Innovationsbericht sozial

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# innovations bericht_ sozial Impulse für Österreichs Weg zur Verantwortungsgesellschaft

Herausgegeben von der Politischen Akademie der ÖVP



edition noir


ISBN 978-3-9504138-6-1 © 2017 Verlag noir Verlag noir – 1120 Wien, Tivoligasse 73 Herausgeber: Politische Akademie der ÖVP Inhalt: Politische Akademie der ÖVP Leitung und Zusammenfassung: Univ.-Prof. Dr. Wolfgang Mazal Redaktion: Mag. (FH) Markus Patscheider Druck: Grasl FairPrint Grafik: Capitale Wien / Cora Akdogan, Daniel Perraudin


Politische Akademie der ÖVP #innovationsbericht_sozial Impulse für Österreichs Weg zur Verantwortungsgesellschaft


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Inhalt

6 Prolog 9 Herausforderungen 25 Werte 37 Impulse 58 Epilog 59 Danksagung

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Prolog Der österreichische Sozialstaat steht heute vor grundle­­­gen­den Herausforderungen. Weltweite Veränderungen von Technologien, Märkten und Bevölkerungsstrukturen stellen vermeintlich Sicheres auf den Prüfstand. Dazu kommt, dass in der Wahrnehmung vieler Menschen Gerechtigkeitslücken wachsen. Nicht ignoriert werden darf allerdings, dass ein Sozialstaat weltweit bislang nur in prosperierenden sozialen Marktwirtschaften und unter Einhaltung rechtsstaatlicher und demokratischer Prinzipien möglich wurde. Paternalistisch beglückende Systeme haben bislang immer Wohlstand und Freiheit zugleich vernichtet. Wenn es aber gelingt, Eigenverantwortung und Solidarität jeweils zeitgemäß zu balancieren, können individuelle Freiheit, soziale Sicherheit, rechtsstaatliche Demokratie und breiter Wohlstand nachhaltig erhalten bleiben. Anpassungen an die weltweiten Entwicklungen sind überfällig: Der österreichische Sozialstaat ist weder ein denkmalgeschützter Bau des 19. Jahrhunderts noch eine unantastbare Ikone der 1970er Jahre. Es liegt heute in unserer Verantwortung, ihn weiter zu entwickeln. Ein Abschied von manchen Details der Vergangenheit kann notwendig sein, um Antworten auf neue Fragen zu ermöglichen und das Prinzip des Sozialstaats für die Zukunft zu erhalten. Für den vorliegenden Innovationsbericht der Politischen Akademie der ÖVP haben namhafte Expertinnen und Experten aus Theorie und Praxis Voraussetzungen und Rahmenbedingungen des Sozialstaats reflektiert und konkrete Ideen für

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Anpassungen formuliert. Den Sozialstaat neu zu denken ist Ausdruck einer aktiven Verantwortungsgesellschaft, die jene Sicherheit in fordernden Zeiten gibt, die wir brauchen. Univ.-Prof. Dr. Wolfgang Mazal Leiter des Expertenkreises SOZIALSTAAT NEU DENKEN

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Heraus­ forderungen

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Sozialstaat in Österreich: Ein Vergleich Österreich verfügt über einen im internationalen Vergleich überaus gut ausgebauten Sozialstaat. Laut Eurostat liegt Österreich mit seinen Sozialausgaben im EU-Vergleich im Jahr 2014 auf Platz sechs (vgl. www.ec.europa.eu/eurostat). Die Sozialquote gemessen am BIP beträgt in Österreich rund 30 Prozent. Sie ist in den vergangenen Jahren stärker gestiegen als die Wirtschaftsleistung. Sozialstaatliche Leistungen stehen weit über die historischen Kernbereiche der sozialen Sicherheit – wie Krankheit, Schwangerschaft, Behinderung, Alter oder Arbeitslosigkeit – hinaus zur Verfügung. Laut Statistik Austria wurden im Jahr 2015 fast 70% der Sozialaufwendungen für Alters- und Gesund-

Sozialstaat wächst stärker als Wirtschaft

heitsleistungen ausgegeben (vgl. www.statistik.at). DiePresse Eco auf Twitter, 18.12.2016

Der österreichische Sozialstaat steht unter erheblichem Druck. Bereits seit Jahren wird über die Finanzierung von Sozialleistungen und die Zukunftsfähigkeit des Pflege- und Pensionssystems diskutiert. Ursache dafür ist eine Reihe von tiefgreifenden Veränderungen durch den demografischen, gesellschaftlichen, kulturellen und technologischen Wandel. Bisherige Voraussetzungen für traditionelle Sozialstaatlichkeit sind nicht oder nicht mehr in ausreichendem Maß gegeben. Die Analyse der Herausforderungen zeigt, wo Handlungsbedarf besteht, um die Zukunft des Sozialstaats auf ein sicheres Fundament zu stellen – und damit jenen verlässlich helfen zu können, die unsere Hilfe brauchen.

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Sozialausgaben Österreich (2015)

Insgesamt 99,9 Mrd., davon 69% Transferleistungen 31% Sachleistungen

7% 6% 6% Invalidität/ Hinterbliebene Arbeitslosigkeit Gebrechen 2% Wohnen und soziale Ausgrenzung

10% Familien/ Kinder

25% Krankheit bzw. Gesundheitsversorgung

44% Altersleistungen

1 Grafik Sozialausgaben Österreich

1 Grafik Sozialausgaben Österreich

3 Kontrolle von Sozialleistungen unten: alternative Anordnung

6 Unterschied zwischen Arbeitseinkommen und Transfereinkommen unten: alternative Anordnung

Quelle: https://www.statistik.at

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Sozialschutzausgaben innerhalb der EU (2014)

Großbritannien

Irland

0–19,9% 20–29,9% ≥30% des BIP des BIP des BIP Österreich hat mit 30% des BIP im Verhältnis zur Wirtschaftsleistung die sechsthöchsten Sozialschutzausgaben in der EU.

Frankreich

Portugal

Quelle: http://ec.europa.eu/eurostat

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Spanien


Finnland

Schweden

Estland Dänemark

Lettland

Litauen Niederlande Polen Belgien

Tschechien

Luxemburg

Slowakei Deutschland

Ungarn

Österreich Rumänien

Slowenien

Kroatien Italien

Bulgarien

Griechenland Malta Zypern •

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Alterung: Vielfältige Anforderungen Die demografische Entwicklung einer alternden Gesellschaft eröffnet für den einzelnen Menschen enorme Lebenschancen. Für den Sozialstaat bedeutet sie erhöhten Aufwand in verschiedenen Bereichen. Das im Umlageverfahren finanzierte Pensionssystem bedarf aufgrund der Steigerung der Leistungsempfänger bei gleichzeitiger Reduktion der Beitragszahler zunehmend Mittel aus dem allgemeinen Steueraufkommen, um den Lebensstandard im Alter zu sichern. 2015 betrug die Summe aller Zuschüsse zu den Pensionssystemen bereits mehr als 20 Mrd. Euro. Eine durchschnittliche Pension ist heute nur zu etwa 75% durch Pensionsversicherungsbeiträge gedeckt. Das Pensionsantrittsalter liegt in Österreich bei 60,2 (exkl. Rehageldbezieher) bzw. 59,1 Jahren (inkl. Rehageldbezieher). Gleichzeitig stellen sich neue Herausforderungen an das Gesundheits- und Pflegesystem. Österreich wendet über 36 Mrd. Euro pro Jahr für die Gesundheitsversorgung auf. Allein für die Finanzierung des öffentlichen Gesundheitswesens werden insgesamt über 27 Mrd. Euro pro Jahr aufgewendet. Das österreichische Gesundheitsweisen gehört zu den teuersten in der EU. Trotz des hohen Mitteleinsatzes erzielt das Gesundheitssystem nur unterdurchschnittliche Ergebnisse. Die Erwartung an gesunden Lebensjahren liegt in Österreich unter dem EU-Schnitt. Im Jahr 2050 wird der Anteil der 80-Jährigen 11,5 Prozent an der Gesamtbevölkerung ausmachen. Davon wird rund ein Drittel pflegebedürftig sein. Eigenverantwortung und Prävention müssen im Gesundheitssystem eine stärkere Rolle spielen.

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Auch mit Blick auf die demografische Entwicklung ist die Förderung von Familien mit Kindern von großer Bedeutung. Die Österreicherinnen und Österreicher bekommen jedoch deutlich weniger Kinder, als sie sich wünschen. Geringe Reproduktion kann und soll nicht durch Immigration ersetzt werden, da dies zu massiven gesellschaftlichen Verwerfungen und hohen Kosten führen würde.

Digitalisierung: Beschäftigungs­ fähigkeit am Prüfstand Mit dem digitalen Wandel ist vielfach die Angst vor dem massenhaften Verlust von Arbeitsplätzen verbunden. Dies würde die Bestandsgrundlagen des Sozialstaats in Frage stellen. Studien zeigen jedoch, dass die Digitalisierung kein Verlustgeschäft für Arbeit und Soziales ist. So dokumentiert eine Studie des deutschen Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB), die erstmals auch die Auswirkungen der Digitalisierung auf die Dienstleistungsbranche berücksichtigt: Die Digitalisierung der Wirtschaft wird bis 2025 in Deutschland in Summe keine Arbeitsplätze kosten, sondern massive Umschichtungen im Arbeitsmarkt auslösen. Nach Modellrechnungen des IAB werden bis zum Jahr 2025 rund 1,5 Mio. Arbeitsplätze wegfallen, zugleich werden aber rund 1,5 Mio. neu entstehen. Nachgefragt werden vor allem Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit IT-Kenntnissen, die in der Lage sind, innovativ und in übergreifenden Prozessen zu denken. Die klassische duale Ausbildung in Betrieb und Berufsschule ist dafür eine gute Basis, die an die digitalisierte Arbeitswelt angepasst werden muss. Die Forscher erwarten steigende Produktivität, höhere Einkommen und mehr Konsum. Dadurch werden indirekt auch andere Branchen profitieren und neue Arbeitsplätze geschaffen (vgl. www.iab.de).

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Die historische Erfahrung zeigt, dass technologische Veränderungen traditionelle Arbeitsplätze verschwinden ließ, aber auch neue geschaffen hat. Zentrale Herausforderungen der Digitalisierung liegen somit darin, neue Formen von Arbeit zu ermöglichen, die soziale Sicherheit finanzierbar macht, sowie das Bildungs- und Ausbildungssystem fit für die neue Arbeitswelt zu machen. Das sind notwendige Grundlagen dafür, dass der Sozialstaat in Zukunft leistungsfähig ist. Angst vor der Digitalisierung ist auch für den Sozialstaat der falsche Weg.

Transparenz: Wenig Durchschau­b arkeit, viel Ungleichheit

Neue Jobs werden in einer Generation geschaffen und wieder verschwinden #politikneudenken @philipproesler

Politische Akademie auf Twitter, 10.11.2016

Der Sozialstaat und seine Strukturen sind in Österreich historisch gewachsen – und sie wachsen weiter. Die komplexe „Mehrgleisigkeit“ von Sozialleistungen in Bund, Ländern und Gemeinden verursacht Intransparenz, unnötige Mehrausgaben und aufwändige administrative Tätigkeiten. Ergebnis dieser Entwicklung ist ein auch für Expertinnen und Experten nahezu undurchschaubares Dickicht an Sozialleistungen, Ausnahmebestimmungen und Sonderregelungen. Sozialstaatliche Leistungen variieren abhängig von Institutionen und Bundesländern in ihrer Höhe und Auszahlungsdauer. Ungleichheiten im Sozialsystem anhand des Erwerbsstatus bestehen etwa zwischen Arbeitern, Angestellten und Beamten oder zwischen Selbständigen und Unselbständigen. Mangelnde Transparenz herrscht auch mit Blick auf das Verhältnis zwischen Leistungsempfängern und jenen, die durch ihre wirtschaftliche Leistung soziale Transfers ermöglichen. Sozialstaatlich verbürgte Solidarität braucht für ihre Legitimation

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Kontrolle von Sozialleistungen Die Politische Akademie hat 4.000 Personen befragt, ob es stärkere Kontrollen geben soll, um Missbrauch von Sozialleistungen zu verhindern.

21% stimme eher zu

4% weder/noch

3% stimme eher nicht zu 2% stimme überhaupt nicht zu

71% stimme voll und ganz zu

3 Kontrolle von Sozialleistungen unten: alternative Anordnung

6 Unterschie und Transfer Quelle: Online Umfrage der Politischen Akademie unter 4.000 Personen von unten: altern 18.08.2016 bis 05.09.2016

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Transparenz von Transfers und deren Wirkungen. Organisations-, Finanzierungs- und Leistungserbringungsstrukturen des österreichischen Sozialwesens weisen ebenso Evaluierungsbedarf auf, wie das Verhältnis der Anspruchsberechtigten und der Sozialpartner zum Staat.

Kultur: Abhängigkeit versus ­E igenverantwortung Das in seiner heutigen Form im Wesentlichen aus dem 19. Jahrhundert stammende Konzept von (paternalistischer) Sozialstaatlichkeit befindet sich in einer kulturellen Krise. Der traditionelle Sozialstaat ist Ergebnis und Ausdruck des traditionellen Obrigkeitsstaates, der auf Fürsorge und Betreuung von als passiv und defizitär betrachteten Leistungsempfängern ausgerichtet wurde. Der gesellschaftliche Kultur- und Wertewandel in Richtung Selbstständigkeit, Individualismus, Unabhängigkeit und Emanzipation hat im sozialstaatlichen Leistungsrepertoire bisher kaum Niederschlag gefunden. Heute führt der Sozialstaat Menschen häufig auch in Abhängigkeit. Wer am Tropf sozialer Leistungen hängt, kommt davon oft sehr schwer wieder los. Eine Studie des WIFO aus dem Jahr 2016 über die Mindestsicherung in Wien (vgl. www. wifo.ac.at) zeigt etwa: 45 Prozent der Personen, die das Netz Mindestsicherung verlassen, benötigen nach zwei bis drei Monaten erneut Unterstützung. Nur neun Prozent schaffen den Absprung in eine dauerhafte Beschäftigung (über ein Jahr), aber auch sie müssen den Lohn zum Teil weiter durch die Mindestsicherung aufstocken. „Ein hoher Anteil ist längerfristig auf eine Mindestsicherung angewiesen. Den Betroffenen gelingt relativ selten ein rascher Abgang,“ lautet der Befund. Der Sozialstaat fördert die Probleme, die er eigentlich lösen sollte.

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Leistungen: Neue Anforderungen Die historischen Kernbereiche von Sozialstaatlichkeit müssen auch in Zukunft abgedeckt werden können, um den Anspruch auf Humanität und soziale Kohäsion der Gesellschaft zu erfüllen. Dies gilt vor allem für soziale Herausforderungen durch Krankheit, Schwangerschaft, Alter, Tod und Arbeitslosigkeit. Auch der Familienlastenausgleich, die weitgehend kostenlose Schulbildung, das Stipendiensystem oder die Wohnbauförderung sind aus heutiger Sicht wesentliche Bestandteile der sozialen Sicherheit. Erst in jüngerer Zeit sind ausreichende psychotherapeutische Versorgung oder die zeitgemäße Absicherung von selbständig Erwerbstätigen in den Mittelpunkt des Interesses gerückt. Zusätzlich zu objektiv veränderten Bedarfslagen hat sich „soziale Sicherheit“ auch zur Projektionsfläche anderer Politikfelder entwickelt, was die Wünsche und Anforderungen an sozialstaatliche Leistungen weiter erhöht. So unbestritten die Notwendigkeit sozialstaatlicher Absicherung ist, so ist doch in all diesen Bereichen Handlungsbedarf unübersehbar. Durch Globalisierung und Europäische Integration ist die Gesellschaft immer flexibler und mobiler geworden. Die meisten Menschen sind nicht mehr ein Leben lang Angestellter, Unternehmer, Bauer oder in gleichen familiären Verhältnissen, sondern weisen vielfältige berufliche Biographien und unterschiedliche Absicherungsnotwendigkeiten auf. Dies kann nicht ohne Konsequenzen für sozialstaatliches Denken und Handeln bleiben.

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In einem ergebnisoffenen gesellschaftlichen Prozess ist somit die grundsätzliche Frage zu beantworten, welche Leistungen durch den Sozialstaat heute und in Zukunft erbracht werden sollen – und welche nicht oder nicht mehr im bisherigen Ausmaß notwendig sind.

Migration: Mehr Bezieher ­s ozialstaatlicher Leistungen Die Flucht- und Migrationskrise seit 2015 bewirkt eine deutliche Zunahme von Beziehern sozialstaatlicher Leistungen. Dabei zeigt sich das Phänomen einer Einwanderung in den Sozialstaat. Die Attraktivität Österreichs mit seinen sozialstaatlichen Leistungen hatte und hat Auswirkungen auf Flüchtlingsströme. Es ist zu erwarten, dass der Großteil der Asylberechtigten in Österreich langfristig von sozialstaatlichen Leistungen (Bedarfsorientierte Mindestsicherung) abhängig sein wird. Österreich ist mit einer großen Gruppe von Leistungsbeziehern konfrontiert, die selbst noch keinen Beitrag für das österreichische Sozialsystem erbracht haben und auf absehbare Zeit auch nicht erbringen werden. Zusätzliche Kosten entstehen durch Leistungen zur Integration von Flüchtlingen und Zuwanderern. Der Sozialstaat in seiner gewohnten Form ist mit offenen Grenzen auf Dauer nicht vereinbar.

Innovationen: Kaum neue Wege

Sozialleistungen sind keine himmlischen Geschenke, sondern müssen hart erarbeitet werden.

Norbert Blüm (ehemaliger deutscher Arbeitsminister der CDU)

Während in anderen Bereichen Innovationskraft zur Lösung wissenschaftlicher und wirtschaftlicher Herausforderungen gefordert und gefördert wird, hat Österreich bei der Entwicklung und Förderung sozialer Innovationen Aufholbedarf. Nach einer Studie des „Social Entrepreneurship Center“ der

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Wirtschaftsuniversität Wien (WU) im Auftrag der Vinzenz Gruppe aus dem Jahr 2016 mangelt es in Österreich nicht an Initiativen. Aufgrund des Fehlens einer politischen Gesamtstrategie bleiben soziale Innovatoren aber oft auf sich gestellt. Es gibt zwar Förderungen für Ideen und Pilotprojekte, es krankt aber an der Überführung in den Regelbetrieb, so die Bilanz der Forscher (vgl. www.wu.ac.at). Die Förderung von sozialen Innovatoren ist jedoch für den in vielen Bereichen angestrebten systemischen Wandel notwendig. Ein Beispiel für eine Innovation im österreichischen Sozialwesen, die Schule gemacht hat, ist die Entwicklung der Hospizbewegung. Mangelnde Innovationskraft im   Ich schätze den Sozialstaat für eine große Errungenschaft unserer Gesellschaft, halte ihn aber für gefährdet, wenn wir es nicht schaffen, ihn auf die Höhe der Zeit zu bringen.

heimischen Sozialwesen verhindert das Erschließen neuer Beschäftigungspotenziale. Nachdem viele Regelleistungen von der öffentlichen Hand erbracht werden, mangelt es an Wettbewerb

Prof. Wolfgang Mazal (Leiter des Expertenkreises SOZIALSTAAT NEU DENKEN), 28.09.2016

bei der Erbringung von Leistungen, der Innovationen fördern würde. Eine Gewährleistung von sozialstaatlichen Leistungen durch den Staat muss nicht hei-

ßen, dass der Staat diese Leistungen selbst erbringen muss. Beispielhaft für die Nutzung von Wettbewerb für mehr Effizienz und kundennahe Innovation ist die Organisation der Daseinsvorsorge im Bereich mobiler (Pflege-)Dienste in Österreich.

Weiterentwicklung: Sozialstaat neu ausbalancieren Angesichts dieser exemplarischen Herausforderungen für den Sozialstaat wird der Handlungsbedarf für seine Weiterentwicklung deutlich: Wenn es gelingt, das System der sozialen Sicherheit an die Gegebenheiten des 21. Jahrhunderts anzu-

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passen, wird die Entwicklung einer lebenswerten Gesellschaft, in der solidarisch Verantwortung für Menschen getragen wird, die von Lebensrisiken getroffen sind, und in der eine als fair empfundene Chancenverteilung erfolgt, auch in Zukunft sicher sein. Wer die Anpassung von Strukturen und Institutionen verhindert, die im 19. Jahrhundert entstanden sind, und wer nur Leistungsniveaus verteidigt, die im letzten Drittel des 20. Jahrhunderts möglich bzw. sinnvoll waren, ohne die sich wandelnden Lebenswelten im Blick zu haben, gefährdet hingegen die Zukunft des Sozialstaats.

Wir müssen den S ­ ozialstaat neu ­denken, damit der ­soziale Frieden auch für zukünftige Generationen ­erhalten bleibt.

Ein moderner Sozialstaat ist kein einmal erreichter Zustand, sondern ein gesellschaftspolitisches „project in progress“: Unter wechselnden ökonomischen

Sebastian Kurz (Vorsitzender der ­Politischen Akademie), 29. 08. 2016

und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen muss immer neu bewertet werden, wo und in welchem Maß Individualverantwortung eingefordert bzw. wo und in welchem Maß Schutz durch die Solidargemeinschaft gewährt werden muss.

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Auf einen Blick

Österreich verfügt über einen im internationalen

Vergleich überaus gut ausgebauten Sozialstaat, der

jedoch zunehmend unter Druck gerät.

Bevölkerungsentwicklung, Intransparenz, Migration,

veränderte Anforderungen oder mangelnde

Innovationskraft stellen das traditionelle Sozialsystem

auf den Prüfstand.

Gefordert ist eine neue Balance zwischen Eigenver-

antwortung und sozialstaatlich verbürgter Solidarität.

Eine sichere Zukunft erfordert einen modernen,

leistungsfähigen Sozialstaat.

Österreichs ­Sozialstaat steht ­unter Druck. •

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Werte

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Menschenbild: Individualität und soziale Einbindung Ausgestaltung und Weiterentwicklung unseres Sozialstaats sind nicht bloß von quantitativen demografischen oder finanziellen Voraussetzungen abhängig. Sie sind Ausdruck politischer Ziele und weltanschaulicher Werte, die mit sozialstaatlichen Instrumenten verwirklicht werden sollen. Auf Basis des in der europäischen philosophischen Tradition entwickelten Menschenbildes – das diesem Innovationsbericht zugrunde liegt –, besitzt jeder Mensch von Natur aus ein unaufhebbares Recht auf Leben und individuelle freie Entfaltung innerhalb einer Gemeinschaft wechselseitiger Verantwortung. Dieses Menschenbild liegt auch der christlichen Sozialethik zugrunde, die den Menschen als Person anerkennt und in einer Spannung zwischen zwei Polen sieht: Als Individuum ist er zu Entfaltung in Eigenverantwortung befähigt – und bedarf dennoch aus seiner menschlichen Natur heraus der Hilfe der Gemeinschaft. Die Gemeinschaft ist zu Solidarität fähig – und gleichzeitig nur dann human, wenn sie die Individualität achtet. In diesem Menschenbild ist die für den Sozialstaat unerlässliche Arbeit Ausdruck menschlicher Selbstverwirklichung, Entfaltung und Teilhabe – und keine Last, die es zu vermeiden gilt. Der Sozialstaat ist daher keine Alternative zu Arbeit, bedingungslose Vollversorgung kein sozialpolitisches Ziel. Es geht darum, Menschen zu befähigen, ihre Potenziale zu finden und zur Entfaltung zu bringen – und nicht darum, sie mit finanziellen Leistungen „ruhigzustellen“ oder zu bloßen Konsumenten zu degradieren.

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In welchem dieser Bereiche sollte jede/r Einzelne mehr Eigenverantwortung übernehmen? In allen Bereichen des Sozialstaates soll Eigenverantwortung eine ­deutlich größere Rolle spielen als bisher, zeigt die Umfrage der ­Politischen Akademie unter 4.000 Personen. Die Bereiche Gesundheit, Bildung und Familie stechen hierbei jedoch besonders hervor.

83%

80%

83%

71% 61% 63% Gesundheitsvorsorge

AltersAbsichesicherung rung bei (Pensionen) Arbeitslosigkeit

Pflege

56% Absiche- Bildung rung bei und AusErwerbs- bildung unfähigkeit

Familie

Quelle: Online Umfrage der Politischen Akademie unter 4.000 Personen von 18.08.2016 bis 05.09.2016

Eigenverantwortung und S ­ olidarität: Das richtige Maß finden Der Mensch ist in Gemeinschaften eingebunden, die für ihn Verantwortung tragen und für die er Verantwortung trägt. Im Sinne des Subsidiaritätsprinzips ist die erste und wichtigste Gemeinschaft für Menschen die Familie in ihrer historischen und modernen Vielfalt. Weitere wichtige Verantwortungs- und Solidargemeinschaften für Menschen sind religiöse, kulturelle, soziale, politische und wirtschaftliche Gruppen.

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Das richtige Maß zwischen Eigenverantwortung und Solidarität zu finden, ist eine gesellschaftspolitische Daueraufgabe und maßgeblich für die Ausgestaltung eines Sozialstaates. Es ist eine wichtige Aufgabe von Staat und Gesellschaft, mit Blick auf Eigenverantwortung und Solidarität für gerechte Verhältnisse zu sorgen. Das sichert den sozialen Zusammenhalt und auch die Bereitschaft, Solidarität zu üben.

Solidarität: Anspruch und Verpflichtung Solidarität ist nicht einseitig als reine Notwendigkeit des Beistehens zu verstehen, sondern Anspruch und Verpflichtung in einem. Jeder Einzelne ist verpflichtet, sich für das Wohl des Nächsten und der Gemeinschaft einzusetzen  –  und gleichzeitig seine eigenen Kräfte so einzusetzen, dass er die Solidarität Anderer nicht über Gebühr ausnutzt. Wenn diese beiden Dimensionen von Solidarität in einem Staat nicht präsent sind, besteht die Gefahr, dass Solidarität als Einbahnstraße verstanden wird, und nichts von jenen (zurück) erwartet wird, die Sozialleistungen erhalten. Weil der Einzelne  –  soweit seine Möglichkeiten reichen – selbst die Verantwortung für sein Leben trägt, muss der Sozialstaat Lebenssituationen definieren und evaluieren, in denen die Gemeinschaft eingreift. Unterstützungen sind im Sinn der Stärkung von Eigenverantwortung und Selbstermächtigung so weit wie möglich auf Zeit anzulegen. Der Sozialstaat soll keine Strukturen und Verhältnisse andauernder Abhängigkeit schaffen. Ein Sozialsystem soll nicht dazu führen, dass zu viele Empfänger die ihnen grundsätzlich zukommende Eigenverantwortung an den Sozialstaat delegieren. Auch im Sozialstaat

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Inwiefern treffen die folgenden Aussagen auf Österreich zu?

1 Grafik Sozialaus

Laut 4.000 von der Politischen Akademie befragten Personen ist Solidarität in Österreich von großer Bedeutung. An der Effizienz des Sozialstaates und an einer ­generationengerechten Politik gibt es allerdings erhebliche Zweifel.

89% 92% In Österreich gibt es eine große Solidarität mit Hilfsbedürftigen In Österreich gibt es ein ausreichendes soziales Netz für Menschen in Not (Mindestsicherung etc.)

32%

In Österreich wird generationengerechte Politik gemacht

17%

Im Österreichischen Sozialsystem wird sparsam mit Steuergeld umgegangen

Quelle: Online Umfrage der Politischen Akademie unter 4.000 Personen von 18.08.2016 bis 05.09.2016

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muss Vorsorge Vorrang vor Fürsorge haben. Individueller Wohlstand muss primär Ergebnis von Arbeit und nicht von Umverteilung sein.

Soziale Marktwirtschaft: ­S olidarität braucht Leistung Wirtschafts- und Sozialpolitik sind vor diesem Hintergrund zwei Seiten der gleichen Medaille. Das Ordnungsmodell der Ökosozialen Marktwirtschaft verweist darauf, dass staatlich verbürgte Solidarität in Form des Sozialstaates wirtschaftliche Freiheit und Leistungsbereitschaft als unverzichtbare Grundlagen hat. Ludwig Erhard, der politische „Erfinder“ der Sozialen Marktwirtschaft, hat bereits deutlich gemacht: Eine Soziale Marktwirtschaft kann nur gedeihen, wenn die ihr zugrunde liegende geistige Haltung durch die Bereitschaft geprägt ist, für das eigene Schicksal Verantwortung zu tragen und aus dem Streben nach Leistungssteigerung an einem ehrlichen freien

Wer arbeiten kann, aber nicht will, der kann nicht mit Solidarität rechnen. Es gibt kein Recht auf Faulheit in unserer Gesellschaft!

Wettbewerb teilzunehmen. Sie ist zum Absterben verurteilt, wenn dieses Grundverständnis durch vermeintliche soziale Maßnahmen abgebaut wird.

Gerhard Schröder (ehemaliger deutscher Bundeskanzler der SPD), 06.04.2001

Gerechtigkeit und ­G leichheit: Mehrfache ­D imensionen ­a nerkennen Sozialstaatliches Handeln wird in der politischen Debatte oft mit den Zielen von Gerechtigkeit und Gleichheit verbunden. Dabei ist allerdings Differenzierung geboten: Soziale Gerechtigkeit muss zwar Chancengerechtigkeit als politisches Ziel haben, darf diese jedoch nicht mit Ergebnisgleichheit verwechseln. Will staatliches Handeln menschliche Freiheit akzeptieren, muss jede Politik möglichst auf gerechte Start-

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von Sozialleistungen rnative Anordnung

Unterschied zwischen Arbeitseinkommen und Transfer­einkommen Die Politische Akademie hat 4.000 Personen befragt, ob es wieder einen spürbaren Unterschied in der Höhe zwischen Arbeitseinkommen und Transfereinkommen (staatliche Sozialleistungen) benötigen würde.

24% stimme eher zu

7% weder/noch

3% stimme eher nicht zu 3% stimme überhaupt nicht zu

63% stimme voll und ganz zu

Quelle: Online Umfrage der Politischen Akademie unter 4.000 Personen von 18.08.2016 bis 05.09.2016

6 Unterschied zwischen Arbeitseinkommen und Transfereinkommen unten: alternative Anordnung

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voraussetzungen und faire Chancen für alle drängen. Sie muss jedoch die Ergebnisse des Handelns grundsätzlich der Eigenverantwortung des Menschen überlassen, solange nicht die existenzielle Würde des Einzelnen bedroht ist. Deshalb sind auch unterschiedliche Dimensionen von Gerechtigkeit in sozialstaatlichem Handeln zu berücksichtigen: Bedarfsgerechtigkeit als Ausdruck der Menschenwürde und Leistungsgerechtigkeit als Anerkennung des individuellen Beitrags zur Gesellschaft. Zur Sicherung der komplexen Antwort des modernen Sozialstaats auf soziale Bedarfssituationen ist Rechtsstaatlichkeit unverzichtbar. Transparente Regelungen und unabhängige Gerichte schützen vor Willkür – auch dann, wenn sie vermeintlich wohlwollend ist.

Bürgergesellschaft: ­Wesentliche Säule des ­Z usammenhalts Sozialpolitische Gestaltung ist nicht nur eine Staatsaufgabe. Die in Österreich vielfältige und hochentwickelte Aktivität von sozial engagierten Einzelpersonen und Institutionen der Bürgergesellschaft zeigt, welch große Bedeutung und Wirkung freiwilliges Engagement zur Lösung sozialer Herausforderungen hat. Soziale Hilfswerke, Non-Profit-Organisationen, gemeinnützige Unternehmen und private Anbieter sind inte­ graler Bestandteil der „sozialen Infrastruktur“ Österreichs. Sie können künftig verstärkt als Dienstleister staatlich garantierter Leistungen eingesetzt werden. Die bürgergesellschaftlich geteilte Verantwortung für die Gemeinschaft ist eine wichtige Voraussetzung

Niemand darf sich vom Teilen mit den Armen und von der Sorge um die ­soziale Gerechtigkeit freigestellt fühlen.

für starke Demokratie, gegenseitigen Respekt und lebendige Solidarität. Der Grundstein für dieses

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Papst Franziskus auf Twitter, 26.04.2016


Verantwortungsbewusstsein wird in den Familien und in der Erziehung gelegt. Familien sind – mit anderen Institutionen – auch in diesem Sinn als „Übungsfelder“ für ein gelingendes gesellschaftliches Miteinander, für Solidarität und Respekt zu unterstützen. Die Förderung der Freiwilligentätigkeit und des Ehrenamtes spielt für die Zukunft eine besonders große Rolle. Österreich lebt in vielen Bereichen – wie Sport, Soziales, Kultur, Politik – davon, dass Menschen sich engagieren. Um das ehrenamtliche Engagement aufrechtzuerhalten, sind die Vereinskultur in Österreich zu stärken, neue Formen der Freiwilligenarbeit zu unterstützen und neue Zielgruppen für ehrenamtliches Engagement zu gewinnen.

Generationengerechtigkeit: Für eine gute Zukunft Damit Sozialabbau für künftige Generationen vermieden wird, muss der Sozialstaat laufend klären, wo Bedürfnisse vorliegen und wieweit es Aufgabe des Staates sein soll, diese Bedürfnisse solidarisch mitzutragen. Es ist

Die Ausgestaltung des ­ ozialstaats wird die entscheidende S Frage der Zukunft – alles hängt damit zusammen!

unsolidarisch und unsozial, die Kosten für einen überdehnten Sozialstaat, in dem ein erheblicher Teil der Schulden auf Kosten für Sozialtransfers entfällt,

NRAbg. Asdin El Habbassi, 15.10.2016

künftigen Generationen zu überantworten.

In einer Demokratie ist für die Weiterentwicklung des Sozialsystems entscheidend, wie die Bürgerinnen und Bürger dieses Landes denken und handeln. Institutionen wie Gewerkschaften, Kammern, Interessenverbände und Sozialversicherungsträger, die in der Vergangenheit Gestaltungskraft unter Beweis gestellt haben, stehen vor der Herausforderung,

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gemeinsam mit Politik und Zivilgesellschaft das System der sozialen Sicherheit effizient an die Gegebenheiten des 21. Jahrhunderts anzupassen. Das Miteinander der Generationen gewinnt in einer demografisch alternden Gesellschaft besondere Bedeutung. Im Interesse von Alt und Jung stellt ein modernes Bild des Alterns ältere Menschen mit ihren Fähigkeiten in den Mittelpunkt. Die steigende Lebenserwartung ist eine Chance auf Selbst­ entfaltung im Alter, von welcher der Einzelne und die ganze Gesellschaft profitieren können. Zur Sicherung der Finanzierung von Pensionen sind der – dank des medizinischen Fortschritts stark verbesserte  –  Gesundheitszustand älterer Menschen sowie die laufend steigende Lebenserwartung im Pensionssystem angemessen zu berücksichtigen. Zusätzlich zum staatlichen umlagefinanzierten Pensionssystem sollen kapitalgedeckte betriebliche und private Vorsorge den Lebensstandard im Alter absichern.

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Auf einen Blick

Solidarität ist Anspruch und Verpflichtung in einem –

und keine Einbahnstraße.

➳ Individueller Wohlstand soll primär Ergebnis von Arbeit

und nicht von Umverteilung sein.

Wirtschaftliche Freiheit und Leistungsbereitschaft sind

unverzichtbare Grundlagen des Sozialstaats.

Auch im Sozialstaat muss Vorsorge Vorrang vor

Bevormundung haben.

Sozialpolitische Gestaltung ist nicht nur

Staatsaufgabe: Eine aktive Bürgergesellschaft fördert

eine starke Demokratie, gegenseitigen Respekt und

lebendige Solidarität.

Sozial ist nicht, was schwach hält, sondern was stark macht. •

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Impulse Im Prozess SOZIALSTAAT NEU DENKEN wurden zahlreiche Vorschläge zu verschiedenen Themenbereichen des Sozialstaates entwickelt und diskutiert. Daraus wurden für den vorliegenden Bericht exemplarisch Innovationen ausgewählt, welche als ­ I mpulse für die weitere Diskussion dienen sollen. ­D abei handelt es sich um beispielhafte Ideen, die anschließend kurz skizziert werden – nicht jedoch um eine abgeschlossene Liste an umzusetzenden Empfehlungen.

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Familien

Die Aufrechterhaltung der Generationenabfolge ist für den Bestand des Sozialstaats unverzichtbar. Die Gesellschaft profitiert von den Leistungen der Familien. Österreich muss daher ein noch familien- und kinderfreundlicheres Land werden. Unabhängig davon, ob jemand im klassischen Familienmodell lebt oder anderen Lebensmodellen folgt (kinderlose Paare, Patchwork-Familien, gleichgeschlechtliche Paare etc.), ist es wichtig, Familien bei der Erfüllung ihrer Aufgaben zu unterstützen. Im Mittelpunkt staatlicher Familienförderung müssen immer das Wohl des Kindes und die Ermöglichung der Übernahme von Verantwortung durch Eltern stehen.

Weiterentwicklung der Familien­ förderung

Zur besseren Unterstützung der Familien ist eine Strukturreform der Familienförderung sinnvoll, in deren Mittelpunkt die Stärkung der Elternautonomie, Wahlfreiheit in der Lebensgestaltung, administrative Verein-

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fachungen und Transparenz stehen. Ziel ist, die Realisierung des Kinderwunsches finanziell und organisatorisch bestmöglich zu unterstützen. Die Familienbeihilfe ist auch in

Familienbeihilfe mit Mehrwert

Zukunft eine wesentliche Säule der Familienförderung. Sie gleicht Kosten teilweise aus, die auf Grund der Unterhaltspflicht gegenüber Kindern entstehen. Zur Erzielung zusätzlicher positiver Entwicklungseffekte sollte

(ähnlich dem Modell bei Mutter-Kind-Pass-Untersuchungen und der Gewährung von Kinderbetreuungsgeld) die Auszahlung der Familienbeihilfe für Kinder zu bestimmten Zeitpunkten an Voraussetzungen gebunden werden (z.B. Gesundheitschecks, Feststellung des sprachlichen, feinmotorischen und sozialen Entwicklungsstandes). Zur Stärkung des Kindergar-

Kindergarten weiterentwickeln

tens als Bildungseinrichtung soll es zusätzlich zum zweiten verpflichtenden Kindergartenjahr für jene, die eines brauchen, einen österreichweit verbindlichen Bildungsrahmenplan geben, der Betreuungsschlüssel,

Fachpersonal, mögliche pädagogische Konzepte und die Einbindung der Eltern in die Bildungsarbeit vorsieht.

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Bildung

Emotionale Stabilität, Wissen und die Fähigkeit zur Reflexion sind für den Einzelnen wichtige Voraussetzungen für persönliche Lebenszufriedenheit und soziale Beteiligung – und von großer Bedeutung für eine Gesellschaft, die sich im internationalen Wettbewerb zu bewähren hat. Die Entfaltung der individuellen Möglichkeiten macht die Gesellschaft stark und ist damit auch Voraussetzung für den Sozialstaat.

Bildungschancen eröffnen

Das gesamte Bildungssystem ist darauf auszurichten, dass der Einzelne bzw. die Einzelne Freude am Wissen und an der Fähigkeit findet, neues Wissen zu schaffen, zu erwerben und zu nutzen. In einem Bildungssystem, das Bildungschancen

unabhängig vom sozialen, religiösen und kulturellen Hintergrund eröffnet, sollen auch Elternverantwortung und Eigenverantwortung eingefordert werden. Unabhängig davon, zu welchem Zeitpunkt Bildungsentscheidungen gefällt werden, soll größtmögliche Durchlässigkeit des Bildungssystems eine lebenslange Entfaltung der individuellen Bildungspotenziale ermöglichen.

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Beschäftigungsfähigkeit er-

Digitale Bildungs­ offensive

fordert digitale Fitness. Österreich soll mit einer digitalen Bildungsoffensive die IT- und Medienkompetenz als Teil der Allgemeinbildung forcieren. Das sorgt zudem für mehr Chancengerechtigkeit in der Bildung. Alle

Schülerinnen und Schüler sollen als weitere „Fremdsprache“ eine Programmiersprache beherrschen. Grundlage für die digitale Bildungsoffensive ist auch eine entsprechende Aus- und Weiterbildung des pädagogischen Personals. Zudem sollen unternehmerisches Denken, Neugier, soziale Fähigkeiten, Fremdsprachen und Kreativität in Kindergarten und Schule gezielt gefördert werden. Heute reicht es nicht mehr, sich

Lebensbegleitendes Lernen ­f ördern

ein Leben lang auf die in der Jugend absolvierte Ausbildung zu verlassen. Deshalb sollen für Erwerbstätige die bestehenden Modelle der Bildungskarenz und der Bildungsteilzeit verbessert und zusätzliche Wei-

terbildungsangebote und Anreize seitens des Bildungs- und Steuersystems geschaffen werden. Als leitende Prinzipien eines Systems des lebensbegleitenden Lernens werden Wettbewerb und Kooperation vermittelt, damit Wissen sowohl zur Maximierung des individuellen Nutzens wie zum Wohl der Allgemeinheit eingesetzt wird.

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Arbeitswelt

Die Arbeitswelt wird sich durch fortschreitende Digitalisierung/Automatisierung und anhaltende Migrationsströme stark verändern. Arbeitsplätze werden verloren gehen, neue Arbeitsplätze werden entstehen. Die Beschäftigungsfähigkeit von Menschen muss im Mittelpunkt stehen. Die Arbeitswelt der Zukunft bringt vielfältige Herausforderungen für den Sozialstaat. Die erfolgreiche Integration von Menschen in den Arbeitsmarkt erfordert neue Wege und klare Anreize.

Reform des Arbeitsmarktes

Wenn ein „Recht auf Arbeit“ als moralische Pflicht der Gesellschaft anerkannt ist, weil Arbeit für Sinnstiftung und Existenzsicherung unverzichtbar ist, sollte auch das Transfersystem dazu genutzt werden, um Menschen in den Arbeitsprozess zu integ-

rieren. Es braucht eine konsequente Arbeitsmarktpolitik, die positive Beschäftigungsanreize schafft.

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Die Teilnahme am Arbeitsmarkt

Anreize für Arbeits­ aufnahme setzen

soll sich für jeden, insbesondere aber auch für arbeitsfähige Bezieher von Bedarfsorientierter Mindestsicherung auszahlen. Die Abgabenbelastung für potenzielle Arbeitsmarktteilnehmer soll niedrig gehalten werden,

um einen finanziellen Anreiz zum Eintritt ins Arbeitsleben zu schaffen. Angebote und Nachfrage am Ar-

Berufe der digitalen Wirtschaft fördern

beitsmarkt müssen besser aufeinander abgestimmt werden. Um ausreichend Fachkräfte und die notwendigen Spezialisten in wichtigen digitalen (Nischen-) Bereichen zu bekommen, sind entsprechende Ausbildungen

breitestmöglich anzubieten und attraktiver zu gestalten.

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Wohnen

Leistbares Wohnen ist insbesondere für junge Familien zur Herausforderung geworden. Steigende kommunale Gebühren erhöhen in einzelnen Gebieten Österreichs die Mietpreise deutlich und das Schaffen von Eigentum wird immer schwerer. Die Bevölkerungsentwicklung und die anhaltende Migration stellen neue Herausforderungen an die Wohnversorgung in Österreich.

Wohnbau­ förderung

Die Förderung des Wohnbaus soll die Verknappung von bedarfsgerechten Wohnungen reduzieren, um weitere Steigerungen der Marktpreise zu verhindern. Dabei sollen Pensionsund Vorsorgekassen verstärkt in den risikoarmen, heimischen Wohnbau investieren.

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Im sozialen Wohnbau soll es zu

Vorrang für Bedürftige im sozialen Wohnbau sichern

einer regelmäßigen Prüfung der sozialen Bedürftigkeit kommen. Bei nachhaltiger Überschreitung dieser Grenzen kann innerhalb eines Zeitraumes gewählt werden, ob die Wohnung zu valorisierten Herstellungskosten

gekauft, ob sie weiterhin zu einem auf eine marktkonforme Höhe angepassten Mietzins gemietet oder ob sie aufgegeben wird. Im Wohnbau sind neue Wohn-

Wohnen für alle ­G enerationen

formen, wie zum Beispiel Mehr-Generationen-Wohnmodelle sowie barrierefreies und altengerechtes Wohnen durch bundesweite Vorgaben zu fördern. Darüber hinaus sollen Jungfamilien bei der

Schaffung von Eigentum stärker unterstützt werden.

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Gesundheit & Pflege

Steigende Lebenserwartung und modernste Gesundheitsversorgung steigern die Lebenschancen jedes Einzelnen. Unabhängig davon, ob mit der steigenden Lebenserwartung eine Verlängerung der Phase der Pflegebedürftigkeit einhergeht oder diese durch den medizinischen Fortschritt reduziert wird, wird in einer alternden Gesellschaft der Bedarf an medizinischen Leistungen, an Pflegeleistungen und an anderen Betreuungsleistungen steigen.

Effizienzsteigerung im Gesundheitswesen

Um sicherzustellen, dass die öffentlichen Gelder den Patientinnen und Patienten zu Gute kommen und nicht in ineffizienten Strukturen versickern, sind neben der laufenden Anpassung und Modernisierung des

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Leistungsspektrums im Gesundheitswesen die Strukturen für Administration und Leistungserbringung effizienzorientierter zu gestalten. Ziele sind eine transparente Finanzierung und eine Koordinierung der Leistungserbringung, die den Patienten im Mittelpunkt sieht. Das Vorsorgeprinzip muss im

Anreize für Vorsorge

Gesundheitssystem verankert werden. Dazu sollen präventive Programme forciert werden. Die Schaffung bzw. Förderung von Plattformen zur Betreuung und sozialen Eingliederung pflege- oder betreuungsbedürftiger

Menschen soll durch die Zusammenarbeit mit NGOs und sozialen Dienstleistern (z.B. Schulprojekte, Volontariate für Maturantinnen und Maturanten bzw. Studentinnen und Studenten) ermöglicht werden.

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Bedarfsorientierte Mindestsicherung – Sozialhilfe

Die Bedarfsorientierte Mindestsicherung (BMS) soll das Sicherheitsnetz für alle sein, die eines benötigen, aber für arbeitsfähige Personen nicht zur dauerhaften Versorgungsleistung werden. Dass es im Jahr 2015 erstmals mehr Notstandshilfebezieher als Arbeitslosengeldbezieher gab, zeigt, dass die Arbeitsmarktsituation verbessert und der Wiedereinstieg in die Erwerbstätigkeit erleichtert werden müssen.

Mindestsicherung neugestalten

Bei staatlichen Sozialleistungen muss es Solidarität in beide Richtungen geben: Mit jenen, die Hilfe brauchen, aber auch mit jenen, die das System finanzieren. Die Bedarfsorientierte Mindestsicherung ist kein

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bedingungsloses Grundeinkommen, sondern eine staatliche Hilfe zur Überbrückung schwieriger Zeiten. Der Bezug soll deshalb zeitlich begrenzt, die Geldtransferleistungen gedeckelt und vermehrt auf Sachleistungen zurückgegriffen werden. Arbeits- bzw. Integrationsunwilligkeit soll darüber hinaus zu Kürzungen bei der Mindestsicherung führen. Als Ziel soll die erfolgreiche Integration bzw. Reintegration in den Arbeitsmarkt bzw. bei Asylberechtigten zudem die private Integration in das neue gesellschaftliche Umfeld im Vordergrund stehen. Immigranten mit positivem

Einstiegspraktika und gemeinnützige Arbeit für Asyl­ berechtigte

Asyl­­b escheid , beruflichen Vorkenntnissen und geringen Deutschkenntnissen sollen die Möglichkeit haben, ein Einstiegs­praktikum bei Unternehmen zu absolvieren. Den Asylberechtigten soll dabei die Möglichkeit geboten werden,

fachspezifische Kenntnisse zu erwerben und ihre Deutschkenntnisse zu verbessern. Neben der Möglichkeit ein Praktikum zu absolvieren, sollen Asylberechtigte in der BMS bedarfsorientiert über verpflichtende gemeinnützige Arbeit an das Arbeitsleben in Österreich herangeführt werden.

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Menschen mit Behinderung

Menschen mit besonderen Bedürfnissen benötigen die Hilfe der Gemeinschaft in besonderem Maß. Diese Hilfe soll größtmögliche Teilhabe in allen gesellschaftlichen Bereichen ermöglichen. Sie soll in einer Weise gewährt werden, die nicht stigmatisiert.

Bessere Unterstützung für Eltern behinderter Kinder

Eltern behinderter Kinder sollen besser unterstützt werden. Dazu soll es einen Leistungsscheck geben, über den u.a. Familienhelferinnen und Familienhelfer mit Pflegeausbildung oder Rechtsberatung über Fördermöglichkeiten angefordert werden können.

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Als Modell für den Übergang

Integration in den ­A rbeitsmarkt

zwischen Schule und Beruf hat sich die Integrative Berufsausbildung (IBA) mit den Möglichkeiten einer teilqualifizierten Lehre oder verlängerten Lehrzeit bewährt. Der Übergang zwischen den über den Markt-

mechanismus bedienten und den nicht über Marktkräfte abgedeckten Bereichen der Arbeitswelt soll unter anderem durch Kombination von Beschäftigungen in beiden Bereichen ermöglicht werden. Kurzfristig soll beispielsweise eine Teilzeitbeschäftigung im Arbeitsmarkt neben einer Beschäftigung in einem sozial-ökonomischen Betrieb für Behinderte erleichtert werden. Durch Persönliche Assistentin-

Selbst­ bestimmtes Leben durch Persönliche Assistenz

nen und Assistenten können behinderte Menschen ein selbstbestimmtes Leben führen. 2004 wurde die „Persönliche Assistenz am Arbeitsplatz“ eingeführt. Im nächsten Schritt soll es eine umfassende und bundes-

weit einheitliche Regelung für Persönliche Assistenz geben.

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Bürgergesellschaft

Österreich verfügt über eine lebendige Bürgergesellschaft. Ehrenamtliches Engagement ist weit verbreitet und eine wichtige Stütze im Sozialbereich. Gesellschaftliche Solidarität darf nicht nur an den Staat delegiert werden. Die Bedeutung von Solidarität muss in der Gesellschaft sichtbar sein. Das ehrenamtliche Engagement ist zu stärken und zu fördern. NGOs sind wichtige Partner in der Erbringung sozialer Dienstleistungen.

Ehrenamt anerkennen

Um das ehrenamtliche Engagement in Österreich zu fördern, sollen die Leistungen ehrenamtlich tätiger Personen in Bildung und Beruf besser anerkannt werden. Ehrenamtliche Tätigkeiten sollen unter anderem für Berufsaus- bzw. -vorbildungen

angerechnet werden. Im öffentlichen Sektor sind ehrenamtliche engagierte Bewerberinnen und Bewerber bei gleicher Qualifikation bevorzugt einzustellen.

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Damit erfolgreiche Pilotprojekte

Soziale ­I nnovationen forcieren

auch aus der Bürgergesellschaft und NGOs in den Regelbetrieb überführt werden können, soll eine Agentur für soziale Innovationen geschaffen werden. Die Startup-Förderung soll in Richtung soziale Innovation ver-

breitert werden. Mit „Social Impact Bonds“ kann privates Kapital akquiriert werden: Wenn ein soziales Projekt die gemeinsam mit den staatlichen Stellen gesteckten Ziele erreicht (z.B. Vorsorgemedizin), wird das Kapital (verzinst) zurückerstattet. Solidarität in Sozialstaat und

Solidarität durch ­Transparenz stärken

Bürgergesellschaft erfordert die transparente Darstellung der Zahler-Empfänger-Beziehung in einer Transparenzdatenbank. Sozialstaatliche Leistungs- und Finanzierungs-Transparenz ist eine wichtige Grundlage auch

dafür, dass Arbeit stets attraktiver sein muss als der Bezug von Transferleistungen.

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Strukturen

Das österreichische Sozialsystem ist historisch gewachsen und weist Strukturen auf, deren Effizienz immer wieder infrage gestellt wird. Finanzierungsverantwortungen von Bund, Ländern, Gemeinden und Sozialversicherungsträgern decken sich nicht mit ihrer Aufgaben- und Ausgabenverantwortung.

Organisationsstrukturen über­ prüfen

Wenngleich die Selbstverwaltung als Organisationsprinzip grundsätzlich zu befürworten ist, soll sichergestellt werden, dass nicht die Gesamtinteressen des Sozialstaats den Interessen von Gruppen geopfert werden.

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In der Erbringung von Sozial-

Wege der Leistungserbringung überdenken

leistungen bestehen Schnittstellen- und Effizienzprobleme. Die dringend notwendige Optimierung der Angebotsstruktur wird durch den ständigen Versuch der Leistungsverlagerung in jeweils andere

Finanzierungsbereiche konterkariert. Die Leistungserbringung sollte möglichst aus einer Hand erfolgen. Der Faktor Arbeit ist in Öster-

Finanzierung

reich besonders stark belastet, die Lohnnebenkostenbelastung ist besonders hoch. Das wirkt wachstumshemmend und setzt falsche Anreize für die aktive und legale Teilnahme am Arbeitsmarkt.

Eine substanzielle Senkung der Lohnnebenkosten ist für den Beschäftigungsstandort Österreich essentiell.

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Pensionen

Der Generationenvertrag steht aufgrund der Überalterung der Gesellschaft am Prüfstand. Eine durchschnittliche Pension ist heute nur zu etwa 75% durch Pensionsversicherungsbeiträge gedeckt. Trotz überdurchschnittlicher Lebenserwartung ist das Pensionsantrittsalter in Österreich vergleichsweise niedrig. War man 1971 noch 45 Jahre im Arbeitsleben und nur acht Jahre in der Pension, waren es 2011 nur mehr 38 Jahre im Arbeitsleben, aber hingegen 22 Jahre im Ruhestand (vgl. www.agenda-austria.at).

Beitrags­ orientiertes Pensionssystem

Um das Pensionssystem fit für die Zukunft zu machen, soll es grundsätzlich beitragsorientiert gestaltet sein. Der Zeitpunkt des Pensionsantritts soll in Bandbreiten flexibel möglich sein. Das Pensionsantrittsalter sollte in Zukunft auch auf die Lebenserwartung Rücksicht nehmen.

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Basis der Verhinderung von

Absicherung des Lebensstandards im Alter

Altersarmut soll weiterhin die Ausgleichszulage sein. Die kapitalgedeckte betriebliche und private Zukunftssicherung soll ausgebaut werden. Wenn sie aus öffentlichen Mitteln finanziert werden, sind noch

bestehende, sachlich nicht gerechtfertigte Pensionsprivilegien unter Einhaltung des Verfassungsrechts abzuschaffen.

Auf einen Blick

Für einen leistungsfähigen Sozialstaat und eine

starke Verantwortungsgesellschaft muss Österreich

neue Wege gehen.

Beispielhafte Impulse zeigen, wie Familien besser

unterstützt, Pensionen und Gesundheitssystem

nachhaltig gesichert, Arbeit attraktiver, Wohnen

leistbarer, Strukturen moderner oder die Potenziale

der Bürgergesellschaft besser genutzt werden können.

Österreich braucht mehr Eigen­ verantwortung im Sozial­bereich. •

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Epilog Ein leistungsfähiger Sozialstaat ist eine Errungenschaft, die wir nicht in Frage stellen dürfen. Er sichert gesellschaftlichen Zusammenhalt und wirtschaftliche Stärke – und unterstützt jene Menschen, die es aus eigener Kraft nicht schaffen. Damit unser Sozialstaat das kann, müssen wir ihn laufend modernisieren, Fehlentwicklungen korrigieren und rechtzeitig auf Veränderungen reagieren. Wichtig ist aus meiner Sicht dabei der grundlegende Zugang – und da ist für mich klar: Sozial ist nicht, was schwach hält, sondern sozial ist, was Menschen stark macht. Und das sind Freiheit, Eigenverantwortung und Hilfe zur Selbsthilfe. Wir wollen keinen Club von anonymen, vom Staat abhängigen Menschen in unserem Land, die man aufgegeben hat. Wir wollen eine Gemeinschaft, in der man Menschen wieder aufrichtet, mit Würde begegnet und ihnen wieder Zukunft gibt. Das muss das oberste Ziel des Sozialstaats sein. Vielen Dank an dieser Stelle an all jene, die bei unserem Schwerpunkt SOZIALSTAAT NEU DENKEN mitgemacht, mitdiskutiert und mitgearbeitet haben. Vor allem auch ein großes Danke an Prof. Dr. Wolfgang Mazal, der als Leiter unseres Expertenkreises die Diskussionen geleitet und die Impulse aus Theorie und Praxis zusammengeführt hat. Weitere Ideen sind jederzeit unter sozialstaat@politische-­ akademie.at herzlich willkommen! Sebastian Kurz Vorsitzender der Politischen Akademie

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Danksagung Der vorliegende Innovationsbericht beruht auf den österreichweiten Diskussionen und Workshops der Politischen Akademie im Zuge des Schwerpunktes SOZIALSTAAT NEU DENKEN. Insgesamt haben sich an diesem Prozess in einem Zeitraum von sechs Monaten über 500 Personen beteiligt. Darunter auch namhafte Expertinnen und Experten aus Wirtschaft, Wissenschaft, Politik und von NGOs. Die Politische Akademie dankt allen Personen, die sich am Diskussionsprozess beteiligt haben – im Besonderen den Mitgliedern des Expertenkreises SOZIALSTAAT NEU DENKEN.

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Unser Sozialstaat steht vor gravierenden Veränderungen: Überalterung der Gesellschaft, steigende Zuwanderung, eine neustrukturierte Arbeitswelt, ein sich veränderndes Familienbild und mehr und mehr Bürgerinnen und Bürger, die dauerhaft von Sozialleistungen abhängig sind. Gleichzeitig werden Personen, die ins Sozialsystem einzahlen, weniger. Dadurch ist die nachhaltige Finanzierung unseres Sozialsystems gefährdet. Viele Menschen stellen deshalb unseren Sozialstaat in Frage. Und wenn Menschen überlegen, ob es sich überhaupt noch auszahlt, eine Arbeit anzunehmen, dann müssen wir dringend die Einstellungen überdenken. Ziel muss es sein, dass sich Arbeit lohnt und wir jenen gegenüber solidarisch sein können, die wirklich auf unsere Hilfe angewiesen sind. Im Prozess SOZIALSTAAT NEU DENKEN haben Expertinnen und Experten aufgearbeitet, welche Maßnahmen für unseren Sozialstaat wichtig sind und diese im #innovationsbericht_sozial gebündelt. Viel Freude beim Lesen!

ISBN 978-3-9504138-6-1 www.facebook.com/politischeakademie www.twitter.com/polakademie www.politische-akademie.at


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