3 minute read

Tödliche Missionare

Next Article
DAS 97. DOT.

DAS 97. DOT.

Mission: Impossible, eine Filmreihe, die in den 1960er-Jahren verwurzelt ist (ältere Semester erinnern sich vielleicht noch an die TV-Serien Kobra, übernehmen Sie sowie In geheimer Mission) und als eigenständiges Actionkinoformat immerhin auch schon auf die 30 zugeht. 1996 versammelte Scarface-Regisseur Brian De Palma einen – wie wir heute wissen – niemals alternden Tom Cruise (Top Gun: Maverick) und ein paar andere, um den Auftakt zu einem neuen Spionage-Blockbuster-Franchise der Marke James Bond in Szene zu setzen. Nur subtrahierte er den ganzen Alkohol und Glamour, addierte dafür allerdings jede Menge Silikon-Gesichtsmasken und Komplexität. So tat De Palma es seinem Protagonisten Ethan Hunt gleich und erfüllte seine eigene Mission: Impossible. 007 bekam beträchtliche Konkurrenz vom IFM (Impossible Mission Force).

Advertisement

De Palma ging in der Folge, doch große Namen wie John Woo, J.J. Abrams (Star Wars: Der Aufstieg Skywalkers, bis heute als Produzent an Bord) und Brad Bird legten eindrucksvolle Fortsetzungen nach, ehe schließlich mit Christopher McQuarrie (Jack Reacher) ein Stammregisseur gefunden wurde. Der CruiseVertraute ist auch für den jüngsten (siebenten) Output hauptverantwortlich, der den etwas sperrigen Namen Mission: Impossible Dead Reckoning – Teil 1 trägt.

Teil 1? Haben wir hier etwa wieder einen Double- oder Triple-FeatureAlarm, bei dem eine 0815-Handlung zwecks Imposanz künstlich auf einen Mehrteiler aufgeblasen wird (soll ja schon vorgekommen sein)? Und kommt Ethan Hunts

Mission damit zu einem endgültigen Ende? McQuarrie beruhigt und verspricht, dass der Grund für den Doppelpack – Teil zwei soll 2024 in die Kinos kommen –einzig und allein in der Handlung zu finden sei. Ziel sei es gewesen, jeder Figur einen persönlichen Handlungsbogen zu geben, was den Rahmen eines einzelnen Films wohl gesprengt hätte.

AUF AUGENHÖHE MIT HUNT Mit „jeder Figur“ sind wohl weniger die bekannten wiederkehrenden Rollen von Rebecca Ferguson (Dune, als Ilsa Faust), Simon Pegg (Lost Transmissions, als Benji Dunn), Vanessa Kirby (The Son, als Alanna Mitsopolis) oder M:I-Urgestein Ving Rhames (Death Race: Inferno, als Luther Stickell) gemeint. Viel mehr hat Ethan Hunt mit Neuzugang Hayley Atwells (Avengers: Endgame) Rolle der undurchsichtigen Grace eine Leinwandpartnerin (oder auch Gegenspielerin), die mit dem alten Haudegen auf Augenhöhe agiert. Medial hat sie im Vorfeld der Veröffentlichung schon mal für Verwirrung gesorgt, sodass es einem Spionagethriller zur Ehre gereicht.

Ob sie Freund oder Feind ist, weiß Atwell selbst nämlich nicht so genau, wie sie in einem Interview beschreibt: „Ich lebe in einer existenziellen Krise und frage mich: ‚Wer bin ich? Wer bin ich?‘ Eine Schauspielerin auf der Suche nach einem Charakter.“ Christopher McQuarrie weiß es besser und beschreibt Grace als eine „zerstörerische Naturgewalt“.

Diese begegnet Ethan Hunt auf der Suche nach einer die Menschheit bedrohenden Waffe, die auch finstere Mächte gerne in Händen halten würden. Die unterschiedli- chen Interessenlagen sind jedoch komplexer, als dass man sie auf den simplen Kampf des Guten gegen das Böse reduzieren könnte. Fakt ist nur, dass Ethan sich wieder einmal in einem tödlichen Wettlauf gegen die Zeit befindet, bei dem er auf zahllose alte und neue Feinde trifft. Dabei ist es zweitrangig, ob Hunt sich selbst opfern muss oder die Menschen, die er liebt. Die erfüllte Mission steht über allem – mit oder trotz seiner ominösen Weggefährtin.

Alles Tom

Atwell, die wir vor allem aus diversen Produktionen des Marvel Cinematic Universe als Peggy Carter kennen, findet dann schließlich doch noch eine Erklärung dafür, was ihre Figur ausmacht, indem sie die beiden Action-Rollen miteinander vergleicht: „Peggy Carter hat alles unter Kontrolle, mit einem ausgeprägten Sinn für Fairness und einem moralischen Kern, der von ihrer emotionalen und romantischen Agenda und ihrer Verbindung zu Captain America angetrieben wird. Grace ist eine Einzelgängerin, sie ist unberechenbar; sie hofft auf das Beste und stürzt sich in etwas hinein.

Vom Charakter her sind sie sehr unterschiedlich, aber mein Ansatz war derselbe.“

Für Leinwandpartner Tom Cruise hat die Engländerin nebenbei auch lobende Worte übrig: „Nun, es gibt keine CGI, keine Muskelanzüge – das ist alles Tom. Das ist er wirklich.“ Dabei spielt sie auf etwas an, das eingefleischte Cineasten natürlich längst wissen: Auch mit seinen stolzen 60 Jahren ist sich Cruise nach wie vor für keinen selbst durchgeführten Stunt zu schade. Selbst wenn das bedeutet, dass er mit einem Motorrad auf eine Klippe zurasen, das Gefährt anschließend wegwerfen und innerhalb eines Zeitfensters von sechs Sekunden einen Fallschirm öffnen muss. Übrigens der gefährlichste Stunt seines Lebens, wie der Mime im Nachhinein zugab.

EIN WAGHALSIGES UNTERFANGEN

Wagemut (Übermut?), der auf Hayley Atwell definitiv abgefärbt hat, wie sie zu Protokoll gibt: „Was die Stunts angeht, habe ich gelernt, wie man mit einem Rennwagen driftet … Rückwärts über eine Brücke springen, rückwärts von einem fahrenden Zug springen, ähm, eine Menge bergauf laufen in High Heels, während ich an Mr. Cruise gefesselt war. Ähm, das ist alles, was ich sagen werde.“

Dabei hatten sich schon die gewöhnlichen Dreharbeiten als produktionstechnischer Stunt erwiesen und dem Namen „Mission: Impossible“ alle Ehre gemacht. 2020 gestartet, musste aufgrund der COVID-19-Pandemie insgesamt siebenmal abgebrochen, die Crew unter anderem vom Drehort Venedig ausgeflogen, zwischenzeitlich auch auf einer von Tom Cruise eigens angemieteten Fähre vom Rest der Welt isoliert werden, ehe es Hauptdarsteller und Regisseur doch erwischt haben soll. Ganz besonders McQuarrie, der im Krankenhaus stationär behandelt wurde. Nichtsdestotrotz fiel im September 2021 die letzte Klappe. Das Ergebnis dürfen wir ab 11. Juli im Kino bewundern. Mission: Impossible – accomplished. www.facebook.com/ MissionImpossible.AT

MISSION: IMPOSSIBLE DEAD RECKONING

TEIL 1 – MISSION: IMPOSSIBLE – DEAD RECKONING – PART ONE KINOSTART

13.07., USA 2022, REGIE Christopher McQuarrie, MIT Tom Cruise, Hayley Atwell, Simon Pegg, Ving Rhames, Rebecca Ferguson, FILMLÄNGE 160 Min., © Constantin Film

This article is from: