Melina Dietrich / Planetarium Wolfsburg
Alexander Gerst. Er fechtet, schwimmt und läuft. Außerdem liebt er den Nervenkitzel: Fallschirmspringen, Snowboarden, Bergsteigen, Klettern und Tauchen mag er besonders. Vor einer Mission verzichtet er aber auf Extremsport. © ESA
6. Juni 2018
ISS-Expedition 57 Mit Alexander Gerst als Kommandant
Die Internationale Raumstation über der Erde, 2006 © NASA
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Auf den folgenden Seiten erfährst du ★ Wie die ISS-Expedition 57, die Mission Horizons abläuft S. 3 ★ Was das Trainingszentrum in Russland so besonders macht S. 6 ★ In welchem Raumfahrzeug Gerst zur ISS startet S. 7 ★ Wie sich die Astronauten auf ihre Mission vorbereiten S. 8 ★ Welche Experimente die Crew im Weltraum durchführt S. 10 ★ Die wichtigsten Fakten zur Internationalen Raumstation S. 14 ★ Wie Alexander Gerst Astronaut wurde S. 16 ★ Eine kurze Zusammenfassung dieser Handreichung S. 19
Die Crew der ISS-Expedition 57 © NASA / N. Moran
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Gerst, Auñón-Chancellor, Prokopjew © NASA / Public Domain
Expedition 57: Mission mit Besonderheiten 40 Jahre nach dem ersten Raumflug eines Deutschen, des DDR-Kosmonauten Sigmund Jähn im August 1978, startet der 41-jährige Alexander Gerst zu seiner zweiten Mission ins All. Der Geophysiker und Vulkanologe aus dem baden-württembergischen Künzelsau ist der elfte deutsche Raumfahrer, der dritte deutsche Astronaut auf der Internationalen Raumstation (ISS) und außerdem der erste seiner Auswahlgruppe, der einen zweiten Raumflug absolviert. Sechs Monate lang forscht er in knapp 400 Kilometern Höhe, zur Vorbereitung trainiert Gerst im texanischen Houston, in Moskau und in Köln. Gemeinsam mit dem Russen Sergej Prokopjew und der US-Amerikanerin Serena Auñón-Chancellor startet Alexander Gerst am 6. Juni 2018 mit der Raumfähre Sojus MS-09 vom russischen Weltraumbahnhof Baikonur in Kasachstan zur ISS. Er nimmt dabei die Rolle des Co-Piloten ein, Kommandant des Flugs ist der frühere Kampfpilot Prokopjew, 33. Es ist der erste Raumflug für die zwei Kollegen des Deutschen. Mit Auñón-Chancellor ergab sich in der Besatzung eine kurzfristige Änderung: Eigentlich war die NASA-Astronautin Jeanette Epps, 47, für den Flug vorgesehen. Die Luftfahrtingenieurin und frühere CIAGeheimdienstlerin wäre die erste Afroamerikanerin gewesen, die einen Langzeitaufenthalt auf der ISS absolviert. Doch an Epps Stelle wird ihre 41-jährige Kollegin ins All fliegen, obwohl diese erst für einen Flug später im Jahr vorgesehen war. Zu den Gründen des Personalwechsels hat sich die NASA bisher noch nicht geäußert. Auñón-Chancellor hat eine Ausbildung in Elektrotechnik und Medizin und sorgt jetzt für eine andere Besonderheit: Auch eine Astronautin kubanischer Abstammung war noch nie auf der ISS.
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Alexander Gerst während seines täglichen Sportprogramms © ESA/NASA
Auf der Station tritt die dreiköpfige Crew der ISS-Expedition 56 bei, der 56. Langzeitbesatzung der Internationalen Raumstation. Zu dieser gehören der Kommandant Andrew Feustel (USA) sowie die Ingenieure Richard Arnold (USA) und Oleg Artemjew (Russland). Sechs Tage lang wird gearbeitet, wobei mit dem zweieinhalbstündigen Sportprogramm und alltäglichen Dingen wie Essen bereits viel Zeit verplant ist. So hat ein Astronaut täglich nur etwa eine Stunde Zeit für sich, um mit der Familie zu telefonieren, im langsamen Internet zu surfen oder aus dem Fenster zu schauen. Am Samstag ist Putztag auf der ISS. Die Sonntage sind abgesehen vom täglichen Sportprogramm frei. Am 28. August 2018 endet die Expedition 56 und wird mit dem Abkoppeln des Raumschiffs Sojus MS-08 von der ISS durch die ISS-Expedition 57 abgelöst. Während Feustel, Arnold und Artemjew auf die Erde zurückkehren, bleibt Gerst zusammen mit Prokopjew und Auñón-Chancellor auf der Internationalen Raumstation. Die Raumfahrer beginnen die Expedition 57 zunächst zu dritt, bevor im September mit Alexei Owtschinin, Nikolai Tichonow und Nick Hague drei weitere Expeditionsmitglieder zur ISS fliegen. Gerst übernimmt während dieser Mission als erster deutscher und zweiter Westeuropäer nach dem Belgier Frank de Winne das Kommando auf der ISS. Diese verantwortungsvolle Aufgabe bedarf spezieller Vorbereitung, denn im Notfall trifft er die Entscheidungen. Darüber hinaus ist es als Kommandant seine Aufgabe, den Kollegen zu helfen und sich laufend mit den Bodenstationen in Houston und Oberpfaffenhofen abzustimmen. Das Training bereitet ihn darauf vor: So muss Gerst wissen, welche Funktion und Stärken die einzelnen Crew-Mitglieder haben und dementsprechend die Übungen koordinieren.
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Bei seiner ersten Mission Blue Dot (Blauer Punkt) im Jahr 2014 führte Gerst als Bordingenieur mehr als 100 Experimente durch. Auch diesmal werden wissenschaftliche Projekte einen Teil seines Arbeitsalltags ausmachen. Dabei soll in Anlehnung an Blue Dot auch auf die Verletzbarkeit und den dringend notwendigen Schutz des Planeten Erde hingewiesen werden. Wie üblich stellten die ESA-Astronauten ihre Mission unter ein individuelles Motto: ISS-Expedition 57 trägt den Namen Horizons (Horizonte). Er wurde gewählt, weil er international und intuitiv verständlich ist. Der Horizont symbolisiert dabei die Neugier und Faszination, Unbekanntes zu entdecken und zu erforschen. Erstmals beteiligten sich zudem externe Künstler an der Logo-Gestaltung für die Mission: Studierende im Fach Kommunikationsdesign entwickelten auf Initiative des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) und in enger Kooperation mit Alexander Gerst aus acht Entwürfen das finale Horizons-Symbol. Ob Gerst so viel Zeit für die sozialen Netzwerke wie bei seiner vergangenen Mission hat, ist aufgrund seiner Kommandantenfunktion ungewiss. Im November 2018 dockt Sojus MS-09 mit Prokopjew, Auñón-Chancellor und Gerst von der Raumstation ab. Dann übernimmt Owtschinin das Kommando und bildet mit Tichonow und Hague die anfängliche Crew der ISS-Expedition 58. Der deutsche Astronaut fliegt mit seinem Team zurück zur Erde. Mit der Landung in Kasachstan endet dann die Mission Horizons offiziell. Horizons-Logo
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© ESA
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Module der Raumstation im Kosmonautenzentrum © ESA
Eine Stadt voll Raumfahrtgeschichte Den rund 40 Kilometer nordöstlich von Moskau liegenden Ort, an dem Gerst während seiner Missionsvorbereitungen viel Zeit verbringt, umweht der Geist der Geschichte. Schon der sowjetische Raumfahrer Juri Gagarin hat in Swjosdny Gorodok für seinen legendären Flug von 1961 geübt, bei dem er der erste Mensch im Weltraum war. Heute trägt das städtische Trainingszentrum für Astronauten seinen Namen, Bilder und Statuen von Gagarin sind überall zu finden. Generationen von Astronauten werden seit den 1960er Jahren auf dem Gelände im ausgebildet. Bis heute ist es streng abgeriegelt. Eine Mauer, von außen verziert mit Raumfahrtsymbolen, begrenzt das gut drei Quadratkilometer große Areal. Wachleute kontrollieren Pässe. Nur wer angemeldet ist, darf hinein. Die alte Raumfahrerstadt ist ein Zeugnis der sowjetischen Idee, alle an einem Projekt beteiligten Menschen beruflich und privat an Statue einem Ort zu versammeln: In Monostädten. Rund 5.500 Menschen von Gagarin leben nach offiziellen Angaben noch im „Sternenstädtchen“, darunter etwa 30 ehemalige Kosmonauten. Viele der Einwohner © NASA arbeiten im Trainingszentrum, das rund 1.600 Mitarbeiter beschäftigt und langjährigem Personal Wohnungen stellt. In Swjosdny Gorodok steht die weltgrößte Zentrifuge. Sie wurde 1980 gebaut und lässt auf ihre Fahrer mit 36 Umdrehungen pro Minute das bis zu 12-fache der Erdbeschleunigung g wirken. Auf dem Trainingsgelände befindet sich außerdem ein Wasserbecken, in dem sich anhand eines Modells Reparaturen in der Schwerelosigkeit trainieren lassen. Für die Familien der Kosmonauten wurden darüber hinaus mehrere Seen künstlich angelegt, es gibt einen Supermarkt und eine Schule. 6
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Teil des Bedienpults eines Sojus-Simulators © NASA/Bill Ingalls
Das Sojus-Raumschiff: Eine Kapsel voller Technik Das Sojus-Raumschiff ist seit 1967 im Einsatz und inzwischen eines der sichersten Transportsysteme. Als Träger dient die Sojus-Rakete, die in der russischen Tradition, Raketen nach ihrer ersten Nutzlast zu benennen, ihren Namen erhielt. Das Raumschiff ist in etwa so groß wie ein Altglascontainer, voll von Ausrüstung und beinhaltet drei Plätze. In der Mitte sitzt der Pilot, bis heute stets ein männlicher Russe beziehungsweise Sowjetbürger. Im Notfall trifft er die Entscheidungen und steuert die normalerweise automatisch fliegende Kapsel. Auf dem linken Platz befindet sich der Co-Pilot, der stellvertretend die Verantwortung für das Raumschiff übernimmt, falls der Pilot nicht mehr handlungsfähig ist.
Sojus Raumfahrzeug im Orbit, fotografiert von den Astronauten der Apollo-Mission © NASA
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Kein Training für schwache Nerven
Gerst ist bereit: Er trainiert gleich in der weltgrößten Zentrifuge, 2013
Bei der ESA in Köln übt Gerst für die wissenschaftlichen © GCTC Experimente, bei der NASA in Houston für den Alltagsbetrieb der Raumstation. Doch den wohl wichtigsten Teil der Ausbildung, sein Sojus-Flugtraining, absolviert er unter Leitung der russischen Raumfahrtagentur Roskosmos im Kosmonautenzentrum des Sternenstädtchens. Dafür muss er bei den Vorbereitungen seiner ersten Mission 2014 extra Russisch lernen – Innerhalb von drei Monaten. Während der Übungen kommt auch die Zentrifuge zum Einsatz. Die Kosmonauten trainieren für einige Minute mit dem 8-fachen der Erdbeschleunigung. Normale Passagierflugzeuge erreichen Werte von etwa 1,2 g. Die Kabine der Zentrifuge ist hoch technisiert, um die Gesundheitswerte der Passagiere zu überwachen. Nur solange der Insasse einen Sicherheitsknopf gedrückt hält, dreht sich das Gerät. Das Training ist wichtig, um die Astronauten auf den enormen Druck vorzubereiten, der bei Start und Landung für etwa 9 Minuten auf ihrem Körper lastet. Ist die Startsimulation überstanden, warten auf die Raumfahrer Übungen zur Arbeit im All. An Modellen der russischen ISS-Module können sich die Crew-Mitglieder zunächst ohne Schwerelosigkeit einprägen, wie es im Inneren der Station aussieht. In einem Tauchbecken proben sie anschließend in robusten Raumanzügen die Arbeit bei Außeneinsätzen.
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Um das Raumschiff Sojus-MS steuern zu können, nimmt Gerst ein Jahr lang Theoriestunden. Dann übt er das Fliegen im Simulator. Die Trainer verfolgen die Leistung von Gerst und seinen Kollegen dabei auf Bildschirmen und verteilen Noten. Wer schlecht abschneidet, muss die Übung wiederholen. Der Besatzungswechsel wirkt sich nicht auf das Training aus, denn Auñón-Chancellor hat vorher bereits als Backup geübt. Lediglich die Kommunikation müssen die CrewMitglieder aufeinander abstimmen. Astronauten im Sojus-Simulator © ESA / S. Corvaja
Gerst übt, wie er sich an der Rettungsleine eines Helikopters befestigt, falls die Sojus Kapsel in schwierigem Gelände landet. Auch Überlebenstraining ist für solche Fälle Teil seiner Vorbereitung. © Gagarin Cosmonaut Training Centre
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Astronauten und Versuchskaninchen Bei dieser Expedition stehen rund 100 internationale Experimente auf dem Programm. Deutsche Universitäten, Forschungseinrichtungen und Firmen sowie das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt steuern rund 35 von ihnen zur Mission Horizons bei. Die Versuche sollen Fragen aus Biologie und Medizin beantworten. Weitere Wissenschaftsgebiete sind Physik, Materialwissenschaft und Technologie. Darüber hinaus gibt es auch ein Bildungsprogramm für Kinder und Jugendliche. Im Experiment ICARUS geht es um das Migrationsverhalten von Tieren. Ihr Wanderverhalten gibt Aufschluss über klimatische Veränderungen auf der Erde. Es können außerdem Rückschlüsse zum Schutz von Arten und Lebensräumen gezogen werden. Dazu werden die Tiere mit Sensoren ausgestattet, deren Daten von der ISS empfangen und zurück zur Erde gesendet werden. Zum Einsatz kommen soll auch das in Deutschland entwickelte Fluoreszenzmikroskop FLUMIAS. Mit ihm lassen sich Zellvorgänge live verfolgen. Das Mikroskop zeigt gezielt bestimmte Zellbestandteile und wie sie sich ohne Schwerkraft verändern. In Zukunft soll es ein größeres Mikroskop mit Zentrifuge auf der ISS geben, mit dem eine Schwerkraft hinzugeschaltet werden kann. So lassen sich auf zellulärer Ebene Erkenntnisse zur Wirkung der Schwerkraft auf den Körper gewinnen. Gerst untersucht seine Augen © NASA
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Auch zur Immunphysiologie werden einige Experimente durchgeführt. Dort geht es darum, das Immunsystem und Krebserkrankungen besser zu verstehen. Im Weltraum lassen sich Flüssigkeiten herstellen, die dem Blut ähneln. So kann man Krebsoder Immunzellen in einem flüssigen Substrat beobachten, ohne dass sich nach einer gewissen Zeit etwas durch die Schwerkraft absetzt. Jedes ISS-Crewmitglied ist ebenfalls Teil von Versuchsreihen und nimmt regelmäßig Messungen bestimmter Körperfunktionen vor. Für zukünftige Reisen in den Weltraum ist es entscheidend, typische Probleme wie Muskelschwund, Augenschäden und eine verringerte Knochendichte genau zu verstehen und schließlich zu lösen. Kürzlich wurde ein weiterer Faktor bekannt, der vor allem bei Langzeitflügen zu mentalen und körperlichen Schwierigkeiten führen könnte: Während die Körpertemperatur von Menschen auf der Erde im Verlauf des Tages um etwa 0,5 Grad variiert und so zu Phasen besonderer Leistungsfähigkeit führt, schwankt die Temperatur der Astronauten um 1 Grad. Darüber hinaus wird ihr Körper etwa zweieinhalb Monate lang stetig wärmer, bis er sich bei ungefähr 38 Grad – also einer Art leichtem Dauerfieber – einpegelt. Bei sportlicher Aktivität steigt die Temperatur sogar häufig auf mehr als 40 Grad. Der Grund: Auf der Erde steigt warme Luft auf, kalte Luft sinkt nach unten. In der Schwerelosigkeit gibt es diesen Effekt nicht. Dies führt dazu, dass wie in einem Daunenschlafsack ein abfallendes Temperaturfeld um den Körper herum entsteht. Alexander Gerst experimentiert auf der Internationalen Raumstation © NASA
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Ein anderes Experiment heißt Brain DTI. Vor dem Flug wird das Gehirn der Astronauten im Kernspintomografen untersucht. Nach der Mission schauen Wissenschaftler, was sich verändert hat. Während einer Weltraumexpedition fällt der Gleichgewichtssinn aus, weil er nicht mehr genutzt wird. Das Gehirn ignoriert diesen Bereich und hält sich navigatorisch an das Sehzentrum. Das ähnelt dem, was bei einem Schlaganfall passiert. Die Erkenntnisse zu den Veränderungen, die auf der ISS und nach dem Flug beobachtet werden, können Schlaganfallpatienten helfen. Während des Experiments MyotonS soll ein kleines Gerät Alexander Gerst helfen, zu überprüfen, wie fit er ist: Das Gerät kann durch einen Impuls auf der Haut in Sekundenschnelle das Verhalten der darunter liegenden Muskulatur kontrollieren. Langfristig wird es so möglich, individualisierte Trainingsprogramme für die Astronauten zu erstellen. Auch jeder Erdenbürger, der sich nach langer Krankheit oder Verletzung in der Rehabilitation befindet, kann durch das Gerät gezielter trainieren. Die Experimente im CAL – einem Labor zur Erforschung ultra-kalter Atome – sind interessant für die Überprüfung der Allgemeinen Relativitätstheorie von Albert Einstein. Sie spielen außerdem eine Rolle bei extrem genauen Messverfahren für Längen und Zeiten, für die Messung von Gravitationswellen oder die Entwicklung von Quantencomputern. Materialproben, die an der Außenhülle der ISS befestigt sind und auf ihre Langlebigkeit und Widerstandsfähigkeit getestet werden © NASA/Ron Garan
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Dieses Mal wird die Crew außerdem einen nichtmenschlichen Begleiter mit dem Namen CIMON haben. Das von Airbus und dem Deutschen Luft- und Raumfahrtzentrum entwickelte Gerät ist eine künstliche Intelligenz, die mit den Astronauten interagieren und sie unterstützen soll. Seine Aufgaben: Fragen beantworten, Roboter CIMON Hintergrundinfos liefern, Dateien abspielen, vor Gefahren steht zu Diesten © DLR/T. Bourry/ESA warnen, für Unterhaltung sorgen und Stress abbauen. Mit CIMON soll getestet werden, wie man einen Assistenz-Roboter bauen muss, damit er an Bord wirklich hilfreich ist. Der etwa 5 Kilogramm schwere Helfer kann sich mit seinem eigenen Propellerantrieb frei bewegen und dabei bis zu 0,36 Meter pro Sekunde zurücklegen. Er misst 32 Zentimeter und ist rund, damit er nichts beschädigt oder versehentlich Knöpfe drückt. Alexander Gerst durfte über CIMONs Gesicht und Stimme entscheiden, das Gerät wiederum kennt die Lieblingsmusik des Astronauten. So sollen sich Mensch und Roboter besser anfreunden. Wenn die Crew genug hat, kann sie CIMON in den Schlaf versetzen: Dann werden alle Streams unterbrochen und das Team erhält mehr Privatsphäre. Nach etwa zwei Stunden sind seine zwei Batterien leer. Bake In Space möchte einen weltraumqualifizierten Ofen auf die ISS schicken, um die Astronauten dort mithilfe einer für die Weltraumumgebung geeigneten Teigmischung mit frischem Brot zu versorgen. Dies kann für die Entwicklung von Lebensmitteln für Langzeitmissionen interessant sein. Auch Bildungsarbeit ist fester Bestandteil der Horizons-Mission. Neben einem Schüler- und Studentenwettbewerb gibt es verschiedene Mitmachexperimente im Flying Classroom 2. Außerdem beinhaltet die Expedition ein Zeitkapselprojekt: Eine Aluminiumkugel wird von Gerst an Bord der ISS versiegelt und soll 50 Jahre später geöffnet werden. Sie enthält Wünsche und Zukunftsvorstellungen von Schülerinnen und Schülern und wird nach dem Flug in einem Museum ausgestellt. 13
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Blick auf die Erde von der ISS Kuppel aus: Gersts Lieblingsplatz
Internationale Raumstation: Das Tor zum Weltall
Die Internationale Raumstation (englisch International Space Station, kurz ISS) ist eine bemannte Raumstation, die in internationaler Kooperation betrieben und ausgebaut wird. Die ISS ist ein gemeinsames Projekt der US-amerikanischen NASA, der russischen Raumfahrtagentur Roskosmos, der europäischen Raumfahrtagentur ESA sowie der kanadischen und japanischen Raumfahrtagenturen CSA und JAXA. © NASA
In Europa sind die Länder Belgien, Dänemark, Deutschland, Frankreich, Italien, die Niederlande, Norwegen, Schweden, die Schweiz und Spanien beteiligt. Brasilien hat mit den USA ein separates Abkommen über die Nutzung der ISS. Die Raumstation ist seit dem 2. November 2000 permanent besetzt. Im Januar 2014 gab die NASA bekannt, dass die Station nach Absprache mit den internationalen Partnern bis mindestens 2024 weiter betrieben werden soll. Nach Angaben der ESA belaufen sich die Gesamtkosten bis dahin auf etwa 100 Milliarden Euro. Sollte die Station nicht mehr verwendet werden, ist ein gezielter Wiedereintritt in die Erdatmosphäre über dem Südpazifik geplant. Damit soll unter anderem Weltraumschrott vermieden, aber auch sichergestellt werden, dass die Reste der Station über unbewohntem Gebiet niedergehen. Außenboardmanöver auf der ISS während der Bauarbeiten, 2006 © NASA
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Die ISS befindet sich in einer niedrigen Umlaufbahn von etwa 400 km Höhe und umrundet die Erde 16 Mal am Tag, also etwa alle eineinhalb Stunden. Da die Bahnellipse nahezu kreisförmig ist, schwankt die Höhe während eines Umlaufs um maximal 20 Kilometer. Die mittlere Bahnhöhe nimmt durch den Luftwiderstand der Station um 50 bis 150 m pro Tag ab. Diesem Höhenverlust wird je nach Erfordernissen des Stationsbetriebs in unregelmäßigen Abständen durch Triebwerkszündungen unter Aufwendung von etwa 7.000 Kilogramm Treibstoff pro Jahr entgegengewirkt. Das Heben der abgesunkenen ISS erfolgt durch Beschleunigungen in Flugrichtung der Station. Auf diese Weise wurde die mittlere Höhe der Station zunächst zwischen etwa 330 und 400 Kilometern gehalten. Seit Juni 2011 wurden mehrfach größere Bahnanhebungen durchgeführt, um die mittlere Höhe zunächst auf etwa 380 km zu bringen und ab Ende 2012 durchschnittlichen etwa 400 km Höhe zu erreichen. Dadurch reduzierten sich der Einfluss der oberen Atmosphäre und damit auch der tägliche Höhenverlust. ISS, 2011 © NASA Die Stromversorgung der Raumstation geschieht ausschließlich über Sonnenenergie. Die ISS erscheint unter günstigen Bedingungen von der Erde aus etwa 25-mal so hell wie der hellste Stern Sirius. Mit den Modulen, die in Zukunft noch angedockt werden, vergrößert sich die reflektierende Fläche der Station, so dass die ISS noch höhere Helligkeitsklassen erreicht. Die Raumstation ist periodisch zu bestimmten Zeiten von Mitteleuropa aus am Himmel zu sehen: Zunächst während zwei bis drei Wochen nahezu täglich in der Morgendämmerung, nach einigen Tagen Pause dann zwei bis drei Wochen in der Abenddämmerung. Diese Abfolge wiederholt sich in einem Abstand von knapp zwei Monaten. Die genauen Zeitpunkte und Zugbahnen der Überflüge sind online abrufbar. 15
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Alexander Gerst: Wissenschaftler und Astronaut
Auf Expedition: Gerst besteigt Mount Erebus, Antarktis © A. Gerst
Der Schwabe wurde am 3. Mai 1976 in Künzelsau geboren und hatte schon immer ein großes Interesse am Universum. Nach eigenen Aussagen lag dies auch am Einfluss seines Großvaters. Gerst legte 1995 am Technischen Gymnasium in Öhringen das Abitur ab, leistete zunächst Zivildienst beim DRK und bereiste anschließend ein Jahr lang als Rucksacktourist verschiedene Länder. Stark beeindruckt von den Vulkanen Neuseelands begann er, Geophysik zu studieren, und erlangte an der damaligen Universität Karlsruhe 2003 das Diplom. Während dieser Zeit nahm er an mehreren internationalen Forschungsprojekten teil, bei denen er an abgelegene Orte wie die Antarktis reiste. Gerst erarbeitete außerdem neue Techniken zur Vulkanüberwachung, um Eruptionsprognosen zu verbessern. Er fing an, am Institut für Geophysik der Universität Hamburg wissenschaftliche Instrumente zu entwickeln, und absolvierte 2005 in Neuseeland seinen Master of Science in Geowissenschaften. Beide Studiengänge schloss er mit Auszeichnung ab. Im folgenden Jahr war er Sommerstipendiat des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR). 2008 bewarb er sich um eine Aufnahme in die Astronautenabteilung der Europäischen Weltraumorganisation (ESA) und ließ seinen Kindheitstraum wahr werden: Gerst setzte sich beim Auswahlverfahren gegen 8.407 andere Bewerber durch und wurde ein Jahr später als einziger Deutscher unter sechs angehenden Astronauten der Öffentlichkeit vorgestellt.
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Die Crew der ISS-Expeditionen 40 und 41 begrüßt das Publikum auf dem Weg zur Spitze der Sojus-Rakete © ESA/S. Corvaja
Er beendete seine Arbeit am Institut für Geophysik und trat seine Ausbildung im Europäischen Astronautenzentrum (ECA) in Köln an. Gleichzeitig stellte er seine 2005 begonnene Doktorarbeit über die Eruptionsdynamik von Vulkanen fertig, mit der er im Mai 2010 an der Universität Hamburg promoviert wurde. Sechs Monate später wurde Alexander Gerst nach Abschluss der Grundausbildung in einer offiziellen Zeremonie im ECA endlich zum Astronauten ernannt. Ende 2011 nominierte die ESA ihn für seinen ersten Raumflug zur Internationalen Raumstation ISS. Der erfolgreiche Nachtstart von Sojus TMA-13M erfolgte am 28. Mai 2014 um 19:57 UTC in Baikonur. Gerst ist der elfte deutsche Raumfahrer und der dritte deutsche Astronaut auf der Internationalen Raumstation. Er fungierte als Bordingenieur der ISS-Expeditionen 40 und 41 und befand sich bis zum 10. November 2014 im All. Seine Mission trug die Bezeichnung Blue Dot, nach dem Foto Pale Blue Dot, das die Erde aus großer Entfernung als blassblauen Punkt zeigt. Während dieser Mission verwies er regelmäßig auf die Dringlichkeit, unseren besonderen Planeten zu schützen. Im Mai 2016 teilte die ESA mit, dass Alexander Gerst als erster seiner Auswahlgruppe für einen zweiten Flug zur Internationalen Raumstation eingeplant ist. Während seiner Langzeitmission von Juni bis November 2018 soll er für drei Monate auch die Funktion des Kommandanten übernehmen – Als erster Deutscher und zweiter Westeuropäer. Die Expedition trägt den Namen Horizons, in Anlehnung an die menschliche Faszination für die Entdeckung des Unbekannten.
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Gauck verleiht dem Astronauten das Bundesverdienstkreuz
Auszeichnungen
© BPA
2007 erhielt Gerst den Bernd Rendel Preis der Deutschen Forschungsgemeinschaft für ausgezeichnete Nachwuchsgeophysiker. Wegen seiner wichtigen wissenschaftlichen Arbeit und seines Engagements im Weltraum während seiner ISS-Mission verlieh Bundespräsident Joachim Gauck ihm im Januar 2015 das Bundesverdienstkreuz 1. Klasse. Wenige Monate später wurde ein Asteroid nach Gerst benannt: (190617) Alexandergerst. Im April 2015 überreichte Ministerpräsident Winfried Kretschmann ihm im Mannheimer Schloss den Verdienstorden des Landes Baden-Württemberg. Kurz darauf verlieh der Gemeinderat seiner Geburtsstadt Künzelsau Alexander Gerst die Ehrenbürgerschaft. Die Ehrensenatorenwürde der Universität Hamburg wurde ihm 2017 zuteil.
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Zusammenfassung Am 6. Juni 2018 startet der Geophysiker und Vulkanologe Alexander Gerst gemeinsam mit dem Russen Sergej Prokopjew und der US-Amerikanerin Serena Auñón-Chancellor mit einer Sojus Raumfähre zur ISS. Er nimmt dabei die Rolle des Co-Piloten ein. Die Crew wird Teil der ISS-Expeditionen 56 und 57, wobei letztere den Namen Horizons trägt. Bei dieser Expedition stehen rund 100 internationale Experimente auf dem Programm. Bei der ESA in Köln üben die Astronauten für die wissenschaftlichen Experimente, bei der NASA in Houston für den Alltagsbetrieb der Raumstation. Das Sojus-Flugtraining absolvieren sie im Kosmonautenzentrum des so genannten Sternenstädtchens. Tauchbecken, Zentrifugen und Flugsimulatoren sind Teil ihrer Übungen. Im Sternenstädtchen hat auch der sowjetische Raumfahrer Juri Gagarin geübt. Er war der erste Mensch im Weltraum. Der Ort ist eine Monostadt, viele der dort lebenden Menschen arbeiten im dortigen Kosmonautenzentrum. Das Sojus-Raumschiff ist seit 1967 im Einsatz und inzwischen eines der sichersten Transportsysteme. Die ISS ist eine bemannte Raumstation, die in internationaler Kooperation betrieben und ausgebaut wird. Sie ist seit dem Jahr 2000 permanent besetzt. Die Crew der ISS-Expedition 57 © NASA / J. Blair
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Space Shuttle, angedockt an die ISS © NASA
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