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absolute Herausgegeben von Klaus Theweleit und Rainer Hรถltschl


absolute Paul Feyerabend Herausgegeben und mit einem biografischen Essay versehen von Malte Oberschelp

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Die Deutsche Bibliothek – CIP-Einheitsaufnahme Ein Titeldatensatz für diese Publikation ist bei der Deutschen Bibliothek erhältlich. absolute — eine Reihe hg. v. Klaus Theweleit und Rainer Höltschl absolute Paul Feyerabend Hg. v. Malte Oberschelp Freiburg: orange-press 2002 Copyright für die deutsche Ausgabe 2002 bei © orange-press GmbH Alle Rechte vorbehalten Buchgestaltung: Annette Schneider Hergestellt in Deutschland Die im Text angegebenen URLs verweisen auf Websites im Internet. Der Verlag ist nicht verantwortlich für die dort verfügbaren Inhalte, auch nicht für die Richtigkeit, Vollständigkeit oder Aktualität der Informationen. ISBN 3-936086-06-0 orange-press.de


Die Wissenschaften in einer freien Gesellschaft

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Biografie I – Die Diskutiermaschine (1924 – 1955)

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Das Problem der Existenz theoretischer Entitäten

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Biografie II – Der Dadaist (1955 – 1975)

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Über Erkenntnis

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Wider den Methodenzwang

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Der Galileiprozess – einige unzeitgemäße Betrachtungen

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Bemerkungen zur Geschichte und Systematik des Empirismus

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Biografie III – Der Popstar (1975 – 1990)

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Platonische Phantasien

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Wissenschaft als Kunst

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Biografie IV – Der Buddhist (1990 – 1994)

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Die Kolonisation der Vielfalt

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Das letzte Interview

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Quellenverzeichnis, Textnachweise, Dank

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Personenregister


»Ich vertrete hier, wo man die Universität in eine neue Kirche verwandeln will, wo Seelen gebildet werden, die ganz andere Auffassung, dass die Universität ein intellektueller Supermarkt ist, wo der reife Student herumwandelt und aufgreift, was ihm gefällt« Brief an Hans Albert (1968)

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Biografie I – Die Diskutiermaschine (1924 – 1955)

»Herr Feyerabend, entweder Sie halten das Maul oder Sie verlassen den Vorlesungssaal!« Mit diesen Worten versuchte 1949 der Wiener Philosophie-Professor Erich Heintel einen jungen Studenten der Naturwissenschaften loszuwerden, der sich interessehalber in der philosophischen Fakultät herumtrieb. Heintel war nicht irgendein Dozent, sondern ein bekannter Hegel-Spezialist und der Doyen des Wiener Instituts. Sein vorlautes Gegenüber zählte gerade einmal 25 Jahre, hatte ein wenig Theaterwissenschaft betrieben, später ein Studium der Geschichte und Soziologie abgebrochen, sich seither auf die Fächer Astronomie, Physik und Mathematik verlegt, nahm nebenbei Gesangsunterricht und verbrachte jede freie Minute in der Oper. Paul Karl Feyerabend, so der Name des jungen Querulanten, war durchaus an den philosophischen Grundlagen der exakten Wissenschaften interessiert, aber eigentlich hielt er Metaphysik für ausgemachten Unsinn. Und das sagte er selbst den Autoritäten des Fachs, ob sie es hören wollten oder nicht. Die respektlose Einstellung hat Paul Feyerabend sich später in seinem eigenen Metier, der Wissenschaftstheorie, bewahrt. Er studierte ein Jahr bei Karl Popper in London, lehnte es aber ab, Assistent des damals bereits bekannten Erkenntnistheoretikers zu werden. Im Laufe der 60er Jahre, als Feyerabend in Berkeley selber Professor geworden war, entfernte er sich immer weiter von den Lehrmeinungen seiner Zunft und verwirrte durch provokante Thesen. Aus der gleichen Datenmenge, behauptete Feyerabend beispielsweise, seien unterschiedliche und miteinander unvereinbare Theorien konstruierbar. Auch sei der wissenschaftliche Fortschritt methodologisch nie so rational verlaufen, wie die Wissenschaftstheoretiker hinterher behaupteten. Sein eigenes Werk war das beste Beispiel dafür, dass vermeintlich außerwissenschaftliche Faktoren in den Er kenntnisprozess hineinspielen, denn Feyerabend überzeugte nicht nur mit Inhalten, sondern auch durch seine Performance: eine Mischung aus scharfsinniger Argumentation, Polemik, sophistischen Spitzfindigkeiten, Improvisation und der Fähigkeit, im Zweifelsfall einfach länger reden zu können als der jeweilige Diskussionspartner. Mit seinem Buch Wider den Methodenzwang, im englischen Original Against Method erschienen 1975, hat Feyerabend dann die gesamte Institution Universität ver-

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lassen. Die »Skizze einer anarchistischen Erkenntnistheorie« machte ihren Autor weit über das akademische Milieu hinaus bekannt und verschaffte ihm die Reputation eines Popstars. Dass Feyerabend im Laufe seines Lebens vier Mal verheiratet war, sich als Wrestling-Fan outete und in den 80er Jahren chinesische Akupunktur, Astrologie und die Kosmologie der Hopi-Indianer protegierte, um die dominante Stellung der Wissenschaft in der westlichen Zivilisation zu hinterfragen, macht seine Story umso attraktiver. Er selbst wurde darüber zeitweilig depressiv, weil das Schlagwort »Anything goes« ihm fortan nicht nur anhing wie eine Klette, sondern von Kollegen und Medien flugs zur Meta-Methode erhoben wurde, obwohl es lediglich als Zustandsbeschreibung gedacht war. »Diskutiermaschine« hat Feyerabend sich selbstironisch in seiner Autobiographie Zeitverschwendung genannt, die er 1993 kurz vor seinem Tod beendete. Zu dieser Zeit hatte er seine akademische Karriere schon weit hinter sich gelassen, in der er sich vom erkenntnistheoretischen Enfant terrible zum vehementesten Kritiker der Wissenschaft entwickelte. Er widmete sich ganz dem Privatleben mit seiner vierten Frau Grazia, wollte sogar noch eine Familie gründen und betrachtete den Universitätsbetrieb mit noch größerer Distanz als 1949 – in der PhilosophieVorlesung von Professor Heintel. Damals beugte er sich noch den Autoritäten, »hielt das Maul« und blieb im Saal – nach seiner Erinnerung allerdings nur, weil es draußen viel zu kalt gewesen sei. Paul Karl Feyerabend wurde am 23. März 1924 in Wien geboren. Er war ein Einzelkind und wuchs in alles andere als glamourösen Verhältnissen auf. Sein Vater war Beamter im einfachen Staatsdienst, seine Mutter hatte vor der Heirat als Näherin gearbeitet, die weitläufige, zum Teil slowenische Verwandtschaft bestand hauptsächlich aus Eisenbahnern. In seiner Autobiographie zeichnet Feyerabend ein schillerndes und schrulliges Bild von Familie und Nachbarschaft, in denen Alkoholismus, Selbstmordversuche, rituelle Feiertagsstreitereien und der ausgiebige Gebrauch von Schimpfwörtern (»Du Tachinierer! Du Oasch!«) auf der Tagesordnung standen. »Ich nahm es als selbstverständlich hin, dass die Welt ein seltsamer Ort ist, an dem ständig unerklärliche Dinge passieren«, schreibt Feyerabend über seine Kindheit – egal, ob Tante Pepi gerade den Gashahn aufgedreht hatte, der Bettler des Quartiers abends mit dem größten Stück aus der Fleischhauerei kam oder während des Bürgerkriegs 1934 Leichen auf den Wiener Bürgersteigen herumlagen. In der Schule hatte Feyerabend zunächst Probleme: Sobald der Lehrer etwas an die Tafel schrieb, musste er sich übergeben. Nachdem dieses Problem verschwunden war, entpuppte sich Feyerabend zwar nicht als bequemer, aber als äußerst

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wissbegieriger Schüler. Lesen hatte er mithilfe von Comics schon zuhause gelernt, und im Alter von neun Jahren verschlang er jedes Buch, das ihm in die Finger kam: Rübezahl, Struwwelpeter, Edgar Wallace, Jules Verne, Arthur Conan Doyle, Alexandre Dumas, Karl May. In einem Brief an seinen Kollegen und besten Freund Imre Lakatos erinnert sich Feyerabend, dass ihm sein Vater zeitweilig gar das Lesen verbieten musste, weil er nach der Lektüre vor Aufregung schlecht einschlief. Später auf dem Realgymnasium ging es mit Goethe, Schiller, Ibsen, Kleist und Shakespeare weiter – ein bibliophiler Input, dessen enormen Umfang und dessen Heterogenität Feyerabend sein Leben lang beibehielt. Weil er als Schüler seine Lektüre im Antiquariat gleich stapelweise einkaufte, befanden sich darunter auch bisweilen wissenschaftliche Publikationen, die er mit derselben Neugierig und Wissbegierigkeit durcharbeitete. »An die Philosophie geriet ich durch reinen Zufall«, schrieb er später in Hinblick auf diese frühen Anfänge. Mit der Physik und Astronomie verhielt es sich ähnlich. Feyerabends Physiklehrer Oswald Thomas begeisterte den Jungen für das Fach und machte dabei gleich Bekanntschaft mit einer Eigenschaft, die in Zukunft noch anderen Gelehrten Kopfschmerzen bereiten sollte. »An meinem dreizehnten Geburtstag erlaubte er mir, einen eigenen Vortrag zu halten«, erinnert sich Feyerabend. »›Zwei Minuten‹, sagte Professor Thomas. Nach zehn Minuten musste man mir das Wort entziehen.« Weniger anekdotisch, aber inhaltlich übereinstimmend hat diese Zeit Paul Hoyningen-Huene beschrieben, der Feyerabend während seiner Zeit an der Zürcher Eidgenössischen Technischen Hochschule (ETH) 1980 kennen lernte. »Schon während seiner Schulzeit arbeitete er Mathematik-, Physik- und Astronomielehrbücher auf Universitätsniveau durch«, schreibt Hoyningen-Huene. Ein Selbststudium mit Folgen. »Als ich etwa 16 war, hatte ich den Ruf, mehr von Physik und Mathematik zu verstehen als unsere Fachlehrer. Sie schienen den Gerüchten zu glauben und ließen mich in Ruhe«, so Feyerabend in Zeitverschwendung. Etwa zur gleichen Zeit begann Feyerabend, in einem Chor zu singen, Gesangsstunden zu nehmen und die Oper zu entdecken. Die Liebe zur Musik blieb eine Konstante in seinem Leben. Bis weit in die 50er Jahre liebäugelte Feyerabend damit, als Sänger Karriere zu machen, und bedauerte wiederholt, diesen Plan nicht energisch genug verfolgt zu haben. »Das Singen bedeutete für mich ein Vergnügen, an das keine intellektuelle Tätigkeit heranreichte.« Während seiner Zeit in Berkeley nahm er erneut Stunden und ging so weit, lukrative Lehrangebote im Osten der USA auszuschlagen, weil er in der Nähe seiner Gesangslehrerin bleiben woll-

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te. 1968 schrieb er die Linernotes für eine Schallplatte des italienischen Komponisten und Musiktheoretikers Ferruccio Busoni, und seine Autobiographie gibt seitenlang Aufschluss über Feyerabends musikalische Passion: Jahrzehnte zurückliegende Operninszenierungen samt Sängern und ihren Rollen referiert er mit einer Begeisterung und Detailtreue, wie man sie sonst nur aus der Welt des Fußballs kennt. Nach dem Abitur 1942 wollte Feyerabend Astronomie und Gesang studieren und beide Berufe zugleich ausüben. Der Zweite Weltkrieg machte ihm einen Strich durch die Rechnung. Österreich war bereits 1938 dem Deutschen Reich ›angeschlossen‹ worden, Feyerabend wurde im April 1942 zum Arbeitsdienst in die Bretagne abkommandiert, im Dezember 1942 erhielt er seinen Einberufungsbefehl. In einer Fußnote seines Buches Erkenntnis für freie Menschen hat er 1979 seine Kriegserlebnisse wie folgt beschrieben: »Ich meldete mich zur Offiziersschule, um die Front so lange wie nur möglich zu vermeiden. Die Sache gelang nicht ganz, ich fand mich inmitten des deutschen Rückzugs an der Ostfront, umgeben von flüchtenden Zivilisten, Infanterieeinheiten, einer Panzereinheit, polnischen Hilfssoldaten, die ich plötzlich alle kommandierte (die höheren Offiziere waren wohlweislich verschwunden). Das ganze farbenreiche Chaos kam mir damals wie eine Bühne vor, und ich vergaß die notwendigen Vorsichtsmaßnahmen. Eine Kugel traf mich an der rechten Hand, eine zweite Kugel im Gesicht, eine dritte Kugel im Rückgrat, und ich saß im Schnee mit dem beglückenden Gedanken ›Für mich ist der Krieg aus, jetzt kann ich endlich wieder meine geliebten Astronomiebücher lesen‹.« Die Verwundung im Januar 1945 bescherte dem 21-jährigen Feyerabend nicht nur das Ende des Krieges, sondern auch eine bleibende Lähmung unterhalb der Hüfte. Für den Rest seines Lebens konnte er sich nur mit einer Krücke fortbewegen und war darüber hinaus immer wieder auf starke Schmerzmittel angewiesen. »Aber«, so Feyerabend 1993, »ich habe mich sogar an diese Behinderung gewöhnt. Heute frage ich mich, wie die Leute ohne eine zusätzliche Hilfe stehen und gehen können. Ihr Zustand, nicht meiner, erscheint mir erklärungsbedürftig.« Die gesamte Kriegszeit hat Feyerabend damals (»Ich bin nie auf den Gedanken gekommen, etwas zu hinterfragen«) wie viele andere Menschen schnell hinter sich gelassen: »Meine Zeit in der Armee, von 1942 bis 1945, war eine Unterbrechung, ein Ärgernis. Ich vergaß sie in dem Augenblick, als sie vorbei war.« Erst gegen Ende seines Lebens sollte Feyerabend einen differenzierteren Blick auf seine Vergangenheit im Dritten Reich werfen. Insbesondere seine Autobiographie scheint er nicht zuletzt deshalb begonnen zu haben, um latente

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Wir empfinden die Photographie eines Hauses oder eine perspektivische Zeichnung als nat체rlich, ein mit der Perspektive nicht vertrauter Mensch sieht ein zusammenst체rzendes Geb채ude.


Wissenschaft als Kunst

Vom Altertum bis hinein in die Renaissance waren die Malerei, die Bildhauerei, die Architektur bloßes Handwerk. Bei Platon werden Architekten, Bildhauer und Schuster zusammen als Handarbeiter klassifiziert. Pindar schreibt Oden auf Athleten, Freistilringer, Politiker – von Malern oder Bildhauern ist nicht die Rede. Die mittelalterliche Universitäten nehmen Musik und Poesie unter den liberalen Künsten auf, aber die Malerei bleibt noch unter den Gilden. Giotto scheint der erste Maler und Architekt gewesen zu sein, dessen Kunst man gleichen Rang zugestand wie der Musik oder Poesie. Heute noch versuchen die verschiedensten Fächer ihr Ansehen dadurch zu vermehren, dass sie ihre akademischen Verbindungen, oder, wie man sich auch ausdrückte, ihre Wissenschaftlichkeit beweisen. Die Astrologen zum Beispiel verdienen eine Menge Geld – aber zufrieden sind sie damit nicht. Es genügt ihnen auch nicht, dass viele Menschen ihre Bemühungen mit fast religiöser Ehrfurcht folgen – Wissenschaftler wollen sie sein. Wissenschaftlichkeit war es auch, das der Renaissance-Kunsttheoretiker Giovanni Battista Alberti für die Malerei reklamierte, indem er die wissenschaftlichen Grundlagen aufzeigte. Seine Bemühungen haben Erfolg – bald gründet Vasari in Florenz die erste Kunstakademie, die Accademia dei Disegno. Es dauert nicht lange, und man beginnt, sich über die Steifheit der akademischen Malerei zu beklagen. Gibt es einen besseren Beweis für die Wissenschaftlichkeit der ganzen Entwicklung? Was bedeutet diese Verwissenschaftlichung der Künste? Betrachten wir zunächst eine Deutung, die weit verbreitet ist, modernen Menschen sehr natürlich erscheint und die auch von zahlreichen Historikern der Künste und der Wissenschaften vertreten wurde und noch immer vertreten wird. Nach dieser Deutung ist der Mensch in eine wohlgeordnete Welt gesetzt, er lebt in einem Kosmos. Er sieht das nicht sogleich, und selbst wenn er langsam die Züge der Welt zu erkennen beginnt, so fehlen ihm doch oft die Mittel, seine Erkenntnis richtig auszudrücken. Aber der Mensch lernt. Langsam verbessert sich seine Situation. Irrtümer und Grobheiten verschwinden. Eine mehr natürliche und sachgerechte Darstellungsweise tritt an ihre Stelle. So schreiten sowohl die Künste als auch die Wissenschaften von einer unvollkommenen zu einer immer besseren Erkenntnis und Darstellung der Welt fort. Aber dieses Schema der schrittweisen und ständigen Verbesserung der Erkenntnis

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lässt sich nicht mit den historischen Kenntnissen vereinbaren, die wir heute besitzen. Es stimmt schon, dass die Anfänge der Kunst, so, wie wir sie heute kennen, »fern von der Vollendung« sind, wie der florentinische Kunsthistoriker und Künstlerbiograph Giorgio Vasari schrieb. Es stimmt, wenn man unter »Vollendung«, wie Vasari, Natürlichkeit und Lebendigkeit versteht. Aber: Vor der klassischen Periode der Steinzeitkunst, die an Natürlichkeit und Lebendigkeit viele spätere Darstellungsformen übertrifft, gibt es Perioden mit abstrakten und unförmigen Bildern. Der Fortschritt ist jedoch nicht unaufhaltsam und linear, wie es die Lehre vieler Kunstgeschichtler will. Auf die klassische Periode folgt nicht eine noch realistischere Epoche, sondern zunehmende Schematisierung. Details fehlen, grobe Umrisse beherrschen (wieder) das Bild. Eine solche Entwicklung kann man oft nur mit großer Gewalttätigkeit als »Verfall« beschreiben. Der Falke auf der Siegesplatte des Königs Narmer (erste Dynastie, etwa 2900 v. Chr.) ist lebendig bewegt, der Falke auf der Grabstele des Königs Wadj (ebenfalls erste Dynastie) ist steifer, er ist stilisiert, es fehlt ihm die Lebendigkeit – und doch sprechen wir hier nicht von Verfall. Die künstlerische Ausführung ist ausgezeichnet, die Steifheit nicht ein Mangel, sondern ein Zeichen äußerster Konzentration. Es gab also durchaus das Auge und das technische Können in späteren Perioden der Kunst, aber die Tradition wurde durch einen neuen Stil ersetzt. Ein Schluss von Stil auf Welterfahrung und technisches Können ist nicht selbstverständlich und führt oft in die Irre, vor allem dann, wenn äußere Umstände den Verlauf der Kunst (und der Wissenschaften) beeinflussen. Überlegungen wie diese haben zu einer Auffassung von der Entwicklung der Kunst geführt, die sich von der Vasaris grundsätzlich unterscheidet. In der Kunst gibt es keinen Fortschritt und keinen Verfall. Es gibt aber verschiedene Stilformen. Jede Stilform ist in sich vollkommen und gehorcht ihren eigenen Gesetzen. Kunst ist die Produktion von Stilformen und die Geschichte der Kunst ist die Geschichte ihrer Abfolge. Diese Auffassung wurde begründet und mit großer Klarheit entwickelt von Alois Riegl in seinem Buch Spätrömische Kunstindustrie, zuerst publiziert im Jahre 1901. Riegl gründet seine Auffassung auf eine Untersuchung der altchristlichen Kunst, die allgemein als Verfallserscheinung angesehen wurde. Die altchristliche Kunst, so sagte man, ist nicht eine positive Erscheinung, sondern ein Rest. Sie ist nichts anderes als die antike Kunst, die man ihrer anstößigen Merkmale entkleidet und dann mangels Talent und handwerklichen Könnens unvollkommen nachgeahmt hat.

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»Es ist nun bezeichnend (schreibt Riegl), dass niemand jemals unternommen hat, den behaupteten Prozess der gewaltsamen Zerstörung der klassischen Kunst durch die Barbaren des Näheren zu untersuchen. Man sprach nur im Allgemeinen von Barbarisierung, und beließ die Details derselben in einem undurchdringlichen Nebel, dessen Zerstreuung die Hypothese freilich nicht vertragen hätte. Aber was hätte man auch an ihre Stelle setzen können, da es doch als ausgemacht galt, dass die spätrömische Kunst nicht einen Fortschritt, sondern nur einen Verfall bedeuten konnte?« Riegl untersucht diese Kunst und entdeckt, dass sie ganz bestimmten Stilgesetzen gehorcht. Er schreibt: »Wie man angesichts solcher Werke, wie den Mosaiken von San Vitale (in Ravenna) von, ›Verfall‹ sprechen kann, ist unerfindlich: Denn jede Linie zeugt von klarer Überlegung und positivem Wollen. Um die schlagend porträthafte Wirkung der Köpfe in ihrer künstlerischen Bedeutung voll zu würdigen, muss man bedenken, dass dieselbe, abgesehen von den Umrissen, ganz wesentlich bloß durch die Charakteristik des Blickes (nebst einigen linearen Schatten) herbeigeführt erscheint … wenn uns diese … Porträts dennoch nicht vollauf befriedigen, liegt dies lediglich an dem Mangel der Raumeinheit im Bilde: Jede Figur ist für sich allein optisch aufgefasst, ohne Rücksicht auf die Nebenfiguren. … Die spätrömische (und byzantinische) Kunst hat nun freilich nach der … Raumeinheit gar nicht begehrt.« Zusammenfassend charakterisiert Riegl die Stilgesetze der spätrömischen Kunst auf die folgende Weise: »Das spätrömische Kunstwollen steht darin noch auf gemeinsamem Boden mit dem Kunstwollen des gesamten vorangegangenen Altertums, dass es nach wie vor auf reines Erfassen der individuellen Einzelformen in ihrer unmittelbaren evidenten stofflichen Erscheinung gerichtet war … (Es) unterscheidet sich … von demjenigen der früheren Kunstperioden des Altertums … darin, dass es sich nicht mehr damit begnügt hat, die Einzelform in ihrer zweidimensionalen Ausdehnung zu schauen, sondern dieselbe in ihrer dreidimensionalen vollräumigen Abgeschlossenheit vorgeführt sehen wollte. Damit war zwingendermaßen eine Loslösung der Einzelform aus der universalen Sehebene (Grund) und eine Isolierung derselben gegenüber dieser Grundebene und gegenüber anderen Einzelformen verbunden. Aber hierbei wurde nicht allein die Einzelform frei, sondern auch die einzelnen Grundintervalle dazwischen, die früher in der gemeinsamen Grundebene (Sehebene) gebunden gewesen waren; die vollständige Isolierung der Einzelform hatte somit zugleich eine Emanzipation der Intervalle, die Erhebung des bisher neutralen formlosen Grundes zur künstlerischen, das heißt zu einer individuellen Einheit abgeschlossener Formpotenz zur Folge.«

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dass er ihnen ins Gesicht lacht; und obwohl seine Zuhörer wegen der Neuigkeit seiner Ideen nicht überzeugt sind, so zeigt er ihnen doch, dass der größere Teil der Argumente, mit denen ihn seine Gegner widerlegen wollen, null und nichtig ist.« Besser lässt sich das Forschungsprogramm namens Paul Feyerabend kaum definieren.

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»Ich habe Grazia, meiner Freundin – die jetzt meine geliebte Frau ist – versprochen, ein Buch über ›die Realität‹ zu schreiben. Es wird von Problemen der Quantentheorie handeln, von spätmittelalterlicher Malerei, römischer Bildhauerei, mittelalterlicher Musik, von Brecht, Stanislavskij – und vielen anderen Dingen, und es wird diese Dinge in Kürze behandeln. Dazu brauche ich vielleicht noch weitere zehn Jahre, und viele Bilder werden darin sein.«

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Die Kolonisation der Vielfalt

Die Welt, die wir bewohnen, ist reichhaltiger als es unsere kühnste Vorstellungskraft zulässt. Es gibt Bäume, Träume, Sonnenaufgänge; es gibt Gewitterstürme, Schatten, Flüsse; es gibt Kriege, Flohbisse, Liebesaffären; es gibt das Leben der Menschen und Götter, ja ganzer Galaxien. Die einfachste menschliche Handlung ist bei jeder Person und Gelegenheit anders – wie sonst könnten wir unsere Freunde allein an ihrer Gangart, Haltung oder Stimme wiedererkennen und ihre wechselnden Launen erahnen? Scheinbar gut abgegrenzte Gegenstände wie die Theologie im Paris des 13. Jahrhunderts, die Fähigkeit, Menschenmassen zu lenken, die umbrische Kunst des Spätmittelalters enthalten jede Menge Fallen und Überraschungen und beweisen dadurch, dass es für kein Phänomen eine genau bestimmbare Grenze gibt. »Für ihn«, so schreibt François Jacob über seinen Lehrer Hovelaque, »wurde eine so klar bestimmbare Erscheinung wie der Knochen des Schlüsselbeins zu einer fantastischen Landschaft, deren Berge und Täler unzählige Male durchquert werden konnten.«1 Nur ein winziger Teil dieser Reichhaltigkeit kommt uns zu Bewusstsein – was allerdings ein Segen ist und kein Rückschlag. In der Tat gibt es Gegebenheiten, die das menschliche Leben bedrohen. Bakterien, Viren, blutrünstige Tiere, alle möglichen Krankheiten, schlechte Bodenbeschaffenheit und widrige Wetterbedingungen etc. Die Welt ist kein Paradies. Die Menschen brauchen Nahrung, Schutz und Sicherheit vor den Naturgewalten, und indem sie dies zu erreichen versuchen, verändern sie ihre Umwelt. Unglücklicherweise ging dieses verständliche Bestreben, die Natur und die Gesellschaft bewohnbarer zu machen, oft weit über das hinaus, was zum Überleben und Wohlergehen nötig war. Von Menschen verursachte ökologische Probleme etwa traten bereits in der Antike auf. Das Bestreben, sich in Naturvorgänge einzumischen, Teile auszulöschen und sich selbst zu »verbessern«, ging weit darüber hinaus: Es drang in die Bereiche des Rituals und des Glaubens vor. Viele religiöse Gemeinschaften nahmen an, es gebe Gottheiten, die die Übertretung des eigenen Glaubens bestrafen und dessen Verbreitung belohnen würden, und förderten dadurch die Konformität. Ganze Kulturen und Völker wurden bei dem Versuch, eine uniforme Welt zu erschaffen, ausgerottet; und das nicht wegen irgendeiner Unangepasstheit oder weil sie den Plänen irgendeines Eroberers im Wege standen, sondern weil ihr Glaube nicht

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mit der Wahrheit einer anderen Religion oder Philosophie in Einklang zu bringen war.2 Die Suche nach der Realität, die mit dem Aufstieg der westlichen Zivilisation einherging, spielte im Prozess der Vereinfachung der Welt eine wichtige Rolle. Für gewöhnlich wird sie als etwas Positives dargestellt – oder als ein Unternehmen, das zur Entdeckung neuer Objekte, Gestalten und Beziehungen führt. Man sagt, sie erweitere unseren Horizont und enthülle die Prinzipien, die hinter den gewöhnlichen Phänomenen verborgen liegen. Aber diese Suche hat einen stark negativen Zug. Sie belässt die Phänomene nicht so, wie sie sind, sie verändert sie, entweder durch das Denken (Abstraktion) oder indem sie aktiv mit ihnen in Wechselbeziehung tritt (Experiment). Beide Arten der Veränderung enthalten Vereinfachungen. Abstraktionen entfernen, zusammen mit einigen allgemeinen Eigenschaften wie Geruch oder Farbe, die Besonderheiten, die ein Objekt von einem anderen unterscheiden. Experimente entfernen darüberhinaus – oder versuchen es zumindest – die Bindeglieder, die jeden Vorgang mit seiner Umgebung verknüpfen. Sie erschaffen eine künstliche und gewissermaßen verarmte Umgebung und vertreiben deren Besonderheiten. In beiden Fällen werden Gegenstände »abgeblockt« oder aus dem uns umgebenden Ganzen entfernt. Interessant, dass die Überreste als das »Reale« bezeichnet werden, was ja nichts anderes bedeutet, als dass man sie für wichtiger hält als das Ganze. Darüber hinaus wird diese Ganzheit dann so beschrieben, als bestünde sie aus zwei Teilen: einer verborgenen und teilweise verzerrt dargestellten realen Welt und einem über ihr liegenden verwirrenden Schleier. Diese Dichotomie begegnet uns nicht nur in der westlichen Philosophie und Wissenschaft, sie kommt auch in religiösen Zusammenhängen vor, in denen sie mit der von Gut und Böse kombiniert werden kann. Fast jeder Mensch gibt zu, dass es Träume, Steine, Sonnenaufgänge, Regenbögen, Flöhe, Irrtümer und viele andere Dinge gibt. Alle diese Ereignisse sind in dem Sinne real, dass sie vorkommen, bemerkt werden und Wirkungen haben. Sie haben darüber hinaus verschiedene Eigenschaften und Folgen unter verschiedenen Bedingungen (z. B. können Träume von Königen zu Mord und Blutvergießen führen). Einige Ereignisse täuschen: Was wie ein widerwärtiger Fremder aussieht, stellt sich als das Spiegelbild der eigenen kostbaren Person heraus. Die alten Griechen fügten Gottheiten hinzu. Für sie waren die Handlungen von Zeus, Athene, Hermes oder Aphrodite ebenso »wirklich« wie Träume und Regenbögen, das heißt sie hatten unterscheidbare Eigenschaften und beeinflussten tatsächlich ihre Umgebung. Und doch gibt es hier keine grundlegende Zweiteilung zwischen

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einer harten, vertrauenswürdigen und einzigartigen Realität auf der einen und irreführenden Erscheinungen auf der anderen Seite. Sorgfältig und ohne Vorurteil untersucht, stützen die Phänomene (entgegen den Meinungen, die wir über sie haben) eine solche Unterscheidung nicht. Der Begriff der Realität macht einen ausgezeichneten Sinn, wenn er mit Zurückhaltung und im entsprechenden Kontext angewendet wird. So ist es zum Beispiel sehr sinnvoll, zwischen Träumen und Wacherlebnissen zu unterscheiden. Natürlich ist ein Traum mehr als ein bloßes Etwas, er kann unser Leben ändern. Aber die Wirkungen eines geträumten Ereignisses unterscheiden sich von den Wirkungen eines Ereignisses, das bei Tageslicht wahrgenommen wird. Einige Kulturen bringen diesen Unterschied zum Ausdruck, indem sie Ereignisse verschiedenen Realitätsschichten zuordnen.3 Allerdings lässt sich ein Begriff von Realität, der die Abgrenzung unterschiedlicher Ereignisse leitet, nicht durch eine einfache Definition erklären. Ein Regenbogen erscheint als ein vollkommen reales Phänomen. Er kann angeschaut, gemalt, photographiert werden. Doch man kann nicht mit ihm zusammenstoßen. Dies vermittelt den Eindruck, er sei nicht wie ein Tisch. Er gleicht auch nicht einer Wolke, denn eine Wolke ändert ihre Lage nicht, wenn ein Beobachter sich bewegt, während ein Regenbogen dies tut. Die Entdeckung, dass ein Regenbogen durch die Brechung und Reflexion von Licht in Wassertropfen entsteht, führt wieder Wolken ein und erklärt die einzelnen Bestandteile von Regenbögen und gibt ihnen dadurch zumindest teilweise jene Realität zurück, die Wolken besitzen. Großartige Unterteilungen wie die Dichotomie wirklich/unwirklich sind daher viel zu vereinfachend, als dass sie die Komplexität unserer Welt erfassen könnten. Es gibt viele verschiedene Arten von Ereignissen, und »Realität« sollte einem Ereignis zusammen mit einer Typisierung zugesprochen werden und nicht absolut. Der Alltagsverstand (der Alltagsverstand eines Stammes, der Gebrauch von Allgemeinbegriffen in modernen Sprachen usw.), traditionelle Arten von Religion und andere gut eingebürgerte und in der Praxis folgenreiche Lebensformen4 sind in genau dieser Weise aufgebaut. Sie enthalten auf scharfsinnige Weise zum Ausdruck gebrachte Ontologien – Geister, Götter, Träume, Kämpfe, Regenbögen, Schmerzen usw. eingeschlossen. Jede Entität verhält sich auf komplexe und charakteristische Weise, die, auch wenn sie dem Gegenstandsmuster genügt, beständig neue und überraschende Seiten enthüllt und deswegen nicht auf eine Formel gebracht werden kann. Die Entität wirkt auf andere Entitäten und unterliegt selbst deren Einwirkungen, und diese Abläufe bauen ein reichhaltiges und farben-

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reiches Universum auf. Das Problem, was »real« ist und was nicht – Fragestellungen wie diese zählen nicht einmal zu den ernsthaften Fragen. Das Problem liegt darin, was sich ereignet, in welchem Zusammenhang und wer durch das Ereignis in die Irre geführt wurde, wird oder werden könnte, und wie dies geschieht. Andererseits begegnen wir höchst unterschiedlichen Gruppen bei der »Suche nach Realität«. Eine solche Suche ist nur sinnvoll, falls das, was real ist, angeblich verborgen ist und nicht offen zutage liegt. Nun gibt es in dieser Welt vieles, das uns verborgen bleibt; beispielsweise der Tratsch über unsere eigenen Handlungen und Gewohnheiten. Aber während man nach der Realität sucht, wird angenommen, dass sogar ähnliche Ereignisse nicht das sind, was sie zu sein scheinen, sondern dass sie ein genuineres, solides Geschehen verbergen. Diese Annahme ist das Bindeglied zwischen so unterschiedlichen Geistesrichtungen wie dem Gnostizismus, der klassischen Physik und den verschiedenen Einfällen der vielen gut angezogenen, Krawatten tragenden, ehrenwerten Männern, die Poesie, Kunst, Theater und Politik neu zu deuten versuchten. Die Wissenschaftler und Philosophen der westlichen Welt verfeinerten nicht nur diese Annahme, sondern sie formulierten auch verschiedene Fassungen. Die Version, die ich diskutieren möchte, ist in den folgenden drei Aussagen enthalten: 1. Wichtige Bestandteile der Welt sind verborgen. 2a. Die verborgenen Bestandteile bilden ein geschlossenes Universum, dessen Elemente und Bewegungen einigen Phänomenen zugrunde liegen, während andere Phänomene einzig unsere Hervorbringungen sind. 2b. Eine wahrheitsgemäße Darstellung dieses Universums und der Realität muss, wegen 2a, in sich geschlossen und einförmig sein. 3. Menschen spielen eine untergeordnete Rolle; sie sind nicht unmittelbar mit der Realität verbunden und können sie nicht verändern. Die Annahme findet sich in der Wissenschaft und in der Philosophie ebenso wie in verschiedenen religiösen Bewegungen. Der Gnostizismus, Abschnitte der Upanishaden, Demokrit und Platon, der Marxismus, physikalische Realisten, wie Planck und Einstein – sie alle teilen die Überzeugung, dass die manifeste Welt – die Welt, in der Menschen leben, handeln, sich erfreuen, leiden und sterben – einige Eigenschaften eines Traumes oder eines Trugbildes habe. »Für uns, die wir überzeugte Physiker sind«, schreibt Einstein, »hat die Unterscheidung zwischen der Vergangenheit, der Gegenwart und der Zukunft keine andere Bedeutung als die einer Illusion, wenn auch einer hartnäckigen.«5 Sie alle gehen davon aus, dass wir zu den verborgenen Schichten durchdringen, andere Schichten beiseite schieben und vielleicht völlig entfernen können. Wis-

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Personenregister Adorno, Theodor W. 141 Agassi, Joske 193 Aischylos 145 Albert, Gretl 141 Albert, Hans 26, 32, 70f, 73f, 75, 78, 140f, 147, 197 Alberti, Giovanni Battista 183, 189 Ali, Muhammad 147 Anaximenes 132 Aristarch 15 Aristophanes 145 Aristoteles 13ff, 68, 76, 103, 105f, 129, 131f, 159 Arp, Hans 75 Augustinus 90 Ayer, A. J. 57 Bacon, Roger 107, 130 Bakunin, Michail Aleksandrowitsch 74 Ball, Hugo 75 Baum, Wilhelm 197 Beethoven, Ludwig van 147 Bellarmin, Roberto Francesco Romolo 101 Berkeley, George 46 Bernoulli, Daniel 178 Blackman, Honor 147 Blumenberg, Hans 123, 129 ff Bohr, Nils 34, 85, 87, 213, 216 Bok, Bart J. 17 Boltzmann, Ludwig 116 Borrini-Feyerabend, Grazia 140, 182, 194f, 217 Brahe, Tycho 106 Brecht, Bertolt 32, 34, 199 Brouwer, Luitzen Egbertus Jan 207 Brown, F. R. 18 Bruno, Giordano 97 Burr, George Lincoln 91 Busoni, Ferruccio 31 Butterfield, Herbert 132 Ceausescu, Nikolaji 212 Chandler, Raymond 147 Cohn-Bendit, Daniel 74 Conan Doyle, Arthur 30 Darwin, Charles 207 Demokrit 154, 180, 203, 209 Derrida, Jacques 157, 196 Descartes, René 13, 90 Dewey, John 147 Diderot, Denis 25 Dingler, Hugo 195 Diogenes 85 Dirac, Paul Adrien Maurice 85 Döring, Eberhard 140 Donaldson, Davis 156 Drake, Stillman 130 Duchamp, Marcel 75

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Duerr, Hans Peter 71, 141, 144, 147, 190, 192, 195 Dürrenmatt, Friedrich 144 Dumas, Alexandre 30 Eccles, John 25 Ehrenburg, Ilja 89 Ehrenhaft, Felix 32 Einstein, Albert 67, 130, 169, 171, 174, 181, 203, 208 f, 215 ff Eissler, Hans 34 Empiricus, Sextus 126 Engels, Friedrich 88 Euklid 207 Euler, Leonhard 178 Evans-Pritchard, Edward Evan 8 Faraday, Michael 116, 186, 188 Favoro, Antonio 97 Fichte, Johann Gottlieb 197 Foucault, Michel 196 Frank, Philipp 68, 73 Freud, Sigmund 208 Galen 209 Galilei, Galileo 13 f, 32, 68, 73, 82, 95 –136, 146, 159, 196 f, 207 Gerlach, Walter 95 Gigon, Olof 155 Giotto 183 Glasersfeld, Ernst von 213 Gödel, Kurt 178 Goethe, Johann Wolfgang 30 Goodman, Nelson 114 Hamilton, William Roven 178 Hammet, Dashiel 147 Hegel, Georg Friedrich Wilhelm 60, 85, 88, 91, 197 Heidegger, Martin 157 Heintel, Erich 28 Heisenberg, Werner 67, 151, 170 Hitler, Adolf 196 Hollitscher, Walter 34 Homer 14 Horky, Martin 124 Hoyningen-Huene, Paul 30, 196 Huelsenbeck, Richard 75 Humboldt, Wilhelm von 87 Ibsen, Hendrik 8, 30 Innozenz VIII 17 Ionesco, Eugene 31 Jackson Brothers 147 Jacob, Francois 200 James, Henry 147 Johnson, Ben 129 Johnson, Lyndon B. 74 Jung, Joachim 212 Kant, Immanuel 89, 107, 218 Katz, David 45 Kautsky, Karl 140


Kepler, Johannes 19, 90, 99 Kierkegaard, Sören 82, 89 Kleist, Heinrich von 30, 89 Kleisthenes 206 Koestler, Arthur 124 König, Franz 95 Kopernikus, Nikolaus 8, 15, 19, 98 ff, 108, 113, 115, 119, 122, 128, 130, 161 Kraft, Viktor 32 f Kropotkin, Pjotr Aleksejewitsch 8 Küng, Hans 142 Kuhn, Thomas S. 68 f, 72, 155, 158, 196, 213 Lagrange, Joseph Louis de 178 Lakatos, Imre 30, 66, 71 ff, 77, 92, 139, 141 f, 146 f, 193, 195 Laktantius 131 Las Casas 25 Leger, Ferdinand 184, 188 Leighton, Robert 38 Lenin, Wladimir Iljitsch 74 Lévi-Strauss, Claude 8 Lugosi, Bela 147 Mach, Ernst 195 Magini, Giovanni Antonio 124 Mao Tse Tung 74 Marcuse, Herbert 91 Marx Brothers 147 Marx, Karl 74 Maturana, Umberto 213 f Maxwell, James Clerk 37, 52 May, Karl 30 Medawar, Peter Brian 155 Melville, Herman 197 Merleau-Ponty, Maurice 131 Mill, John Stuart 23, 70, 74, 146, 215 Miller, Henry 147 Mirabeau, Honoré-Gabriel Rigueti 89 Neumann, John von 85 Newton, Isaac 37, 68, 84, 99, 116, 149, 155, 158, 160, 164, 178, 207 Nietzsche, Friedrich 157 O’Neill, Mary 140 Orwell, George 206 Oswald, Thomas 30 Pabst, Georg Wilhelm 34 Pap, Arthur 35 Parmenides 180, 208, 218 Philolaos 15 Piccardi, Luigi 18 Piccoli, Michel 193 Pindar 183 Planck, Max 67, 203, 209 Platon 60, 76, 88, 145, 148, 155ff, 172 f, 179, 181f, 183, 203, 218 Plinius 132

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Plutarch 85 Podolsky, Boris 169, 167 Polanyi, Michael 72 Popper, Karl 25, 28, 33 ff, 67, 69 ff, 75, 81, 193, 195, 214 f Protagoras 145, 159 f, 167 f, 172 ff, 179 Ptolemäus 13, 98, 105f, 119, 122, 207 Reagan, Ronald 74 Reaven, Sheldon J. 141 Reichenbach, Hans 195 Richmond, George 186 Riegl, Alois 184 ff, 188f Robespierre, Maximilien 80 Ronchi, Vasco 125, 129 Rosen, Nathan 169, 174 Rosseau, Jean-Jacques 25 Russell, Ken 90 Schelling, Friedrich Wilhelm Josef 197 Schiller, Friedrich 30 Schlick, Moritz 60, 62 Schrödinger, Erwin 67, 70 Searle, John 71 Shakespeare, William 30, 129 Singer, Peter 217 f Sokrates 155 f, 160 f, 164 ff, 172 ff, 176, 179 Sontag, Susan 72 Spillane, Mickey 147 Spinner, Helmut 142, 196 Spinoza, Baruch 215 Stanislavskij Konstantin, 199 Stevens, Thaddeus 147 Stevens, Ray 197 Strauss, Johann 147 Taylor, Harriet 215 Terpstra, Bert 195 Thales 131 Theaitetos 156, 162f, 165 ff Theodorus 154, 160, 166 Thirring, Hans 32 f Thomas, Christian 144 Thomas von Aquin 90 Thoreau, Henry David 147 Trevor-Roper, Hughes 90 Varela, Francisco 213 f Vasari, Giorgio 183f, 186 Velikovsky, Immanuel 98, 147 Vernes, Jules 30 Wagner, Richard 147 Wallace, Edgar 30 Watzlawick, Paul 213 Weber, Max 208 Weizsäcker, Carl Friedrich von 72, 212 Wittgenstein, Ludwig 33 ff, 62, 70, 130, 195, 217 Xenophanes 131 Zanussi, Krystof 144, 147


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