im porträt
«Mein Indianername wäre wohl `Der mit den Worten tanzt`» Andrew Bond ist der bekannteste Kinderliedermacher der Schweiz. Mit «Zimetschtern hani gern» fing damals alles an. Wenn auch eher per Zufall. Über 30 CDs hat er bis heute herausgegeben, neun MärliMusicals geschrieben und durchgeführt und sein Kopf ist immer noch voller Ideen.
Als «mittelalterlicher, noch überhaupt nicht müder Mann, der den Kopf
über 30 herausgegebenen Alben und unzähligen Konzerten in der
immer noch voller Ideen hat» – so beschreibt sich Andrew Bond selber.
ganzen Schweiz ist er noch immer nicht müde. Im Gegenteil: «Ich habe
Wir treffen uns in seinem GrossenGadenVerlag in Wädenswil. Wenn
das Gefühl, dass ich immer noch mit angezogener Handbremse fahre»,
man aus dem Fenster seines Büros, Probe- und Kreativraums schaut,
sagt der sympathische Wädenswiler, dessen Wurzeln in England sind.
sieht man bis in die Berge. Die Natur ist es denn auch, die Andrew Bond
Was inspiriert ihn? «Ich bin ein Ideenempfänger, die Ideen finden mich
fasziniert und inspiriert. Der 57-jährige Wädenswiler ist der bekann-
und nicht umgekehrt, sie fliegen mir einfach zu», erklärt er. Unter
teste Kinderliedermacher der Schweiz. Mehrere Generationen sind mit
anderem, wenn er in seinem grossen Garten ist. Ein sehr wichtiger
seinen Liedern aufgewachsen und tun es heute noch. «Zimetschtern
Rückzugsort für ihn. Dort kann er abschalten. Die Natur allgemein
hani gern» singen jedes Jahr Tausende von Kindern in der Weihnachts-
ist für ihn sehr wichtig. Er kennt alle Vogelstimmen, jeden Kot von
zeit. Dass dieses Lied einmal praktisch jedes Kind in der Schweiz ken-
heimischen Tieren. «Es fasziniert mich immer wieder, wenn ich Eulen,
nen würde, davon hatte Andrew Bond vor 24 Jahren, als er es schrieb,
Hermeline und Marder in meinem Garten zu Gast habe.»
keine Ahnung. «Ich habe das Lied mit der Melodie von Jingle Bells damals für meine Kinder mit Schweizerdeutschem Text geschrieben»,
Immer zwei oder drei Filme im Kopf
erzählt er. Einige Freunde und Bekannte hörten das Lied, waren so
Andrew Bond muss immer etwas tun. Ruhigsitzen ist für ihn schon fast
begeistert, dass sie es auch wollten. Es entstand ein ganzes Album mit
eine Strafe. Er habe den Kopf immer voller Ideen. «Das ist einerseits
dem gleichnamigen Titel wie dem Hauptlied – Andrew Bonds erste CD.
ein Segen, aber gleichzeitig auch ein Fluch.» In seinem Kopf laufen
Allerdings hiess diese ursprünglich «Pinguin am Futterbrett», so wie
immer, zu jeder Zeit, zwei oder gar drei Filme miteinander. Oder er
auch ein Lied, das drauf ist. Bond erinnert sich: «Irgendwie landete die
hört verschiedene Melodien und Lieder. Er hat Wege und Techniken
CD auf dem Tisch des damaligen Direktors des Zürcher Lehrmittelver-
gefunden, um abzuschalten. Jedes Jahr macht er in Grossbritannien,
lags. Und er wollte sie.» So wurde die CD umbenannt in «Zimetschtern
seiner Heimat, eine zweiwöchige Wanderung. «Viele fragen mich, ob
hani gern», die Illustrationen dazu lieferte Andrew Bonds damalige
ich das mache, um Ideen zu finden. Aber ich mache es genau, um
6-jährige Tochter Joy. Die ersten Kinderkonzerte folgten. Andrew
davon loszukommen, um abzuschalten.» Nach einer sechsstündigen
Bond schlug so richtig ein, er war der neue Star bei den Kleinen. Bis
Wanderung schaffe er es denn auch. «Dann habe ich keine Geister und
heute hat sich das erste Album über 150’000 Mal verkauft.
Gespenster und Tausend Ideen mehr im Kopf – ein schönes Gefühl.»
Er ist ein Handwerker, kein Künstler
«Freddy Frächfäll – de Hibedi-Hop-Has» ist sein neuntes MärliMusical.
Es war der Startschuss für Andrew Bonds Karriere als Kinderlieder-
Es läuft noch bis Mitte April. Danach ist Schluss. Es ist das letzte
macher. Obwohl er das gar nicht gesucht hat. Er unterrichtete als
MärliMusical von Andrew Bond. Corona hat der Ära MärliMusical den
Sekundarlehrer in Wädenswil. «Leute, die mich schon als Kind oder
Todesstoss gegeben. Sein Herz blute ein wenig. «Ich werde gewisse
Jugendlichen kannten, wunderten sich allerdings nicht über meinen
Sachen extrem vermissen, vor allem den kreativen Teil. Aber ich habe
Weg», sagt er und lacht. Bereits als Kind hatte er eine kreative Ader.
schon viele andere, neue Ideen», sagt Andrew Bond. Wundern tut dies
Schon als Junge schrieb er sein erstes Lied. Fast kein Zeichnungs- oder
nicht. Zurzeit komponiert er für das Schweizer Jugendsynfonieor-
Schreibwettbewerb, bei dem Bond nicht mitmachte. «Als Jugendlicher
chester. «Das ist eine neue Herausforderung, die mir sehr viel Spass
war ich intensiv als Cevi-Leiter tätig. Für die Lager brauchten wir
macht.» Und er hat zusammen mit anderen Künstlern den Liederladen
immer wieder Lieder. Ich nahm ein bekanntes Lied, passte den Text an
aufgebaut. Das ist eine Online-Plattform für Schweizer Lieder und
und schrieb neue Strophen dazu.» Sein Indianername wäre wohl «Der
Geschichten für Kinder. Ins Leben gerufen hat sie Andrew Bond, be-
mit den Worten tanzt», wie er selber sagt.
teiligt sind ganz viele bekannte und noch weniger bekannte Schweizer
Obwohl er schon unzählige Lieder und neun MärliMusicals geschrieben
Liedermacherinnen und Geschichtenerzähler. Ein grosser Traum von
und komponiert hat, alle möglichen Instrumente spielt – von Gitarre,
Andrew Bond wäre, ein Musical zusammen mit Andrew Lloyd Webber
über Klavier bis hin zu Blasinstrumenten – sieht Andrew Bond sich
«aus früheren Zeiten» zu schreiben. Und bei Bonds Tatendrang, Ide-
selber nicht als Künstler, sondern als Handwerker und Dienstleister. «Ich
enreichtum, Engagement und bei seiner Freude und Leidenschaft, die
bin ein Zehnkämpfer», sagt er und spricht damit seine vielen, ganz
er bei all seinen Projekten an den Tag legt, dürfte es wohl niemanden
unterschiedlichen Aufgaben an: Er ist Manager, Verleger, Komponist,
verwundern, sollte dies eines Tages noch passieren.
Musiker, Sänger, Produzent, Regisseur, Handwerker. Und auch nach 4
•• text: carole bolliger, fotos: zvg.