bio heißt nicht immer nett

Nicht sehr sozial GPA-djp fordert vom Biomarkt Maran Rücknahme von Kündigungen. terstützung der Gewerkschaft GPA-djp, und als die Gewerkschaft intervenierte, wurde sie kurzerhand gekündigt.

Kein Einzelfall „So nicht“, kommentiert Barbara Teiber, Regionalgeschäftsführerin der GPA-djp Wien, das Vorgehen des Unternehmens. „Offensichtlich ist Frau Fleischer kein Einzelfall, BioMaran scheint Zuschläge sys-

© ÖGB

niedrigen Zuschlägen abgegolten. Darüber hinaus wurde sie von einer Mitarbeiterin nach Arbeitsende, als sie die Filiale bereits verlassen hatte, auf offener Straße aufgefordert, sich einer Taschenkontrolle zu unterziehen, was eindeutig rechtswidrig ist. Diese drei Missstände hat die Arbeitnehmerin bei ihren Vorgesetzten und bei der Geschäftsführung geltend gemacht. Sie suchte auch die Un-

Firmenphilosophie auch im Umgang mit den eigenen Angestellten ernst nehmen.

© GPA

Unbezahlt. Sandra Fleischer arbeitete ein Jahr im Biomarkt Maran, der „Verantwortung, Lebensfreude und Nachhaltigkeit“ in die Firmenphilosophie schreibt. Im Lauf der Zeit stellte sie fest, dass Arbeitsleistungen außerhalb der Öffnungszeiten der Filiale, über 30 Minuten hinausgehend, nicht bezahlt wurden. Auch Arbeitsleistungen während der erweiterten Öffnungszeiten wurden mit zu

Barbara Teiber, GPA-djp Wien

tematisch nicht an Beschäftigte auszubezahlen, und wer sich wehrt wird gekündigt. Wir überprüfen jetzt ganz genau die Vorgänge im Unternehmen“, kündigt Teiber an. Einen Betriebsrat gibt es dort übrigens auch keinen. Teiber: „Nachhaltigkeit sollte bei den eigenen Beschäftigten anfangen.“

Falsch eingestuft Die angekündigte Überprüfung der Gewerkschaft GPAdjp fand bereits statt: „Aus unserer Sicht sind die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen an den Kassen falsch eingestuft“, kündigt die Gewerkschafterin an, auch dieser Sache genau nachzugehen. Sandra Fleischer ist derzeit arbeitslos und wartet die nächste Runde vor Gericht im August 2011 ab. Vor Gericht landete inzwischen auch die Klage einer weiteren ehemaligen Beschäftigten von Bio Maran. Hermann Wackerle

TIPP Für die Überprüfung der Abrechnungen stehen die ExpertInnen der GPA-djp Wien ihren Mitgliedern selbstverständlich gerne zur Verfügung, Telefonnummer 05 03 01-21000


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Solidarität

ARBEITSWELT

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Tunnelbau: Gewerkschaft vereinbarte eigene Regelungen

Arbeiten im Berg Gute Rahmenbedingungen für Bauarbeiter im Brennerbasistunnel. Es war ein jahrelanges Hin und Her bis sich die heimische Politik über den Bau des Brenner-Basistunnels geeinigt hatte. Für die Umsetzung des Jahrhundertprojekts sind nun Menschen zuständig, die sich unter extremen Bedingungen die 55 Kilometer lange Röhre von Innsbruck-Franzensfeste entlang bohren. Seit 15. Juli 2010 sind die Arbeiten im vollen Gange. Mit drei bis vier Sprengungen pro Tag arbeiten sich die Bauarbeiter Meter für Meter in den Berg hinein. Die Bauarbeiter – hier im Tunnel sind ausschließlich Männer beschäftigt – räumen den Bauschutt mit mammutgroßen Maschinen an die Tunneloberfläche, während die Erde durch die Sprengbohrungen erzittert. Das Motto „Maschine vor Mensch“ gehört ebenso zum Alltag der Beschäftigten wie die Sprengschwaden (Bojan), die sich ohne Schutzausrüstung schon nach wenigen Minuten in den Atemwegen bemerkbar machen würden. Für diese harte Arbeit unter schwierigen

Lebensqualität © Beobachtungsstelle für Umwelt- und Arbeitsschutz zum Bau des Brenner Basistunnels (BUAS)

Maschine vor Mensch

Bauarbeiter, egal ob sie auf der italienischen oder österreichischen Seite arbeiten, bei der österreichischen Urlaubskasse gemeldet bleiben. Sie wohnen außerdem in Wohnheimen und Gasthöfen und nicht wie bei Großbaustellen oft üblich in Containern.

Die Arbeit im Berg ist schwierig und gefährlich – die Gewerkschaft sorgt für gute Rahmenbedingungen.

und gefährlichen Rahmenbedingungen hat die Gewerkschaft Bau-Holz (GBH) vor Baubeginn einen eigenen Kollektivvertrag vereinbart. Der

Dekaden- und Zusatzkollektivvertrag für BrennerbasistunnelArbeiter sorgt unter anderem dafür, dass die bei österreichischen Firmen beschäftigten

„Das garantiert Lebensqualität“, sagt Christian Hauser, Landesgeschäftsführer der GBH in Tirol. Die Betriebsräte der Firmen PORR und STRABAG hatten vor kurzem Tiroler GewerkschafterInnen zu einem Lokalaugenschein auf die Mammutbaustelle eingeladen, ihr Besuch führte sie auch in den 780 Meter tiefen Tunnel. Die innerbetriebliche Sozialpartnerschaft funktioniert hier im Berg. „Das ist reibungslos“, sagt Christian Hauser, und kann einen kleinen Seitenhieb nicht unterdrücken: „… ganz anders als die politischen Entscheidungen zum Bau selbst.“ Insegsamt schließlich geht es hier um 1.500 Arbeitsplätze in der regionalen Baubranche. Benjamin Praxmarer

Fußball:

Starcamps Im Sommer starten die Starcamps 2011 wieder. In 36 Camps in allen Bundesländern treffen Kinder von 7–14 Jahren die Stars der Österreichischen Bundesliga. Kosten: 99 Euro. Hauptanliegen bei den Starcamps ist es, so viele Kinder und Jugendliche wie möglich für den Fußballsport zu begeistern. Außerdem soll über den Sport guter sozialer Umgang vorgelebt und Teamfähigkeit gefördert werden. Die Starcamps werden von der Gewerkschaft der Gemeindebediensteten – Kunst, Medien, Sport, freie Berufe (GdG-KMSfB) gemeinsam mit der Vereinigung der Fußballer organisiert. Termine, Orte und Anmeldemöglichkeiten zu den Kinderfußballcamps: www.starcamps.at

Ingrid Autengruber

Ausgezeichnet: Engagierte Arbeit

Betriebsrats-Awards

Erfolgreich bewerben

R a t GEBER

Der ÖGB-Oberösterreich holte BetriebsrätInnen vor den Vorhang. Engagement. Zum zweiten Mal verlieh der ÖGB Oberösterreich am 13. Mai 2011 in Linz gemeinsam mit den OÖ Nachrichten den Betriebsrats-Award, den Preis des ÖGB OÖ für Engagement in der Arbeitswelt. In fünf Kategorien – Neugründung, Widerstand, Fortschritt, Wachstum und Zivilcourage – wurden besonders engagierte und erfolgreiche BetriebsrätInnen ausgezeichnet. Erstmals verlieh der ÖGB OÖ außerdem einen Sonderpreis für „Junges Engagement“.

Buchtipp

ERFOLGREICH BEWERBEN

Betriebsratsarbeit ist oft unbedankt – der ÖGB Oberösterreich holte engagierte Menschen, die sich für andere einsetzen, vor den Vorhang.

Humane Arbeitswelt „Ich wünsche mir, dass die Betriebsratsarbeit auch in Zukunft dazu beiträgt, dass unsere Welt humaner und gerechter wird“, würdigte Bundespräsident Dr. Heinz Fischer die Bedeutung von BetriebsrätInnen in seiner Festansprache. Wie wertvoll Betriebsratsarbeit sei, beweise die Rechtsschutzstatistik der Arbeiterkammer, stellt ÖGB-Landeschef Johann Kalliauer klar: 90 Prozent der Beratungsfälle be-

Ideen, Tipps und Formulierungen für Ihre gezielte (Online-)Bewerbung

DIE GEWINNERiNNEN • Neugründung: Klaus Mayrhofer, TTI Personaldienstleistung • Widerstand: Martin Herzberger, pro mente OÖ • Fortschritt: Felix Hinterwirth, ehemals Quelle • Wachstum: Eduard Essl, Fa. Hackl • Zivilcourage: Andrea Scheuringer, Soziale Initiative • Junges Engagement: Daniel Schamberger (23), Schatzdorfer Gerätebau

treffen Unternehmen ohne Betriebsrat. „Sie sind es, die darauf schauen, dass Kollektivverträge auch eingehalten werden, sonst blieben es tote Verträge“, ergänzt ÖGB-Präsident Erich Foglar. Eine Jury, der u. a. Nationalratspräsidentin Barbara Prammer und Sozialminister Rudolf Hundstorfer angehörten, wählte aus 31 Nominierten die PreisträgerInnen aus. Fotos von der Preisverleihung: www.flickr.com/photos/oegbooe oder www.facebook.com/oegbooe

Das Buch unterstützt bei der Jobsuche durch optimale Vorbereitung. Fragebögen und Checklisten verhelfen dazu, die persönlichen Chancen zu erkennen und Argumente für die Bewerbung zu entwickeln. Formulierungsvorschläge erleichtern die Umsetzung in die Praxis. Darüber hinaus erfahren Sie Wissenswertes zu E-Mailund Internetbewerbung und Onlinebörsen. Weitere Informationen und Bestellmöglichkeiten: www.oegbverlag.at


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Solidarität

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SERIE

Mahlzeit: Slowenien

Der Strudel aus dem Wasser Štruklji werden gekocht, nicht gebacken, und das Salz kommt aus dem Meer und nicht aus dem Fels. Dieser Strudel darf ein bisschen grau aussehen, denn er wurde aus gesundem und glutenfreiem Buchweizenmehl gebacken, pardon, gekocht.

© ÖGB

Die österreichischen Grenzen sind seit 1. Mai für slowenische Arbeitskräfte offen, die slowenischen Grenzen seit Jahrhunderten für österreichische Rezepte. Und ungarische. Und kroatische. Und italienische. Letztere finden sich mitsamt Fischen, Prosecco und Capuccino vor allem an der nur knapp 46 Kilometer langen Adriaküste, die lange auch italienisch besiedelt war und zweisprachig; entsprechende Ortstafeln sind kein Problem, sondern weit verbreitet. Die slowenische Prosciutto-Variante aus dem Karst über Triest heißt pršut. Die Polenta, oder österreichisch der Sterz, wird häufig aus Buchweizenmehl gerührt. Buchweizen zählt ganz offiziell zu den Pseudogetreiden und ist für Menschen verträglich, die keine Gluten essen dürfen oder wollen. Und für Bienen, die ihn wegen des hohen Zuckergehalts schätzen. Aus dem Mehl der Buchweizensamen machen die Slowenen štruklji, Strudel, die nicht gebacken, sondern gekocht werden. Ein

Arme-Leute-Essen, mittlerweile aber auch auf Speisekarten sogenannter gehobener Lokale zu finden. Für den Teig werden ein Liter kochendes, leicht gesalzenes Wasser mit ebenso viel von dem gräulichen Buchweizenmehl und 10 Deka weißem Mehl verrührt. Den Teig einen halben Zentimeter dick auswalken, die Fülle darauf verteilen, einrollen, mit einem feuchten, mit Mehl bestäubten Geschirrtuch fest

einwickeln und gut zubinden. Kochen, bis die štruklji oben schwimmen, und in Scheiben schneiden – ohne Tuch. Mit Butterbrösel servieren. Fehlt noch die Fülle. Ihre Zusammensetzung hängt nicht unwesentlich davon ab, ob der Strudel als Vor-, Haupt- oder Nachspeise verspeist werden soll – oder als Beilage. Die süße Variante könnte zum Beispiel aus Walnüssen, Butter, Honig bestehen. Oder aus Top-

fen mit Zitronenschale und in Rum eingelegten Rosinen. Salzige Möglichkeiten sind Faschiertes, Pilze oder Grammelschmalz. Oder pehtran, zu deutsch Estragon, gehackt, mit Cottage Cheese, Salz, Pfeffer und ein bisschen Zucker vermischt. Oder ganz anders, der Teig ist da ganz flexibel. Das Salz könnte, seit mehr als 700 Jahren, aus den Salinen von Piran kommen. Bis heute wird es hier, direkt an der Gren-

SCHÖN, DASS ES EINE BANK GIBT, DIE MITTEN IM LEBEN STEHT.

Der Zweite unten links, das ist der Ludwig, auch Wiggerl genannt. Der findet es ganz angenehm, dass er auch beim Training mit Geldfragen zum Hannes kommen kann. Denn der Hannes (Dritter von links hinten) ist nicht nur als Stürmer begnadet, sondern auch als BAWAG P.S.K. Berater. Mitten im Leben. www.mitten-im-leben.at

ze zu Kroatien, in Handarbeit aus Meerwasserbecken gewonnen, in denen eine Schicht aus Algen verhindert, dass sich das Salz mit Schlamm vermischt. Falls jemand, der sich nicht fürs Essen interessiert, bis hierher gelesen hat: Die Salinen betreiben auch einen Naturpark und haben eine eigene Kosmetiklinie. www.soline.si Florian Kräftner


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Solidarität

EU & INTERNATIONAL

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TeepflückerInnen: Tageslohn 2 Euro

Darjeeling Limited? Der „Champagner“ in den Teetassen.

© ÖGB Verlag

Passionierte TeetrinkerInnen freuen sich gegen Ende März auf Tee aus Darjeeling. Dieser Tee ist der Erste des Jahres, wird First Flush genannt und hat einen ungewöhnlichen Geschmack, den nur IgnorantInnen mit Milch oder Zitronensaft verfälschen würden. Es handelt sich sozusagen um Champagner in Tassen.

Großbritannien:

Viele Reiche Britische Superreiche haben sich von der Wirtschaftskrise erholt und häufen wieder mehr Vermögen an: Insgesamt gibt es im Vereinigten Königreich 73 Milliardäre. Vergangenes Jahr waren es 53. Angeführt wird die Liste von Industriellen: Platz eins gehört dem Stahl-Magnaten Lakshmi Mittal. Grundlage für die Berechnung sind erkennbare Besitztümer wie Immobilien, Kunstschätze oder Anteile an Firmen, Bankkonten werden nicht mit eingerechnet. Auch Österreich wird reicher – zumindest manche: Die Zahl der MillionärInnen ist 2010 gegenüber 2009 um 7,2 Prozent gestiegen, 73.900 Personen gehören nun zu diesem Kreis. Die meisten davon sind in Wien und Niederösterreich.

Ausgebeutet Wenn man sich allerdings die Sache genauer ansieht, dann ist nicht alles koscher mit diesem Tee. Abgesehen davon, dass es sich um einen Flugtee handelt und damit der individuelle „Kohlenstoff-Fußabdruck“ erheblich vergrößert wird, kann man davon ausgehen, dass dieser Tee bei den großen und gängigen TeehändlerInnen unter ausbeuterischen Verhältnissen geerntet wird.

Streik um Lohnerhöhung Heuer haben die Teepflücker für eine Lohnerhöhung gestreikt, die zu einer Welle der Empörung unter den TeehändlerInnen und den TeefanatikerInnen geführt hat, da sich diese

Teeproduktion ist oft doppelt ausbeuterisch: für die ArbeitnehmerInnen und für die Umwelt. Verzögerte Lieferungen wegen eines Streiks um 2 Euro Tageslohn sollte in Europa niemanden aufregen – im Gegenteil.

dadurch um den heiß ersehnten First Flush gebracht sahen. Bei dem Streik, nur um hier die Relationen aufzuzeigen, geht es darum, den Tageslohn der PflückerInnen – die meisten von ihnen sind GastarbeiterInnen aus Nepal – von einem Euro auf zwei Euro zu verdoppeln. Sich deswegen hierzulande über Lie-

ferverzögerungen aufzuregen hat etwas Degoutantes.

Guter Tee und gutes Gewissen Wer allerdings einen Tee trinken möchte, der ebenso gut schmeckt, dessen Genuss aber nicht das Gewissen belastet, sollte sich an EZA DritteWelt-Läden halten: Dort wer-

den auch Tees aus Darjeeling angeboten, aber die Menschen nicht ausgebeutet. Die PflückerInnen sind gewerkschaftlich organisiert, haben ein Recht auf Schulbildung, die vom Betrieb bezahlt wird, ebenso wie Krankenversicherung und Pension. Thomas Varkonyi

EGB-Kongress: Programm, Wahl, Diskussionen

Aus der Sackgasse

gewinnspiel

Löhne sind der Motor der Wirtschaft, nicht deren Feind.

Athener Manifest In seinem neuen Arbeitsprogramm, dem „Athener Manifest“, fordert der EGB einen „New Deal“ für Europas Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit nachhaltiger Beschäftigung und einem sozial abgesicherten Wachstumsmo-

Junge Musik

© ÖGB /Walter Schreiner

Der Europäische Gewerkschaftsbund (EGB) setzte bei seinem Kongress in Athen ein klares Signal an die europäischen Staats- und Regierungschefs: Der EGB wird für eine EUWirtschaftsregierung kämpfen, die den Interessen der europäischen Bevölkerung und nicht den Interessen der Finanzmärkte dient. Die Pläne der EU-Kommission zielen auf deutliche Angriffe auf die Löhne und Sozialsysteme sowie die Schwächung von Gewerkschaftsrechten ab. „Die EU-Kommission ist in der Sackgasse. Ohne Investitionsund Wachstumsprogramme wird Europa nicht aus der Krise herausfinden“, betonte ÖGB-Präsident Erich Foglar am Kongress.

Der EGB-Kongress fand von 16. bis 19. Mai 2011 in Athen statt, der ÖGB war dabei auch vertreten, im Bild Frauenvorsitzende Ruprecht.

dell. Steigende Kaufkraft soll durch faire Löhne und nachhaltige Investitionen erreicht werden. „Nur wer investiert, kann auch etwas ernten“, sagt ÖGB-Präsident Foglar. Weiters verlangt der EGB effiziente und strenge Regeln für die Finanzmärkte und die RatingAgenturen sowie eine Steuer auf Finanztransaktionen. Eine neue Wirtschaftskrise sei sonst

programmiert, so der EGB. Mit der Französin Bernadette Ségol steht erstmals eine Frau an der Spitze des EGB. Sie wurde mit 92,8 Prozent der gültigen Stimmen zur neuen EGB-Generalsekretärin gewählt. Neuer EGB-Präsident ist Ignacio Fernández Toxo. Der ÖGB ist weiterhin als einer von 21 Mitgliedsbünden im EGB-Präsidium vertreten.

» Die Europäische Kommission ist in der Sackgasse. Wir brauchen Investitionen und Wachstumsprogramme.« ÖGB-Präsident Erich Foglar

Aktionstag Ein europaweiter Aktionstag am 21. Juni soll den EGBForderungen Nachdruck verleihen, Schwerpunkt ist eine Demonstration in Luxemburg, auch der ÖGB ist dabei. Mehr Info: www.oegb-eu.at und www.oegb.at

Das EUROPEAN UNION YOUTH ORCHESTRA (EUYO) führt Jahr für Jahr die besten Nachwuchsmusiker aus allen 27 EU-Ländern zusammen. Als junger und dynamischer Klangkörper hat das EUYO das Grafenegger Publikum in den vergangenen beiden Jahren zu Begeisterungsstürmen hingerissen.

„Was isst man gerne im EU-Land Slowenien?“ Die Solidarität verlost 5-mal 2 Karten. European Union Youth Orchestra, van Zweden, Sa. 6. August 2011, 20.00 Uhr Wolkenturm Open Air-Bühne, Grafenegg. Beantworten Sie die Frage und senden Sie sie bis 23. Juli 2010 (Poststempel), Kennwort „Junge Musik“ an Solidarität, 1020 Wien, Johann-Böhm-Platz 1, oder E-Mail an soli@oegb.at


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Solidarität

MAGA ZIN/MEINUNG

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Viel Geld Der Wert der ÖIAG-Beteiligungen ist im vergangenen Jahr auf rund fünf Milliarden Euro gestiegen. Ende Mai 2011 wurden vom Aufsichtsrat der ÖIAG 190 Mio. Euro AusschüttungenandieRepublikÖsterreich beschlossen. Seit dem Jahr 2003 kamen insgesamt zwei Milliarden Euro durch Dividendenzahlungen ins Budget – viel Geld, das für wichtige Investitionen und Leistungen gebraucht wird.

Wenig Geld

Illustration: Markus Szyszkowitz

Verkauft man die Unternehmen, um die Schulden zu verringern, so Privatisierungsbefürworter, dann müssten wir auch weniger Zinsen zurückzahlen. Einen Verkaufserlös hätten wir aber nur ein einziges Mal, nur einen geringen Teil der Schulden könnten wir zurückzahlen. Die Zinsen, die wir uns ersparen würden (254 Mio. Euro), liegen langfristig unter dem, was wir Jahr für Jahr an Dividenden einnehmen – ein Verlustgeschäft.

Stark: Bernadette Ségol, Generalsekretärin des Europäischen Gewerkschaftsbundes (EGB)

Zeit für das Europa des EGB Der EGB setzte beim Kongress in Athen ein starkes Zeichen für ein soziales Europa.

Sozialer Dialog Wir müssen auch einen Blick auf die Rolle der Gewerkschaften in Europa werfen. Unsere Aufgabe ist es, dass Europa für die ArbeitnehmerInnen funktioniert, und der soziale Dialog ist ein wichtiges Element im sozialen Modell der EU. In letzter Zeit hat die EU viele Bürgerinnen und Bürger auf eine strenge Diät gesetzt: Kürzungen bei Löhnen, Kürzungen bei öffentlichen Dienstleistungen, Schwächung der Kollektivvertragsverhand-

lungen sind die Bestellungen des Tages. Wir haben gesagt, wir sagen, und wir werden sagen: NEIN zu diesem Sparzwang. Er ist unfair, er ist zerstörerisch, und er ist falsch.

»Gute Löhne sind nicht der Feind des Wachstums in Europa, sondern deren Motor.« Bernadette Ségol

Betrügereien Es ist unfair, von ArbeitnehmerInnen zu verlangen, für die Betrügereien mancher Regierungen zu bezahlen, die Berechnungen manipuliert haben. Es ist unfair, die Banken mit Milliarden zu retten und den ArbeitnehmerInnen die Rechnung zu überlassen. Es ist zerstörerisch, weil es die Grundlage für unser Sozialmodell, das auf sozialem Schutz, öffentlichen Dienstleistungen, sozialem Dialog und Kollektivvertragsverhandlungen beruht, auf eine harte Probe stellt. Und es ist falsch: Es funktioniert nicht, schauen wir nach Griechenland: Haben die Kürzungen in diesem Land funktioniert? Nein!

© EGB

„Es ist Zeit für die Vision des EGB von Europa. Für die Vision und für die Aktionen. Der EGB befürwortet die Europäische Integration, sie hat ein neues Zeitalter eröffnet. Manche Menschen, manche Länder scheinen aber zu nationalen Lösungen zurückkehren zu wollen. Wir wollen das aber nicht. Wir haben nicht auf Rückwärtsgang geschaltet – wir bewegen uns vorwärts. Wir sind für Europa – aber wir sind auch kritisch. Wir sind für ein Europa, das in seinen Institutionen und im Rahmen der Demokratie funktioniert.

Der Kongress des Europäischen Gewerkschaftsbundes (EGB) fand bewusst in Griechenland statt, als Zeichen der Solidarität. Im Bild Bernadette Ségol, die neue Generalsekretärin.

Faire Regeln für alle Unser Standpunkt ist klar: Löhne sind nicht der Feind von Wachstum, sondern ihr Motor. ArbeitnehmerInnen können sich in der gesamten EU bewegen und überall arbeiten. Wir begrüßen das, aber es gibt eine Bedingung: Es muss faire Regeln geben, faire Bedingungen, alle ArbeitnehmerInnen müssen gleich behandelt werden. Die nationalen Bedingungen, die

regionalen oder in den Firmen bestehenden Mindestlöhne müssen gelten – für alle. Die sozialen Grundrechte müssen vor den wirtschaftlichen Freiheiten Vorrang haben. Der EGB wird dieses Prinzip niemals aufgeben. Der Text bringt Auszüge aus der Rede von Bernadette Ségol nach ihrer Wahl in Athen. Weitere Informationen zum EGB-Kongress auf Seite 11 dieser Ausgabe und unter: www.etuc.org


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