paraplegie Das Magazin der Gönner-Vereinigung der Schweizer Paraplegiker-Stiftung
Mai 2011 / Nr. 138 / Standard
Wenn Bilder erzählen… Katja Snozzi kennt die Licht- und Schattenseiten des Lebens Fortschritt dank Forschung | Einsatz im Ausland | Pilot im Rollstuhl
Hans Erni
The Ashton-Drake Galleries
EDITORIAL
i siv Ern iert klu s re Ex Han rd k n fo vo rad rB fü
RUBRIK The Hamilton Collection
Werte, die erhalten bleiben
Trilogie des Friedens Die Künstler-Espressotassen Liebe Gönnerinnen und Gönner
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ie Sanierung der Invaliden-Versicherung (IV) gehört zu den Dauerbrennern der nationalen Politik. Seit Jahren revidieren Bundesrat und Parlament an diesem
Sozialwerk. Ziele sind eine ausgeglichene Rechnung bis 2018, wenn die Zusatzfinanzierung abläuft, sowie ein Abbau des ziemlich hohen Schuldenberges. Gelingt dies nicht, würde die
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IV in ihrer Substanz gefährdet .
Seit der 5. IV-Revision, 2008 rechtskräftig geworden, sind wichtige Instrumente vorhanden, um den Grundsatz «Eingliederung vor Rente» besser verwirklichen zu können. Mittlerweile haben National- und Ständerat im Rahmen der 6. IV-Revision ein erstes Paket weiterer Reformen beschlossen. Sie sehen unter anderem Einsparungen bei Hilfsmitteln sowie die Einführung eines Assistenzbeitrages vor. Bedeutender noch sind verstärkte Massnahmen zur beruflichen Wiedereingliederung von Menschen mit einer Behinderung,
Die beiden Folge-Sets
die bereits IV-Rente beziehen.
Die Schweizer Paraplegiker-Gruppe (SPG) unterstützt die Bemühungen zur finanziellen Gesundung der Invalidenversicherung. Und sie steht vorbehaltslos hinter der Zielsetzung, mehr Betroffenen eine dauerhafte Rückkehr ins Erwerbsleben zu ermöglichen. Daran arbeiten wir seit Jahren gemeinsam und sehr intensiv – mit grossem Erfolg. Heute werden über 80 Prozent der Patienten nach Abschluss der Erstrehabilitation im SPZ Nottwil wieder berufstätig. Manche sogar in einem 100 Prozent-Pensum, viele in Teilzeitjobs. Letztere würde es daher umso härter treffen, wenn wahr werden sollte, was in der nächsten Etappe der 6. IV-Revision auch zur Debatte stehen wird: eine erhebliche Kürzung der IV-Renten. Dieses Rezept ist, bei allem Respekt gegenüber dem Willen, die Finanzen wieder ins Lot zu bringen, allerdings untauglich. Denn durch weiteren Leistungsabbau würden jene bestraft, die bei der Bewältigung ihres Alltages auf IV-Leistungen angewiesen sind.
Höhe Tassen: 7 cm • Durchmesser Teller: 11 cm
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Bitte einsenden an: The Bradford Exchange, Ltd. Jöchlerweg 2 • 6340 Baar • Tel. 041 768 58 58 • Fax 041 768 59 90 e-mail: kundendienst@bradford.ch • Internet: www.bradford.ch
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Daniel Joggi Präsident Schweizer Paraplegiker-Stiftung
IMPRESSUM: Paraplegie. Das Magazin der Gönner-Vereinigung der Schweizer Paraplegiker-Stiftung, www.paraplegie.ch 35. Jahrgang. Ausgabe: Mai 2011/Nr. 138, Standard | Erscheinungsweise: vierteljährlich in Deutsch, Französisch und Italienisch | Gesamtauflage: 1‘011‘000 Exemplare | Auflage Standard: 210‘000 Exemplare | Copyright: Abdruck nur mit Genehmigung der Herausgeberin und der Redaktion. Herausgeberin: Gönner-Vereinigung der Schweizer Paraplegiker-Stiftung, 6207 Nottwil, sps@paraplegie.ch | Verantwortlich: Schweizer Paraplegiker-Stiftung, Unternehmenskommunikation, 6207 Nottwil | Redaktion: Roland Spengler (Leitung), Christine Zwygart. Bild: Walter Eggenberger, Astrid Zimmermann-Boog, redaktion@paraplegie.ch | Layout: Luciano Pangari, Karin Distel | Anzeigen: Fachmedien Axel Springer Schweiz AG, 8021 Zürich, info@fachmedien.ch | Vorstufe/Druck: Swissprinters AG, 4800 Zofingen.
www.bradford.ch Telefon: 041 768 58 58 Erhältlich bei: The Bradford Exchange, Ltd. • Jöchlerweg 2 • 6340 Baar Tel. 041 768 58 58 • Fax 041 768 59 90 e-mail: kundendienst@bradford.ch • Internet: www.bradford.ch
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INHALT
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NEWS Unter Mitwirkung der Schweizer Paraplegiker-Stiftung und -Forschung findet in St. Gallen der «World Ageing & Generations Congress» statt.
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KATJA SNOZZI Die Fotografin bereiste die ganze Welt und hielt fröhliche, aber auch tragische Momente fest. Sie selber erlitt 2008 einen Schicksalsschlag.
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Die Gönner-Vereinigung der Schweizer Paraplegiker-Stiftung präsentierte für das Geschäftsjahr 2010 eine positive Bilanz.
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Querschnittgelähmte überleben in Entwicklungsländern die ersten Tage nach dem Unfall meistens nicht. Denn die nötige medizinische Behandlung fehlt, und das Wissen in Paraplegiologie ist rar. In solchen Fällen helfen Spezialisten der Schweizer Paraplegiker-Gruppe. Regelmässig stehen Pflegende, Therapeuten und Ärzte im Einsatz – in Nepal, Haiti und vielleicht bald in Äthiopien.
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Der 62-jährige Basler ist eine Kapazität auf dem Gebiet der RückenmarksForschung. Im Interview berichtet er über seine Fortschritte.
26 ROLLSTUHL-SITZ-ZENTRUM Querschnittgelähmte müssen perfekt sitzen, damit keine Haltungsschäden oder Schmerzen entstehen. Die Ergotherapeuten in Nottwil helfen dabei.
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«Unabhängigkeit ist mir wichtig.»
32 MEIN TAG IM ROLLSTUHL Er hebt ab. Pilot und Paraplegiker Doros Michaelides sass bereits wenige Monate nach der Rehabilitation wieder im Cockpit.
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34 FINALE TV-Moderator Kurt Aeschbacher beschreibt die Risiken des Lebens.
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4Para_2011 – de
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NEWS
Splitter An der Leichtathletik-WM für Junioren (U16–U23) in Dubai gewann das zehnköpfige Schweizer Rollstuhl-Team insgesamt 34 Medaillen, davon 11 goldene, 9 silberne und 14 bronzene. Vor allem wegen des ungewöhnlich frühen Austragungszeitpunkts (Mitte April) waren vergleichsweise wenige Nationen und Athleten am Start. Unabhängig davon belegen Leistungen und Bilanz der Schweizer ihre Stärken im weltweiten Vergleich. Erfolgreichste war Catherine Debrunner (Mettendorf TG) mit fünf WM-Titeln, einem zweiten Platz und einem neuen Weltrekord über 200 Meter in der Kategorie T53. Ebenfalls je sechs Medaillen brachten Andrea Von Büren (Basel) sowie Patricia Keller (Waltenschwil AG) nach Hause. Benno Fuchs, CEO des Luzerner Kantonsspitals (LUKS), ist neues Mitglied des Verwaltungsrats der Schweizer Paraplegiker-Zentrum (SPZ) Nottwil AG. Seine Wahl ist ein weiterer Schritt in der erfolgreichen Zusammenarbeit des SPZ mit dem Luzerner Kantonsspital: «Ich freue mich auf die neue Herausforderung in Nottwil und bin überzeugt, dass wir mit unserer Public Private Partnership auf dem richtigen Weg sind», erklärt der 49-Jährige. Fuchs ersetzt Ständerätin Helen Leumann, die nach acht Jahren zurücktrat. Eine Studie der belgischen Universität Lüttich kommt zu einem erstaunlichen Ergebnis: 72 Prozent der befragten Patienten mit einem sogenannten «Lockedin-Syndrom» bezeichnen sich als glücklich. Diese Krankheit zeichnet sich durch eine vollständige Lähmung aus, die Betroffenen sind in ihrem eigenen Körper wie «eingeschlossen». Die Untersuchung zeigt weiter, dass bestmögliche Pflege sich positiv auf das Befinden der Patienten auswirkt.
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Fachkompetenz weitergeben In Nottwil befindet sich das Zentrum des weltweit einzigartigen Leistungsnetzes der Schweizer Paraplegiker-Stiftung für die ganzheitliche Rehabilitation von Querschnittgelähmten. Wesentliches zu deren Re-Integration, Lebensqualität und Chancengleichheit trägt die dort vorhandene Fachkompetenz von Spezialisten bei. Sie haben es sich längst auch zur Pflicht gemacht, Wissen und Erfahrung in vielen Disziplinen an andere weiterzugeben. An der «Rollivision» (Bild) etwa präsentierten 70 Aussteller aus dem Inund Ausland ihre Produkte und Hilfsmittel für Menschen mit einer Behinderung. Ein Anlass, den Betroffene und Angehörige schätzen, da sie sich über neuste Entwicklungen informieren können. Aber auch Mediziner und Pflegende tauschen sich regelmässig aus – wie am Nottwiler Wundforum «Skintact» rund ums Motto «Gesund (w)und glücklich» oder am Pflegesymposium, das dem Thema «Verwahrlosung – Gratwanderung zwischen Originalität und Selbstaufgabe» gewidmet ist. An diesen Fachtagungen gewähren Experten in Referaten und Workshops tieferen Einblick in ihre tägliche Arbeit. Und helfen so mit, das Verständnis für die besonderen Bedürfnisse von Menschen im Rollstuhl sowie neue Methoden und Mittel in der Betreuung zu fördern.
SPS und SPF dabei Vom 29. August bis 2. September 2011 findet an
ihrerseits gestaltet zwei Spezial-Sessionen, die
der Universität St.Gallen der 7. «World Ageing &
sich mit «Älterwerden mit Querschnittlähmung»
Generations Congress» statt. Der Anlass bildet
(30. August) bzw. «Alter, Funktionalität und
eine weltweite Plattform für Wissens- und Erfah-
Gesundheitswesen» (31. August) beschäftigen.
rungsaustausch zu Alters- und Generationenfra-
Gleichzeitig kommen mehrere Fach-Referenten
gen. An vier Tagen diskutieren Teilnehmer und
aus Nottwil.
Experten über Einflüsse des demographischen
SPS-Präsident Daniel Joggi: «Dank Fortschritten in
Wandels auf Gesellschaft, Wirtschaft, Politik, ins-
Medizin und Rehabilitation steigt die Lebenser-
besondere aber auch auf das Gesundheits- und
wartung von Menschen mit Querschnittlähmung.
Sozialwesen.
Gleichzeitig erhöht sich, wie bei Fussgängern
Am Fach-Kongress aktiv beteiligt sind 2011 erst-
auch, die Wahrscheinlichkeit gesundheitlicher
mals auch die Schweizer Paraplegiker-Stiftung
Komplikationen, etwa Herz-Kreislauf-Probleme
(SPS) und die Schweizer Paraplegiker-Forschung
oder Diabetes. Hinzu kommen lähmungsbeding-
(SPF). Die SPS unterstützt die Durchführung in
te Störungen bestimmter Organe, die sich im
Partnerschaft mit den Organisatoren. Die SPF
Alter verschärfen können, sowie neue, zusätzliche Anforderungen im Umfeld. Im Sinne von Prävention und im Interesse der Betroffenen enga-
Test mit neuen Patientenzimmern Auf der Station B des Schweizer Paraplegiker-Zentrums (SPZ) sind derzeit Bauarbeiter am Werk. Die Klinik in Nottwil ist seit über 20 Jahren in Betrieb, und die Pflegestationen müssen in den kommenden Jahren saniert werden. Aber wie? Bei dieser Frage sollen vorerst drei unterschiedlich eingerichtete Testzimmer – ein 4er-, ein 2er- und ein 1er-Zimmer – weiterhelfen, die ab Mitte Juli zur Verfügung stehen: Die Anordnung der Betten und Lavabos sowie die Ausgestaltung der Nasszellen variieren, Vorhänge sorgen für mehr Privatsphäre, die Schränke sind grösser und enthalten einen Safe. Auch die Telefon-, Internet-, TV- und Radio-Systeme werden auf den neusten Stand gebracht. Gegen die starke Sonneneinwirkung und Hitze im Sommer kommen neu Storen sowie Decken- oder Bodenkühlungen zum Einsatz. Letztere könnten dereinst ökologisch sinnvoll und hoch-effizient sogar mit Wasser aus dem Sempachersee gekühlt werden. Patienten und Mitarbeitende testen die Zimmer ab Sommer während drei Monaten. Ihre Erfahrungen und Anregungen sind später massgebend für das weitere Vorgehen der zuständigen Projektgruppe, der Mitarbeitende aus diversen Bereichen des SPZ sowie Rollstuhlfahrer angehören.
gieren wir uns hier vermehrt. Vor allem die SPF kann durch ihre Arbeit wesentlich dazu beitra-
Agenda 2011 4. Juni Internationaler Rollstuhl-Marathon und Handbike-Strassenrennen Oensingen SO 22. – 26. Juni Schweizer Meisterschaften Handbike Sierre VS 25. Juni Sommerfest für ehemalige SPZ-Patienten SPZ Nottwil Weitere Infos und Anmeldung unter www.paranet.ch/Veranstaltungen 7. – 17. Juli Weltmeisterschaften Bogenschiessen Turin (Italien) 12. – 17. Juli Swiss Open Rollstuhl-Tennis, Genf
gen, bevorstehende Herausforderungen richtig anzugehen und tragbare Lösungen zu finden.» Weitere Informationen und Anmeldung:
13. August Schweizer Meisterschaften Junioren Rollstuhl-Leichtathletik, SPZ Nottwil
www.wdaforum.org
Fünf neue Partner Swiss Paralympic erhält finanzielle und anderweitige Unterstützung von fünf weiteren Unternehmen. Eine bedeutsame Partnerschaft zur Förderung von Schweizer Spitzensportlern mit einer Behinderung wurde mit Allianz Suisse geschlossen. Der Beitrag der Versicherungsgesellschaft soll mithelfen, ambitionierten Athleten bessere Voraussetzungen für das Erreichen hochgesteckter Ziele an internationalen Meisterschaften zu gewährleisten. Zudem verspricht man sich von weitreichender Zusammenarbeit auch, in der Öffentlichkeit mehr Interesse am paralympischen Sport wecken zu können. Allianz SE sponsort auch das Internationale Paralympische Komitee (IPC). Ein Kooperationsvertrag wurde zudem mit der Rehaklinik Bellikon (AG) unterzeichnet. Auch diese ist nun offizieller Partner von Swiss Paralympic. DermaPlast wiederum stellt Erst-Hilfe-Material zur Verfügung, während die Leistungen von BP einen Förderungsbeitrag, Benzin-Gutscheine sowie ständigen Rabatt für Mitglieder an BP-Tankstellen in der Schweiz umfassen. Neuer, zusätzlicher Gold TeamSponsor ist Globetrotter – ein Reiseanbieter, der spezielle Bedürfnisse von Sportlern aus langer Erfahrung kennt.
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PORTRÄT
Ein Leben in Schwarz-Weiss Über Jahrzehnte hat Katja Snozzi mit ihrer Kamera das Weltgeschehen festgehalten – fröhliche, schaurige und traurige Momente. Heute fotografiert die 64-Jährige kaum mehr; seit einer Operation im Dezember 2008 ist sie auf den Rollstuhl angewiesen. Das hindert sie jedoch nicht daran, eine grosse Ausstellung in Locarno vorzubereiten.
Text: Christine Zwygart | Bilder: Astrid Zimmermann-Boog
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ilder sagen mehr als Worte. Vielleicht hätte Fotografin Katja Snozzi diese Szenerie früher sogar mit ihrer Kamera festgehalten: Der Wind, der durch ihren Garten in Verscio TI fegt und die ausladenden Blätter der Tessiner Palmen zerzaust. Die Blumentöpfe mit Stiefmütterchen und Margriten, die den Sitzplatz zieren. Und dann mitten in dieser Idylle, zwischen Haus und Rasen, steht ein knallroter Rollstuhl. Einsam und verlassen. Unschuldig und doch irgendwie verdächtig. Ein Verräter, der mehr über die Bewohnerin preisgibt, als ihr lieb ist. Sie selber bezeichnet ihn ironisch als «meinen Ferrari», zu dem sie eine zwiespältige Beziehung
pflege: «Er ist immer für mich da, aber ich will ihn nicht überstrapazieren.» Im Haus benützt die 64-Jährige lieber ihren Rollator, der auch jetzt neben dem weissen Sofa in Griffnähe steht. Mit ihrem Ehemann Mucio geniesst Katja Snozzi hier einen Kaffee und lässt den Morgen gemütlich angehen. Das ebenerdige Haus ist mit antiken und modernen Möbeln eingerichtet, dekoriert mit viel afrikanischer Kunst. «Ich habe meine Kindheit in Kenia verbracht, meine Eltern hatten eine Farm in der Nähe von Eldoret», erzählt sie. Dort ist ihre Liebe zum schwarzen Kontinent entbrannt. Und lodert bis heute. Gefühllos Eine Safari im Rollstuhl – ob das wohl möglich wäre? Katja Snozzi überlegt und erzählt dann, was im Dezember 2008 passiert ist: Nach einer Routine-Operation am Rücken erwacht sie mit dem Gefühl, dass etwas nicht stimmt: «Ich kann bis heute mein linkes Bein und den Fuss nicht kontrollieren, das Gefühl von der Taille an abwärts ist kaum vorhanden.» Was genau dazu führte, versuchen Gutachter herauszufinden. «Anfangs
Gemütlichkeit. Das Ehepaar Snozzi beim Lesen daheim in Verscio TI. Katjas Rollator steht griffbereit neben dem Sofa.
war ich optimistisch, dachte, das sei nur vorübergehend.» Doch nach zwei von insgesamt sechs Monaten im Schweizer Paraplegiker-Zentrum (SPZ) in Nottwil sagten die Ärzte: «Das wird nicht besser», und bestellten ihr einen eigenen Rollstuhl. Ein entsetzlicher Moment sei das gewesen. «Ich? Ein Rollstuhl? Soll ich den mit nach Hause nehmen? Das war für mich undenkbar.» Mittlerweile habe sie sich in die neue Situation «notgedrungen hineingelebt». Ohne Ehemann Mucio und gute Freunde hätte sie diese schwere Phase nie überstanden. «Mein Leben hat sich radikal verändert. Hilfe anzunehmen, fällt mir noch immer schwer. Denn ich kann nicht viel zurückgeben.» Ihr Mann winkt ab und meint: «Sicher haben wir uns
die Pension anders vorgestellt. Doch wir kommen zurecht.» Seit über 40 Jahren sind die beiden verheiratet, haben zwei Kinder und drei Enkel, die Bande sind stark. Und natürlich gibt’s vieles, das nie mehr sein wird wie zuvor. Grosse Sachen, wie spontane Ausflüge und Reisen, aber auch kleine, banale: «Ich liebe Handtaschen! Doch im Rollstuhl oder an Krücken kommen sie mir nur in die Quere. Deshalb habe ich meine schönsten Stücke verschenkt.»
Berührend Über 30 Jahre hat Katja Snozzi im Auftrag von Medien und humanitären Institutionen die Welt bereist und fotografiert. Menschen standen dabei immer im Mittelpunkt, oft gebeutelt von Krieg, Armut und Hunger. «Auf meinen Instinkt konnte ich mich in heiklen Momenten stets verlassen.» Trotz bester Vorbereitung geriet die Fotografin aber auch in kritische Situationen: So war sie in Kuwait-City, als Saddam Hussein 1990 dort
«Ich? Im Rollstuhl? Undenkbar!»
einmarschierte – und wurde zu einer seiner Geiseln. «Einen Monat lebte ich mit 23 Personen im kleinen Schweizer Konsulat. Das war happig, denn wir wussten nie, was Saddam macht und wie lange das Ganze dauert.» Fidel Castro, Dalai Lama, Yasser Arafat – die Fotografin hat unzählige Persönlichkeiten des Weltgeschehens getroffen. Doch geblieben sind ihr im Herzen andere Menschen: Wie das Mädchen Shani in Ruanda, das von Macheten verstümmelt worden ist. Das Leiden der Flüchtlinge im Bosnien-Krieg. Oder die 500 Kinder, die in Somalia Tag für Tag vor ihren Augen verhungert sind. «Am meisten beeindruckt haben mich Männer und Frauen, die in ihrem Leid die Würde und den Mut nicht verloren haben.» Ihren Protagonisten
Zweisamkeit. Katja und Mucio Snozzi sind seit über 40 Jahren verheiratet.
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PORTRÄT
Küche. Der Tisch lässt sich unterfahren. Das macht die Arbeit hier einfacher – wie das Schneiden der Colomba.
Garten. Katja Snozzi liebt Blumen, früher «gärtnerte» sie oft und gerne.
Ehepaar in Marama (Nigeria) 1992
«Bilder bewirken oft mehr als Worte»
ist sie immer gegenübergetreten, hat nie einfach nur aus der Ferne abgedrückt. So sind Aufnahmen entstanden, die unter die Haut gehen. Bilder, die einerseits das Leiden der Schwächsten sichtbar machen, andererseits aber auch ausgelassene Lebenslust und Fröhlichkeit zeigen. Rückblickend sagt Katja Snozzi: «Ich realisierte schnell, dass Bilder oft mehr bewirken als Worte.» Phantasievoll Man hört ihr gerne zu. Nicht nur, weil ihre Geschichten packend sind – Katja Snozzis Stimme ist angenehm tief und rauchig. Manchmal vergisst man dabei fast, auf den Inhalt zu achten. Doch dann kommt dieser monumentale Satz: «Heute fotografiere ich nicht mehr.» Pause. Wieso nicht? «Im Rollstuhl? Nein, bitte! Um auf meine Art zu fotografieren, muss ich beide Hände frei haben und mich schnell bewegen können.» Sie mag keine halben Sachen. Basta. Obwohl: Die Akkus der Kamera lädt sie immer wieder mal auf – eine jahrelange Angewohnheit. Man wisse ja nie . . . Ihre Welt ist kleiner geworden, und ihr Lebensmittelpunkt ist heute in Verscio. In diesem
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Mutter mit Kind im orthopädischen Zentrum des IKRK, Huambo (Angola) 1997
Dorf am Eingang zum Centovalli bewegt sich Katja Snozzi mit ihrem Rollstuhl eigentlich nie – zu eng und stotzig sind die Strassen und Gässchen. «Will ich mir was Gutes tun, begleitet mich meine Freundin Lucia ins Shopping-Center.» Sie sagt’s mit einem herzhaften Lachen, erzählt dann von der Physiotherapie, die sie zwei Mal pro Woche besucht. Ansonsten passiere in ihrem Alltag nicht viel. «Ja, ich sitze oft einfach da, höre Musik oder lese.» Das tönt nicht anklagend, es ist mehr eine Feststellung. Dann wird die Frau etwas verlegen; dank den tollen «Lehrerinnen» im Atelier für Gestaltung im SPZ habe sie eine neue Herausforderung angenommen: Töpfern und Seidenmalen. «Ausgerechnet! Dabei habe ich doch jahrelang über die Makramee-Kurse in der Toscana gespottet . . .» Im Moment bleibt jedoch kaum Zeit für diese neue, kreative Ader. Denn eine Idee von Katja Snozzi verwirklicht sich gerade: Nach verschiedenen Ausstellungen in früheren Jahren gibt’s diesen Sommer eine Retrospektive. Atemberaubend Im Büro daheim stapeln sich Bilderrahmen mit Vergrösserungen, Reise- und Fotobüchern – in
all den Jahren hat sich viel angesammelt. Dias und Negative sind längst eingescannt und geordnet. Katja Snozzis Fotos entstanden auf allen Kontinenten, die Intensität in ihrer Fülle ist atemberaubend. Das fand auch eine befreundete Künstlerin, die jemanden kannte, der jemanden kannte . . . So standen bald die Verantwortlichen von Locarnos Kulturdiensten bei ihr im Wohnzimmer. Das Ergebnis: «Wir machen eine Ausstellung!» Und zwar im Sommer während des Filmfestivals. «Das bedeutet mir sehr viel», erzählt die Künstlerin, die sich selber nie als solche bezeichnen würde. In Locarno wurde sie geboren, und hier zeigt sie nun eine Auswahl ihres Lebenswerks. Obwohl: «Mittlerweile habe ich fast ein bisschen Angst davor», gesteht Katja Snozzi. Und sie werde nach der Vernissage gleich für ein paar Tage mit Ehemann und Freunden nach Italien verreisen. «Die Besucher sollen meine Bilder anschauen. Nicht mich.» Lobhudeleien und all das Gerede mag sie nicht. Typisch Fotografin – ihre Bilder sagen eben mehr als Worte.
Flüchtlingsfrau an der Kosovo-Albanischen Grenze 1999
Ausstellung Katja Snozzis «MondoMomenti» findet vom 29. Juli bis 21. August in «La Casorella» (Eingang via Castello Visconteo) in Locarno statt. Öffnungszeiten: täglich von 10 bis 12 Uhr und von 14 bis 17 Uhr. www.katjasnozzi.ch
Jameela, Beirut (Libanon) 1979
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SOLIDARITÄT
Gut gerüstet für die Zukunft
Begleitung wurden 5,5 Mio. und für die Forschungstätigkeit 6,2 Mio. Franken aufgewendet. Überdies flossen 12 Mio. Franken in den Fonds «Ganzheitliche Rehabilitation».
Die Gönner-Vereinigung (GöV) der Schweizer Paraplegiker-Stiftung (SPS) ist für die Zukunft gut gerüstet. An der Mitglieder-Versammlung in Nottwil wurde eine positive Bilanz des Geschäftsjahres 2010 präsentiert. Ein wesentlicher Grund dafür liegt in der breiten Unterstützung der gemeinnützigen Institution durch die Bevölkerung.
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u den hervorstechenden Ergebnissen der Tätigkeit der Gönner-Vereinigung im vergangenen Jahr gehörte dasjenige in der Mittelbeschaffung. 2010 summierten sich die Einnahmen in der Sparte Solidarität – Mitgliederbeiträge, Spenden, Erbschaften und Legate – auf 73,7 Mio. Franken. Dies entsprach einem Anstieg von gegen fünf Prozent im Vergleich zu 2009. Auf hohem Niveau blieben auch der Bestand der aktiven
Mitglieder sowie die Anzahl Neuregistrierungen (41’200). Mit 835’000 Haushalten bzw. rund 1,5 Mio. Personen, die ihr angehören, ist die GöV weiterhin zweitgrösste NPO-Mitgliederorganisation im Lande. Geführt wird sie von einem achtköpfigen Vorstand. Vier Mitglieder desselben – Barbara Moser-Blanc (Rheinfelden AG), Vreni Stöckli (Ibach SZ), Pius Segmüller (Luzern) und Stephan Zimmermann (Zürich) – wurden an
Ihre Informationsquellen Die Gönner-Vereinigung (GöV) der Schweizer Paraplegiker-Stiftung hat ihren Geschäftssitz seit 1. Juli 2010 in Nottwil. Im dortigen Contact Center können Mitglieder auch den Einzel-Geschäftsbericht 2010 der GöV, die neuen Statuten und allgemeinen Mitgliedschaftsbestimmungen in gedruckter Form beziehen. Die genannten Dokumente sind ausserdem zum Herunterladen auf der Internet-Plattform www.paraplegie.ch erhältlich. Kontaktadresse: Gönner-Vereinigung, Contact Center, 6207 Nottwil, Telefon 041 939 62 62, mitglieder.sps@paraplegie.ch Geschäfts- und Finanzbericht SPG 2010 Die Tätigkeit 2010 von sämtlichen Gesellschaften der Schweizer Paraplegiker-Gruppe (SPG) und ihr nahestehenden Organisationen ist in allen Einzelheiten im Geschäftsbericht sowie im separaten Finanzbericht der SPG dokumentiert. Diese Publikationen gibt es ebenfalls auf www.paraplegie.ch oder in gedruckter Form. Kontaktadresse: Sekretariat Schweizer Paraplegiker-Stiftung, 6207 Nottwil, Telefon 041 939 63 63, sec.sps@paranet.ch).
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der Mitglieder-Versammlung für weitere zwei Jahre gewählt. Präsident Heinz Frei (Etziken SO), Hans Jürg Deutsch (Greifensee ZH), Hans Georg Koch (Grosswangen LU) und Christian Wenk (Dagmersellen LU) als übrige müssen erst 2012 bestätigt werden. Weiter wurden, nebst der Jahresrechnung, die Statuten in überarbeiteter Fassung genehmigt sowie die Beibehaltung der Mitgliederbeiträge in aktuell gültiger Höhe beschlossen. Anstieg der Ausgaben Höheren Erträgen standen letztes Jahr allerdings auch Mehr-Ausgaben für eine umfassende Versorgung von querschnittgelähmten Menschen gegenüber. Von 55,8 Mio. Franken insgesamt entfielen 15 Mio. auf Leistungen für unmittelbar Betroffene. An Direkthilfe wurden 6,3 Mio., zur Begleichung ungedeckter Pflegekosten 3,9 Mio. und an Unterstützungsbeiträgen für 29 GöV-Mitglieder 4,8 Mio. Franken entrichtet. Weitere 0,5 Mio. Franken erhielten verschiedene Institutionen für spezifische Projekte zu Gunsten von Menschen im Rollstuhl. Aus den gleichen Quellen stammten Betriebsbeiträge an die zum Leistungsnetz der SPG gehörenden Organisationen. Der Sektor Medizin (Hauptträger SPZ Nottwil) erhielt 13,6 Mio. Franken. Für den Bereich Integration und lebenslange
Leistungs-Kennzahlen Sparte Solidarität 2010
2009
Total Erlös (Angaben in Mio. CHF)
73,7
70,5
Mitgliederbeiträge
63,6
62,4
Spenden, Erbschaften und Legate
10,1
8,1
Total verwendete Mittel (Angaben in Mio. CHF)
55,8
55,4
Unterstützung GöV-Mitglieder
4,8
2,9
Direkthilfe querschnittgelähmte Personen
6,3
4,9
Abgeltung ungedeckter Pflegekosten
3,9
2,9
Direkthilfe gemeinnützige Institutionen
0,5
0,8
13,6
13,7
5,5
7,2
6,2
9,7
Unterstützungsbeiträge
Betriebsbeiträge Bereich Medizin Bereich Integration und lebenslange Begleitung Bereich Forschung
1)
Gönner-Vereinigung
3,0
Zuweisung Fonds «Ganzheitliche Rehabilitation» 1)
12,0
13,3
Starkes Image als Trumpf Obschon die GöV und die SPS derzeit auf gesunden Beinen stehen, müssen die Marketing- und Fundraising-Anstrengungen weiter intensiviert werden. Bei all dem können beide, ausser auf breite Unterstützung und Treue der Bevölkerung, auf einen besonderen Trumpf zählen: Die SPS gehört – neben der REGA und Médecins sans frontières – zu jenen gemeinnützigen Institutionen mit dem besten Image. Zusätzlichen Schub im Kampf um öffentliche Aufmerksamkeit gab es durch TV-Werbespots, die auch im laufenden Jahr gezielt eingesetzt werden. Flankierende Unterstützung leisten das Magazin «Paraplegie», das seit 2010 in grösserem Format und zeitgemässer Aufmachung erscheint, eine modernisierte, besser zugängliche Internet-Plattform (www.paraplegie.ch) sowie ein neuer, berührender Imagefilm mit dem Titel «Tag für Tag». Mehr Effizienz im Verkauf Der Verkauf von «Parashop»-Artikeln wurde in technischer und logistischer Hinsicht optimiert. Infrastruktur wie auch Lagerverwaltung, Versand und Inkasso sind durch eine externe Firma sichergestellt. Die Kooperation mit dieser ermöglicht auch eine effiziente Bearbeitung von Online-Bestellungen sowie das Bezahlen mittels Kreditkarten. Der Betrieb der Parabörse in Basel hingegen wurde nach 16 Jahren eingestellt und der gesamte Bestand in einer Auktion verkauft. Der Erlös floss vollumfänglich in die Unterstützung von querschnittgelähmten Menschen.
Das Labor wurde am 1. Januar 2010 von der Stiftung übernommen.
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DOSSIER
Weltweit im Einsatz Haiti, Nepal, Äthiopien – Mitarbeitende der Schweizer Paraplegiker-Gruppe helfen dort, wo die Not am grössten ist. Mit ihrem Wissen können Ärzte, Therapeuten und Pflegefachleute in Krisengebieten Leben retten. Solche humanitären Einsätze sind eine moralische Verpflichtung, finden die Verantwortlichen in Nottwil.
Zerstörung, Elend, Armut. Nach dem verheerenden Erdbeben in Haiti ist der Alltag für alle Betroffenen schwer. Besonders aber für Verletzte – und Querschnittgelähmte.
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Bild: KEYSTONE/AP Photo/Esteban Felix
DOSSIER
Text: Christine Zwygart | Bilder: Mitarbeitende der SPG
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anchmal sorgen Katastrophen für Aufsehen und rücken ein Land in den Fokus des Weltgeschehens. So wie das Erdbeben in Haiti, das unzählige Tote, Verletzte, Obdachlose forderte – und viele Querschnittgelähmte zurückliess. Manchmal geschehen Schicksalsschläge aber auch, ohne dass die Welt davon erfährt. Wenn jemand beispielsweise in Nepal auf dem Dach eines Busses mitfährt, beim Bremsen herunterfällt und sich den Rücken bricht. Oder wenn Menschen in Äthiopien bei der Nahrungssuche von Bäumen stürzen und ihre Beine nicht mehr spüren. In Entwicklungsländern sind die Folgen für Querschnittgelähmte noch gravierender als anderswo. Die meisten sterben in den ersten Stunden oder Tagen, da sie keine medizinische Behandlung erhalten. Überstehen sie mit Glück die kritische Phase, stehen ihnen schwere Zeiten bevor. Denn RehabilitationsKliniken gibt es in Drittwelt-Ländern kaum und medizinische Nachsorge fehlt. Um dies zu ändern, geben Spezialisten der Schweizer Paraplegiker-Gruppe (SPG) ihre Erfahrungen in Betreuung, Behandlung und Begleitung von Querschnittgelähmten weiter. Nepal im März 2009 Pflege-Expertin Miriam van Schriek muss einem Mann Blut abnehmen und weiss: «Das darf nicht danebengehen.» Denn medizinisches Material ist knapp im Spinal Injury Rehabilitation Centre (SIRC) in Nepal, und alles müssen die Patienten selber bezahlen. Überhaupt ist das Arbeiten in der Rehabilitationsklinik bei Banepa, 20 Kilometer südöstlich von Katmandu, ganz anders als im Schweizer Paraplegiker-Zentrum (SPZ). «Das ‹europäische› Denken schaltet man besser ab», sagt die 41-Jährige. Der Zusammenhalt untereinander ist stärker, jeder hilft jedem. Dafür gibt’s nur ein paar Stunden pro Tag Strom, und das Per-
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sonal trägt selbst im Gebäude Winterjacken – ein Heizung fehlt. Braucht einer der 50 Patienten ein Medikament, müssen die Angehörigen dieses zuerst bezahlen. Mit Patienten, Pflegenden und Angehörigen übt das Team aus der Schweiz einfache, aber hilfreiche Handgriffe. Wie kann ein Patient rückenschonend vom Bett in den Rollstuhl transferiert werden? Miriam van Schriek und ihre Kolleginnen zeigen die Prozedur und schulen so das einheimische Personal: «Manchmal ist das schwierig, weil nicht alle gut englisch verstehen.»
Basteln. SPZ-Oberarzt Hans Georg Koch feilt mit einem Patienten in Nepal ein Rutschbrett, das beim Transfer aus dem Rollstuhl hilft.
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Wertvolle Hilfe vor Ort. 1 Michael Baumberger, Chefarzt Klinik SPZ, und Sibille Bühlmann im Prothesen-Zentrum von Jimma. 2 Miriam van Schriek beim Transfer-Training in Nepal. 3 Sibille Bühlmann mit Patientin in Haiti und 4 Alexandra Rauch beim Daten erheben. 5 Michael Baumberger mit einem haitianischen Arzt
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Hans Georg Koch, Oberarzt im SPZ, versucht derweilen, die schlecht informierten Patienten aufzuklären. «Anhand von Röntgenbildern erläutere ich den Sachverhalt. Und bringe ihnen schonend bei, dass eine Querschnittlähmung nicht plötzlich wieder verschwindet.» Aus Sperrholz bastelt der 56-jährige Mediziner mit den Paraplegikern Rutschbretter für den Transfer – geübt wird dann mit der Ambulanz. «Das ist das einzige Auto, das uns zur Verfügung steht.» Verbände wechseln, Krankenakten durchgehen, knifflige
Fälle begutachten – das Team arbeitet hier mit viel Engagement. Im Schnitt ein Mal pro Jahr reisen SPZ-Mitarbeitende für ein paar Wochen nach Nepal, um Kontinuität und Nachhaltigkeit zu garantieren. Haiti im Sommer 2010 Drückend liegt die Hitze über Cap Haitien im Norden des Landes. «Das Arbeitstempo ist hier auf Haiti langsamer, denn die Temperaturen setzen Grenzen», erzählt Alexandra Rauch. Die 42-jährige Physiotherapeutin und
Gesundheitswissenschaftlerin arbeitet in der Schweizer Paraplegiker-Forschung (SPF). Fünf Monate nach dem Erdbeben reist sie mit einem SPZ-Team ins Provinzspital, um bei der Rehabilitation von Querschnittgelähmten mitzuhelfen. Wie immer bei solchen Einsätzen geht es darum, fehlendes Wissen zu vermitteln. Von den Lebensbedingungen vor Ort ist sie erschüttert: «Die in Armut lebenden Haitianer haben kein sauberes Trinkwasser und die hygienischen Bedingungen sind katastrophal.»
Die Forscherin ist mit einem speziellen Auftrag hier her gereist: Sie erhebt Daten über Querschnittgelähmte. Wie sieht es aus punkto Blasen- und Darmfunktion, Schlaf, Schmerzen, Mobilität, Zugang zu Gebäuden, der beruflichen Situation, der Integration in die Gesellschaft und dem entsprechenden Bedarf an Pflege und Therapien? «Längerfristig wollen wir ein einfaches Instrument entwickeln, mit dem Informationen über den rehabilitativen Bedarf von Querschnittgelähmten gewonnen werden können.» Damit Länder in Not einen
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ROLLSTÜHLE
Hausbesuch im Nepal. Das Leben weitab von geteerten Wegen ist mit dem Rollstuhl schwierig – auch für diesen Familienvater.
Überblick erhalten: Was ist bereits vorhanden, und was muss für eine gute Rehabilitation noch eingerichtet und organisiert werden. Während der vier Wochen vor Ort gelingt es dem SPZ-Team, die Patienten aus den Betten zu nehmen und zu mobilisieren, mit ihnen Kraft zu trainieren sowie ihre Selbstständigkeit mit dem Rollstuhl und ihre Körperpflege zu verbessern. Dabei kämpfen die Schweizer mit ungewohnten Arbeitsbedingungen wie Ziegen und Hunden, die durch die Klinik streunen. Oder Zäpfchen, die sich in der Bruthitze auflösen. Geplant ist nun der Aufbau einer Reha-Abteilung mit sechs Betten, damit die Nachsorge gesichert ist. Ein haitianischer Arzt reist eigens nach Nottwil, um im SPZ das entsprechende Know-how zu erhalten. Äthiopien im Dezember 2010 Die Zimmer des Universitäts-Spitals in Jimma sind zum Bersten voll, es herrschen chaotische Zustände. SPZ-Physiotherapeutin Sibille Bühlmann versucht sich einen Überblick zu verschaffen, wer hier für was zuständig ist: «Doch das ist nicht einfach, denn vom einheimischen Personal tragen alle weisse Kittel», erzählt die 32-Jährige. Die Klinik liegt 250 Kilometer südwestlich der Hauptstadt Addis Abeba, die
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Patienten hier leiden an Tuberkulose, Lepra und Aids. Auch Querschnittgelähmte werden eingeliefert – wenn sie den oft langen Transport überleben. Niemand kennt sich hier mit dieser Behinderung aus, Rollstühle sind rar, und meistens liegen die Patienten im Bett. Wenn sie nicht mehr arbeiten können, fallen sie der Sippe sowieso nur zur Last. Begeistert sind Oberarzt Koch und Sibille Bühlmann hingegen vom Prothesen-Zentrum, das zum Spital gehört: «Hier herrscht Ordnung, und das Personal ist gut ausgebildet.» Fünf Angestellte fertigen Mass-Schuhe, Gehapparate, Korsette und Prothesen. Geplant ist eine Produktion von Rollstühlen mit Teilen, die im Fahrradhandel erhältlich sind. «Somit wären sie unabhängig von Ersatzteilen aus dem Ausland. Da der Import schwierig ist, wäre dies sinnvoll», urteilt Koch. Das SPZ-Team ist nach Äthiopien gereist, um einen Augenschein zu nehmen. Soll sich die SPG hier engagieren? Die Stiftung könnte beispielsweise das Prothesen-Zentrum unterstützen, die dringend nötigen Physio- und Ergotherapeuten besser ausbilden oder beim Aufbau einer Rehabilitations-Abteilung helfen. Noch ist offen, wie und ob sich Nottwil in Äthiopien engagiert.
Können verpflichtet Manchmal wird die SPG direkt angefragt, ob sie helfen kann (zum Beispiel in Nepal), manchmal bietet sich die Stiftung selber an (Haiti), und manchmal wünschen sich andere Partner vor Ort ein Engagement der Spezialisten in Nottwil (Äthiopien). Die Schweizer Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit Deza unterstützt finanziell das Internationale Komitee vom Roten Kreuz und Handicap International, die sich beide für Anliegen der Rollstuhlfahrer stark machen. Eigene Projekte hat die Deza indes nicht: «Die fachlich sehr spezifische Unterstützung und Behandlung von Querschnittgelähmten stellt in unseren Partnerländern keine Priorität dar», sagt Sprecher Lars Knuchel. Die Deza konzentriere sich darauf, dort die Basis der Gesundheits-Versorgung zu verbessern. So bleibt Nottwil erste Anlaufstelle für Anfragen aus dem Ausland. Denn hier arbeiten die Mitarbeitenden, die das komplexe Wissen mitbringen und mit Herzblut dabei sind. So sagt Sibille Bühlmann: «Ich kann mit einem Einsatz im Ausland zwar nicht die Welt verändern, aber einem einzelnen Menschen etwas Gutes tun.» Nie mehr vergessen wird Miriam van Schriek das Abschiedsfest mit Kuchen und Tee in Nepal: «Da gabs nur strahlende Gesichter und viele Hände, die gleich einen Vorrat an Süssigkeiten hamsterten.» Und tief eingebrannt hat sich bei Alexandra Rauch der krasse Unterschied auf der karibischen Insel Haiti: «Hier ein traumhafter Strand, da die katastrophalen Lebensbedingungen.» Antrieb für alle ist der humanitäre Aspekt. Oder wie Hans Georg Koch betont: «Wir nehmen für uns in Anspruch, in der Rehabilitation von Querschnittgelähmten die Besten zu sein. Das verpflichtet uns, anderen zu zeigen, wie das gemacht wird.» Zum Wohle von Para- und Tetraplegikern auf der ganzen Welt.
Projekt in Pakistan Theo Basler gehört zu den Entwicklungshelfern der ersten Stunde. Der Pflege-Experte arbeitete erstmals Anfang der 80er-Jahre im Auftrag des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz in der pakistanischen Stadt Peshawar und half dort, ein neues Rehabilitationszentrum für Kriegsverletzte zu eröffnen. Nach dem grossen Erdbeben kehrte er im Januar 2007 erneut nach Pakistan zurück – diesmal als Mitarbeiter des Schweizer Paraplegiker-Zentrums. «Die Sicherheitslage war damals schwierig, frei bewegen konnten wir uns nicht», erinnert sich der heute 66-Jährige. Der Einsatz fand in Rawalpindi, der Zwillingsstadt von Islamabad, statt. In einem Rehabilitationszentrum des Militärs schulte das SPZ-Team einheimisches Personal – und fand dabei alte Relikte: «Die Drehbetten, die dort im Einsatz waren», erzählt Theo Basler, «kannte ich noch aus den 70er-Jahren.» Und er erinnert sich auch gut an die Schwierigkeiten, die es zwischen den Kulturen gab: «Ein in der Tradition verwurzelter Pakistani würde nie eine fremde Frau berühren. Und eine einheimische Frau nie einen fremden Mann. Anders verhalten sich Leute, die mit westlichem Denken in Berührung kamen.» So waren für die Pflege der Patienten die Angehörigen zuständig. Nur nach und nach fielen diese Schranken, denn die Schweizer Helfer packten überall beherzt zu. Der Einsatz in Pakistan ist eines von vielen Projekten, das die Schweizer Paraplegiker-Stiftung in der Vergangenheit unterstützte. So fanden auch Workshops in Thailand, Arbeitseinsätze in Litauen, Fachreferate in Indien und Italien statt.
Praktische Übung. Pakistanische Pflegerinnen wickeln Theo Baslers Beine für eine Lymphdrainage ein.
«Wir geben Wissen weiter – das ist sehr nachhaltig»
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aniel Joggi, 61, ist Präsident der Schweizer Paraplegiker-Stiftung (SPS), die auch Hilfseinsätze im Ausland finanziert.
Ist Katastrophen- und Entwicklungshilfe wirklich eine Aufgabe der SPS? Wir besitzen in der Behandlung und Pflege von Querschnittgelähmten ein grosses Wissen. Dieses bieten wir gerne an, wenn irgendwo auf der Welt Not herrscht. Sicher gehört Entwicklungshilfe aber nicht zu unserem Kerngeschäft, deshalb suchen wir auch nicht aktiv nach Projekten, die wir unterstützen könnten. Gibt es für solche Einsätze ein spezielles Budget? Nein, wir entscheiden von Fall zu Fall. Dabei geht es auch nicht um sehr hohe Beträge: Die Löhne der Mitarbeitenden laufen normal weiter, die Stiftung übernimmt Transport, Unterkunft und Logistik. So hat der vierwöchige Einsatz in Haiti beispielsweise 30’000 Franken gekostet – ohne Löhne. Nach welchen Kriterien entscheiden Sie, ob sich die Stiftung engagiert? Das ist sehr individuell, denn bis jetzt haben wir kein generelles Konzept. Eine Idee wäre jedoch, dass wir eine Art Notfall-Container parat stellen und die Mitarbeitenden darauf schulen. So wäre es künftig möglich, nach einer Katastrophe schnell auszurücken, um bereits in den wertvollen ersten Tagen vor Ort zu sein. Es kommen auch ausländische Fachleute ins SPZ. Was bekommen sie mit auf den Weg? Wir können zeigen, wie weit entwickelt die Technologie heute ist. Und was man auch mit einer weniger modernen Ausrüstung erreichen kann. Denn der Prozess ist meistens wichtiger als das Gerät. Wenn die Auflösung des Röntgenbildes nicht so hoch ist, spielt das nur bei einem von zwanzig Fällen eine Rolle. Viel wichtiger ist die richtige Interpretation. Wie nachhaltig sind die Projekte? Wir erledigen die Arbeit nicht selber, sondern bilden Einheimische vor Ort aus. Dieser Wissens-Transfer ist sehr nachhaltig. Wer weiss, wie ein Prozess funktioniert, kann sein Können immer und überall einsetzen. Sind wir verpflichtet zu helfen? Ja, wir sind moralisch verpflichtet, jenen zu helfen, denen es schlechter geht als uns. Der Solidaritätsgedanke ist typisch für die Schweiz.
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INTERVIEW
«Wir dürfen keine Wunder erwarten» Professor Martin E. Schwab ist federführend auf dem Gebiet der RückenmarksForschung. Mit seinem 30-köpfigen Team kann er an der Universität Zürich erste Erfolge verbuchen. Der 62-Jährige über intakte Chancen, lähmende Bürokratie und weltweite Projekte. Persönlich Interview: Christine Zwygart | Bilder: Astrid Zimmermann-Boog
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Teamarbeit. Mit einer Mitarbeiterin diskutiert Schwab eine Analyse.
ie forschen seit über 25 Jahren, wie man durchtrennte Nerven wieder zum Wachsen bringen kann. Was interessiert Sie daran? Dieses wissenschaftliche Thema galt früher als hoffnungslos. In Lehrbüchern stand, es gebe keine Reparatur von Hirn- oder Rückenmark nach grossen Verletzungen. Ich arbeitete damals auf diesem Gebiet und hatte Hinweise, dass sich da vielleicht doch etwas machen liesse. Deshalb beschloss ich, diese Nuss zu knacken.
Wie kam es zu Ihrer Entdeckung eines körpereigenen Stoffes, der die Nerven hindert, wieder zusammenzuwachsen? Der Ursprung war eine Beobachtung in Zellkulturen, die sich komisch verhielten. Wir studierten und kamen auf die Idee, dass es so etwas wie Wachstums-Hemmstoffe geben könnte. Also gingen wir der Frage nach, was diese Hemmer genau verhindern. Und was sie im Rückenmark oder im Hirn bewirken. Sie entwickelten einen Antikörper. Was macht der genau? Der so genannte «anti-Nogo»-Antikörper schaltet einen der wichtigsten Wachstumshemmer aus; nämlich ein Eiweiss, das in den Nervenfaserhüllen im Rückenmark und Gehirn vorkommt. Dadurch können die Nervenfasern nachwachsen. Viele verschalten sich wieder sinnvoll, sodass ein verletztes
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Martin E. Schwab wurde am 11. April 1949 in Basel geboren. Er studierte Zoologie mit Botanik und Chemie als Nebenfach und promovierte 1973. Als Postdoktorand konnte er am Biozentrum Basel einen Nervenwachstumsfaktor nachweisen. Nach der Habilitation 1978 arbeitete er in Harvard (USA) und am Max-Planck-Institut für Psychiatrie in München (D), wo er die Existenz von Nervenwachstums-Hemmstoffen nachwies. 1985 wurde er ans Institut für Hirnforschung der Universität Zürich berufen. Seit 1997 hat er eine Doppelprofessur am Biologie-Departement der ETH Zürich, die seit 1998 gemeinsam mit der Universität ein Zentrum für Neurowissenschaften betreibt. Seine Forschung konzentriert sich auf das Ausschalten des so genannten «Nogo»-Proteins, das die Nervenfasern hindert, wieder zusammenzuwachsen. Schwab ist seit 1972 mit der Künstlerin Ruth Handschin verheiratet und lebt in Zürich.
Tier – und in Zukunft hoffentlich ein Patient – sein Bein oder den Arm besser bewegen kann. Gemeinsam mit Novartis entwickelten wir einen Antikörper, den wir den Menschen verabreichen können. Der Antikörper wird in den Flüssigkeitsraum gespritzt, der sich unten in der Lendenwirbelsäule befindet. Die klinische Studie dazu läuft noch. Gibt’s dennoch bereits Tendenzen? Tests an über 50 Patienten zeigen: Die Antikörper erzeugen keine Nebenwirkungen. Und es ist möglich, das Medikament wie geschildert ins Rückenmark zu bringen – das
hat zuvor noch niemand versucht. Als nächstes müssen wir nun die Wirksamkeit in einem Blindversuch nachweisen. Die einen Patienten erhalten das Medikament, andere nur ein Placebo. Dieser Versuch beginnt noch 2011 und dauert etwa zwei Jahre. Sind die Patienten dafür schon bestimmt? Frischverunfallte Patienten, die ausschliesslich an einer Rückenmarksverletzung leiden und keine anderen gesundheitlichen Probleme haben, werden weltweit rekrutiert. Gesucht sind vorerst vor allem Tetraplegiker,
weil das Halsmark die Atmung und die Arme steuert. Experimente an Affen haben gezeigt, dass die Erfolgschancen dort am besten sind. Und wir arbeiten nur mit Frischverletzten, da diese auf die Therapie besser ansprechen. Wieso? Ist eine Nervenzelle verletzt, macht sie einen spontanen Reparaturversuch; wie ein Baum, der nach dem Zurückschneiden neu ausschlägt. Dieser Prozess findet jedoch nur in den ersten zwei Wochen nach dem Unfall statt und stoppt dann wegen den Hemmstoffen. Bei Querschnittgelähmten, die schon länger im Rollstuhl sitzen, sind die Nerven-
zellen wachstumsinaktiv. Um diese zu reaktivieren, braucht es zusätzliche Stimulation und eine Kombination von Antikörpern und Wachstumsfaktoren. In Tieren erzielten wir damit bereits Erfolge. In Menschen müssen wir aber zuerst zeigen, dass beide Therapien separat funktionieren. Daran arbeiten wir.
Weltklasse. Professor Martin Schwab in seinem Labor an der Universität Zürich.
Wie funktioniert der klinische Test über die Landesgrenzen hinweg? Das ist unheimlich kompliziert, denn wir benötigen in allen Ländern eine spezielle Bewilligung. Ausserdem müssen wir sicherstellen, dass die Antikörper überall gleich verabreicht, die anschliessenden Tests und
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fen koordinieren können. Die Kontrolle vom Hirn her funktioniert allerdings nicht mehr. Wenn man diese Schaltkreise elektrisch stimuliert, arbeiten sie wieder. Das wurde an Ratten und Mäusen getestet. Die Hoffnung ist, dass bei Schwerverletzten vielleicht dieser Prozess wieder in Gang gebracht und mit anderen Therapien kombiniert werden kann. Am Paraplegiker-Zentrum Balgrist in Zürich sollen diesen Sommer zwölf Patienten mit neuronalen Stammzellen therapiert werden. Was will man damit bewirken? In einem amerikanischen Forschungsverbund, der von der Stiftung des ehemaligen Superman-Darstellers Christopher Reeve finanziert wird, arbeiten mehrere Gruppen mit Stammzellen im Tierexperiment. Diese Zellen können im Rückenmark eine RelaisFunktion übernehmen; also eine Umschaltstelle bilden, die abgequetschte Nervenstränge auf noch funktionierende Bahnen umlenkt. Diese Erkenntnisse sollen nun auf den Menschen übertragen werden, auch um sicherzustellen, dass es keine Nebenwirkungen gibt. Eine Gruppe in Schweden hat beim
Forschen für ein besseres Leben im Rollstuhl Die Schweizer Paraplegiker-Forschung (SPF) in Nottwil startet im Sommer mit einer grossangelegten Befragung: Die «Swiss Spinal Cord Injury Study» (SwiSCI) ist die erste Langzeitstudie für Menschen mit Rückenmarksverletzungen in der Schweiz. Sie setzt sich ganzheitlich mit physiologischen Funktionen, aber auch mit psychologischen Aspekten und der gesellschaftlichen Integration Betroffener auseinander – mit dem Ziel, deren Lebensqualität zu verbessern. Die Schwerpunkte erstrecken sich von der klinischen Rehabilitation, der pflegerischen und therapeutischen Versorgung bis zur sozialen Teilhabe und Chancengleichheit in der Gesellschaft. Besonderes Augenmerk liegt auf der Frage, welche Faktoren dazu beitragen, im Alter gesund zu bleiben. Die erhobenen Daten kommen dann in eine Datenbank, die Grundlage für ein nationales und internationales Forschungsnetzwerk bilden wird. Die SPF wird von der Schweizer Paraplegiker-Stiftung (SPS) finanziell unterstützt. Mit der Anerkennung als ausseruniversitäre Forschungsinstitution durch Bund und Kanton Luzern, mit der Schaffung einer Professur an der Universität Luzern für Gesundheits-Wissenschaften und -Politik erfüllt die SPF auf dem Forschungsplatz Schweiz eine wichtige Aufgabe. Ihre Kernkompetenz umfasst die Forschung zum Zusammenspiel körperlicher, psychischer und sozialer Faktoren bei der Entwicklung und Überwindung von Behinderung. Mehr Infos: www.swisci.ch
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«Mir schreiben Betroffene aus der ganzen Welt» Versuch mit Ratten eine starke Schmerzrelevanz festgestellt – da muss man also vorsichtig sein. Gibt’s weltweit andere Projekte, die Sie aufmerksam verfolgen? Eine Firma in Kalifornien versucht ebenfalls, mit Stammzellen die Nervenhüllen zu reparieren. Weiter laufen Versuche, Narbengewebe enzymatisch abzubauen oder zu überbrücken. Andere Forscher versuchen, die Wachstumsfaktoren der Nerven zu begünstigen. Viele dieser Studien sind ermutigend, aber dennoch zur Zeit noch weit von einer klinischen Anwendung entfernt. Arbeiten Forscher zusammen – oder sind sie doch eher Konkurrenten? Sie sind häufig beides: Kollegen, die zusammenarbeiten, aber auch Konkurrenten. Dennoch ist die Vernetzung sehr wichtig, weil ein Resultat nur gut ist, wenn die Kollegen es kennen und sagen: Das ist gut! Deshalb publizieren wir alle unsere Resultate in internationalen Zeitschriften.
Wie erfolgreich ist die Schweiz im Vergleich zum Ausland? In der Hirnforschung ist die Schweiz hinter den USA und England die Nummer 2. Und im Bereich der Querschnittlähmung sind wir eines der bekanntesten Labors weltweit. Ist unsere Gesetzgebung Ihnen dabei hilfreich? Wir sind dankbar, dass uns die Politik finanziell unterstützt. Auch wenn wir nicht gerade im Geld schwimmen und viele Mittel selber akquirieren müssen. Unzumutbar ist hingegen die Bürokratie, die immer mehr zunimmt. Mein Tag ist ausgefüllt mit Vorlesungen geben, Geld beschaffen, Ideen haben, Publikationen schreiben, Studenten betreuen – und so bleibt das Verständnis beim Ausfüllen des x-ten Formulars und bei der x-ten Zählung jeder Maus auf der Strecke. Ich könnte heute nicht mehr arbeiten ohne jemand, der halbtags nichts anderes macht, als sich um diese Bürokratie zu kümmern. Wir müssen uns ernsthaft die Frage stellen: Stehen wir zur biologisch-medizinischen Forschung? Ja?
Dann braucht‘s Tierversuche. Und schliesslich haben wir in der Schweiz die strengste Gesetzgebung weltweit. Spüren Sie einen Druck von Seiten der Rollstuhlfahrer? Ich kenne viele Betroffene von der Arbeit her oder aus meinem Bekanntenkreis. Und wir erhalten unzählige Briefe und E-Mails von Betroffenen aus der ganzen Welt. Ihnen allen erklären wir offen, wo wir mit unserer Arbeit stehen. Uns ist bewusst, dass viel Hoffnung auf unserer Arbeit ruht. Ich schreibe den Menschen, dass bei unserer Forschung sicher etwas herauskommen wird – aber damit nicht alle Probleme gelöst sind. Wir erzielen höchstens einen Teilerfolg, aber weitere Schritte werden folgen. Unser Ziel ist momentan, dass ein inkomplett Gelähmter in seiner Wohnung den Rollstuhl nicht mehr braucht. Oder dass ein Tetraplegiker seine Hände wieder benützen oder selber atmen kann. Darauf konzentrieren wir uns im Moment. Wunder dürfen wir jedoch keine erwarten.
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Beratung. Ergotherapeut Stephan Mausen (r.) erklärt Patient Philippe Blanchard die Funktion eines speziellen Sitzkissens für den Rollstuhl.
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Der Sitz muss sitzen Querschnittgelähmte verbringen viele Stunden pro Tag im Sitzen. Stimmen Haltung und Stabilität nicht, hat das gravierende Folgen.
Text: Christine Zwygart | Bilder: Astrid Zimmermann-Boog
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erdrehtes Becken, buckliger Rücken, überspannter Nacken – sitzt ein Rollstuhlfahrer nicht optimal in seinem Gefährt, beginnen früher oder später die Probleme. Stephan Mausen weiss, was das bedeutet: «Die Schultern schmerzen, die Rippen sind gequetscht, die Atmung fällt aufgrund der eingesunkenen Haltung schwer, und auf der Haut können gefährliche Druckstellen entstehen.» Der Ergotherapeut hilft Betroffenen im Rollstuhl-Sitz-Zentrum (RSZ) in Nottwil, die für sie idealen Anpassungen vorzunehmen. Manchmal braucht es dazu massgeschneiderte Sitz- und Rückenschalen, manchmal helfen auch spezielle Antidekubitus-Sitzkissen oder das korrekte Einstellen des Rollstuhls. Querschnittgelähmten fehlt die Motorik im Rumpf und das Bewusstsein für eine gute Körperhaltung. «Ist jedoch alles optimal auf die Bedürfnisse des Patienten abgestimmt, gewinnt dieser Lebensqualität, Balance und Selbstständigkeit zurück», so der Therapeut. Gerade Haltung, kaum Schmerzen Das hat auch Philippe Blanchard am eigenen Körper erfahren. Der 43-Jährige aus Sorvilier BE ist seit 1989 im Rollstuhl und litt früher arg: Sein Becken stand schief, die Wirbelsäule war krumm. «Heute habe ich keine Probleme mehr, die Schmerzen sind so gut
wie weg», erzählt der Paraplegiker. Eine Rückenschale gibt nun Halt, stützt hinten und auf der Seite. Ebenfalls hilft ihm eine Sitzschale, die den Druck aufs Gesäss optimal verteilt und seine Beckenknochen in eine horizontale Linie bringt – sodass Bauchnabel und Brustbein vertikal wieder gerade übereinander ausgerichtet sind. «Ich habe mich schnell an diese neuen Hilfsmittel gewöhnt. Mir geht es viel besser.» Jemanden nach Jahren wieder gerade aufzurichten, ist ein Prozess, der Monate in Anspruch nimmt. «Die Verkrümmung kam ja auch nicht von heute auf morgen», erklärt Stephan Mausen. Zuerst ermittelt der Spezialist mit Hilfe eines Fragebogens den IstZustand, misst die Druckverteilung beim Sitzen, nimmt Abdrücke von Gesäss sowie Rücken und findet heraus, wie aktiv der Pati-
ent im Alltag ist. «Denn viele Patienten haben Angst, dass wir sie mit grossen Rückenschalen einbetonieren und einengen», sagt Mausen. Natürlich bedeute mehr Halt auch mehr Material und somit mehr Gewicht am Rollstuhl. «Doch kenne ich niemanden, der die Hilfsmittel nach der Eingewöhnungszeit zurückgeben wollte.» Besonders berührt hat ihn die Geschichte einer Rollstuhlfahrerin, die nach 20 Jahren erstmals wieder beide Hände gleichzeitig benutzen konnte: «Die Balance im Rumpf stimmte nicht, sodass sie sich immer mit einem Arm irgendwo festhalten musste, um nicht nach vorne zu kippen.» Dank optimaler Sitzposition konnte dieses Problem gelöst werden. Heute kann die Patientin wieder beide Händen zum Essen und Tippen auf der PC-Tastatur brauchen.
Alle Fachleute unter einem Dach Um das Optimum für den Patienten herauszuholen, arbeitet im Schweizer Paraplegiker-Zentrum (SPZ) Nottwil ein ganzes Team für ihn: Ergotherapeuten helfen bei der Anpassung des Rollstuhls. Orthopädisten formen aus Schaum- und Kunststoffen dann die massgeschneiderten Sitz- und Rückenschalen. Und Physiotherapeuten trainieren mit dem Betroffenen den Gebrauch der neuen Hilfsmittel. Angegliedert ist das Rollstuhl-Sitz-Zentrum an die Ergotherapie.
Mehr Infos: www.rollstuhl-sitz-zentrum.ch
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DIE BESONDERE SPENDE
In Erinnerung an «Giùgiù»
Anmeldung und Infos: www.swisspreventioncenter.ch T +41 41 939 66 22
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Gedenktag. Die Familie Fera und Freunde von Giuseppe mit einer Collage des Verstorbenen und dem Scheck für die Stiftung.
Zwei Mal im Jahr gedenkt die Familie Fera ihres Giuseppe: An seinem Geburtstag im März und an seinem Todestag im August. «Giùgiù», wie ihn alle nannten, starb im Sommer 2009 an einer Schädelverletzung – nachdem ein Fremder vor einem Club in Lugano auf den damals 31-Jährigen eingeprügelt hatte. Seither sammeln Freunde, Bekannte und die Familie am Gedenktag jeweils Geld, das sie einem Hilfswerk spenden. So kam es, dass Vertreter der Schweizer Paraplegiker-Stiftung im Tessin einen Scheck von CHF 5000.– entgegennehmen durften. Wir danken von Herzen für diese grosszügige Spende.
Prävention im Arbeitsalltag
Geste der Verbundenheit
Am Monteurentag der Roth Gerüste AG in Frauenkappelen BE stand das Thema Sicherheit im Zentrum – schliesslich erfordert die Arbeit in luftiger Höhe eine konsequente Prävention, um Unfälle zu vermeiden. Beeindruckend war der Erfahrungsbericht eines Mitarbeiters, der sich beim Gleitschirmfliegen schwere Rückenverletzungen zugezogen hatte und für die Rehabilitation ins Schweizer Paraplegiker-Zentrum (SPZ) Nottwil kam. In seinem Referat erklärte SPZOberarzt Hans Georg Koch den Monteuren anschliessend die medizinische Seite einer Querschnittlähmung und erzählte von seiner Arbeit mit den Patienten. Beide Vorträge stiessen auf reges Interesse. Die Schweizer ParaplegikerStiftung bedankt sich herzlich für die Spende von CHF 3000.–, die sie dann von der Firma entgegennehmen durfte.
Die Schweizer Paraplegiker-Stiftung (SPS) und die Swissprinters Gruppe pflegen seit mehreren Jahren eine erfolgreiche Zusammenarbeit. In Zofingen, Standort des grössten ihrer vier Betriebe im ganzen Land, wird im Auftrag der SPS das Magazin «Paraplegie» hergestellt. Durch die enge Kooperation ist bei den Mitarbeitenden dort mittlerweile eine starke Verbundenheit mit dem Thema Querschnittlähmung und Menschen im Rollstuhl entstanden. Ausdruck dessen war jüngst die Übergabe eines Schecks über CHF 10’000.– durch eine Delegation von Swissprinters, angeführt von Alfred Wälti, Vorsitzender der Unternehmensleitung. Die Schweizer Paraplegiker-Stiftung dankt dem Traditions-Unternehmen herzlich für diese aussergewöhnliche Geste.
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Vertikallifte
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Sitzlifte Aufzüge Plattformlifte
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Scheck-Übergabe in Nottwil. Stehend, von links: Alfred Wälti (Vorsitzender Unternehmensleitung, Swissprinters AG ), Nicolas Sauvant (Gesamtleiter Verkauf, Swissprinters AG), Agnes Jenowein (Leiterin Unternehmenskommunikation und Marketing SPS), Renato Bolt (Leiter Verkauf Deutschschweiz, Swissprinters AG). Vorne: Daniel Joggi (Stiftungsratspräsident SPS).
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Treppenlifte · www.rigert.ch
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Meier + Co. AG, Oltnerstrasse 92, 5013 Niedergösgen www.meico.ch, Tel. 062 858 67 00, info@meico.ch
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Leichtrollstühle · Senioren-Rollstühle Rollstuhl-Schiebehilfen · Elektrorollstühle · Gehhilfen/Rollatoren Bewegungstrainer · Elektroscooter Dusch- und Badehilfen · Pflegebett
Mobilität hat einen Namen 8707 Uetikon: 6962 Viganello: 1510 Moudon:
Professionelle Hilfsmittelberatung bei uns, in der Klinik oder bei Ihnen zu Hause.
044 920 05 04 091 972 36 28 021 905 48 00
BRIEFE AN DIE STIFTUNG Zofingen · Tel 062 751 43 33 Baden-Dättwil · Tel 056 493 04 70 www.reha-hilfen.ch
HERAG AG Treppenlifte Tramstrasse 46 8707 Uetikon am See Mail: info@herag.ch www.herag.ch
Senden Sie mir Ihre Gratisinformationen Name Strasse PLZ Ort Telefon
Alles für die Pflege zu Hause: www.bimeda.ch Bimeda AG, 8184 Bachenbülach, Telefon 044 872 97 97
Der ORCA senkt tief in die Badewanne ab, damit Sie die Wassertiefe optimal ausnützen können.
Der patentierte Anschluss der Handbedienung, mit integriertem Akku, lässt sich leicht anschliessen und entfernen. Senkt sehr tief in die Badewanne ein.
Wir informieren Sie gerne!
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Für die grosszügige Unterstützung bei der Anschaffung meines neuen Fahrzeuges und für das aufmunternde, von Verständnis und Wertschätzung getragene Schreiben, danke ich Ihnen von ganzem Herzen.
Danke, dass es die Schweizer ParaplegikerStiftung gibt, die Entscheide schnell und unbürokratisch fällt. Durch Ihre Unterstützung und Ihr Eingreifen ist es mir nun möglich, einen Elektro-Hilfsantrieb für meinen Rollstuhl zu kaufen. Aufgrund von Rheuma war das Fortbewegen im Rollstuhl für mich sehr schmerzhaft bis unmöglich geworden. Deshalb bin ich überwältigt, dass die Stiftung diese Kosten übernimmt. Ich bedanke mich aus tiefstem Herzen. Camel Al-Seid, Kreuzlingen TG
Über die finanzielle Unterstützung beim Kauf eines neuen Autos habe ich mich riesig gefreut. Und ich möchte mich herzlich bei Ihnen bedanken. Das Fahren bereitet mir viel Spass, denn jetzt bin ich auf dem Weg zu noch mehr Selbstständigkeit. Dank Ihrem grosszügigen Beitrag war es möglich, ein praktisches Auto zu kaufen. Damit kann ich mein Liegebike, das 2,5 Meter misst, nun ohne Probleme transportieren. Nadine Mürset, Biberstein AG
Katharina Burri, Sirnach TG
T TREPPENLIF TE Treppensteigen leicht gemacht BACO AG Postfach • 3613 Steffisburg Tel. 033 439 41 41 • Fax 033 439 41 42 info@baco-ag.ch www.baco-treppenlifte.ch
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Dank der absenkbaren Rückenlehne können Sie Ihr Bad entspannt geniessen.
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Elisabeth Bösch, Luzern
Es hat mich ausserordentlich gefreut, dass die Stiftung die Reisekosten meiner Begleitperson übernimmt. Wenn man dauernd Hilfe braucht, tut es sehr gut, mal mit einer neuen Person unterwegs zu sein. Überhaupt ist es schön, Abstand vom Alltag zu haben. Das gibt mir neue Impulse und Kraft.
Badewannenlifter fürs sichere und freie Baden
Auf Knopfdruck lassen Sie den Lifter stufenlos in die Badewanne absenken. Nach dem Bad hebt der Lifter Sie genau so sicher hoch.
Mir fiel ein Stein vom Herzen, als Sie mir in Windeseile die finanzielle Unterstützung bei der Reparatur meines Elektrorollstuhls zusicherten. Ich hoffe, dass ich damit wieder lange zu den Therapien ins Kantonsspital fahren kann. Ganz herzlichen Dank für diesen grossen Beitrag. Ohne Ihre Hilfe könnte ich diese Rechnung nicht bezahlen.
Beat Ramseyer, Basel
Aquatec® ORCA, die neue Generation
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Für einen guten Zweck Der «Kalender 2012 für Gesundheit und Lebensfreude» enthält ein ausführliches Kalendarium, Tipps zur Ernährung und fürs Alter nach 60. Rhythmus, Wellness und eine Kindergeschichte sind weitere Themen. Zudem wird über querschnittgelähmte Menschen berichtet, die trotz ihrer Behinderung ein weitgehend selbstbestimmtes Leben führen. Die Schweizer Paraplegiker-Stiftung, Trägerin eines einzigartigen Leistungsnetzes für Betroffene, hilft diesen umfassend bei der Rehabilitation und Wiedereingliederung. Mit dem Kauf des Kalenders helfen auch Sie, denn der Nettoerlös kommt der gemeinnützigen Institution zugute. Erhältlich in Deutsch und Französisch. Preis CHF 19.50. Zu bestellen bei: Hallwag Kümmerly+Frey AG, Grubenstrasse 109, 3322 Schönbühl, Telefon 0848 808 404 (Lokaltarif), gesundheit@hallwag.ch
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MEIN TAG IM ROLLSTUHL
« Beim Fliegen wird der Rollstuhl zur Nebensache » Doros Michaelides war einst Pilot bei der Swissair. Den Traum vom Fliegen gab der 42-Jährige auch nach seinem Unfall nicht auf – und kehrte als Paraplegiker ins Cockpit zurück. Aufgezeichnet von Christine Zwygart | Bild: RDB/SI/Dick Vredenbregt
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Ich bin kein Frühaufsteher, da ich oft bis nach Mitternacht arbeite. Aber spätestens um 9 Uhr beginnt mein Tag mit einem Glas Schokomilch. Zwei Stunden brauche ich, bis ich startbereit bin. Das tönt für Aussenstehende immer nach wahnsinnig viel Zeit; aber wir Rollstuhlfahrer benötigen für die Morgentoilette und fürs Anziehen halt einfach länger. Als Unternehmer bin ich unabhängig und kein Tag ist wie der andere – das liebe ich. Oft fahre ich ins Restaurant Pizza Zürich, wo ich mich um Administration, Personalwesen und Homepage kümmere. Manchmal organisiere ich einen Anlass für eine Firma – inklusive Lokalsuche, Catering und Musik. Und manchmal passe ich in meiner Garage in Dietikon Quads für Rollstuhlfahrer an. Mich hat schon immer alles fasziniert, was einen Motor besitzt; ganz besonders Flugzeuge: Mein Onkel war Testpilot bei der Schweizer Luftwaffe und nahm mich als Bub im Helikopter mit. Damals erwachte meine Liebe zur Fliegerei. Bis heute habe ich über 3300 Flugstunden absolviert – die meisten als Linienpilot im Rang eines ‹Senior First Officers› bei der Swissair, später auch bei Lufthansa und Balair; zuletzt auf der Boeing 757 und 767.
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Trotz Querschnittlähmung habe ich den Traum vom Fliegen nie aufgegeben. Wenige Monate nach der Rehabilitation suchte ich nach einer Möglichkeit, ins Cockpit zurückzukehren. Obwohl ich ja aus der Branche komme, erlebte ich einen Spiessrutenlauf durch Behörden und Ämter, bis es endlich so weit war: Mit einem Fluglehrer hob ich in Grenchen erstmals wieder ab. Das Gefühl in der einmotorigen Piper war überwältigend und gab mir einen riesigen Kick. Ich fühlte mich frei, und der Rollstuhl war plötzlich Nebensache. Mit der Fliegerei wieder Geld verdienen Weil ich die Seitenruder nicht mehr mit den Füssen betätigen kann, muss ich die Pedale mit einer Spezialkonstruktion verlängern. So lässt sich alles mit den Händen bedienen. Dieser Umbau dauert nur 15 Minuten und kann bei fast jeder einmotorigen Maschine gemacht werden. Die Prüfung für die Privatpilotenlizenz bestand ich problemlos. Ich musste allerdings noch einen Kontrollflug mit dem Chefarzt des Bundesamts für Zivilluftfahrt absolvieren, bevor ich die Zulassung erhielt. Mein nächstes Ziel ist es nun, die Berufspilotenlizenz zurück zu bekommen und die Ausbildung zum Fluglehrer zu machen.
Das würde mir erlauben, künftig mit der Fliegerei Geld zu verdienen; sei‘s als Lehrer oder mit Transport- und Touristenflügen. Die schönste Flugroute überhaupt führt über den Aletschgletscher. Dort haben wir während der Swissair-Ausbildung oft trainiert. Und mein Traum ist es, irgendwann auf den Malediven eines dieser Wasserflugzeuge zu pilotieren. Ab und zu lade ich Freunde zum Nachtessen ein, meistens kocht allerdings meine Freundin – obwohl ich das auch könnte. Wenn ich jemanden beeindrucken will, zaubere ich ein argentinisches Rindsfilet mit Pasta an pikanter Tomatensauce auf den Tisch. Ein Mal pro Monat treffe ich mich zudem mit den Kollegen vom ‹Gentleman’s Chess Club› zum Schachspielen. Da mein Rückenmark gequetscht, aber nicht durchtrennt ist, habe ich noch gewisse Empfindungen. Das äussert sich unter anderem mit einer Art Brennen in Füssen, Gesäss und Beinen. Und so ist es wohltuend, wenn ich mich zwischendurch hinlegen kann. Manchmal muss ich spät abends nochmals ins Restaurant, um den Kassenabschluss zu machen. Dann wird’s spät. Und der neue Tag bricht an, bevor ich ins Bett komme.
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Doros Michaelides Der 42-Jährige sitzt seit einem Töffunfall im Jahr 2001 im Rollstuhl: Der vierte Brustwirbel wurde dabei zertrümmert und das Rückenmark eingeklemmt. Heute lebt er am Zürichsee und betreibt eine eigene Firma für Eventmanagement sowie den Umbau von Quads und Autos an die Bedürfnisse von Rollstuhlfahrern. Als ehemaliger Swissair-Pilot vermittelt er auch Informationen rund um die Fliegerei für Querschnittgelähmte. www.doros.ch.
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Knörle Bild: SF/M erly
FINALE
ir lebten in den letzten Jahren in der Illusion, dass alles kalkulierbar ist. Niemand sprach mehr von möglichen Katastrophen, sondern höchs-
tens von Risiken, die man zudem berechnen – und damit auch versichern kann. Und die Eintretens-Wahrscheinlichkeit ist vorhersehbar, einschätzbar, also kei-
Kurt Aesc hbacher
neswegs bedrohlich. Meinten wir. Wenn sie dann trotzdem geschehen, diese heillosen Katastrophen (im Leben eines Einzelnen oder Ungezählter), dann sind sie plötzlich kein abstraktes Risiko mehr, das mit einer unwahrscheinlichen Wahrscheinlichkeit eintritt. Dann wird das abstrakte Risiko zur erschütternden Tatsache, die wir möglichst schnell wieder aus der Welt schaffen möchten. Zu ihrer Interpretation melden sich, wo immer eine Fernsehkamera, ein Mikrofon oder ein Journalist auftaucht, Dutzende von Experten, die vorher keiner kannte, die im Voraus von nichts wussten, aber im Nachhinein alles erklären können: dass es so weit kommen musste, wie es kam. Und mit ihnen sind subito all die Stimmen-maximierenden Politiker zur Stelle, die bisher von nichts wussten, jetzt aber alles interpretieren können: was die Katastrophe (die auch sie nicht vorhergesehen haben) für die Zukunft bedeutet, und hauptsächlich, dass sie (und nur sie) das Rezept schon lange in der Tasche hätten, damit ein vergleichbares Unheil nie mehr geschehen kann. Vorausgesetzt, man wählt sie! Sie versprechen den Weg zurück in die unheilvolle Sicherheit der zukünftigen Normalität, hin zur neuen Illusion, dass der Verlauf des Lebens kalkulierbar sei.
« Das Schlimmste erwarten, das Beste erhoffen»
Wir haben verlernt, uns in unserem Dasein auf das Schlimmste gefasst zu machen. Uns mit gesundem Menschenverstand im Alltag mit dem Unvorstellbaren auseinander zu setzen und trotzdem mit einer gewissen Gelassenheit (darf man das Unwort «Demut» brauchen?) auf das Beste hinzuarbeiten. Wir haben vergessen, dass sich die Zukunft nicht einfach aus der Vergangenheit extrapolieren lässt. Wir müssen wohl wieder lernen, dass die Zukunft ausser Kontrolle ist. Wir müssen wieder lernen, dass Besorgnis keine Krankheit, sondern vielmehr ein Zeichen von Gesundheit ist. Und nur wer mit einer gewissen Sorge in die Zukunft schaut, ist fähig, die Gegenwart zu geniessen und den Moment zu leben. Oder sterben nur die anderen und für einen selbst ist der Tod höchstens ein Risiko, das eventuell mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit eintreten könnte?
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Kurt Aeschbacher | Er arbeitet für das Schweizer Fernsehen und moderiert dort hauptsächlich Unterhaltungssendungen. Der 62-Jährige begleitet zudem Kongresse und führt durch Veranstaltungen. Ausserdem ist er als UNICEF-Botschafter tätig.