MODERNE GERIATRIE
Urologie Prostata
Roboterassistierte laparoskopische Urologie von PD Dr. med. Hubert John
In der Urologie haben sich neue Operationstechniken historisch meist früh entwickelt. Darunter fällt die Zystoskopie, die Endoskopie und die Laparoskopie. Laparoskopische Operationen haben den Vorteil einer weniger grossen Invasivität, kleinerem Blutverlust, weniger Schmerzen und rascherer Rehabilitation. Die Anwendung eines Telemanipulators («Roboter») war bis vor wenigen Jahre nicht vorstellbar im praktischen Alltag. Nun ist sie aber für anspruchsvolle laparoskopische Operationen in ersten spezialisierten Zentren mit zur Routine geworden. kleinerung) steigern die Genauigkeit enorm. Ein noch nicht gelöstes Problem ist jedoch die fehlende Kraftrückkopplung (force-feedback): ergreift der Chirurg etwa mit einem konventionellen Nadelhalter eine haarfeine Nadel, so spürt er, wann die aufgebrachte Kraft die Nadel zu verbiegen droht. Diese Rückmeldung fehlt bei computer-assistierten Techniken, sodass der Erfolg eines Eingriffes in hohem Masse von der Erfahrung und Sorgfalt des Chirurgen abhängt. Indikationen zur laparoskopischen roboterassistierten Urologie
PD Dr. med. Hubert John
Das daVinci-System Das Wort «Roboter» stammt aus dem tschechischen «robota», Sklave . Ausgereifte Roboter arbeiten heute nach dem Mensch-Maschine (Master-Slave) Prinzip: Der Operateur sitzt an einer Steuerkonsole und arbeitet mit Instrumentengriffe für jede Hand und mehrere Fusspedale. Diese Bewegungen werden vom Computer via Sensoren erkannt und über Kabelstränge an die 3-4 Instrumentenarme, die über dem Patienten platziert sind, weitergeleitet. Dadurch können die verschiedensten Instrumente (Endeffektoren) sowie die Optik den Erfordernissen der Operation angepasst werden. Ein Tremor-Filter, der das Zittern der menschlichen Hand unterdrückt, sorgt für eine hohe Präzision. Die dreidimensionale und bis zu 10-fach vergrösserten Projektion des Operationsgebietes auf einen speziellen Monitor innerhalb der Konsole sowie die Skalierbarkeit der Instrumentenbewegungen (Vergrösserung oder Ver2
SAR 5/05
Für eine roboterassistierte Operatio eignen sich nur komplexe laparoskopische Eingriffe, die einerseits ein mikroskopisch genaues ablatives Arbeiten erfordern und andererseits eine anspruchsvolle Rekonstruktion erfordern. Die radikale Prostatektomie Die laparoskopische radikale Prostatektomie mit iliakaler Lymphadenektomie ist dafür eine ideale Operation. Das nerven- und gefässschonende Auspräparieren der Prostatadrüse sowie die Anastomose zwischen Blase und Harnröhre sind laparoskopische Schritte, die durch den DaVinci-Telemanipu-
Sicht auf die Prostatavorderfläche. Die endopelvine Faszie ist beidseitig eröffnet, es erfolgt die Ligatur des plexus santorini.
DaVinci-Telemanipulator mit ergonomischer Konsole … … und präzisen, freibeweglichen Instrumenten
MODERNE GERIATRIE
Urologie Prostata
Tabelle 1: Resultate offene retropubische Prostatektomie (ORP), laparoskopische (LRP) und roboterassisterte (dVP) Radikale Prostatektomie Studie
Technik
Patienten
Blutverlust [%]
pT2-Pos.margins [%]
Kontinenz* [%]
Potenz**
Catalona et al.,1999 [1]
ORP
1870
1500ml
NB
92
68
Lepor etal., 2001 [2]
ORP
1000
819ml
20
NB
NB
Guillonneau et al., 2001,2003 [3,4]
LRP
350
354ml
11
86
31
Abbou et al., 2001,2003 [5,6]
LRP
200
-
17
86
46
Bollens et al., 2001[7]
LRP
50
185ml
63
Rassweiler et al., 2001,2004 [8,9]
LRP
100
8
Türk et al., 2001 [10]
LRP
125
Stolzenburg et al., 2004 [11]
LRP
300
Menon et al., 2004 [12]
dVP
John et al., 2005 [13, 14]
dVP
6
81
95 §
NB
516
15
92°
59
NB
6
86
NB
100
<100
5
96
64
100
350ml
19
85
63
NB Daten nicht bekannt * keine Einlagen 12 Monate postoperativ § Einlagenzahl nicht bekannt ° 0–1 Einlagen nach 9 Monaten
Abbildung 1a
Abbildung 1b
lator erheblich erleichtert werden. Die totale Operationszeit für eine daVinci-Prostatektomie liegt bei 180 Minuten, der Blutverlust um 200ml. Der Patient verlässt die Klinik im Durchschnitt am dritten postoperativen Tag und kommt zur Katheterentfernung am 7.postoperativen Tag nochmals ins Spital. Rektumverletzungen und Harnleiterverletzungen ereignen sich sehr selten <2%. Die Kontinenzrate (maximal 1 Einlage/Tag) liegt bei 85% nach 6 Monaten und 91% nach ei-
** Patienten mit bilateraler Nervenschonung, oraler Medikation und möglicher Penetration
nem Jahr. Der PSA-Relapse (PSA >0.2ng/ml) in der pT2-Gruppe nach einem Jahr liegt in der eigenen Serie bei 3%. Die erektile Funktion (Penetration) bleibt bei Schonung beider neurovaskulären Bündel oral medikamentös unterstützt in 63% der Patienten erhalten. (Tabelle 1). Die Zahl der roboterassistierten Prostatektomien verdoppeln sich in den USA aktuell jährlich. 2005 werden nach Angaben von Intuitive Surgical bereits 20% (ca. 17‘000) aller radikalen Prostatektomien in den USA roboterassistiert durchgeführt, im Jahre 2006 bereits 40%. Nierenbeckenplastik Die Rekonstruktion des pyeloureteralen Ueberganges ist eine Operation, die mit dem daVinci-Telemanipulator in idealer Weise durchgeführt werden kann. Da gerade diese Patienten häufig jung sind, kann mit der roboterassisiterten laparoskopischenTechnik auch die gewünschten kosmetischen Resultate mit 3–4 Trocarinzisionen erreicht werden. Blasendivertikelresektion Resektionsbedürftige Blasendivertikel (Abbildung 1b) können roboterassistiert laparoskopisch kontrolliert präpariert und reseziert werden (Abbildung 1a). Der Divertikelhals wird an der Blase invertierend vernäht
Roboterassistierte laparoskopische Nierenbeckenplastik. Die pyeloureterale Anastomose wird geschlossen.
Ureterektomie Beispiel einer Ureterresektion rechts bei Missbildung des Wolff’schen Kanales mit Agenesie der rechten Niere und refluxivem Harnleiterstumpf (Abbildung 2a), der auf Höhe der
Abbildung 2a
Abbildung 2b
iliakalen Gefässkreuzung in einem fibrösen Strang endet. Der Ureter wird unter dem Samenleiter durchgezogen und mit einer Blasenmanchette abgesetzt (Abbildung 2b). Zusammenfassung und Ausblick Die roboterassistierte Laparoskopie wird die urologischen Operationstechniken in den nächsten Jahren bedeutend verbessern. Die roboterassistierte laparoskopische Prostatektomie erlaubt eine schonende Prostataentfernung mit kleinstem Blutverlust und guter Erhaltung der erektilen Funktion sowie kurzer Katheterverweil- und Hospitalisationszeit. Weitere geeignete Indikationen zum Einsatz des daVinci-Telemanipulators sind die Nierenbeckenplastik sowie ausgewählte laparoskopische Kleinbeckeneingriffe.
PD Dr.med. Hubert John Chefarzt Zentrum für Urologie Klinik Hirslanden CH-8032 Zürich Tel. 044 387 20 30 Fax 044 387 20 31 Hubert.john@hirslanden.ch www.hirslanden.ch