GO! – das Schweizer Aussenwirtschaftsmagazin von S-GE

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GO!

Das Schweizer Aussenwirtschaftsmagazin 4 | Dezember 2013

Fit f端r den Freihandel Die Exportfirmen Hocoma und Metallux profitieren. Allerdings nicht ohne Aufwand.

Interview Innovationsgeist und Teamwork ohne All端ren: Daf端r steht Yves Serra, CEO Georg Fischer, ein.


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inhalt und editorial 04 | Focus Frei für den Freihandel Hocoma und Metallux profitieren vom Freihandel – die bürokratischen Hürden dürften etwas tiefer sein 11 | grafik Bedeutende Bilaterale Abkommen 28 Freihandelsabkommen halten den Exporttanker Schweiz erfolgreich in Fahrt 14 | Interview Yves Serra, Georg Fischer «Die Produktion unserer Kernkomponenten bleibt zu unserem Schutz stets in Schaffhausen» 18 | Import Shrimps aus Peru für Europas Teller ATISA wächst mit Qualitätsprodukten für Geniesser 20 | Success Story Mondini Unterirdische Abfallcontainer sind nachhaltig gefragt 22 | O pportunities Myanmar Der Rohdiamant, der noch viel Aufbauarbeit erfordert 22 | Invest Weltkonzern wählt Winterthur DMG MORI baut Europazentrale auf dem Sulzer-Areal 27 | News & Events Hans-Olaf Henkel rät zu mehr Unabhängigkeit vom Euro 28 | Know-how Von der Werkbank zum markt Chinas Wandel öffnet Kapital- und Konsummärkte 30 | Schwarz auf weiss Ungenutzte Potenziale Agrarprotektionismus bremst Schweizer Export

14 4 Impressum Erscheint viermal jährlich in deutscher und französischer Sprache. Auflage Deutsch: 12 000 | Auflage Französisch: 3000. Herausgeber: Switzerland Global Enterprise, Stampfenbachstrasse 85, CH-8006 Zürich, Tel. + 41 44 365 51 51; E-Mail: go@s-ge.com, Internet: www.s-ge.com, Redaktion: Switzerland Global Enterprise, Kommunikation + Content, Sibylle Zumstein (Chefredaktorin), redaktionelle Mitarbeit, Produktion und Grafik: Infel Corporate Media, Michael Flückiger (Text) und Franziska Neugebauer (Art Direction) | Titelbild: Daniel Winkler Inserate: print-ad kretz gmbh, 8708 Männedorf, Tel. +41 44 924 20 70, esther.kretz@kretzgmbh.ch, www.printadkretzgmbh.ch | Lithos: n c ag, 8902 Urdorf | Druck: Schellenberg Druck AG, 8330 Pfäffikon.

Daniel Küng, CEO Switzerland Global Enterprise

Freihandel verschafft Vorteile Die Schweiz versteht es, weltmeisterlich zu verhandeln. Ihre Freihandelsabkommen sind eine starke Stütze der Exportwirtschaft. In jüngster Zeit ist ihr der wirtschaftliche Brückenschlag zu neuen Märkten gelungen. Die vorausschauende Politik der kleinen bilateralen Schritte hat den Schweizer Unternehmen zur rechten Zeit Rückenwind verschafft. Sie konnten sich in den letzten Jahren vom kriselnden EU-Raum lösen und international diversifizieren. Lediglich 56 Prozent aller Exportgüter gingen dieses Jahr bis September noch in die EU, vor vier Jahren waren es noch über 63 Prozent. Dieser Trend dürfte sich weiter verstärken, selbst wenn die Eurozone langsam aus der Rezession findet. Freihandelsabkommen sind allerdings nicht mit dem roten Teppich zu verwechseln. Es bedarf einiger Initialanstrengungen, um profitieren zu können. Hier besteht zweifelsohne Potenzial – auch bezüglich Regulatorien, wie unser Focus mit dem Therapiegerätehersteller Hocoma beweist. Respekt, Bescheidenheit, grösstmögliche Kundennähe: Dafür plädiert Yves Serra, der CEO von Georg Fischer. Das Industrieunternehmen mit 48 Produktionsstätten in 30 Ländern verfolgt ein ausdifferenziertes Geschäftsmodell. Der ausgeprägte Teamspirit ist der Erfolgsträger. Erstklassiges Teamplay trägt auch in der Firmenansiedlung Früchte. Zwei Jahre haben die Stadt Winterthur, kantonale Standortförderer, der Swiss Business Hub Japan, Switzerland Global Enterprise sowie Grundeigentümer und Projektentwickler an einem Strick gezogen. Das Resultat: Der weltgrösste Werkzeugmaschinenhersteller DMG MORI baut seine Europazentrale in Winterthur. Damit wird auf dem Sulzer-Areal Industriegeschichte fortgeschrieben. Ich wünsche Ihnen eine bewegende Lektüre!

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«Inzwischen decken wir mit unseren Geräten alle Therapiephasen ab. Sie vereinen Robotik, Sensorik und Augmented Performance Feedback.» Peter Dell’Olivo, Leiter Export Hocoma

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FOCUS FREIHANDEL

Schrittmacher im Schweizer Export Der Schweizer Freihandel blüht: Das Abkommen mit China verspricht bei 95 Prozent des Exportwertes eine Beseitigung oder eine Reduktion der Zölle von mindestens 60 Prozent, je nach Produkt mit Übergangsfristen. Hocoma, die weltweit führende Herstellerin von Therapiegeräten, und der Drucksensorenhersteller Metallux profitieren von den Exporterleichterungen. Doch sind diese nicht ohne Aufwand zu haben. Text Michael Flückiger | Fotos Daniel Winkler und Claudio Bader

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ie Schweiz ist nicht nur Innovationsweltmeisterin. Die laut Weltbank Nummer 19 der weltgrössten Volkswirtschaften ist auch verhandlungstechnisch Weltklasse. Ihre 28 Freihandelsabkommen mit 38 Ländern stellen dies unter Beweis. Im zähen Ringen um Wettbewerbserleichterungen im internationalen Umfeld bietet die Exportnation ihren Unternehmen laufend verbesserte Handelsbedingungen. Daniel Küng, CEO von Switzerland Global Enterprise, unterstreicht: «Da wir sehr viele Güter importieren, hier weiterverarbeiten und wieder exportieren, profitieren wir doppelt. Dies umso mehr, als Schweizer Unternehmen gerade noch gut 72 Rappen an jedem Exportfranken selber erarbeiten. Und dieser Trend verstärkt sich.» Als wichtiges Signal wertet Küng das jüngst ausgearbeitete Freihandelsabkommen (FHA) mit China, wo die Schweiz allein 2012 Waren im Wert von 7,8 Milliarden Schweizer Franken absetzen konnte. Mit dem neuen Abkommen werden die chinesischen Einfuhrzölle bei schätzungsweise 95 Prozent des Exportwertes ganz oder fallweise um 60 Prozent abgebaut. Dies je nach Produkt mit Übergangsfristen. «Im Hinblick auf weitere Verbesserungen der Marktzugangsbedingungen haben die Parteien eine Überprüfungsklausel vereinbart, die vorsieht, dass die Zollkonzessionen alle zwei Jahre einer Nachprüfung unterzogen werden.» Trotzdem reizen viele Schweizer Unternehmen ihre Möglichkeiten nicht aus. Dies nicht nur aus Unwissen, sondern auch wegen bürokratischer Hürden. «Die FHA sind nicht die Antwort auf alle Fragen», weiss Küng. «Wer hier Expertise erlangen und profitieren will, muss auch bereit sein zu investieren.» Die Herausforderungen könnten nicht unterschiedlicher sein. Dies zeigen die

Freude an Produkten, die Menschen wieder in Bewegung bringen: Peter Dell’Olivo (r.) im Gespräch mit dem Produktionsleiter Fabian Felder.

HOCOMA 2000 als Spin-off der Schweizer Universitätsklinik Balgrist gegründet, entwickelt und produziert Hocoma Therapielösungen für die Behandlung von neurologischen Bewegungsstörungen. Hocoma beschäftigt heute am Hauptsitz Volketswil sowie in den Niederlassungen in den USA, in Singapur und in Slowenien mehr als 150 Angestellte. 2012 erwirtschaftete das mehrfach international für seine Innovationskraft ausgezeichnete Unternehmen einen Umsatz von mehr als 30 Millionen Franken. CEO der Hocoma AG ist Dr. Gery Colombo. Weitere Informationen: www.hocoma.ch

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zu knapp 97 Prozent exportierende Therapiegeräteherstellerin Hocoma aus Volketswil und das Mikroelektronikunternehmen Metallux aus Mendrisio.

Hocoma: Revolution in der Bewegungstherapie 1996 haben sie mithilfe von Schraubenschlüsseln, Lötkolben und Schweissgeräten noch an Seilzügen von Mopeds und Alteisen gewerkelt. Heute sind die Elektroingenieure Gery Colombo und Matthias Jörg sowie der Ökonom Peter Hostettler mit ihren automatisierten Therapiegeräten Weltmarktführer. Der Gangroboter Lokomat von Hocoma hat die Bewegungstherapie für Menschen nach Schlaganfall, Rückenmarkverletzungen oder Schädel-Hirn-Trauma revolutioniert. Kliniken, die sich erfolgreich positionieren wollen, investieren gezielt in die HightechGeräte der Firma mit Produktion in Volketswil und

Niederlassungen in den USA, Singapur und Slowenien: Studien belegen, dass Schlaganfallpatienten, die roboterunterstütztes Gangtraining mit Physiotherapie kombinieren, grössere Chancen auf selbständiges Gehen haben als jene, die nur mit konventionellem Gangtraining mobilisiert werden. «Wir sind der einzige Anbieter, der ausschliesslich auf diese therapeutischen Anwendungen von Robotik fokussiert ist. Unsere Geräte sind mit führenden Kliniken entwickelt worden, und ihr Nutzen ist durch Hunderte von Studien untermauert. Die Barrieren für Mitbewerber sind sehr hoch.» Peter Dell’Olivo, Exportverantwortlicher bei Hocoma, weiss um die Bedeutung von Erfolgsnachweisen in der Medizintechnik. Jede Weiterentwicklung des seit der Lancierung im Jahr 2001 mehr als 500 Mal verkauften Geräts für Gangtherapie ist wissenschaftlich dokumentiert.

«We move you»: Das ist der Leitspruch der Mitarbeitenden von Hocoma (links). Das auf Sensoren basierende Produkt Valedo dient der computergestützten Rückentherapie (rechts).

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Lokomaten von Hocoma stehen heute weltweit bereits in renommierten Kliniken im Einsatz. Das ist ein Bruchteil des Potenzials. 6


Mit einmalig 15 Minuten Einrichtezeit muss jeder Patient rechnen, der sich erstmals in den Lokomat einspannen lässt. Die Tragegurte, die das Gewicht halten, müssen perfekt sitzen. Das gilt auch für die auf die Gelenkposition sowie auf Ober- und Unterschenkel individuell angepassten Beinschienen. Stimmt alles, setzt der Lokomat den Patienten mit flüssigen Beinbewegungen und natürlichem Abrollverhalten in Bewegung. So manchen gehbehinderten Patienten eröffnen sich Horizonte. Selbstvergessen steuern sie sich als Avatar durch virtuelle Landschaften und stimulieren so sehr gezielt Nervenbahnen, Muskulatur, Sehnen und Gelenke. «Inzwischen decken wir mit unseren Geräten, alle Therapiephasen ab. Wir vereinen Robotik, Sensorik und Augmented Performance Feedback», erläutert Dell’Olivo. «Der Lokomat ist unser Herzstück. Ab Werk kostet er rund 340 000 Franken und ist vor allem für den Einsatz in Kliniken gedacht.» Für kleinere Praxen von Physiotherapeuten ist Hocoma mit den jüngst entwickelten Valedo-Sensoren zur computerunterstützten Rückentherapie gerüstet. 97 von 100 Geräten gehen ins Ausland. Sie machen 80 Prozent des Exportumsatzes aus, weitere 20 Prozent bestehen aus Ersatzteilen und Serviceleistungen. Hauptzielmärkte sind Europa und die USA. Insgesamt beliefert Hocoma Kliniken in über 55 Ländern weltweit. Da Therapiegeräte in den meisten Ländern zollbefreit sind, ist Hocoma im Export der Komplettgeräte kaum von Handelshemmnissen betroffen. Anders sieht es bei den Ersatzteilen aus. «Weil wir diese je nach Angebot aus unterschiedlichsten Ländern beschaffen, stehen wir beim Einholen der Ursprungsnachweise regelmässig vor Herausforderungen», zeigt Dell’Olivo auf. Alle diese Teile mit dem korrekten Ursprung zu erfassen und im Prozess zu verfolgen, sei das eine. Die oft nur für den Heimmarkt produzierenden Schweizer Lieferanten dazuzubringen, eine einwandfreie Ursprungserklärung beizulegen, das andere. «Hier wägen wir Aufwand

und Nutzen sorgfältig ab. Wenn wir nicht sicher sind, dass die Teile ausreichend in der Schweiz bearbeitet sind und so zollbefreit in andere Märkte exportiert werden können, verzichten wir je nach Markt und abgesetzter Menge auf eine Ursprungsdeklaration.» Dell’Olivo stellt auch fest, dass die Komplexität der Anforderungen an die Exportindustrie in den letzten Jahren zugenommen hat. Die Einhaltung dieser Anforderungen, die sogenannte «Trade Compliance», stellt KMU vor grosse Aufgaben und Investitionen bei IT-Infrastrukturen, Ausbildung und Administration. «Hier sind Vereinfachungen im Rahmen der Freihandelsabkommen eine grosse Hilfe, denn eine einfache Einführung und Umsetzung spart Kosten und Aufwand und unterstützt uns dabei, von neuen Freihandelsabkommen rasch profitieren zu können.»

Metallux – dicht am Markt Während Hocoma Körper von Menschen bewegt, die ihre Bewegungen selber nicht mehr steuern können, ist Metallux darauf spezialisiert, Druck zu messen. 2,5 Millionen Drucksensoren bringt das 1955 gegründete KMU aus Mendrisio auf den Weltmarkt. Die kleinen Bauteile sind höchst präzise Geräte der Messtechnik

Für Massimo Romano, CEO der Metallux SA, ist der Zugang zu Endkunden in Russland, China und Indien eine Pricing-Frage. Freihandelsabkommen verschaffen Spielraum.

METALLUX 1955 in Mendrisio gegründet, steht Metallux als international anerkanntes Qualitätslabel für die Produktion von Standarddrucksensoren wie auch kundenspezifisch entwickelten Hybridlösungen für die Messtechnik in Automotive, Fertigungsindustrie, Biomedizin und Raumfahrt. Das Unternehmen mit 110 Mitarbeitenden erwirtschaftet 19 Millionen Franken Umsatz pro Jahr, 60 Prozent entfallen dabei auf Drucksensoren, von denen vier von fünf ins Ausland gehen. Ein zweites Standbein von Metallux ist das Zusammenbauen wie auch die Präzisionsfertigung von Mikroelektronikteilen. Weitere Informationen: www.metallux.ch

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Präzisionsarbeit unter Laborbedingungen: In Mendrisio produziert Metallux jedes Jahr 2,5 Millionen Standarddrucksensoren und spezielle Hybridlösungen.

und helfen, Vorgänge in Automobilen, Produktionsanlagen oder der Medizintechnik aufeinander abzustimmen. Das Mikroelektronikunternehmen mit 110 Mitarbeitenden produziert ausschliesslich in Mendrisio, wie CEO Massimo Romano betont. «Die Drucksensoren machen rund 60 Prozent unseres Geschäfts aus. Zu 80 Prozent liefern wir sie ins Ausland. Zu weiteren 40 Prozent fertigen wir im Auftrag von Schweizer und norditalienischen Firmen in Präzisionsarbeit mikroelektronische Teile an. Stark sind wir mit unseren Siebdruckverfahren zur Beschichtung von leitfähigen Metallen. Und dank zwei Reinräumen können wir Bonding-Verfahren state-of-the-art anbieten.» Verkaufsleiter Luca Salmaso muss vom Südtessin aus hart um Marktanteile in Deutschland, den USA,

«Dank der Freihandelsabkommen importieren wir Bauteile wie Keramik, Siebdruckpasten und Elektronikteile günstiger. Damit können wir unsere Margen optimieren.» Luca Salmaso, Verkaufsleiter Metallux

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China, England und Frankreich ringen. Seit 2006 gehört Metallux zum italienischen Mechatronik-Unternehmen Eltek Group mit über 100 Millionen Franken Umsatz und rund 1000 Mitarbeitenden. Da die Schweiz kaum über Mechatronik-Rohstoffe verfügt, muss Metallux die meisten Bestandteile importieren. Es sind vor allem Keramik, Siebdruckpasten, aber auch elektronische Bauteile. «Dank der Freihandelsabkommen können wir die Produktion vergünstigen und unsere Margen optimieren», hält Salmaso fest. Dies ist für Metallux umso bedeutsamer, als das Unternehmen alle Produkte, seien es Standarddrucksensoren oder individuelle Kundenausführungen, komplett in der Schweiz herstellt. «Wir schützen so unsere qualitativ hochstehenden Produkte vor Nachahmern im Ausland.» Metallux wägt seine Exporttätigkeit sorgfältig ab: Vor allem in den Ländern Russland, China und Indien besteht ein sehr hoher Bedarf an hochwertigen Sensoren, weshalb sich Salmaso positive Effekte vom neuen Freihandelsabkommen erhofft. «Für uns gilt es, einen guten Weg zu finden, damit wir unsere Produkte direkt an den Endverbraucher liefern können und nicht nur die anspruchsvollsten Teile an lokale Produzenten, die sich dann auf unsere Kosten als Qualitätsanbieter etablieren.» Zu Geschichte und Hintergründen der Freihandelsabkommen der Schweiz siehe Grafik Seite 11.


INTerview FoCus Freihandel

«Die Auswirkungen sind manchmal nicht direkt sichtbar» Christian Etter hat als Schweizer Chefunterhändler mehrere Freihandelsabkommen geleitet, unter anderem das jüngste mit China. Er ist überzeugt vom Erfolg der Abkommen für die Schweizer Gesamtwirtschaft. Interview Michael Flückiger

Was bezweckt die Schweiz mit ihren Freihandelsabkommen? Ziel ist die Verbesserung des Marktzugangs für Waren und Dienstleistungen und die Vermeidung von Diskriminierungen auf Auslandsmärkten. In älteren Abkommen wurde vor allem der Warenverkehr geregelt, indem man sich gegenseitig Zollvorteile gewährte und den Schutz des geistigen Eigentums stärkte. Die neueren Abkommen beinhalten zusätzlich den Handel mit Dienstleistungen, zum Teil auch die Investitionen und das öffentliche Beschaffungswesen sowie Bestimmungen über die nachhaltige Entwicklung.

2012 traten FHA der Schweiz mit der Ukraine, Hongkong und Montenegro in Kraft, 2013 wurden Abkommen mit China, Bosnien-Herzegowina sowie Panama und

Costa Rica unterzeichnet. Weshalb diese hohe Aktivität? Seit 2001 versuchen die 159 Mitglieder der Welthandelsorganisation (WTO) im Rahmen der sogenannten Doha-Runde weitere Liberalisierungen für den Welthandel zu vereinbaren. Bisher ohne Erfolg. Deshalb verhandeln immer mehr Länder Freihandelsabkommen mit ausgewählten Partnern. Auch die Schweiz hat eine zunehmende Zahl solcher Abkommen, insbesondere im asiatischen Raum und in Lateinamerika, abgeschlossen.

Gemäss Berechnungen des SECO von 2010 wächst das Handelsvolumen mit den Abkommenspartnern im Durchschnitt doppelt so stark wie der Aussenhandel mit anderen Ländern. Wie sieht die jüngste Entwicklung aus? Schweizer Unternehmen sparen dank der Gesamtheit unserer Freihandelsabkommen mit Partnern ausserhalb der EU Zollgebühren von jährlich mehreren hundert Millionen Franken. Eine Schätzung für das Jahr 2008 ergab 420 Millionen. Weil die Konjunkturlage und andere Faktoren ebenfalls einen Einfluss auf die Handelsströme haben, sind die Auswirkungen von Freihandelsabkommen manchmal nicht direkt sichtbar. Das Beispiel Japan, wohin wir im Vorjahr Waren im Wert von fast 7 Milliarden Franken exportiert haben, zeigt es: Die Schweizer Exporte nach Japan haben im letzten Jahr um 4,5 Prozent zugenommen, obwohl das Wirtschaftswachstum Japans unter 2 Prozent lag. Dazu hat zweifellos das Freihandelsabkommen Schweiz-Japan beigetragen.

Welche unserer Unternehmen profitieren vor allem von Freihandelsabkommen?

Foto: photopress

Zur Person Botschafter Christian Etter, 60, Dr. rer. pol., ist als Delegierter des Bundesrates für Handelsverträge seit 2006 Mitglied der Geschäftsleitung des SECO. Christian Etter hat als Schweizer Chefunterhändler viele der jüngsten Schweizer Verhandlungen über Freihandelsabkommen geleitet.

Alle. Die Exportindustrien Pharma, Chemie, Maschinen und Uhren profitieren direkt von tieferen Zöllen und – ebenso wie die international tätigen Dienstleistungsunternehmen – von anderen Erleichterungen für den Handel. Exporte lösen Nachfrage nach Vorleistungen aus Industrie, Gewerbe und Dienstleistungen aus und schaffen Arbeitsplätze und Einkommen zugunsten der ganzen Volkswirtschaft.

«Falls sich die EU und die USA finden, müssen wir Wege finden, um die Hemmnisse zu überwinden.» Christian Etter, Botschafter und Chefunterhändler

Welche Folgen hätte ein Freihandelsabkommen zwischen der EU und den USA für unser Land? Die durchschnittlichen Einfuhrzölle der USA für Industrieprodukte sind mit unter 4 Prozent heute bereits relativ tief, und mit der EU haben wir für Industrieprodukte seit dem Abkommen von 1972 keine Zölle mehr. Somit wären allfällige tarifäre Diskriminierungen begrenzt. Zwischen der EU und den USA geht es um regulatorische Bereiche. Die Schweiz hat mit den bilateralen EU-Verträgen und in ihrer eigenen Gesetzgebung bereits viele Produktevorschriften an jene der EU angenähert. Falls sich die EU und die USA einigen, müssten wir Wege finden, um sich ergebende Handelshemmnisse zu überwinden.

Was sind aus Ihrer Sicht die wichtigsten Meilensteine, die die Schweiz mit ihren Freihandelsabkommen erreicht hat? Wirtschaftlich am bedeutendsten ist das Freihandelsabkommen mit der EU von 1972, das 56 Prozent unserer Exporte abdeckt. Nach Abkommen mit vielen osteuropäischen Staaten in den 1990er Jahren handelten wir im Jahr 2000 mit Mexiko das erste Freihandelsabkommen aus, welches die Dienstleistungen integrierte. 2002 folgte das Abkommen mit Singapur, welches erstmals zusätzlich die Investitionen enthielt. Es folgten weitere ähnliche Abkommen, zum Beispiel mit Japan, Südkorea, Kolumbien und Chile. Das im letzten Jahr in Kraft getretene Abkommen mit Hongkong umfasste erstmals Bestimmungen zur nachhaltigen Entwicklung. In diesem Jahr ist das Freihandelsabkommen mit unserem nach der EU und den USA drittwichtigsten Handelspartner China zu Stande gekommen.

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Die Schweiz hat bislang 28 Freihandelsabkommen …

Schweizer Unternehmen haben 2008 420 Mio. Fr. Zollgebühren eingespart

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Patentschutz (gegenseitiger Schutz der Patente über WTO-Norm hinaus)

Handel mit Dienstleistungen

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Info grafik Freihandel

%

Bestimmungen für Investitionen

… mit 38 Ländern abgeschlossen Bestimmungen bezüglich Beschaffungswesen

56% aller Exporte der Schweiz gehen in die EU 75% aller Importe der Schweiz kommen aus der EU

Zugeständnisse bezüglich Nachhaltigkeit (z.B. Produktionsstandards)

51% Anteil aller Exporte ausserhalb der EU, die durch ein FHA abgedeckt sind

WTO WTO Die Freihandelsabkommen der Schweiz sind an die WTO-Abkommen gebunden. Es gibt folgende WTO-Bestimmungen:

GATT Seit 1948. General Agreements on Tariffs and Trades.

GATS Seit 1995. General Agreement on Trade in Services; Abkommen über den Handel mit Dienstleistungen.

TRIPS Seit 1995. Trade-Related Aspects of Intellectual Property Rights; Abkommen über den Schutz des geistigen Eigentums.

Vorteilhaft verhandelt

19 6 M 0E itg F Li lie TAec de K ve hte r: S onv rh n c e Ve an ste hw nti rb de in ei on FH un lt i , Is z, N A d m hre lan or m i F d. we it t d H D g Ja e A ie en pa r E zu Sc 19 n FT me hw 73 un A is e Ge F d , Au t i iz Ch s m m HA in na gi ei m a. hm ng ns i t en in . 2 ch de du 8 S af r : m str ta t, a Eur it ie at us o Ur lle en d pä sp r . Z er is ru Erz ol di ch ng eu lfr e E en im gn eie U Ve iss r H her rt e an vo ra 19 de rgs 92 l la Eu E n d. ro rs pa tes s F m H it A Is au ra s el se . rh al 20 b 03 er F st H m A al m s it In Si ve ng st a iti pu on r: ss 20 ch 11 ut er F z. st H m A al m s it Di M en ex 20 st iko 12 le : is er F tu st H ng A m be a m en st ls it H ge im Na o re m ch ng ge un h ko lt. ge alt ng i n gk : ve e re its in ba rt .

Grafik: Daniel Karrer / Quelle: SECO

Die Schweiz gehört zu den agilsten und erfolgreichsten Nationen im Aushandeln von Freihandelsabkommen (FHA) zum Austausch von Gütern, Dienstleistungen und Arbeitskräften. Dank 28 Abkommen mit insgesamt 38 Ländern profitiert sie nicht nur beim Export, sondern auch beim Import von verbesserten Bedingungen. In den letzten Jahren stellte die Schweiz vor allem die Handelsbeziehungen zu neuen Märkten auf verbesserte Grundlagen.

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Focus Freihandel

ExportHelp öffnet Räume im Aussenhandel Über 900 Exportfragen von KMU behandeln die Beraterinnen und Berater von ExportHelp jedes Jahr auf Deutsch, Französisch und Italienisch. Selbst komplexe Fragen werden meist innerhalb von 24 Stunden kompetent beantwortet. Text Michael Flückiger | FOTO Daniel Winkler

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«Die Häufigkeit der Anfragen gibt uns schon eine gewisse Routine», erzählt Alfonso Orlando, der Leiter von ExportHelp bei Switzerland Global Enterprise (S-GE). «Doch liegt diese mehr in der Kompetenz, Probleme zu lösen, als eine fertige Lösung aus der Schublade zu ziehen.» Tatsächlich sind die über 900 Anfragen, die ExportHelp pro Jahr beantwortet, oft so spezifisch wie die betroffenen Firmen mit ihren Produkten und Dienstleistungen. Der Fokus liegt bei Fragen zu Zoll, Exportdokumenten, Warenursprung, Entsendung von Mitarbeitenden sowie Mehrwertsteuer. Besonders angezogen hätten die Anfragen zu Freihandelsabkommen, verrät Orlando: «Sie haben sich innerhalb des letzten Jahres verdoppelt.» Es sind vor allem kleine und mittlere Unternehmen von 10 Sorgen im Deutschschweizer Exportgeschäft für den Durchblick (v.l.n.r.): Petra Schwendimann, Nicole Märki, Alfonso Orlando, Ana Carvalho und Christina Mäder.

bis 200 Mitarbeitenden, die sich melden. Grössere Firmen verfügen über eigene Spezialisten. Schnelle und unkomplizierte Hilfe erhalten die Anrufer in der Deutschschweiz von fünf erprobten Fachkräften. Das Quintett, bestehend aus Leiter Alfonso Orlando und vier Frauen, besticht mit praxisnahem Wissen. Es verfügt über Exporterfahrung in der Privatwirtschaft, ergänzt durch vertiefte Kenntnisse in den einzelnen Fachthemen. «Wir sprechen die Sprache der Unternehmer, das ist zentral», ist sich Orlando gewiss. Besonders am Herzen liegt dies S-GE in der französischen und italienischen Schweiz. Wer aus der Romandie die Nummer von ExportHelp wählt, gelangt direkt nach Lausanne zu Nicole Cuche. Die Beraterin mit 25 Jahren Exporterfahrung steht allen Westschweizer KMU mit Rat und Tat zur Seite, beantwortet auch komplexe Fragen selber oder greift zielstrebig auf ihr Kontaktnetz bei Zollbehörden und Kanton zurück. Fast schon familiäre Verhältnisse herrschen in der italienischen Schweiz, wie Monica Zurfluh, Leiterin S-GE Südschweiz erläutert. «Mit Silvia Devoti, die bei uns die Fragen beantwortet, treffe ich die Unternehmen laufend an Veranstaltungen. Das schafft Vertrauen.» Unterstützt wird das Team Lugano auch von Zürich. Die Experten scheuen sich nicht, auch vielfältige Problemstellungen in Angriff zu nehmen. Um auf dem aktuellsten Stand zu bleiben, bildet sich das ExportHelp-Team regelmässig weiter und tauscht sich mit Organisationen wie der Zollverwaltung oder den kantonalen Handelskammern aus. Bereits seit 2005 leistet Alfonso Orlando erste Hilfe in der Internationalisierung, die stets neuen Fragen behagen ihm. Er lacht: «Ich habe mal versucht, die Anfragen zu standardisieren, es war zwecklos.» Wer bei ExportHelp anruft, erhält oft schon während des Gesprächs die gewünschte Antwort. Ansonsten melden sich die Beraterinnen innerhalb von 24 Stunden. Für präzise Fragestellungen und Antworten ist der Mailverkehr eine grosse Hilfe. Viele Firmen haben den effektiven Nutzen dieser unkomplizierten Hilfe für sich entdeckt. Sie kehren mit wechselnden Anliegen wieder. Eine Erstberatung ist dabei kostenlos – als Teil der offiziellen Leistungsvereinbarung, die S-GE mit dem Bund unterhält und im Auftrag des Staatssekretariats für Wirtschaft (SECO) ausführt. Weitere Informationen: www.s-ge.com/exporthelp

Die Nummer für den Export: 0844 811 812 ExportHelp von S-GE deckt in allen drei Landessprachen den Bereich Erstinformationen ab und bietet KMU Unterstützung in Exportfragen aller Art an. Anfragen, die sofort beantwortet werden können oder eine Recherchezeit bis zu einer Stunde benötigen, sind kostenlos. Ein erster Bescheid oder auch gleich die Lösung wird innerhalb von 24 Stunden garantiert. Jede neue Anfrage untersteht denselben Bedingungen. ExportHelp kann auf ein breites Netzwerk von Experten im In- und Ausland zugreifen.

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INTERVIEW Yves Serra

«Respekt haben, hart arbeiten und bescheiden bleiben» Georg Fischer hat sich von einer altehrwürdigen Schaffhauser Giesserei zu einem internationalen Industrieunternehmen gewandelt. «Nahe bei den Kunden zu sein» ist für CEO Yves Serra unabdingbar. Interview Rita Baldegger | Fotos Jolanda Flubacher Derungs

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«Um die Bedürfnisse der Kunden im Detail zu kennen, müssen wir vor Ort sein und ihre Sprache sprechen.» Yves Serra, CEO Georg Fischer

Herr Serra, in Ihrem Halbjahresbericht steht, dass Sie für das zweite Halbjahr trotz der volatilen Märkte ein vergleichbares Ergebnis wie im ersten Halbjahr erwarten. Sind Sie auf Kurs?

Ja, wir sind auf Kurs. In der Regel ist das zweite Halbjahr traditionell schwächer, weil wir in der zweiten Hälfte des Jahres zahlreiche Anlagen warten und die Kunden ihre Lager reduzieren. In diesem Jahr hatten wir einen langen und kalten Winter, auf vielen Baustellen wurde nicht gearbeitet. Das kann GF Piping Systems jetzt kompensieren. Hinzu kommt, dass wir die Kosten gesenkt und eine neue Firma in der Türkei akquiriert haben. Zur Person Yves Serra ist seit 2008 CEO der Georg Fischer AG. Davor leitete er GF Piping Systems. Der 60-jährige gebürtige Franzose studierte in Frankreich und den USA Ingenieurswissenschaften und begann seine Karriere als Stv. Handelsbeauftragter der französischen Botschaft in Manila. Danach war er für Sulzer und AgieCharmilles in leitenden Positionen in Japan tätig, bevor er 1998 Geschäftsführer der Charmilles Technologies SA in Genf wurde.

Zum Unternehmen Georg Fischer umfasst die Kerngeschäfte GF Piping Systems, GF Automotive und GF AgieCharmilles. Das 1802 gegründete Industrieunternehmen mit Hauptsitz in der Schweiz betreibt in 30 Ländern 125 Gesellschaften, davon 48 Produktionsstätten. Die 13 500 Mitarbeiter erwirtschafteten 2012 einen Umsatz von 3,6 Milliarden Franken. GF ist weltweit bekannt für den sicheren Transport von Flüssigkeiten und Gasen, die Gewichtsverringerung in Fahrzeugen und für die Hochpräzisions-Fertigungstechnologie.

Die Division GF Piping Systems ist sehr erfolgreich in Asien und Amerika.

In Amerika und Asien wachsen die Märkte viel schneller als in Europa. Deshalb hat GF zum Beispiel auch in China viel investiert. Heute ist China der Markt Nummer 1 für alle Werkzeugmaschinen-Hersteller. Auch für GF Piping Systems gilt dies mit Abstand. Das war vor zehn, fünfzehn Jahren noch nicht der Fall. Deshalb haben wir uns Schritt für Schritt angepasst und werden es weiter tun. Warum ist die Internationalisierung bei GF Automotive schwieriger? GF

Automotive ist deutlich abhängiger von Europa als die anderen beiden Divisionen. Die Autoproduktion in China hat sich erst in den letzten Jahren beschleunigt. GF Automotive ist dabei, stark in China zu investieren. Wir haben dort zwei Firmen, die wir jetzt sukzessive ausbauen. In Europa automatisieren wir, um wettbewerbsfähig zu bleiben und weiter Marktanteile zu gewinnen. Der Markt in Europa bleibt trotz der jetzigen Stagnation wichtig. Die Nachfrage nach

LKWs steigt, weil neue Normen zur CO2-Reduktion eingeführt werden. Ihre Mitarbeiterzahlen haben sich nur in Europa verringert. Findet eine Verlagerung statt? Letztes Jahr haben wir in

Europa zwei Firmen mit insgesamt rund 700 Mitarbeitenden verkauft. Die Reduktion des Mitarbeiterbestandes hat vorwiegend mit dieser Desinvestition zu tun. Grundsätzlich ist ja Ihre Philosophie, dass Ihre Produktionsstätten nahe beim Kunden sind. Das ist ein Muss für

unser Geschäft! Um die Bedürfnisse der Kunden im Detail zu kennen, müssen wir vor Ort sein und ihre Sprache sprechen; mit der Entwicklung, der Produktion, dem Verkauf und dem Service. Wir verkaufen Komponenten für Autos, die in China produziert werden. Wir können diese schweren Komponenten nicht von Europa nach China verschiffen. Zudem sind die Importsteuern in China hoch. In Amerika wiederum sind die Normen anders. Deshalb müssen unsere Rohrleitungssysteme vor Ort hergestellt werden. Wird es in Zukunft noch einen Werkplatz Schweiz geben? Unser Know-how

liegt in der Schweiz. Und das bleibt so. Die Kernkomponenten werden wir auch in Zukunft in der Schweiz produzieren, obwohl wir die Montage der Werkzeugmaschinen in China oder Amerika machen. Die Rohrleitungssysteme – das sind Rohre, Fittinge, Armaturen, Sensoren – werden als System verkauft. Rohre und Fittinge müssen wir vor Ort produzieren, weil wir sonst Luft transportieren würden – das ist zu teuer. Sensoren und Armaturen sind hochwertige Produkte. Deshalb werden sie in Europa oder Amerika hergestellt. Es ist eine ausgeklügelte Mischung von Produktionsstandorten erforderlich, um ein System zu haben, das wett-

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Ausdifferenzierte Produktion: Yves Serra setzt auf ein ausgeklügeltes System von Produktionsstandorten. Die Kernkompetenzen behält er in der Schweiz.

«Für mich persönlich war immer wichtig, Respekt vor den Leuten zu haben, sich anzupassen und bescheiden zu bleiben.»

können als internationale Firma nur erfolgreich sein, wenn wir sehr flexibel sind und zusammenarbeiten. Das scheint einfach, ist es aber nicht.

Yves Serra, CEO Georg Fischer

Sie sind in Frankreich aufgewachsen, waren lange Jahre in Japan stationiert, jetzt leben Sie in der Schweiz. Was ist Ihr Erfolgsrezept, um sich in den verschiedenen Kulturen zu bewegen?

bewerbsfähig ist. Und der Markt muss entsprechend gross sein, damit sich die Produktion lohnt, wie in Amerika, China, Deutschland oder der Türkei.

Wie evaluieren Sie die Märkte, damit Sie rechtzeitig vor Ort sind? Grundsätz-

tion unserer Kernkomponenten in der Schweiz. Diese können nur schwer kopiert werden. Da geht es um Software für die Werkzeugmaschinen, Funkengeneratoren für die Funkenerosionsmaschinen oder die Spindel für Fräsmaschinen. Den Rest der Maschinen, 80 bis 90 Prozent, produzieren wir vorzugsweise in China.

lich sind alle Länder auf dem Radar. Dadurch können wir kompensieren, wenn es in einem Land oder einer Region nicht so gut läuft. Wir brauchen diese Ausgewogenheit, um die Zyklen abfedern zu können. In Asien waren wir schon vor 25 Jahren präsent, in China, Korea, Taiwan, Singapur, Malaysia. Schon früh war klar, dass diese Länder schneller wachsen würden als Europa. Unsere Talente in der Schweiz müssen so flexibel sein, dass sie auch ein paar Jahre in China arbeiten können. Darum ist auch ein starker Teamgeist im Unternehmen sehr wichtig.

Welche Bedeutung hat das angekündigte Freihandelsabkommen mit China für Georg Fischer? Der Hauptvor-

Wie erreichen Sie, dass Teams aus verschiedenen Kulturen gut zusammenarbeiten? Seit sieben, acht Jahren

teil ist emotional, umfasst die Betonung der Freundschaft zwischen der Schweiz und China. Wir würden die Senkung der Importsteuern begrüssen, es wäre beispielsweise wichtig für unsere Premium-Werkzeugmaschinen. Fast neunzig Prozent von dem, was wir in China verkaufen, produzieren wir vor Ort.

führen wir bei allen Managern und Mitarbeitenden Trainings durch, die auf diesen Teamgeist ausgerichtet sind. So können wir rascher und effektiver auf Kundenbedürfnisse reagieren. Viele unserer Kunden sind international aufgestellt und erwarten von uns eine solche reibungslose Unterstützung. Wir

Wie steht es mit dem Schutz des geistigen Eigentums, gerade auch in China? Auch deshalb bleibt die Produk-

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Für mich persönlich war immer wichtig, Respekt vor den Leuten zu haben, sich anzupassen und bescheiden zu bleiben. Das gilt wahrscheinlich überall auf der Welt. International erfolgreiche Schweizer Firmen sind häufig sehr traditionsbewusst, aber auch sehr innovativ. Es ist

lebenswichtig für uns als Schweizer Firma, innovativ und weltweit präsent zu sein. Damit können wir uns differenzieren und die hohen Kosten kompensieren. Unsere Löhne sind hoch, der Franken ist stark. Schweizer Firmen können sich nur durch Innovation differenzieren, durch eine starke Präsenz im Ausland, durch gute Zusammenarbeit innerhalb der Firma, aber nicht mit tieferen Kosten. Mit unseren weltweit zwölf Forschungszentren und jenen in der Schweiz stellen wir sicher, dass wir auch in Zukunft einen Schritt voraus sind.

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IMPORT Promotion ATISA

Peruanische Shrimps für Europas Teller Das Familienunternehmen ATISA erobert Exportneuland für tiefkühlfrische weisse Qualitätsshrimps in Europa. Dank der Schützenhilfe des Importförderungsprogramms SIPPO konnte es die Beschäftigtenzahl nahezu verdoppeln. Text Sibylle Zumstein

Netzauswurf vom Fischerboot. Die Ernte der Shrimps erfolgt bei ATISA noch nach konventionellen Methoden.

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TISA, kurz für Acuacultura Técnica Integrada del Perú, wurde im Jahr 1991 in Peru als Shrimp-Farm gegründet. Sales Managerin Patricia Matto erklärt: «Obwohl wir seit 15 Jahren Shrimps exportieren, bestanden unsere Kontakte aus Leuten, die nach Peru kamen und das Produkt bestellten, wenn sie wieder nach Hause fuhren.» Die USA und Spanien waren die ersten Abnehmerländer, und im Jahr 2012 begann der Export von Shrimps nach Frankreich. Korea ist das nächste Land auf der Liste. Zu den grössten Herausforderungen gehört, einen Detailhandelspartner zu finden, der das Produkt im Supermarkt anbietet. «Derzeit werden unsere Shrimps in einem einzigen Supermarkt in Galicien, Spanien, verkauft», so Matto. Die Vision von ATISA ist klar: der Verkauf an ausgewählte Partner, die die Qualität der Marke erkennen. Doch erst durch die Teilnahme am Swiss Import Promotion Programme SIPPO gelang es dem Familienbetrieb, sein Netzwerk auszuweiten und einen nennenswerten Zugang zum europäischen Markt zu finden – mit beachtlichem Erfolg für sein lokales Geschäft: «Zwischen 2012 und 2013 konnten wir unsere Mitarbeiterzahl von 22 auf nunmehr 40 vergrössern», ergänzt Matto.

Shrimps, wie sie der Markt wünscht Um das zu erreichen, musste viel getan werden. Während der ersten Teilnahme an der European Seafood Exposition (ESE) in Brüssel im Jahr 2011 wurde sich ATISA seiner Stärken und Schwächen bewusst: Man besass zwar ein exzellentes Produkt, musste aber erst lernen, wie man es verkauft und sich den europäischen Marktwünschen anpasst. ATISA steigerte die Produktivität, holte mehr Spezialisten ins Boot und optimierte die Lebensmittelsicherheit. Das Unternehmen entwickelte die Marke COOL!, um sich an die Anforderungen des europäischen Einzelhandels anzupassen und durch verbesserte Verpackungen und ein gesteigertes Image mehr Kunden zu erreichen. «Bis Ende 2013 müssen wir den GlobalGAP-Audit bestanden haben. Dann bekommen wir Zugang zu weiteren Kunden in Nordeuropa», erläutert Matto. Dies und die Tatsache, dass ATISA die erforderlichen Gesundheits- und Qualitätsstandards erfüllt, während gleichzeitig die Rückverfolgbarkeit

«Das SIPPO-Programm hat uns den Zugang zu neuen Kontakten ermöglicht und uns bei der Geschäftsausweitung geholfen.» Patricia Matto Lainez Lozada, Sales Manager, ATISA

der Produkte gewährleistet ist, machen das Unternehmen zu einem vertrauenswürdigen Partner für Meeresfrüchte-Importeure in Europa.

Mehr als nur eine coole Marke Bei ATISA ist «COOL!» mehr als nur eine Marke auf einer frisch aussehenden Verpackung. Das gleichnamige Corporate-Social-Responsibility-Programm verschafft Frauen aus der nahegelegenen Stadt Puerto Pizzarro Entwicklungschancen. ATISA pflanzte 100 Kokosnusspalmen für die Gemeinschaft. Die beteiligten Frauen nutzen die Früchte für die Herstellung von Süssigkeiten oder Saft, und sie lernen, wie man seinen eigenen kleinen Betrieb führt. Weitere Informationen: www.atisaperu.com

ATISA setzt auf Qualität. Nach der Aufzucht in Ecuador gelangen die Shrimps zur Ausreifung nach Peru, wo sie frisch geerntet und für den Export konfektioniert werden.

Fotos: ATISA

Zum unternehmen Das Familienunternehmen ATISA (Acuacultura Técnica Integrada del Perú), ursprünglich eine Shrimp-Farm aus Ecuador, ist heute in Peru ansässig. Von dort aus begann ATISA, die QualitätsShrimps ab 1997 zu exportieren. Inzwischen gehen die Shrimps in die USA und nach Frankreich. In Spanien sind sie in den Regalen eines Detailhändlers zu finden. Das Unternehmen mit heute 40 Mitarbeitenden will nun weiter nach Asien mit Fokus Korea expandieren.

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SucCess Story Mondini

Überirdisches Geschäft mit unterirdischem Abfall Mondini Engineering SA stellt unterirdische Abfallcontainer her. Damit verschönert das international erfolgreiche Tessiner Unternehmen nicht nur das Stadtbild und vertreibt schlechte Gerüche, sondern leistet mit einem vereinfachten Unterhalt einen klaren Beitrag zur nachhaltigen Müllentsorgung. Text Sibylle Zumstein | FOTO Claudio Bader

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twa 15 Minuten von Lugano entfernt, in Capriasca bei Tesserete, befindet sich der Sitz von Mondini Engineering SA. Der Familienbetrieb wurde 1952 von Saverio Mondini gegründet und wird heute von seinem Sohn Stefano Mondini geführt. Das ehemalige Metallbauunternehmen hat sich auf die Herstellung von unterirdischen und teilunterirdischen Abfallcontainern spezialisiert, die auch in der Schweiz immer häufiger anzutreffen sind und die sperrigen – und zugegeben nicht gerade

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geruchsneutralen – Rollcontainer ersetzen. Doch die Geruchsminderung ist eigentlich nur eine angenehme Nebensache. Das Standardvolumen eines unterirdischen Containers beträgt fünf Kubikmeter, während die herkömmlichen Rollcontainer gerade einmal 800 Liter Abfall fassen. Das macht die Entsorgung nicht nur effizienter, sondern reduziert auch die Unterhaltskosten. Deshalb haben auch viele ausländische Städte ein Interesse an den Containern, wie CEO und Inhaber Stefano Mondini erklärt: «Unsere Container können von einem Mann


Mondini Engineering SA hat sich über die Jahre ein enormes Know-how angeeignet. Dazu gehörte auch der Tankbau, der heute jedoch einen weniger wichtigen Stellenwert hat. Die Entsorgungsfirmen ziehen den Abfall mit einem Kran aus der Säule, welche die Verbindung zum unterirdischen Container darstellt. Ob sie den Abfall schräg oder gerade herausziehen, spielt dabei keine Rolle. Genau hier zeichnen sich die Produkte von Mondini aus: Sie sind besser verarbeitet und stabiler als Konkurrenzprodukte. Und, wie Stefano Mondini anfügt: «Unser Produkt ist durchdacht. Wir legen Wert auf Details: Unsere neuen Container lassen sich mit einem Fusspedal bedienen. Sie müssen also keinen Deckel mehr anfassen, wenn Sie Ihren Abfallsack wegwerfen.»

Zum unternehmen Mondini Engineering SA, ein Tessiner Familienunternehmen, ist auf die Herstellung von unterirdischen und teilunterirdischen Abfallcontainern spezialisiert und exportiert 80 Prozent seiner Produkte. Das Unternehmen produziert in der Schweiz und in Italien und beschäftigt am Standort in Capriasca 22 Mitarbeitende. Mondini feierte 2013 sein sechzigjähriges Bestehen.

Know-how weitergeben Findet Mondini einen guten Partner vor Ort, gibt die Firma viel Know-how weiter. So viel, dass der Partner die Produkte nach einer gewissen Zeit, in der er vor allem die Wartung vornimmt, die Container auch selber herstellen könnte. Eine Gefahr für den Entwicklungsund Produktionsstandort Schweiz sieht Stefano Mondini aber nicht. «Und wenn doch etwas schiefgehen sollte, gibt es immer einen Plan B», lacht er.

Prototyp für Dänemark

Herr der Container: Stefano Mondini setzt im Abfallbehältergeschäft Massstäbe in Qualität, Funktionalität und Wirtschaftlichkeit.

geleert werden. Bei den Rollcontainern braucht man zwei Leute plus den Chauffeur – das verursacht höhere Kosten.»

Die kleinen Unterschiede Früher hat Mondini Engineering SA Blech bearbeitet: Schneiden, Kanten, Stanzen. Dann wurde Blech auf Mass bestellt. Heute bekommt Mondini fixfertig bearbeitetes Blech, das zum Teil in Capriasca (auf 4500 Quadratmeter Produktionsfläche) und zum Teil in Italien produziert wird. «Wir haben die Welt nicht neu erfunden. Aber wir haben aus verschiedenen Teilen etwas Neues geschaffen, das es vorher nicht gegeben hat.» Stefano Mondini weiss, wovon er spricht. Der ehemalige Werkstattchef engagiert sich stark in der Produktion und verfolgt alle Projekte genau. Dass ein CEO auch technische Fragen selber beantworten kann, wissen die Kunden sehr zu schätzen.

Neben den Vereinigten Arabischen Emiraten und Saudi-Arabien ist Mondini Engineering SA in Frankreich, Italien, Spanien und Norwegen aktiv. Und nimmt neu, mithilfe von Switzerland Global Enterprise (S-GE), Dänemark unter die Lupe. Eine Vorauswahl möglicher Partner wurde erstellt, es folgte ein Besuch der Dänen in Capriasca. Mondini kann auch schon einen ersten Auftrag verbuchen und stellt einen Prototyp für die dänischen Behörden her. Jetzt gilt es nur noch, sich gegen die zwei Mitbewerber durchzusetzen. Die Chancen stehen gut, denn Qualität und Funktionalität stehen bei Mondini an erster Stelle: Bevor ein Produkt auf den Markt kommt, wird es hunderttausendmal getestet. Deckel auf, Deckel zu. Das entspricht einer Lebensdauer von fünf Jahren. Die Container sind EN-genormt und werden von der Suva auf Herz und Nieren geprüft, bevor sie in der Schweiz verkauft werden dürfen. So sollten sie auch für den dänischen Markt mehr als erprobt sein. Weitere Informationen: www.mondini-engineering.com

«Wir haben die Welt nicht neu erfunden. Aber wir haben aus verschiedenen Teilen etwas Neues geschaffen, das es vorher nicht gegeben hat.» Stefano Mondini, CEO Mondini SA

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OPPORTUNITIES MYANMAR

Myanmar – Juwel für Mineure der Wirtschaft Reich an Rohstoffen, arm an Infrastruktur und Fachkräften: Das wirtschaftliche Potenzial Myanmars ist ebenso enorm wie der strukturelle Nachholbedarf bei Verkehr, Energieversorgung, Bildung und Wettbewerb. Investoren stossen auf einen Rohdiamanten, den es mit Geduld zu fördern gilt. Tiefschürfende Reformen dürften Myanmar wieder zum Strahlen bringen. Text Michael Flückiger

M

yanmar war einst der Stolz Südostasiens. Zumindest bevor die Militärdiktatur der blühenden Wirtschaft im Länderdreieck Thailand, China und Indien den Nährboden entzogen hat. Heute gilt das ärmste Land der Region als aussichtsreichster weisser Fleck Asiens. «Die bis zur Öffnung 2011 49 Jahre währende Isolation lässt sich allerdings nicht einfach so auslöschen», weiss Angela Di Rosa, Beraterin für Südostasien bei Switzerland Global Enterprise (S-GE). «Die Burmesen sind derzeit sehr gefordert, teils auch überfordert. Dessen muss man sich als Investor bewusst sein. Zuerst gilt es, Knowhow einzubringen, dann erst können Unternehmen verdienen.» Auch Patrick Fuchs, CEO des Beratungsunternehmens Thura Swiss in der Wirtschaftsmetropole Yangon (vormals Rangun), macht keinen Hehl aus dem Zustand seines Mutterlandes: «Myanmar ist wirtschaftlich auf derselben Stufe wie Thailand vor 20 bis 30 Jahren. Das gewaltige Potenzial zog anfangs noch Profiteure ins Land, heute haben wir vor allem Investoren mit langfristigem Horizont.» Der 35-jährige Geschäftsmann und Sohn einer Burmesin ist selbst Investor.

Research für Investoren Der Banker mit Studium des Maschinenbaus und einem Doktor der Wirtschaft ist in Effretikon bei Zürich aufgewachsen und spricht fliessend burmesisch. Seine Firma hat er Anfang 2012 in Yangon aufgebaut. «Wir wollen uns langfristig in den Kapitalmärkten etablieren und Projekte finanzieren. Doch weil sich Strukturen und Regulatorien zögerlich entwickeln, beschäftigt sich unser Unternehmen mit 15 Mitarbeitenden derzeit mit Research-Aufgaben für investitionsbereite Unternehmen.» Aung Thura, wie sich Patrick Fuchs in seinem Mutterland nennt, hebt den Erfolg japanischer Investoren hervor: «Sie waren bereit zu helfen und zu investieren, als die Regierung die chinesischen Investoren zurückgebunden hatte.

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Und sie haben sich dadurch auch lukrative Geschäftsmöglichkeiten eröffnet. Ganz im Gegensatz zu den Europäern und Amerikanern.» Der Fokus Research bei Thura Swiss belegt: Myanmar steht erst in den Startlöchern. Defizite bestehen vor allem bei der Infrastruktur: Namentlich bei den Verkehrswegen, in der Elektrizitätsversorgung, aber auch im Finanzwesen ist Handlungsbedarf angezeigt. Die Bildungsmisere aus den Zeiten der Militärdiktatur lastet nach wie vor auf den Schultern des Staates. Für nachhaltiges Wirtschaftswachstum fehlt es an qualifizierten Fachkräften aus den eigenen Reihen. Ingenieure sind Mangelware. Wer hier anpackt, wird langfristig belohnt. Myanmar ist eine Schatzkammer: Es gibt Erdgas, Hölzer, Kupfer und Edelsteine in Hülle und Fülle. Die Förderung ist nur zum Teil industrialisiert. Teils fördern moderne Konsortien aus China die Bodenschätze, teils tun es Bauern in Handarbeit. «Die Rohstoffvorkommen sind für Myanmar Chance und Gefahr zugleich», erläutert Aung Thura. «Gelingt es der Regierung nicht, die Minderheiten in den rohstoffreichen Gebieten daran teilhaben zu lassen, sind Unruhen vorprogrammiert.» Zuallererst ist und bleibt Myanmar aber ein Agrarstaat und eine Kornkammer: 35 Prozent des Bruttoinlandprodukts (BIP) stammen aus der Landwirtschaft. Ausgedehnte, fruchtbare Nutzflächen prägen das Landschaftsbild: Nur werden diese lediglich ansatzweise mit modernen Agrarmethoden und Maschinen bewirtschaftet. Gewässerreiche Flüsse verbinden die Wirtschaftsund Kulturzentren des vom Buddhismus geprägten Landes. Die zahlreich projektierten Staudämme und Wasserkraftanlagen sind umstritten, da sie die vielfältige Fauna und Flora bedrohen. Doch sind solche Projekte erforderlich. Denn nur teilweise ist


Business neben Buddhismus: Die ShwedagonPagode, das religiöse Wahrzeichen Myanmars, beherrscht das Bild im Geschäftszentrum Yangon.

Myanmar mit Elektrizität erschlossen. Und das Netz ist anfällig: «Die teuerste Form der Elektrizität ist die fehlende Elektrizität», identifiziert Aung Thura den Haupthemmschuh der industriellen Entwicklung. Die moderne Finanzinfrastruktur mit den damit verbundenen Geschäftsmöglichkeiten ist in Myanmar noch nicht richtig angekommen. Es wird cash gezahlt, auch die Löhne fliessen oftmals in bar. Die Tatsache, dass Tausende von Geschäften in den letzten Monaten Terminals für Kredit- und Debitkarten eingeführt haben, ändert die Mentalität nicht von heute auf morgen. Verständlich, dass sich das Finanzwesen und die Kapitalmärkte nur zögerlich entwickeln. «Myanmar braucht Zeit und Geduld», erläutert Thura. Der Tourismus unterstützt das Wachstum. Die Schönheit der Natur und die prächtigen Tempel und Kulturdenkmäler geniessen lediglich eine Million Besucher jedes Jahr. Der ähnlich grosse Nachbarstaat Thailand zieht rund 23 Millionen an. Tourismusanbieter, die schon in Thailand präsent sind, planen Hotels im ganzen Land. Darunter sind auch Schweizer Unternehmer. Vielfältige Entwicklungschancen bietet auch das sich rasant entwickelnde Gesundheitswesen. Und die Regierung hat immer wieder betont, wie wichtig ihr der Umweltschutz ist.

Regierung schafft Anreize Die Rahmenbedingungen für Unternehmen sind nicht einfach: Das Ende 2012 erlassene Gesetz für Auslandsinvestitionen schafft aber vielversprechende Anreize. So dürfen Investoren 100 Prozent Kapitalanteil an Unternehmen halten, in einigen definierten Geschäftsfeldern sind es maximal 80 Prozent. In der Nahrungsmittelindustrie, der chemischen und pharmazeutischen Industrie wie auch in der Bauindustrie und im Transportwesen sind nur Joint Ventures zulässig. Für lokale Fachkräfte gilt mit steigender Dauer der Geschäftstätigkeit eine progressive Beschäftigungspflicht. Die schlechte Bewertung Myanmars in der Liste von Transparency International habe die neuesten politischen und wirtschaftlichen Entwicklungen im Land noch nicht genügend berücksichtigt, meint Aung Thura: «Hier aktive Geschäftsleute halten Myanmar für nicht korrupter als Thailand.»

Foto: Keystone /Interfoto / Peter Schano

WEITERE INFORMATIONEN: www.s-ge.com/de/country/Myanmar

«Myanmar braucht Zeit und Geduld. Vor allem bei der Infrastruktur wie der Energieversorgung besteht grosser Nachholbedarf.»

Myanmar – WIRTSCHAFTSDATEN

Naypyidaw

Fläche: 676 578 km2 (16-mal die Schweiz) Bevölkerung: 61,1 Millionen; Schweiz 8 058 100 BIP/Einwohner CHF: 796; CH 74 160 (2011) Handelsvolumen CH/Myanmar (2012): CHF 8.6 Mio. Export CH – Myanmar (2012): CHF 3,0 Mio. Import Myanmar – CH (2012): CHF 5,6 Mio. Wirtschaftsdaten Myanmar* 2012 BIP (Mrd. CHF)      48 BIP/Einwohner CHF     751 Wachstum BIP    3,9 %

2013* 52 796 8,0  %

* Schätzung des World Economy Outlook, April 2013

Myanmar, einst als Kornkammer Südostasiens bezeichnet, hat sehr unter der von 1962 bis 2011 währenden Militärdiktatur gelitten.Der Vielvölkerstaat zählt über 60 Millionen Einwohner, 87 Prozent davon sind Anhänger des Buddhismus. Das über Jahrzehnte isolierte Land gehört mit einem geschätzten Bruttoeinkommen von 1400 Franken pro Einwohner (kaufkraftbereinigt per 2012) zu den ärmeren Ländern der Welt. Das war nicht immer so; noch zu Beginn der 60er-Jahre waren die Einkommen hier doppelt so hoch wie im Nachbarstaat Vietnam. Der Handel zwischen der Schweiz und Myanmar ist mit einem Gesamtvolumen von weniger als 10 Millionen Franken pro Jahr noch sehr gering ausgeprägt. Das Land ist vor allem wegen des enormen Potenzials interessant. Dazu gehört auch die sehr günstige Lage zwischen Indien, China, Laos und Thailand. Der Anteil der Landwirtschaft am BIP liegt bei 35 Prozent (2012), zwei Drittel aller Beschäftigten sind in diesem Sektor tätig. Lediglich 14 Prozent des BIP macht die verarbeitende Industrie aus. Auf Handel und Dienstleistungen entfallen ungefähr 37 Prozent.

Wichtigste Exporte CH-Myanmar 2012 Anteil in %

CHF Mio.

Chemikalien und verwandte Erzeugnisse

72

1,519

Maschinen, Apparate und Elektronik

11,6

0,54

10

0,36

Präzisionsinstrumente, Uhren Quellen: World Economic Outlook 2013

Patrick Fuchs, CEO Thura Swiss in Yangon

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INvestment Promotion DMG MORI

Weltkonzern DMG MORI wählt Winterthur DMG MORI, der weltweit grösste Werkzeugmaschinenhersteller, zieht nach Winterthur. Vom neuen Technologiezentrum aus werden ab Herbst 2014 alle europäischen Vertriebs- und Serviceaktivitäten der deutsch-japanischen Gesellschaft gesteuert. An der Sulzer-Allee entstehen rund 200 neue Arbeitsplätze. Text Sibylle Zumstein | FOTOS Stefan Kubli

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uf dem Winterthurer Sulzer-Areal wird kräftig gebaut. Die Entwicklung des ehemaligen Industriequartiers zu einem urbanen Zentrum mit Arbeits- und Wohnraum erhält zusätzlichen Aufwind. Im September 2013 hat die Stadt Winterthur den Gestaltungsplan «Sulzer-Areal Werk 1» präsentiert. Grundeigentümerin und Bauherrin Implenia plant Wohnungen für 1000 Einwohner und 5000 Arbeitsplätze. Im selben Areal erhält die Stadt einen neuen Aussichtspunkt, der 120 Meter hoch werden soll – nur 6 Meter kürzer als der Zürcher Prime Tower.

vicemarke DMG MORI von Skandinavien bis Italien europaweit 17 Ländergesellschaften mit 950 Mitarbeitenden betreuen. «In einem Jahr wird dieses Grundstück kaum mehr wiederzuerkennen sein», freute sich der Winterthurer Stadtpräsident Michael Künzle in seiner Begrüssungsansprache. Aber nicht nur dieses Grundstück werde sich verändern, so Künzle weiter, sondern das ganze Gebiet Neuhegi-Grüze. Hier wird das zweite urbane Zentrum Winterthurs entstehen – mit Gewerbe, Industrie, 10 000 Arbeitsplätzen und Wohn- und Freiräumen.

Europazentrale und Technologiezentrum

Nähe zu Industrie, Flughafen und Forschung

Doch damit nicht genug. DMG MORI, der weltweit grösste Werkzeugmaschinenhersteller, errichtet an der Sulzer-Allee seine neue Europazentrale. Der Spatenstich am 1. Oktober 2013 markierte den offiziellen Baubeginn, die Bagger sind aufgefahren. Auf einer Fläche von 21 000 Quadratmetern wird DMG MORI SEIKI Europe AG unter der neuen Vertriebs- und Ser-

Sulzer, Rieter und die Schweizerische Lokomotivund Maschinenfabrik – diese Namen sind auch der deutsch-japanischen Muttergesellschaft von DMG MORI ein Begriff. Nicht zuletzt die Nähe zur Industrie sei ein Grund für die Ansiedlung gewesen, wie Silvio Lehmann, CEO DMG MORI SEIKI Europe AG, betonte. Für den Standort Schweiz und Winterthur im


Acht Schaufeln für 200 neue Arbeitsplätze. DMG MORI investiert 40 Millionen Franken in den Standort Winterthur.

Besonderen sprachen die verfügbare Fläche, die gute Infrastruktur sowie die Nähe zum Flughafen und zu den technischen Hochschulen, von denen man sich einen regen Technologietransfer und qualifizierte Arbeitskräfte verspricht. Die Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) etwa wird die wichtigste Nutzerin auf dem «Sulzer-Areal Werk 1» und errichtet dort ihren neuen Hauptsitz. Auch die «soft factors», wie die Lebensqualität, die Nähe zur Winterthurer Altstadt, zu Parks und Wohnquartieren oder zur International School, die sich in Gehdistanz befindet, seien wichtige Argumente für die Rekrutierung zusätzlicher Arbeitskräfte am neuen Standort, so Stadtpräsident Künzle weiter. Mit Sonnenkollektoren und Ladestationen für Elektroautos setzt DMG MORI am neuen Standort auf ein ganzheitliches Energiekonzept und reiht sich ein in die Vision des zukunftsträchtigen Quartiers Grüze-Neuhegi und der Stadt Winterthur, die den CO2-Ausstoss pro Einwohner bis 2050 massiv reduzieren will.

Zwei Jahre integrierte Projektarbeit Für die Standortförderung Region Winterthur ist die Ansiedlung von DMG MORI eines der grössten und wichtigsten Projekte in ihrer zwanzigjährigen

Zum unternehmen Die Werkzeugmaschinenhersteller DMG MORI SEIKI Aktiengesellschaft (bis 30.9.2013 GILDEMEISTER Aktiengesellschaft) aus Deutschland und DMG MORI SEIKI Co., Ltd. (bis 30.9.2013 MORI SEIKI Co., Ltd.) aus Japan haben für das von ihnen gegründete Joint Venture DMG MORI SEIKI Europe AG mit der Marke DMG MORI im Juni 2013 den Standort Winterthur als Hauptsitz gewählt. Die Unternehmen sind globale Marktführer in der Entwicklung und Produktion von spanenden Werkzeugmaschinen mit den Schwerpunkten Fräs- und Drehtechnologie.

Gelöste Stimmung beim Spatenstich. Michael Domeisen, Geschäftsführer Standortförderung Winterthur (links), im Gespräch mit Silvio Lehmann, CEO DMG MORI SEIKI Europe, und Roger Zbinden, Leiter des Swiss Business Hub Japan (rechts).

Swiss Business Hub Japan Der Swiss Business Hub (SBH) Japan in Tokio ist eine der weltweit 40 Aussenstellen von Switzerland Global Enterprise (S-GE). Diese sind in Schwerpunktmärkten der Schweizer Exportindustrie angesiedelt und bieten Schweizer KMU Unterstützung in der Internationalisierung. Der SBH Japan mit Roger Zbinden betreibt zudem Investment Promotion. Dabei informiert der SBH potenzielle japanische Investoren über besondere Stärken und Rahmenbedingungen des Wirtschaftsstandorts Schweiz und bietet ihnen einen kostenlosen Rundumservice bis zur Ansiedlung – und oft darüber hinaus. www.s-ge.com/schweiz/export/de/country/Japan

Geschichte: DMG MORI investiert über 40 Millionen Euro. Zusammen mit der Stadt Winterthur, der Standortförderung des Kantons Zürich, dem Swiss Business Hub Japan von Switzerland Global Enterprise (S-GE) und der Grundstückeigentümerin sowie Projektentwicklerin Implenia setzte sich die Standortförderung Winterthur zwei Jahre lang für das Projekt ein. Der Swiss Business Hub Japan leistete einen wesentlichen Beitrag zur Ansiedlung – denn die Entscheide im Hintergrund wurden in Japan gefällt, wie Roger Zbinden, Leiter des Swiss Business Hub Japan in Tokio, erläuterte: «Im April 2011 haben wir mit dem Geschäftsführer von MORI, Dr. Masahiko Mori, am Hauptsitz in Nagoya, Japan, erste Gespräche geführt und ihm den Standort Schweiz nähergebracht.» Die professionelle Betreuung vor Ort in Japan und durch alle involvierten Stellen in Winterthur und des Kantons Zürich seien neben den genannten Standortvorteilen weitere Gründe für den Entscheid gewesen, an der SulzerAllee anzusiedeln. DMG MORI entsteht auf dem ehemaligen Grundstück der Giesserei Sulzer, einer der damals grössten Werkzeughallen der Schweiz. Für Michael Domeisen, Geschäftsführer der Standortförderung Winterthur, ist dies ein Sinnbild für das Wiedererstarken einer Industrie, die einst am Boden lag: «Für Winterthur ist die Ansiedlung ein weiterer Impuls, als Standort selbstbewusst aufzutreten.»

Weitere Informationen: www.dmgmoriseiki.com

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INDUSTRIE DUS DU ST T CCha harm har rme me Maggi-Würze, Turbolader, Schiffsdieselmotoren, der «Rote Pfeil», das erste künstliche Hüftgelenk … Stadt und Region Winterthur sind seit je Heimat für Erfinder, Pioniere, Neudenker. In den charmanten Industriearealen findet man heute multinationale Konzerne, innovative Start-ups, renommierte Bildungsinstitutionen und attraktive Wohnräume. Und noch stehen freie Flächen bereit: für zukünftige Pioniere, denen urbane Lebensqualität, ein kurzer Weg zum Flughafen Zürich und ein Top-Naherholungsgebiet wichtig sind. Willkommen in Winterthur – www.standort-winterthur.ch


NEWS und Events

Alle profitieren davon. Je stärker man Handelshemmnisse reduziert, desto effizienter können Ressourcen eingesetzt werden. Und im Idealfall verbreiten sich im Windschatten der Freihandelsabkommen auch Menschenrechte und Demokratie. Denn es gibt keine Demokratie ohne Marktwirtschaft.

Wie sehen Sie die wirtschaftliche Rolle Deutschlands und diejenige Europas in zehn Jahren? Deutschland wird durch den

INTerview Hans-olaf henkel

«Es lohnt sich, für den Freihandel zu kämpfen» Hans-Olaf Henkel, Eurokritiker, Buchautor und Keynote-Referent am Aussenwirtschaftsforum 2014, zu Währungsalternativen für den Euro, zum Freihandelsabkommen EU-USA und weshalb die Schweizer Unternehmer in Deutschland Bewunderung ernten.

Als Sie mit Ihrem Buch «Die EuroLügner» begannen, war die Eurokrise akut. Jetzt hat sich die Lage etwas beruhigt. Ein Lichtblick? Nein. Für Griechenland sind weitere Rettungspakete nötig. Griechenland, Portugal, Italien, Spanien, Zypern und Frankreich – keines dieser Länder hat seine fiskalischen Ziele erreicht, im Gegenteil, alle erhöhen ihre Schulden, man denke da nur an Frankreich. Ich vertraue vielmehr darauf, dass Initiativen wie unser «European Solidarity Manifesto» dazu führen, dass die südeuropäischen Staaten, denen der Euro schon lange zu stark ist, Deutschland, Österreich, Finnland und die Niederlande bitten, aus dem Euro auszusteigen. Dann würde er abgewertet, die Länder wären wieder wettbewerbsfähig, und die Wirtschaft würde wachsen.

Was halten Sie vom Freihandelsabkommen EU-USA? Ich halte sehr viel davon. Ich vermute bloss, dass Frankreich, wie bereits bei den Verhandlungen für das transatlantische Freihandelsabkommen TAFTA, das Abkommen verzögern oder sogar verhindern könnte. Frankreich will zum Beispiel, dass der gesamte Kulturbereich ausgenommen wird. Man stelle sich vor, was dies für die Filmindustrie bedeuten würde! Ein weiterer Streitpunkt ist die Agrarindustrie. Es lohnt sich auf jeden Fall, für Freihandelsabkommen zu kämpfen. Neben dem Handel geht es auch darum, unsere demokratischen Werte zu sichern. Freihandelsabkommen führen immer zu mehr Wohlstand.

Euro an Wettbewerbsfähigkeit verlieren. Denn eines ist allen bewusst: Die Unterschiede in der Produktivität zwischen den Ländern im Süden Europas und denen im Norden müssen eingeebnet werden, um den Euro zu retten. Griechenland wird produktiver werden. Deutschland, Finnland, Österreich und die Niederlande werden an Wettbewerbsfähigkeit verlieren. Diese Länder werden sich auf dem Niveau Frankreichs einpendeln. Mitunter ist das ein Grund, weshalb Frankreichs Präsident François Hollande nichts tut.

Wie werden Schweizer Unternehmen in Deutschland wahrgenommen? Das Image der Schweiz ist bei deutschen Unternehmen hervorragend. Die deutschen Unternehmen blicken mit Bewunderung darauf, wie gut die Schweizer Exportindustrie den hohen Schweizer Franken verkraftet hat. Die Industrie geriet zwar unter Druck, aber die Unternehmen sind effizienter und wettbewerbsfähiger geworden.

Welche Empfehlungen geben Sie Schweizer Firmen, die international tätig sind? Ich würde den Unternehmen raten, ihre Abhängigkeit von der Eurozone zu reduzieren, indem sie vermehrt in Nicht-Euroländer exportieren. Aber das tun sie ja bereits. Und sich nie, aber auch wirklich nie auf das EuroExperiment einzulassen. Interview Sibylle Zumstein

Ist eine Einheitswährung nicht ein Geschenk für den Handel innerhalb Europas? Kaum. Wir schulden unseren Wohlstand dem Binnenmarkt, den es schon seit 1992 gibt, lange vor der Einführung des Euro. Wir brauchen den Euro nicht, um innerhalb von Europa Handel zu betreiben.

Foto: zVg

Aussenwirtschaftsforum 2014 Hans-Olaf Henkel spricht im Keynote-Referat am Aussenwirtschaftsforum vom 3. April 2014 über Alternativen zum Euro und gibt Empfehlungen für Schweizer Unternehmen ab. www.s-ge.com/awf

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Know-How Credit Suisse

China: mehr Markt, mehr Konsum Trotz schwächerem Wirtschaftswachstum bleibt China auch in den kommenden Jahren ein wichtiger Treiber der globalen Nachfrage. Der Wandel von der weltweit grössten Werkbank zum weltgrössten Konsumenten dürfte auch durch kontinuierliche wirtschaftliche Reformen ermöglicht werden. Das bietet Chancen für Unternehmen und Investoren. Text Thomas Herrmann und Nora Wassermann, Credit Suisse

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I

n den letzten Jahren hat sich das Wachstum der chinesischen Wirtschaft deutlich abgeschwächt. Von durchschnittlich noch rund 10 Prozent im letzten Jahrzehnt auf geschätzte 7,6 Prozent dieses Jahr. Auch in den kommenden Jahren und Jahrzehnten wird sich dieser Trend wohl fortsetzen. Dennoch bleibt China angesichts der gestiegenen Wirtschaftsleistung auch mit schwächerem Wachstum ein wichtiger Treiber der globalen Nachfrage. Zudem könnten weitere Reformen höhere Produktivitätszuwächse ermöglichen, die demographischen Herausforderungen abschwächen und das mittelfristige Wachstumspotenzial erhöhen. Die noch neue politische Führung hat angedeutet, den Staatseinfluss auf die Wirtschaft reduzieren und die Marktkräfte stärken zu wollen. Ein wichtiges Thema ist sicherlich auch eine in vielerlei Hinsicht nachhaltige Entwicklung. Unter diesem Begriff lassen sich Aspekte wie die Ausweitung der sozialen Absicherung, aber auch die Reduktion der Umweltverschmutzung nennen. Zudem die Kredit- und Investitionsentwicklung, die wohl moderater ausfallen dürfte.

Von der weltgrössten Fabrik … China wird nicht zu Unrecht als «Fabrik» der Welt bezeichnet. Billige Arbeitskräfte, der Beitritt zur Welthandelsorganisation im Jahr 2001 und die graduelle Öffnung für ausländische Direktinvestitionen, gepaart mit Technologietransfer im verarbeitenden Gewerbe, haben China zum weltweit grössten Exporteur von Industrieprodukten gemacht. Während des letzten Jahrzehnts haben vor allem Investitionen das Wachstum in China getrieben. Allerdings gibt es schon länger Anzeichen eines gewissen Überangebots an industrieller Kapazität, vor allem in Anbetracht des schwächeren globalen Nachfragewachstums. Zudem haben steigende Produktionskosten die Wettbewerbsfähigkeit von Chinas Industriegütern etwas geschwächt.

Beijing Business District. Foto: CS

… zum weltgrössten Konsumenten Mit zunehmender Entwicklung und steigendem ProKopf-Einkommen wird Chinas Wirtschaft zunehmend von Dienstleistungen sowie höherwertigen und weniger arbeitsintensiven Erzeugnissen dominiert werden. Bereits jetzt findet eine Produktionsverlagerung einfacher Industriegüter von China in andere Länder Asiens oder sogar andere Regionen wie beispielsweise Afrika statt. Chinas Rolle als globaler Konsument hat in den letzten Jahren deutlich zugenommen. Nachdem China bereits 2008 die USA als grössten Absatzmarkt für Autos überholt hatte, wurde die Volkswirtschaft im September dieses Jahres nun auch zum weltweit grössten Nettoimporteur von Öl, also gemessen am Konsum abzüglich der eigenen Produktion (siehe Abbildung). Auch wenn die wirtschaftliche Grösse Chinas je nach Statistik unterschiedlich gemessen wird, dürfte sich dank stärkerem Wachstum als in den USA der Aufholprozess zur grössten Volkswirtschaft fortsetzen.

Öl-Nettoimporte, Millionen Barrel pro Tag (gleitender 3-Monats-durchschnitt)

China USA

14 12 10 8 6 4 2 0 94

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Das starke Kreditwachstum seit 2009 hat auch zu einer erhöhten Sorge bezüglich Kreditqualität und möglicher Kreditausfälle geführt. Derzeit werden noch etwa 85 Prozent der Unternehmensfinanzierungen in China von Banken getragen, wobei diese grösstenteils Staatsbanken sind, während sich Firmen in den USA zu 50 Prozent über Kapitalmärkte finanzieren. Chinas Wachstum der letzten Jahre wurde zudem von einem Häusermarktboom und einer Zunahme der Staatsschulden, vor allem der Regionalregierungen, begleitet. Die Sorge um Finanzstabilität, eine «harte Landung» der chinesischen Wirtschaft oder die strukturellen Herausforderungen für die Wachstumsentwicklung dürften weiterhin treibende Faktoren für Reformen sein.

Kapitalmarktöffnung und Internationalisierung der Währung setzen sich fort Umfangreiche Reformen in vielen Bereichen der Wirtschaftspolitik werden derzeit diskutiert. Die Liberalisierung und Entwicklung der Kapitalmärkte ist bereits angelaufen. Damit wurde eine Grundlage für die Konvertibilität und Internationalisierung der chinesischen Währung zumindest in Angriff genommen. Obwohl diese Entwicklung wohl noch einige Jahre dauern wird, sind Verhandlungen über zusätzliche «Renminbi-Hubs» in Europa, unter anderem auch in der Schweiz, interessant. Diese würden es ausländischen Investoren und Unternehmen ermöglichen, ihre Währung direkt gegen Renminbi zu tauschen und Offshore-Anleihen in Renminbi zu kaufen, während der Markteintritt für chinesische Banken möglicherweise erleichtert würde. Ein weiterer Schritt Richtung Liberalisierung ist die Freihandelszone in Shanghai. Diese dürfte es ausländischen und inländischen Investoren ermöglichen, in bisher regulierte Dienstleistungssektoren zu investieren (z.B. Finanzsektor oder Logistik). Zudem sollen die freie Umtauschbarkeit des Renminbi und die Liberalisierung von Zinsen getestet werden.

Mehr Informationen: www.credit-suisse.com/research

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Unausgeschöpftes Schweizer Aussenhandelspotenzial TEXT Gerhard Schwarz

Zur Person Gerhard Schwarz ist seit 2010 Direktor des Think-Tanks Avenir Suisse. Gerhard Schwarz und Urs Meister (Herausgeber): «Ideen für die Schweiz – 44 Chancen, die Zukunft zu gewinnen», NZZ Libro, 324 Seiten, 38 Franken.

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Der Aussenhandel ist eine wichtige Quelle wirtschaftlicher Einnahmen vieler Länder, und er ermöglicht es ihnen, Waren und Dienstleistungen zu bekommen, die sie innerhalb ihrer Grenzen nicht herstellen. Besonders in kleinen Ländern wie der Schweiz eröffnet der Aussenhandel zudem vielen Branchen ein beträchtliches Wachstumspotenzial ausserhalb der Landesgrenzen. Es ist somit kein Zufall, dass die Schweiz zu den am stärksten in die Weltwirtschaft integrierten Ländern gehört. Das verdeutlicht auch die längerfristige Entwicklung des schweizerischen Aussenhandels: Seit 1980 hat sich der Wert der Importe auf rund 177 Milliarden Franken verdreifacht, jener der Exporte sogar auf über 200 Milliarden Franken vervierfacht. Während in den 1980er-Jahren die Importe die Exporte noch übertrafen, hat sich dieser Trend in den frühen 1990er-Jahren umgekehrt. Seit 1993 weist die schweizerische Aussenhandelsstatistik fast ausnahmslos Exportüberschüsse aus. Ermöglicht hat dieses Wachstum nicht zuletzt die 1995 gegründete World Trade Organization (WTO), dank der die bis dahin weltweit bestehenden Zölle und anderen Handelshemmnisse abgebaut werden konnten. Mit der steigenden Zahl von Ländern, die der WTO beigetreten sind (derzeit 159), hat jedoch auch die Komplexität der WTO-Verhandlungsrunden zugenommen. So konnte die 2001 initiierte Doha-Runde, die unter anderem einen besseren Zugang der Entwicklungsländer zu den Agrarmärkten der Industrieländer hätte bringen sollen, bis heute nicht zum Abschluss gebracht werden. Als Reaktion auf die verfahrene Situation haben viele Länder – auch

Foto: Martin Guggisberg

Schwarz auf Weiss

die Schweiz – begonnen, auf bilaterale Freihandelsabkommen zu setzen. Die Schweiz verfügt heute, abgesehen von der EFTA-Konvention und dem Freihandelsabkommen mit der EU, über ein Netz von 28 Freihandelsabkommen mit 38 Partnern ausserhalb der EU. Die Gründung der WTO sowie die zunehmende Zahl an Freihandelsabkommen dürfte Hauptgründe für die starke regionale Diversifizierung des schweizerischen Aussenhandels sein: Wurden 1990 noch rund 70 Prozent aller ausgeführten Waren nach Europa – allen voran Deutschland – exportiert, hat sich dieser Anteil bis 2010 um 14 Prozentpunkte auf aktuell 56 Prozent reduziert. Und neu kamen China und Hongkong zur Liste der 10 wichtigsten Handelspartner der Schweiz hinzu – Destinationen, die inzwischen bereits 7,2 Prozent der gesamten schweizerischen Warenausfuhren ausmachen. Die Schweiz könnte jedoch – letztlich zum Wohle der Allgemeinheit – noch viel mehr vom Aussenhandel profitieren, als sie das tut. Sie schottet sich nämlich im Agrarsektor, wie auch die WTO festhält, stark durch tarifäre und nichttarifäre Handelshürden ab. Während die Schweizer Einfuhrzölle ausserhalb der Landwirtschaft bei durchschnittlich 2,3 Prozent liegen, bewegen sie sich im Agrarsektor um etwas über 30 Prozent. So klein die Bedeutung des Agrarsektors für die schweizerische Wirtschaft ist, so gross sind die Konsequenzen dieses Protektionismus auf der internationalen Ebene: Man erinnere sich nur an den Versuch des Bundesrates im Jahre 2006, ein Freihandelsabkommen mit den USA zustande zu bringen. Der Versuch scheiterte kläglich an der Nichtbereitschaft, die Abschottung der Landwirtschaft zu überwinden.


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