Meine Zeit beim AFC Wimbledon Daniel Roth
Meine Zeit beim AFC Wimbledon von Daniel Roth ISBN 978-3-945942-09-3 2., aktualisierte & erweiterte Auflage 2021 Fotos: Cover:
Daniel Roth Christoph Beutenmüller unter Verwendung von Fotos von Daniel Roth
Lektorat: Christoph Beutenmüller Satz: Druck:
pretty good books BOOK PRESS
Verlag:
pretty good books, Waldkirch im Breisgau, 2021 (Erstauflage 2019) www.prettygoodbooks.de
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Inhalt Vorbemerkung
...................................................... 6
Das erste Spiel
...................................................... 7
It only took 9 Years
.................................................... 11
Someone Else’s Number Nine
.................................................... 14
Das St. Pauli-Problem
.................................................... 19
Tagebuch eines Groundhoppers
.................................................... 27
Wimbledon Away
.................................................... 36
Wimbledons Feinde
.................................................... 45
Terry, give us a wink
.................................................... 54
Schande des Fußballs
.................................................... 63
Show me the Way to Plough Lane
.................................................... 81
Der Fan im Trikot
.................................................... 92
Abstiegskampf, Alter
.................................................... 97
Wimbledon Reloaded? Die Red Rebels zu Gast
.................................................. 105
Große Spiele
.................................................. 113
Herbstkrise
.................................................. 136
Nicht schon wieder
.................................................. 144
Die Ursache des Brexit
.................................................. 148
Back to Pokalfinale
.................................................. 152
Neue Kreise
................................................. 161
Wieder zu Hause
................................................. 170
Vorbemerkung Diese Texte erschienen zwischen 2010 und 2019 auf dem Blog „Cody bei den Dons – Ein Deutscher zu Gast beim AFC Wimbledon“ codybeidendons.wordpress.com von Daniel Roth. Sie wurden vom Autor und Verlag für diese Buchausgabe sorgfältig editiert und bei Bedarf orthografisch-formal korrigiert. Dabei wurde auf die Anpassung der Zeiten und Informationsstände verzichtet, um einen authentischen Einblick in die Geschichte und Entwicklungsschritte des Vereins AFC Wimbledon geben zu können. Für die vorliegende 2. Auflage wurde das Kapitel „Wieder zu Hause“ anlässlich der Rückkehr an die Plough Lane in Wimbledon sowie weitere Fotos hinzugefügt.
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Das erste Spiel AFC Wimbledon – Bath City 4:0 Nationwide Conference Kingston upon Thames/Kingsmeadow 11. September 2010, 2.300 Zuschauer
Dem ersten Spiel hatte ich natürlich mit riesengroßen Erwartungen entgegengefiebert. AFC Wimbledon, der Fels in der Brandung im Kampf gegen den modernen Fußball. Der Robin Hood unter den Vereinen. Die Stars aus der 11FREUNDETM. Und ich bin hautnah dabei. Ich wurde bitter enttäuscht an diesem sonnigen Spätsommernachmittag. Von Fanleben oder Support sollte ich an diesem Tag nichts sehen, null. Keine Stimmung, keine Begeisterung, nichts von dem, was Fußball interessant macht im halbleeren Stadion. Auf Heimseite. Daumen runter. Die knapp 100 Gäste aus Bath hingegen eroberten meine Sympathien im Sturm. Ich stand auf der kleinen Tribüne am Kingston Road-End und stellte mich an den Rand der Bathonians – keine Fantrennung. Bereits früh verloren sie das Spiel, doch das hielt die Schwarz-Weißen keineswegs davon ab, zu singen und zu feiern. Nach dem Schlusspfiff bejubelten sie ihre Mannschaft frenetisch. Four nil, we only lost four nil, und es lag kein Hauch von Spott oder böser Ironie darin. Die Aufsteiger wollten einfach einen guten Tag haben, und den hatten sie. Daumen hoch.
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Da man in London mit seiner Freizeit ohnehin nicht viel anfangen kann, gab ich den Wombles eine zweite Chance und diesmal war alles anders. In der Abenddämmerung kam ich gerade rechtzeitig zum Spiel gegen Crawley Town und schon von draußen vernahm ich laute Fangesänge. Ja, das hörte sich nach Fußball an, und es wurde ein packendes Spiel mit gutem Support, Emotionen, und einem Heimsieg nach Rückstand vor fast ausverkauftem Haus. Unter dem Flutlicht entschied ich, erneut auf der kleinen Rentnertribüne stehend, in Zukuft hinter das andere Tor zu wechseln. Dort hatte ich nun endlich richtige Fangesänge identifiziert. In der Saison 2010/11 habe ich etwa 15 Heimspiele gesehen und mal war der Support richtig gut, manchmal auch einfach scheiße. Einer Sache muss man sich bewusst sein, wenn man in England zum Fußball geht: Deutsche Maßstäbe sollte man gar nicht erst mitnehmen. Es gibt keinen durchorganisierten Support in Wimbledon, keine Schwenkfahnen oder Doppelhalter und auch Trommeln oder Klatscheinlagen werden nicht geboten. Es gibt nicht nur keine ultraorientierte Gruppe, sondern es scheint überhaupt so etwas wie organisierte Fanclubs nicht zu geben. Einen Sturm der Begeisterung lösen in mir sogar schon halbherzige kurze Hüpfeinlagen aus, die man an einem guten Tag mit etwas Glück bestaunen darf. Das Supportzentrum liegt im Tempest End rechts hinter dem Tor. Die dort stehende Gruppe etwa 40-jähriger Männer stimmt regelmäßig Gesänge an – an eine Gruppe im Ul8
trastil ist dabei nicht zu denken. Mal gehen sie ganz gut ab, mal verlieren sie sich auch in Quatscherei und treiben nur Schabernack. Etwa zehn Meter links davon ist eine kleine Ansammlung von hauptsächlich Kindern und Jugendlichen, die auch immer wieder mal Gesänge anstimmen. Die verfügen über einen recht hohen Asi- und Pöbelfaktor und wirken eindeutig unterschichtig. Dazwischen stehen weitestgehend Schallschlucker, die nur selten mitsingen und auch immer wieder mal ein, zwei 90-Minuten-Pöbler. So kann man sich nur selten darüber freuen, dass die beiden Supportkerne wirklich miteinander singen. Wenn dies doch mal gelingt, verwandelt sich das Tempest End zwar auch nicht in einen Hexenkessel. Aber immerhin kann es ein bisschen laut und mitreißend werden. Und wenn die Stimmung aus einer Art Brodeln entsteht und nicht strikt nach Plan gesungen wird, dann wirkt das Ganze – das kann auch mal einfacher Applaus sein – doch irgendwie nett. Da wir in England sind und nicht in Griechenland oder Polen, gibt es neben den obligatorischen kürzeren Anfeuerungsrufen längere Lieder, die sich an Popsongs orientieren. Oft wird gegen Ende des Spiels I can’t help falling in Love with you gesungen, was immer wieder ganz schön ist. Einer meiner Lieblingsgesänge indes nutzt die Melodie von Rod Stewarts Sailing, und es hört sich manchmal fast so an, als würde man eine Kirchengemeinde belauschen, so andächtig wird das Chanson vorgetragen. We are Wombles, we are Wombles, super Wombles from the 9
Lane. An dieser Stelle gebe ich die ersten zwei Strophen zum Besten: We drink champagne, we snort cocaine, we’ve got ladies over here. You’ve got shit jobs, you shag your dogs, and your wife is on the game. We drink Campari, we drive Ferrari, we’ve got Wombles in our lives. You’ve got bus stops, second hand shops and your mum’s in Readers Wives. Letzteres war übrigens eine Rubrik in der britischen Entsprechung des deutschen Fachmagazins Coupé. Noch Fragen? Gut, es gibt noch eine dritte Strophe. Doch die habe ich erst zweimal gehört, nicht komplett verstanden und auch schon wieder vergessen.
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Bildteil *** Fotos von Daniel Roth, Christoph Beutenmüller und AFC Wimbledon ***
AFC Wimbledon-Fans
Zaunfahne beim ersten Spiel
Platzsturm der AFC Wimbledon-Fans nach der geglückten Rettung gegen Fleetwood Town