Texte 6 13 juni

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Das Online-Magazin für psychologische Themen, Schicksalsanalyse und therapeutische Arbeit Herausgeber: Alois Altenweger, www.psychologieforum.ch und Szondi-Institut Zürich


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Das Online-Magazin für psychologische Themen, Schicksalsanalyse und therapeutische Arbeit Juni 2013 Szondi-Institut Zürich

Die Verantwortung für den Inhalt der Texte, die vertretenen Ansichten und Schlussfolgerungen liegt bei den Autoren bzw. den zitierten Quellen. Fotos: © Alois Altenweger Szondi-Institut, Krähbühlstrasse 30, 8044 Zürich, www.szondi.ch, info@szondi.ch, Tel. 044 252 46 55


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Inhalt Thema im Schnittpunkt Überschätztes Cybermobbing

Psychologisches Durchbruch in der Depressionsbehandlung Blandina Mangelkramer, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg

Der Blick über den Tellerrand hinaus Das «Selbst» im Hirn: Wo bin ich? Katrin Weigmann

Zur psychotherapeutischen Arbeit Smartphone, iPhone und Konsorten Alois Altenweger

Forschung Schlafen Veränderte Anatomie des Gehirns bei pathologischem Narzissmus

Bücher Gestalttherapie mit Kindern und Jugendlichen Zeitschrift für Gestaltpädagogik

Zu guter Letzt Kurzer Aufenthalt Hermann Lenz


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_thema im schnittpunkt Überschätztes Cybermobbing Cybermobbing gilt als eine der grössten Gefahren, der Jugendliche in der digitalen Welt ausgesetzt sind. Die Bedeutung des Phänomens wird in der öffentlichen Wahrnehmung allerdings überschätzt. Zu diesem Schluss kommen zwei vom Schweizerischen Nationalfonds (SNF) unterstützte Studien. Cybermobbing, also das wiederholte aggressive Verhalten gegen einzelne wehrlose Personen mit digitalen Mitteln, kann reale Konsequenzen haben. Unlängst fanden drastische Einzelfälle in den Medien ein grosses Echo: Opfer waren durch Anfeindungen auf Facebook bis zum Selbstmord getrieben worden. Dreimal weniger häufig Nicht verwunderlich also, dass Cybermobbing oft als eine der grössten Gefahren genannt wird, der Jugendliche in der digitalen Welt ausgesetzt sind. Die Bedeutung des Phänomens wird in der öffentlichen Wahrnehmung allerdings überschätzt. Zu diesem Schluss kommen Psychologinnen und Psychologen der Pädagogischen Hochschule Thurgau sowie der Universitäten Zürich und Bern. Sie haben rund 950 Jugendliche im Alter von 13 und 14 Jahren aus den Kantonen Tessin, Wallis und Thurgau mehrmals befragt. Cybermobbing – darunter fallen Email- und SMS-Nachrichten sowie die Kommunikation in Chats und auf Plattformen wie Facebook – ist demnach etwa dreimal weniger häufig als Mobbing in der realen Welt. "Die Ansicht, dass alle Jugendlichen dank der neuen Möglichkeiten gedankenlos drauflosmobben, ist weit von der Realität entfernt", sagt Sonja Perren von der Pädagogischen Hochschule Thurgau. Die Forschenden sehen Cybermobbing eher als Verlängerung herkömmlichen Mobbings in die neuen Kommunikationsräume hinein denn als eigenständiges Phänomen. Im Cyberspace werden häufig diejenigen Jugendlichen als «Mobber» auffällig, die ohnehin zu aggressivem und antisozialem Verhalten neigen. Eine Rolle spielt erwartungsgemäss auch die Zeit, die Jugendliche im Internet verbringen. Faktoren wie das Geschlecht oder die Empathiefähigkeit sind dagegen vernachlässigbar. Massive Attacken sind selten Die Jugendlichen wurden nicht nur zu ihren Erfahrungen mit Cybermobbing – als Täter wie als Opfer – befragt, sondern auch dazu, als wie belastend sie verschiedene Formen von Mobbing einschätzen. Auch hier zeigt sich, dass Cybermobbing keine neue Dimension hat, was die wahrgenommenen negativen Auswirkungen angeht. Für die Jugendlichen rangiert zwar das anonyme und öffentliche Mobbing in der digitalen Sphäre als schlimmstes Szenario, doch als fast ebenso schlimm wird das herkömmliche Mobbing empfunden, wenn es ebenso öffentlich und anonym erfolgt. Das Medium per se wird also nicht als angsteinflössend wahrgenommen, sondern höchstens sein Potential, anonyme und weite Kreise ziehende Angriffe zuzulassen. "Cybermobbing kann schlimmer sein als gewöhnliches Mobbing, falls es


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anonym geschieht und viele Leute erreicht, insbesondere wenn eine Attacke ausser Kontrolle gerät. Doch massive Attacken kommen fast nie vor", sagt Perren. Klassische Prävention Nach Ansicht der Forschenden braucht es keine spezielle Prävention gegen Cybermobbing. Die klassische Antimobbingprävention, die potentielle Fälle früh aufdeckt sowie Sozialkompetenzen und moralische Werte vermittelt, greife auch in der digitalen Sphäre. "Medienkompetenz gehört zweifellos auch dazu, doch kann diese falsche Akzente setzen, wenn sie möglichen Opfern die Schuld zuschiebt, weil diese unbedacht Bilder gepostet hätten – das kann die negativen Auswirkungen von Mobbing verschlimmern", meint Perren. Cybermobbing werde am besten in die klassische Prävention eingebunden, indem Schüler, Lehrpersonen und Eltern auf ihre Mitverantwortung aufmerksam gemacht würden. Nicht nur Mobber und ihre Mitläufer seien für das Mobbing verantwortlich, sondern auch alle, die es geschehen liessen. F. Sticca, S. Ruggieri, F. Alsaker, S. Perren: Longitudinal Risk Factors for Cyberbullying in Adolescence, in: Journal of Community & Applied Social Psychology (2012). F. Sticca, S. Perren: Is Cyberbullying Worse than Traditional Bullying? Examining the Differential Roles of Medium, Publicity, and Anonymity for the Perceived Severity of Bullying, in: Journal of Youth and Adolescence (2012). Beide Manuskripte erhältlich via: com@snf.ch Kontakt Prof. Dr. Sonja Perren Pädagogische Hochschule Thurgau Bärenstrasse 38 CH-8280 Kreuzlingen Tel.: +41 71 678 57 44 E-Mail: sonja.perren@uni-konstanz.de Der Text dieser Medienmitteilung steht auf der Website des Schweizerischen Nationalfonds zur Verfügung: www.snf.ch > Medien > Medienmitteilungen


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_psychologisches Durchbruch in der Depressionsbehandlung Blandina Mangelkramer Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg Bisher unbeachtete Wirkung gängiger Antidepressiva als eigentlicher Haupteffekt identifiziert Als wichtigste Ursache für Depressionen galt bisher, dass die Signalübertragung im Gehirn durch Botenstoffe wie Serotonin oder Noradrenalin an den Kontaktstellen zwischen Neuronen reduziert ist. Die stimmungsaufhellende Wirkung der gängigen Medikamente wurde einer Blockade des Wiederaufnahme-Vorgangs zugeschrieben, die an den Kontaktstellen die Konzentration der Botenstoffe erhöht. Inzwischen mehren sich die Indizien dafür, dass bei

depressiven Patienten die neuronale Plastizität – also die Neubildung von Neuronen im Gehirn – vermindert ist. Ein Forscherteam um Prof. Dr. Erich Gulbins, Institut für Molekularbiologie des Universitätsklinikum der Universität Duisburg-Essen, und Prof. Dr. Johannes Kornhuber, Psychiatrische und Psychotherapeutische Klinik am Universitätsklinikum der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU), hat nun


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einen neuen zellbiologischen Mechanismus entschlüsselt, der diese Auffassung stützt, vor allem aber eine bislang unbeachtete Wirkung marktüblicher Antidepressiva als den eigentlichen Haupteffekt identifiziert. Ihre Erkenntnisse haben die Forscher jetzt in „Nature Medicine“ veröffentlicht.* Bis zu zehn Prozent der Bevölkerung leiden einmal oder häufiger im Leben an dieser psychischen Erkrankung. Zwar lassen sich die Symptome mit Hilfe von Antidepressiva oft erfolgreich behandeln, bei einem nicht geringen Prozentsatz der Betroffenen schlagen die vorhandenen Therapien jedoch nicht ausreichend an. Da die Wirkungsweise dieser Medikamente bislang nur unzureichend bekannt ist, war die Wissenschaft bis heute um Lösungen verlegen. Die Wiederaufnahme-Blockade an den Synapsen des Gehirns reichte als Erklärung nicht aus. In Zusammenarbeit mit Wissenschaftlern aus Potsdam, Tübingen, Basel und Zürich haben die Teams um Erich Gulbins und Johannes Kornhuber jetzt die Rolle bestimmter Lipide, so genannter Ceramide, bei der Zellneubildung im Gehirn unter die Lupe genommen – und sind zu überraschenden Ergebnissen gelangt. Lipide sind wasserunlösliche Naturstoffe, zu denen beispielweise Fette und Öle zählen. Ceramid entsteht aus dem Lipid Sphingomyelin, wenn ein Enzym mit der Bezeichnung sauren Sphingomyelinase (ASM) aktiv wird. Je höher der Ceramid-Spiegel, so die Erkenntnis der Forscher, desto stärker ist die Neubildung von Neuronen im Gehirn beeinträchtigt. Sind Depressionen nun auf mangelnde Zellneubildung zurückzuführen, spielt eine erhöhte Aktivität der ASM und die daraus resultierende zelluläre Anreicherung von Ceramid bei der Entstehung der Krankheit also eine entscheidende Rolle. Die Forscher gingen von der Beobachtung aus, dass die Aktivität der sauren Sphingomyelinase bei depressiven Patienten erhöht zu sein scheint. Dementsprechend wurden Mäuse genetisch so verändert, dass ein erhöhter Ceramid-Spiegel entsteht. Dabei zeigte sich, dass zu viel Ceramid im Gehirn bei Mäusen zu depressionsähnlichem Verhalten führt. Zugleich konnten die Wissenschaftler zeigen, dass viele der bereits bekannten Antidepressiva die saure Sphingomyelinase hemmen und so die Ceramid-Spiegel im Gehirn der Mäuse reduzieren können. Diese Wirkungen haben keinen direkten Zusammenhang mit der pharmakologischen Regulation der Hirn-Botenstoffe und wurden daher bisher wenig beachtet. Substanzen, die die Aktivität der ASM hemmen oder die Ceramid-Konzentration im Gehirn auf andere Weise verringern, wirken demnach antidepressiv – ein Erkenntnis, die auch eines der großen Rätsel erklären könnte, die gängige Antidepressiva den Forschern aufgaben: die Latenzzeit. Oft verstreichen mehrere Wochen, bis die stimmungsaufhellende Wirkung eintritt, obwohl die Wiederaufnahmeblockade sofort erfolgt. Die Erhöhung der zellulären Vitalität im Gehirn durch ASM-Hemmung dagegen ist ein Prozess, der durchaus Wochen in Anspruch nehmen kann. Gleichzeitig würden die Forschungsergebnisse des Teams bedeuten, dass die Hemmung der ASM – bisher als wenig beachtete Wirkung gängiger Antidepressiva gesehen – die eigentlich antidepressive Wirkung dieser Substanzen vermittelt.


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Die Arbeitsgruppen um Johannes Kornhuber und Erich Gulbins haben in der Vergangenheit bereits eine große Anzahl weiterer Substanzen identifizieren können, die zu einer Hemmung der Aktivität der sauren Sphingomyelinase führen. Zusammen mit den neuen Erkenntnissen erhoffen sich die Forscher die gezielte Entwicklung von effektiveren, spezifischeren und schneller wirkenden Therapien der Depression bei gleichzeitiger Reduktion der Nebenwirkungen. * Nature Medicine: “Acid sphingomyelinase–ceramide system mediates effects of antidepressant drugs”, Erich Gulbins1,2, Monica Palmada1, Martin Reichel3, Anja Lüth4, Christoph Böhmer1, Davide Amato3, Christian P Müller3, Carsten H Tischbirek3, Teja W Groemer3, Ghazaleh Tabatabai5,6, Katrin A Becker1, Philipp Tripal3, Sven Staedtler3, Teresa F Ackermann7, Johannes van Brederode8, Christian Alzheimer8, Michael Weller5, Undine E Lang9, Burkhard Kleuser4, Heike Grassmé1 & Johannes Kornhuber3, doi: 10.1038/nm.3214

__der Blick über den Tellerrand hinaus Das «Selbst» im Hirn: Wo bin ich? Katrin Weigmann "Ich lese einen Artikel", "Ich muss gleich in die Sitzung", "Ich habe eigentlich keine Lust". Ein Gefühl von "Ich" begleitet uns durch unser Leben. Wo ist dieses "Ich" im Gehirn verankert? Zahlreiche neurowissenschaftliche Studien haben sich auf die Suche nach einer Repräsentation des "Ich" im Gehirn gemacht – nach einer Struktur, von der man sagen kann: Hier liegt das "Selbst". Noch hat man keine solche Struktur gefunden.

Die Forschungsrichtung bekam eine neue Wende, seitdem Wissenschaftler versuchen, genauer zu definieren, wonach sie eigentlich suchen. Denn Ich-bezogene Prozesse sind vielfältig. Ob wir uns im Spiegel betrachten, über uns nachdenken, Erinnerungen an uns selbst haben oder unseren Körper spüren – all diese Prozesse haben etwas mit "Ich" zu tun, sind jedoch von Grund auf verschieden. Haben selbstbezogene Prozesse vielleicht dennoch eine Art Grundbaustein, nach dem man zuerst suchen kann?


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© Gabi Kopp, Luzern

Viele Forscher sind sich einig, dass die Wurzel sämtlicher Ich-bezogener Prozesse in der körperlichen Interaktion mit der Umwelt liegt. "Ich glaube, dass die Fähigkeit, die eigenen Bewegungen sich selbst zuzuschreiben, sehr grundlegend ist. Unterscheiden zu können zwischen 'das war ich' und 'das war ich nicht' bildet die Grundlage auch für die Entwicklung von höher stufigem Selbstbewusstsein", sagt Gottfried Vosgerau, Professor am Institut für Philosophie der Heinrich Heine-Universität Düsseldorf. Sense of Agency nennen Wissenschaftler dieses Gefühl, der Urheber der eigenen Bewegungen zu sein. Und dieser Sense of Agency ist nun in den Fokus der "Selbst"-Forschung gerückt. Keine Aufgabe für nur eine Hirnregion Eine Reihe neuerer Studien konzentriert sich darauf, besser zu verstehen, wie der Sense of Agency zustande kommt und wo er im Gehirn verankert ist. Probanden bekommen beispielsweise ein Video ihrer eigenen Handbewegung vorgespielt – entweder "live" und unverändert, dann hatten die Probanden das Gefühl, die beobachtete Hand gehöre ihnen selbst, oder aber zeitversetzt, rotiert, beziehungsweise in falscher Reihenfolge, dann blieb dieses Gefühl aus. Währenddessen untersuchten die Forscher die Gehirnaktivität der Teilnehmer im Scanner, in der Hoffnung, zwischen beiden Fällen unterscheiden zu können. Eine einzelne Gehirnregion, die für dieses Gefühl zuständig ist, haben sie dabei allerdings nicht gefunden. "Ich nehme daher an, dass es ein Agency-Netzwerk gibt, an dem verschiedene Hirnregionen beteiligt sind", sagt Nicole David, Psychologin am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf. "Erkenntnisse aus verschiedenen Bereichen der Neurowissenschaften zeigen, dass auch für ganz basale Funktionen komplette Netzwerke aktiviert werden. Ich denke also, dass man gar nicht nach einer einzelnen Region suchen sollte".


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Den entscheidenden Anstoß, das Selbst in den für Bewegungssteuerung zuständigen Arealen zu suchen, gab ein Blick über den Tellerrand hinaus – von der Neurowissenschaft in die Philosophie. Ludwig Wittgenstein unterschied zwischen zwei verschiedenen Bedeutungen des Personalpronomens der ersten Person. Mal sprechen wir von "Ich" als dem Objekt der Betrachtung – das auf dem Foto bin ich, ich wohne in Hamburg, ich bin sportlich. Aber es gibt auch ein anderes "Ich" – das "Ich" als Subjekt, das die eigene Perspektive auf die Welt wiedergibt. Wenn wir uns im Spiegel ansehen, ist das Spiegelbild das Objekt, das vom subjektiven "Ich" betrachtet wird. Descartes, Kant, James, Husserl, Sartre und Wittgenstein verwenden unterschiedliche Definitionen von "Ich" oder "Selbst" – und dennoch haben sie eines gemeinsam: Sie reduzieren das "Ich" nicht auf das Objekt, sondern betonen das subjektive "Ich". Der amerikanische Philosoph Shaun Gallagher von der University of Memphis nennt es das "minimal self", denn es beschränkt sich auf den Augenblick, auf das unmittelbare Gefühl von Selbst, ohne alle zeitlichen Aspekte wie Erinnerungen, Pläne oder Reflektionen. Das minimale Selbst hängt eng mit körperlichen Aspekten zusammen. Wir empfinden unseren Körper als zu uns gehörig, und wir haben das Gefühl, dass wir der Verursacher unserer eigenen Bewegungen sind – einen Sense of Agency eben. In den Anfängen der neurowissenschaftlichen Erforschung des "Ich" konzentrierten sich Wissenschaftler hingegen fast ausschließlich auf das "Ich" als Objekt der Betrachtung. Sie untersuchten die Gehirnaktivität von Probanden, wenn diese sich auf Fotos erkennen, ihre eigene Stimme hören, den eigenen Namen lesen oder über ihre eigene Persönlichkeit nachdenken. Nun aber findet ein Umdenken statt, und das subjektive Empfinden des "Ich" rückt in den Fokus des Interesses.


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Aktive (Selbst-)Wahrnehmung Sense of Agency hat viel damit zu tun, wie wir die Welt wahrnehmen. Die Wahrnehmung wiederum ist eine aktive Angelegenheit – wir bewegen uns in der Welt, um sie zu erfahren. Bewegen wir beispielsweise die Augen nach links, zieht die Welt auf unserer Netzhaut nach rechts vorbei. Wir wissen aber, dass nicht die Welt sich gedreht hat, sondern dass die eigene Bewegung diese visuelle Veränderung verursacht hat. "Die Unterscheidung zwischen meiner eigenen Bewegung und der Bewegung der Außenwelt ist eine ganz basale Fähigkeit, die ich brauche, um die Welt überhaupt stabil wahrnehmen zu können", sagt Vosgerau. Es ist eine ständige Aufgabe des Gehirns, die eigenen Bewegungen und die Änderungen der Wahrnehmung miteinander zu verrechnen.

..das Selbst – manchmal ramponiert…

Modelle aus der Psychologie und Neurowissenschaft, die einen Mechanismus für diese Unterscheidungsfähigkeit liefern, könnten helfen, unseren Sense of Agency besser zu verstehen. Nach dem "comparator model" beispielsweise berechnet das Gehirn anhand des Bewegungsplans die voraussichtlichen sensorischen Veränderungen. Diese werden dann mit


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…. und nicht selten grossartig.

den tatsächlich wahrgenommenen Veränderungen am Ende der Bewegung verglichen. Bei Übereinstimmung schreibt man die Handlung sich selbst zu. Der Vergleich der vorhergesagten Bewegung mit dem tatsächlichen Zustand kann den Sense of Agency aber nicht vollständig erklären. "Auf der Gefühlsebene spüren wir natürlich, ob wir uns selbst bewegen oder nicht – das ist ein sehr grundlegender Prozess. Selbst Fliegen und Ameisen können das", sagt Vosgerau. Darüber hinaus gibt es aber noch eine nächst höhere Ebene, auf der wir uns ein Urteil darüber bilden, wer eine Handlung verursacht hat. "Dabei spielen noch weitere Prozesse eine Rolle, wie zum Beispiel Hintergrundinformationen oder Überzeugungen darüber, wie die Welt funktioniert." Dies zeigten zum Beispiel Wissenschaftler um Andrea Desantis im Jahr 2011. In ihren Experimenten lösten Probanden per Knopfdruck mit einer Verzögerung einen Ton aus. Der Sense of Agency der Probanden ließ sich dabei durch Vorabinformationen beeinflussen. Er war stärker, wenn die Probanden glaubten, das Geräusch selbst zu verursachen, als wenn sie glaubten, jemand anders würde den Ton erzeugen.

Selbst emotionale Faktoren wirken sich auf diese Form der Selbstwahrnehmung

aus, wie Forscher um Axel Lindner von der Universität Tübingen im Jahr 2012 demonstrierten, indem sie ihre Probanden mit Bildern freundlicher oder trauriger Smileys subtil beeinflussten . Vernetztes Ich Welche Gehirnregionen bei einem Sense of Agency beteiligt sind, untersuchen Wissenschaftler auch mit Hilfe der Magnetresonanztomographie. Einige Gehirnregionen wurden in verschiedenen Studien immer wieder mit dem Sense of Agency in Zusammenhang gebracht – so zum Beispiel das Kleinhirn, der supplementär-motorischer Kortex, der


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Parietallappen und die Inselrinde. Allerdings kann man kaum behaupten, dass eine dieser Regionen das Ich-Zentrum des Gehirns darstellt. Vermutlich werden in den Gehirnbereichen eher verschiedene Faktoren verarbeitet, die zu einem Sense of Agency führen. "Dass motorische Regionen involviert sind, erstaunt wenig, da sehr viele Hinweise aus diesem Bereich kommen", sagt Vosgerau – wichtige Anhaltspunkte also für die Konstruktion des Gefühls der Urheberschaft, wie motorische Vorhersagen, propriozeptive Informationen und die Bewegungssteuerung. "Aber dies sind nur Hinweise – und keine echten Marker von Urheberschaft oder Selbstbewusstsein." Ähnliches gilt auch für die anderen Regionen. "Das Kleinhirn ist viel mit Vorhersagen von Handlungen befasst", erklärt David. "Im Parietallappen finden visuell-räumliche Analysen statt, und es werden Diskrepanzen zwischen dem Bewegungsplan und dem visuellen Feedback angezeigt". Der Inselrinde schreiben Wissenschaftler um Jaqueline Nadel vom Centre National de la Recherche Scientifique (CNRS) in Paris nach einer großen Meta-Analyse verschiedener Studien im Jahre 2011 eine gesonderte Funktion zu. Hier laufen verschiedene Prozesse zusammen. "Allerdings wird die Inselrinde nicht in allen Studien gefunden", erklärt David. Sie spiegelt also nicht alle Aspekte des Sense of Agency wieder. Der tiefe Blick in unser Denkorgan Alles deutet darauf hin, dass es nicht ein Agency-Zentrum gibt, sondern ein Netzwerk von Nervenzellen in verschiedenen Gehirnbereichen. Wissenschaftler um Fatta Nahab von der University of Miami identifizierten im Jahr 2011 beispielsweise verschiedene Netzwerke, die nacheinander aktiv werden, wenn Probanden die Kontrolle über die Bewegung einer virtuellen Hand verlieren. Ein frühes Netzwerk, an dem auch die Inselrinde beteiligt ist, leitet Informationen an ein spätes Netzwerk weiter, das höhere Hirnregionen umfasst. Demnach entstünde ein Sense of Agency erst in diesen höheren Netzwerken. "Wenn man etwas über die Mechanismen lernen will, die dem Sense of Agency zugrunde liegen, muss man auch den zeitlichen Aspekt berücksichtigen. Und hierzu gibt es noch viel zu wenige Studien", meint David. Die Suche geht also weiter – und sie lohnt sich. Denn schon allein der Prozess des Suchens hilft dabei, besser zu verstehen, was das Selbst eigentlich ist. Man darf gespannt sein, was Psychologen, Neurowissenschaftler und Philosophen in gemeinsamer Arbeit noch alles über das Selbst herausfinden werden. © Spektrum.de 2013

_zur psychotherapeutischen Arbeit Smartphone, iPhone und Konsorten «Diese kleinen Dinger in unseren Taschen sind psychologisch so mächtig, dass sie nicht nur verändern, was wir tun, sondern auch, wer wir sind. Sie bestimmen, wie wir mit einander und mit uns selber umgehen. Wir gewöhnen uns daran, zusammen allein zu sein» (Turkle 2012/Tages-Anzeiger Magazin Nr. 26,10). Alois Altenweger


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Sherry Turkle, MIT-Professorin, diagnostiziert einen durch die digitale Kommunikation ausgelösten Verlust an Selbsterfahrung vorab bei jüngeren Menschen. Die digitale Kommunikation führe zu einer Virtualisierung des Erlebens von Selbstgefühl, schaffe eine Pseudonähe und umgehe die Gefahr, die potenziell mit Problemen behaftete Kommunikation auf Tuchfühlung mit sich bringt. Auf die Frage des Interviewers, was denn falsch daran sei, wenn Jugendliche ihre Kontakte übers Internet pflegen, antwortet Sherry Turkle: «Dass sie glauben, sie seien niemand, wenn sie es nicht tun. Die Devise ist: Ich teile mich mit, also bin ich. Die digitale Kommunikation braucht keinen Inhalt, keine Botschaft. Vom Ich habe ein Gefühl, ich möchte jemanden anrufen, geht es zum Ich möchte ein Gefühl haben, also schicke ich eine SMS. Teenager spüren ihr Gefühl nicht, wenn sie das nicht tun. Was einst als pathologisch gegolten hätte, ist heute der Stil einer Generation» Sherry Turkle streicht bei der Nutzung der neuen Kommunikationsmittel hervor, dass mit der Erfüllung von Bedürfnissen nach ständiger Vernetzung, nach virtuellem Beisammensein und Berühren, nach dem «Sich-vergewissern-dass-man-noch-lebt» umgekehrt fast automatisch psychische Defizite erwachsen. Sie nennt hier die effektive Isolation. Alleinsein als Vereinsamung empfinden, die Angst vor dem Alleinsein, das Ausweichen vor Problemen – eigener und derjenigen anderer –, Intimität im realen Gegenübersein, im Vermeiden von Beziehungen und Beziehungstiefe: «Was Freundschaft und Intimität von einem fordern, ist kompliziert. Beziehungen sind schwierig, chaotisch und verlangen einem etwas ab, gerade in der Adoleszenz. Die Technologie wird genutzt, das zu umgehen, um sich nicht mit den Problemen auseinandersetzen zu müssen. Die Jungen schätzen ein Kommunikationsmedium, in dem man Verlegenheit und Unbeholfenheit ausblenden kann. Man zieht sich zurück, bevor man abgelehnt wird» Die Ausführungen Sherry Turkles gelten selbstverständlich nicht nur für Jugendliche, sondern in verschärftem Masse für Erwachsene, deren Beziehungsqualitäten um einiges komplexer und schwieriger sein können und deren Ausweichmanöver zwar, aber umso nachhaltiger sind. Dass Erwachsene Problemen häufig nicht souverän und lösungsfreudig gegenüberstehen und kein dem Problem angemessenes Verhalten an den Tag legen, zeigen die zahllosen konfliktgeladenen Situationen, in denen Erwachsene letztlich scheitern. Klassisch ist schon fast das Vorgehen, per E-Mail einem Mitarbeiter, einer Mitarbeiterin zu kündigen. Für die Kurztherapie ist bedeutsam, in welchem Ausmass der Klient, die Klientin schon in der Welt der «Beziehungs-Virtualität» zu Hause ist. So stellt sich für die Therapeutin, den Therapeuten die Frage, ob schon eine Abkopplung vom realen Miteinander in einem Ausmass erfolgt ist, dass beim Besprechen von Sachfragen und dem Ausdiskutieren von abweichenden Meinungen (es müssen noch gar keine Konflikte sein!) – am Arbeitsplatz, in der Familie, mit Freunden – panische Reaktionen auftreten. Die Situation kann nicht mehr «weggedrückt», sondern muss erfahren werden. Der elektronische Puffer ist weg, der Mensch ist leibhaftig gegenüber. In der schicksalsanalytischen Kurztherapie ist die sorgfältige Analyse der Struktur der Kontakt-Triebbedürfnisse (C-Trieb) der Klientinnen und Klienten aufgrund des SzondiTests unabdingbar, um die Verteilung von Bedürfnisspannungen innerhalb der Cd- und der Cm-Triebbedürfnisse zu lokalisieren. Beharren, Festhalten an bestehenden Kontakten einerseits und auf die Suche gehen, neue Kontakte erschliessen anderseits, das ist schlagwortartig der Umriss des Triebbedürfnisses Cd unter dem Aspekt des Kontakts.


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Dominante Krankheitsform des C-Triebbedürfnisses ist die Depression, häufig begleitet von Minderwertigkeitsgefühlen, hartnäckigem Rivalisieren und Grössenwahn. Gekoppelt sind diese Persönlichkeitsausdrücke mit der krankhaften Manie und der Akzeptationsneurose, wie sie im Triebbedürfnis Cm auftreten. Anklammerung und Ablösung wiederum sind die Grundstrebungen des Triebbedürfnisses Cm. «Der Drang, endlich einmal völlig frei zu sein, jegliche Kommunikation, Dualunion und jedes Mit-dem-Anderen-sein loszuwerden, […] der Drang, in der Vereinsamung als Einsiedler zu leben, sich nach dem Nicht-Sein zu sehnen, am Fenster des Jenseits an den Grenzen des Daseins sehnsüchtig allein zu stehen, dieser allmenschliche Freiheitsdrang beruht auf der Ablösungsstrebung Cm–» (Szondi 1972,182).

_forschung Schlafen Auch wenn wir vieles davon vergessen – wir alle träumen nachts in Form von Bildern und intensiven Gefühlen. Nun gelang es Yuki Kamitani und seinen Kollegen von den ATR Computational Neuroscience Laboratories in Kyoto, die visuellen Eindrücke eines Schlafenden anhand seiner Hirnaktivität zu erkennen. Laura Dahlinger Die Forscher zeichneten die neuronale Aktivität von drei schlummernden Probanden mittels funktioneller Magnetresonanztomografie (fMRT) auf. Kurz nach dem Einschlafen wurden sie jedoch wieder geweckt, um ihre Träume zu schildern. Hieraus extrahierten die Wissenschaftler einzelne Wörter für sichtbare Objekte oder Schauplätze und gruppierten sie zu semantisch ähnlichen Begriffen. Diese ließen sich verschiedenen Kategorien zuordnen wie Menschen, Gegenständen oder Orten. Im nächsten Schritt zeigten die Forscher den wachen Probanden Beispielbilder für diese Kategorien und registrierten dabei im fMRT-Scanner deren Hirnaktivität in den visuellen Arealen. Ein Computermodell sollte dann den Zusammenhang zwischen einem spezifischen neuronalen Aktivitätsmuster und einem bestimmten Bild lernen. Tatsächlich konnte daraufhin der Rechner anhand der im Schlaf aufgezeichneten Hirnaktivitäten in 60 Prozent der Fälle korrekt ermitteln, wovon die Probanden geträumt hatten. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass Traumbilder dieselben neuronalen Aktivitätsmuster erzeugen wie die tatsächliche Wahrnehmung visueller Reize. Allerdings arbeitete der Traumbilddetektor retrospektiv: Er wurde nur mit den Traumerlebnissen und den entsprechenden Hirnaktivitäten im Wachzustand gefüttert. Bilder, die das Modell nicht gelernt hatte, konnte es dementsprechend nicht erkennen. Noch ist es also nicht so einfach, den Inhalt unserer Träume sichtbar zu machen. © Gehirn und Geist, 2012


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Veränderte Anatomie des Gehirns bei pathologischem Narzissmus Dr. Julia Biederlack Patienten mit narzisstischer Persönlichkeitsstörung zeigen eine Verminderung der grauen Substanz in einer für das Empfinden von Mitgefühl relevanten Region des Gehirns. Zu diesem Ergebnis kommt ein Team von Wissenschaftlern der Charité – Universitätsmedizin Berlin und der Freien Universität Berlin im Rahmen einer Kooperation im Excellenzcluster „Languages of Emotion“. Die Studie ist jetzt in der Fachzeitschrift Journal of Psychiatric Research* publiziert. Als narzisstische Persönlichkeitsstörung wird eine tiefgreifende Störung des Selbstwertgefühls bezeichnet. Dabei leiden Menschen mit Narzissmus einerseits unter Minderwertigkeitsgefühlen, andererseits zeigen sie sich nach außen als arrogant, abwertend und selbstverliebt. Eines der Kernmerkmale einer narzisstischen Persönlichkeitsstörung ist der Mangel an Empathie. Zwar können Patienten, die unter einer solchen Störung leiden, gut erkennen, was andere Menschen fühlen, denken und beabsichtigen, sie zeigen jedoch wenig Mitgefühl. Die Wissenschaftler um Privatdozent Dr. Stefan Röpke von der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Charité und Leiter der Arbeitsgruppe Persönlichkeitsstörungen, zeigen in der vorliegenden Studie erstmals das strukturelle Korrelat dieses Defizits auf. Sie analysierten insgesamt 34 Probanden, von denen 17 unter einer narzisstischen Persönlichkeitsstörung litten. In einer Vorstudie konnten die Wissenschaftler mit Hilfe verschiedener Tests bereits zeigen, dass diese Patienten tatsächlich ein Defizit im Empathievermögen aufwiesen. Mit Hilfe der Magnetresonanztomographie (MRT) maßen die Wissenschaftler jetzt die Dicke der Großhirnrinde der Probanden. Die Großhirnrinde bildet die äußere Nervenzellschicht des Gehirns. Es zeigte sich, dass diejenigen Probanden, die unter Narzissmus litten, strukturelle Auffälligkeiten in genau jener Region des Gehirns aufwiesen, die in die Verarbeitung und Erzeugung von Mitgefühl involviert ist. Diese Region der Großhirnrinde war im Vergleich zur Kontrollgruppe bei den Patienten mit einer solchen Störung deutlich dünner. „Unsere Daten zeigen, dass das Maß an Empathie direkt mit dem Volumen der grauen Hirnsubstanz des entsprechenden kortikalen Repräsentationsfeldes in der Inselregion korreliert und genau hier die Patienten mit Narzissmus ein Defizit aufweisen“, kommentiert Dr. Röpke die Ergebnisse. „Aufbauend auf diesen ersten strukturellen Daten versuchen wir gegenwärtig, mithilfe funktioneller Bildgebung (fMRT) die Arbeitsweise des Gehirns von Patienten mit narzisstischer Persönlichkeitsstörung besser zu verstehen.“ *Originalpublikation: Lars Schulze, Isabel Dziobek, Aline Vater, Hauke R. Heekeren, Malek Bajbouj, Babette Renneberg, Isabella Heuser, Stefan Roepke. Gray matter abnormalities in patients with narcissistic personality disorder. Journal of Psychiatric Research, 17 June 2013 (10.1016/j.jpsychires.2013.05.017). PD Dr. Stefan Röpke E-Mail: stefan.roepke@charite.de

http://psychiatrie.charite.de/http://psychiatrie.charite.de/


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_bücher Heide Anger, Thomas Schön (Hrsg.)

Gestalttherapie mit Kindern und Jugendlichen EHP-Verlag Andreas Kohlhage 484 Seiten; Abb., Fotos; ISBN: 978-3-89797-904-8 EUR 31,99 Dieses Buch ist auch als E-Book erhältlich: PDF: ISBN 978-3-89797-557-6 / EUR 29.99 epub: ISBN 978-3-89797-556-9 / EUR 29.99

Die Bedingungen heutiger Kindheit und Jugend haben sich verändert. Was sind diese anderen Bedingungen, wie kann Kindheit und Jugend auch in heutiger Zeit gut gelingen und was kann der Beitrag der Gestalttherapie hierzu sein? Dieser Band unternimmt eine Standortbestimmung, indem er zunächst Ansätze einer gestaltspezifischen Entwicklungstheorie vorstellt und die Arbeit mit unterschiedlichen Altersgruppen aufzeigt.

Zeitschrift für Gestaltpädagogik Hg. Gestaltpädagogische Vereinigung (GPV) e.V. ISSN 1615-6404 Erscheint zweimal jährlich, jeweils 64 Seiten Einzelheft: € 9,Jahrgang im Abonnement: € 16,-

Die Zeitschrift beschäftigt sich mit zentralen Themen der Gestaltpädagogik und mit Erfahrungen mit ihr.


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zu guter Letzt

Kurzer Aufenthalt Morgenfrühe mit fremdem Licht Und kühler Empfindung. Der Zug hält auf einer Brücke. Häuser am Hang haben blauschwarze Fenster. In der Stadt hast du lange gelebt. Leere Strassen. Ein Bus ohne Menschen. Die Zeiger der Uhr sieben Minuten nach fünf. Hohe Bäume mit jungem Laub Scheinen den Zug zu berühren. Ein Brunnen sprudelt in einer alten Allee. Seltsam, dass du hier durchfährst. Hermann Lenz

Vielleicht lebst du weiter im Stein Bibliothek Suhrkamp. 2003


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