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Foto ©Alois Altenweger

Das Online-Magazin für psychologische Themen, Schicksalsanalyse und therapeutische Arbeit Herausgeber: Alois Altenweger, www.psychologieforum.ch und Szondi-Institut Zürich


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Das Online-Magazin für psychologische Themen, Schicksalsanalyse und therapeutische Arbeit

März 2013

Szondi-Institut Zürich

Die Verantwortung für den Inhalt der Texte, die vertretenen Ansichten und Schlussfolgerungen liegt bei den Autoren bzw. den zitierten Quellen. Fotos: © Alois Altenweger Szondi-Institut, Krähbühlstrasse 30, 8044 Zürich, www.szondi.ch, info@szondi.ch, Tel. 044 252 46 55


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Inhalt Themen im Schnittpunkt Unheilvolle Kombination begünstigt Schizophrenie Das Zusammenspiel von Infektion in der Schwangerschaft und Stress während der Pubertät spielt eine Schlüsselrolle in der Entwicklung von Schizophrenie, zeigen ETHVerhaltensforscher an einem Mausmodell. Panik ist jedoch fehl am Platz. Peter Rüegg

Psychologisches Der Ursprung antisozialen Verhaltens Mag. Veronika Schallhart

Medizin und Gesundheit Depressionen kosten die Schweiz über zehn Milliarden Franken Psychische Einflüsse bei Schmerzen oft nicht erkannt Neues Therapiemodell lindert ungeklärte Körperbeschwerden Universität Heidelberg

Bücher Couchgeflüster

Über den Tellerrand hinaus Pessimisten leben länger Blandina Mangelkramer

Zu guter Letzt Gestern Vicente Aleixandre


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__Themen im Schnittpunkt

Unheilvolle Kombination begünstigt Schizophrenie Das Zusammenspiel von Infektion in der Schwangerschaft und Stress während der Pubertät spielt eine Schlüsselrolle in der Entwicklung von Schizophrenie, zeigen ETHVerhaltensforscher an einem Mausmodell. Panik ist jedoch fehl am Platz. Peter Rüegg Rund ein Prozent der Bevölkerung leidet an Schizophrenie, einer schwerwiegenden psychischen Erkrankung, die meist erst im Erwachsenenalter auftritt und nicht heilbar ist. In der Psychiatrie vermutet man schon länger, welche Umwelteinflüsse das Auftreten der Schizophrenie fördern. Man sprach von vorgeburtlichen Infektionen wie Toxoplasmose oder Grippe. Auch psychischer Stress oder familiäre Vorbelastungen kamen als Auslöser in Frage. Dennoch ist es den Forschern bis heute nicht gelungen, das Zusammenspiel der einzelnen Faktoren in Bezug auf diese Krankheit zu identifizieren. Nun hat aber eine Forschungsgruppe unter der Leitung von Urs Meyer, Senior Scientist am ETH-Labor für Physiologie und Verhalten, einen Durchbruch geschafft. Sie konnte zum ersten Mal eindeutig belegen, dass die Kombination zweier Umweltfaktoren massgeblich zur Entwicklung von Schizophrenie-relevanten Hirnveränderungen beitragen und zu welchen Zeitpunkten im Leben eines Menschen sie eintreten müssen, damit die Erkrankung ausbrechen kann. Die Forschenden entwickelten dazu ein spezielles Mausmodell, mit dem sie quasi im Zeitraffer die Vorgänge im Menschen nachbilden konnten. Die Studie ist soeben in der Fachzeitschrift «Science» veröffentlicht worden. Zusammenspiel von Infektion und Stress Der erste negative Umwelteinfluss, der Schizophrenie begünstigt, ist eine virale Infektion der Mutter in der ersten Hälfte der Schwangerschaft. Ist das derart vorbelastete Kind zusätzlich dazu während der Pubertät starkem Stress ausgesetzt, so vervielfacht sich die Wahrscheinlichkeit, dass es später an Schizophrenie erkrankt. Aber: Es braucht die Kombination dieser zwei negativen Umwelteinflüsse, damit sich die psychische Erkrankung entwickelt. «Jeweils nur ein Faktor – also nur Infektion oder nur Stress - reicht nicht, um Schizophrenie zu entwickeln», betont Urs Meyer. Die Infektion während der Schwangerschaft schafft die Voraussetzung dafür, dass Stress während der Pubertät «greifen» kann. Denn die Infektion der Mutter aktiviert im Gehirn des Fötus bestimmte Immunzellen des Zentralnervensystems, die Mikrogliazellen. Sie produzieren Zytokine, die die Hirnentwicklung des ungeborenen Kindes verändern. Mausmodell gibt entscheidenden Hinweis Die Mikrogliazellen gehen nach Abklingen der mütterlichen Infektion in einen Ruhezustand, haben aber ein «Gedächtnis» entwickelt. Kommt der Heranwachsende in die Pubertät und erleidet in der Zeit massiven, chronischen Stress, etwa sexuellen Missbrauch oder körperliche


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Gewalt, erwachen die Mikrogliazellen und führen durch ihre neuerliche Aktivität Veränderungen in bestimmten Hirnregionen herbei. Diese entfalten schliesslich erst im Erwachsenenalter ihre verheerende Wirkung. Das Gehirn scheint in der Pubertät besonders empfindlich auf negative Einflüsse zu reagieren, da es in der Zeit heranreift. «Offenbar geht an der ‚Hardware‘ etwas kaputt, das nicht mehr heilbar ist», sagt Sandra Giovanoli, die als Doktorandin bei Urs Meyer die Hauptarbeit an dieser Studie leistete. Zu ihren bahnbrechenden Erkenntnissen gelangten die Forscherinnen und Forscher anhand eines ausgeklügelten Mausmodells. Dabei lösten die Wissenschaftler bei werdenden Mausmüttern während der Tragzeit mit einer speziellen Substanz eine Infektion aus, um eine Immunantwort hervorzurufen. 30 bis 40 Tage nach Geburt - in diesem Alter werden die Tiere geschlechtsreif, was der Pubertät entspricht - wurden die Jungtiere fünf verschiedenen Stressfaktoren ausgesetzt, die für die Mäuse unerwartet kamen. Dieser Stress entspricht einem chronischen, psychologischen Stress beim Menschen. Filter funktioniert nicht korrekt Danach testeten die Forschenden das Verhalten der Tiere unmittelbar nach der Pubertät und im Erwachsenenalter, das eine Maus mit ungefähr drei Monaten erreicht. Zur Kontrolle prüften die Wissenschaftler auch Mäuse, die nur mit einem Infekt oder nur mit Stress belastet wurden. Weiter untersuchten sie Tiere, die keinem der beiden Risikofaktoren ausgesetzt wurden. Untersuchten die Forscher das Verhalten der Tiere unmittelbar nach der Pubertät, konnten sie keine Auffälligkeiten feststellen. Im Erwachsenenalter aber verhielten sich die Mäuse, die Infekt und Stress durchgemacht hatten, auffällig. Die an den Tieren beobachteten Verhaltensweisen sind mit denjenigen von schizophrenen Menschen vergleichbar. So zeigten die Nager beispielsweise eine geringere Aufmerksamkeit gegenüber auditorischen Reizen, was mit einer verminderten Filterfunktion im Hirn einherging. Die Mäuse reagierten auch massiv verstärkt auf psychoaktive Substanzen wie Amphetamin.

Umwelteinflüsse wieder bedeutender «Unser Befund ist für die menschliche Epidemiologie höchst relevant», sagt Meyer. Umwelteinflüsse würden in der Betrachtung menschlicher Erkrankungen, insbesondere in der


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Neuropsychologie, wieder eine grössere Bedeutung beigemessen als auch schon. «Es ist eben doch nicht alles Genetik», sagt er. Gewisse Symptome der Schizophrenie lassen sich mit Medikamenten behandeln, heilbar ist die Krankheit jedoch nicht. Die Studie lässt aber die Hoffnung keimen, bei Risikopersonen allenfalls präventiv gegen die Erkrankung vorgehen zu können. Die Studie ist eine wichtige Grundlage, auf der andere Forschungszweige aufbauen können. Die ETH-Forschenden betonen aber auch, dass die Resultate ihrer Arbeit für Schwangere kein Grund zur Panik sind. Viele der werdenden Mütter haben Infektionen wie Herpes, Schnupfen oder Grippe. Und auch jedes Kind hat Stress während der Pubertät, sei es durch Mobbing in der Schule oder Streit im Elternhaus. «Es muss schon sehr viel im ‘richtigen‘ Zeitfenster zusammenkommen, damit die Wahrscheinlichkeit, an Schizophrenie zu erkranken, gross wird», sagt Giovanoli. Schliesslich spielen auch noch weitere Faktoren in den Krankheitsverlauf hinein. Auch die Genetik, welche in der Studie nicht betrachtet wurde, kann eine Rolle spielen. «Aber anders als Gene lassen sich gewisse Umwelteinflüsse verändern», ergänzt die Doktorandin. Wie man auf Stress reagiere und damit umgehe, sei erlernbar. Literaturhinweis Giovanoli S, Engler H, Engler A, Richetto J, Voget M, Willi R, Winter C, Riva MA, Mortensen PB, Schedlowski M, Meyer U. Stress in Puberty unmasks latent neuropathological consequences of prenatal immune activation in mice. Science, advanced online publication 28th February 2013.

__Psychologisches Der Ursprung antisozialen Verhaltens Mag. Veronika Schallhart

Daniela Pfabigan, Psychologin an der Universität Wien, erforscht antisoziales Verhalten. Foto: Privat

Sie sind rücksichts- und verantwortungslos, ignorieren soziale Normen und kennen weder Reue noch Schuld: So beschreiben PsychologInnen das Verhalten antisozialer Menschen, denen beispielsweise das Erkennen eines ängstlichen Gesichtsausdrucks schwerer fällt als sozialeren Mitmenschen. Die zugrundeliegenden Prozesse waren bisher unklar. Psychologinnen der Universität Wien und der Medizinischen Universität Wien haben nun im Rahmen einer Studie gezeigt, dass antisoziale Verhaltenstendenzen mit Beeinträchtigungen in sehr frühen, grundlegenden Verarbeitungsprozessen einhergehen. Die Forschungsergebnisse erscheinen aktuell im Fachmagazin PLoS ONE.


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Antisoziale Persönlichkeitseigenschaften sind bei StraftäterInnen besonders häufig zu finden – aber auch unbescholtene BürgerInnen legen antisoziale Verhaltensweisen an den Tag. "Jede oder jeder einzelne von uns weist diese Persönlichkeitsmerkmale zu einem gewissen Grad auf", so Daniela Pfabigan, Psychologin an der Universität Wien. Gemeinsam mit ihren Kolleginnen Uta Sailer, Universität Wien, und Johanna Alexopoulos, MedUni Wien, ist sie der Frage nachgegangen, wodurch diese gesellschaftlich wenig akzeptierten Verhaltensweisen hervorgerufen bzw. aufrechterhalten werden. Dazu analysierten sie grundlegende visuelle Verarbeitungsprozesse, wie etwa die Fähigkeit, aus bestimmten Gesichtsausdrücken Emotionen ableiten zu können.

Antisoziale Personen erkennen einen ängstlichen Gesichtsausdruck schwerer als andere. Die Psychologinnen haben im Rahmen einer Studie untersucht, wo der Grund für diese Emotionserkennungsdefizite liegen könnte: Bei grundlegenden "visuellen" Verarbeitungsprozessen – wie etwa die Fähigkeit, aus bestimmten Gesichtsausdrücken Emotionen ableiten zu können – oder bei höheren kognitiven Funktionen wie Aufmerksamkeit. "Letzteres bedeutet, dass der Gesichtsausdruck des Gegenübers intensiver


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verarbeitet wird", erklärt Daniela Pfabigan.

Verarbeitung sozialer Reize und Selbsteinschätzung Für die Studie nahmen 28 Probandinnen in den Forschungslabors der Fakultät für Psychologie an einem computerbasierten Gewinnspiel teil: Richtige Antworten wurden mit dem Bild eines fröhlichen Gesichts belohnt und falsche Antworten mit einem ärgerlichen Gesicht rückgemeldet. "Dabei haben wir die Gehirnströme der Probandinnen gemessen", so Daniela Pfabigan. Vor der EEG-Messung gaben die Teilnehmerinnen an wie antisozial sie sich selbst einschätzen. "Aufgrund dieser subjektiven Einschätzungen haben wir die Versuchsteilnehmerinnen in zwei Gruppen geteilt: jene mit geringer und jene mit hoher Ausprägung antisozialer Verhaltensweisen", erklärt die Psychologin ihre Vorgehensweise. Beim Betrachten der Fotos zeigten sich binnen hundert Millisekunden deutliche Verarbeitungsunterschiede zwischen den Versuchsteilnehmerinnen: "Der frühe Zeitpunkt des Effekts deutet auf eine Verarbeitung in sekundären visuellen Arealen hin. Spätere Verarbeitungsprozesse im EEG zeigten hingegen keine Verbindung mit der Selbsteinschätzung. Bezüglich ihres Verhaltens unterschieden sich beide Gruppen ebenfalls nicht", so Daniela Pfabigan, die daraus den Schluss zieht, dass die visuelle Verarbeitung von sozialen Reizen bei Personen mit hoch ausgeprägten antisozialen Verhaltensweisen prinzipiell intakt ist. "Allerdings zeigt sich auf einer sehr frühen – den Personen vermutlich nicht bewussten – Verarbeitungsebene, dass sozialen Reizen weniger Aufmerksamkeit geschenkt wird, je antisozialer sich die Versuchsteilnehmerinnen selber einschätzen", ergänzt die Psychologin. Sie führt antisoziale Verhaltenstendenzen somit auch auf Beeinträchtigungen in sehr frühen, grundlegenden Prozessen – wie Aufmerksamkeit und Zuwendung zu Emotionen anderer Personen – zurück. "In weiteren Studien wollen wir klären, ob diese verringerte Aufmerksamkeitszuwendung auf soziale Reize beschränkt ist oder ob sie ein allgemeines Defizit bei antisozialen Persönlichkeiten darstellt. Die Ergebnisse könnten für die klinische Behandlung antisozialer Verhaltensweisen relevant sein", so Daniela Pfabigan abschließend. Publikation in PLoS ONE: Daniela M. Pfabigan, Johanna Alexopoulos, Uta Sailer: “Exploring the effects of Antisocial Personality Traits on Brain Potentials during Face Processing” in PLoS ONE, 21. November 2012.

__Medizin und Gesundheit Depressionen kosten die Schweiz über zehn Milliarden Franken


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Obwohl jeder Fünfte in der Schweiz im Verlauf des Lebens an einer Depression erkrankt, sind die Kosten dieser Krankheit kaum erfasst. Eine Studie des Instituts für Sozial- und Präventivmedizin der Universität Zürich schliesst nun diese Lücke: Von den rund zehn Milliarden Gesamtkosten entfallen 46 Prozent auf direkte Kosten, wie Behandlungskosten, und 54 Prozent auf indirekten Kosten, wie Arbeitsausfälle. Mit den neuen Zahlen liefern die Forschenden auch eine nützliche Basis für künftige Präventionsprogramme.

Rund die Hälfte aller Schweizerinnen und Schweizer werden im Verlauf ihres Lebens mit psychischen Problemen konfrontiert. Bei 20 Prozent der Bevölkerung wird eine Depression diagnostiziert. Typische Merkmale von Depressionen sind: Niedergeschlagenheit, Antriebslosigkeit, Schuldgefühle, Schlaf- und Konzentrationsprobleme. Treffen kann es jede Altersgruppe. Trotz ihrer Häufigkeit sind die wirtschaftlichen Folgen von Depressionen noch kaum untersucht. Yuki Tomonaga vom Institut für Sozial- und Präventivmedizin der Universität Zürich hat nun zusammen mit Forscherkolleginnen und -kollegen die direkten und indirekten Folgekosten von Depressionen ermittelt.


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Bei milden Depressionen sind die indirekten Kosten höher als die direkten Depressionen belasten das Budget der Schweizer Volkswirtschaft mit insgesamt über zehn Milliarden Franken pro Jahr. Aufschlussreiche Unterschiede zeigen sich dabei je nach Schweregrad der Krankheit. Einerseits gilt: Je schwerer die Krankheit, desto höher sind die Kosten. Halten sich jedoch bei schwerer Erkrankung die direkten und indirekten Kosten die Waage, verlagert sich dieses Gleichgewicht in Richtung indirekte Kosten bei mittelschweren und milden Depressionen. Dies sind denn auch die drei Schweregrade, welche unterschieden werden: Pro Patient und Jahr schlägt dabei eine schwere Depression mit rund 40'000 Franken zu Buche, eine mittelschwere mit 28'000 und eine milde mit 15'000 Franken. Von einer schweren Depression betroffen sind rund drei Prozent der Bevölkerung. Im Vergleich zu Patientinnen und Patienten, die an einer milden oder mittelschweren Depression erkranken, gehen sie häufiger zum Arzt oder Psychiater, werden öfter hospitalisiert, bleiben länger im Krankenhaus und haben einen grösseren Bedarf an Medikamenten. Zudem verlieren sie deutlich mehr Arbeitstage und sind häufiger invalid. Im Gegenzug dazu sind bei milden Depressionen die meisten Kosten indirekt. Dunkelziffer: Effektive Kosten sind höher Basis für die Studie bildete eine Stichprobe von 556 Patientinnen und Patienten. Aus einer gesundheitsökonomischen Perspektive erfasste die Studie die Kosten, und mit der Hochrechnung der Patientendaten auf die Gesamtbevölkerung gibt sie Aufschluss über die gesamtgesellschaftlichen Kosten. Da die Studie nur Personen zwischen 18 und 65 Jahren erfasst und da lange nicht alle Depressionen gemeldet werden, gehen die Autoren davon aus, dass die effektive finanzielle Last für die Schweizer Volkswirtschaft noch um einiges höher ist. Der Erstautor Yuki Tomonaga erhofft sich von der Studie auch, dass sie hilft, die Diskussion über das Thema zu versachlichen, und er hält fest: «Noch immer sind Depressionen ein gesellschaftliches Tabuthema». So sollen die neu gewonnenen Resultate dazu dienen, das Bewusstsein der Bevölkerung über Depressionen und die damit verbundenen volkswirtschaftlichen Kosten zu stärken. Weiter sind insbesondere die Kostenschätzungen zu den verschiedenen Schweregraden von Depressionen nützlich: für die Konzipierung künftiger nationaler Präventionsprogramme und für den optimalen Einsatz vorhandener Ressourcen. Literatur: Yuki Tomonaga, Josef Haettenschwiler, Martin Hatzinger, Edith Holsboer-Trachsler, Michael Rufer, Urs Hepp, and Thomas D. Szucs. The Economic Burden of Depression in Switzerland. PharmacoEconomics. 2012. doi 10.1007/s40273-013-0026-9


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Psychische Einflüsse bei Schmerzen oft nicht erkannt Neues Therapiemodell lindert ungeklärte Körperbeschwerden Universität Heidelberg Bei jedem fünften Patienten in der Hausarztpraxis findet der Arzt keine organische Erklärung für dessen Beschwerden. Diese sogenannten funktionellen oder somatoformen Störungen äußern sich zwar durch körperliche Symptome wie Kopf- oder Rückenschmerzen, Herz- und Darmbeschwerden. Dahinter steckt aber ein komplexes Wechselspiel aus Faktoren wie genetische Veranlagung, soziale Probleme und psychische Belastungen. Bis diese Patienten eine geeignete Behandlung erhalten, dauert es zirka drei bis fünf Jahre. Psychosomatische Experten der Universität Heidelberg haben nun ein neues Therapiemodell zusammen mit dem Hausarzt getestet, das die Lebensqualität verbessert und Arztbesuche reduziert. Auf dem Deutschen Kongress für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie vom 6. bis 9. März 2013 in Heidelberg stellten sie ihre Ergebnisse vor. Patienten mit somatoformen Störungen leiden an vielfältigen körperlichen Symptomen. Am häufigsten sind Rücken- oder Kopfschmerzen, Erschöpfung und Müdigkeit sowie Übelkeit, Reizdarm oder Atemnot. Die Ärzte finden hierfür jedoch keine hinreichende organische Erklärung. „Ausschlaggebend sind vielmehr seelische oder soziale Faktoren“, so Professor Dr. med. Wolfgang Herzog, Tagungspräsident des Deutschen Kongresses für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie und Ärztlicher Direktor der Klinik für Allgemeine Innere Medizin und Psychosomatik am Universitätsklinikum Heidelberg. Viele Patienten mit somatoformen Störungen legen eine jahrelange Odyssee zu verschiedenen Ärzten zurück. Teils, weil die Patienten aus Angst, an einer Krankheit zu leiden, auf weitere organische Abklärung drängen, teils, weil die Ärzte psychische Konflikte oder soziale Komponenten außer Acht lassen. „Unser Gesundheitssystem finanziert jegliche körperliche Untersuchungen, aber für ein Gespräch fehlt es Ärzten meist an Zeit und finanziellem Anreiz“, kritisiert Herzog. Weil gerade bei schwereren Verläufen eine Behandlung durch Hausarzt und Psychosomatiker zu empfehlen ist, hat ein Heidelberger Team ein kooperatives Therapiemodell namens „speziALL“ entwickelt. Das steht für spezifische allgemeinmedizinisch-psychosomatische Kurzgruppenintervention. „Das Besondere an speziALL ist, dass Hausarzt und Psychosomatiker gemeinsam eine Gruppentherapie anbieten, und zwar in der Praxis des Hausarztes“, sagt Dr. med. Rainer Schäfert, der verantwortliche Studienarzt von der Klinik für Allgemeine Innere Medizin und Psychosomatik am Universitätsklinikum Heidelberg. Denn viele Patienten wollen von ihrem Hausarzt behandelt werden und lehnen eine Psychotherapie zunächst ab. „Bei speziALL ist die Hemmschwelle für die Patienten erheblich niedriger“, ergänzt Dr. sc. hum. Dipl.-Psych. Claudia Kaufmann, die verantwortliche Studienpsychologin. In zehn wöchentlichen Gruppensitzungen erhalten die Patienten Informationen zu den biologischen, sozialen und psychischen Faktoren, die die Beschwerden


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auslösen. Sie tauschen sich über ihre Beschwerden, deren Ursachen und mögliche Bewältigungsstrategien aus und lernen, sich zu entspannen. Das Heidelberger Expertenteam hat die speziALL-Gruppentherapie in 18 Arztpraxen im Rhein-Neckar-Raum mit 170 Patienten durchgeführt. Parallel verfolgten sie die Entwicklung von 134 Patienten, die einzeln von 17 weiteren Hausärzten behandelt wurden. Diese sind wie alle Hausärzte in der Studie im Umgang mit somatoformen Störungen geschult worden. Es zeigte sich, dass sich die psychische Lebensqualität der Patienten in der speziALL-Gruppe im Vergleich zu den anderen Patienten in größerem Ausmaß besserte: Sie fühlten sich weniger eingeschränkt in ihrer Vitalität, bei sozialen Kontakten oder in ihrer Arbeitseffizienz. Zudem gingen die körperlichen Beschwerden zurück: Die Patienten hatten geringere Schmerzen und fühlten sich weniger erschöpft. „Nach der Gruppentherapie ging bei den speziALL-Patienten zudem die Angst zurück, an einer Krankheit zu leiden“, sagt Schäfert. Die Zahl der Hausarztbesuche habe bei diesen Patienten nach der Therapie signifikant abgenommen. „Gesundheitsökonomisch hat speziALL ein gutes Kosten-Nutzen-Verhältnis“, sagt Schäfert.

Kontakt: Deutscher Kongress für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie Christine Schoner/Kathrin Giesselmann Postfach 30 11 20 70451 Stuttgart Telefon: 0711 8931-573 Telefax: 0711 8931-167 schoner@medizinkommunikation.org www.deutscher-psychosomatik-kongress.de

__bücher Couchgeflüster Inzest, Selbstzerstörung, Schuldgefühle – Autor Mathias Hirsch hat schon über einige Themen geschrieben, die mit Tabus belegt sind. Im Verheimlichen und Verschweigen sieht der Facharzt für Psychotherapie eine Gefahr: "Je weniger gesprochen wird, desto eher wird gehandelt und desto leichter bleibt ein Handeln verborgen". Aufbauend auf diesem Argument setzt sich der Psychoanalytiker in seinem neuen Buch mit therapeutischen Grenzüberschreitungen und Machtmissbrauch auseinander.

Sein zentrales Anliegen: zwischen erotischen Gefühlen und dem realen sexuellen Verhältnis zu unterscheiden. So sehen es auch die Berufsregeln für Psychotherapeuten vor – der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt, wohl aber dem Handeln. Bereits Sigmund Freud forderte Abstinenz (in der Fachsprache: sich Triebansprüche zu versagen). Dass auf Seiten des Patienten häufig Liebesgefühle aufkommen, erschien ihm nicht ungewöhnlich. Sie könnten infolge therapeutischer Prozesse entstehen und gälten daher nicht den persönlichen Vorzügen des Therapeuten.


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Die unterschiedlichen Positionen zu etwaigen Gefühlen seitens der Behandler schildert der Autor in einem umfassenden Literaturüberblick. Während einige Fachleute bereits jede erotische Fantasie verurteilen und dabei Gefühle, Fantasien und reale sexuelle Beziehungen gleichsetzen, sehen andere im Spannungsfeld zwischen Begehren und Entsagung sogar ein wichtiges therapeutisches Element. An konkreten Beispielen aus der Praxis beschreibt Hirsch, wie Therapeuten die Liebesgefühle ihrer Patienten konstruktiv nutzen könnten, indem sie ihre Bedeutung ergründen, anstatt sie zu verurteilen, zu ignorieren oder auf Beziehungsangebote einzugehen. Dann widmet sich Hirsch dem Missbrauch der therapeutischen Machtposition sowie verschiedenen Formen des sexuellen Begehrens. Anhand von Fallbeispielen stellt er dar, welche erschreckenden Formen Missbrauch in der Psychotherapie annehmen kann. Eine gutachterliche Stellungnahme des Autors zeigt die Komplexität der Problematik: In einem Rechtsstreit geht es um eine Psychotherapeutin, die direkt nach Behandlungsende eine private Beziehung mit einem Patienten aufnahm. Die Gutachter sollten die Frage klären, ob die Therapeutin gegen die Regeln ihres Berufstands verstoßen habe. Der letzte Abschnitt behandelt den Missbrauch in Familien und katholischen oder reformpädagogischen Institutionen. Es geht um "sexualisierte Machtausübung und Agieren narzisstischer Omnipotenzphantasien" und darum, mit welchen Mechanismen das Umfeld versucht, den "guten Ruf" ihrer Institution zu schützen und den Missbrauch auf Kosten der Opfer zu leugnen. Erst wenn "die Öffentlichkeit plötzlich in der Lage ist, hinzusehen, (…) sprechen und handeln kann, können Missbrauchssysteme aufgelöst werden", so der Autor. Ergänzend zu vielen eindeutigen Fällen erhält der Leser auch einen Eindruck davon, auf welchen subtilen Wegen sich sexuelle Grenzverletzungen einschleichen können und wie schwierig sich im Einzelfall die Frage beantworten lässt, ab wann das Abstinenzgebot verletzt ist. Dürfen sich Patient und ein Therapeut zum Beispiel Briefe schreiben? Und ist jegliche private oder gar intime Mitteilung verboten? Das Buch vermittelt eine detaillierte Übersicht zur Entstehung von Liebe und Machtmissbrauch in therapeutischen Beziehungen sowie dem gebotenen Umgang mit etwaigen Versuchungen. Es liefert eine gute Basis für die Selbsterfahrung angehender Therapeuten sowie zur aktuellen Diskussion um sexuellen Missbrauch in Kirchen und Schulen. Das vermittelte Wissen kann dem Behandler helfen, in Versuchungssituationen abstinent zu bleiben. Mathias Hirsch »Goldmine und Minenfeld« Psychosozial-Verlag ISBN: 3837922219


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__über den Tellerrand hinaus Pessimisten leben länger Allzu großer Optimismus im Alter kann zu einem erhöhten Erkrankungs- und Sterblichkeitsrisiko führen. Das zeigt eine Studie von Forschern der Friedrich-AlexanderUniversität Erlangen-Nürnberg (FAU) gemeinsam mit dem DIW Berlin, der HU Berlin und der Universität Zürich auf der Grundlage von Daten der Langzeitstudie Sozio-oekonomisches Panel (SOEP). Demnach leben ältere Menschen, die ihre künftige Zufriedenheit gering einschätzen, offenbar länger und gesünder als ältere Menschen, die für sich eine rosige Zukunft sehen. Die Forschungsergebnisse wurden soeben online in der renommierten Zeitschrift „Psychology and Aging“ ¹ veröffentlicht. Blandina Mangelkramer (Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg) Für die Studie analysierten die Forscher Längsschnittdaten des Sozio-oekonomischen Panels(SOEP), die zwischen 1993 und 2003 bei immer wieder denselben Personen erhoben worden waren. Dabei unterschieden sie drei Altersgruppen: 18 bis 39-Jährige, 40 bis 64Jährige und über 65-Jährige. Die Befragten hatten jedes Jahr angegeben, wie zufrieden sie aktuell mit ihrem Leben waren und wie zufrieden sie in fünf Jahren zu sein glaubten. Im Zeitraum der Untersuchung (10 Jahre) überprüften die Forscher bei jedem Befragten sechs Mal, ob der für die Zukunft erwartete Grad der Zufriedenheit fünf Jahre später tatsächlich mit dem aktuell angegebenen übereinstimmte.

Das Ergebnis: Rund 43 Prozent der älteren Befragten unterschätzten ihre zukünftige Zufriedenheit, 32 Prozent überschätzten sie und 25 Prozent schätzten ihre Zufriedenheit in der Zukunft realistisch ein. Was die Forscher überraschte: Schätzten die Teilnehmer und Teilnehmerinnen ihre zukünftige Zufriedenheit überdurchschnittlich hoch ein, so erhöhte sich ihr Risiko für körperliche Einschränkungen oder Beschwerden und das Risiko zu sterben um


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etwa zehn Prozent. „Möglicherweise ermuntern pessimistische Zukunftserwartungen die Senioren dazu, noch besser auf die eigene Gesundheit zu achten und sich vor Gefahren zu schützen“, sagt Frieder R. Lang, Leiter des Instituts für Psychogerontologie an der FAU, der die Studie gemeinsam mit Forschern des Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin), der HU Berlin und der Universität Zürich erstellt hat. Im Gegensatz zu den älteren Menschen zeichneten junge Erwachsenen dabei meist ein unrealistisch rosiges Bild von ihrer Zukunft. Menschen im mittleren Erwachsenenalter dagegen waren weitgehend realistisch. Je älter die Befragten waren, umso pessimistischer schätzten sie ihre Zukunft ein. „Überrascht hat uns, dass die Befragten umso pessimistischer in die Zukunft sahen, je stabiler ihre Gesundheit und je höher ihr Einkommen war“, sagt Frieder Lang – möglicherweise ein Indikator dafür, dass diese Teilnehmer und Teilnehmerinnen sensibler sind für die Begrenztheit ihrer verbleibenden Zeit und eher darauf achten, ihren gegenwärtig guten Status zu erhalten als auf künftige Besserung zu hoffen. Über das Sozio-oekonomische Panel: Das Sozio-oekonomische Panel (SOEP) ist die größte und am längsten laufende multidisziplinäre Langzeitstudie in Deutschland. Das SOEP ist am DIW Berlin angesiedelt und wird als Teil der Forschungsinfrastruktur in Deutschland unter dem Dach der LeibnizGemeinschaft (WGL) von Bund und Ländern gefördert. Für das SOEP werden seit 1984 jedes Jahr vom Umfrageinstitut TNS Infratest Sozialforschung mehrere tausend Menschen befragt. Zurzeit sind es in mehr als 14.000 Haushalten etwa 30.000 Befragte. Die Daten des SOEP geben unter anderem Auskunft über Einkommen, Erwerbstätigkeit, Bildung, Gesundheit und Lebenszufriedenheit. Weil jedes Jahr dieselben Personen befragt werden, können nicht nur langfristige gesellschaftliche Trends, sondern auch die gruppenspezifische Entwicklung von Lebensläufen besonders gut analysiert werden. ¹ Zeitschriftenpublikation: “Forecasting Life Satisfaction Across Adulthood: Benefits of Seeing a Dark Future?” Frieder R. Lang, Universität Erlangen-Nürnberg und Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin); David Weiss, Universität Zürich; Denis Gerstorf, Humboldt-Universität zu Berlin und DIW Berlin; Gert G. Wagner, DIW Berlin, Max Planck Institut für Bildungsforschung und Technische Universität Berlin; Online First Publication, Psychology and Aging: http://psycnet.apa.org/psycinfo/2013-04866001/ SOEP Papers: http://www.diw.de/documents/publikationen/73/diw_01.c.411490.de/diw_sp0502.pdf

Prof. Dr. Frieder R. Lang Tel.: 09131/85-26526 frieder.lang@fau.de


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__zu

Gestern Der Vorhang aus gelber Seide, den eine Sonne noch goldener macht und ein Seufzer bläht, In einem Hauch zögert das Gestern und ächzt. Noch ist es im Raum, aber es denkt sich Oder seht sich. Schlafend gibt wer es ansieht keine Antwort, Denn ein Schweigen sieht er oder es eine schlafende Liebe. Schlafen, leben, sterben. Langsam ächzt die Unvollkommene, hauchdünne geträumte: wirkliche Seide. Wer ist, ist ein Zeichen, ist ein Bild dessen, der dachte, und so bleibt er. Seide, in die sich Faden um Faden das Leben hineinwob, und bewahrt blieb für den Atem, von dem es noch bewegt wird. Nicht wissen ist leben. Wissen, es zu Tode bringen. Vincente Aleixandre

«Gesicht hinter Glas» Fischer, 1980

guter Letzt


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