4 minute read

FACE TO FACE

Next Article
REVIEWS

REVIEWS

Foto: Nathaniel Shannon

DREI DEKADEN. Dreißig Jahre sind eine verdammt lange Zeit im schnelllebigen Musikgeschäft. Wer so lange durchhält und mit jedem Song noch eine weitere gute Geschichte zu erzählen hat, dem sollte deutlich mehr Lob zuteil werden. Wie aber motiviert man sich nach all der Zeit immer wieder aufs Neue? Wir sprechen mit FACE TO FACE-Frontmann Trever Keith über Motivation, sein kürzlich erschienenes Buch und das brandneue elfte Album „No Way Out But Through“.

Advertisement

Hallo Trever, vielen Dank für deine Zeit, wo erwische ich dich gerade? Kennst du diese Tage, an denen du quasi nur am rumrennen bist? Von einem Termin zum anderen und zwanghaft versuchst, dich nicht stressen zu lassen? Haha, genau so ein Tag ist heute. Bitte wundere dich nicht, dass ich das Interview vom Handy aus führe. Manchmal muss man ein paar Sachen gleichzeitig machen. Ich will das Ganze aber nicht verteufeln. Momentan ist vor allem positiver Stress angesagt. Unser neues Album steht in den Startlöchern und ich bin quasi durchgängig dabei, Interviews zu geben. Es ist unglaublich, wie wichtig FACE TO FACE nach all den Jahren noch zu sein scheinen. Ich freue mich riesig über die Reaktionen der Leute.

Vielleicht liegt das auch daran, dass es bei FACE TO FACE eben nicht diesen Prozess des sich ständig Wiederholens gibt? Je mehr ich darüber nachdenke, desto mehr muss ich dir recht geben. Auch wenn wir einen festen Sound haben und dies auch schon über einen verdammt langen Zeitraum, versuchen wir uns trotzdem als Band und als Songschreiber komplett neu zu erfinden. Es ist oftmals auch einfach Kopfsache, wie du ein neues Album angehst. Es soll niemals Teil zwei eines Vorgängeralbums sein und dennoch FACE TO FACE genug, um den Fans etwas zu schenken, was sie lieben. Es gibt da draußen viele Bands, die eine funktionierende Formel gefunden haben und diese immer und immer wieder anwenden. Das muss irgendwann unweigerlich zu Ermüdungserscheinungen führen.

Das neue Album heißt „No Way Out But Through“. Kann man das als dein persönliches Mantra verstehen? Ich würde nicht so weit gehen und es ein Mantra nennen, eher eine Lebenseinstellung. Ich bin ein sehr direkter Mensch und wenn ich irgendwo ein Problem sehe, will ich dieses nicht schwelen lassen. Denn aus kleinen Problemen, die man nicht angeht, entstehen irgendwann große Probleme. Also gibt es manchmal keinen anderen Weg als mittendurch. Schaff das Problem aus der Welt. So lebt es sich leichter, auch wenn es manchmal natürlich nicht immer einfach ist, Konflikte zu lösen oder Probleme zu beseitigen. Aber am Ende zahlt sich diese Herangehensweise immer aus. Zumindest habe ich diese Erfahrung gemacht.

Wie motiviert man sich nach dreißig Jahren FACE TO FACE noch selbst zu Höchstleistungen? Ich glaube, das kann man nur, wenn man wirklich für etwas brennt. Ich mache mein Leben lang Musik und kenne eigentlich auch nichts wirklich anderes. Ich könnte mir ein Leben ohne Musik schlicht nicht vorstellen. Natürlich gibt es auch bei mir Tage, an denen ich weniger motiviert bin, aber ich weiß auch, dass morgen wieder ein völlig anderer Tag sein kann, an dem ich vor Kreativität und Ideen nur so sprühe. Vielleicht liegt es auch am Alter, aber man muss einfach lernen, einige Dinge lockerer zu sehen.

WIR WAREN ZUM ZEITPUNKT DER AUFLÖSUNG EINFACH UNENDLICH AUSGEBRANNT. WIR HATTEN NONSTOP GETOURT UND ALBEN GESCHRIEBEN.

Wir waren zum Zeitpunkt der Auflösung einfach unendlich ausgebrannt. Wir hatten nonstop getourt und Alben geschrieben. Das bedeutete damals sehr viel Zwang und wenig Spaß. Wir hatten das Gefühl, einfach nichts mehr zu erzählen zu haben. Mit ein paar Jahren Abstand lernt man allerdings, die Dinge auch wieder völlig neu zu schätzen. Wir haben dann irgendwann entschieden, dass wir wieder zusammen Musik machen wollen. Und was soll ich sagen, hier sind wir und wir gehen so schnell nicht wieder weg.

Du hast im letzten Jahr ein Buch herausgebracht. In diesem sind alle Texte enthalten, die du in den letzten 30+ Jahren geschrieben hast. Wie kam es zu dieser Idee? Die Idee ist tatsächlich gar nicht mal so neu. Ich hatte sie bereits vor ein paar Jahren und auch teilweise schon umgesetzt. Ich wollte diesmal aber etwas Komplettes abliefern. Was die wenigsten wissen, ist, dass im Buch auch die Texte vom kommenden Album abgedruckt sind. Ich fand dies eine nette Idee und konnte das Buch so als Teaser nutzen. Durch den Lockdown und die damit verbundene Konzert-Flaute wollte ich den Fans auch einfach mal etwas völlig anderes bieten.

Was können wir in naher Zukunft von FACE TO FACE erwarten? Zunächst steht noch jede Menge Promoarbeit an, aber hier in den USA entspannt sich die Lage dahingehend, dass wieder Live-Shows möglich sind. Das werden wir natürlich auch nutzen, um so viel zu spielen, wie es geht. Fürs kommende Jahr ist dann die „Punk in Drublic“-Tour geplant. Wir hoffen, dass diese so stattfinden kann wie geplant. Jedes Land hat ja momentan noch seine eigenen Bestimmungen und Regelungen, was natürlich alles etwas schwieriger macht. Aber auch für uns steht die Sicherheit unserer Fans im Vordergrund. Lasst uns also einfach hoffen, das bald Konzerte und Festivals wieder überall in der Welt machbar sind. Carsten Jung

This article is from: