STADT&LANDmagazin Februar 2022

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im porträt

«Mein Indianername wäre wohl `Der mit den Worten tanzt`» Andrew Bond ist der bekannteste Kinderliedermacher der Schweiz. Mit «Zimetschtern hani gern» fing damals alles an. Wenn auch eher per Zufall. Über 30 CDs hat er bis heute herausgegeben, neun MärliMusicals geschrieben und durchgeführt und sein Kopf ist immer noch voller Ideen.

Als «mittelalterlicher, noch überhaupt nicht müder Mann, der den Kopf

über 30 herausgegebenen Alben und unzähligen Konzerten in der

immer noch voller Ideen hat» – so beschreibt sich Andrew Bond selber.

ganzen Schweiz ist er noch immer nicht müde. Im Gegenteil: «Ich habe

Wir treffen uns in seinem GrossenGadenVerlag in Wädenswil. Wenn

das Gefühl, dass ich immer noch mit angezogener Handbremse fahre»,

man aus dem Fenster seines Büros, Probe- und Kreativraums schaut,

sagt der sympathische Wädenswiler, dessen Wurzeln in England sind.

sieht man bis in die Berge. Die Natur ist es denn auch, die Andrew Bond

Was inspiriert ihn? «Ich bin ein Ideenempfänger, die Ideen finden mich

fasziniert und inspiriert. Der 57-jährige Wädenswiler ist der bekann-

und nicht umgekehrt, sie fliegen mir einfach zu», erklärt er. Unter

teste Kinderliedermacher der Schweiz. Mehrere Generationen sind mit

anderem, wenn er in seinem grossen Garten ist. Ein sehr wichtiger

seinen Liedern aufgewachsen und tun es heute noch. «Zimetschtern

Rückzugsort für ihn. Dort kann er abschalten. Die Natur allgemein

hani gern» singen jedes Jahr Tausende von Kindern in der Weihnachts-

ist für ihn sehr wichtig. Er kennt alle Vogelstimmen, jeden Kot von

zeit. Dass dieses Lied einmal praktisch jedes Kind in der Schweiz ken-

heimischen Tieren. «Es fasziniert mich immer wieder, wenn ich Eulen,

nen würde, davon hatte Andrew Bond vor 24 Jahren, als er es schrieb,

Hermeline und Marder in meinem Garten zu Gast habe.»

keine Ahnung. «Ich habe das Lied mit der Melodie von Jingle Bells damals für meine Kinder mit Schweizerdeutschem Text geschrieben»,

Immer zwei oder drei Filme im Kopf

erzählt er. Einige Freunde und Bekannte hörten das Lied, waren so

Andrew Bond muss immer etwas tun. Ruhigsitzen ist für ihn schon fast

begeistert, dass sie es auch wollten. Es entstand ein ganzes Album mit

eine Strafe. Er habe den Kopf immer voller Ideen. «Das ist einerseits

dem gleichnamigen Titel wie dem Hauptlied – Andrew Bonds erste CD.

ein Segen, aber gleichzeitig auch ein Fluch.» In seinem Kopf laufen

Allerdings hiess diese ursprünglich «Pinguin am Futterbrett», so wie

immer, zu jeder Zeit, zwei oder gar drei Filme miteinander. Oder er

auch ein Lied, das drauf ist. Bond erinnert sich: «Irgendwie landete die

hört verschiedene Melodien und Lieder. Er hat Wege und Techniken

CD auf dem Tisch des damaligen Direktors des Zürcher Lehrmittelver-

gefunden, um abzuschalten. Jedes Jahr macht er in Grossbritannien,

lags. Und er wollte sie.» So wurde die CD umbenannt in «Zimetschtern

seiner Heimat, eine zweiwöchige Wanderung. «Viele fragen mich, ob

hani gern», die Illustrationen dazu lieferte Andrew Bonds damalige

ich das mache, um Ideen zu finden. Aber ich mache es genau, um

6-jährige Tochter Joy. Die ersten Kinderkonzerte folgten. Andrew

davon loszukommen, um abzuschalten.» Nach einer sechsstündigen

Bond schlug so richtig ein, er war der neue Star bei den Kleinen. Bis

Wanderung schaffe er es denn auch. «Dann habe ich keine Geister und

heute hat sich das erste Album über 150’000 Mal verkauft.

Gespenster und Tausend Ideen mehr im Kopf – ein schönes Gefühl.»

Er ist ein Handwerker, kein Künstler

«Freddy Frächfäll – de Hibedi-Hop-Has» ist sein neuntes MärliMusical.

Es war der Startschuss für Andrew Bonds Karriere als Kinderlieder-

Es läuft noch bis Mitte April. Danach ist Schluss. Es ist das letzte

macher. Obwohl er das gar nicht gesucht hat. Er unterrichtete als

MärliMusical von Andrew Bond. Corona hat der Ära MärliMusical den

Sekundarlehrer in Wädenswil. «Leute, die mich schon als Kind oder

Todesstoss gegeben. Sein Herz blute ein wenig. «Ich werde gewisse

Jugendlichen kannten, wunderten sich allerdings nicht über meinen

Sachen extrem vermissen, vor allem den kreativen Teil. Aber ich habe

Weg», sagt er und lacht. Bereits als Kind hatte er eine kreative Ader.

schon viele andere, neue Ideen», sagt Andrew Bond. Wundern tut dies

Schon als Junge schrieb er sein erstes Lied. Fast kein Zeichnungs- oder

nicht. Zurzeit komponiert er für das Schweizer Jugendsynfonieor-

Schreibwettbewerb, bei dem Bond nicht mitmachte. «Als Jugendlicher

chester. «Das ist eine neue Herausforderung, die mir sehr viel Spass

war ich intensiv als Cevi-Leiter tätig. Für die Lager brauchten wir

macht.» Und er hat zusammen mit anderen Künstlern den Liederladen

immer wieder Lieder. Ich nahm ein bekanntes Lied, passte den Text an

aufgebaut. Das ist eine Online-Plattform für Schweizer Lieder und

und schrieb neue Strophen dazu.» Sein Indianername wäre wohl «Der

Geschichten für Kinder. Ins Leben gerufen hat sie Andrew Bond, be-

mit den Worten tanzt», wie er selber sagt.

teiligt sind ganz viele bekannte und noch weniger bekannte Schweizer

Obwohl er schon unzählige Lieder und neun MärliMusicals geschrieben

Liedermacherinnen und Geschichtenerzähler. Ein grosser Traum von

und komponiert hat, alle möglichen Instrumente spielt – von Gitarre,

Andrew Bond wäre, ein Musical zusammen mit Andrew Lloyd Webber

über Klavier bis hin zu Blasinstrumenten – sieht Andrew Bond sich

«aus früheren Zeiten» zu schreiben. Und bei Bonds Tatendrang, Ide-

selber nicht als Künstler, sondern als Handwerker und Dienstleister. «Ich

enreichtum, Engagement und bei seiner Freude und Leidenschaft, die

bin ein Zehnkämpfer», sagt er und spricht damit seine vielen, ganz

er bei all seinen Projekten an den Tag legt, dürfte es wohl niemanden

unterschiedlichen Aufgaben an: Er ist Manager, Verleger, Komponist,

verwundern, sollte dies eines Tages noch passieren.

Musiker, Sänger, Produzent, Regisseur, Handwerker. Und auch nach 4

•• text: carole bolliger, fotos: zvg.


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