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Teil 1 der neuen Geschichte von Ralph D. Wienrich
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Rudolf Augstein Peter Boenisch
In alter Verbundenheit
Ralph D. Wienrich
Es war an einem jener Tage, an dem auch in Bonn, unserer damaligen Bundeshauptstadt, etwas los war. Dies zeigte sich immer daran, das sich wichtige Vertreter des deutschen Journalismus auf der Pressetribüne des Deutschen Bundestages ein fröhlich lästerndes Stelldichein gaben. Die Schreiber aus den Pressehäusern Hamburgs, Frankfurts, Stuttgarts, Kölns und Münchens nahmen alles ernst, nur die Mitglieder dieses hohen Hauses nicht. Für sie war Bonn Provinz, wenngleich eine sehr bezaubernde. Aber die Parlamentarier kamen für diese überheblichen Journalisten, die wie lästige Stechmücken in Bonn einflogen, über den Status der Provinzler nicht hinaus. Es ging (wieder einmal) um die Regierung Brandt/Scheel, der so langsam die Parlamentsmehrheit von 12 Abgeordneten abhanden kam. Zwischen Spiegel und BILD Ich kam an der Schnittstelle zwischen Springer und Spiegel auf der Pressetribüne zu sitzen, nämlich zwischen Rudolf Augstein, meinem obersten Chef und Spiegel-Herausgeber, sowie Peter Boenisch, berühmt berüchtigter Chefredakteur der Bild-Zeitung. Wir hatten durch die Bank unseren Spaß an allen möglichen Prognosen, wer von den Liberalen und den Sozis noch die Seiten wechseln würde, wenn es in Sachen Ostverträgen zum baldigen Schwur, sprich zur Abstimmung über die Ostverträge im Bundestag kommen würde. Bei diesen Blödeleien muss ich wohl Boenischs Aufmerksamkeit geweckt haben, denn er sprach plötzlich über mich hinweg meinen Herausgeber an: „Du Rudolf, der kommt zu mir“. Augstein kurz und knapp: „Der bleibt bei mir“.
Eine gute Offerte Für mich war diese O erte des Bild-Chefredakteurs insofern nicht uninteressant, hatte ich doch vor geraumer Zeit erst eine wenig erfreuliche Auseinandersetzung mit meinem Chefredakteur Günter Gaus einer Springer-Personalie wegen, und mein Verbleib im Bonner Spiegelbüro war bis auf Augsteins aktuelle Äußerung alles andere als gesichert. In der Mittagspause erreichte mich im Spiegelbüro Boenischs Anruf: „Ich sitze bei Ria Maternus in Godesberg und warte auf Dich, wir haben zu reden.“ Völlig überrascht, aber auch mehr als neugierig traf ich mich mit dem Bild-Chef in diesem damaligen In-Restaurant, der zu dieser Zeit eine Aufl age von mehr als vier Millionen verantwortete. Boenisch kurz und bündig „Ich will das Du für mich schreibst, Du bekommst 1.500 Mark auf Dein Spiegelgehalt und einen neuen Opel Rekord als Dienstwagen. Überleg es Dir bis morgen.“
Hast Du oder hast Du nicht? Meine Überraschung über dieses mehr als lukrative Angebot muss Peter Boenisch mir wohl angesehen haben denn er sagte selbstsicher: „Bisher war ich immer erfolgreich mit meinen O erten“. Und als sei ich schon sein Mann stellte er eine Frage, die mich für den Moment sprachlos machte: „Wer hat bei euch im Bonner Büro die Personalie über Axel Springer geschrieben und Ärger mit Gaus bekommen?“ „Woher wissen Sie das Gaus Ärger gemacht hat?“ „Auf dieser Ebene ist vieles sehr durchlässig“, bemerkte er lapidar. „Und ich bin auch Spiegel-Leser, vergiss das nicht und wenn man diese hämische Personalie über den Verleger und die spätere Berichtigung gelesen hast, dann weiß man doch Bescheid, oder?“ Ich schaute Boenisch prüfend an: „Aber warum wollen Sie das wissen?“ Peter Boenisch grinste mich provozierend an und sagte herausfordernd: „Weil ich nach unseren Flaxereien im Bundestag heute Vormittag eine ganz bestimmte Vermutung habe“. „Also gut“, sagte ich, „ich würde Ihnen den Autor nicht nennen, wenn ich diese Personalie nicht recherchiert und auch geschrieben hätte. Aber bitte, warum wollen Sie…“ „Gute Arbeit, sehr gute Arbeit“ fi el er mir ins Wort und lachte anerkennend. „Es stört Sie also nicht, dass ich diese hämische Personalie über Ihren Verleger geschrieben habe“? Boenisch lachte erneut und wiederholte: „Sehr gute Arbeit“. Und dann sagte er vieldeutig: „Wenn daran etwas falsch gewesen wäre, hätte ich dann von sehr guter Arbeit gesprochen?” „Aber ich schreibe nichts gegen Brandt“ wechselte ich das Thema, „ich habe ihn gewählt”, stellte ich mit Nachdruck fest. „Bei mir wirst Du nicht mehr oder weniger manipuliert als wie bei Rudolf“. „Rudolf, um im Bild zu bleiben hat mich nie manipuliert“. „Genügt es Dir, wenn ich Dir in Deinem Vertrag garantiere, dass Du alle Deine Geschichten in Bonn noch mal gegenlesen kannst, wenn wir in Hamburg etwas gravierendes geändert haben. Dann reden wir darüber.“
Fortsetzung folgt