English Abstract We commemorate in the year 2009 the third liberal revolution in Germany. After the european liberal revolution of 1848 / 49 and the social-democratic and republican Revolution of 1918/19 was the revolution of 1989 a contribution to the global liberation from communism. In contrast to the fractional class of capitalists have state classes a high degree of centralization. The use of the surplus product, they are not subject to market competition, which would force a re-investment. "The state classes are rather free of the social surplus product for their own consumption to be used as long as the stability of the political system is not threatened." (Hartmut Elsenhans) The State class acts in the tension between self-interest of privilege and the need to legitimize their own power. Rent and profit are two different forms of surplus product. State classes are the owners of rents. Communist state classes fight to legitimize their power from the opposition to capitalism and bourgeois-liberal democracy. They wont to create an ideological identification of interests of workers with a majority of the officials of the power structures. Without constant massive influence and control this identification can not be forced. Communist elites need the strong control of society, they can not have free press and free publicity, so they need also the secret service as their only reliable sources of information. Before the eyes of the world, the elites struggling desperately to provide a strong facade, fake a powerful image. They are well aware of their secret service, that the majority of the population in the communist state is thinking, that the communism is not worth defending. To the asked issue an overview is offered, remembering what happened. But this also with normative questions: How the government unit for the majority would have been created better? What are the dangers in such a transition? What can we learn from the german case for Korea? How could succeed in the destabilization of the dictatorship in North Korea? How we can promote thus the reunification of Korea as a republic? From the year 1985, the subversive groups in east-german "GDR" to assume, that the Soviet Union would have under Michail Gorbachev no longer interested in the defense of the government in East-Germany. Today we can see in China there are three taboos: free trade unions, the leadership of the Communist Party and human rights. It's just a matter of time until the government of China to the preservation of power in his own country is closer than the interest to be the protector of the North Korean dictatorship. In this respect, the situation could soon become comparable with the final phase of the east-german "GDR": The government of a part-state loses its supporting and protecting of a major power. Then my thesis: Communist elites can maintain their power only as long as they are able both to prevent the escape as also the organized resistance of the population. Finally, I offer fourteen recommendations for South Korea to the discussion. For the resistance in a dictatorship is nothing more important than the external support and the media world's attention. Edition Kritik & Kreation 2009
국제학술대회 Internationale Konferenz der Koreanisch-Deutschen Gesellschaft für Soziologie und des Koreanischen Institutes für Nationale Vereinigung anlässlich des 20. Jahrestages des Berliner Mauerfalls 통일 전후 동독 권력엘리트의 사회적 지위 변화 Veränderungen im sozialen Status der ostdeutschen Eliten vor und nach der Wiedervereinigung
발제 I: 통일과정에서의 동독 권력엘리트의 취급에 관한 연구 올리버 클로스 Referat I 2009 년 9월18일 금요일 18. September 2009, Freitag, 10 Uhr Die Behandlung der ostdeutschen Machteliten im Zuge der deutschen Wiedervereinigung Oliver Kloss
Seoul
Dongguk Universität
18. – 19. September 2009
Unterstützung: Friedrich-Ebert-Stiftung (Korea) Ministerium für Wiedervereinigung der Republik Korea Institute for North-Korea Studies der Dongguk Universität in Seoul
발제 I: 통일과정에서의 동독 권력엘리트의 취급에 관한 연구 올리버 클로스 Referat I Die Behandlung der ostdeutschen Machteliten im Zuge der deutschen Wiedervereinigung Oliver Kloss
1.
Machtelite im Kommunismus – Die kommunistische Staatsklasse reaktionärer „Revolutionäre“ ............................. 4
1. 1.
Zwei
frühe
Warner
vor
revolutionärem
Sozialismus/
Kommunismus .....................................................................................7 1. 2.
Das
Scheitern
der
reaktionären
„Revolutionäre“
am
wohlfahrtsstaatlichen Kapitalismus .......................................................9 1. 3.
Die kommunistische Ideologie im Lichte der politischen Psychologie des Ressentiments ...........................................................11
1. 4.
Zur Überwindung des Kommunismus: Ausweg und Ausgleich .............13
2.
Machteliten der DDR .......................................................... 17
2. 1.
Ein Insider der Machtelite der DDR als Zeitzeuge .................................17
2. 2.
Der „Einigungsvertrag“ zwischen den beiden deutschen Staaten als Mittel zur „Teilung des Rechtes“ im geeinten Staate ..........18
2. 3.
Der Weg der „SED“, der Partei der kommunistischen Staatsklasse der DDR, in die Demokratie der Bundesrepublik Deutschland.......................................................................................20
2. 4.
Strategie der organisierten ehemaligen Funktionseliten bis in das Jahr 2005: Postume Beschwörung von „DDR-Identität“ und Tarnung der Täter von gestern in inszenierter Opferrolle ......................21
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2. 5.
Nomenklaturkader .............................................................................24
2. 6.
Ministerium f端r Staatssicherheit (MfS) .................................................25
2. 7.
Eine Bemerkung zum Bildungswesen ..................................................26
2. 8.
Zusammenfassung .............................................................................27
3.
F端r die Wiedervereinigung Koreas als Republik.................... 30
3. 1.
Kosten der Teilung und Kosten der Vereinigung ..................................31
3. 2.
Wo gibt es in Nord-Korea organisierten Widerstand? ..........................33
3. 3.
Vierzehn Empfehlungen zur koreanischen Wiedervereinigung..............34
3. 4.
Ein Blick zur端ck und ein Blick voraus ...................................................37
Nachbemerkung f端r deutsche Leserinnen und Leser ........................ 39 Medienliste..................................................................................... 41 Anhang ......................................................................................... 45
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발제 I: 통일과정에서의 동독 권력엘리트의 취급에 관한 연구 올리버 클로스 Referat I
Die Behandlung der ostdeutschen Machteliten im Zuge der deutschen Wiedervereinigung Oliver Kloss
„In manchen Ländern hat man angestrebt, daß es einem Bürger nicht gestattet ist, die Gegend, in der er zufällig geboren ist, zu verlassen. Der Sinn dieses Gesetzes liegt auf der Hand: »Dieses Land ist so schlecht und wird so schlecht regiert, daß wir jedem verbieten, es zu verlassen, weil es sonst die ganze Bevölkerung verlassen würde«.“ 1 Voltaire (1694–1778)
Ich danke Corinna Schubert M.A. (Leipzig) und dem Historiker Rainer Müller (Leipzig) für wertvolle Hinweise bei der Überarbeitung des am 18. September 2009 in Seoul gehaltenen Vortrages sowie den Konferenzteilnehmern für sehr bereichernde Gespräche.
Die koreanische Übersetzung des Vortrages ist erschienen in: Koreanisch-Deutsche Gesellschaft für Soziologie (Hrsg.): Ostdeutsche Machteliten vor und nach der Wiedervereinigung Deutschlands: Lehren für Korea. / German Unification and Power Elites in the East Germany: Lessons for the Korean Unification. [Koreanisch] Mit Beiträgen von Seung Hyeob Lee, Jong Hee Lee, Tae Guk Jeon, Jan Wielgohs, Oliver Kloss, Markus Pohlmann und Michael Hofmann, Seoul (Republik Korea), Hanul Books, 2011, ISBN 978-89-460-5312-0, S. 15–56. 1
Voltaire: Abbé Beichtkind Cartesianer. Philosophisches Wörterbuch, Artikel „Gleichheit", Leipzig, Reclam, 1984, S. 173.
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„Wenn der Künstler an einem Uhrwerk zu bessern hat, so lässt er die Räder ablaufen; aber das lebendige Uhrwerk des Staats muss gebessert werden, indem es schlägt, und hier gilt es, das rollende Rad während seines Umschwunges auszutauschen.“ 2 Friedrich Schiller (1759–1805)
1.
Machtelite im Kommunismus – Die kommunistische Staatsklasse reaktionärer „Revolutionäre“
Wir gedenken in diesem Jahre der dritten freiheitlichen Revolution in Deutschland.
3
Nach der liberalen europäischen Revolution von 1848/ 49 und der sozialdemokratischrepublikanischen Revolution von 1918/ 19 war die Revolution von 1989 ein Beitrag zur globalen Befreiung vom Kommunismus.
4
In der Propaganda derjenigen Staaten, die sich durch kommunistische Ideologeme legitimiert haben, galt der „sozialistische Staat“ als erste Stufe zum Kommunismus. In diesem Sinne zählt auch die „Deutsche Demokratische Republik“ (DDR)
5
zu den
6
kommunistischen Staaten. So bleibt der Zusammenhang zur Epoche gewahrt und der mindestens zweideutige Sozialismus-Begriff lässt sich vermeiden. 2
3
4
5
6
Schiller, Friedrich: Über die ästhetische Erziehung des Menschen in einer Reihe von Briefen. Dritter Brief. In: ders.: Über Kunst und Wirklichkeit. Schriften und Briefe zur Ästhetik. Leipzig, Reclam, 1985, S. 235. Auch der anti-republikanische Systemwechsel der Nationalsozialisten 1933 kann als „legale Revolution“ (Goebbels) verstanden werden, aber er markiert nur die Zerstörung zivilisatorischer Errungenschaften und Freiheitsrechte, ließe sich nur als anti-liberale bzw. freiheits-feindliche „Revolution“ verstehen. Lediglich fünf Staatsklassen – in Kuba, Laos, Vietnam, China und Nord-Korea – legitimieren ihre Herrschaft seither noch mit kommunistischer Ideologie, dies heißt aber nicht, dass in allen ehemaligen kommunistischen Staaten die Regierungsformen der Diktatur oder des autoritären Regimes überwunden wären. Es genügt an Russland zu denken. Die „DDR“ war zwar weder „demokratisch“ noch „Republik“ und von der Bundesrepublik Deutschland bis 1989 auch nicht als souveräner Staat diplomatisch anerkannt worden, doch die Selbstbezeichnungen von Staaten sind stets mit Vorsicht zu betrachten. Auch Nord-Korea nennt sich „Demokratische Volksrepublik Korea“ (DVRK). Vgl. Gauck, Joachim/ Neubert, Ehrhart: Politische Verbrechen in der DDR. In: Courtois, Stéphane/ Werth, Nicolas/ Panne, Jean-Louis/ Paczkowski, Andrzey/ Bartosek, Karel/ Margolin, Jean-Louis: Schwarzbuch des Kommunismus. Unterdrückung, Verbrechen und Terror. München/ Zürich, Piper, 1998, S. 829-884. [Le livre noir du communisme. Paris, Editions Robert Laffont, 1997]; Gauck, Joachim: Vom schwierigen Umgang mit der Wahrnehmung. In: Courtois, Stéphane et al.: Schwarzbuch a. a. O., S. 885–894; Furet, Francois: Das Ende der Illusion. Der Kommunismus im 20. Jahrhundert. München/ Zürich, Piper, 1996.
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Im engeren Sinne soll der Begriff Machtelite oder politische Elite hier dezisionistisch
7
verstanden werden. Bezogen auf die Machtausübung im DDR-Staate sind demgemäß nur diejenigen
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Funktionäre
8
der
Staatsklasse
gemeint,
die
politisch
relevante
Entscheidungen im Partei- und Staatsapparat fällen konnten. Der Begriff Machtelite im weiteren Sinne ist funktional zu verstehen, er meint die gesamte kommunistische Staatsklasse. Allgemein bezeichnet die Staatsklasse
9
die
herrschende Klasse in einem Staate mit einer Ökonomie, in der die marktförmige Wirtschaft mindestens nicht dominiert. „Politik ist die Lehre vom Zugang von
Minderheiten zu Ressourcen, die von Mehrheiten produziert werden.“ 10 Am Markt kann ein Mehrprodukt in Form des Profites gewonnen werden. Im nicht-marktförmigen Bereich der Wirtschaft wird das Mehrprodukt in Form der Rente angeeignet. Rente und Profit sind zwei einander ausschließende Formen von Mehrprodukt. Der Zugang zu Renten und deren Verteilung ist das Privileg der Funktionäre einer Staatsklasse. Im Gegensatz zur fraktionierten Klasse von Kapitalisten weisen Staatsklassen einen hohen Zentralisierungsgrad auf. In der Verwendung des Mehrproduktes unterliegen sie keiner Markt-Konkurrenz, die eine Re-Investierung erzwingen würde. „Die Staatsklassen
sind vielmehr frei das gesellschaftliche Mehrprodukt für den eigenen Konsum zu verwenden, solange die Stabilität des politischen Systems nicht bedroht ist.“ 11 Um die Stabilität des politischen Systems zu erhalten, belohnt die Staatsklasse politische Loyalität. Die Staatsklasse agiert im Spannungsfeld zwischen eigenem Interesse an Privilegierung und dem Zwang zur Legitimation der eigenen Macht.
7
8
9
10
11
Elite ist demgemäß nicht mit irgendeinem Niveau von Bildung verbunden, wie z. B. der Sächsische Staatsminister Hans Joachim Meyer 1997 unterstellt hatte, als er bestritt, es habe in der DDR je eine politische Elite gegeben. Jan Wielgohs unterscheidet Herrschaftselite von Funktionselite, über die Herrschaftselite sagt er: „Ich habe zweiundfünfzig [Personen] erfasst und das ist großzügig.“ Vgl. Konferenzbeitrag Referat III: Biographische Betrachtungen der politischen Eliten in Ostdeutschland um die Zeit der Wiedervereinigung, Seoul, 2009. Siehe zum Begriff Staatsklasse: Elsenhans, Hartmut: Abhängiger Kapitalismus oder bürokratische Entwicklungsgesellschaft. Frankfurt am Main, Campus, 1981 bzw. ders.: State, Class and Development. New Delhi, Radiant, 1996; Elsenhans, Hartmut: „Staatsklassen“, in: Schulz, Manfred (Hrsg.): Entwicklung – Die Perspektive der Entwicklungssoziologie. Opladen, Westdeutscher Verlag, 1997, S. 161-185. Elsenhans, Hartmut: Staatsklasse und Entwicklung revisited. In: Engel, Ulf/ Jakobeit, Cord/ Mehler, Andreas/ Schubert, Gunter (Hrsg.): Navigieren in der Weltgesellschaft. Festschrift für Rainer Tetzlaff, Münster, LIT, 2005, S. 155-167, S. 158. Elsenhans, Hartmut: Das Internationale System zwischen Zivilgesellschaft und Rente. Münster, LIT, 2001, S. 212.
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Diese funktionale Beschreibung des Begriffes Staatsklasse sagt noch gar nichts über den Charakter der jeweiligen Staatsklasse, über deren politische Ziele bezüglich der Verteilung des Mehrproduktes und bezüglich des Wohlstandes der Mehrheit. Staatsklassen können ebenso ausbeuterisch wie wohlwollend sein. Zum Beispiel ist Norwegen nicht nur der Staat Europas, der das höchste Wohlstandsniveau aufweist. Norwegen ist auch ein Staat, dessen Regierung demokratisch legitimiert ist und doch ist der Wohlstand aus Renten gewonnen, denn die Einnahmen des Staates verdanken sich überwiegend dem Export von Erdöl. In diesem Falle ist die SelbstPrivilegierung der Staatsklasse durch die demokratische Staatsform eng begrenzt, während die Legitimation durch den Wohlfahrtsstaat sehr hoch ist. Kommunistische Staatsklassen rechtfertigen ihre Macht gerade aus der erklärten Gegnerschaft zu Kapitalismus und bürgerlich-liberaler Demokratie. Kommunistische Staatsklassen setzten auf die mehr oder weniger erzwungene Identifikation der 12
produzierenden Mehrheit mit den Interessen der Funktionäre des Machtapparates. Ohne ständige massive Beeinflussung und Kontrolle ist diese Identifikation nicht zu erhalten. In der gebotenen Kürze kann ich nur einen Abriss zum mir gestellten Thema bieten, zumal der Umgang mit ostdeutschen Machteliten im Prozess der staatlichen Vereinigung Veränderungen unterlag. Ich möchte das Geschehene eingedenk der normativen Frage skizzieren: Wie hätte die deutsche Einheit für die Mehrheit der Menschen besser gelingen können? Welche Gefahren lauern in einem solchen Übergang? Welche Entscheidungen sind von wem zu wessen Gunsten politisch gewollt worden? Abschließend sei der Versuch gewagt, Empfehlungen für Süd-Korea im Umgang mit Nord-Korea und zugunsten der staatlichen Vereinigung als Republik zur Diskussion zu stellen.
12
Rousseaus identitäres Demokratiekonzept bietet sowohl für den Kommunismus wie für den Faschismus das kollektivistisch-antiliberale staatsrechtliche Grundmuster.
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1. 1.
Zwei frühe Warner vor revolutionärem Sozialismus/ Kommunismus
Die revolutionär-kommunistische Arbeiterbewegung ist anti-kapitalistisch, sie erstrebt die Überwindung des Kapitalismus und will die marktförmige Wirtschaft beseitigen. Die reformistische Arbeiterbewegung hingegen ist pro-kapitalistisch, sie will den Wohlstand der Arbeiter innerhalb des Kapitalismus und mittels des Marktes steigern. Beide sollten stets klar voneinander geschieden werden. Es sei kurz an die beiden Denker erinnert, die diese Unterscheidung frühzeitig vorgenommen und sogar die Gefahren der anti-kapitalistischen Arbeiterbewegung deutlich erkannt haben. Friedrich Nietzsche (1844–1900) erlebte die sich im Europa seiner Zeit herausbildenden Arbeiterbewegungen und hat sie anhand ihrer Ziele unterschieden: Er sprach sich zugunsten der „Sozial-Demokraten“
13
aus. Der revolutionäre „Umsturz-Sozialismus“
14
aber, „die zu Ende gedachte Tyrannei der Geringsten“, galt ihm als „im tiefsten Verstande
reaktionär“ 15 Uns Heutigen mutet Nietzsches rhetorisch zugespitzter Wunsch im Nachlass so erschreckend wie weitsichtig an: „[…] ich wünschte, es würde durch einige große
Versuche bewiesen, dass in einer sozialistischen Gesellschaft das Leben selbst sich verneint, sich selber die Wurzeln abschneidet. Die Erde ist groß genug, und der Mensch immer noch unausgeschöpft genug, als dass mir eine derart praktische Belehrung und demonstratio ad absurdum, selbst wenn sie mit einem ungeheuren Aufwand von Menschenleben gewonnen und bezahlt würde, nicht wünschenswert erscheinen müsste.“ 16 Zur moralischen Aufwertung der Arbeit durch die Arbeiter bemerkte Nietzsche: „Die
»Würde der Arbeit« ist […] ein Traum von Sklaven.” 17 In diesem Urteil ist ihm in seiner Zeit nur das Werk von Paul Lafargue (1842–1911) ebenbürtig zur Seite zu stellen. Dieser erste Reformist unter den Sozialisten, ein Schwiegersohn von Karl Marx, löste sich von der hegelianisch-marxistischen Fiktion einer „historischen Notwendigkeit“ zur Revolution. Für
13
14 15 16 17
Z. B. Nietzsche, Friedrich: Kritische Studienausgabe [Fortan: KSA]. Hrsg. von Giorgio Colli und Mazzino Montinari, New York/ Berlin, Walter de Gruyter, 2. Aufl. 1988, Bd. 1, S. 199 f. [David Strauss der Bekenner und der Schriftsteller, 7]; KSA 2, S. 296 [MA I, 457] oder KSA 2, S. 312 ff. [MA I, 478 f.]. Ebenda, KSA 1, S. 117 [GT 18]; KSA 2, S. 295 [MA I, 454] oder KSA 2, S. 299 [MA I, 463]. Ebenda, KSA 2, S. 307 [MA I, 473]. Ebenda, KSA 11, S. 587 [NF Juni-Juli 1885, 37, 11]. Ebenda, KSA 7, S. 140, NF Ende 1870–April 1871, 7 [16],
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Lafargue ist die gewaltsame Revolution nur noch eine Option der Drohung, sofern es im Kapitalismus nicht gelingen sollte, die Not der Arbeiter zu überwinden. Undramatisch weist er den Arbeitern den Weg des Kampfes um Teilhabe: „wenn es geht friedlich, wenn
nicht, mit Gewalt!“ 18 Paul Lafargue sah im Kapitalismus die Chance für die Steigerung des Preises der Arbeit:
„Um die Kapitalisten zu zwingen, ihre Maschinen von Holz und Eisen zu vervollkommnen, muss man die Löhne der Maschinen von Fleisch und Bein erhöhen und die Arbeitszeit derselben verringern.“ 19 Lafargue erkennt bereits, dass Vollbeschäftigung die Bedingung der Möglichkeit ist, um den Anteil der Arbeiter am Wohlstand der Gesellschaft zu erhöhen. Ebenso erkennt Lafargue schon, dass Arbeitslosigkeit lediglich ein politisches Verteilungsproblem ist: „man muss, um Arbeit für alle zu haben, sie rationieren wie
Wasser auf einem Schiff in Not.” 20 Anti-kapitalistische Revolutionäre ersehnen die von Marx prognostizierte Verelendung der Arbeiter. Die pro-kapitalistische Arbeiterbewegung hingegen kämpft im Kapitalismus um steigende Einkommen für die Massen als Bedingung für Vollbeschäftigung sicherndes Wachstum, also für den Erhalt des Kapitalismus bei gleichzeitiger Verbesserung der Lebensverhältnisse der Mehrheit.
21
Auch zunächst revolutionär-kommunistische Arbeiter-Organisationen können auf den pro-kapitalistischen Weg gelangen, sobald sie dessen Vorteile für die Arbeiter erkennen. Ein Beispiel dafür ist Süd-Korea: Die exportorientierte Industrialisierung und die 22
Demokratisierung verliefen überaus erfolgreich. Anfangs konnte die Arbeiterklasse in der Revolution noch ein mögliches Ziel sehen. Sobald jedoch Vollbeschäftigung erreicht war, hat die Arbeiterklasse breite Bündnisse mit bürgerlichen politischen Kräften geschlossen, 23
die nicht in Abhängigkeit von Großunternehmen stehen. Auf diese Weise vermochte sie ihren Einfluss zu steigern.
18
19 20 21
22
23
Lafargue, Paul: Das Recht auf Faulheit. Widerlegung des „Rechts auf Arbeit“ von 1848. In: ders.: Das Recht auf Faulheit und andere Satiren, Berlin, Stadtbuch, 1991, S. 7–53, S. 8. Ebenda, S. 40. Ebenda, S. 38. Vgl. Elsenhans, Hartmut: „Rising Mass Incomes as a Condition of Capitalist Growth: Implications for the World Economy”, in: International Organization, 37, 1 (Winter 1983), p. 1–38. Vgl. Kim, Sun-Hyuk: The Politics of Democratization in Korea. The Role of Civil Society, Pittsburgh, Penn., University of Pittsburgh Press, 2000, S. 55–57; Lee, Hahn Been: „Korean Developement Revisited: Half a Century of Interplay of Democratic Expectations and Economic Development“, in: Choi, Sang-Yong (Hrsg.): Democracy in Korea. Its Ideals and Its Realities, Seoul, Seoul Press, 1997, S. 93–110. Siehe Kim, Hong-Joo: Demokratisierung der öffentlichen Verwaltung in der Republik Korea. Übergang zu Marktwirtschaft und marktfreundlicher Ordnungspolitik im Kampf um den demokratischen Rechtsstaat, Dissertation, Leipzig, 2002.
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Unter Bedingungen von Vollbeschäftigung orientieren sich die Arbeiter erfolgreich an pro-kapitalistischen Strategien zugunsten eines Wohlfahrtsstaates.
1. 2.
Das
Scheitern
der
reaktionären
„Revolutionäre“
am
wohlfahrtsstaatlichen Kapitalismus In den 40 Jahren der DDR gingen etwa 4,5 Millionen Menschen aus dem Osten in den Westen Deutschlands, aus der DDR in die Bundesrepublik. Spätestens seit dem Bau der Berliner Mauer war das Verlassen der DDR mit hohen Risiken verbunden. Bei Flucht war der Tod wahrscheinlicher als das Leben. Schon die Vorbereitung der Flucht wurde mit Gefängnisstrafe geahndet. Wer einen „Antrag auf ständige Ausreise“ stellte, riskierte Berufsverbot, Armut und Kriminalisierung. Der Zeitpunkt der Entlassung aus der DDR blieb unvorhersehbar. Ende der 80er Jahre wurden die Ausreisewilligen zum wichtigen Potential des organisierten Widerstandes in Zusammenarbeit mit den subversiven Gruppen. In einer Despotie würde sich die Sklaverei nicht mehr lohnen, sobald es den Sklaven gelänge sich zu organisieren und die Zahl der Aufseher deshalb permanent gesteigert werden müsste. Ebenso konnten auch die subversiven Gruppen in der DDR darauf setzen, dass mit zunehmenden öffentlichen Aktionen der staatliche Sicherheitsapparat zur Erweiterung stimuliert werde. Als Folgen waren sowohl die Steigerung der Kontrollkosten für den Staat als auch die zunehmende Unzufriedenheit der kontrollierten Staats-Insassen zu erwarten. Hartmut
Elsenhans
analysierte
die
Abhängigkeit
der Entfaltung der
inneren
Widersprüche der Planwirtschaft von der konjunkturellen Entwicklung des Kapitalismus:
„Es gab Phasen, in denen der »reale Sozialismus«, die Planwirtschaft, wirtschaftlich überlegen schien, aber nur deshalb, weil im real existierenden Kapitalismus die »Kapital«Interessen zu stark geworden waren. Die inneren Widersprüche des realen Sozialismus mußten sich entfalten, wann immer im Kapitalismus Arbeit mächtig genug wurde, und über die Expansion ihrer Einkommen im Verhältnis zur geleisteten Arbeitszeit, also über Reallohnsteigerungen und Arbeitszeitverkürzung, für Wachstum sorgte.” 24 Anfang der achtziger Jahre sei diese Situation erreicht worden: „Um der sinkenden
Kapitalproduktivität entgegenzuwirken, wurde Technologie importiert. Man übersah 24
Elsenhans, Hartmut: „Aufstieg und Niedergang des realen Sozialismus. Einige politökonomische Anmerkungen“, in: COMPARATIV. Leipziger Beiträge zur Universalgeschichte und vergleichenden Gesellschaftsforschung, Heft 1 (1998), Leipziger Universitätsverlag, S. 122-132, S. 122.
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dabei, daß der Kapitalismus nicht primär wegen seines technischen Wissens, sondern wegen der den »Privilegierten« aufgezwungenen Marktkonkurrenz knappe finanzielle Ressourcen (Kapital) kostengünstiger einsetzte, und dies, solange Arbeit stark genug war, um hohe Masseneinkommen durchzusetzen. Im planwirtschaftlichen System stoppten die Wachstumsprozesse ab, weil Akkumulation trotz stagnierenden Konsums nicht mehr finanzierbar war, während die Öffnung gegenüber dem Weltmarkt zum Zweck des Technologieimports zur Verschuldung führte.” 25 Die im Sozialismus als Überlegenheit gelobten hohen Kapitalkoeffizienten und Investitionsquoten bedeuteten angesichts des kapitalistischen wohlfahrtsstaatlichen 26
Wachstums nichts anderes als eine „Ausbeutung durch Ineffizienz“ . Zuerst wurde dieser Vorwurf der „Ausbeutung durch Ineffizienz“ von der freien Gewerkschaft
in
Polen
1980
gegen
die
kommunistische
Regierung
erhoben.
„Solidarność“, die erste freie Gewerkschaft in den kommunistischen Staaten Europas, artikulierte ihre Kritik: Sie lobte die Lage der Arbeiter im Kapitalismus, denn dort hatten die Arbeiter nicht nur ein höheres Lebensniveau, auch die Arbeitszeiten waren kürzer und sogar die Urlaubszeiten weit länger.
27
Die kommunistische Regierung Polens antwortete im Dezember 1981 mit offener Gewalt, verhängte den Ausnahmezustand und das Kriegsrecht gegen die Arbeiter.
28
Deutlicher konnte nicht gezeigt werden, dass eine kommunistische Staatsklasse sich nur dann auf das Volk und die Arbeiter
beruft, solange dies der Legitimation eigener
Privilegien dienlich ist.
25 26
27
28
Ebenda, S. 130. Elsenhans, Hartmut: Abhängiger Kapitalismus oder bürokratische Entwicklungsgesellschaft. Versuch über den Staat in der Dritten Welt. Frankfurt a. M./ New York 1981, S. 90, Anm. 89; oder ders.: State, Class and Development. New Delhi/ London, Radiant, 1996, S. 144, Anm. 90. Als Inbegriff des wohlfahrtsstaatlichen Kapitalismus galt Schweden. So erklärte Tschingis Aitmatow im Sommer 1990 in Moskau, wann immer ein propagandistischer Systemvergleich in der Sowjetunion geboten worden wäre, die Gebildeten hätten nur auf Schweden verweisen müssen, um die kommunistischen Funktionäre verstummen zu lassen. Und die Schriftstellerin Rosemarie Schuder schrieb in der Zeitung der DDR-CDU „Union“ in Dresden im Herbst 1989, Schweden sei das Vorbild eines künftigen Kapitalismus für die DDR und Frankreichs Automobile zeigten, wie im Kapitalismus sogar Staatsbetriebe produktiv sein können. Der polnische Marxist Adam Schaff (1913-2006) lenkte die Aufmerksamkeit auf die praktische Absurdität innerhalb der marxistisch-leninistischen Lehre, indem er die Kommunistische Partei Polens aufforderte sich aufzulösen, denn eine „Arbeiterpartei“, die den Arbeitern sich zu organisieren verböte, sei keine „Arbeiterpartei“ mehr. Er wurde wegen „bourgeoisen und revisionistischen Gedankengutes“ 1982 aus dieser Partei ausgeschlossen.
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1. 3.
Die kommunistische Ideologie im Lichte der politischen Psychologie des Ressentiments
Friedrich Nietzsche sah die Gefahr, die „Torheit der Ausbeutenden“
29
könne kollektives
Streben nach Rache entfachen, das Ressentiment durch die demütigende Asymmetrie der Macht provozieren. Gelingt es Unterdrückten durch die Organisation ihrer Kraft einen Ausgleich zu erkämpfen, kann bei annähernder Gleichmächtigkeit der Gegner ein Vertrag zu gegenseitigem Vorteil geschlossen werden. Zum Beispiel kann auf der Ebene eines Staates aus dem Kampfe widerstreitender Kräfte im Waffenstillstand eine Republik gegründet 30
werden. Keine der beiden Seiten unterliegt ganz, zu beider Kräfte Vorteil werden Regeln für eine bessere Struktur gebildet, wodurch die Wiederholung des überwundenen Kampfes ausgeschlossen werden soll. Im Sinne der Spieltheorie ließe sich dann von einer Win-Win-Situation sprechen. Kann auch das Gegenteil der Win-Win-Situation eintreten? Wenn die Ausbeutung in die Verzweiflung treibt und die sich Rächenden im Kampfe gegen ihre Ausbeuter ganz obsiegen, besteht die Gefahr, es könne danach beiden Seiten schlechter gehen. Diese Gefahr meint Nietzsche, wenn er den Ausbeutenden Torheit vorwirft. Diese Möglichkeit der reaktionären Revolution kennt die marxistische Revolutionstheorie gar nicht, aber den Historikern dürften solche Ereignisse nicht fremd sein. Die aus dem Ressentiment gespeiste siegreiche reaktionäre Revolution tritt genau dann ein, wenn (1) den Rächenden nur die Angleichung des Gegners nach unten gelingt, wenn die Privilegierten ihrer Privilegien nur enteignet werden und (2) die Sieger sich mit ihrem Siege den eigenen offen positiven Ausweg nach oben verstellen, ihr Streben dahin verleugnen, zum Beispiel indem sich die Regierung als „Arbeiterregierung“ ausgibt.
29 30
Nietzsche, Friedrich: KSA 11, S. 587 [NF Juni-Juli 1885, 37, 11]. Vgl. ebenda, KSA 2, S. 289 f. [MA I, 446]. – In diesem Text antizipiert Nietzsche die Machtfrage der sozialdemokratisch-republikanischen Revolution von 1918/ 19.
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Das Ressentiment, das „Rückschlagsgefühl“ , hat zwei Aspekte: (1) die Anerkennung der Überlegenheit der Werte des Gegners und (2) die Unfähigkeit sie real teilen zu können, sich dem überlegenen Gegner anähnlichen oder angleichen zu können. Die Haltung des Ressentiments ist also „nicht einfach durch Ablehnung und Neid
bestimmt, sondern dadurch, dass man das Andere oder den Anderen zugleich als »besser« anerkennt, dass man aber nicht in der Lage ist, dieses Bessere einfach selbst nachzuvollziehen – und daher auf einen »eigenen« Weg angewiesen ist.“ 32 In diesem Sinne ist das Ressentiment aktiv reaktionär und sogar reaktionär schöpferisch. Der expressionistische Dichter Carl Sternheim fand ein gelungenes Bild: „Ressentiment
ist, wenn der Fuchs die Trauben sauer schilt, weil er sie haben möchte und nicht haben kann.“ 33 Der Kommunismus ist eine kollektive Ressentiment-Bewegung, aus Demütigungen motiviert, zerstört diese Bewegung, wo sie siegt, mit der marktförmigen Wirtschaft auch die bürgerlichen Freiheiten. Und sogar dort, wo sie die Marktwirtschaft zulässt, bleibt sie politisch freiheitsfeindlich. Die Ressentiment-Bewegung wendet sich nicht nur gegen ihre Gegner; sie schadet den Trägern des Ressentiments selbst zuerst.
34
Anti-liberales
Ressentiment verhindert freiheitliche Konfliktlösungen. Letztlich
werden
kommunistische
Machteliten
das
ambivalente
Gefühl
realer
Minderwertigkeit nie los, mögen sie sich noch so machtvoll gebärden. Generöse Bejahung des Lebens ist reaktionären Revolutionären einfach nicht vergönnt. Im Inneren ihrer Staaten können kommunistische Machteliten mit ihrem Reichtum nicht einmal richtig prahlen, sie müssen ihn sogar der Öffentlichkeit verheimlichen. Wenn sie ihre Macht durch die vorgebliche Identifikation mit den Arbeitenden 31
32
33
34
35
legitimieren,
Theodor Lessings Übertragung des französischen Wortes ins Deutsche. Vgl. Lessing, Theodor: Nietzsche. Berlin, Ullstein, 1925, S. 44. Bochmann, Klaus/ Stekeler-Weithofer, Pirmin: Ambivalenzen der Okzidentalisierung – ein Projekt. In: Müller, Dorothea (Hrsg.): Ambivalenzen der Okzidentalisierung – Zugänge und Zugriffe. Leipzig, Leipziger Universitätsverlag, 1998, S. 11–23, S. 14. Sternheim, Carl: Das Arbeiter-ABC [1922]. In: ders.: Gesammelte Werke in sechs Bänden. Bd. 6 (Vermischte Schriften), Hrsg. Fritz Hofmann, Berlin/ Weimar, Aufbau-Verlag, 1965, S. 278-292, S. 291. Nietzsche, Friedrich: KSA 6, (Ecce homo) S. 273: „Das Ressentiment, aus der Schwäche geboren,
Niemandem schädlicher als dem Schwachen selbst, — im andern Falle, wo eine reiche Natur die Voraussetzung ist, ein überflüssiges Gefühl, ein Gefühl, über das Herr zu bleiben beinahe der Beweis des Reichtums ist.“ 35
Westdeutsche Journalisten fanden den heimlichen „Luxus“ der DDR-Eliten, die Jagdhäuser etc. eher kleinlich und bieder, verstanden kaum, was die Ostdeutschen empörte, wenn Funktionäre in der Waldsiedlung Wandlitz heimlich luxuriös lebten. Erst im Kontext der Staatsideologie wird dies verständlich.
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können sie sich Attribute der vermeintlich verhassten „Bürgerlichkeit“ nicht öffentlich zu zeigen leisten. Der rumänische Conducator wollte sich zwar den größten Palast der Welt errichten, aber eben als „Palast des Volkes“. Je mehr kommunistische Eliten alle freie Öffentlichkeit ersticken müssen, um so stärker sind sie auf Geheimdienste als ihre einzigen verlässlichen Informationsquellen angewiesen. Vor den Augen der Weltöffentlichkeit mühen sich die Machteliten verzweifelt, eine stabile Fassade zu bieten, ein machtvolles Bild vorzutäuschen.
36
Dabei wissen sie von ihren Geheimdiensten zumindest mit Gewissheit, dass die Mehrheit der beherrschten Bevölkerung den kommunistischen Staat nicht der Verteidigung wert befindet. Kommunistische Eliten können ihre Macht nur bewahren, solange es ihnen gelingt sowohl die Flucht wie den organisierten Widerstand der Bevölkerung zu unterbinden.
1. 4.
Zur Überwindung des Kommunismus: Ausweg und Ausgleich
Dem Widerstand gegen die kommunistischen Machteliten wird die effektive Destabilisierung des Machtapparates gelingen, sobald ihm (1) die Eroberung der Ressource „Organisation“ gelingt und der sich koordinierende organisierte Widerstand mit (2) der Bewegung der unorganisierten zur Ausreise bzw. zur Flucht Entschlossenen zum gegenseitigen Vorteil zusammen arbeitet.
37
Die subversive Zusammenarbeit zwischen den Engagierten für „Voice“ (Mitbestimmung) und „Exit“ („Austritt“ im Sinne von Albert O. Hirschman) gelang in Leipzig sehr erfolgreich und mündete in diejenigen Massendemonstrationen, die zum Sturz des DDRStaates geführt haben.
36
37
Gedacht sei zum Beispiel an die ersten Atomwaffentests vom Oktober 2006 in Nord-Korea, dem einzigen Land, das seine Mitgliedschaft im Atomwaffensperrvertrag am 10. Januar 2005 tatsächlich aufgekündigt hat. Siehe Wulf, Herbert: „Nordkoreas Nuklearpoker“, in: FriedensForum. 22. Jg., Heft 4 (2009), S. 3. Kloss, Oliver: Revolutio ex nihilo? Zur methodologischen Kritik des soziologischen Modells „spontaner Kooperation“ und zur Erklärung der Revolution von 1989 in der DDR. In: Timmermann, Heiner (Hrsg.): Agenda DDR-Forschung. Ergebnisse, Probleme, Kontroversen. Münster, LIT, 2005, S. 363–379. – Eine Fehleranalyse der Thesen der deutschen Soziologen KarlDieter Opp und Detlef Pollack. Als Alternative wird zur Erklärung der Revolution 1989 in der DDR die Austauschtheorie zwischen dem organisierten Widerstand und den Ausreise-Willigen vorgeschlagen.
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Die organisierten Gruppen des Widerstandes in kommunistischen Staaten stehen nie in der Gefahr zur Ressentiment-Bewegung zu geraten. Erinnern wir uns der Struktur des Ressentiments: Bedingung für Ressentiment ist, dass man „das Andere oder den Anderen
zugleich als »besser« anerkennt“. Wie aber sollte dies dem organisierten Widerstande im kommunistischen Staate überhaupt möglich sein? Gerade die unvermeidlich ehrliche Verachtung der vom Ressentiment motivierten herrschenden Machtelite bewahrt den organisierten Widerstand vor jeglichem freiheitsfeindlichen Ressentiment.
38
Von seiten der Machteliten kann die kommunistische Ideologie auch dann, wenn die Stabilität des Systems bedroht ist, nur mit dem Risiko aufgekündigt werden, ihre einzige Legitimation zu verlieren. Von seiten der Machteliten sind angesichts wachsender Unzufriedenheit der Beherrschten nur zwei Auswege möglich: (1) Die Machteliten können den Wechsel zu einer anderen Ideologie
39
versuchen, die
zur Bewahrung der Machtpositionen und undemokratischen Strukturen dient, und/ oder (2) sie bejahen eine kapitalistische Transformation in Erwartung des in der materiellen Ressourcen-Ausstattung gegebenen eigenen „Start-Vorteils“ im Marktzugang. Kraft ihrer ohnehin bestehenden Ressourcen-Überlegenheit können Machteliten im 40
Übergang in die marktförmige Wirtschaft versuchen sozialstrukturell „oben“ zu bleiben . Ressourcen-Überlegenheit begünstigt Chancen des Marktzugangs, verspricht obere Plätze in der sozialen Hierarchie zu erobern. Auch in staatlichen Institutionen können weite Teile der Staatsklasse darauf setzen, ihre Positionen in der Demokratie zu behaupten. In diesem Sinne lässt sich leicht verstehen, weshalb kommunistische Machteliten um 1989 vergleichsweise wenig offenen Widerstand geleistet haben.
38
39
40
Die Furcht kommunistischer Machteliten vor Rache-Exzessen kann real sein, wie sich gegen Ende der DDR an einzelnen Suiziden von Funktionären gezeigt hat. Sie kennen ihre eigene Niedertracht am besten und fürchten, was sie verdient zu haben glauben. Dabei unterstellen sie ihren Gegnern die psychische Struktur des Ressentiments, die ihnen selbst eigen ist. Von seiten des Widerstandes gab es sogar erstaunlich wenig Gewalt, lediglich das Reagieren mit Steinwürfen auf prügelnde Sicherheitskräfte wurde zum Beispiel in Dresden bekannt. Wo Verachtung überwiegt, kommt aktiver Hass vornehmlich in der aktuellen Situation auf. Kim Il Sung hatte mit Streichung des Marxismus-Leninismus aus der Verfassung Nord-Koreas den Wechsel zu seiner eigenen Juche-Ideologie vollzogen. „Juche“ bedeutet Subjekt und meint, Menschen können durch ihren Willen den Bedingungen der Umwelt überlegen sein. Dem Einzelnen sei diese Macht allerdings nur im Kollektiv mit einem Führer an der Spitze vergönnt. Im weiteren Sinne meint Juche auch politische Unabhängigkeit und wirtschaftliche Autarkie des Staates. Dieser Ideologie-Wechsel ließe sich als Versuch der Stabilisierung durch Vereinfachung verstehen. Sehr überzeugend dürfte die „Autarkie“ angesichts der Hungersnöte kaum sein. Vgl. die Konferenz-Beiträge Referat V von Hofmann, Michael (Universität Jena): „Lebensweltliche Veränderungen der ostdeutschen Machteliten vor und nach der Vereinigung“ sowie Referat VI von Lee, Jong Hee (National Election Broadcasting Debate Commission): „Ostdeutsche Machteliten im Wandel der Sozialstruktur nach der Wiedervereinigung“, Seoul, 2009.
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Gemäß der aus empirischen Untersuchungen gewonnenen Transitionstheorie spaltet sich die Staatsklasse unter dem Druck des organisierten Widerstandes in „hardliners“ und
„softliners“. Gelingt es den reform-bereiten „softliners“, das Veto-Potential der orthodoxen „hardliners“ zu neutralisieren, und können sich innerhalb des organisierten Widerstandes
die
Verhandlungsbereiten
durchsetzen.
Auf
diese
Weise
werden
konstitutionelle und politische Pakte möglich. Dieses allgemeine Muster ist spezifisch gebrochen, wenn es sich um einen Teilstaat – wie in den Fällen DDR und Nord-Korea – handelt, denn die Systemopposition muss und kann in diesem Falle die Machtübernahme gar nicht allein aushandeln. Gelingt dem organisierten
Widerstand
die
Entmachtung
der
kommunistischen
Elite
durch
Delegitimation, so hat er bereits gesiegt. Das Erreichbare existiert in diesem Falle schon. Die vorhandene bessere Alternative ist den meisten allemal gut genug. Noch-Besseres muss nicht versucht werden, denn das vordringliche Bedürfnis der Mehrheit ist die Sicherheit vor dem Rückfall in alte Strukturen. — Das wissen auch die „softliners“ in der kommunistischen Funktionselite, daher orientieren sie sich mehr an den Regierenden des Staates, in den der Teilstaat integriert wird, als an der Systemopposition. Sie kann in diesem speziellen Falle nur kurzfristig der Verhandlungspartner sein. Die alten Machteliten versuchen ihre Kontakte zu reaktionären Interessengruppen innerhalb von Parteien und Organisationen des demokratischen Staates auszubauen und Bündnisse einzugehen, um politischen Einfluss zu behalten. Gelingen dem organisierten Widerstand Massendemonstrationen, ist das Ziel schon fast erreicht. Als die Demonstranten mit dem Ruf „Wir sind das Volk!“ der Machtelite alle Legitimation absprachen, erstarb auch die Verteidigungsbereitschaft des Machtapparates bald. Als sich auch durch sogenannte „Dialog“-Angebote der Machthaber der Widerstand der Massen nicht brechen ließ, war das System überwunden, der Weg in die staatliche Einheit offen.
41
Was geböte bar aller Rachegelüste die bloße Fairness für einen demokratischen 42
Neuanfang? Einerseits sollten die Funktionäre ihrer Privilegien enteignet werden , andererseits sollte für diejenigen, die unter ihnen gelitten haben, ein materieller Ausgleich 41
Ich erinnere mich mancher Funktionäre, die sich plötzlich mit dem scheinbar demokratischen Argument zu rechtfertigen versuchten, auch die Demonstranten auf der Straße seien nur eine mutige Minderheit gewesen und nicht die Mehrheit. Ich entgegnete stets: „Es spricht aber
gerade nicht für die DDR, dass eine mutige Minderheit unbewaffneter Nicht-Funktionäre ausreichte, um diesen Staat hinweg zu demonstrieren.“ 42
Einige Privilegien entfallen, indem sie in der Form die Bürger- und Menschenrechte allen zuteil werden, z. B. das Menschenrecht auf Freizügigkeit, freie Wahl des Wohnsitzes, Meinungs- und Informationsfreiheit etc.
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geboten werden. Erlittenes Unrecht, ungenutzte Lebenszeit, ideologisch motivierte Demütigungen, verstellte Chancen etc. lassen sich finanziell kaum aufwiegen. Ein fairer Ausgleich wäre dann erreicht, wenn das Niveau des Wohlstandes derjenigen, die im kommunistischen System keine Privilegien besaßen, mindestens auf das Niveau der ehemaligen Staatsklasse gehoben wäre, das diese im vereinten Staate behalten durfte. Funktionäre, die sich nicht an rechtsstaatliche Maßstäbe gehalten haben, sollten verurteilt werden.
43
Dieser Ansicht wird nicht nur von den betroffenen Kommunisten,
sondern auch von Rechtspositivisten entgegnet, es dürfe nur nach dem zum Zeitpunkte der Tat geltenden Recht verurteilt werden, da der Mensch sein Rechtsbewusstsein am „positiven“ (d. h. gesetztem) Recht ausrichten könne. Dem steht jedoch entgegen, wie sich zum Beispiel der DDR-Staat nach außen in der internationalen Politik darzustellen wusste.
Mit
der
Ratifizierung
von
UNO-Resolutionen,
der
KSZE
etc.
wurden
Menschenrechte und Bürgerrechte formell anerkannt. Jeder Staats-Funktionär wusste das! Die subversive Bürgerrechtsbewegung der DDR, von der Geschwindigkeit des eigenen Sieges überrascht, forderte 1990: Die Günstlinge und Begünstigten der Diktatur sollten für mindestens 10 Jahre keine öffentlichen Ämter in den Parlamenten und demokratischen Institutionen besetzen und nicht im öffentlichen Dienst arbeiten dürfen, d. h. nicht erneut staatlich begünstigt werden und über andere entscheiden können. Die staatliche Vereinigung wurde auch von der Bürgerrechtsbewegung mehrheitlich bejaht. Spätestens 1988 war in den subversiven Gruppen die Frage von Jens Reich diskutiert worden: Gelänge die demokratische Umgestaltung der DDR, wozu sollte sie dann noch als eigenständiger Staat fortbestehen?
44
Staatsrechtlich war die DDR von der Bundesrepublik bis 1989 nie als eigenständiges Staatssubjekt anerkannt worden. Bundeskanzler Helmut Kohl warb im Osten für die staatliche Vereinigung mit der Bundesrepublik unter der klugen programmatischen WinWin-Losung: „Es wird niemandem schlechter gehen als zuvor – dafür vielen besser.“ 43
44
45
45
Der Nürnberger Prozess gegen die nazionalsozialistische deutsche Machtelite nach dem II. Weltkrieg ist eine menschheitliche Errungenschaft, gerade weil er nicht das positive Recht des Führerstaates anerkannte, d. h. einen Staat, der gar kein Rechtsstaat war, auch nicht nach rechtsstaatlichen Kriterien behandelte. Leider hält sich nicht nur unter Journalisten die Legende, mit Zitaten Bärbel Bohleys, die von der Sehnsucht nach einem besseren Sozialismus sprechen, sei die Meinung aller DDR-Gegner wiedergegeben. Auch Jens Reich war Mitbegründer des NEUEN FORUM. Seine Artikel 1988 in der westlichen Zeitschrift „Lettre International“ wurden in subversiven Gruppen diskutiert. Jens Reich hatte locker und klar die Frage nach dem Sinn des Fortbestehens eines DDR-Staates – sofern es gelänge, diesen zur Demokratie umzugestalten – verneint! Vgl. Asperger, Thomas (humorvolles Pseudonym von J. R.): „Mitteleuropa als ruhendes Inertialsystem?“, in: Lettre international, Heft 1 (1988). Kohl, Helmut: Fernsehansprache von Bundeskanzler Kohl am 1. Juli 1990. Archiv für Christlichdemokratische Politik: http://www.kas.de/wf/de/71.4516/ (September 2009).
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2.
Machteliten der DDR
2. 1.
Ein Insider der Machtelite der DDR als Zeitzeuge
Dietmar
Keller
war
Insider
des
Staatsapparates,
seit
1984
stellvertretender
Kulturminister, ab November 1989 Kulturminister der DDR. Er saß 1993 (zum Zeitpunkt des im Folgenden zitierten Vortrages) für die PDS (die umbenannte ehemalige DDRStaatspartei SED) nach der staatlichen Vereinigung im Parlament der Bundesrepublik Deutschland. In einem Vortrag vor der Enquête-Kommission des Bundestages stellte Dr. Dietmar Keller die These auf, die 1946 geschaffene SED habe „zu keinem Zeitpunkt einen echt
zivilisatorischen Charakter“ gehabt, von Anbeginn habe die militärische Disziplin und Hierarchie die Partei bestimmt. Keller beschreibt den Doppelcharakter einer Massen- und Kaderpartei. Zur Massenpartei bemerkt er, dass bei einer Bevölkerung von ca. 16 Millionen Menschen (einschließlich der 0-18jährigen, die nicht Mitglied einer Partei sein konnten) „durchschnittlich 2 Millionen,
zum Schluß 2,3 Millionen Mitglieder“ gewesen seien. Dabei gab es immerhin „über 800.000, die aus der Partei ausgeschlossen worden sind“. Den Charakter der Kaderpartei beschreibt Keller dergestalt: „Es gab auch in dieser Masse immer einen kleinen Teil, der die
Partei bestimmte, prägte, und von diesem kleinen Teil (Herr Ammer nennt die Zahl 300.000/ 400.000) 46 gab es eine handverlesene Gruppe, die weit unter 100 lag, die im Prinzip die Geschicke der Partei geprägt hat. In dieser Partei hatten immer weniger immer mehr zu sagen.“ Kritisches Denken sei „in der Regel alle zehn Jahre ausgeschaltet worden“ durch Ausschluss der Mitglieder. Dann habe sich oppositionelles Potential „ab Mitte der 70er [Jahre] generell außerhalb der Partei“ 47 organisieren müssen. Keller erklärt, im Politbüro der SED „wurden alle Entscheidungen gefällt“, das Zentralkomitee der SED sei die Oberregierung gewesen: „Und die Regierung oder der Staatsapparat auf den verschiedenen Stufen war nur noch ausführendes Organ. […] 46
47
Der Vortragende zitiert aus: Ammer, Thomas: „Fragen zu Struktur und Methoden der Machtausübung in der SED-Diktatur“, in: Enquête-Kommission „Aufarbeitung von Geschichte und Folgen der SED-Diktatur in Deutschland“: Materialien der Enquête-Kommission. Hrsg. vom Deutschen Bundestag (12. Wahlperiode), Baden-Baden/ Frankfurt am Main, Nomos/ Suhrkamp, 1995, Bd. II/ 1, S. 464. Keller, Dietmar: Die Machthierarchie der SED-Diktatur. (Vortrag vom 22. 1. 1993) In: EnquêteKommission, a. a. O., Bd. II/ 4, S. 3013-3022, S. 3015.
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dazwischen das MfS [Ministerium für Staatssicherheit - O.K.] als das permanente Kontrollorgan, das darüber wachte, wie die Beschlüsse des Politbüros oder des Zentralkomitees verwirklicht werden.“
48
Dietmar Keller war nie Gegner der DDR-Staatspartei und deshalb möchte ich gerade ihn noch einmal in einem längeren Zitat Zeugnis geben lassen: „Die Partei verkam in ihrer
Geschichte mit einer jesuitischen Disziplin, einem jesuitischen Glauben bei fehlendem jesuitischem Intellekt zu einer Sekte. Und ich weiß, worüber ich rede. […] Und je mehr die Geschichte fortschritt, desto geringer wurde geistiges Potential nicht nur an der Spitze der SED, sondern auch an der Spitze der Blockparteien. Wenn man sich die erste Generation anschaut, gibt es nach 1945 hochgebildete Leute in allen politischen Bewegungen. Am Ende, wenn man sich das anschaut, ich mach` das nur für die SED, ist eine nicht einmal mit den einfachsten Mitteln gebildete Führungsriege, die im Prinzip nicht einmal eine abgeschlossene Berufsausbildung hatte und die in Kurzlehrgängen an Parteischulen sozusagen ein Fundament bekam.“ 49
2. 2.
Der „Einigungsvertrag“ zwischen den beiden deutschen Staaten als Mittel zur „Teilung des Rechtes“ im geeinten Staate
Bundesinnenminister
Wolfgang
Schäuble
(CDU)
hatte
in
der
Regierung
der
Bundesrepublik schon im Februar 1990 eine Amnestie für die wenigen nach der Revolution in der DDR wegen Amtsmissbrauchs im Gefängnis sitzenden Funktionäre gefordert. So gab er seine Sympathie mit der belasteten kommunistischen Machtelite kund. Der von der DDR-Staatspartei einst ideologisch gleichgeschaltete Parteien-Block hatte sich in einzelne Parteien aufgelöst. Die politischen Parteien der Bundesrepublik suchten für
48 49
Ebenda, S. 3021. Ebenda, S. 3016. Über seine Funktionärs-Generation sagt Keller S. 3018: „Wir hatten auch
wenig Ahnung von Marx und Engels. […] Wir hatten wenig Ahnung auch – ich habe ja auf diesem Gebiet studiert – von der klassischen bürgerlichen englischen Ökonomie, von der klassischen deutschen Philosophie, […] wir wussten nur, dass das sozusagen die Urväter dessen waren, was Marx und Engels mal formuliert hatten. Wir hatten auch nicht das gesamte »Das Kapital« gelesen.“ S. 3019: „[…] selbst wenn man promovierte, brauchte man den Giftschein, um in die Bibliothek der Deutschen Bücherei zu kommen. Und uns wurde durch den Promotionsvater formuliert, welche Bücher man bekam. […] Das heißt, wir sind natürlich auch in einer etwas abgeschlossenen Welt aufgewachsen.“ „Giftschein“ war die umgangssprachliche Bezeichnung für die Erlaubnis zum Lesen von „nur zum wissenschaftlichen Gebrauch“ zu entleihender, also der Öffentlichkeit vorenthaltener Literatur. Oliver Kloss
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die Zukunft nach logistisch gut ausgestatteten Partnern. Im Ausgang der Revolution von 1989 wurden zwischen den alten und neuen Organisationen und Parteien in der DDR erste freie Wahlen für März 1990 vereinbart. In deren Ergebnis hatte die DDR erstmals in ihrer Geschichte eine demokratische legitimierte Regierung. Die Mehrheit gewann in der DDR die CDU. Im Westen regierte eine Koalition aus der konservativen CDU und der rechtsliberalen FDP. Zwischen beiden Regierungen wurde ein sogenannter „Einigungsvertrag“ ausgehandelt, sozusagen mit einem Vertragspartner und dem anderen, der mit dem Vertrag zugleich seinen Wegfall als Vertragspartner aushandelt. – Eine vertragsrechtlich überaus bedenkliche Konstruktion. Die Verfassung der Bundesrepublik, das Grundgesetz, bot ausdrücklich die Option des Beitritts Ostdeutschlands zur Bundesrepublik an, aber dafür fand sich keine Mehrheit im Parlament. In den „Einigungsverträgen“ wurde der DDR-Staat nach der ersten (und letzten) freien Wahl des Parlamentes erstmalig als souveräner Staat und Vertragspartner von der Bundesrepublik anerkannt. Dies hatte weitreichende negative Folgen. Mit diesem Rechtsakt wurden gleichsam rückwirkend die DDR-Gesetze von der Bundesrepublik als legitimes positives Recht anerkannt.
50
Die „Einigungsverträge“ vereinigten Deutschland als Staat und vollzogen zugleich wieder die Spaltung innerhalb dieses Staates. Sie teilten ihn in zwei Gebiete mit unterschiedlichem Recht. (Damit sind keineswegs nur praktisch unumgängliche Übergangsbestimmungen gemeint.) Die deutsche Einheit bedeutete zugleich – und bis heute fortwirkend –, dass die Einheit der Rechtsgültigkeit in diesem Staate und die Rechtsgleichheit der Bürger vor dem Staat zerbrochen wurde. Die „Einheitlichkeit der Lebensverhältnisse“, ein Grundsatz des Grundgesetzes der Bundesrepublik und eigentlich jedes Rechtsstaates, wurde zerstört.
51
Im Sozial- und
Arbeitsrecht sowie im Tarifrecht ist bis heute noch keine Angleichung gelungen. 50
51
52
52
Vgl. Enquête-Kommission, a. a. O., Bd. IX, S. 27. Vgl. Lüderssen, Klaus: Der Staat geht unter – das Unrecht bleibt? Regierungskriminalität in der ehemaligen DDR, Frankfurt am Main, Suhrkamp, 1992, S. 148. Mit der Grundgesetzänderung vom 27. Oktober 1994 wurde in GG Artikel 72, Abs. 2, die „Einheitlichkeit der Lebensverhältnisse“ durch „gleichwertige Lebensverhältnisse“ ersetzt, wodurch der Grundsatz aufgeweicht und beliebiger Auslegung anheimgestellt worden ist. Horst Köhler warb als Bundespräsident sogar offen für „ungleichwertige Lebensverhältnisse“ in Ost und West. Zwei Beispiele: Die Bundesregierung Gerhard Schröders hat mit SPD und den Grünen umgesetzt, was CDU/ CSU und FDP seit 1993 durchsetzen wollten: Die unbefristete Arbeitslosenhilfe wurde abschafft und die Sozialhilfe ab 2005 auf eine allgemeine Grundsicherung abgesenkt. Sogar für diese minimale Grundsicherung wurden gesetzlich unterschiedliche Höhen im Osten und im Westen festgelegt. Erst Jahre später wurde der für den Osten festgesetzte niedrigere Betrag auf das Niveau des im Westen gezahlten Betrages angehoben.
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Der Beitritt zum Grundgesetz der Bundesrepublik hätte die Menschen im Beitrittsgebiet sofort rechtlich gleichgestellt, doch diese Option fand keine politische Mehrheit. Stattdessen wurde die Rechtsstaatlichkeit der Bundesrepublik empfindlich beschädigt. Auch zwanzig Jahre nach 1989 gilt der bürgerlich-rechtsstaatliche Grundsatz der Gleichheit vor dem Recht innerhalb des Staatsgebietes noch nicht wieder.
2. 3.
Der Weg der „SED“, der Partei der kommunistischen Staatsklasse der DDR, in die Demokratie der Bundesrepublik Deutschland
Die
Sozialistische
Einheitspartei
Deutschlands
(SED) 53
war
die
Partei
der
kommunistischen Staatsklasse der DDR. In der Revolution 1989 wurde diese Partei zwar ihrer politischen Führungsrolle enthoben und politisch entmachtet, aber nicht enteignet oder aufgelöst, wie dies zum Beispiel den Siegermächten des II. Weltkrieges mit der
Nationalsozialistischen deutschen Arbeiterpartei (NSDAP), der Staatspartei der deutschen Faschisten, 1945 gelungen war. Die der SED unterstehenden Blockparteien
54
besaßen keine politische Eigenständigkeit,
aber eigenes Vermögen, Betriebe und Eigentumswerte. Die westdeutschen Parteien konnten durch die Vereinigung mit namens-verwandten Ost-Parteien ihre Finanzen aufbessern, bestehende Logistik und Mitglieder gewinnen. Also lag ihnen wenig an der konsequenten Enteignung aller DDR-Parteien. Daraus ergab sich eine deutliche Asymmetrie zu Ungunsten derjenigen Parteien, deren Gründung eine Errungenschaft der Revolution war: Sozialdemokraten, Die Grünen sowie die Bürgerrechtsbewegung waren und sind bis heute im Osten strukturell sehr schwach vertreten, denn sie besitzen kein „reiches Erbe“ aus der Zeit der Diktatur.
53
54
Im Jahre 2009 setzte der Bundesarbeitsminister Mindestlöhne für bestimmte Branchen fest, aber in unterschiedlichen Höhen für die alten und die neuen Bundesländer. Der Begriff „Einheitspartei“ bezieht sich auf die zwangsweise Integration der Sozialdemokraten in die Partei der Kommunisten, wonach die SPD in der DDR verboten war und Sozialdemokraten der Verfolgung ausgesetzt waren. Auf die Blockparteien kann hier nicht eingegangen werden, siehe z. B. Rissmann, Martin: Kaderschulung in der Ost-CDU. Zur geistigen Formierung einer Blockpartei. Düsseldorf, Droste, 1995.
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Die ehemalige Staatspartei der DDR ging als mit Abstand reichste Partei in die Deutsche Einheit.
55
Mit der Umbenennung der SED in Partei des Demokratischen Sozialismus (PDS)
wurde der Versuch unternommen, demonstrativ begrifflich an den westlichen Eurokommunismus und an sozialdemokratische Traditionen anzuknüpfen, um die Partei für Westdeutsche wählbar erscheinen zu lassen. Bis heute gewinnt die PDS dort die meisten Wählerstimmen, wo der Anteil der Staatsund Partei-Funktionäre infolge der zentralistischen Struktur des DDR-Staates besonders hoch war: auf dem Gebiet der einstigen sogenannten „Hauptstadt der DDR“, also im Osten der Stadt Berlin und in dessen Umland.
2. 4.
Strategie der organisierten ehemaligen Funktionseliten bis in das Jahr 2005: Postume Beschwörung von „DDR-Identität“ und Tarnung der Täter von gestern in inszenierter Opferrolle
Seit der staatlichen Einheit Deutschlands befand sich die PDS in einem strategischen Dilemma: Einerseits steht und fällt ihre deutschlandweite bundespolitische Bedeutung langfristig mit dem Ge- oder Misslingen ihrer Ausweitung in die westlichen Bundesländer. Andererseits muss die PDS die Interessen der Mehrheit ihrer Mitglieder vertreten. Doch welche Interessen vertrat die PDS? Die Interessen einer entmachteten Staatsklasse konnten medial nur massenwirksam vermittelt werden, wenn sie sich als vermeintliche Interessen „der Ostdeutschen“ überhaupt artikulieren ließen. Und worin hatten die Propagandisten mehr Übung und Erfahrung als in der Beeinflussung der Menschen zur Identifikation mit ihren Interessen? Der französische Religionssoziologe Marcel Mauss
56
hat die Theorie aufgestellt, die
Magier seien die gewandelten entmachteten Priester. Sie bewahrten in heimlicher Unheimlichkeit den zum Aberglauben herabgesunkenen Glauben gegen die offiziell herrschende Religion der etablierten Priester. Im Kreidekreis des Zauberers zeichne sich noch symbolisch der Tempel im Modus des Verlustes ab. In den magischen Riten werde die verlorene Macht beschworen, die noch immer Wunder wirken solle. 55
56
Zwei Drittel des offiziellen Milliarden-Vermögens der Staatspartei verschwanden noch vor der Währungsunion bis Mitte 1990. 106 Millionen DDR-Mark wurden z. B. an die Firma Putnik in Moskau überwiesen für eine Rechnung die nie gestellt worden war. – Mehr zu diesem Thema: Knabe, Hubertus: Die Täter sind unter uns. Über das Schönreden der SED-Diktatur, Berlin, List, 2008; ders.: Honeckers Erben. Die Wahrheit über DIE LINKE, Berlin, Propyläen, 2009. Vgl. Mürmel, Heinz: Das Magieverständnis von Marcel Mauss. Universität Leipzig, Diss., 1985.
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Die real Ohnmächtigen, die vom herrschenden Glauben oder Denken Enttäuschten, suchen ihre Zuflucht bei diesen Magiern. Selbst wenn diese Ohnmächtigen nicht daran glauben, die Geister der Zauberer besäßen noch Macht genug, um für sie etwas zu bessern, so gibt es doch das tröstende Erleben eines Jenseits des etablierten und herrschenden Realen. Diese soziologisch-psychologische Funktion erfüllt heute die PDS, die neuerlich umbenannt nun Die Linke heißt.
57
Mir ist noch kein Genosse der SED/ PDS/ DIE LINKE begegnet, der ernstlich daran glaubte, in den nächsten Jahren könnte es zu einer revolutionären Situation kommen. Den Partei-Funktionären geht es unter den Angehörigen der ehemaligen Staatsklasse überaus gut. In den meisten Parlamenten mussten lediglich einige der ehemaligen inoffiziellen Mitarbeiten des DDR-Geheimdienstes ihr Mandat zurückgeben.
58
Lediglich die Beschäftigungssituation innerhalb der Partei hat sich verschlechtert, 1989 hatte die SED noch ca. 44.000 politische Mitarbeiter. Jetzt erhielt ich keine Auskunft, wie viele noch beschäftigt sind. 2004 lag das Durchschnittsalter der PDS-Mitglieder bei 68 Jahren.
57
Die aus der Sozialdemokratie (SPD) und Bündnis 90/ Die Grünen gebildete Regierung unter Bundeskanzler Gerhard Schröder hat 1998 bis 2005 eine in der Geschichte der Bundesrepublik bisher von diesen Parteien ungekannte Politik der Umverteilung zugunsten der Wohlhabendsten betrieben: Nie sank der Spitzensteuersatz niedriger, nie zuvor sank das Niveau der Altersrente und sogar der Sozialhilfe tiefer. Mehr als ein Drittel der Mitglieder hat daraufhin die Sozialdemokratische Partei verlassen. Ein Teil hat die WASG, die Wahlalternative Arbeit und soziale Gerechtigkeit gegründet. Angesichts des durch vorgezogene Neuwahl 2005 erzeugten Zeitdruckes driftete die WASG in die PDS, so auch der ehemalige Parteivorsitzende der SPD, Oskar Lafontaine. Diese Stärkung der PDS (umbenannte Staatspartei der DDR) ist nicht deren eigene Leistung, sondern der Politik der SPD geschuldet. Die PDS durfte sich lediglich des Umstandes erfreuen, dass der rechte Flügel der Sozialdemokratie eine Politik gegen das eigene Parteiprogramm betrieben und so indirekt die Stärkung der ehemaligen Staatspartei der DDR und sogar deren Ausweitung in die westlichen Bundesländer befördert hat. Vgl. Luik, Arno: „Ein Putsch von ganz oben“, in: stern Nr. 44, 21. Oktober 2004, S. 64 f. http://www.tacheles-sozialhilfe.de/aktuelles/2004/041021stern.pdf, S. 65: „Sechs Jahre regieren nun SPD und Grüne. Ist das Land in dieser Zeit – und das war das Regierungsziel, das Wahlen gewinnen half –sozialer, gerechter, friedfertiger geworden? […] Die neuesten Zahlen sagen es
eindeutig: Der Abstand zwischen denen, die viel haben, und denen, die wenig haben, ist größer denn je. Auch die Angst vor dem sozialen Absturz ist größer denn je.“ – Koch, Moritz: „Einkommen in Deutschland – Der große Graben“, in: Süddeutsche Zeitung vom 16. 07. 2006:
„Der Gini-Koeffizient [...], ein statistisches Maß für soziale Ungleichheit [...] ist null bei absoluter Gleichheit und eins bei extremer Ungleichheit. Zwischen 2001 und 2005 ist der Gini-Koeffizient von 0,27 auf 0,29 gestiegen. Damit hat die Ungleichheit das höchste Niveau seit Beginn der Datenerhebung 1984 erreicht.“ – Im September 2005 wurde diese Regierung abgewählt. Zur Kritik aus der SPD siehe auch: Müller, Albrecht: Die Reformlüge. 40 Denkfehler, Mythen und 58
Legenden, mit denen Politik und Wirtschaft Deutschland ruinieren. München, Knaur, vollst. überarbeitete und aktualisierte Ausgabe 2005 [1. Auflage 2004]. Nicht einmal dies ist vollständig gelungen, z. B. ist von Dr. Volker Külow unstrittig nachgewiesen, dass er als bezahlter Spitzel dem MfS diente, aber er saß bis Mitte 2009 im Stadtrat Leipzigs und sitzt noch heute im Sächsischen Landtag. Gregor Gysi im Bundestag ist ein prominenterer Fall.
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Seit 1992 betreibt die ehemalige Staatspartei mit finanziell gut ausgestatteten Vereinen diverse Kampagnen eigens zu dem Zwecke, sich und „die Ostdeutschen“ als politisch benachteiligt darzustellen.
59
Propagandistische Stichworte: „Gnade der westlichen
Geburt“, „Siegerjustiz“ oder „Rentenstrafrecht“. Diese Strategie war überaus erfolgreich. Hatte das letzte und zugleich erste demokratisch frei gewählte Parlament der DDR den Funktionären das Privileg der Sonderrenten aberkannt, so hat nun nach der Vereinigung Deutschlands der Bundestag diese Streichung rückgängig gemacht. Während manche Parlamentarier bei anderen Themen nicht müde werden, das Argument mangelnder Finanzmittel des Staates zu behaupten, wurden keine Mittel gescheut, DDR-Funktionäre mit dem alten Privileg auszustatten. Manche alte SED-Günstlinge erhielten von der Bundesrepublik sechsstellige Summen nachgezahlt.
60
Vor dem Hintergrund der tatsächlichen Konservierung getrennter Rechts-Gebiete durch die „Einigungsverträge“ und die Politik der Bundesregierungen seit 1990 konnte die Selbstdarstellung der PDS als vermeintliche „Interessenvertreterin der Ostdeutschen“ per se in Teilen der Bevölkerung durchaus eine gewisse Plausibilität gewinnen. Auch
wenn
die
PDS
sich
sozialpolitischer
Themen
angenommen
hat,
sie
programmatisch auch Interessen der Arbeitslosen und abhängig Beschäftigten artikuliert, bleibt ihr praktisches Machtstreben stets verbunden mit dem Werben um Akzeptanz für die Interessen der einstigen Funktionseliten der DDR.
61
Dieses Streben nach Macht und
Anerkennung im demokratischen System der Bundesrepublik ist von dankbarer Anpassungsbereitschaft begleitet. Wo die PDS als Partner in Koalitionen akzeptiert und an Regierungsmacht beteiligt wird, vergisst sie bereitwillig ihr Programm ganz. 59
60
62
1992 wurden die „Komitees für Gerechtigkeit“ gebildet, später weitere Vereine. Siehe z. B. „Journal für Recht und Würde. Zeitschrift der Gesellschaft zum Schutz von Bürgerrecht und Menschenwürde“ (GBM). KOLOG-Verlag, Berlin. Vgl. Winter, Steffen: „Soli für Margot. Politiker, Professoren, Vopo-Offiziere – Die üppigen Sonderrenten der DDR-Eliten werden zur Milliardenlast für die neuen Länder – das Geld fehlt beim Aufbau Ost“, in: Der Spiegel, Nr. 16, 2003, S. 146 f., S. 147: „Die einstigen Stützen des
Systems profitieren davon, dass die DDR ihren Eliten neben der normalen Rentenkasse über 60 so genannte Zusatz- und Sonderversorgungssysteme gönnte. Diese garantieren den Versicherten hohe Leistungen im Alter, teils ohne dass sie jemals eine Ostmark eingezahlt haben. 28 dieser lukrativen Systeme wurden per Einigungsvertrag und später per Gesetz in bundesdeutsches Recht übernommen.“ 61
62
In Mecklenburg-Vorpommern besteht der einzige sichtbare Erfolg der PDS in der Landesregierung 2004 in der Abschaffung der Überprüfungen auf Mitarbeit im Geheimdienst der ehemaligen DDR, also in der Reintegration derjenigen, gegen die die Bewohner Ostdeutschlands 1989 sich erfolgreich erhoben hatten. Z. B. versuchte der Berliner Wirtschaftssenator Harald Wolf (PDS) 2004 sogar noch den Sozialabbau der Hartz-Gesetze zu überbieten, indem er sich für Ein-Euro-Jobs in der Privatwirtschaft aussprach. Die Sozialsenatorin Heidi Knake-Werner (PDS) wurde von Bundesarbeitsminister Wolfgang Clement ausdrücklich gelobt für die vorbildliche Planung in der Umsetzung der Hartz-Gesetze (Frankfurter Rundschau vom 10. September 2004).
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2. 5.
Nomenklaturkader
Das Nomenklaturkadersystem war aus der Sowjetunion übernommen worden.
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In der
DDR dürfte die „Funktionärsschicht etwa einen Anteil von 3% der erwachsenen DDRBevölkerung von ungefähr 12 Millionen Bürgern umfasst haben, also eine Zahl von etwa 350.00 bis 400.000 Funktionären“. Thomas Ammer kommt auf die „immense Zahl von etwa 1,8 Millionen Funktionärsträgern“, wobei er neben Mitgliedern der Staatspartei in Partei-Funktionen und sogenannten „Volksvertretungen“ nur FDGB (Staatsgewerkschaft) und FDJ (Jugendorganisation der Staatspartei) berücksichtigt. Eine andere Gruppe sind die Bediensteten in Militär- und Sicherheitsapparat, soweit es sich um Offiziere und Parteifunktionäre handelt, ca. 100.000 MfS-Angehörige, ca. 30.000 Offiziere der Armee und der Polizei und etwa 150.000 Funktionäre in Staats- und Sicherheitsapparat. „Der Personenkreis, der vom Nomenklatursystem erfasst war, umfasst
auch um 300.000 Funktionäre.“ Von Kadern wurde politisch-ideologische Zuverlässigkeit und Verzicht auf Westkontakte erwartet, wobei „charakteristisch ist, dass sich große Teile der Funktionärsschicht aus sich selbst heraus regeneriert haben“.
63
64
Brinksmeier, Dankwart: „Nomenklaturkader in der ehemaligen DDR”, in: Horch & Guck. Heft 3 (1992) S. 32 f., S. 32: „Formal sind Nomenklaturkader im staatlichen Bereich getrennt von
Nomenklaturkadern im Parteibereich. In der Praxis jedoch sind die Parteinomenklaturen den Staatsnomenklaturen unbedingt übergeordnet, d. h. Mitglieder des Sekretariats des ZK (Zentralkomitee) der SED waren gegenüber Ministern entscheidungsbefugt, Abteilungsleiter des ZK waren gegenüber Staatssekretären und gegenüber den Stellvertretern des Ministers entscheidungsbefugt.“ – Vgl. einführend Hübner, Peter: Einleitung. Antielitäre Eliten. In: ders.:
64
(Hrsg.): Eliten im Sozialismus. Beiträge zur Sozialgeschichte der DDR. Köln/ Weimar/ Wien, Böhlau, 1999, S. 9-35; Bauerkämpfer, Arnd: Kaderdiktatur und Kadergesellschaft. Politische Herrschaft Milieubindung und Wertetraditionalismus im Elitenwechsel in der SBZ/ DDR von 1945 bis zu den sechziger Jahren, in: ebenda, S. 37–65; Wagner, Matthias: Das Kadernomenklatursystem. Ausdruck der führenden Rolle der SED. In: Herbst, Andreas (Hrsg.): Die SED. Geschichte, Organisation, Politik. Ein Handbuch. Berlin, Dietz, 1997, S. 148-157; Zimmermann, Hartmut: Überlegungen zur Geschichte der Kader und der Kaderpolitik in der SBZ/ DDR. In: Kaelble, Hartmut (Hrsg.): Sozialgeschichte der DDR. Stuttgart, Klett-Cotta, 1994, S. 322–356. Ammer, Thomas: „Fragen zu Struktur und Methoden der Machtausübung in der SED-Diktatur“, in: Enquête-Kommission „Aufarbeitung von Geschichte und Folgen der SED-Diktatur in Deutschland“: Materialien der Enquête-Kommission. Hrsg. vom Deutschen Bundestag (12. Wahlperiode), Baden-Baden/ Frankfurt am Main, Nomos/ Suhrkamp, 1995, Bd. II/ 1, S. 463–471.
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2. 6.
Ministerium für Staatssicherheit (MfS)
Sylvia Kabus hat 1989 bei der Besetzung der Leipziger Bezirksverwaltung, der 65
sogenannten „Runden Ecke“ , einen MfS-Mitarbeiter weinen sehen: „Wohin denn mit all
den Menschen? Das sollen wir ihm mal sagen. Nur das. […] Er schluchzt.“ Daraufhin bleibt ihre Frage unausgesprochen, „wer denn in Angst vor wem gelebt hat.“
66
Das Ministerium für Staatssicherheit war – bezogen auf die Anzahl der Bevölkerung – die größte Geheimpolizei der Welt. Die „Kämpfer an der unsichtbaren Front“, wie sie sich nannten, zeigten in ihren Reihen ebenfalls die drei Tendenzen: 67
1. In den unteren Diensträngen kam es zunehmend zum Beförderungsstau , 2. in den oberen zur Überalterung. Zugleich nahm 3. die Tendenz zur Selbstrekrutierung zu. Für den DDR-weiten Mitgliederbestand lässt sich für das Jahr 1989 festhalten, dass etwas mehr als 50% aller Geheimdienstmitarbeiter mindestens einen Verwandten im MfS hatten.
68
Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU), heute wieder in diesem Amt und Hauptverantwortlicher für den „Einigungsvertrag“, übernahm sofort nach der deutschen Einheit den Personenschutz des MfS in bundesdeutsche Dienste. Keine Abteilung dürfte es besser als dieser ergangen sein, sie erfuhr eine sofortige Verbesserung der Einkünfte und der sozialen Position. Gleich nach der deutschen Einheit gab es sehr viele Taxi-Fahrer, die zuvor beim MfS gearbeitet hatten. Versicherungsunternehmen stellten bevorzugt MfS-Mitarbeiter ein, denn sie wussten so viel über die Menschen und kannten so viele … Statt eines allgemeinen Entlassungsgesetzes wählte die Bundesrepublik den Weg der Einzelfall-Prüfung der Mitarbeiter im Öffentlichen Dienst über eine Bundesbehörde, die
65
66
67
68
Sprichwörtliche Bezeichnung für das Dienstgebäude der Bezirksverwaltung des Ministeriums für Staatssicherheit in der Stadt Leipzig. Kabus, Sylvia: Brief und Siegel. Die Besetzung des Stasi-Gebäudes. In: Blanke, Thomas/ Erd, Rainer (Hrsg.): DDR. Ein Staat vergeht. Frankfurt am Main, Fischer, 1990, S. 79-83, S. 82. Vgl. Gieseke, Jens: Die hauptamtlichen Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit als Elite. In: Hübner, Peter (Hrsg.): Eliten im Sozialismus. Beiträge zur Sozialgeschichte der DDR. Köln/ Weimar/ Wien, Böhlau, 1999, S. 201-240, S. 233. Zur sozialstrukturellen Verortung der MfSMitarbeiter siehe: Gieseke, Jens: Die hauptamtlichen Mitarbeiter der Staatssicherheit. Personalstruktur und Lebenswelt 1950-1989/90. Berlin, Christoph Links Verlag, 2000. Vgl. Gieseke, Jens: Die hauptamtlichen Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit – eine sozialistische Elite? In: Hornbostel, Stefan (Hrsg.): Sozialistische Eliten. Horizontale und vertikale Differenzierungsmuster in der DDR. Opladen, Leske und Budrich, 1999, S. 125-145, S. 139.
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den Aktenbestand des Geheimdienstes verwaltet. Statt eines einheitlichen Kataloges mit Kriterien wurde die Beurteilung in das Ermessen des Dienstherrn gestellt. Die Regelüberprüfung aller Bundestagsabgeordneten ist nicht erfolgt. Kurz: Die Säuberung der demokratischen Institutionen ist nie gelungen. Heute arbeiten noch mindestens 17.000 Mitarbeiter der ehemaligen Staatssicherheit im Staatsdienst der Bundesrepublik.
2. 7.
69
Eine Bemerkung zum Bildungswesen
Auch das Bildungswesen gehört zur Staatsklasse der DDR. In seiner politisch-selektiven Funktion war es in der DDR so effektiv, dass die im staatlichen Bildungswesen 70
Studierenden als Schicht 1989 gar keine Rolle spielten , während sogar in Peking die subversive Kraft auf dem Platz des Himmlischen Friedens von den Studenten ausging. Ende 1989 bis Sommer 1990 saß ich als Vertreter der Initiative Frieden und
Menschenrechte in Leipzig am Runden Tisch Bildung, einem der Übergangsgremien mit nie ganz geklärten Kompetenzen. Dort saß auch ein Schuldirektor, der ernsthaft fragte, was denn noch vom Unterrichtsstoff übrig bleiben dürfe, wenn er die marxistisch-leninistische Ideologie herausstreichen solle. Er unterrichtete Mathematik. Bald darauf setzte die Lehrerschaft seiner Schule ihn als Direktor ab. Jahre später traf ich diesen Menschen wieder in der Universität Leipzig. Er hat eine Umschulung zum Ethiklehrer absolviert. Einen Kurzvortrag bewältigte er, indem er alle Fragen aussprach, die ihm zum Thema unverständlich geblieben waren.
69
70
Leipziger Volkszeitung (LVZ) vom 10. Juli 2009, S. 1: 17.000 Stasi-Mitarbeiter noch im Staatsdienst; LVZ vom 4. Juni 2009, S. 2: Hunderte Ex-Stasimitarbeiter noch im Polizeidienst. Siehe auch Müller, Uwe/ Hartmann, Grit: Vorwärts und Vergessen! Kader, Spitzel und Komplizen - das gefährliche Erbe der SED-Diktatur. Reinbek bei Hamburg, Rowohlt, 2009. Einzelne Studenten staatlicher Bildungseinrichtungen beteiligten sich durchaus an subversiven Gruppen, so z. B. Michael Arnold in der Initiativgruppe Leben während des StomatologieStudiums, aber als Schicht blieben die staatlichen Studenten sowie die Karl-Marx-Universität in Leipzig für die Revolution vollkommen bedeutungslos. In Leipzig befand sich aber die größte der drei nicht-staatlichen evangelischen Hochschulen der DDR und viele der Akteure in den subversiven Gruppen studierten am Theologischen Seminar oder standen als Gasthörer, Nutzer der Bibliothek etc. in Beziehung zu dieser Institution. Siehe Vogler, Werner/ Seidel, Hans/ Kühn, Ulrich (Hrsg.): Vier Jahrzehnte kirchlich-theologische Ausbildung in Leipzig. Das Theologische Seminar – die Kirchliche Hochschule Leipzig, Leipzig, Evangelische Verlagsanstalt, 1993.
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Diese Einzelperson mag nicht repräsentativ sein, aber das Beispiel kann zeigen, dass man eigentlich nicht weiß, was man mit solchen Menschen anfangen soll. Als Lehrer sind sie eigentlich nicht geeignet, die vorgezogene Altersrente wäre unverdiente Auszeichnung und den öffentlichen Dienst verlassen sie nicht freiwillig. Bis heute werden die Kinder im Osten weit überwiegend von DDR-Lehrern unterrichtet, die wiederum – mindestens in der Grundschule und in den geisteswissenschaftlichen Fächern – mehrheitlich zum Lohne politischer Konformität in diese Position gelangt sind.
2. 8.
Zusammenfassung
Resümierend lässt sich sagen, dass die kommunistische Machtelite eine allzu gute Behandlung erfahren hat, wenn man bedenkt, wie es denjenigen geht, die unter ihr gelitten haben. Es gab keine Form der Enteignung. Nicht einmal alle Status-Vorteile sind der Machtelite genommen worden, wie das Rentenrecht zeigt. Die „Einigungsverträge“ haben die Justiz weithin auf das positive Recht der DDR festgelegt. DDR-Unrecht blieb fast unbestraft, lediglich 759 ehemalige Bürger der DDR sowie 245 Personen aus der alten Bundesrepublik wurden verurteilt, zumeist auf Bewährung oder zu Geldstrafen.
71
Nicht einmal 50 Menschen erhielten Haftstrafen. Ein
Abgeordneter der alten Staatspartei im Sächsischen Landtag machte sich schon über die Justiz einerseits und das Rehabilitierungsgesetz für die Opfer der DDR andererseits lustig: Er bemerkte, man könne die DDR nicht mehr „Unrechts-Staat“ nennen, denn es seien doch kaum Täter gefunden und kaum Opfer anerkannt worden. Ein fairer Ausgleich des Lebensniveaus zwischen den Herrschaftsunterworfenen des Kommunismus und der alten Funktionselite ist bis heute nicht hergestellt worden. Der größte Erfolg der Bürgerrechtsbewegung bleibt, dass erstmals in der Geschichte eine staatliche Behörde geschaffen worden ist, die das Einsichtsrecht in die eigenen Akten ermöglicht. Das Bürgerrecht auf informationelle Selbstbestimmung wurde sowohl gegen den Widerstand der damaligen Bundesregierung als auch gegen die alte DDR-Machtelite durchgesetzt.
71
Vgl. Marxen, Klaus/ Werle, Gerhard/ Schäfter, Petra: Die Strafverfolgung von DDR-Unrecht Fakten und Zahlen. Hrsg. Stiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur, Berlin, HumboldtUniversität, 2007, http://www.stiftung-aufarbeitung.de/downloads/pdf/2007/strafverfolgung.pdf (Juli 2009).
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„Es wird niemandem schlechter gehen als zuvor – dafür vielen besser“, hatte Bundeskanzler Helmut Kohl verheißen. Ist das eingetreten? Ich denke: Ja! Das Arbeitsvolumen ist erfreulich gesunken, denn die Produktivität ist enorm gestiegen. Die vorhandene Arbeit ist aber bedenklich ungleich verteilt, folglich hat auch die Ungleichheit der Einkommen zugenommen.
72
Solche Probleme sind aber letztlich Fragen
der politischen Willensbildung im demokratischen System. Verteilungsfragen könnten auch anders entschieden werden. Sie zwingen nicht dazu, den demokratisch gesteuerten Kapitalismus per se in Zweifel zu ziehen. Sogar die Arbeitslosen und Empfänger der Grundsicherung haben heute mehr Freiheiten und ein gesünderes Leben sowie ein höheres Lebensniveau als dereinst die unterste Einkommensgruppe in der DDR. Seit Einführung der berüchtigten Hartz-Gesetze zu Beginn des Jahres 2005 gibt es in der Bundesrepublik den Arbeitszwang für Bezieher der sogenannten Grundsicherung. Alle Schranken der Zumutbarkeit sind gefallen. Das bürgerliche Grundrecht der Vertragsfreiheit wird diesen Bürgerinnen und Bürgern unverschuldet entzogen. Aber sogar in diesem Falle gilt, dass es den betroffenen Menschen nicht schlechter geht als in der DDR. Auch in der DDR bestand mindestens bis 1985 allgemeiner Arbeitszwang. Besser als in der DDR sind diese Menschen jedoch nicht gestellt. Der erste Versuch, die abhängig Beschäftigten ihrer Versicherungsleistungen zu enteignen, wurde 1994 von der Bundesregierung aus CDU/ CDU und FDP unter Bundeskanzler Helmut Kohl unternommen. Dereinst konnte dieser Versuch durch das Engagement der SPD in der Opposition erfolgreich abgewehrt werden. Später hat die SPD unter Bundeskanzler Schröder die sogenannten Hartz-Gesetze mit den Grünen, der FDP und der CDU/ CSU beschlossen, um durch Senkung des Lohnniveaus die Exportchancen der deutschen Wirtschaft weiter zu steigern. Diese Gesetze sind heute ein gesamtdeutsches Problem. Hätte mir jemand vor 1989 prophezeit, die Bundesrepublik Deutschland werde nach der staatlichen Vereinigung den Arbeitszwang der DDR wieder einführen, so hätte ich dies gewiss nie geglaubt. Mit den berüchtigten Hartz-Gesetzen stehen Erwerbslose bei untertariflichen Arbeitsangeboten und Ein-Euro-Jobs vor der Alternative sie anzunehmen oder zu hungern, denn sie verlieren sonst jegliche Unterstützung. Inzwischen wird die
72
Koch, Moritz: „Einkommen in Deutschland – Der große Graben“, in: Süddeutsche Zeitung vom 16. 07. 2006; http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/980/349815/text/ (2007): „Gini-
Koeffizienten [...] – ein statistisches Maß für soziale Ungleichheit [...] ist null bei absoluter Gleichheit und eins bei extremer Ungleichheit. Zwischen 2001 und 2005 ist der Gini-Koeffizient von 0,27 auf 0,29 gestiegen. Damit hat die Ungleichheit das höchste Niveau seit Beginn der Datenerhebung 1984 erreicht.“ Oliver Kloss
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Bundesrepublik Deutschland vom UNO-Ausschuss für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte gerügt, weil die Systeme der Arbeitslosenhilfe die Rechte des Individuums zur freien Annahme einer Beschäftigung und das Recht auf angemessene Entlohnung nicht respektieren. Droht uns mit dem Neoliberalismus ein neuer Totalitarismus? Ansonsten genießen alle Bürger ihre bürgerlichen Grundrechte. Sie können auf die Gestaltung der Politik Einfluss nehmen. Das Recht bleibt korrigierbar, also auch das bereits auch von der ILO, der Internationalen Arbeitsorganisation, angemahnte Unrecht der Hartz-
Gesetze. Die den Rechts- und Sozialstaat aushöhlenden Gesetze können prinzipiell geändert werden. Es lässt sich gewiss darüber spekulieren, ob sich je eine demokratische Partei in der Bundesrepublik gewagt hätte, solche Gesetze ins Parlament einzubringen, wenn es die Vereinigung der beiden deutschen Staaten nicht gegeben hätte. Ebenso ließe sich darüber spekulieren, ob fast allen Landesregierungen die Verkürzung der Gymnasialzeit um ein Schuljahr auf nur 12 Jahre gelungen wäre, hätten sie sich nicht auf die Verhältnisse in der DDR beziehen können. Auf diese Verschlechterung im Bildungswesen als Folge der Einheit hat Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) aufmerksam gemacht. Durch die staatliche Vereinigung ist es reaktionären Kräften in verschiedenen politischen Interessengruppen im Westen gelungen, in einzelnen Bereichen Angleichungen an die einst im Osten bestehenden Verhältnisse zu erreichen. – Vor diesen Gefahren der Vereinigung sollten die Koreaner gewarnt sein!
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3.
Für die Wiedervereinigung Koreas als Republik
Ich danke Ihnen für die Einladung zu dieser Konferenz. In dieser Einladung sprachen Prof. Dr. Tae Kook Jeon, der Präsident der Koreanisch-Deutschen Gesellschaft für
Soziologie, und Prof. Dr. Jae Jean Suh, der Präsident des Koreanischen Instituts für Nationale Vereinigung, ihre Erwartungen aus: „Unserer Auffassung nach können aus den Erfahrungen der Deutschen mit der Problematik der Wiedervereinigung wichtige Erkenntnisse für Korea gezogen werden. Wir erwarten uns von dieser Konferenz einen politischen und sozialen Austausch von Ideen und Anregungen für eine koreanische Wiedervereinigung.“ Diese Fragestellung ist spannend. Es sei mir daher erlaubt ein paar Empfehlungen zur Diskussion zu stellen, wie die Wiedervereinigung befördert werden könnte. Worauf wäre zu achten, wenn die Vereinigung Koreas bevorsteht? Welche Gefahren drohen und welche Chancen bestünden, die Vereinigung besser zu organisieren als die deutsche verlaufen ist. Vielleicht werden Sie über meine mangelnde Kenntnis koreanischer Verhältnisse lächeln oder gar lachen, aber auch darüber kann man ins Gespräch kommen. Ab Ende des Jahres 1985 konnten die subversiven Kräfte in der DDR davon ausgehen, dass die Sowjetunion unter Gorbatschow kein Interesse mehr an der Verteidigung der DDR-Regierung gegen das Volk haben werde. Wir sahen, dass die Machtelite der Sowjetunion mit dem Erhalt ihres eigenen Status genug beschäftigt war und erste Differenzen innerhalb der Staatsklasse auftraten. Heute gibt es in der chinesischen Öffentlichkeit immer noch drei Tabus: freie Gewerkschaften, die führende Rolle der Kommunistischen Partei und die Menschenrechte. Es ist nur eine Frage der Zeit bis auch der Machtelite Chinas der Machterhalt im eigenen 73
Lande näher liegen wird als das Interesse Schutzmacht der nordkoreanischen Diktatur zu sein. Insofern könnte die Situation bald mit der Endphase der DDR vergleichbar werden: Die Regierung eines Teilstaates verliert die sie stützende und schützende Großmacht.
73
Die Verfasser der Charta 08 stellen sich bewusst in die Tradition der erfolgreichen Charta 77 (Petition gegen Menschenrechtsverletzungen in der Tschechoslowakei vom Januar 1977) und fordern Freiheitsrechte, Gewaltenteilung, Presse-, Versammlungs- und Religionsfreiheit sowie ein Ende der Ein-Parteien-Herrschaft der Kommunisten in China: http://www.eu-china.net/web/cms/upload/pdf/materialien/hric_2008_charter_08.pdf (Englische Fassung), http://www.scribd.com/doc/30527126/2008-China-Charta-08-Deutsch (Deutsch von Jörg-M. Rudolph).
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3. 1.
Kosten der Teilung und Kosten der Vereinigung
Wirtschaftliche Befürchtungen im Hinblick auf die Integration Nord-Koreas – wie sie einst der liberale Präsident des republikanischen Korea, Roh Moo Hyun, gehegt hatte – können den politischen Willen zur Wiedervereinigung hemmen. Der Kontrast im Wirtschaftsniveau zwischen dem Norden und Süden Koreas ist weit größer und zunehmend stärker ausgeprägt
74
als einst zwischen dem Osten und dem Westen
Deutschlands und schon in diesem Falle kamen enorme Kosten auf. So sind Befürchtungen verständlich, das Lebensniveau der Südkoreaner könne bedroht werden, sobald die Wiedervereinigung vollzogen werden kann.
75
Was spricht gegen solche Bedenken? Während der Konferenz hat bereits die Botschafterin Frau Prof. Dr. Young-Hee Kim betont, es sei bei der Frage nach den Kosten der Vereinigung stets zu bedenken, wieviel das Fortbestehen der Teilung koste: Für den status quo sind hohe Militärausgaben, Kosten der Grenzsicherung und erhebliche humanitäre Leistungen erforderlich. Diese hohen Kosten erreichen für die Menschen keine anhaltende Verbesserung, beseitigen die politische Struktur in Nord-Korea nicht! Laut UN-Schätzungen hungern in Nord-Korea etwa sechs Millionen der 23 Millionen Einwohner und das Land erhält internationale Lebensmittelhilfe. Wird aber humanitäre Hilfe nach der „Logik totalitärer Staatsführung“ verteilt, so hat sie zum „Ergebnis, dass
die Hilfe die Bedürftigsten nicht erreicht“. 76 Das US-Außenministerium geht davon aus, dass Nord-Korea rund ein Viertel des Bruttoinlandproduktes für Militärausgaben verwendet.
77
Der Nuklear-Macht setzt Süd-
Korea auch eine beachtliche Streitmacht entgegen. Die Ressourcen könnten auf beiden Seiten im Falle der Vereinigung für die zivile Wirtschaft genutzt werden.
74
Engelhard, Karl: Südkorea. Vom Entwicklungsland zum Industriestaat, (Schriften der Arbeitsstelle Eine-Welt-Initiative, Bd. 7) Waxmann Verlag, Münster, 2004, S. 382: „Je länger sich die
Wiedervereinigung verzögert, desto größer dürften die wirtschaftlichen Belastungen für Südkorea werden.“ 75
76
77
Vgl. den Konferenzbeitrag von Jeon, Tae Kook (Kangwon Universität): Veränderungen in der Auffassung der Südkoreaner zur Wiedervereinigung und die Rolle der Machteliten (Referat IV). Schloms, Michael: Devide et impera – Totalitärer Staat und humanitäre Hilfe in Nordkorea. Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung, 2000, http://bibliothek.wz-berlin.de/pdf/2000/p00-304.pdf (August 2009). Vgl. AP in Focus online vom 6. Oktober 2008: „Nordkorea: Ein Viertel des BIP für Militärausgaben“ http://www.focus.de/panorama/welt/nordkorea-ein-viertel-des-bip-fuermilitaerausgaben_aid_338429.html.
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Inzwischen liegt ein Report der US-Bank Goldman Sachs vor. von Goohoon Kwon hat auch Jim O'Neil mitgearbeitet.
79
78
An der 24-Seiten-Studie
Er hatte seinerzeit Brasilien,
Russland, Indien und China als aufstrebende Wirtschaftsmächte identifiziert. Wie für diese Staaten, so sprächen für Nord-Korea gut ausgebildete Arbeitskräfte, ein mit Uran, Kohle und Eisenerz reiches Rohstoffvorkommen und eine günstige demografische Entwicklung. Um dieses Potential nutzen zu können, meint Kwon, bedürfe es des Abschieds von der Diktatur sowie der Wiedervereinigung mit Süd-Korea. In der ersten Phase der Integration könnte die nordkoreanische Konjunktur von 2013 bis 2027 um jährlich bemerkenswerte sieben Prozent anziehen. Mitte des Jahrhunderts könne ein vereinigtes Korea dann sogar ein höheres Bruttosozialprodukt aufweisen als Frankreich, Deutschland und Japan. Gesetzt, diese Prognose sei zu optimistisch, so sollte zumindest bedacht werden: Sobald sich die Menschen Nord-Koreas von der Diktatur befreien, muss ihnen ein Weg in die Wiedervereinigung geboten werden. Andernfalls entsteht aus schierer Angst eine Fluchtbewegung nach Süd-Korea, wie es sie auch vom Osten in den Westen Deutschlands anfangs gegeben hat. Der nordkoreanischen Bevölkerung muss dann von Süd-Korea die Sicherheit geboten werden, dass die kommunistischen Eliten nicht wieder an die Macht gelangen können. Nur dies verhindert die Massenflucht, denn eine Barriere durch die Sprache besteht nicht. In jeder Diktatur findet (von schillernden Ausnahmen abgesehen) in der Regel eine scharfe Negativ-Auslese statt, das heißt: Die willensschwachen, charakterlosen und dummen Menschen werden begünstigt, feige Dienstbarkeit wird belohnt. Gerade die eigenständigen, mutigen, klugen und kreativen Menschen werden bekämpft; alles Edle wird gestaucht. Je früher die Wiedervereinigung gelingt, um so besser, nicht nur für die leidenden Nord-Koreaner! Je länger die Diktatur fortbesteht, um so höher sind die Kosten des Wiederaufbaus. Das einzige ernste Problem für den Kapitalismus des künftigen vereinten Korea dürfte die Gefahr steigender Arbeitslosigkeit im Prozess der Wiedervereinigung sein. Für den Erhalt annähernder Vollbeschäftigung wird politische Klugheit erforderlich sein. 78
79
80
80
Kwon, Goohoon: A United Korea? Reassessing North Korea Risks (Part I), Goldman Sachs Global Economics Paper No: 188, September 21 (2009), Commodities and Strategy Research at https://360.gs.com. Ramstad, Evan: „Study sees gains in Korean unification. A combined North and South would create an economic powerhouse by midcentury, Goldman Sachs report says“, in: The Wall Street Journal, September 22, 2009, p. 12, http://online.wsj.com/article/SB125353016156627479.html. [Siehe Anhang!] Siehe zur Kritik an der Wirtschaftspolitik Deutschlands nach der Vereinigung z. B. Müller, Albrecht: „Der abgebrochene Vereinigungsboom“, in: Vorwärts. März 2004, S. 11. [Siehe Anhang!]
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3. 2.
Wo gibt es in Nord-Korea organisierten Widerstand?
Es sind bisher – so wurde auch in den Diskussionen der Konferenz betont – keine subversiven Organisationen in Nord-Korea bekannt.
81
Aber diese Einschätzung hätte man
auch in der zweiten Hälfte der 80er Jahre im Westen Deutschlands über Ostdeutschland hören können. Außerhalb der Kirchen gab es keine Möglichkeit öffentliche Räume legal zu nutzen und so glaubten viele der westlichen Politiker, es gehe den existierenden Gruppen bestenfalls um etwas Kritik, etwas „Verbesserung“ im Lande, aber keinesfalls um den entschlossenen Systemwechsel, keinesfalls um eine Revolution. Wie aber hätten die Gruppen sich anders artikulieren können, wenn sie der Staatsmacht nicht den Vorwand zur sofortigen Verfolgung und Inhaftierung schenken wollten? Mitte Juni 2009 übergab das Brookings Institut, das Politikberatung für die Außenpolitik der USA betreibt, der US-Regierung einen Bericht über zu treffende Vorbereitungen 82
angesichts eines Kollapses in Nord-Korea. Es ist riskant an Zusammenbrüche zu glauben, aber gut, wenn man auf den Systemwechsel vorbereitet ist. Allein wirtschaftliche Schwierigkeiten bewirken noch keine Revolution ansonsten hätte sie früher in Nord-Korea oder Kuba stattfinden müssen als zum Beispiel in der DDR. Ich möchte für sensible Wahrnehmung von Dissidenz werben: Manche subversive Gruppe mag Ihnen viel harmloser anmuten als dem Geheimdienst Nord-Koreas, doch er weiß besser, wodurch seine Macht bedroht ist. 83
Wo es so viele Arbeitslager gibt wie in Nord-Korea, da muss es auch sehr viele mutige und eigenständig denkende Menschen geben. Wer sonst soll durch Zwangsarbeit von der Diktatur bekämpft und zerstört werden? 81
82
83
Im September 2009 besuchte Bischof Wolfgang Huber, der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche Deutschlands (EKD) mit einer Delegation Nord- und Süd-Korea; zwanzig Jahre nach 1989 war Wert darauf gelegt worden, beide Teile Koreas zu besuchen, mochten auch in Nord-Korea nur kontrollierte Kontakte zur konformen Staatskirche möglich sein. Ich traf Christoph Kähler, den ehemaligen Bischof Thüringens, in Seoul. Er erzählte, er habe in unterschiedlichen Gemeinden in Süd-Korea nach Namen bekannter Dissidenten aus Nord-Korea gefragt. Stets sei ihm die gleiche Antwort gegeben worden, aus Nord-Korea könne kein Name eines Dissidenten bekannt werden, denn schneller sei dieser Mensch im Umerziehungslager oder ermordet. Ich erhielt leider auch keine besseren Auskünfte. O`Hanlon, Michael E.: North Korea Collapse Scenarios. Brookings Northeast Asia Commentary, Number 30 (June 09, 2009). The Brookings Institut: http://www.brookings.edu/opinions/2009/06_north_korea_ohanlon.aspx (September 2009), http://www.brookings.edu/opinions/2009/06_north_korea_ohanlon.aspx?sc_lang=zh-CN (Koreanisch). O`Hanlon, Michael E./ Solarz, Stephen J.: A New North Korea Strategy (June 24, 2009), The Brookings Institut: http://www.brookings.edu/opinions/2009/0624_north_korea_ohanlon.aspx. In Nord-Korea soll es etwa 30 Arbeitslager geben, die Gesamtzahl der Inhaftierten wird auf eine Million geschätzt (von knapp 23 Millionen Menschen).
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3. 3.
Vierzehn Empfehlungen zur koreanischen Wiedervereinigung
Die Sonnenschein-Politik des einseitigen Entgegenkommens hat von der Seite NordKoreas keine angemessene Antwort erhalten. Lee Myung Bak, seit Februar 2008 Präsident Koreas, hat den Stil seiner beiden Vorgänger geändert. Lee versucht eine Politik der Leistung und der Gegenleistung durchzusetzen, versuchte die Hilfszahlungen an den verarmten Norden an eine atomare Abrüstung zu knüpfen. Diese Haltung stieß bei der Regierung Nord-Koreas auf Unmut, aber im August hat das Regime das Begräbnis des ehemaligen Präsidenten Süd-Koreas genutzt, um vermittels einer Delegation den Dialog wieder aufzunehmen. In der Bundesrepublik Deutschland besaßen die Parteien vor 1989 mehrheitlich Hemmungen, wenn es um die offene Unterstützung des organisierten Widerstandes in der DDR ging.
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Bisweilen wurde sogar im Zusammenhang mit der militärischen
„Entspannungspolitik“ die gleichzeitige Destabilisierung der osteuropäischen Diktaturen als Widerspruch betrachtet. Dergleichen Hemmungen kannten die Kommunisten nie. Sie ließen sich wegen diplomatischer Beziehungen oder politischer Verhandlungen mit Demokratien nie in der Finanzierung ihrer erfolglosen Kommunistischen Parteien im Westen beirren, deren erklärtes Ziel die Beseitigung von Demokratie und Kapitalismus war. Kluge Politikerinnen und Politiker sollten langfristig denken und auch in Korea auf die Überwindung des Kommunismus setzen.
84
Natürlich gab es Politikerinnen und Politiker aus SPD, der Partei der Grünen und der CDU, die den organisierten Widerstand in der DDR unterstützten, aber dies war der Initiative von Einzelnen bzw. von Gruppen innerhalb der Parteien zu danken. Vgl. Arbeitsgruppe Menschenrechte/ Arbeitskreis Gerechtigkeit (Hrsg.): Die Mücke. Dokumentation der Ereignisse in Leipzig, DDR-Samisdat, Leipzig, März 1989 [Nachdruck von Vorwort und Chronik als „Leipziger Chronik“ (Teil 1) in: Ost-West-Diskussionsforum. Nr. 6, April 1989, S. 8–11; „Leipziger Chronik“ (Teil 2) in: Ost-West-Diskussionsforum. Nr. 7, Juni 1989, S. 7–10; http://www.scribd.com/doc/30725523/1989-Leipziger-Chronik-Teil-1 etc.]; Arbeitsgruppe Menschenrechte/ Arbeitskreis Gerechtigkeit (Hrsg.): Fortsetzung der „Leipziger Chronik“, zusammengestellt von Kathrin Walther und Thomas Rudolph und in der Bundesrepublik von Frank Wolfgang Sonntag veröffentlicht: „Leipziger Chronik“ (Teil 3) vom 23. Februar bis zum 29. Mai 1989. in: Ost-WestDiskussionsforum. Nr. 8/ 9, Oktober 1989, S. 14/ 15 sowie „Leipziger Chronik“ (Teil 4) vom 4. Juni 1989 bis 4. September 1989 in: Ost-WestDiskussionsforum. Nr. 10, Düsseldorf, Februar 1990, S. 18-20; http://www.scribd.com/doc/30725308/1989-Leipziger-Chronik-Teil-3-4.
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Wenn meine These zutrifft, dass kommunistische Eliten ihre Macht nur solange bewahren können wie es ihnen gelingt die Flucht der Staats-Insassen zu verhindern und den organisierten Widerstand zu unterbinden, so können alle politischen Maßnahmen die Diktatur in Nord-Korea effektiv destabilisieren, die die Flucht-Bewegung begünstigen und den organisierten Widerstand ermutigen und stärken. Ich möchte für sensible Wahrnehmung von Dissidenz werben und die folgenden 14 Empfehlungen zur Diskussion stellen: 1.
Unterstützen Sie die Kräfte des Widerstandes in Nord-Korea in jeder erdenklichen Weise! Fragen Sie, was gebraucht wird! Unterstützen Sie politische Flüchtlinge! Begünstigen Sie Fluchtmöglichkeiten!
2.
Öffentlichkeit
schützt!
Tragen
Sie
dazu
bei,
dass
Informationen
Menschenrechtsverletzungen in Nord-Korea bekannt gemacht werden! 3.
über
85
Informationsfreiheit ist die Voraussetzung für Meinungsfreiheit. Sie können nach Nord-Korea reisen. Ohne Bücher, die dort nicht erhältlich sind, sollten Sie nicht aufbrechen. Was man für den eigenen Bedarf bei sich hat, kann man auch verlieren bzw. „vergessen“. Unlängst las ich von einer einfallsreichen Flugblatt-Aktion der Zentrale der Kämpfer
für ein freies Nord-Korea (Seoul): „Die Mitglieder dieser Organisation verschicken mit Hilfe riesengroßer Luftballons Flugblätter, die nach genau berechneter Zeit in großer Höhe zerplatzen und dann ihre Botschaften buchstäblich vom Himmel fallen lassen. Diese Einsätze starten an Orten in der Nähe der inner-koreanischen Grenze." 86 4.
Ein effektives und kostengünstiges Medium für Informationen nach Nord-Korea können Radio-Sender sein. (Das private Offene Radio Nord-Korea sollte staatliche Förderung erhalten und die Sendezeit ausbauen.) Die Zahl der Hörer wächst, der Schmuggel mit chinesischen Radios nach Nord-Kores blüht.
85
87
Ich erlebte am 16. September 2009 in Seoul auf der Straße eine Aktion der Organisation Justice Rescue NK. http://www.facebook.com/group.php?gid=87400041306 (September 2009). Schlomann, Friedrich-Wilhelm: „Neues aus einem verschlossenen Land. Erste Informationen der Außenwelt gelangen nach Nord-Korea“, in: Der Stacheldraht für Freiheit, Recht und Demokratie. Hrsg. Bund der Stalinistisch Verfolgten e. V., Berlin, Nr. 7, 2009, S. 6. Ebenda: „Mit den nord-koreanischen Radiogeräten kann man im Lande lediglich die Programme des dortigen Staatssenders empfangen. So ist es kein Zufall, dass an der Grenze der DVRK zu China der Schmuggel mit chinesischen Radios blüht – der Preis für ein Gerät beträgt umgerechnet zwei Dollar. Im Südteil der Halbinsel gibt es seit einiger Zeit mehrere private Radiosender, die sich an die Landsleute im Norden wenden. Der wichtigste dürfte das Offene Radio Nord-Korea sein, das seit vier Jahren täglich zwei Stunden sendet. Das Programm beinhaltet persönliche Berichte von Flüchtlingen, Darstellungen über das Leben in Süd-Korea und Meldungen aus aller Welt. Leiter ist Ha Tae-keung, der früher nord-koreanischen Flüchtlingen
for North Korea:
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5.
Nehmen Sie Einfluss auf die Regierung Süd-Koreas, fordern Sie im Rahmen der Politik von Leistung und Gegenleistung den Freikauf politischer Häftlinge aus den Gefängnissen Nord-Koreas! Es sinkt die Angstschwelle für die Beteiligung an subversiven Aktionen, wenn man weiß, dass man eventuell freigekauft werden könnte. Dieser Punkt ist mir besonders wichtig. Ich weiß, wovon ich spreche, denn auch mein Engagement wäre sonst vorsichtiger gewesen.
6.
88
Schaffen Sie in Süd-Korea eine „Erfassungsstelle für politisch motivierte Straftaten“ an Nord-Koreanern in Nord-Korea nach dem Vorbild der deutschen „Zentralen Erfassungsstelle Salzgitter“!
7.
Setzen Sie sich im Prozess der Wiedervereinigung dafür ein, dass UNO-Mitglieder (Unterzeichner-Staaten der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte) wie SüdKorea das Staats- und Strafrecht Nord-Koreas nicht anerkennen!
8.
Schaffen Sie im Prozess der Wiedervereinigung gleiches Recht im ganzen Land! Kollektive Benachteiligung der Nord-Koreaner schadet nicht nur ihnen, sondern begünstigt auch den Einfluss der ehemaligen kommunistischen Machteliten auf den wiedervereinigten Staat.
9.
Akteneinsichtsrecht! Unterstützen Sie die Öffnung der Archive in Nord-Korea, nicht nur der Archive des Geheimdienstes, auch der Polizei, der Partei etc.!
10. Unterstützen Sie die Nord-Koreaner bei der Säuberung des Öffentlichen Dienstes von politisch belasteten Personen! Bilden Sie schon jetzt Beamte aus, die in Nord-Korea die Verwaltung übernehmen können, damit die Menschen nicht auf Funktionäre der alten Machtelite angewiesen sind! Entsenden Sie bei der Wiedervereinigung Lehrer nach Nord-Korea! Sie begünstigen die Zukunft. 11. Setzen Sie sich mindestens für die Enteignung der Staatspartei Nord-Koreas ein, sofern die Auflösung nicht gelingen sollte! 12. Setzen Sie sich für die Angleichung der Altersrenten der Nordkoreaner unabhängig von der Lebensleistung ein, sonst wirken die Privilegien der Diktatur noch Jahrzehnte nach! 13. Muten Sie den von der Diktatur Geschädigten nicht zu, sich als Opfer darstellen zu müssen, wenn sie einen Ausgleich für erlittenes Unrecht erhalten wollen!
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über die Grenze half.“ Der Häftlingsfreikauf war eine herausragende humanitäre Leistung der Bundesrepublik Deutschland: Die jährlichen Zahlungen lagen zwischen rund 38 Millionen DM 1964 und rund 388 Millionen DM 1984, von 1964 bis 1990 waren dies Zahlungen von fast 3,5 Milliarden DM für 33.755 Menschen. – Whitney, Craig R.: Advocatus Diaboli. Wolfgang Vogel – Anwalt zwischen Ost und West. Berlin, Siedler, 1993, S. 400. [2 DM sind rund 1 Euro]
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14. Wählen Sie Politikerinnen und Politiker in Süd-Korea, die sich nicht mit diktatorischen Regimen gemein machen, sich nicht mit ihnen auf eine Stufe begeben, sondern aus der Position der Stärke heraus klug verhandeln!
3. 4.
Ein Blick zurück und ein Blick voraus
Als Bilder von „ost-deutschen“ Besetzern der „west-deutschen“ Botschaft in Prag in der Presse der Welt erschienen, jedoch nicht in der DDR-Presse, so war noch nicht abzusehen, dass einmal Erich Honecker – der Vorsitzende des Staatsrates und Generalsekretär der Staatspartei, der Vorsitzende des Nationalen Verteidigungsrates etc. etc. – der aller-letzte Botschaftsflüchtling dieses Staates sein werde. Als der 1991 bereits im sowjetischen Exil lebende Erich Honecker in Moskau in die Botschaft Chiles flüchtete, weil er sich der sowjetischen Genossen nicht mehr sicher war, bot der Diktator Nord-Koreas ihm „aus humanitären Gründen“ Asyl an. Sogleich wurde unter den Ostdeutschen darüber ein Witz gemacht. Sie erzählten, der nord-koreanische Diktator habe dieses Angebot doch wieder zurück gezogen, denn wo Erich Honecker auftauche, da wachse die Gefahr, dass Mauern fallen und Grenzen geöffnet werden. Letztlich wählte sogar Erich Honecker lieber das inzwischen wieder demokratische Chile als Ort des Exils als das kommunistische Nord-Korea. Nach diesem Witze noch ein paar ernste Worte. Ost-Deutschland und Nord-Korea taugen nicht nur „zur praktischen Belehrung und
demonstratio ad absurdum“, wie im Kommunismus „das Leben selbst sich verneint“. 89 Friedrich Nietzsches Hypothese wurde auch durch anderen kommunistischen Staaten grausam praktisch bestätigt. Die beiden weltpolitischen Groß-Experimente Deutschland und Korea haben überdies gerade durch die strenge staatliche Teilung der jeweiligen Staats-Bevölkerung gezeigt, dass Ideologien, die – wie Rassismus, Nationalismus oder Kulturalismus
90
– vermeintliche
„kollektivistische Identitäten“ bemühen, keine sinnvollen Erklärungen bieten können. 89 90
Nietzsche, Friedrich: KSA 11, S. 587 [NF Juni-Juli 1885, 37, 11]. Mit der Charta 08 – nach dem Vorbilde der erfolgreichen tschechoslowakischen Charta 77 verfasst – haben die Dissidenten in China die Menschenrechte als universellen Maßstab thematisiert, während die herrschenden Kommunisten dagegen kulturalistisch argumentieren, auf ein chinesisches Verständnis von Menschenrechten und auf nationale Souveränitat verweisen.
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Die Geschichte der beiden Teilungen zeigt: Entscheidend für die unterschiedlichen Lebensverhältnisse können weder die kulturellen Traditionen noch genetische oder sonstige biologistische oder kulturalistische Bedingungen gewesen sein. Allein die politisch-ökonomischen Strukturen waren für den entstehenden Kontrast in den Lebensverhältnissen entscheidend. Aber gerade diese Strukturen sind offen für bewusste plastische Gestaltung, sie können von Menschen verändert werden. Der Primat der Politik im Medium der Macht hat sich bestätigt. Ich freue mich, dass Sie hier in Süd-Korea klüger vorgehen als einst die Mehrheiten in politischen Parteien und Organisationen im bürgerlich-demokratischen Teil Deutschlands. Sie denken voraus. Sie können auch aus der deutschen Wiedervereinigung lernen. Für den Widerstand in einer Diktatur ist nichts wichtiger als die Unterstützung von außen und die mediale Weltöffentlichkeit. Unterstützen Sie die Kräfte des Widerstandes in Nord-Korea! Ich möchte dem Ministerium für Wiedervereinigung der Republik Korea für meine Einladung und Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit danken. Ich wünsche den Koreanerinnen und Koreanern im Norden wie im Süden für ihre koreanische staatliche Wiedervereinigung besseres Gelingen.
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Nachbemerkung für deutsche Leserinnen und Leser Die Entwicklung Süd-Koreas sollte auch alljenen in Deutschland zu denken geben, die der Täuschung aufsitzen, der wohlfahrtsstaatliche Kapitalismus der alten Bundesrepublik sei einer Systemkonkurrenz geschuldet und sozusagen als indirekter Erfolg der Existenz der DDR zu danken gewesen. Nichts falscher als das. Wer so denkt, muss einerseits an den Mythos von einer „sozialen“ DDR glauben, andererseits soziale Entrechtung im Stile der Hartz-Gesetze als quasi-natürliche Folge der Revolution von 1989 erachten. Diese Sichtweise begegnet mir durchaus oft bei ansonsten intelligenten Menschen. Sogar einer der couragiertesten Journalisten Deutschlands, Arno Luik, erlag diesem Glauben als er schrieb: „Anders als noch in Zeiten der
Systemkonkurrenz, also bis 1990, muss der Kapitalismus jetzt nicht mehr beweisen, dass er sozial, human und gerecht sein kann.“ 91 Eine vermeintlich ernst zu nehmende „Systemkonkurrenz“ dürfte aus der Sicht der Bundesregierungen schon nach 1968 nicht mehr relevant gewesen sein. Der nächste Milliardenkredit für die DDR war von seiten der Bundesrepublik für den Herbst 1989 vorgesehen. Er konnte nur durch die Revolution verhindert werden. Sozialabbau in der Bundesrepublik gibt es nicht erst seit 1990. Ein Blick in die Statistik genügt: Die Sozialleistungsquote stieg von 1965 bis 1881 kontinuierlich und erreichte 1981 den Wert von 33,4 Prozent des Bruttosozialproduktes. Im Jahre 1982 ist die Sozialleistungsquote erstmals, aber geringfügig auf 33,3 Prozent gesunken, aber 1983 schon auf 32,3 Prozent.
92
Sozialabbau konnte in den 80er Jahren politisch erfolgreich
durchgesetzt werden, war aber nie ökonomisch notwendig, wie ebenfalls ein Blick in die Statistik lehren kann. Während zu Zeiten der DDR keine Statistik existierte, die es zu lesen lohnte, bietet das
Statistische Bundesamt in der Demokratie der Bundesrepublik jeder und jedem parteiunabhängig das verfügbare Zahlenmaterial und bei der Bundeszentrale für politische
Bildung kann der Jahresbericht gegen wenige Euro bestellt werden. – Das heißt, keine und keiner muss glauben, was die Medien verbreiten. Die kritische Prüfung ist prinzipiell möglich. Zum Beispiel ist schwer nachvollziehbar, wieso viele Menschen in Deutschland glauben konnten, die Globalisierung bedrohe die deutsche Wirtschaft und müsse mit
91 92
Luik, Arno: „Ein Putsch von ganz oben“, in: stern Nr. 44, 21. Oktober 2004, S. 65. Siehe Statistisches Taschenbuch 1993. Hrsg. vom Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung, Bonn, 1993, S. 7, in: Grosser, Dieter/ Bierling, Stephan/ Neuss, Beate (Hrsg.): Deutsche Geschichte in Quellen und Darstellungen. Band 11: Bundesrepublik und DDR 19691990, Stuttgart, Reclam, 1996, S. 82.
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Sozialabbau und Lohnsenkung beantwortet werden. Wie hätte Deutschland bis ins vergangene Jahr „Exportweltmeister“ sein können, nun den zweiten Platz in der Welt behaupten, wenn die Globalisierung für die Wirtschaft in Deutschland je ein Problem gewesen wäre? Von einer Diktatur wie Nord-Korea wird niemand ernstlich behaupten wollen, sie böte irgendeine Konkurrenz-Situation; sie schreckt einfach nur ab. Süd-Korea musste und muss auch heute gar nichts „beweisen“. Und doch schenkt die pro-kapitalistische Entwicklung nach beachtlichen Auseinandersetzungen an der Konfliktlinie Arbeit-Kapital seit erlangter Vollbeschäftigung den Massen einen bisher ungekannten Wohlstandszuwachs. Das muss nicht verwundern und war gemäß der Theorie von John Maynard Keynes auch durchaus zu erwarten. Süd-Korea hat im ökonomischen Welt-Vergleich Platz 12 erstiegen (BIP Kaufkraftparität 2009 IWF) und Platz 26 des Human Development Index 2007 (vier Plätze nach Deutschland). Das Parlament hat eine Sozialhilfe eingeführt, um die Unabhängigkeit der Einzelnen von ihren Familien zu sichern und um die Steigerung des Lohnniveaus nicht zu behindern. Der Flughafen in Seoul wurde im weltweiten Vergleich als besonders ökologisch ausgezeichnet. Inzwischen ist ein Produktivitätsniveau und ein ökonomisches Sättigungsniveau erreicht worden,
wodurch
der Erhalt
der
Vollbeschäftigung
auch
in
Süd-Korea
keine
Selbstverständlichkeit mehr ist. Zur Bewahrung annähernder Vollbeschäftigung wurde deshalb ein Grünes Konjunkturprogramm erforderlich. Ich konnte zum Beispiel sehen, wie die Straßen der Hauptstadt Seoul mit einem flächendeckenden Blinden-Leitsystem ausgestattet werden. Meine Nachfrage, ob es auch politische Kräfte gäbe, die gegen Vollbeschäftigung und Konjunkturprogramme kämpfen, wurde verneint. Auch die Konservativen und die Liberalen hätten sich zugunsten des Blinden-Leitsystems ausgesprochen, denn es sei doch ein „Standort-Vorteil“, wenn die Blinden der Welt als Touristen nach Seoul kämen, weil diese Stadt ihnen etwas zu bieten hätte. Zugunsten der Verbesserung von Lebensverhältnissen durch den Ausbau öffentlicher Güter hatte ich das „Standort“-Argument noch nie vernommen. Aus deutschen Medien kennen wir das Argument nur als Angst vor Standort-Nachteil. Hier wird es stets von denjenigen strapaziert, die nach Begründungen suchen, weshalb öffentlich-kollektive Güter zerstört werden sollten. Besuchen Sie Süd-Korea, es bietet Überraschungen! … – Kurz: Süd-Korea zeigt, wie Kapitalismus möglich ist! Leipzig, Oktober 2010 Oliver Kloss
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Von links nach rechts: Oliver Kloss, Dr. Seung Hyeob Lee und Prof. Song U Chon.
Anhang Ramstad, Evan: „Study sees gains in Korean unification. A combined North and South would create an economic powerhouse by midcentury, Goldman Sachs report says“, in: The Wall Street Journal, September 22, 2009, p. 12. Müller, Albrecht: „Der abgebrochene Vereinigungsboom“, in: Vorwärts. März 2004, S. 11.
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