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Das Online-Magazin für psychologische Themen, Schicksalsanalyse und therapeutische Arbeit Herausgeber: Alois Altenweger, www.psychologieforum.ch, www.szondi.ch, Szondi-Institut Zürich


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Das Online-Magazin Für psychologische Themen, Schicksalsanalyse Und therapeutische Arbeit Oktober 2013 Szondi-Institut Zürich

Die Verantwortung für den Inhalt der Texte, die vertretenen Ansichten und Schlussfolgerungen liegt bei den Autoren bzw. den zitierten Quellen Fotos: Alois Altenweger Szondi-Institut Zürich, Krähbühlstrasse 30, 8044 Zürich, www.szondi.ch, info@szondi.ch , Tel. 044 252 46 55


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Inhalt Genetik im Schnittpunkt Mütterliche Gene beeinflussen das Altern der Kinder

Psychologisches Psychotherapie in Zahlen Verunfallte Kleinkinder: Traumagefahr rechtzeitig erkennen Meilensteine des Mitgefühls Vom Gefühl, drei Hände zu haben

Medizin und Gesundheit Morbus Alzheimer entwickelt sich über 20 Jahre: Bildung und geistige Aktivität schützen vor Demenz

Veranstaltungen Entresol: Es nimmt kein Ende! Serialität als neues Paradigma

Bücher Machen, nicht denken! Auf der Couch

Zu guter Letzt «In eigener Sache» Hans Kruppa

Herbst in Bildern


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_Genetik Mütterliche Gene beeinflussen das Altern der Kinder Wenn Menschen älter werden, lässt nicht nur die Funktion von Organen nach. Auch auf zellulärer Ebene treten zunehmend Schäden auf. Ein Grund dafür ist, dass die Erbsubstanz Fehler anhäuft, die Defekte an den Zellen verursachen. Dass dabei nicht nur DNA-Schäden eine Rolle spielen, die sich im Laufe des Lebens ansammeln, sondern auch solche, die bereits von der Mutter ererbt wurden, hat nun ein Forscherteam um Nils-Göran Larsson vom MaxPlanck-Institut für Biologie des Alterns in Köln nachgewiesen. In einer Studie an Mäusen haben die Wissenschaftler gezeigt, dass Mutationen in der mütterlich vererbten, mitochondrialen Erbsubstanz den Alterungsprozess in den Nachkommen beschleunigen. Altern ist ein komplexer Prozess, in dessen Verlauf sich in den Geweben, Zellen und Molekülen des Körpers immer mehr Schäden anhäufen – mit schwerwiegenden Folgen: Die Organe büßen ihre Funktionsfähigkeit ein, und das Sterberisiko steigt. Warum manche Menschen schneller altern als andere, hat viele Ursachen und stellt die Wissenschaftler noch vor Rätsel. Von besonderer Bedeutung für das Altern scheinen Schäden zu sein, die in den Mitochondrien – den Kraftwerken der Zelle – auftreten. „Das Mitochondrium enthält eine eigene DNA, die sogenannte mitochondriale DNA oder mtDNA. Sie ändert sich schneller als die DNA im Zellkern, und dies hat einen erheblichen Einfluss auf den Alterungsprozess“, sagt Nils-Göran Larsson, Direktor am Max-PlanckInstitut für Biologie des Alterns in Köln und Wissenschaftler am Karolinska Institut in Stockholm. Gemeinsam mit Lars Olson, der ebenfalls am Karolinska Institut forscht, hat er die aktuelle Studie geleitet. „Viele Mutationen in den Mitochondrien führen allmählich zu einer Beeinträchtigung der zellulären Energieerzeugung“, sagt James Stewart, Mitarbeiter in der Abteilung von NilsGöran Larsson. Entgegen der bisherigen Meinung spielen dabei nicht nur Mutationen eine Rolle, die sich im Laufe des Lebens ansammeln: „Überraschenderweise konnten wir auch zeigen, dass die mitochondriale DNA unserer Mutter unser eigenes Altern zu beeinflussen scheint", sagt der Wissenschaftler. „Wenn Mäuse mtDNA mit Mutationen von ihrer Mutter erben, altern sie schneller.“ Die für das Altern verantwortlichen Mutationen liegen zum Teil also bereits bei der Geburt vor. In der Alternsforschung stehen die Mitochondrien bereits seit längerem im Fokus der Forscher. Die Mitochondrien einer Zelle enthalten tausende Kopien von ringförmiger DNA. Darauf sind etwa Proteine kodiert, die wichtig für die Enzyme der Atmungskette sind. Während die DNA im Zellkern von beiden Eltern stammt, enthält die mitochondriale DNA ausschließlich mütterliche Gene, da Mitochondrien nur über die Eizelle und nicht über die Spermien weitergegeben werden. Weil die vielen DNA-Moleküle in den Mitochondrien einer Zelle unabhängig voneinander mutieren, gelangen sowohl normale als auch beschädigte mtDNA-Moleküle in die nächste Generation. Wie sich Schäden in der mtDNA auf die Nachkommen auswirken, haben die Forscher im Mausmodell untersucht. Mäuse, die von der Mutter Mutationen in der mtDNA ererbt hatten, starben nicht nur früher als unvorbelastete Tiere, sondern litten auch frühzeitig unter Alterserscheinungen wie reduzierter Körpermasse oder verringerter Fruchtbarkeit bei den Männchen. Darüber hinaus entwickelten diese Nager vermehrt Herzmuskelerkrankungen. Wie die Wissenschaftler herausgefunden haben, können Mutationen in der mtDNA nicht nur das Altern beschleunigen, sondern auch die Entwicklung beeinflussen: So beobachteten die


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Forscher bei Mäusen, die zusätzlich zu den ererbten Defekten im Laufe ihres Lebens weitere Mutationen in der mtDNA ansammelten, Missbildungen des Gehirns. Die Forscher schließen daraus, dass sich angeborene und später erworbene Schäden in der mtDNA addieren und schließlich eine kritische Zahl erreichen.

„Unsere Ergebnisse bringen mehr Licht in den Alterungsprozess und deuten darauf hin, dass die Mitochondrien eine zentrale Rolle für das Altern spielen. Sie zeigen auch, dass es wichtig ist, die Anzahl der Mutationen zu reduzieren“, sagt Nils-Göran Larsson. Ob sich die Schäden an der mtDNA etwa durch Änderungen im Lebensstil reduzieren lassen, wollen die Wissenschaftler in zukünftigen Studien untersuchen. In Zukunft wollen die Forscher an Modellorganismen wie Mäusen und Fruchtfliegen untersuchen, ob eine verringerte Zahl von Mutationen die Lebensdauer tatsächlich verlängern kann. Sabine Dzuck Max-Planck-Institut für Biologie des Alterns, Köln Telefon: +49 221 3797-0304 E-Mail: sabine.dzuck@age.mpg.de


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_Psychologisches

Psychotherapie in Zahlen Wie wird in der Schweiz die psychologische Psychotherapie als «Heilmethode» beansprucht, in welchem quantitativen Rahmen liegt dies und wie sehen die entsprechenden Kosten aus? Diese und weitere Fragen zum Thema liess die FSP durch das Büro für arbeits- und sozialpolitische Studien BASS in einer Vollerhebung bei den therapeutischen Leistungserbringern beantworten.

Die FSP wollte im Hinblick auf die jetzt gesetzlich geregelte Ausbildung in Psychotherapie und in Bezug auf die Diskussion um die Aufnahme der Psychotherapie in die Grundversicherung der


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Krankenkassen wissen, wie es um Angebot, Inanspruchnahme und Kosten der psychologischen Psychotherapie in der Schweiz steht und gab zu diesem Zweck eine entsprechende Datenerhebung in Auftrag. Zusammengefasst ergab die Befragung bei rund 9100 aktiven Psychotherapeutinnen und therapeuten, dass -

rund 5700 Personen psychotherapeutische Leistungen im Umfang von ca. 3100 Vollstellen erbringen; sich die durchschnittlichen Arbeitspensen auf 70 bis 90 Prozent belaufen; die Mehrheit der Befragten zusätzlich in Lehre, Weiterbildung und Forschung engagiert ist; je etwa ein Drittel des psychotherapeutischen Angebots in selbstständiger Praxis, in delegierter Praxis und in Institutionen erbracht wird.

Wir berufen uns auf dem FSP-Bericht (Heft 8-9 PSYCHOSCOPE 2013) zur Frage der konkreten Leistungserstellung und halten fest, dass «Die psychologischen Psychotherapeutinnen und -therapeuten 2012 in der Schweiz rund 3,1 Millionen Konsultationen (Sitzungen) für rund 260 000 Patientinnen und Patienten erbrachten.» Äusserst interessant ist die Aufteilung dieser Sitzungen nach Frequenzen, also wie oft sind die PatientInnen im Jahr in die Therapiestunde gekommen: -

60 % nahmen pro Jahr 2 bis 20 Sitzungen in Anspruch; 21 % nutzten 21 bis 40 Sitzungen; 4 % nahmen mehr als 40 Sitzungen in Anspruch.

Wir zitieren: «Etwa die Hälfte der psychologischen Psychotherapeutinnen und –therapeuten gab an, dass im Jahr 2012 Wartefristen für neuen Patientinnen und Patienten bestanden und/oder aus Kapazitätsgründen abgewiesen werden mussten.» -

16 Prozent konnten aus Kostengründen die Therapie nicht antreten oder mussten sich einen über die Grundversicherung finanzierten Therapieplatz suchen Und 22 Prozent der Therapien im selbständigen Bereich mussten aus finanziellen Gründen abgebrochen werden.

Die Kosten der therapeutischen Leistungen beliefen sich 2012 auf rund 406 Millionen Franken. Davon übernahm die Sozialversicherung einen Betrag von Fr. 270 Millionen. 117 Millionen Franken wurden privat bezahlt oder über Zusatzversicherungen abgewickelt. In der Studie wird noch erörtert, welche finanziellen Auswirkungen die Übernahme therapeutischer Leistungen in die Grundversicherung der Krankenkassen hätte. Eine Schätzung ergab, dass rund 131 Millionen Franken von der privaten oder öffentlichen Finanzierung in die Grundversicherung verlagert würden. (Leider fehlt eine Würdigung der Resultate aus der Sicht der FSP, obwohl die Zahlen gravierende Probleme der psychotherapeutischen Versorgung in der Schweiz andeuten[alt]). Der Gesamtbericht ist auf der Website der FSP (www.psychologie.ch) als PDF abrufbar.


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_Psychologisches Verunfallte Kleinkinder: Traumagefahr rechtzeitig erkennen Auch Kleinkinder leiden nach einem schweren Unfall an posttraumatischen Belastungsstörungen. Mithilfe eines neuen Tests können Kinder mit einem erhöhten Risiko bereits innert weniger Tage erkannt werden. Der von Wissenschaftlern der Universität und des Kinderspitals Zürich entwickelte Test hilft, dass traumatisierte Kleinkinder rechtzeitig behandelt werden können. Unfälle traumatisieren auch Kleinkinder. Etwa jedes zehnte Kind leidet noch ein Jahr nach einem Verkehrs- oder Verbrennungsunfall an einer posttraumatischen Belastungsstörung. In Form von Flashbacks und Albträumen erleben die Kinder Aspekte des traumatischen Erlebnisses wieder. Junge Kinder spielen dabei die belastenden Erinnerungen immer und immer wieder nach. Zudem vermeiden sie alles, was in irgendeiner Form an den Unfall erinnern könnte. Als Folge dieser ständigen Wachsamkeit gegenüber bedrohlichen Erinnerungen können die Kinder Schlafstörungen, Konzentrationsprobleme oder ein aggressives Verhalten entwickeln. Erkrankungsrisiko treffsicher einschätzen Forschende der Universität und des Kinderspitals Zürich haben nun weltweit erstmals einen systematischen Fragebogen entwickelt und evaluiert. Anhand dieses Fragebogens können Kinder im Vorschulalter mit einem erhöhten Risiko für langfristige Traumafolgestörungen innert weniger Tage nach einem Unfall identifiziert werden. Erstmalig ist es nun Erstversorgern wie Kinderärzten, Pflegefachpersonen oder Notfall-Psychologen möglich, Kleinkinder treffsicher hinsichtlich des Erkrankungsrisikos einzuschätzen. «Kinder mit einem erhöhten Risiko können so früh erkannt und an eine notfallpsychologische Behandlung weiter verwiesen werden», erklärt Prof. Markus Landolt. Dies verhindert, dass eine akute Stressreaktion in eine chronische psychische Erkrankung übergeht, die beim Kind Leid verursacht und mit hohem zeitlichen und finanziellen Aufwand behandelt werden muss. Für die Studie befragte der Doktorand Didier Kramer unter der Leitung von Professor Markus Landolt insgesamt 134 Eltern von zwei- bis sechsjährigen Kindern sieben bis zehn Tage nach einem Verkehrs- oder Verbrennungsunfall. Das eingesetzte Screening-Instrument umfasste 21 Fragen zu Verhaltensänderungen des Kindes nach dem Unfall und zeigte eine hohe Treffsicherheit. 85 Prozent der untersuchten Kinder, die nach einem halben Jahr an einer posttraumatischen Belastungsstörung litten, konnten mithilfe dieses Fragebogens bereits eine Woche nach dem Unfall korrekt identifiziert werden. In der Folge plant Markus Landolt in Zusammenarbeit mit IT-Wissenschaftlern eine App für Smartphones: «Dank dieser App kann das Screening noch einfacher und schneller durchgeführt und vor allem breit implementiert werden.» Der systematische Fragebogen für Fachpersonen ist unentgeltlich in Englisch und Deutsch bei den Autoren erhältlich. Literatur: Didier N. Kramer, Matthias B. Hertli & Markus A. Landolt. Evaluation of an early risk screener for PTSD in preschool children after accidental injury. Pediatrics. September 23, 2013. Doi:10.1542/peds.2013-0713


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_Psychologisches Meilenstein des Mitgefühls Auf Fragen nach dem Unterschied zwischen Empathie und Mitgefühl sowie nach der Trainierbarkeit von Mitgefühl gibt ein neu erschienenes E-Book erstmals Antworten. Herausgegeben von Tania Singer und Matthias Bolz vom Max-Planck-Institut für Kognitionsund Neurowissenschaften, beschreibt das Buch auch, wie sich das Gehirn durch mentales Training verändert, und dass Mitgefühl schmerzhemmend wirken kann.

Barbara Abrell Wissenschafts- und Unternehmenskommunikation Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften e.V.

Das E-Book „Mitgefühl. In Alltag und Forschung“ ist aktuell erschienen und kostenfrei zugänglich. Es fasst spannende wissenschaftliche Ergebnisse zum Thema Mitgefühl zusammen und beschreibt Trainingsprogramme sowie Erfahrungen aus der Praxis. Es bietet somit nicht nur einen Überblick über die aktuelle Mitgefühls- und Empathie-Forschung, sondern für interessierte Leser auch einen alltagsrelevanten, aufschlussreichen Einstieg in die Thematik. Ein wesentlicher Teil des E-Books beschäftigt sich mit der Wissenschaft des Mitgefühls. Hier beschreibt Tania Singer, Direktorin der Abteilung Soziale Neurowissenschaft am Leipziger Max-Planck-Institut, wie sich Empathie von Mitgefühl unterscheidet. Sie konnte anhand einer Studie empirisch belegen, dass Empathie – also die Fähigkeit, sich in andere hineinzuversetzen – und Mitgefühl von verschiedenen biologischen Systemen und neuronalen Netzwerken unterstützt werden. In anderen Kapiteln erklären Forscher aus Singers Abteilung, wie meditationsgestützte Mitgefühlspraxen Schmerzen reduzieren können, und wie Mitgefühlstraining positive Emotionen erhöhen und soziale Nähe fördert, was wiederum die seelische und körperliche Gesundheit stärken kann. In einem weiteren Kapitel beschreibt der Endokrinologe Charles Raison, dass Mitgefühlstraining eine Reduzierung stressrelevanter Hormone wie Kortisol verursacht. „Ziel unserer Forschung – und dieses Buches – ist es, dem Thema Mitgefühl in unserer Gesellschaft eine größere Aufmerksamkeit zu verschaffen und so die Entwicklung einer solidarischeren und nachhaltigeren Gesellschaft zu unterstützen“, betont Tania Singer. Darüber hinaus werden wissenschaftlich untersuchte Mitgefühls-Trainingsprogramme zum Teil erstmalig vorgestellt und praktische Erfahrungen mit ihnen in Schulen, Therapie und Sterbebegleitung beschrieben. Dies bietet interessante, lehrreiche, aber auch berührende Einblicke in die Alltagseffekte von Mitgefühlstraining. So geht aus einem Beitrag hervor, dass Mitgefühlstraining im medizinischen Bereich immer wichtiger wird – nicht nur für den Umgang des klinischen Personals mit Schwerkranken oder Sterbenden sondern auch für die Verarbeitung des täglich Erlebten und damit zur Burnout-Prävention bei Ärzten oder Lehrern. Das Buch präsentiert auch Theorien und Konzepte von Mitgefühl aus verschiedenen


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Perspektiven. Aus evolutionsbiologischer Sicht stellt sich Mitgefühl als eine in unserem Fürsorgesystem fest verwurzelte Fähigkeit dar. Aus neurowissenschaftlicher Perspektive basiert Mitgefühl auf kognitiven, sozio-affektiven und Aufmerksamkeitsprozessen, denen jeweils spezielle neuronale Netzwerke zugrunde liegen. Auch eine buddhistische Sichtweise fehlt nicht, die uns nahelegt, dass Mitgefühl mit dem Schritt der Ich-Bezogenheit zur Bezogenheit auf andere beginnt. Entstanden ist das E-Book aus dem Workshop How to Train Compassion, den Singers Abteilung 2011 im Studio des Künstlers Olafur Eliasson in Berlin organisiert hatte. Im Nachklang dieses Workshops entstand die Idee, die diskutierten Themen einem breiteren Publikum zugänglich zu machen und mit Unterstützung der Max-Planck-Gesellschaft das vorliegende E-Book zu realisieren. Es bietet umfangreiches Video-Material, künstlerische Sound-Collagen von Nathalie Singer sowie beeindruckende Bilder von Olafur Eliasson. Der parallel entstandene Dokumentarfilm Raising Compassion (35 min) von Tania Singer und Olafur Eliasson zeigt einen einzigartigen Austausch zwischen den ganz unterschiedlichen Teilnehmern des Workshops. Das E-Book ist als kostenfreier Download erhältlich unter: http://www.compassiontraining.org/

Weitere Informationen:

http://www.compassion-training.org/ - Download des E-Books


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_Psychologisches Vom Gefühl, drei Hände zu haben Forschung zum Anfassen im wahrsten Sinne des Wortes – Psychologen der Justus-LiebigUniversität Gießen publizieren im Journal «Perception» zu neuen Versuchen auf der Grundlage der „Rubber-Hand-Illusion“ Charlotte Brückern-Ihl Justus-Liebig-Universität Giessen Manchmal brauchte man eine Hand mehr, und manchmal hat man das Gefühl, drei Hände zu haben. Mit Forschung zum Anfassen – und dies im wahrsten Sinne des Wortes – befassen sich die Gießener Psychologen Dr. Kai Hamburger und Dr. Hartmut Neuf aus der Abteilung Allgemeine Psychologie und Kognitionsforschung der Justus-Liebig-Universität Gießen (JLU). Angeregt von einer Szene aus dem Film «A Chump at Oxford» mit Stan Laurel haben sie die bekannten Versuche zur sogenannten Rubber-Hand-Illusion (auf Deutsch GummiHand-Illusion) gezielt erweitert und die Ergebnisse jetzt im Journal «Perception» veröffentlicht. Die sogenannte Rubber-Hand-Illusion wurde vor etwa 15 Jahren entdeckt und stellt eine ziemliche Zumutung für den Verstand des Menschen dar, wissen die Gießener Psychologen und erläutern die Versuchssituation: Eine Versuchsperson nimmt an einem Tisch Platz und legt beide Arme auf den Tisch, während gleichzeitig der linke Arm durch ein Tuch optisch vor dem Blick der Versuchsperson verborgen wird. Statt auf den linken Arm blickt die Versuchsperson auf eine linke Hand aus Gummi. Diese liegt genau dort, wo die echte linke Hand liegen würde, wenn beide Arme genau parallel liegen würden. Wenn dann ein Versuchsleiter die echte linke Hand und die Gummihand mit jeweils einem Pinsel gleichzeitig streichelt, bekommen die meisten Versuchspersonen schon nach kurzer Zeit den unerwarteten Eindruck, die für sie sichtbare Gummihand wäre ihre eigene Hand und sie würden die Berührungen wirklich in der Gummihand spüren. Diese gefühlte Körperschema-Illusion ist bei vielen Menschen recht stark ausgeprägt, obwohl sie natürlich von ihrem Verstand her wissen, dass die Gummihand kein Teil ihres Körpers ist. Die Dominanz des Sehsinns bewirkt, dass ein Transfer des taktilen Gefühls in der echten linken Hand auf die sichtbare Gummihand erfolgt. Dr. Hamburger und Dr. Neuf gehen noch ein erhebliches Stück „über diese Zumutung für den Verstand“ hinaus, wie sie sagen. Zu ihren weiteren Forschungen hat sie eine Szene aus dem Film «A Chump at Oxford» mit Stan Laurel angeregt. In dieser Szene stopft sich Stan, auf einer Parkbank gemütlich sitzend, eine Pfeife mit seinen beiden Händen und lässt sich dabei von einer dritten Hand helfen – ohne dass er dies merkt. Die Gießener Wissenschaftler fragten sich, ob es nicht möglich sein könnte, dass Menschen tatsächlich mehr als zwei Hände als ihre eigenen Hände empfinden könnten. Diese Zurechnung ist natürlich keine Frage des Denkens oder Wissens, sondern – wie bei der Rubber-Hand-Illusion – eine Frage des Körpergefühls beziehungsweise des Körperschemas, das sich das Gehirn aus den verschiedenen


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Informationskanälen errechnet. In ihrem Versuch, den sie aktuell in «Perception» beschreiben, legte eine Versuchsperson eine «ungetarnte» linke Gummihand auf ihre echte rechte Hand und begann, mit dem Daumen und ihrem Mittelfinger der echten linken Hand gleichzeitig über den Mittelfinger der Gummihand und den Mittelfinger der rechten Hand zu streicheln. Die Ergebnisse sind verblüffend. Es zeigte sich, dass unser Gehirn noch plastischer zu sein scheint als mit der Rubber-HandIllusion gezeigt: Versuchspersonen beschrieben sehr fremdartige Gefühle, die sogar soweit reichten, dass sie wirklich den Eindruck hatten, ansatzweise oder sogar vollkommen drei Hände zu spüren. Dies ist umso erstaunlicher, da die stimulierende und die stimulierte Person hier identisch sind und die linke Hand nicht verdeckt wird, was einen deutlichen Unterschied zur Rubber-HandIllusion ausmacht. Vor diesem Hintergrund erscheint es denkbar, dass künstliche Gliedmaßen vom Gehirn quasi adoptiert werden können, wie dies in einigen Science Fiction Darstellungen (zum Beispiel die „Borg“ in Star Trek) als Wirklichkeit präsentiert wird. Publikation Hartmut Neuf, Kai Hamburger: “Approaching Stan Laurel’s illusion: The self-induced rubber hand phenomenon” Kontakt Abteilung Allgemeine Psychologie und Kognitionsforschung der JLU Gießen Dr. Kai Hamburger, Dr. Hartmut Neuf Otto-Behaghel-Straße 10/F, 35394 Gießen Telefon: +49 641 99-26186/8 Fax: +49 641 99-26189


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_Medizin und Gesundheit Morbus Alzheimer entwickelt sich über 20 Jahre: Bildung und geistige Aktivität schützen vor Demenz Die mit einem Gedächtnisverlust einhergehende Alzheimer-Erkrankung entwickelt sich über einen Zeitraum von bis zu zwanzig Jahren. Bildung und mentale Aktivität können den Ausbruch der Krankheit hinauszögern. Dies sind Ergebnisse von zwei neuen Studien, die auf Positronen-Emissions-Tomographie-Untersuchungen basieren. Morbus Alzheimer ist die Folge von Eiweißablagerungen im Gehirn. Sogenannte Beta-Amyloide zerstören nach und nach Nervenzellen und Gedächtnis. Beta-Amyloide können mit einer nuklearmedizinischen Untersuchung nachgewiesen werden, der Positronen-EmissionsTomographie (PET). Dafür erhalten die Patienten eine schwach radioaktiv markierte Substanz – die „Pittburgh compound B“ – in die Armvene injiziert. Über den Blutkreislauf gelangt dieser Radiotracer ins Gehirn, wo er sich an die Alzheimer-Proteine anlagert. „So können wir Ort und Ausmaß der Ablagerungen erkennen“, erklärt Professor Dr. med. Detlef Moka, Vorsitzender des Berufsverbandes Deutscher Nuklearmediziner e. V. (BDN), Essen.

Australische Nuklearmediziner haben diese Untersuchung bei einer Gruppe von 200 älteren Menschen im Abstand von 18 Monaten mehrfach durchgeführt, über einen Zeitraum von durchschnittlich vier Jahren. Resultat der Studie, die kürzlich in „Lancet Neurology“ veröffentlicht wurde: Die Forscher errechneten, dass die Eiweißablagerungen bereits zwanzig Jahre vor Ausbruch der Krankheit einsetzen. „Wir wissen jetzt, dass sich Alzheimer über einen langen Zeitraum entwickelt“, sagt Nuklearmediziner Moka.

Nun gibt es möglicherweise ein Mittel, um den Ausbruch beim Morbus Alzheimer hinauszuzögern. Den Beleg hierfür liefern erneut Nuklearmediziner in einer PET-Studie, die kürzlich in „Neurology“ veröffentlicht wurde. Das Forscherteam hatte eine Gruppe von geistig gesunden Senioren untersucht, die Eiweißablagerungen im Gehirn hatten und sich damit in einem frühen Alzheimer-Stadium befanden. Mit dem Radiotracer


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Fluorodeoxyglucose (FDG) wiesen die Wissenschaftler nach, wie stark die Ablagerungen das Gehirn bereits geschädigt hatten. „FDG wird wie Zucker von den Hirnzellen aufgenommen und ist deshalb ein Maß für die Stoffwechselaktivität“, erläutert Detlef Moka. Bei einer Demenz ist die FDG-Aktivität in den Gedächtnisregionen des Gehirns vermindert, der Stoffwechsel verlangsamt. Einige Senioren hatten jedoch trotz deutlicher Ausfälle im FDG-PET noch normale Ergebnisse in den Demenztests und waren geistig voll auf der Höhe. Diese Studienteilnehmer konnten eine gute Ausbildung vorweisen, wie die Forscher herausfanden. Damit belegt die Studie, dass Bildung einen günstigen Effekt auf die Demenzentwicklung hat. „Bildung und geistige Aktivitäten wie Schachspielen, Lesen oder sozialer Austausch erweitern die kognitiven Reserven im Gehirn, die offenbar den Beginn der alzheimertypischen Hirnleistungsstörung hinauszögern“, erläutert Professor Moka die Studienergebnisse. Experten gehen davon aus, dass kognitive Reserven helfen, Abbauvorgängen im Gehirn entgegenzuwirken, indem sie Kompensationsstrategien ermöglichen. „Vermutlich werden andere Hirnregionen genutzt, um die täglichen Denkaufgaben zu erledigen“, sagt der BDNExperte. Man könne deshalb allen Menschen nur raten, sich früh und bis ins hohe Alter geistig fit zu halten. „Nuklearmedizinische Untersuchungen zeigen, dass 20 bis 40 Prozent aller Menschen über 50 Jahre bereits Eiweißablagerungen im Gehirn haben“, betont Detlef Moka. Quellen: Ewers M, Insel PS, Stern Y, Weiner MW; Alzheimer's Disease Neuroimaging Initiative (ADNI). Cognitive reserve associated with FDG-PET in preclinical Alzheimer disease. Neurology 2013; 80: 1194-201 URL http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/23486873 Villemagne VL, Burnham S, Bourgeat P, Brown B, Ellis KA, Salvado O, Szoeke C, Macaulay SL, Martins R, Maruff P, Ames D, Rowe CC, Masters CL; Australian Imaging Biomarkers and Lifestyle (AIBL) Research Group. Amyloid β deposition, neurodegeneration, and cognitive decline in sporadic Alzheimer's disease: a prospective cohort study. Lancet Neurology 2013; 12: 357-67 URL http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/23477989


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_Veranstaltungen Es nimmt kein Ende! Serialität als neues Paradigma Die Serie als Triebtäter Olaf Knellessen In den Serien der Kunst und der Literatur wird vorgeführt, wie Alltägliches und zunächst Unbedeutendes an Gewicht und an Fahrt gewinnen kann. Der Einzelfall erhält durch seine Serialisierung Intensität und wird mit Phantasien aufgeladen. Dass der Trieb zum Serientäter werden kann, ist – unter dem Begriff des Wiederholungszwangs – nicht nur in der Psychoanalyse hinlänglich bekannt. Wie sehr aber die Serie zum Triebtäter wird, ist möglicherweise nicht nur für die Psychoanalyse überraschend. OLAF KNELLESSEN Dr. phil., Psychoanalytiker in eigener Praxis in Zürich, Teilnehmer und Dozent am Psychoanalytischen Seminar Zürich (PSZ), Autor und Herausgeber mehrere Buchpublikationen zu Theorie und Praxis der Psychoanalyse. Zwischen ‘Evolution und Serie’: Das Automobil im Zeitalter seiner ästhetischen Individualisierbarkeit Gerhard M. Buurman Sind Artefakte durch Gestaltregeln verbunden entsteht die Serie. Die Serie ist damit reproduzierte Regel. Ermöglicht wird die serielle Reproduktion der Regeln durch die Anwendung gleichförmiger Verfahren, die in der Serientechnik eingebettet sind. Die Serientechnik – Maschinen, Apparate und technischen Einrichtungen – spiegeln ihrerseits Regeln. Serien und Serientechnik folgen dabei höchst unterschiedlichen Logiken. Die ‘Logik der Serie’ liegt im Grad der maximal erzielbaren Gleichförmigkeit der Reproduktion. Die ‘Logik der Serientechnik’ liegt im erzielbaren Freiheitsgrad von Reproduktionsregeln. Die ökonomische Ratio der Serie verkehrt sich angesichts der ökonomischen Ratio einer sie bedingenden Serientechnik. Die Individualisierung der Serienfertigung gründet daher zunehmend auf einem Paradoxon: Die Serientechnik braucht die Serie nicht mehr. Am Beispiel der Automobilindustrie wird Gerhard M. Buurman über einige Wirkungsaspekte dieser Entwicklung referieren. GERHARD M. BUURMAN, Leiter des Institutes für Designforschung an der Zürcher Hochschule der


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Künste hat verschiedene Berührungspunkte mit der Automobilindustrie – als Lehrling im Bereich Giessereimodellbau der BMW AG München, als Student im Bereich Technisches Design der Uni Essen oder als Doktorand im Bereich Transportation Design der Fordwerke AG Köln. In seiner Arbeit als Dozent, Designer und Designforscher interessieren ihn die Gesetze der Serie, Regeln und ihre Freiheitsgrade. Algorithmus und Mechanik Daniel Strassberg Das Bild der Uhrwerks beherrscht die Metaphysik der Neuzeit: Die Welt ist ein Mechanismus gesetzmässiger und sich unendlich wiederholender Bewegungsabläufe, die von einer externen immateriellen Instanz gebaut und gesteuert wird. Die psychoanalytische Theorie ist in weiten Teilen noch mechanistisch. Unsere digitale Welt wird aber nicht mehr von Mechanismen, sondern von Algorithmen beherrscht. Algorithmen sind rekursive, sich verzweigende und sich verändernde produktive Serien § mathematischer Funktionen. Seit Algorithmen selbstlernend geworden sind können wir uns nicht mehr damit trösten, dass sie letztendlich von Menschen programmiert worden sind: Die Algorithmen haben die Maschinen längst von göttlicher und menschlicher Steuerung befreit. Vielleicht haben die Algorithmen die Steuerung des Menschen gar übernommen. Die Algorithmen von Google und Facebook wissen mehr über unser Begehren als wir selbst: Sie zeigen uns ans was wir schon immer wollten, ohne es zu wissen. Ist das Unbewusste in geniesende Maschinen verlagert worden? DANIEL STRASSBERG Dr. med. Dr. phil., Facharzt für Psychiatrie, Psychoanalytiker in eigener Praxis in Zürich und Philosoph. Ko-Leiter CAS-„Lehrgang in Philosophie für Fachleute aus Medizin und Psychotherapie“ und Gastdozent an verschiedenen Hochschulinstituten.


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Unendliche Analyse, unendliche Verheissung: Annäherungen an die Fernsehserie Johannes Binotto und Michael Pfister “Im Kino gibt es immer ein Ende. Ein glückliches oder tragisches. In der Realität hingegen, geht das Leben einfach weiter” – so sinniert die Hauptfigur der Fernsehserie PEYTON PLACE aus den frühen sechziger Jahren und bringt damit bereits das damals noch blutjunge Genre der Fernsehserie auf den Punkt: Im Gegensatz zu Erzählungen, die auf ein Ende hin konzipiert sind, stellt die Fernsehserie solche Teleologie in Frage. Unendlichkeit statt Totalität, Wiederholungszwang statt lineare Entwicklung, ewige Repetition des Gleichen und Ungleichen, unablässiger Durchgang durch die Vergeblichkeit allen Tuns und den unauffüllbaren Mangel des menschlichen Subjekts. Die Fernsehserie konfrontiert ihre Zuschauer mit alten Fragen etwa von Schuld und (fehlender) Vergebung, von Todesangst und Todessehnsucht. Anhand von PEYTON PLACE, MIAMI VICE und THE SOPRANOS – drei Beispielen, die auch verschiedene historische Stationen des Genres abstecken – wollen wir im Dialog einigen dieser grundlegenden Fragen nachgehen, die uns die Fernsehserie stellt. JOHANNES BINOTTO Dr. phil., Kultur-und Filmwissenschaftler, lehrt am Englischen Seminar der Universität Zürich, publiziert und lehrt zu Film, u.a. an der Psychiatrischen Universität Zürich/Lacan Seminar.

MICHAEL PFISTER Dr. phil., Philosoph und Literaturwissenschaftler, Gymasiallehrer für Philosophie und Deutsch in Zürich, Ko-Leiter des „Lehrgang in Philosophie für Fachleute aus Medizin und Psychotherapie“, schreibt für verschiede Publikationen über Film und andere kulturelle Themen.

Experimentelle Serialität


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Hans-Jörg Rheinberger In meinem Beitrag wird es darum gehen, die Verkettungen aufzuzeigen, die Experimentalsysteme in den Wissenschaften auszeichnen. Was zeichnet ihre Temporalität aus? Lassen sich Verbindungen zu den Aufeinanderfolgen in der Kunst ziehen, die George Kubler unter den Begriffen „serial position“, „extended series“, „wandering series“ und „simultaneous series“ diskutiert? HANS-JÖRG RHEINBERGER Prof. Dr. rer. nat., Honorarprofessor und Direktor des Max Planck Instituts für Wissenschaftsgeschichte, hat sich mit seinem Konzept des epistemischen Dings, das das Verhältnis von Dingen und Wissen beschreibt, weltweit einen Namen gemacht, Autor zahlreicher Bücher und Essays. Methoden des Aufdeckens latenter psychischer Tatsachen mithilfe von Serialität Henriette Haas Niemand kann in die Psyche anderer Menschen hineinsehen, wir sehen einzig und alleine die Korrelate der psychischen Prozesse. In vielen Bereichen des Lebens, z.B. für die Therapie oder für die Rechtssprechung ist es jedoch nötig, fremd-psychische Tatsachen zu eruieren oder gar zu beweisen. Wie geht man dabei vor? Das kulturell wichtigste Korrelat psychischer Prozesse sind die Aussagen, die eine Person über ihre innerpsychischen Prozesse macht. Diese Angaben sind jedoch nicht immer richtig. Sie können einerseits erfunden sein, sie können illusionär verzerrt sein oder sie können durch einen Widerstand gegen unbewusste Inhalte (im psychoanalytischen Sinn) zustande kommen. Die Serialität ist nun ein möglicher Weg, wie man gewisse fremd-psychische Tatsachen nachweisen kann. Serialität verweist auf Motive und überdauernde Persönlichkeitseigenschaften, sie indiziert die Stabilität und Existenz dessen, was wir Psyche nennen. Anhand zweier Beispiele, eines aus der Therapie eines Jugendlichen und ein anderes aus dem Strafrecht werden wir Methoden des Erfassens latenter psychischer Inhalte durch Serialität vorstellen und diskutieren. HENRIETTE HAAS, Prof. Dr. phil., ausserordentliche Professorin am Kompetenzzentrum für Forensik und Wirtschaftskriminalität der Universität Luzern und am Psychologischen Institut der Universität Zürich. Serialität/Einzelheit oder Überschuss/Einzigkeit im Wiederholungszwang? Monique David-Ménard Inwieweit regelt die Logik der Serialität, nicht nur die Triebverschiebungen und die Objektersetzungen des Begehrens, sondern auch die Verknüpfungen zwischen Begehren und gesellschaftlichem Verkehr? Die Übertragung in der psychoanalytischen Praxis, aber manchmal (durchaus?) auch kulturelle Angebote eröffnen dem Überschuss im Begehren neue Wege: Vergänglichkeit, Trennung, Trauer, die sich alle im Feld des Wiederholungszwangs entwickeln, werden vielleicht auch durch den Kontrapunkt des Exzesses und der Einzigkeit (nicht der Einzelheit) organisiert. Wie verhalten sich die seriellen Dinge, die unsere Gesellschaft (Kultur) verfügbar macht, zu diesen möglichen Veränderungen? Sind sie Hindernisse oder Gelegenheiten?


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MONIQUE DAVID-MENARD, Prof. Dr., Philosophin und Psychoanalytikerin, Direktorin des Centre des études du vivant an der Université Denis Diderot, Paris VII, das sich mit den Grenzbereichen von Epistemologie, Lebenswissenschaften und Psychoanalyse beschäftigt. Halboriginal .Meine 1000-seitige Aquarell-Serie Thomas Müllenbach Siebe Jahre lang habe ich die mir zugeschickten Flyers von Ausstellungen in gleicher Grösse in Aquarell umgesetzt (vom Original zum Druck zu meinem Original). Die Serie wurde dieses Jahr abgeschlossen und ist in Teilen schon mehrmals ausgestellt worden. Vortag über die Serie. THOMAS MÜLLENBACH, Prof., freier Künstler und „mittels Malerei und Zeichnung Spezialist für Normalität in all ihren Facetten“, lehrt in Vertiefung Bildende Kunst an der Zürcher Hochschule der Künste (ZHdK).

Das Falten musikalischer Zeit Sebastian Wedler So sehr die Falt-Phänomenologien Bachs, evidentermassen, nicht denen Mozarts nicht denen Ferneyhoughs entsprechen, so wenig ist die Varietät phänomenologischer Ausfällungen im Einzelnen, d.h. der musikontologische Faltanankasmus abzuziehen möglich vom Produktionsgrund der Dinge. Studieren wir die Werke der genannten Komponisten (und diese Liste ist keineswegs abschließend), so schauen wir ästhetischen Subjekten bei der Arbeit zu, die leere Gewalt des eigenen, auf Dauer gestellten ontologischen Mangels im materiell-produktiven Sich-Entfalten zu über-falten: die Bewegung des Faltens ist paradoxerweise initiiert, um diese zu stoppen. Um die selbstreflexive Fakultät der Dinge auf ihr Faltenwesen hin ins Blickfeld zu bekommen, wird der Vortrag eine spekulativ-kontemplative Theorie des ödipalen und anödipalen Dings vorstellen. Diese mit Thesen abzustecken und, im Zuge dessen, mit den gegenwärtigen Diskursen zur Ontologie der Gewalt, sexuellen Differenz und Frage nach der Humanität der Dinge zu verknüpfen, ist Ziel des Vortrags. SEBASTIAN WEDER, lic. phil., studierte Musikwissenschaften, Recht und Psychologie an der Universität Zürich, doktoriert derzeit in Musikwissenschaft an der Oxford University. Radio made the DJ star! oder: Was hat der Untergang der Titanic mit der Geburt der Radio Serials und beides mit Bob Dylan zu tun? Giaco Schiesser 1912 ging die Titanic unter, im selben Jahr erliess die US-Regierung den Radio Act. Um 1920 war die Geburtsstunde des DJ, 1926 wurden die ersten Radio Serials ausgestrahlt, 1935 die erste Hitparade.


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2006 bis 2009 erfand Bob Dylan den DJ neu, 2012 veröffentlichte er einen dreizehnminütigen Song mit dem Titel Tempest auf seiner bisher letzten, gleichnamigen CD. Der Sänger schildert ein einziges Ereignis – den Untergang der Titanic. Der Vortrag handelt davon, warum und wie das alles miteinander verknüpft und verwoben ist. Oder davon, warum „das Vergangene nicht tot, nicht einmal vergangen ist“. GIACO SCHIESSER, Professor für Kultur-und Medientheorien und Direktor des Departements Kunst & Medien an der Zürcher Hochschule der Künste (ZHdK); Gastprofessor für künstlerische und wissenschaftliche Promotion an der Kunstuniversität Linz und Mitglied des Executive Board der Society for Artstic Research (SAR). Arbeits-und Publikationsfelder: Kultur-, Medien-, Subjekttheorie | Epistemologie, Ästhetik, Kunst Forschung | Demokratie, Öffentlichkeiten, Alltagskultur. Serie, Ornament und Zerstörung in Michael Müllers K4 Reimut Reiche Der Künstler Michael Müller hat mit einer geheimnisvoll anmutenden Zeichenschrift Robert Musils Roman Der Mann ohne Eigenschaften ins endgültig Unlesbare gebracht. Der von ihm für diese Transformation erfundenen und nur für diesen Roman verwendeten Schrift hat er den Namen K4 gegeben. Ein einzelnes Zeichen steht in der Regel für vier aufeinanderfolgende lateinische Buchstaben des Romans. Vereinfacht, beginnend mit dem Titel des Romans: ein Zeichen für DERM, dann das nächste Zeichen für ANNO, dann das nächste für HNEE. Sobald das Zeichen für DERM feststeht, muss es wiederverwendet werden, wenn es in der Buchstabenfolge des Romans wiederkehrt. Die algorithmisch festgelegte Zerteilung oder Zerstückelung der gesamten Vorlage ist hier konstitutiv für die Entstehung des neuen Werks. Michael Müller arbeitet, mit Unterbrechungen, seit über 20 Jahren an dieser Übersetzung. Die inzwischen übersetzten Kapitel des Romans umfassen bis jetzt ungefähr 400.000 unterschiedliche Zeichen. Die Zeichenfolge erscheint mit Bleistift der Stärke HB auf Blättern, jeweils 30 x 29 cm, jedes gerahmt in einem schmalen weißen Rahmen. Einige von ihnen wurden 2013 in der Galerie Thomas Schulte in Berlin ausgestellt. Einige – denn die Serie der Übersetzung-im-Rahmen sprengt heute schon jeden Rahmen. Diese Übersetzung, oder besser: Transformation, provoziert viele Fragen zum Übergang von der Schrift zum Bild, zur Wiederholung und zum Wiederholungszwang, zur Serie, zum Ornament, zur Zerstörung des Alten und der Entstehung des Neuen.


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REIMUT REICHE PD Dr. phil., Psychoanalytiker und Sexualforscher in Berlin, habilitierter Soziologe, Autor mehrerer Bücher zum Thema.

Furious Modeling: Revolution, Science and the Poetics of Seriality in China's Modernization * Andrea Riemenschnitter In his novel Frogs Mo Yan revisits China's modernization from the perspective of an ongoing production of inhuman serial realities. From Mao to the Deng regime and thereafter, the classification of the population into abject old and viable new subjectivities was at the center of the state's disciplinary interventions. A pivotal role is ascribed to the transactions that were set in motion with the one-child policy. Suggesting the recent, science-based CCP rulership to be a regime of cosmic uncreation, the novel focuses on the destructive ecological consequences of serial planning. ANDREA RIEMENSCHNITTER Prof. Dr., Sinologin/Ordentliche Professorin für moderne chinesische Sprache und Literatur am Asien-Orient-Institut der Universität Zürich. * der Vortrag ist in deutscher Sprache Fr / Sa 8.-9. November 2013 Interdisziplinäre Tagung des Netzwerks Entresol, des Psychoanalytischen Seminars Zürich und der Zürcher Hochschule der Künste (ZHdK)


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_Bücher

Es gibt nichts Gutes, ausser man tut es LIA OBERHAUSER Richard Wiseman Machen - nicht denken! Aus dem Englischen von Jürgen Schröder

Verlag: Fischer Taschenbuch, Frankfurt a.M. ISBN: 9783596196609 15.90 Fr.

Tu so, als seist du vergnügt, verliebt oder energiegeladen – und gute Laune, Schmetterlinge im Bauch beziehungsweise Tatendrang stellen sich wie von selbst ein. Kurz: Verhalte dich so, als wärest du in dem Zustand, den du erreichen möchtest, und du wirst ihn erreichen. Der Buchumschlag preist diese Botschaft als "radikal einfache Idee, die Ihr Leben verändert". Was nach einem übertriebenen Versprechen klingt, entpuppt sich schon nach wenigen Seiten als fundierte und unterhaltsame Erklärung eines Prinzips, dem sich über Jahrzehnte hinweg zahlreiche Psychologen gewidmet haben: Einfache physische Handlungen wirken sich deutlich spürbar auf unsere Gefühle und Gedanken aus. Der Verhaltensforscher Richard Wiseman hat es sich in seinem neuesten Werk zur Aufgabe gemacht, diese Erkenntnis den Lesern nahe zu bringen und praktisch nutzbar zu machen – was ihm gut gelingt. Am Anfang wundert man sich noch über seine Aufforderung, eine Buchseite auszureißen und zu einer Papierkugel zu formen. Später im Buch erscheinen die praktischen Übungen jedoch plausibel: Einfach drauf los lachen, um glücklicher zu sein; aufregende Dinge mit dem Partner unternehmen, um sich wie frisch verliebt zu fühlen; sich seinen Ängsten stellen, um sie loszuwerden; eine aufrechte Körperhaltung einnehmen, um Motivation zu sammeln. Die simplen Aufgaben werden dem Leser in anschaulichen Kästen präsentiert und machen Lust, sie einfach mal auszuprobieren. Das liegt auch daran, dass Wiseman ganz nebenbei einen Überblick über 200 Jahre Psychologiegeschichte gibt und jede praktische Anwendung des Als-Ob-Prinzips – wie er es nennt – mit Studien fachlich untermauert. Klassiker der Psychologieforschung und weniger bekannte Experimente verpackt er in anschaulichen und witzigen Geschichten, die für Kenner und Laien gleichermaßen verständlich und aufschlussreich sind. Wenn der Autor allerdings Minifragebögen konstruiert, mit denen der Leser einschätzen kann, wie emotional sensibel, charismatisch oder empathisch er ist, erinnert das gelegentlich an


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Selbstfindungstests in Teenagerzeitschriften. Seltsam auch, dass er am Ende des Buchs über seine Erfahrungen im Hypnotisieren erzählt und dabei seinen zuvor so klug gesponnenen roten Faden verliert. Zum Glück baut Wiseman an den richtigen Stellen ein Augenzwinkern ein. Zudem warnt er seine Leser zu Beginn des Werks davor, die dargestellten Ideen und Übungen bei schwerwiegenden Problemen zur Eigentherapie zu nutzen. So gelingt ihm die schwierige Balance zwischen Humor und Seriosität, und seine Begeisterung für das Als-Ob-Prinzip wirkt überzeugend. Ein erfrischendes Werk, das einem den Nutzen der Verhaltensforschung vor Augen führt und Spaß macht.

Therapie auf großer Bühne MIRIAM BERGER Gabriel Rolón Auf der Couch Aus dem Spanischen von Peter Kultzen

Verlag: btb, München ISBN: 9783442753895 28.90 Fr.

Eine Frau trauert um ihren verstorbenen Ehemann. Ein Mann bekommt seine Eifersucht nicht in den Griff. Ein Mädchen möchte wissen, wie sich der Tod anfühlt. Wir lernen sie alle kennen: auf der Couch des argentinischen Psychoanalytikers Gabriel Rolón. Der ist in seinem Heimatland durch Radio und Fernsehen einer breiten Öffentlichkeit bekannt. In seinem Reality-Fernsehformat "Terapia, Unica Sesion" therapiert er Prominente jeweils eine Sitzung lang. Man mag davon halten, was man will – jedenfalls spiegelt Rolóns Show wider, für wie selbstverständlich viele Argentinier die Psychoanalyse nehmen. Zumindest für Vertreter der Mittel- und Oberschicht ist der Besuch beim Therapeuten nichts Ungewöhnliches und durchaus auch mal Thema im Freundeskreis. Rolón entführt seine Leser mit diesem Buch in seine private Praxis. Er beschreibt den Verlauf der Therapie bei acht Patienten. Diese Menschen leiden an Verlustängsten und Eifersucht, berichten von sexuellen Problemen oder von Entscheidungsunfähigkeit. Sie erzählen dem Therapeuten von ihren Zweifeln, Launen, Ticks und Träumen. Rolón lässt einen nicht nur an diesen Gesprächen teilhaben, sondern auch an seinen Gedanken darüber, wodurch man einen Einblick in die Arbeitsweise des Analytikers bekommt.


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Das ist sowohl für Psychologen als auch für Fachfremde interessant, zumal die Lektüre im besten Sinn unterhaltend ist. Die aufgeführten Fallbeispiele verdeutlichen viele Aspekte der Psychoanalyse sehr plastisch, nicht zuletzt deshalb, weil man als Leser emotional mitgerissen wird. Rolón hat jedem Kapitel eine gelungene Dramaturgie verpasst. Dadurch liest sich "Auf der Couch" zuweilen wie ein spannender Episodenroman. Hier dürfte ein Grund dafür liegen, dass das Buch (im Original "Historias de Diván") in Argentinien schnell zum Bestseller avancierte. Nach einer Weile fragt man sich aber doch, ob Rolóns Tätigkeit immer so von Erfolg gekrönt ist wie im Buch darstellt. Zwar berichtet der Autor durchaus von Problemen, die während der Behandlung auftreten: Schwierige Patienten, Ratlosigkeit und Befangenheit beim Analytiker, manchmal sogar ein Abbruch der Sitzung. Doch am Ende ist immer alles gut. Sogar dem Pfarrer, der die Therapie nach den Probesitzungen aufgibt, hat die Analyse dann irgendwie doch geholfen. Natürlich ist die Wirksamkeit der Psychoanalyse belegt. Dennoch wäre es interessant und ehrlich gewesen, auch mal einen Fall anzuführen, bei dem es nicht geklappt hat – weil das Leben kein Film ist und die Therapie kein Allheilmittel. Abgesehen von diesem Wermutstropfen bietet "Auf der Couch" einen guten Einblick ins Thema. Gerade für Leser, die bislang noch keine rechte Vorstellung von der Psychoanalyse hatten, ist das Buch ein geeigneter Einstieg.


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_Zu guter Letzt

In eigener Sache Ich nehme mein Leben In die Hand. Leicht ist es Und gut zu fühlen. Zeit gilt nicht, wenn alles lauscht und nur der Atem geht wie sanfter Wind durchs Gras. Ich schau hoch. Wer ich bin, ist nicht zu sagen; ich mache mir keinen Vers auf mich; kein Wort ist so grün wie die Blätter der Bäume. Ich bleibe auf dem Teppich Meiner Möglichkeiten Und hoffe, dass er fliegen lernt. Hans Kruppa


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