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Die Schwammstadt Basel
HANDLUNGSBEDARF IST DA
Der Klimawandel ist Mitte Juli auch in Basel mit Händen zu greifen. Die Hitzewellen lähmen mit über 35 Grad das städtische Leben. Bislang waren die grossen Herausforderungen des Klimawandels weit weg und eher Theorie, jetzt sind sie praktisch zu spüren. Das Mikroklima der Städte befeuert diese Entwicklung. Der hohe Versiegelungsgrad, die geringe Vegetation, der beeinträchtigte Wasserhaushalt oder die Oberflächenvergrösserung durch die Gebäudedichte sind wichtige Stichworte. Es gilt, den Kurs zu ändern. Der angestrebte Status einer Schwammstadt ist eine Lösung.
VON GEORG LUTZ
Frieder Kaiser, Stadtgärtnerei Basel. ©
Entsiegelungsmassnahmen gehören zur Schwammstadt. «Im Triangel» Erlenmatt wurde ein Teil des Hartbelags entsiegelt. So entstand ein wasserdurchlässiger Kiesplatz, auf dem in Zukunft 18 zusätzliche Bäume Schatten spenden.
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Die klassischen versiegelten Böden und rein begradigte Flüsse befeuern den Klimawandel – auch in Basel.
Auch in Basel sind die städtischen Wärmeinseleffekte der Klimaerwärmung deutlich vorhanden. Was kann man dagegen tun? Es gilt mehr Grün an Fassaden, auf dem Dach und an Parkplätzen zu organisieren. Luftkorridore sollten in der Nacht für Kühlung sorgen. Wasser sollte weniger verdunsten. Dafür müssen aber die Böden in Teilen entsiegelt werden.
Das Konzept der Schwammstadt in Basel ist ein Lösungsmodell – neben vielen anderen. Zunächst braucht es aber einen Überblick und strategische Fragestellungen und Konzepte, um zu Handlungsszenarien zu kommen.
KLIMAGERECHTE ENTWICKLUNG
Das Stadtklimakonzept in Basel fokussiert auf eine klimaangepasste Siedlungs-entwicklung, welche der zunehmenden Hitzebelastung entgegenwirkt und auch an sehr heissen Tagen eine gute Lebens- und Aufenthaltsqualität schafft. Weitere negative Auswirkungen des Klimawandels wie zunehmende Starkniederschläge und Trockenperioden werden bei Unternehmensverantwortlichen, aber auch im Rahmen der kantonalen Behörden thematisiert.
Ein Ergebnis im Kanton Basel-Stadt ist das Stadtklimakonzept. Es wirkt als neues planerisches Instrument der politisch Verantwortlichen. Zunächst geht es, im Rahmen der kantonalen Verwaltung, um konsolidierte Strategie- und Handlungsanweisungen. Diese wurden und werden vom Regierungsrat genehmigt und haben somit behördenverbindlichen Charakter. Gegenüber privaten Grundeigentümern und Grundeigentümerinnen dient es als Beratungsgrundlage. Die strategischen Aussagen und die darauf aufbauenden Handlungsfelder fokussieren auf den Zeitraum bis 2030.
DER SCHWAMM UND SEIN PRINZIP
Ein wichtiger Baustein der klimaangepassten Siedlungsentwicklung ist dabei das Schwammstadt-Prinzip. Basel will Schwammstadt werden und damit einen wichtigen Beitrag zur Reduktion der Hitze in der Stadt und zum Umgang mit Starkregen leisten.
Mit dem Schwammstadt-Prinzip kann Regenwasser im Boden wie in einem Schwamm verstärkt gespeichert werden und via Stadtgrün verdunsten. VoltaNord ist das erste Areal, das nach dem Schwammstadt-Prinzip entwickelt werden soll.
Das Schwammstadt-Prinzip schliesst den Regenwasserkreislauf im Freiraum. Es ist ein wichtiger Baustein auf Basels Weg hin zu einer noch stärker begrünten, klimaangepassten Stadt, so wie es das Stadtklimakonzept vorsieht. Der Abfluss von Regenwasser in die Kanalisation soll reduziert, seine Verweildauer im städtischen Raum erhöht und seine Verdunstung mittels Vegetation gefördert werden. Mit der Schwammstadt kommt das
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Regenwasser direkt den Bäumen zugute, statt ungenutzt in die Kanalisation zu fliessen. So steht den Stadtbäumen an ihren meist trockenen Standorten mehr Wasser zur Verfügung. In der Folge entwickeln sie sich gesünder und überstehen trockene Sommer besser. Ein vitaler Baumbestand verdunstet mehr Wasser und kühlt so das Stadtklima. Gleichzeitig wird die Kanalisation entlastet und die Gefahr von Überflutungen aufgrund zunehmender Starkregenereignisse reduziert.
Das Schwammstadt-Prinzip erfordert eine entsprechende Infrastruktur, die das Bau- und Verkehrsdepartement bei anstehenden Bauprojekten, wenn immer möglich, mitplant. Wesentliche Elemente der Schwammstadt sind zum Beispiel wasserdurchlässige Oberflächen, offene Rinnen oder sogenannte bepflanzte Retentionsmulden. Retentionsmulden sind modellierte Grünflächen, in die das Regenwasser von Hartflächen eingeleitet, gestaut und anschliessend von der Vegetation verdunstet wird. Überschüssiges Wasser wird durch eine Bodenpassage gereinigt und versickert in den Untergrund, wo es das lokale Grundwasser anreichert. Durch all diese Massnahmen bleibt das Regenwasser im natürlichen Kreislauf und als wertvolle Ressource im Naturhaushalt erhalten.
DAS BEISPIEL VOLTANORD
Nebst baulichen Massnahmen wie auf dem Areal VoltaNord wird das Prinzip Schwammstadt auch mit fortschrittlichen Planungsinstrumenten und Richtlinien sowie Forschungsprojekten gefördert, beispielsweise durch die Stadtgärtnerei. Die Stadtgärtnerei betreibt momentan eine Forschungsanlage in der Baumschule in Arlesheim. Zusammen mit der ZHAW Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften prüft sie den unterschiedlichen Einsatz von Pflanzenkohle in Baumsubstrat und misst deren Einfluss auf die Baumentwicklung. Pflanzenkohle ist in der Lage, grosse Mengen an pflanzenverfügbarem Wasser und Nährstoffen zu speichern. Erste aussagekräftige Resultate erwartet die Stadtgärtnerei Ende 2022.
Das alte Basel bietet grüne Vorbilder – die Umgebung der St.-Jakobs-Kirche in Basel. Esther Keller ist seit 2021 Regierungsrätin und Vorsteherin des Bau- und Verkehrsdepartements des Kantons Basel-Stadt.
INTERVIEW MIT ESTHER KELLER
GESCHÄFTSFÜHRER*IN BASEL: Ein Schwamm saugt Flüssigkeit auf. Wie soll dies in Basel funktionieren?
Esther Keller: Unser Schwamm ist der Boden. Das wertvolle Regenwasser soll, wenn immer möglich, nicht ungenutzt in die Kanalisation fliessen, sondern dem städtischen Freiraum erhalten bleiben. Wesentliche Elemente der Schwammstadt sind wasserdurchlässige Oberflächen, offene Rinnen, Teiche oder auch unterirdische Zisternen.
Und wie sehen die Ziele dabei aus?
Im Kampf gegen die immer höheren Temperaturen durch den Klimawandel ist das Schwammstadt-Prinzip ein wichtiger Baustein. Es sorgt dafür, dass den Stadtbäumen mehr Wasser zur Verfügung steht. Ein vitaler Baumbestand wiederum verdunstet mehr Wasser und kühlt so die Luft.
Können Sie uns zwei, drei Projekte verraten, die im Rahmen des Schwammstadt-Prinzips in Basel realisiert werden?
VoltaNord ist das erste Areal in Basel, auf dem wir das Prinzip Schwammstadt umsetzen werden, konkret auf dem Lysbüchelplatz und im SaintLouis-Park sowie in den anschliessenden Quartierstrassen.
Besteht hier nicht die Gefahr von Rebound-Effekten? Es gibt auf der Mikro-Ebene spannende Projekte, die aber dann auf einer Makro-Ebene, hier beispielsweise durch Versiegelung, konterkariert werden.
Diese Effekte beobachten wir selbstverständlich. Mit dem Stadtklimakonzept, das von der Regierung jüngst beschlossen wurde, haben wir aber ein klares Bekenntnis abgegeben: Wir wollen die Stadt entsiegeln und begrünen. Das Schwammstadt-Prinzip ist ein wichtiger Schritt hin zu diesem Ziel. Es wertet den Stadtraum auf, kommt so der Bevölkerung zugute und führt zu wesentlich tieferen Kosten bei der Abwasserinfrastruktur.