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HIPPOTRAKTOR
from FUZE.90
Foto: Sam Coussens
NATURGEWALTEN. „Meridian“ ist das Debüt von HIPPOTRAKTOR, und es ist vielschichtig. Stefan de Graef, Sänger und Percussionist der Belgier, erklärt uns, was hinter der Band steckt.
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HIPPOTRAKTOR sind eine neue Band, aber man kennt euch bereits ... Ja, ich bin auch als Gitarrist und Sänger bei PSYCHONAUT, die ebenfalls bei Pelagic gesignt sind. Chiaran, unser Songwriter und Gitarrist, hat noch ein Projekt mit dem Namen HELION CREEK und zusammen mit Sander, unserem anderen Gitarristen und Sänger, spielt er auch bei L’ITCH. Chiaran hat auch die letzen beiden PSYCHONAUT Alben produziert. Und Schlagzeuger Lander und Bassist Jakob spielten früher noch bei BEFORE HE SHOT HER, einer Deathcore-Band, die sich vor ein paar Jahren aufgelöst hat.
Wie habt ihr euch kennen gelernt und wie ist die Idee zu HIPPOTRAKTOR entstanden? HIPPOTRAKTOR wurden 2017 von Chiaran, Lander und Jakob gegründet. Sie begannen als instrumentales Dreiergespann und veröffentlichten 2018 die erste EP „P’eau“. Sie haben zwei Jahre lang intensiv geprobt, es aber nie wirklich auf die Bühne geschafft. Sie machten das mit viel Leidenschaft, aber irgendwie hatten sie immer das Gefühl, dass etwas fehlte. Im Jahr 2019 tranken Chiaran und ich ein paar Bier zusammen, als er mir erzählte, dass er darüber nachdachte, das Projekt komplett neu zu erfinden. Schließlich fragte er mich, ob ich Interesse hätte mitzumachen. Ich war ein großer Fan von dem, was sie machten, also sagte ich sofort zu. Ich erinnere mich, dass ich 2017 einige ihrer ersten Demos hörte und dachte: Verdammt, das wäre mit Gesang großartig. Also sagte ich, dass ich gerne Leadsänger werden würde. Wir kannten uns seit über zehn Jahren, teilten uns Proberäume, jammten, gingen zusammen aus, aber die Gelegenheit, ein gemeinsames Projekt zu starten, hatte sich nie wirklich ergeben. Dies schien die perfekte Gelegenheit zu sein, also haben wir es einfach gemacht. Danach fragte er Sander, und er war ebenso begeistert, als Gitarrist und Co-Sänger mitzumachen. Plötzlich hatten wir eine fünfköpfige Band mit sehr interessanten Unterschieden in ihren Einflüssen und Fähigkeiten. Das war genau der frische Wind, den Chiaran brauchte. Er schrieb ein neues Instrumentalstück, für das ich die Vocals für mich und Sander schrieb, und es schien wirklich zu passen. Die Kombination aus meinem Schreien und Sanders hohem Gesang ließ etwas ganz Einzigartiges entstehen. Daraus wurde dann unsere erste Single „Manifest the mountain“ und auch der Opener des Albums. Das war das Erste, was wir in dieser neuen Formation geschrieben haben, und es repräsentiert wahrscheinlich immer noch am besten das, was wir machen.
Ich habe gelesen, dass „Meridian“ eine „Erkundung der Evolutionstheorie des Naturismus“ ist – kannst du uns erklären, was die Idee hinter „Meridian“ ist und wie dieses Konzept in der Musik und den Texten zum Leben erweckt wurde? Es begann alles mit dem Bandnamen. Ich weiß noch, wie ich dachte: Was zum Teufel ist ein HIPPOTRAKTOR? Ich habe versucht, mir vorzustellen, wie er aussehen würde, und am Ende hatte ich immer die Vision einer riesigen Maschine, die die Erde in ihrem Griff hat, wie eine mechanische Gott-Maschine. Also wollte ich ein Albumkonzept schreiben, das genauso gewaltig ist. Als ich die erste Instrumentalversion von „Manifest the mountain“ hörte, stellte ich mir dieselbe Maschine vor, die auf einer trostlosen Ebene riesige Berge aufbaut. Das führte zu der Idee, dass viele Dinge auf unserem Planeten so aussehen, als wären sie von einer Art Maschine oder Intelligenz entworfen worden, die wir nicht verstehen. Die Welt scheint oft zu kompliziert und perfekt zu sein, um nicht durch einen Architekten erschaffen worden zu sein. Ich erinnere mich genau, dass ich das als Kind oft gedacht habe. Also dachte ich, wie wäre es, wenn man das glauben könnte, ohne dass einem jemand sagt, dass es nicht stimmt? Was wäre, wenn du ganz allein wärst und herausfinden müsstest, was die Berge, die Bäume, die Ozeane bedeuten und woher sie kommen? Ich nahm an, dass ich wahrscheinlich anfangen würde, sie zu verehren, so wie es viele alte Kulturen taten, und von da an ging es weiter. „Meridian“ erzählt also die Geschichte eines einsamen Wanderers auf der Erde in Abwesenheit anderer Wesen. Ohne jemanden, mit dem er Wissen und Geschichte teilen kann, ist der Protagonist gezwungen, seine eigenen Wahrheiten und Geschichten über die Natur des Lebens, des Bewusstseins und des Universums zu erschaffen. Der Protagonist beginnt, seine Umgebung zu personifizieren und zu vergöttern, indem er den Bäumen, den Bergen, dem Wind, dem Wasser Gefühle zuschreibt, da sie seine einzigen Gefährten in dieser trostlosen Welt sind. Ständig von dem Gefühl geplagt, dass es außer ihm noch jemanden oder etwas anderes geben muss, kämpft der Protagonist mit der Vorstellung von „Göttern“ und ist in einem ständigen Zustand des Misstrauens gegenüber ihrer Existenz. Wenn es einen Grund für seine Inkarnation gibt, könnte das Konzept der Götter der Schlüssel zur Entdeckung dieses Grundes sein. Da sie sich jedoch weigern, seinen Aufrufen zu folgen und sich zu offenbaren, geht er davon aus, dass sie – falls es sie gibt – ihm diese Last der Existenz aus purem Sadismus auferlegt haben müssen. Jede Komposition auf diesem Album stellt ein Kapitel der beschwerlichen Suche des Protagonisten nach Antworten dar. Einige davon stellen eine Hommage an die Ambivalenz eines bestimmten Naturelements dar. Andere drehen sich um den inneren Kampf des Protagonisten und seine Auseinandersetzung mit Unwissenheit und Einsamkeit. Im weiteren Verlauf des Albums erreicht der Protagonist kurze Momente der Gelassenheit. Seine Unfähigkeit, diesen Zustand zu bewahren, führt jedoch dazu, dass die Geschichte abrupt mit dem Wunsch nach der vollständigen und totalen Zerstörung seiner selbst, der Welt und des Schöpfers, der ihm diese Last der Existenz auferlegt hat, endet.
Das hört sich nach einer sehr komplexen Geschichte an. Wie lässt sich die ganze Theorie und Thematik aus deiner Sicht in Musik umsetzen? Das ist es auch, aber dank Chiarans massiven Kompositionen entstand das alles sehr natürlich. Die Songs sind so ungeheuer brutal, aber manchmal auch zart und schön, und das hat die Idee des ambivalenten Aspekts der Natur hervorgerufen. Jedes Element kann sowohl ein Schöpfer als auch ein Zerstörer sein. Dennis Müller