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Emily
BEWEGTER
CV
Halb Biografie, halb „Sturmhöhe“
Über die Entstehungsgeschichte von Emily Brontës „Sturmhöhe“ fantasiert Frances O’Connor mit ihrem Regiedebüt „Emily“.
Wie hast du ‚Sturmhöhe‘ geschrieben?“, fragt Emilys Schwester Charlotte mit Abscheu in der Stimme. Es sei ein hässliches, vulgäres Buch voller selbstsüchtiger Menschen. Für Emily klingt dies nach einem Lob.
Die Schauspielerin Frances O’Connor (The Missing, Mansfield Park) möchte in ihrem Regiedebüt Emily, dessen Drehbuch sie auch schrieb, fiktional die ewige Frage beantworten, wie es wohl zu diesem 1847 erschienenen Klassiker der Weltliteratur kam, den eine Pfarrerstochter im ländlichen Yorkshire verfasste – ein Jahr bevor sie 30-jährig starb. Wie konnte sie diese dramatische Liebesgeschichte von Cathy und Heathcliff, die die Abgründe kennt, schreiben? O’Connor interessiert sich also für eines der Brontë-Geschwister. Charlotte („Jane Eyre“), Branwell, Emily und Anne („Agnes Grey“) waren literarisch tätig; die drei Schwestern publizierten unter männlichen Pseudonymen, während Branwell unter seinem bürgerlichen Namen veröffentlichte. Während die Brontë-Töchter als Gouvernanten zum Familienunterhalt beitragen sollten, durfte Sohn Branwell in London an der Royal Academy of Arts studieren. Vater Patrick ist Pfarrer in der kleinen Ortschaft Haworth. Zu Hause hilft auch „Tante Branwell“ mit – die Schwester von Patricks verstorbener Frau.
WILDER LEBENSHUNGER Die rebellische Emily (mit Emma Mackey, Sex Education, optimal besetzt) gilt als der verschrobene Sonderling des Ortes. Sie verzieht sich gern in ihre Fantasiewelt, braucht die Außenwelt nicht so sehr. Sie liebt die Natur, schreibt Gedichte und Geschichten, während ihr Vater glaubt, dass sie Französisch übt. In einem Internat, das sie gemeinsam mit Charlotte besuchen soll, hält sie es nicht lange aus. Zurück zu Hause stellt sie fest, dass nicht nur ihr freigeistiger Bruder Branwell ihr Verbündeter ist, sondern auch ihr Hauslehrer, der junge Vikar William Weightman.
Diesen William Weightman hat es tatsächlich gegeben. Frances O‘Connor macht ihn in ihrer „imaginären Biografie“, in der Fakten mit Fiktion vermengt werden, zu Emilys Geliebtem; Emily selbst wird als lebenshungriger Wildfang gezeigt. Emily nimmt sich faktisch durch und durch Freiheiten und wird so zu einer intensiven, ungestümen Fantasie, die Emily Brontë vermutlich gefallen würde. „It’s about eating life“, so Hauptdarstellerin Mackey. „Der Film ist eine Ode an Kreativität, ein Dankeschön an Emily Brontë – und eine Art ‚Fuck you‘ an alle, die versuchen, einem im Leben Regeln vorzuschreiben!“ #emilyfilm
EMILY KINOSTART 16.12., GB 2022, REGIE Frances O‘Connor, MIT Emma Mackey, Oliver Jackson-Cohen, Fionn Whitehead, FILMLÄNGE 130 Min., © Filmladen