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ARCHITECTURAL DIGEST. Stil, Design, Kunst & Architektur Ausflüge in die schönsten Parks und Gärten

Heimspiel Frankreich an der Elbe, Italien am Tegernsee, Mexiko im Spreewald: So bunt wohnt Deutschland

Deutschland Oktober 2020 / 8 Euro




a new culture of light

Occhio LED: Energieeffizienzklasse A+


Sofia Boutella and Mads Mikkelsen illuminated by Mito largo und Mito soffitto. Watch the movie on occhio.de






© DARCSTUDIO FOR EUROBODEN


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DER NEUE DERZBACHHOF FOR SALE

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PETER HAIMERL . ARCHITEKTUR

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DERZBACHHOF FORSTENRIEDER ALLEE 179





Inhalt Oktober 40

Die Witullas

55 Garten Gristede 58 Garten Wilhelma

60

Neuheiten Teppich- und Fliesenmanufakturen aus Deutschland lassen Böden erstrahlen. 63 Garten Schlossgut Schwante 64 Talent Yellow Nose Studio 67 Garten Bad Driburg 68 Adresse Freifrau 69 Garten Bad Schandau

70

Adresse Zwei Hamburger in der Provence: Bei Kuball & Kempe werden Klischees zum plaisir und Schlümpfe zu Preziosen. 74 Praxis

76

Projekt Mexico Ci im Spreewald: der jüngste Bau des Architektenduos Zeller & Moye. 82 Radar Oscar Niemeyer

84

Kunst Werner Murrer im Gespräch über die unaufdringliche Magie guter Rahmen. 90 AD Buch

92

Reise 44

„Sedna“ + „Supernova“

25 Editorial 26 Impressum 28 Agenda 33 AD stellt vor

96 Mobil Audi

Porträt: Witulla; Fotos: Julien Menand (2); Ammerland Touristik

35

Stil 36

Neuheiten Beschwipste Schreibtischleuchten? Ein ron in Architektenschwarz? Design aus Deutschland ist unvorhersehbar! 38 Garten Hermannshof 40 Talent Witulla 45 Garten Adenauer 46 Talent Stanitzek 48 Adresse Kettnaker 50 Adresse Noodles

Hotelier Korbinian Kohler über den Tegernsee als Destination der Extraklasse.

55

Ammerland lodert



Inhalt Oktober

Auf dem Cover: Außen Tegernsee. Innen? Überraschung! Für einen deutschen Unternehmer schuf Studio Peregalli ein maßgeschneidertes Retreat.

99

Leben 100

„Auf das Zusammenspiel kommt es an!“ Mit einem langjährigen Freund teilt sich Robert Stephan ein Penthouse-Duplex in der Maxvorstadt. Pragmatismus mit maskuliner Noblesse.

108

Für immer Ferien Die Côte d’Azur reicht bis zur Elbe: Mitten in Hamburg-Altona hat sich Janina Krinke ein lichtes Sommerhaus geschaffen, das die Leichtigkeit des Südens feiert.

116

Träumen in Nymphenburg 116

Aus dem Alltag ein Fest 136

Jules & Co.

Die neue „Nymphenburg Residence“ ist Hotel, aber auch Bühne für die Kunst der Münchner Porzellanmanufaktur.

126

Cover: Robert Rieger; Fotos: Stephan Julliard; Robert Rieger

Ganz bei sich … möchte ein deutscher Unternehmer bisweilen auf seinem Grundstück am Tegernsee sein. Das Mailänder Designduo Studio Peregalli nahm den Auftrag wörtlich: das Haus als Porträt.

136

Wedding Forever Ein Brief der Hausverwaltung motivierte Jules Villbrandt und ihre Familie zur lange fälligen Renovierung. Die Geschichte einer Wohnung im Wandel. 146 Summaries 148 Apropos 150 Genie & Spleen








Frankfurt am Main . Baden Baden . 00 49 69 28 41 41 . friedrich.eu

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AD Editorial

Foto: Rheinisches Bildarchiv, Köln/Ernst Ludwig Kirchner, Fünf Frauen auf der Straße, 1913, Öl auf Leinwand (120 x 90 cm), Museum Ludwig, Köln, Ankauf mit Mitteln aus dem Haubrich-Fonds 1947, Inv.-Nr. ML 76/2716 (Ausschnitt); Porträt: René Fietzek

„Bei der Beschäftigung mit einem Kunstwerk öffnet sich eine ganz neue Welt, wenn man den Blick auch für dessen Rahmen schärft.“

D

ie Blautöne des Himmels, das Grün der Wiesen und Wälder, das Lila, Violett und Purpur, die aus den Schattenbereichen des Berges kommen: Im Kirchner Museum Davos hängt eines der für Ernst Ludwig Kirchner so typischen Graubündner Landschaftsgemälde aus seiner Davoser Zeit bis heute – und das ist das Herausragende – in einem vom Künstler selbst geschaffenen Holzrahmen, in schwungvollem Pinselstrich genau in den dominanten Farben des Bildes getüncht. Es ist kaum eine Trennung zwischen Bild und Rahmen zu sehen. Es ist den Forschungen des Münchner Rahmenmachers Werner Murrer zu verdanken, einen kunsthistorischen wie auch handwerksgeschichtlichen Blick auf das Phänomen des Künstlerrahmens wenn nicht entwickelt, so doch nachhaltig geschärft zu haben (S. 84). Murrer, den wir für unser aktuelles Deutschlandheft in seiner Werkstatt besucht haben, durchkämmt seit 30 Jahren alle einschlägigen Sammlungen mit seiner Kamera und dokumentiert minutiös, was der Aufmerksamkeit vieler Ausstellungsbesu-

cher vielleicht entgeht: das scheinbar nebensächliche Konstrukt, das das Bild umschließt, gerade im Fall der Expressionisten aber zum Teil eines Gesamtkunstwerkes wird – wie etwa im Fall jenes dreifachen Halbrundstabes (oben) um Kirchners „Fünf Frauen auf der Straße“ von 1913, der einzigen seiner Straßenszenen, die ihren originalen Rahmen noch behalten hat. Murrer hat zum Thema Ende letzten Jahres eine Ausstellung im Berliner Brücke-Museum kuratiert, deren zweite Station im Buchheim Museum leider coronabedingt abgesagt worden ist, deren atemberaubend schönen Katalog man sich aber umgehend sichern sollte. Ein Rahmen ist ein Rahmen ist ein Rahmen? Eben nicht, wie wir aus diesem Katalog lernen können, der uns auf Porentiefe, Pinselstrich und Schnitzmesserschärfe mitten hinein in dieses Grenzland führt, wo das Kunstwerk aufzuhören und die davon äußerliche Welt anzufangen scheint. Der Kulturphilosoph Georg Simmel hat in einem 1902 für den Berliner „Tag“ verfassten Beitrag unter dem Titel „Der Bildrahmen – ein ästhetischer Versuch“ das, was zwischen der äußeren und der inneren Leiste des Rahmens geschieht, ganz wundervoll beschrieben als einen „Strom zwischen zwei Ufern“. Nach dessen Fließen und Mäandern werden wir in Zukunft sicher besonders Ausschau halten. ‹

O liver Jahn

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ARCHITECTURAL DIGEST. STIL, DESIGN, KUNST & ARCHITEKTUR erscheint in der Condé Nast Germany GmbH Oskar-von-Miller-Ring 20, 80333 München Telefon 089 38104-0 mail@condenast.de, www.condenast.de ad@admagazin.de, www.admagazin.de

Chefredakteur Oliver Jahn

Redaktion Stv. Chefredakteur & Style Director Dr. Simone Herrmann Art Director Inka Baron Textchef & Kunst Barbara Gärtner Managing Editor Eike Schrimm Interior/Küche/Bad Karin Jaeger Retail/New Work Bettina Schneuer Textredaktion Andreas Kühnlein, Florian Siebeck Stil Sally Fuls (Ltg.), Mona Bergers, Lilian Ingenkamp, Friederike Weißbach Bildredaktion Thomas Skroch (Ltg.), Isa Lim, Samantha Taruvinga Art Department Viviana Tapia (Stv. Art Director), Selina Lang Assistenz der Chefredaktion Johanna Hänsch Mitarbeiter dieser Ausgabe Reinhard Krause, Sophia Lierl, Iain Reynolds, Christof Rostert Autor dieser Ausgabe Laura May Todd Fotografen dieser Ausgabe Stephan Julliard, Janne Peters, Robert Rieger, Daniel Schäfer, Thomas Skroch Illustrator dieser Ausgabe Emiliano Ponzi Büro Mailand Anna Riva, Paola Dörpinghaus Tel. +39 02 29000718, p.dorpinghaus@condenast.it Büro New York Christina Schuhbeck Tel. +1 212 2866856, christina_schuhbeck@condenast.com Schlussredaktion/Dokumentation Lektornet Syndication syndication@condenast.de Redaktion admagazin.de Andreas Kühnlein (Ltg.), Valerie Präkelt (Feature & Social Media Ltg.), Clara Westhoff (Trainee) Verantwortlich für den redaktionellen Inhalt Oliver Jahn Vertrieb Abonnement-Betreuung Deutschland und Österreich: AD ARCHITECTURAL DIGEST Leserservice Postfach 290, 77649 Offenburg Tel. 0781 6394509 E-Mail: abo@ad-magazin.de, www.ad-magazin.de/abo Jahresabonnement: 68 €; Studenten (gegen Nachweis): 34 € Schweiz: AD ARCHITECTURAL DIGEST Leserservice Postfach, 6002 Luzern, Tel. +41 41 3292244 E-Mail: ad@leserservice.ch, Jahresabonnement: 115 sfr Andere Länder: Adresse siehe Deutschland, Preise auf Anfrage AD ARCHITECTURAL DIGEST (German) (USPS no 24066) is published monthly by Condé Nast Germany. Known Office of Publication: Data Media (A division of Cover-All Computer Services Corp.), 660 Howard Street, Buffalo, NY 14206. Periodicals postage is paid at Buffalo, NY 14205. Postmaster: Send address changes to AD ARCHITECTURAL DIGEST, Data Media, P.O. Box 155, Buffalo, NY 14205-0155. E-Mail: service@roltek.com, toll free: 1-877-776-5835 Bestellung von Einzelheften Preise, Verfügbarkeit und Bestellung unter abo.ad-magazin.de/einzelhefte Für weitere Fragen: Tel. 01806 012906

Zurzeit gilt die Anzeigenpreisliste Nr. 24 vom 1.1.2020. Alle Rechte vorbehalten. Die Zeitschrift und alle darin enthaltenen Beiträge und Abbildungen sind urheberrechtlich geschützt. Mit Ausnahme der gesetzlich zugelassenen Fälle ist eine Verwertung ohne Einwil­ ligung des Verlags strafar. Für unverlangt eingesandtes Text­ und Bildmaterial wird keine Haftung übernommen. ISSN­Nr. 1433­1764

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Anzeigen/Vermarktung Sales Christina Linder, Head of Sales christina.linder@condenast.de, Tel. -430 Brand Advertising Andrea Latten, Brand Director Vogue & AD andrea.latten@condenast.de, Tel. -276 (verantwortlich für Anzeigen) Marketing Angela Reipschläger, Head of Marketing angela.reipschlaeger@condenast.de, Tel. -793 Ingrid Hedley, Marketing Director ingrid.hedley@condenast.de, Tel. -142 Kathrin Ölscher, Marketing Director kathrin.oelscher@condenast.de, Tel. -746 Creative Studio Susanne Jungbluth, Executive Director susanne.jungbluth@condenast.de, Tel. -373 Advertising Operations Katharina Schumm, Head of Revenue Management, Ad & Marketing Service katharina.schumm@condenast.de, Tel. -135 Vertrieb Alima Longatti, Head of Direct Marketing & CRM alima.longatti@condenast.de, Tel. -301 Einzelverkauf MZV GmbH & Co. KG, Karsten Reißner (Bereichsleitung) Herstellung Leitung Lars Reinecke, Director Production Digitale Vorstufe/Druck Mohn Media, Mohndruck GmbH Carl-Bertelsmann-Straße 161 m, 33311 Gütersloh Unternehmenskommunikation/PR Dr. Judith Pöverlein, PR-Manager presse@condenast.de, Tel. -842 Finanzen Roland Riedesser, Finanzdirektor Geschäftsführerin und Herausgeberin Jessica Peppel-Schulz



AD Agenda

Wer, wie, was?

Neu eröffnet Bucherer, Düsseldorf Uhren und Schmuck im Herzen der Stadt: Flaggschiff an der Kö auf über 1200 Quadratmetern. bucherer.com

Thonet, online Neuer digitaler Showroom mit interaktiven Elementen für Planer wie Endverbraucher. Derzeitiger Themenschwerpunkt: New Work. thonet.de

Nicht verpassen! Hito Steyerl im K21, Düsseldorf

Oase am Rosa-Luxemburg-Platz Oben residiert Suhrkamp, in einem Haus von Roger Bundschuh, im Parterre eröffnen nun die Niederländer Lode van Zuylen und Stijn Remi ihr zweites „Remi“-Restaurant in Berlin. Ester Bruzkus schuf ein zart-kräftiges Interior für die Brasserie. remi-b erlin.de

Endlich die große Überblicksschau. 26.9.–10.1.21 kuns tsammlung.de

„Kunst ⇆ Handwerk“, Hannover Die Gegenwartskunst entdeckt das Handwerk. 2.10.–10.1.21 ke s tnerge sellschaf t.de

Sie sind ein Mann der unterschiedlichsten Passionen. Seit wann sammeln Sie Keramik von Walter Bosse? Die Leidenschaft begann vor

mehr als zehn Jahren, mit einem kleinen weißen Bären (unten links). Liebe auf den ersten Blick. Aber die Vorstellung von Schönheit wie auch die von Liebe ist ein tückisches Ding, weil beide sich nicht vollständig objektivieren lassen. Man muss sie erfahren und empfinden. Wurden Sie deshalb schon für exzentrisch gehalten? Als ich in den 90ern begann, Werke

von sogenannten Outsider-Künstlern auszustellen, war es ähnlich. Auch das stieß zunächst auf Unverständnis. Heute wissen wir alle es besser. Wie kam es zur Zusammenarbeit mit Brutto Gusto? Spontan. Geer Pouls zeigt in seinem wun-

derbaren Blumenladen ja auch zeitgenössische Keramikkunst. Ich habe ihn einfach gefragt, ob ich bei ihm Figurinen aus Bosses bester Schaffenszeit 1924 bis 36 zeigen darf. Ich durfte! Udo Kittelmann verlässt Ende Oktober nach zwölf Jahren den Posten als Chef der Berliner Nationalgalerie. Bis 31.10. zeigt er bei Brutto Gusto, Torstraße 175, Arbeiten von Walter Bosse. bruttogusto.berlin

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Redaktion: Barbara Gärtner und Florian Siebeck

„Tierisch schön?“, Offenbach Objektbeziehung: Wie steht der Mensch zum Tier? 3.10.–30.5.21 le dermuseum.de

Schöner Schwarm Durch Europas Kathedralen (u. Salisbury) sind sie schon geschwebt, nun steigen die Tauben des Lichtkünstlers Michael Pendry ab November in Houston in die Luft – ein Schwarm von 500 Vögeln, dann erstmals aus Nymphenburger Porzellan „gefaltet“. michaelp endr y.de

Fotos: Robert Rieger; Ash Mills; Def Image; Porträt: Juliane Eirich

Drei Fragen an Udo Kittelmann


Rimadesio

Wandverkleidungssystem Modulor, abgehängtes Sideboard Self bold.

rimadesio.com

Design Giuseppe Bavuso

MĂźnchen +49 89 724 684 32 munich@rimadesio.com Hamburg +49 40 30399898 info@flagstone-hamburg.de

Wildenberg (PLZ 0,1,2,3,4,5,6) +49 221 292 899 88 Agentur G-Form (PLZ 7,8,9) +49 170 2425009


AD Agenda

… im Oktober

Frankreich entdeckt Altdorfer Der Louvre zeigt erstmals eine Einzelschau des Regensburger Renaissancemalers Albrecht Altdorfer. Oben „Marter des Hl. Florian“, eine Szene über die Macht des Glaubens und des Hasses, gemalt um 1520, zu Beginn der Reformation. 1.10.–4.1.21 louvre.fr

Alles aus einer Hand „Blossom“ heißen die zarten Schalen und Teller aus Knochenporzellan, die Bodo Sperlein für Nikko entworfen hat. Das ganze Spektrum seiner Designs – ob Leuchte, Be oder Stoff – erblüht nun auch im eigenen Onlineshop. b o dosp erlein.com

Gute Stube

wio - group.de/maet tle/

Im Sonntagsstaat Für die neue Kollektion „Amazonia“ versicherte sich Ames der Dienste von Cristina Celestino. Deren tönerne „Coyar“-Vasen (582 bzw. 545 Euro) sind von präkolumbianischen Gefäßen inspiriert und tragen Kragen aus geflochtenen Palmenfasern – als ginge es gleich zum Blumenfest von Medellín. ame s-shop.de

Fotos: Michael Donath; © Prague, National Gallery 2019; Ames (2); Mättle; Porträt: Karel Balas

Tradition im neuen Gewand – von Sebastian Herkner: das „Wirtshaus Mättle“ in Lörrach.


Komfort in Reinkultur.

Einen Diwan für das 21. Jahrhundert zu schaffen, schwebte den Designern von Jehs + Laub vor, als sie Moss entwickelten – ein Sofa, das einen mit seinen daunengefütterten Kissen regelrecht umschlingt. Dabei sorgen mit Handwerkskunst gefertigte Details – wie der Spalt zwischen Rücken- und Armlehne oder die umlaufende Paspel – dafür, dass selbst herrlichstes Herumlümmeln sich anfühlt wie Hochkultur.

COR.DE/MOSS


ROMEO SOFA


AD stellt vor

Robert Rieger

Fotos: Robert Rieger; Laura Sodano; Ralph Stieglitz; Daniel Schäfer

ist so etwas wie eine visuelle Wärmequelle für uns geworden. Seit einem knappen Jahr fotografiert der Berliner regelmäßig für AD und bereichert Website und (nun erstmals auch) das Heft mit Bildern, die eine fast wehmütige Stimmung in sich tragen. In Berlin „erzählte“ er so die Wohnung einer alten Freundin neu, und am Tegernsee führte ihn Roberto Peregalli durch ein umgebautes ehemaliges Gästehaus voller Grandezza. Besser konnte Riegers Vermeer'sche Lichtstimmung gar nicht passen. S. 126 und S. 136

Laura Sodano sorgt für frischen Wind bei Condé Nast. Die Frankfurterin hat im Juli das PresseManagement von Vogue und AD übernommen – mit dem Vorhaben, „über den Tellerrand zu gucken. PR-Arbeit muss heutzutage viel journalistischer gedacht sein.“ Die Aufgabe ist also wie gemacht für Laura, die nebenbei auch für die „FAZ“ als Autorin tätig ist und ihre Dissertation über „weiblich konnotierte Körperlichkeit in der Popkultur“ schreibt. Promotion der anderen Art übernimmt sie derweil fürs frisch gedruckte AD-Buch. Darauf freuen wir uns – und auf Laura. S. 90

Bettina Schneuer ist zurück! Nach knapp zehn Jahren freier Arbeit als Journalistin und Branding-Expertin ist unsere ehemalige Co-Textchefin nun wieder bei AD, als Profi für Immobilien. „Wohnen hat etwas Langfristiges, man denkt in Zehnjahresschritten – fast, wie man ein Kind beim Aufwachsen begleitet!“ Ihre „Babys“ in dieser Ausgabe waren übrigens Zwillingsschwestern aus Berlin. Welcome back! S. 40

Daniel Schäfer geht es mehr um den Zweck als die Mittel. Der Fotograf nutzt die Kamera als Werkzeug, um „die Seele sichtbar werden zu lassen“. In München besuchte er die „harmonische, zeitgenössische und so stilvolle Wohnung“ von Interiordesigner Robert Stephan – wo ihn zudem der Blick über die Stadt vom Hocker riss. Privat blickt Schäfer als Teilzeit-Spanier übrigens auf menorquinische Hügel. Und Olivenbäume. „Was den Deutschen der Brotkorb – ist den Spaniern das Kännchen Öl!“ S. 100

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Stil

Neuheiten, Garten, Talent, Adresse und Praxis

Ade, Klischee! Weltoffen und regional. Geradlinig, dabei aber flexibel. Voller Neugier auf Unbekanntes und traditionsbewusst. Die nächsten Seiten zeigen: Design aus Deutschland ist alles, nur nicht vorhersehbar.

Da schaust du! Die Nähe zum verpönten Monobloc lässt sich nicht leugnen, Konstantin Grcics „Bell Chair“ für Magis aber wird aus recyceltem Plastik gefertigt (ab 77 Euro), in drei Farben, die in Einklang stehen mit der Sonne: „Sunrise Orange“, „Highnoon White“ und „Midnight Black“.

Foto: Magis

magisdesign.com

Redaktion: Simone Herrmann und Sally Fuls

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1

So pur!

Deutsches Design ist …

Best of Germany

Stil Neuheiten

Schnörkel und Ornament? Sind fast ein Verbrechen. Lieber nur das Wesentliche!

2 3

6 5 1 Lässt Licht regnen: Leuchte „Palla Rain“ mit Opalglastropfen, 1696 Euro tobiasgrau.com 2 Cooler Reisebegleiter: gelb verspiegelte „Rim Pantos“-Sonnenbrille mit gerillten Metallbügeln, 250 Euro rimowa.com 3 Beschwingt! Glockenförmiger Baumwollrock aus Jil Sanders Resort-Kollektion 2021, 590 Euro jilsander.com 4 Neues von der Koblenz-Kolumbien-Connection: Rippenkissen „Chumbes“ aus Baumwolle und Seide von Mae Engelgeer. In zwei Farbstellungen, ab 269 Euro amesliving.de 5 Tatort am Sonntag? Spannende Gespräche? Lassen sich aufmerksam verfolgen auf Luca Nichettos Doppelsitzer „Liv“ mit cognacfarbenem Leder (ab 7163 Euro) rolf-benz.com 6 Eichenrücken – kann auch entzücken! Standspiegel „Beam“, ab 655 Euro, von Ilja Huber für schoenbuch.com MB

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Fotos: Tobias Grau; Rimowa; Jil Sander; Andres Valbuena; Rolf Benz; Schönbuch

4


Escape the ordinary

SCHRAMM ORIGINS COMPLETE Cleo Design Hanne Willmann

schramm-werkstaetten.com


Best of Germany

Stil Garten

Das lebendige Labor New German Style im Beet – dafür experimentiert Cassian Schmidt mit Indianernesseln und Sassafras.

Gräser und Stauden, vom Herbst gefärbt, glitzernd vor Reif. Dass sie den Garten das ganze Jahr über zu einem lebendigen Kunstwerk machen, wusste schon Staudenpapst Karl Foerster. Wie wichtig sie in Zeiten globaler Erwärmung und knapper Ressourcen sind, zeigt Cassian Schmidt im Sichtungsgarten Hermannshof. Zu den Pflanzenschätzen, die er von Reisen in die Prärien der Welt, aus China oder Südamerika, mitbrachte und heimisch machte, pilgern Gartengrößen wie Tom StuartSmith oder Piet Oudolf. Schmidt sei „Wissenschaftler, aber auch Ästhet“. Wer durch die schmetterlingsluftigen Gespinste aus Sternchenastern, Indianernesseln und Federgräsern streift, weiß, was sie meinen. SH sichtungsgar ten-hermannshof.de

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Foto: Perdereau/Flora Press

Weinheim, Baden-Württemberg



Best of Germany

Stil Talent

Twin Peaks Dieses junge Duo entwirft knallzarte Prototypen, die auf Anfrage in Berliner Manufakturen hergestellt werden.

Natalie und Jennifer Witulla (u. von li.) fügen dunkle Töne, klare Formen, kühle Materialien zu Mö­ beln ohne Verfalls­ datum. „Arc“ vereint robustes Stahlrohr mit filigran gefalte­ tem Blech; mit Auf­ lage wird der Bei­ steller zum Hocker. Ab 1325 Euro.

Sie sind beide 26 Jahre alt, beide Produktdesignerinnen, beide Neuberlinerinnen – und eineiige Zwillinge. Gemeinsame ästhetische Leitlinien prägen ihre bislang zwölf Entwürfe: präzise Linien, Plastizität, klare Kanten und klassische Werkstoffe wie Metalle und Marmor, die mit Glas, Spiegelflächen oder Neopren veredelt werden. Die Palette spannt sich vom Hockertisch oben über Regale und Leuchten bis hin zu einem Stuhl; inspiriert werden sie durch abstrakte Malerei oder durch Fashion, etwa von Heliot Emil: unifarben, unisex – und sexy. BS kollektionwitulla.com

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Foto: ARNO; Porträt: Witulla

Kollektion Witulla



Best of Germany

Stil Neuheiten

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Deutsches Design ist …

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3

Der Zukun wie auch der Geschichte zugewandt: neue Entwürfe mit altem Charme.

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6

1 Zu Ehren des Aztekenkriegers Moctezuma I lanciert Montblanc einen handgefertigten Füller (2750 Euro) in Speerform montblanc.com 2 Taschenuhr fürs Handgelenk: Nomos’ „Ludwig“ gibt’s in drei limitierten Versionen, ab 1750 Euro nomos-glashuette.com 3 Industrial Lichtgrau: Die Wandfarbe „No 22 Boombox“ von Caparol Icons kleidet auch Neoklassik, wie im „Stilwerk Hotel Heimhude“ caparol.com 4 Prachtentfaltung: Ohrringe in Weinblattform aus Chromtürkis mit Peridots und Brillanten von Juwelier Friedrich, 19 500 Euro friedrich.eu 5 E15 reediert Richard Herres „Stuttgart“-Stuhl von 1926 in Eiche und Nussbaum, Preis auf Anfrage e15.com 6 Das Kunstgewerbemuseum auf Schloss Pillnitz erinnert bis zum 1.11. an die DDR-Designerin Christa Petroff-Bohne (o.) und ihre sachlichen Entwürfe für VEB Auer kunstgewerbemuseum.skd.museum SF

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Fotos: Montblanc; Nomos Glashütte; Stilwerk K. Sickinger; Friedrich; Ingmar Kurth; © SKD; Porträt: Anneliese Bonitz

Traditions

bewusst


Händler unter www.next125.com


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Deutsches Design ist …

Best of Germany

Stil Neuheiten

Maßarbeit

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3

Wie die alten Meister: Diese Materialexperten wissen mit Leder, Glas und Bronze umzugehen. Etuis und Portemonnaies aus vegetabil gegerbtem Leder (39 bis 179 Euro) für Philipp Brees Accessoire-Label pb0110.com 2 Mit dem gewissen Blubb: Simone Lülings Leuchte „Sedna“ (1058 Euro) und ihre Vase „Supernova“ (546 Euro) werden in traditionellen Glashütten von Mund geblasen eloa.co 3 Perfekte Wellen, jedes Mal anders: Sideboard „Ulu“ aus handpatiniertem Messing und Bronze, Preis auf Anfrage stefanleo.com 4 Unplugged: In seiner Berliner Ladenwerkstatt fertigt Korbinian Ludwig Heß Maßschuhe ohne Einsatz von elektrischen Maschinen. Ab 4500 Euro klh-massschuhe.com LI

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Fotos: Ludwig Schöpfer; Julien Menand (2); Stefan Leo; Tommi Aittala; Porträts: Pascal Rohé; Ruth Hundeshagen

1 Christian Metzner entwirft handgearbeitete


Stil Garten

Foto: Roland Breitschuh aus dem Bildband „Adenauer. Der Garten und sein Gärtner“, Greven Verlag Köln GmbH, 2020

In Konrad Adenauers Garten hoch über dem Rhein lag das Kraftzentrum der jungen Bundesrepublik.

Best of Germany

Der erste grüne Kanzler

Rhöndorf, Nordrhein-Westfalen Hier saß er mit Charles de Gaulle unter dem „Chinesenhut“, seinem Gartenpavillon, als wären sie in Nizza. Adenauer liebte diesen südlich umblauten Hanggarten am Rhein, in dem es das ganze Jahr hindurch blühte: Schneeball, Tulpen, Rosen, As­ tern, Feigen und Aprikosen. Ein Blauglockenbaum. „Wo jibbet dat sonst?“ In Rhöndorf hatte er auch die Hitlerzeit verbracht. Innere Emigration, ohnmächtige Wut mit Rosenduft betäubt. Dann wurde er Kanzler, bekam eine eigene Rose (samtrot, duftend), gönnte sich eine Boccia­Bahn mit Flutlicht und erfand die Westbindung. Aber sein Motto blieb: „Nit reden, jäten.“ Mühe, ja, aber vor allem: Freude. „Blüht der Aprikosenbaum schon?“, fragte er noch kurz vor seinem Tod. SH adenauerhaus.de

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Best of Germany

Stil Talent

Schrubben für den Wandel Die Wahlberlinerin Sophie Stanitzek hat ein Material aus Algen entwickelt, das Kunststoff ersetzen kann.

Sophie-Katharina Stanitzek Die Deutschen mögen’s gerne sauber, sagt man. Und trotzdem landen jährlich 39 Kilogramm Plastik pro Kopf im Müll. Die aus Bonn stammende Designerin Sophie Stanitzek macht diesem Problem den Kehraus: Sie hat einen Faserverbundstoff aus Algen, Agaveborsten und Holz entwickelt, der Kunststoff ersetzen kann. „Aga“ lässt sich wie Plastik verarbeiten, zersetzt sich aber unter kochendem Wasser gänzlich. Für ihre Bürstenserie hat sie das innovative Material in Wellen gelegt: „Dadurch bekommt es die nötige Festigkeit.“ Wir finden: lupenrein! LI sophiestanitzek.de

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Foto: Sophie Stanitzek; Porträt: Caspar Frowein

Sophie Stanitzek (u. mit Duft-Halskette „A fragrant messenger“) träumt von einer sauberen Welt: Die Sohlen ihrer Bürsten bestehen aus einem nachhaltigen Algenauszug, der herkömmlichen Kunststoff schon bald in den Schatten stellen könnte.


Green Eine Kollektion von authentischen National Trust Farben mit Originalfarbtönen aus den eigenen vier Wänden von Winston Churchill, George Bernard Shaw und Beatrix Potter. Jetzt erhältlich.

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Best of Germany

Stil Adresse

Spiel mit dem Raster Seit 150 Jahren beweist Kettnaker mit Systemmöbeln elegante Raffinesse. Zum Jubiläum gibt's wahre „Meisterstücke“.

Zukunftsweisend: Hightech trifft auf Handwerkskunst bei der „Meisterstück 150“-Edition, rechts das Sideboard mit Fronten aus schwarzem Fenix, ab 10 300 Euro (limitiert auf 150 Stück, auch als Quadratschrank). Unten Firmenchef Wolfgang Kettnaker.

Alle Seiten auf Schwarz? Beim Sideboard aus Kettnakers Jubiläumskollektion „Meisterstück 150“ spielt der richtige Dreh die Hauptrolle. Wie beim Rubik-Drehwürfel. Per 3D-Laser werden die Fenix-Fronten bearbeitet, bis das aufwändige Flächenmuster abgetragen ist, das für farbliche Tiefe – von Tiefschwarz bis Grau – und einzigartige Haptik sorgt. „Jede Generation muss das Geschäft einmal neu hinterfragen und zeitgemäß definieren“, sagt Wolfgang Kettnaker, bereits der Fünfte in der Ahnenreihe der schwäbischen Tischlerdynastie. MB kettnaker.com

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Fotos: Kettnaker

Wolfgang Kettnaker


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Best of Germany

Stil Adresse

In einer Kölner Agentur fügt sich nietenbeschlagener Stahl ins Jugendstil-Ambiente (rechts). Unten ein Weinschrank im Maschendraht-Look (1090 Euro). G. u. die Gründer Christian Geyr, Wolfgang Ahlers und André Reitemeyer (v. li.).

Echt jetzt! Marmor, Stein und Eisen – plus Holz: Authentic Kitchen macht die Küche zur Koch-Werkstatt.

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ine Küchenmarke „Authentic Kitchen“ zu nennen ist gewagt – oder bold, wie Christian Geyr wohl sagen würde. Noch dazu eine Marke, die es erst fünf Jahre gibt und die als Nebenprojekt einer Kreativagentur entstanden ist. Ursprünglich entwickelten der Fotograf Geyr und zwei Partner (alias Noodles, Noodles & Noodles, die Dachmarke der Unternehmung) in Köln Konzepte für Kommunikation und Messebau. Später, in Berlin, kam Möbeldesign dazu, schwarzer Stahl wurde ihr Markenzeichen. Doch erst die Anfrage eines Kunden, ob man im Noodles-Look auch eine Küche fertigen könne, war die Initialzündung. „Mir wurde damals sofort klar, wohin die Reise geht“, erinnert sich Geyr. Seitdem

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geht es stetig bergauf für das Trio, seine Industrial-Küchen treffen einen LifestyleNerv – und vielleicht mehr. „Unsere DNA ist ganz klar retro“, sagt Geyr. Und das nicht nur im Design. „Identität und ein authentischer Hintergrund“, darauf kommt es ihm auch bei den Werkstoffen an – und bei den Partnern. Das heißt konkret: Produziert wird aus soliden, beständigen Materialien im alten Industrierevier Oberschlesien. Und wer sich nicht bewusst dagegen entscheidet, bekommt seine Authentic Kitchen mit Arbeitsplatte

aus massiver Fichte, Schiefer oder Marmor, Keramikspüle von Villeroy & Boch („weil die die längste Tradition haben“) und Geräten von Smeg – familiengeführt, in Italien produziert und ähnlich bold im Design. Das alles könnte cleveres Storytelling sein – wenn es nicht die Haltung und Lebenskultur der Gründer widerspiegeln würde. Einer Werkstatt solle die Küche gleichen, betont Geyr, nicht einem Labor. Langsam gebrühter Filterkaffee ist ihm lieber als der schnelle Espresso aus dem Vollautomaten. Fürs Fermentieren kann er sich begeistern; und Kunden, die eine Mikrowelle wünschen, versucht er schon mal, die Idee auszureden. Und wenn in der schicken neuen Werkstatt dann doch nur Pizza aufgewärmt wird? Christian Geyr ist zuversichtlich: „Wir gehen davon aus, dass die meisten Kunden es ernst meinen.“ Man glaubt ihm jedenfalls sofort, dass er es tut. ‹

Fotos: Noodles; CWG (2); Porträt: Melvin

Text: Karin Jaeger


Stil Garten

Gelb, violett, pink – hardcore. Der Park von Gristede ist das „Wacken!“ der Rhododendron-Fans.

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Ein Wald in Technicolor

Foto: Ammerland Touristik

Gristede, Niedersachsen Festivals zu Ehren der Azalee – das gibt es nur in Japan, wo im April zur Rhododendronblüte ganze Wälder und Berghänge farbig aufflammen und die Menschen vor so viel Schönheit Andacht halten. Und doch: Auch im Ammerland ist Japan. Über 1000 neue Rhododendronsorten und Freiland-Azaleen balgen sich im Park der Baumschule Bruns, fluten den Kiefernwald von Gristede, die Teiche, Ahorn- und Magnolienhaine mit Farbe. Purpurn oder rosa überhaucht? Chinagelb oder dunkelrot wie Brokat? Und erst dieser Duft! Wohin zuerst? Welche ist die Schönste? Da kommen selbst Bienen ins Taumeln. Mehr Andacht, bitte! Einige der „Gristeder Neuheiten“ blühen bis in den Oktober. Und ein paar sogar zweimal im Jahr. SH bruns.de

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Wenn Tüftler Sinn für Eleganz beweisen, beginnt Alltägliches zu leuchten.

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Stil Neuheiten

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1 Minimale Einbautiefe, nahtloser Übergang nach draußen: Das dezente Schiebesystem „ASS 77 PD.SI“ lässt Natur und Architektur den Vortritt schueco.de 2 Nachtaktiv: Die LED-Außenleuchte „Sito Basso“ setzt sphärische Akzente im dunklen Garten. UV-beständiges Finish, auch digital steuerbar, ab 963 Euro occhio.de 3 Ton in Ton (oben Alpinweiß) oder kontrastreich: Die Farben von Duschfläche und Ablaufblende lassen sich bei der barrierefreien „Nexsys“ aus Stahlemail separat wählen kaldewei.com 4 Alexander Schuls „Substantial Chair“ (unten ein Prototyp) hat schon Geschichte, wenn er brandneu ist: Der Student der ECAL nutzt recyceltes Plastik alexanderschul.com 5 Nüchtern und doch nahbar: die von Jürgen Engel für den Objektbau entworfenen Edelstahlgriffe „FSB 1271“, ab 65 Euro fsb.de KJ

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Fotos: Schüco International/Olaf Herzog; Occhio; Kaldewei; Alexander Schul (2); © FSB

Erfinderisch

Deutsches Design ist …

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NO 111

PAULA’S KITCHEN Leuchtendes Apricot-Pink. Avantgarde-Chic. Eine Hommage an die Farbe der Küche, in der die Idee zu unserer Farbkollektion geboren wurde. CAPAROL ICONS sind luxuriöse nachhaltige Innenfarben made in Germany mit 120 Farbikonen für anspruchsvolles Interior Design.

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Stil Garten

Alhambra am Neckar Artenschutz und orientalische Pracht: Im Stuttgarter Zoo blühen 35 der seltensten tropischen Seerosen.

Auf den Blättern der Riesenseerose Victoria amazonica kann ein Kind sitzen. Dafür fallen die Wolken, der Himmel und das Maurische Landhaus kopfüber ins Seerosenbassin der Wilhelma. Karl Ludwig von Zanth hat Stuttgarts zoologisch-botanischen Garten 1837 für König Wilhelm I im orientalischen Stil entworfen. 35 der seltensten Nymphäen-Arten baden hier in 30 Grad warmem Wasser. Zu jeder Tageszeit öffnet sich eine andere Sorte. Danach könne man die Uhr stellen, sagen die Parkwächter. Jede Stunde ein anderes Bild, ein anderer Farbverlauf. Von Reinweiß über Zartrosa bis zu Purpurrot. Nur vom Indischen Lotos am Beckenrand perlt (er ist nicht benetzbar und selbstreinigend) mal wieder alles ab. SH wilhelma.de

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Foto: Wilhelma Stuttgart

Stuttgart, Baden-Württemberg



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Stil Neuheiten

Gute Basis Wolle, Nussbaum oder Glitzerglas: Heimische Teppich- und Fliesenmanufakturen lassen die Böden erstrahlen. 1

1 Von Polarlichtern inspiriert: Im handgeknüpften Teppich „Spectrum Tenno“ (Wolle und Seide, ab 2085 Euro/m2) fließen 40 Farben ineinander jan-kath.de 2 Wie marmoriert: Frank Stüves „Dalmata“ aus der Teppichkollektion „Urban Jungle“, 883 Euro/m2 jab.de 3 Pflanzlich gefärbt: Lila Valadans „Waves of Color“ aus persischer Hochlandwolle, 5550 Euro lilavaladan.com 4 Für seine Oberflächenverkleidung „Soft Grape“ gießt das Duo Jeschkelanger Glasreste in Beton, 4176 Euro/12 Tafeln à 50 x 50 cm basisrho. com 5 Geöltes Parkett „Eiche Grizzled“, 195 Euro/m2 parkett-dietrich.de 6 Nussbaumfliesen „Sacramento“, „Zuma“ und „Westlake“ (mit Leuchte), 720 Euro/m2 woodtilesandfurniture.com 7 Fugenloser Terrazzoboden aus Sand, Kalk und Gesteinskorn viaplatten.de LI

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Fotos: Jan Kath; Jab Anstoetz; Lila Valadan; Jan Brockhaus; Parkett Dietrich; Ralph Wentz; Via

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Geradlinig

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5 1 Auch wir neigen unser Haupt – vor Mawas wunderbar beschwipsten Tischleuchten „Giro“ (je 698 Euro). Jetzt limitiert in 4 Pop-Farben mawa-design.de 2 Seid umfangen: Rundstahl hält die Polster von Cors „Drop“Bänken, in zwei Größen ab 1228 Euro. Das Tischchen gibt's optional cor.de 3 Standheizung? Tischleuchte! „Arcs“ ist bislang noch ein Prototyp frederikkurzweg. com 4 Suchbilder aus Hamburg: Die „Swell Time“Polstermöbel von Florian Vogel (Ottomane 900 Euro), den Sidetable „Poi“ und die Leuchte „All Round“ gibt's auf Wunsch ganz Ton in Ton victor foxtrot.de 5 Dedon lässt uns hoch leben – mit dem Chillmöbel „Kida“, entworfen von Stephen Burks. Ab 2395 Euro dedon.de BS

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Fotos: Leon Kopplow/Mawa; Cor Sitzmöbel; Frederik Kurzweg; Victor Foxtrot (4); Dedon

Formen, so präzise wie ein Eichstrich – aber gehüllt in „Electric Peach“ oder Blutorange.

Deutsches Design ist …

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Stil Neuheiten


Stil Garten

Zwischen Hans Arp und Maria Loboda flimmert und flirrt es silbrig im Skulpturengarten von Schwante.

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Auf der Lichtung

Foto: Sally Fuls

Schlossgut Schwante, Brandenburg Ganze Büschel grub man als Kind irgendwo aus – Mohn oder gelbes Unkraut –, um sie an einem magischen Ort wieder einzugraben. Für ein paar Stunden, manchmal nur für eine halbe, durfte man sich der Illusion hingeben, sie würden wachsen. Dann welkten sie auch schon. Der japanische Künstler Toshihiko Mitsuya hat diesen Kindertraum nun wahr gemacht, hat fragile, aus Aluminium geformte Blumen, Blätter und Gräser auf einer Lichtung des Schlossguts Schwante gepflanzt. Alle zwei Wochen kommt er, um das Gras in seinem Kunstprojekt „The Aluminium Garden“ zu schneiden. Und um neue Aluminiumpflanzen zu setzen, die feenhaft das Licht reflektieren und den Klang des Windes einfangen. SH schlossgut-schwante.de

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Stil Talent

Dem Licht auf der Spur Ein taiwanesisches Gestalterpaar setzt auf funktionale Kunst: Die Kollektionen der beiden vereinen Praktisches mit Poesie.

Die Bühnenbildnerin Hsin-Ying Ho und der Produktdesigner Kai-Ming Tung (u.) trafen sich im Architekturstudium. Ihre detailverliebten Unikate der „N-02“-Serie (re., je 950 Euro) erinnern an traditionelle Schatullen und dienen zum Sitzen wie zum Verstauen.

Der Name, den Ying und Kai ihrer Manufaktur gaben, spielt an auf die Farbe der Sonne und das Aufspüren von Formen. 2016 kamen die beiden für ihre Masterstudien nach Berlin; in einer Weddinger Fabrikanlage entstehen nun von der Mono-ha-Bewegung inspirierte Arbeiten: Möbel und Keramiken, die die verwendeten Rohstoffe feiern. Ob Sessel aus MDF mit Marmorstaub im Lack oder Behältnisse aus Holz mit Tongriffen, alles wird selbst gefertigt: „Wir möchten mit diesem langsamen Prozess ein Zeichen gegen Massenproduktion setzen.“ BS yellownosestudio.com

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Fotos: Marina Denisova

Yellow Nose Studio


VIA Projekt N° 20

Die Bühne des Lebens – VIA Platten für gutes Bauen.

viaplatten.de

Zementmosaikplatten | terraZZoplatten | trottoirplatten | terraZZo fugenlos | kreidefarbe


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2 Deutsches Design ist …

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Niemals bunt Farbe bekennen im Interior? Ist mit diesen Schönheiten in Schwarz gar nicht mehr nötig.

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Fotos: Jojo Corväiá; Gerhardt Kellermann; Florian Rainer / Buero Flo; Issey Miyake; MW Studio Berlin Hamburg; Ignant Production for OUT; Ana Santl; Porträt: Alexander Kilian

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Stil Neuheiten


Stil Garten

Wie Piet Oudolf im Gräflichen Park von Bad Driburg den formalen Garten 2.0 erfand.

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Der Himmel im Beet

Foto: Philipp Ottendörfer

Bad Driburg, Nordrhein-Westfalen Wolken spiegeln sich im Rasenring. „Himmelsauge“ nennen Besucher den kleinen Teich. Piet Oudolf, Erfinder der High Line-Gärten in New York, hat im englischen Landschaftsgarten der Grafen von Oeynhausen-Sierstorpff den formalen Garten in die Postmoderne gebeamt. Mit kreisrunden Rasengeometrien und organischen Beetschwüngen, die er mit Achillea, Astern, Sonnenhüten, Geranien, Salbei und Veronica, Langblättrigem Ehrenpreis, gefüllt hat. Mehrjährige Stauden, die das traditionelle Einerlei von gestutztem Buchs und Zwei-Ton-Beetpflanzen mit einem Farbensturm, Schmetterlingsgaukelei und Gräserjuchu hinwegfegten. Revolution! Auch wenn zwölf Magnolien die königliche Kulisse liefern. SH graeflicher-park.de

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Stil Adresse

Hat den Bogen raus: Patrick Frey (g. unten neben seinem Entwurfsmodell) wagte mit der Lemgoer Möbelmarke Freifrau ein Experiment. Aus statischem Eichenholz formten sie die dynamische Lehne von „Stella“ (u., 620 Euro). Von den Skizzen li. bis zum Stuhl dauerte es vier Jahre.

Neue Bewegung Für Freifrau hat Patrick Frey einen Stuhl gestaltet, der robustes Holz schwungvoll interpretiert. Interview: Lilian Ingenkamp Bequem zu sitzen ist gar nicht so leicht, wie man meint. Wie oft sitzen Sie auf unbequemen Stühlen?

Ständig! Meist in Outdoor-Bereichen von Cafés. Ich nenne aber keine Designernamen … Tatsächlich sind auch meine eigenen Modelle anfangs oft erstaunlich hart – erst durch langes Tüfteln wird ein Stuhl wirklich einladend und bequem. Wie inspirierend waren Charles und Ray Eames für Sie, die mit dem Biegen von Formholz das Design revolutionierten?

Sehr. Sie haben als erste Gestalter die Möglichkeiten in Formholz ausgelotet und sind dabei an nahezu alle denkbaren Grenzen gegangen. Was von ihnen umgesetzt wurde, bestimmt noch heute den Maßstab. So stützte sich meine Hoffnung, den Stuhl „Stella“ zu realisieren, auf die Pionierarbeit der beiden. Stilistisch ist aber auch Hans J. Wegner ein großes Vorbild. Die größte Schwierigkeit war die Torsion im Verlauf vom Rücken zu den Armlehnen. Dies ist auch heute eine sehr ungewöhnliche Form und wird in Formholz selten umgesetzt – vor allem in den schmalen Maßen wie bei „Stella“. Freifrau und ich waren anfangs auch nicht sicher, ob unser Experiment gelingt. ‹ freifrau.com

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Fotos: Freifrau

Wie haben Sie die technische Herausforderung gemeistert?


Stil Garten

Foto: Stephan Boehme/EyeEm/Getty Images

Trotz Borkenkäfer und Hitzesommer: Das Märchen vom deutschen Wald spielt in der Sächsischen Schweiz.

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Hinter den sieben Bergen …

Bad Schandau, Sachsen Im Eurocity, irgendwo zwischen Berlin und Prag. Bäume fliegen vorbei, Felder, Landschaften, plötzlich tut sich eine Lichtung auf, ein Flusstal öffnet sich, aus dem kleinen Haus darüber steigt Rauch auf und schwebt über die Baumwipfel ins Nirgendwo. Ein, zwei Sekunden nur, dann ist das Bild weg, und Fichtenstämme rattern im Dutzend vorbei. War das Wirklichkeit, dieses grüne Knusperhäuschen? Das dunkle Wasser, die Felswände – so bizarr, dass man Zwerge darin zu erkennen glaubt? Wer diese Waldluft atmen will, muss am Bahnhof in Bad Schandau aussteigen und dann die Kirnitzschtalbahn nehmen. Die fährt direkt ins Elbsandsteingebirge, zum Lichtenhainer Wasserfall – und ins Märchen. SH bad-schandau.de

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Stil Adresse

Die Dinge des Lebens In der Provence haben zwei legendäre Hamburger Stilexperten ein Geschäft voller Lieblingsstücke eröffnet: Bei Kuball & Kempe werden Klischees zum plaisir und Schlümpfe zu Preziosen.

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etztens, im Lockdown, spazierte Peter Kempe auf den kleinen Platz in Saint-Rémy und holte sich ein Eis. Die Diele hatte gerade erst wieder aufgemacht und gab die Hörnchen nur zum Mitnehmen heraus – was auch einen Briten um die 60 hinter Kempe anlockte. Die beiden holten sich also ihre Kugeln und setzten sich, in gebührendem Abstand, auf den Kantstein. „Und, wie läuft’s beruflich so?“, fragte der

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Zwei, die auszogen, Franzosen zu werden: Thomas Kuball und Peter Kempe, oben vor ihrem Lieblingscafé in Saint-Rémy. Ums Eck haben sie ihr Geschäft eröffnet, der Schriftzug (li.) spielt auf das Logo der Air France an. Die Kürbisflaschen in seinem Schatten sind von Theresienthal.

Porträt: Franck Coudert; Foto: Thomas Kuball

Text: Sally Fuls


Die QLOCKTWO CREATOR`S EDITION METAMORPHITE fasziniert als Objekt mit einer Textur aus Millionen Jahre altem metamorphen Sedimentgestein. Wie jede QLOCKTWO CREATOR’S EDITION wird sie einzeln nummeriert. Dadurch wird sie zum Unikat und setzt einen ganz individuellen Akzent. Was Worte nicht beschreiben können, ist die persönliche Begegnung mit der Zeitlosigkeit.


Fotos: Thomas Kuball

„Vermutlich ist es eher unge­ wöhnlich, dass in unse­ rem Geschäft ein Drittel der Dinge – manchmal auch mehr – nicht zu verkaufen ist.“ Viele der Produkte ha­ ben die beiden gemeinsam mit den Herstellern ent­ wickelt, etwa die Drachen­ schälchen für Meissen o. re. oder das tropisch­bunte Blumenporzellan für Fürs­ tenberg unten links. Für AD stellten die beiden eine Lis­ te mit Empfehlungen und lokalen Tipps (rechts ihre Ladenstraße) zusammen; zu finden auf ad-magazin.de

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Brite. Kempe gab kurz Auskunft über ge­ knickte Jobs, aber dass das Jahr nun mal anders verlaufen sei als geplant. „Same“, antwortete der Brite, und Kempe blickte auf. Direkt ins Gesicht von Hugh Grant. 2015 sind der Stilexperte und sein Part­ ner Thomas Kuball in die Provence gezo­ gen, um sich gemeinsam einen Lebens­ traum von Kuball zu erfüllen. Mit 13 war der erstmals in dieser Ecke gelandet und dank einem künstlerisch verbandelten Fa­ milienfreund direkt bei Interior­Grande Dame Andrée Putman untergebracht wor­ den. Nach vielen gemeinsamen Urlauben beschlossen Kuball und Kempe also, ihr Geschäft in Hamburg hinter sich zu lassen und ein kleines 30er­Jahre­Häuschen in Saint­Rémy zu beziehen. „Untypisch für die Gegend“, meint Kempe. „Relativ hohe Decken, irgendwie unbauernhofig, und vor allem: nicht vollgestopft mit Paisley von oben bis unten.“ Dafür mit Büchern – Bü­ chern wie Chanel­Bänden oder Yves Saint Laurent­Monografien. Mit Zeitschriften, Cartier­Schatullen, Meissen­Schalen, Kris­ tallflaschen von Theresienthal und immer wieder: Schlümpfen. Snoopys. C­3PO, dem hastigen Hasen aus „Alice im Wunderland“. „Bei uns geht es immer um Lieblingsteile. Wie bei Spielzeug im Kinderzimmer.“ Ein Kinderzimmer für stilneugierige Erwachsene eröffneten die beiden nun kei­ ne 500 Meter von ihrem neuen Zuhause entfernt. Und auch dort drehen – zwischen niedersächsischem Porzellan, bayrischem Kristall und französischen Seiden­Garde­ nien von Chanel – gerade ein paar kleine weißbemützte blaue Gummignome einen Film. „Ich fand immer schon blöd, wenn Luxus etwas Unberührbares hat. Ich mi­ sche Hochkultur und Trash, weil es dem Luxus die Schwere nimmt. Wenn ich einen Schlumpf neben eine Tausend­Euro­Terri­ ne setze, vermittelt das Erreichbarkeit. Und macht dazu noch Spaß.“ Wobei es vor allem sein eigener Spaß ist, der auch die Kunden des Geschäfts begeistert. Im Nebensatz lässt er etwa einfließen, dass die Hängung des Spiegels „da an der Sandsteinwand natürlich von Cristóbal Balenciaga inspiriert“ ist. „Natürlich“, ein kleines, ironisches Wort, das immer wieder fällt und dem Zuhörer vermittelt: Gut, dann traue ich dir vorerst mal zu, all das zu wissen, was ich so weiß. Doch „natürlich“ sortieren die beiden vor. Die Dinge im Laden sind Herzens­ sachen, zusammengestellt mit einem viel­

Salut les Simpsons: „Eigentlich habe ich mich nie aus meinem Kinderzimmer befreit“, meint Peter Kempe, dessen Arrangements nie erwartbaren Regeln folgen.

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Stil Adresse

„Mein Ideal? Eine Wunderkammer, in der man, selbst wenn man das Haus nie verlässt, bis an sein Lebensende glücklich ist.“ Peter Kempe leicht einmaligen Blick fürs Skurrile, der die Fantasie anregen und keine designdik­ tatorischen Vorgaben machen will. „Ich möchte, dass der Kunde mitmacht. Eigent­ lich suche ich Spielkumpel.“ Und in Frank­ reich, das wussten die beiden, bringen die­ se Kumpel eine andere Offenheit mit als in der Heimat. „Haute Couture ist in Deutsch­ land so weit weg wie der Mars. Hier weiß jedes x­beliebige Mädchen, dass Mode ein tolles Handwerk sein kann.“ Mode, Design, Bücher – all das geht für Kempe ineinan­ der über, inspiriert sich gegenseitig. Keine deutsche Strenge jedoch („diese ganzen Jil Sander­Puristen haben es einem schon schwer gemacht“), sondern das Spiel mit dem Vorurteil liebt Kempe besonders. „Et­

was habe ich mir von Lagerfeld abgeguckt: Der konnte immer klassische, klischeehaf­ te französische Sachen machen bei Chanel, und das konnte er, weil er Deutscher war. Ein Baguette als Tasche unterm Arm? Hät­ te man einem Franzosen als nationalistisch ausgelegt. Genauso können wir hier ein bestimmtes Frankreichbild zelebrieren – was nur geht, weil wir Deutsche sind.“ Citroën C6 fahren, Croissants am Markt in Fontvieille in den Café tunken, Begegnun­ gen mit Hugh Grant als Alltag verbuchen, obwohl alles wie ein Märchen wirkt, das ihr kleines Dorf in der Provence hat wahr werden lassen. „Ich mag Mikrokosmen wie diese. Vielleicht liebe ich deswegen auch die Schlumpfwelt so sehr.“ ‹

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Stil Praxis

Küche des Monats Redaktion: Karin Jaeger

Küche: „Match“ von Muller Van Severen für Reform Ort: Berlin-Prenzlauer Berg Materialien: · Fronten aus HDPE (mit 80 Prozent Recycling-Anteil) · Arbeitsplatten aus Bianco Carrara Ausstattung: · Backofen und Kochfeld von Siemens · Armatur von Vola Einrichtung: · Tellerregal „Indian“ von Hay · Metallregal rechts von Erfa · Schwenkleuchten „Tolomeo“ von Artemide

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Das macht sie so besonders: Jeppe Christensen, Mitgründer des Labels Reform, hält den Berliner Altbau seiner Familie skandinavisch-luftig in Holz, Weiß und Schwarz – und lässt die Küche als Farbinsel herausleuchten. Fresh und funktional, entspannt und effektvoll! Die ganze Wohnung sehen Sie auf ad-magazin.de


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#picobello

Fotos: Reform; Julius Brantner; Manufactum; Auerberg (2); Brabantia International; Andersen Furniture; Angelika Jansen; Hedwig Bollhagen; Wesco; Ray Machine

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andwerklich hergestelltes Brot ist mehr als ein Grundnahrungsmittel. „Jedes Gebäck schafft einen Wert“, schwärmt Biobäcker Julius Brantner, der letztes Jahr eine fesche Backstube im Münchner Univiertel eröffnet hat (o. sein „Bayrisches reines Roggenbrot mit fermentierten Bioäpfeln“). Jedes Gebäck schafft aber auch Krümel. Und wie beseitigt man sie halbwegs stilvoll? Wegschnipsen? Den röhrenden Tischsauger in Stellung bringen? Nein, man greift dezent zu … ja, zu was denn eigentlich? Unter mindestens neun (!) Bezeichnungen finden sich die gesuchten Gerätschaften online: Krümelbürste, Tischkehrer, Tischroller, Krümelkehrer, Tischbesen, Tischhandfeger, Krümelroller, Krümelsammler, Kellnerbürste oder auch, kompliziert-korrekt: Tischkrümelentferner. Recht hübsche Exemplare stellen Redecker oder Andrée Jardin her – und doch vermitteln sie stets irgendwie den Eindruck von Hausputz en miniature. Die Lösung stammt aus den USA – und ähnelt optisch einem Kugelschreiber. Die auf Luftfahrttechnik spezialisierte Firma Ray Machine hält das Patent für den unscheinbaren table crumber, der seit Jahrzehnten weltweit in der gehobenen Gastronomie zum Einsatz kommt. Geübte Tischentkrümler befördern Brösel einfach mit gekonnter Drehung des Handgelenks in die Aluminiumrinne, um sie sodann diskret zu entsorgen. Ob er es auch mit bayrischem reinen Roggenbrot aufnehmen kann, werden wir bei nächster Gelegenheit überprüfen. KJ

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1 Kai Linkes Keramikkasten „Rehau“ ist nur außen glasiert. Auch grau oder ganz ohne Glasur. 179 Euro manufactum.de 2 Spart Platz: Der Würfel aus unbehandelter Esche nimmt maximal zwei Viertellaibe auf – und hält sie auf Ton frisch. 138 Euro auerberg.eu 3 Üppige 18 Liter fasst dagegen die Klappbox in frischem Piniengrün. Aus lackiertem Stahlblech, 47 Euro brabantia.com 4 Für besondere Brote: Der Eichendeckel der „Gourmet Wood Box“ (35 cm lang) ist zugleich Schneidbrett. 161 Euro andersen-furniture.com 5 Unikat: handgedrehter Steinzeug-Topf mit Kupferpatina und Wurzelholzgriff, 170 Euro angelika-jansen-keramik.com 6 Der keramische „Brottopf 481“ wird nach einem Entwurf von Hedwig Bollhagen gefertigt. In Zitronengelb (oben) und sechs weiteren Tönen. 35 cm, 188 Euro hedwig-bollhagen.de 7 Von Brötchen bis Bastelkram: Der kompakte „Single Grandy“ aus pulverbeschichtetem Stahl macht sich nicht nur in Küchen nützlich. Um 58 Euro wesco.de

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Mitten im Spreewald trifft Berlin auf Mexico City: ein Besuch in Haus Köris, dem jüngsten Bau des Architektenduos Zeller & Moye. Interview: Andreas Kühnlein

Fotos: César Béjar

Outside the Box


hristoph Zeller kommt aus Berlin, Ingrid Moye aus Mexico City. Gemeinsam arbeiten die beiden Architekten zwi­ schen den Welten – und schaffen immer wieder das Kunst­ stück, die eine produktiv in die andere zu übersetzen. Zum Beispiel mit einem kleinen Holzhaus südlich der Haupt­ stadt, das sich still in den Märkischen Wald schmiegt.

CZ: Und es gibt kein Meistersystem. Wer einen Türgriff

Wie hat Ihre Zusammenarbeit begonnen?

IM: Absolut. Sagen wir, wir brauchen einen Bodenbelag.

Ingrid Moye: Wir arbeiteten beide für Herzog & de Meu­

In Europa würden wir Kataloge wälzen, hier fragen wir uns, was ist eigentlich ein Boden? Dann sichten wir Ma­ terialien, sprechen mit Handwerkern. So haben wir etwa unseren eigenen Terrazzo aus lokalen Steinen entwickelt. Oft entstehen dabei unerwartete Dinge mit einer ganz eigenen, handgemachten Qualität. Dafür investieren wir sehr viel Zeit in die Analyse des Kontextes. Gleichzeitig exportieren wir viel von dem, was wir an einer Stelle ler­ nen, in Projekte anderswo. CZ: Die Türdrücker für Haus Köris zum Beispiel. Wir suchten etwas ganz Einfaches, konnten aber auf dem Markt nichts finden. Unseren eigenen Entwurf in Deutschland produzieren zu lassen erwies sich als kaum möglich – am Ende haben wir die Griffe in Mexiko ma­ chen lassen und im Handgepäck mitgebracht.

ron an der Erweiterung der Tate Modern in London. Drei­ einhalb Jahre lang betreuten wir gemeinsam den Baupro­ zess und merkten schnell, wie gut unsere Arbeitsweisen zusammenpassten. Christoph Zeller: Als dann die Untergrundgalerien in den alten Öltanks eröffnet wurden, sahen wir unsere Zeit ge­ kommen. Alle Designs waren fertig und wir bereit für etwas Neues. Also starteten wir unser gemeinsames Stu­ dio in Mexico City und Berlin. Die Architekturszene in Mexiko ist unglaublich produktiv und lebendig – was zeichnet sie aus? IM: Was uns an Mexiko fasziniert, ist die Freiheit: In Ge­

Holz, so weit das Auge reicht: Auch im Inneren (rechts) entschieden sich die Architekten, ihren Werkstoff unverhüllt zu lassen. Cabin vibes, die hier im Kiefernwald ganz natürlich wirken. Um die Wurzeln zu schonen, ruht der Bau auf Punktfundamenten (li. Seite).

staltungsdingen ist hier alles flexibler, mit viel Raum für Experimente. Hier testet man Ideen auf der Baustelle, ver­ wirft sie, wenn nötig, oder entwickelt sie weiter. Selten arbeiten die Leute mit ausgearbeiteten Plänen.

machen lassen will, geht einfach zu dem Typen mit dem Schweißgerät. Natürlich gibt es auch weniger Standards und weniger Regulierung als in Deutschland. Wir profi­ tieren da von beiden Welten und genießen das sehr.

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C

Architektur Projekt

Sie operieren sehr viel aus dem spezifischen Kontext heraus – wird die Arbeit dadurch leichter?

Verlassen sich Architekten zu sehr auf Technologie? CZ: In vielen Fällen schon. Wir treten immer erst mal

einen Schritt zurück, sehen uns das Klima an, den Ort. Und suchen dann an der Basis nach nachhaltigen Lösun­ gen. Ein kleiner Überhang über dem Fenster, der Schatten spendet, kann zum Beispiel eine Menge Technik ersetzen. Und ich glaube auch an eine gewisse „Reinheit“: Wenn du etwas nicht unbedingt brauchst, lass es weg! Das heißt aber nicht, dass wir gegen den Einsatz von Technologie sind. Auch hochkomplexe Systeme haben ihre Berechti­ gung, man sollte sich nur nicht zu sehr darauf ausruhen. IM: Ich halte das auch gar nicht für einen Gegensatz. Es geht einfach um angemessene Lösungen. Die Architektur kann ja auch nicht in einem historischen Stadium stehen bleiben, sondern soll sich weiterentwickeln. Die richtigen Lösungen für die richtigen Probleme? CZ: Absolut. Auch bei Haus Köris setzen wir eine neue

Technologie ein, allerdings eine sehr einfache – und ex­ trem nachhaltige: Das Haus besteht aus modularen Holz­ bausteinen; das ist fast wie Lego. Innen sind die Wände hohl, sodass man Leitungen und Isolierung einfügen kann. Das ist sehr flexibel und erlaubte uns, minimal­ invasiv mit dem Ort umzugehen: Um die Bäume haben wir einfach herumgebaut, und den Boden berührt das Haus nur punktuell, sodass auch die Wurzeln unbeein­ trächtigt bleiben. Holz als Material lag ohnehin nahe, ganz einfach, weil wir hier im Wald sind. In Deutschland wird Holz noch immer unterschätzt … CZ: … weil wir die Lebensdauer von Gebäuden über­ und

die Haltbarkeit von Holz massiv unterschätzen. Außer­

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dem haben wir verlernt, Patina als Qualität wahrzunehmen. Haus Köris wird in der Sonne sichtbar altern, aber das ist kein Mangel. Wer lebt eigentlich in dem Haus? CZ: Ursprünglich war es als Wochenendhaus für ein Paar aus Ber-

lin gedacht – mittlerweile sind die beiden ganz hierhergezogen. Die Qualitäten des Ortes waren am Ende wohl doch unwiderstehlich. Der Bebauungsplan sah außerdem ohnehin vor, dass hier nur Wohnhäuser neu gebaut werden dürfen, keine Ferienunterkünfte. Also bestand die Aufgabe darin, etwas zu entwerfen, das als dauerhafte Unterkunft funktioniert, aber nicht gegen die Bäume und den Ort arbeitet, sondern mit ihnen. Ringsum steht schrägerweise

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das genaue Gegenteil von unserem Konzept: eins neben dem anderen das immer gleiche Fertighaus, alle vom selben Entwickler. Das ist wie eine Wucherung, die, wenn überhaupt, dem Bewohner Individualität nur suggeriert. Sie haben dagegen mit einfachen Grundformen, aber ganz unterschiedlichen Raumtypen gearbeitet. IM: Die Hausherren wollten hier nicht nur leben, sondern auch

arbeiten. Deshalb haben wir die Räume so flexibel wie möglich konzipiert. So können manche der Boxen sowohl Schlafzimmer als auch Studios sein, vielleicht aber auch mal Gästezimmer. Die größte Box bildet das Herz des Hauses und den „öffentlichsten“

Fotos: Christoph Zeller; César Béjar (3)

Die komplette Struktur besteht aus hohlen Fertigmodulen (o. li.), die wie hölzerne Legosteine „gemauert“ werden. So ließ sich der Bau exakt an Topografie und Baumbestand anpassen (daneben). Zwischen den einzelnen Boxen entstanden vielfältige Nischen und geschützte Außenräume (u. li.), eine Sequenz von Räumen unter freiem Himmel, die sich drinnen in einem offenen Grundriss ohne allzu definiertes Raumprogramm fortsetzen (u. re.).

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Ingrid Moye und Christoph Zeller (unten) gründeten ihr gemeinsames Studio 2013 mit Niederlassungen in ihren jeweiligen Heimatstädten. Seither pendeln die beiden Architekten, die auch privat ein Paar sind, zwi­ schen Europa und Mittelamerika und bauen mit sen­ siblem Blick für Land und Leute auf der ganzen Welt – zurzeit etwa am neuen Lutherdenkmal in Berlin. zellermoye.com

Fotos: César Béjar (2); Porträt: Omar Muñoz

„Wenn man ein Fenster nur ein wenig niedriger ansetzt“, sagt Christoph Zeller, „hat man schon das Gefühl, halb im Freien zu stehen.“ In Haus Köris stellt sich dieses Gefühl gleich mehrfach ein (o.). Verteilt auf fünf Kuben, wirkt der Bau aus der Vogelperspektive (re.) wie ein Pixelbild.

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Zeller & Moye Architekten, Mexico City/Berlin


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Auch ein konzeptioneller Import aus Mexiko? IM: Ich finde die physische Nähe zur Natur und ein Gefühl

für die Jahreszeiten sehr wichtig, die ist tatsächlich in Mexiko viel normaler, aber auch in den nordischen Ländern oder in Japan. Die deutsche Energieoptimierung dagegen erzeugt sehr hermetische, klimakontrollierte Räume, die einen von der Umwelt komplett entkoppeln. Durch die scharfe Grenze zwischen innen und außen geht unsere natürliche Verbindung verloren. Wer anders bauen will, braucht vor allem etwas robustere Bewohner. CZ: Die Frage ist: Müssen wir im Winter drinnen wirklich nur ein T-Shirt tragen? Oder verkraften wir auch einen Pullover? Auch so eine Lowtech-Lösung (lacht).

Wie wird das Klima in Haus Köris gesteuert? CZ: Das Haus ist schon durch seine Konstruktionsweise sehr

gut isoliert und braucht kaum Heizung – für den Rest haben wir eine Kombination aus einem Holzofen und einer sehr effizienten Gastherme eingebaut. Die Dächer sind außerdem begrünt, was zur Isolierung beiträgt und dem Bau hilft, noch mehr mit seiner Umgebung zu verschmelzen. Wir versuchen, das auch in urbaneren Kontexten zu fördern, wo grüne Dächer einen großen Beitrag leisten könnten, etwa für das Stadtklima, aber auch als Heimat für Insekten.

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Bereich mit der Küche, aber der Grundriss ist insgesamt sehr durchlässig. So spielen wir mit der Fragmentierung des Baus – deshalb hat jede Box andere Abmessungen, verschiedene Fenstergrößen und variierende Raumhöhen, was sich wiederum auf die Akustik auswirkt und das gesamte Raumgefühl. CZ: Und draußen entstehen so überall Nischen und Ecken, dazu der Patio, in dem sich auch die Eingangstür verbirgt. Man betritt das Haus auf einem vorgegebenen Pfad durch eine Sequenz von Raumsituationen, fast wie in einer kleinen Zeremonie. Und in den Nischen findet man immer einen windgeschützten Ort. Es gibt sogar eine Outdoor-Dusche – den Sichtschutz übernimmt das Grün, das über die Jahre wieder dichter werden und den Bau umhüllen wird.

Vom Türgriff bis zur Stadtvision – Sie arbeiten wirklich in allen Maßstäben … CZ: In der Tat, und das ist unter deutschen Architekten gar

nicht so üblich. Es gibt für jede Anforderung ein mehr oder weniger passendes Produkt, und am Ende ist man mehr Kurator als Entwerfer. Aber Architektur ist so viel mehr als nur eine Ansammlung von Produkten. Die sind alle gut und richtig, aber sie sind kein Ersatz für eine konzeptionelle Idee. IM: Jedenfalls nicht immer. Natürlich können Sie in einer Konzerthalle nicht jeden Griff einzeln entwerfen. Aber im Maßstab eines Hauses geht das eben doch. CZ: Wo immer es geht, legen wir Wert auf diese holistische Herangehensweise. Nicht, um allem unsere Entwurfssprache überzustülpen. Sondern um die Dinge ein bisschen eigener zu machen. Und bei aller Standardisierung ein wenig Individualität zu bewahren. ‹

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Schwebebühne In Leipzig wurde eines der spektakulärsten Gebäude von Oscar Niemeyer fertiggestellt – acht Jahre nach seinem Tod.

„Lieber Herr Niemeyer“, … schreibt der Kranfabrikant Ludwig Koehne im Jahr 2011, „wie jeder künstlerisch veranlagte Mensch strebt unser Koch nach Höherem.“ Sprich: einem richtigen Restaurant. Einen Ort dafür hat er auch schon im Sinn, die vordere Ecke der Werkskantine. Tatsächlich antwortet der damals 103 Jahre alte Jahrhundertarchitekt – mit einer auskragenden Skulptur aus Weißbeton und Glas. Niemeyers Entwurf ist so komplex, dass mehrere Baufirmen an ihm scheitern. Nach acht Jahren ist die „Niemeyer Sphere“ nun fertig, das „Céu Dining“ öffnet im September. FS technesphere.de/ceu

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Foto: Felix Adler; Porträt: Mauritius Images/Zoran Milich/Alamy

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ARISTOTELES (LORD LES), RAPPER

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Foto: Werner Murrer Rahmen/Karl Schmidt-Rottluff, Besuch, 1910, Öl auf Leinwand (77 x 85 cm), Kunstsammlungen Chemnitz, Dauerleihgabe des Freistaates Sachsen, Inv.-Nr. L 18 (Ausschnitt)

Ein guter Rahmen? Fällt nicht auf! Findet der Rahmenmacher Werner Murrer, der mit seinem Team in München für die großen Museen der Welt die Meisterwerke rahmt und bei manchem Gemälde der Gegenwart seinen Kunden den Rahmen lieber ausredet. Angefangen hat er während der Studienzeit als Bilderpacker bei der Münchner Galerie Thomas. Kurz war er Galerist, dann konzentrierte sich der Autodidakt auf die Rahmen – und dabei interessiert ihn vor allem der originale Künstlerrahmen. Seine Leidenschaft gilt den Brücke-Künstlern, die wie (re. Seite) Karl Schmidt-Rottluff den Rahmen (hier für „Besuch“ von 1910) sogar selbst schnitzten.

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Panorama Kunst

Kaum einer kommt großer Kunst so nah wie der Rahmenmacher Werner Murrer. Eine Tour de Force. Text: Barbara Gärtner / Porträt: Thomas Skroch

U

m halb elf klingelt das Telefon, kurze Gesprächsunterbrechung: Der Kaffee ist fertig. Dann treffen sich alle 15 Mitarbeiter am langen Holztisch der Werkstattküche in München-Thalkirchen zum Frühstück. Idyllisch wirkt das, entspannt. Dabei arbeiten sie hier gerade an Rahmen für die wichtigsten Häuser weltweit. Drei Seiten ist die Liste der aktuellen Projekte lang, darauf illustre Museumsnamen wie Guggenheim, Stedelijk und MoMA – „ja, ein Wahnsinn!“, sagt Werner Murrer und lacht.

Im November soll im Osloer Hafen das Munch-Museum eröffnen. Sie rahmen mit Ihrem Team 500 Bilder und 400 Zeichnungen. Ihr größter Auftrag?

Nicht an der Zahl. Wir haben zweimal Gerhard Richters „Atlas“ gerahmt. Einmal die kompletten 1000 Bilder, das andere Mal etliche Hunderte. Worauf kommt es denn bei Munch an?

Im Munch-Museum hingen bisher hochglänzende Goldrahmen. Munch hätte das überhaupt nicht gewollt. Und im Nationalmuseum, wo einige Bilder hängen, sind es schwere, protzige Goldrahmen. Vor fünf Jahren, noch vor dem Auftrag, habe ich einen Vortrag gehalten und gesagt, dass diese Rahmen nicht zu den Bildern passen, ich es aber trotzdem so lassen würde, weil sie sich gut ins schöne altmodische Gebäude mit seinen Wandvertäfelungen fügen. Ist das immer die Abwägung, dass der Rahmen zur Kunst oder zum Raum passt?

Das ist definitiv wichtig. Es wird ja immer belächelt, wenn jemand sagt, er wolle sein Bild passend zum blauen Sofa. Aber im Museum ist das nicht anders! Wenn wir für die Wiener Albertina rahmen, dann wird der Ausstellungsraum abgesperrt, und wir suchen vor Ort nach einer Lösung, weil der

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„Wir leben in einer rahmenlosen Zeit“


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Panorama Kunst

Direktor weiß, dass dieser Renoir immer neben jenem Degas hängen wird – und die müssen eine gute Einheit ergeben.

Weil das historisch richtig ist. Und weil es zum Bild passt, ihm guttut.

Sollte man dann bei jedem Umhängen

Wie gehen Sie vor?

die Rahmenfrage neu stellen?

Es gibt Künstler, da ist das wunderbar, wie bei Munch. Es sind zwar wenig originale Rahmen erhalten, aber es gibt Fotos seiner Ausstellungen. Er hat sich intensiv zu Rahmen geäußert, auch mit Galeristen deswegen gestritten. Er wollte immer diese einfachen, schlichten. Und manchmal hat man Glück: In der Staatsgalerie Stuttgart hängt ein Mädchen in einem schönen silbergrauen Rahmen, von dem ich immer dachte, dass es ein originaler Rahmen sein muss,

Nein, das würde ja bedeuten, dass viele alte Rahmen wegkommen. Wir versuchen immer, die Originalrahmen zu erhalten. Sie gelten als der wichtigste Experte von Künstlerrahmen. Seit wann steht das Original denn wieder im Fokus?

Wilhelm von Bode hat in Berlin damit angefangen. Dass das nun wieder aktuell ist, mei, das ist ein langfristiger Kampf, den wir mittlerweile sehr erfolgreich führen.

Und warum ist Ihnen das so wichtig?

aber nie einen Beweis gefunden habe. Im Archiv des Munch-Museums haben wir nun Bilder von einer Ausstellung in Stockholm gesehen, ein paar Jahre nach Entstehung des Bildes. Und da war genau dieser Rahmen drum rum. Davon wusste keiner, auch weil die Fotos nicht digitalisiert waren. Das heißt, man muss da wirklich durchgehen, Aktenordner für Aktenordner. Stimmt es, dass Sie auf dem Dachboden des Sommerhauses Åsgårdstrand noch originale Rahmen gefunden haben?

Ja! Die haben wir auf Touristenfotos auf Instagram entdeckt. Da standen schlichte weiße Holzrahmen recht fahrlässig auf

Fotos: Nick Ash/Brücke-Museum/Karl Schmidt-Rottluff, Bildnis S. (Bildnis Rosa Schapire), 1911, Öl auf Leinwand (84 x 76 cm), Brücke-Museum, Berlin, Inv.-Nr. 2/64 (Rückseite); Kunstmuseum Bern/Ernst Ludwig Kirchner, Alpsonntag. Szene am Brunnen, 1923–1925, Öl auf Leinwand (168 x 400 cm), Kunstmuseum Bern, Inv.-Nr. G 1202 (Ausschnitt); Herbert Boswank/Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Galerie Neue Meister/Karl Schmidt-Rottluff, Frauenkopf und Maske, 1912, Öl auf Leinwand (84,5 x 76,5 cm), Albertinum/Galerie Neue Meister, Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Gal.-Nr. 3925 (Ausschnitt)

Rahmen-Recherche ist Detektivarbeit. Selten stehen Titel wie o. bei Karl Schmidt-Rottluff auf der Rückseite. Rechts ein Rundstabrahmen von Ernst Ludwig Kirchner („Alpsonntag. Szene am Brunnen“, 1923–1925). Schwungvolle Schnitzereien unten: Schmidt-Rottluffs „Frauenkopf und Maske“ (1912).


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dem Boden in der Ecke rum. Und auf dem Dachstuhl fanden wir noch weitere Rahmen. Auch davon wusste keiner.

wenn man ihn in so einen Rahmen steckt. Dann sollte man ihn auch nicht verkaufen.

Unglaublich! Eine große Freude, oder?

zu domestizieren, wenn man so rahmt?

Na klar, weil es genau die Rahmen waren, die man immer gesucht hat. Und auf einmal stehen sie da! Mit beschrifteten Titeln. Sie sind dann erfasst und konservatorisch betreut worden. Und aufgehängt (lacht). Von Munch gibt es tolle Geschichten. Wenn ihn jemand im Freiluftatelier in Ekely besuchte, musste er manchmal erst mit einem Besen den Schnee von den Bildern fegen, damit man sie anschauen konnte. Und so hat er auch die Rahmen behandelt.

Es gibt beides. In Dresden ist die Gemäldesammlung nahezu vollständig in einem barocken Einheitsrahmen gerahmt. Das ist aus historischer Sicht nachvollziehbar. Dabei ist aber natürlich viel verloren gegangen. Es funktioniert nur, wenn das einheitlich durchgezogen wird, und dann auch nur bedingt, weil ein Renaissancebild in einem Barockrahmen schwierig ist. Dann gibt es Sammler, die die Rahmen tauschen, aber was ich schlimm finde, sind Sammler, die die Werke aufhängen, wie sie sie gekauft haben. Ohne sich zu fragen, ob das passt. Manche Bilder werden ja extra für Auktionen noch mal protzig aufgemotzt. Auch auf den großen Messen wird alles in so Pseudorenaissancerahmen gesteckt, egal ob das ein Romantiker aus dem 19. Jahrhundert oder ein Richter ist. Wenige Galerien setzen sich mit Rahmen auseinander. Aber dort gibt es dann die beste Kunst.

War er auch bei den Rahmen ein Pionier?

Es begann früher. Degas hat sich mit Rahmen auseinandergesetzt und Vincent van Gogh, doch bei ihm sind im Zuge der Siebzigerjahre-Modernisierungen original bemalte Rahmen im Stedelijk Museum weggeworfen worden! Es ist nur noch einer erhalten, und der ist toll. Letztendlich ist das schon das Profil, das die Expressionisten danach verwendet haben: breit, flach, vorne eine leichte Schräge. Da fängt die Moderne wirklich an! Und diese Linie zieht sich bis zu den DDR-Rahmen.

Gesamtkunstwerk: Die Expressionisten schufen eine Einheit wie oben Karl Schmidt-Rottluff („Das blaue Haus (Morgenstille)“, 1907). Auch deshalb ist es verwunderlich, dass in Katalogen nur das bloße Werk gezeigt wird. Probebild: Die farbgetreue Kopie von Munchs „Schrei“ steht in Murrers Laden im neuen alten Rahmen mit klassischem Profil und moderner Bronzefassung.

Was macht einen guten Rahmen aus?

Dass er nicht auffällt.

Im Umgang mit Rahmen zeigt sich auch das Kunstverständnis der jeweiligen Epoche. Wo stehen wir heute?

Und wie ist es bei den Brücke-Künstlern, über die Sie die Ausstellung und den famosen Katalog gemacht haben?

Wir leben in einer rahmenlosen Zeit. Seit den Fünfziger-, Sechzigerjahren gibt es keine Rahmen mehr. So ein dicker Keilrahmen braucht keinen Schattenfugenrahmen. Ich propagiere ja selbst rahmenlose Präsentationen. Haben Sie Zoe Leonard in der Pinakothek der Moderne gesehen? Kleine Schwarz-Weiß-Fotos, die ganze Wand lang, Glasscheibe drauf. Fertig. Superschön! Miriam Cahn will keinen Rahmen, und Wolfgang Tillmans pinnt mal seine Fotos nur an die Wand, mal lässt er rahmen.

Da gehen Rahmen und Bild eine Einheit ein. Im Idealfall wird es, und nun verwende ich eben doch dieses überstrapazierte Wort: ein Gesamtkunstwerk. Weil es zusammenpasst. Weil es richtig ist.

Ausgerechnet Sie raten von Rahmen ab?

(Lacht) Es wird mir ja immer als Koketterie ausgelegt, aber ich meine das vollkommen ernst. Neulich waren Kunden da, die im Auktionshaus einen Richter im breiten Passepartout und völlig unpassenden Rahmen gekauft hatten. Zu zweit haben wir versucht, sie zu überzeugen, dass so ein Bild gar keinen Rahmen braucht. Das Argument ist dann oft: „Wir haben eine große Wand!“ Aber dieses kleine Bild bespielt eine große Wand. Es fehlt manchmal am Verständnis für die Kunst. Auch im Handel. Man hat Gerhard Richter nicht verstanden,

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Ist es Ignoranz oder der Drang, ein Werk

Warum gibt es keine Forschung dazu, Rahmen sind doch fundamental für die Wirkung von Bildern?

Kunsthistoriker interessieren sich nicht für Rahmen, die betrachten die Details auf dem Bild. Auch in Katalogen werden die Werke immer ohne Rahmen gezeigt, es gibt dafür kein Handwerkszeug, kaum Bücher. Für die ist es also kaum möglich festzustellen, ob ein Rahmen original ist oder nicht. Und wie gehen heute junge Künstler mit Rahmen um?

In der Ausbildung beschäftigen sich weder Maler noch Fotografen mit der Frage: Wie kann man das gut präsentieren? Ich berate Künstler wahnsinnig gern. Instagram prägt ja unsere Wahrnehmung von Bildern. Ich liebe Instagram, bin dort wahnsinnig aktiv, aber mit den ganzen Quadraten schaut alles gut aus. Doch sobald das ins wirkliche Leben kommt, wird es schwierig. ‹

Fotos: Christoph Irrgang / Hamburger Kunsthalle / Karl Schmidt-Rottluff, Das blaue Haus (Morgenstille), 1907, Öl auf Leinwand (74 × 70,2 cm), Sammlung Rauert in der Hamburger Kunsthalle, Inv.-Nr. HK-200618; Thomas Skroch (3)

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Panorama Kunst


Urh.: Walter Wittek

Lange schon sammelt Werner Murrer (o. und unten Blicke in den Rahmenladen in München) nicht nur reale Stücke, sondern auch Detailfotos. Inzwischen hat er rund 100 000 Aufnahmen, das umfassendste Archiv weltweit. Die zweite Station der von ihm kuratierten Ausstellung „Unzertrennlich. Rahmen und Bilder der Brücke-Künstler“ wurde coronabedingt leider gestrichen. Der Katalog ist schon jetzt ein Standardwerk und erschien bei Koenig Books (60 Euro).

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Panorama Buch

Die schönsten Räume der Welt gibt es jetzt in einem Buch – zusammengestellt von uns und unseren internationalen Kollegen. Text: Florian Siebeck

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ls John Coke Brasfield Anfang des 20. Jahrhunderts von Tennessee nach Kalifornien zieht, gründet er ein Magazin, das nicht nur das Ethos der aufkeimenden Moderne spiegelt, sondern auch vielen Gestaltern seiner Gegenwart den Weg bereiten sollte: Architectural Digest. Aus dem Heft über die „Neue Welt“ an der amerikanischen Westküste wächst im Laufe des Jahrhunderts ein einflussreiches internationales Magazin heran, das Design jenseits oberflächlicher Trends ergründet und Türöffner zu verschlossenen Welten ist. Ein Manifest für Stil, Design, Interior, Kunst und Kultur.

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Die Wirkmacht von Architectural Digest hat sich längst auch in Deutschland, Italien, Spanien und Frankreich, in Mexiko und Russland, Indien, China und Nahost entfaltet. Nun haben sich, zum ersten Mal in der 100-jährigen Geschichte der Marke, alle Redaktionen zusammengetan und ein Kompendium der bedeutendsten Designer erstellt, deren Interieurs in den letzten Jahren publiziert wurden: eine kuratierte Momentaufnahme von New York City (oben) über Frankfurt am Main bis Marrakesch (re. S.). Die spektakulärsten, sinnlichsten und schönsten Räume dieser Welt. ‹ Architectural Digest: The Most Beautiful Rooms in the World. Rizzoli, 336 S., 65 Dollar. ad-magazin.de/buch

Fotos: Thomas Skroch; Cover- und Innenabbildungen: Massimo Listri; Douglas Friedman; Ingmar Kurth (2); Germán Saiz

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„Ich habe gemerkt, dass das Hotel meine Leidenschaft ist. Was ich bereue? Dass ich nicht früher in der Hotellerie gelandet bin.“ Korbinian Kohler


Panorama Reise

Der Hotelier Korbinian Kohler hat den Tegernsee auch international in den Fokus gerückt. Was treibt ihn?

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Ein Mann legt an Interview: Florian Siebeck

einer Familie gehört die Büttenpapierfabrik Gmund. Vor zehn Jahren überließ Korbinian Kohler das Geschäft seinem Bruder, kaufte ein in die Jahre gekommenes Gasthaus und machte eine Mischung aus Grand- und Boutiquehotel daraus, samt Onsen und Sushibar. Ein Gespräch über Weltoffenheit, Lokalkolorit und die Zeit nach Corona.

Vor zehn Jahren haben Sie das „Bachmair Weissach“ übernommen. Erinnern Sie sich noch an die ersten Tage?

Am 1. August hatte ich die längste Notar-Sitzung meines Lebens, von 12 Uhr mittags bis Mitternacht. Am nächsten Tag war eine Betriebsversammlung mit damals 42 Mitarbeitern, die nicht wahnsinnig motiviert waren. Vor denen habe ich gestanden und mit einer Mischung aus Selbstüberschätzung und Naivität gesagt, dass ich das „Bachmair Weissach“ zum führenden Hotel der Alpen machen möchte. Die haben mich angeschaut wie ein Ufo. Aber ich habe erkannt, dass es sinnvoll ist, eine Vision zu zeigen – und es ist ja auch ganz gut gelaufen für uns. Hatten Sie nie Angst, sich zu übernehmen?

Der größte Fehler, den ich gemacht habe, war der Umbau im laufenden Betrieb. Das führte dazu, dass sich die alten Gäste, die dieses Plüschige, Rüschige mochten, nicht mehr wohlgefühlt haben. Und für die neuen Kunden war es noch nicht gut genug.

Fotos: Patrycia Lukas (2); Stefan Bogner

Sie reden oft vom „Tegernseer Lebensgefühl“. Was meinen Sie denn damit?

Ich bin bekennender Lokalpatriot. Bis auf fünf Jahre im Ausland, davon die meisten in Paris, habe ich immer am Tegernsee gelebt. Die Leute, die hier etwas bewegen, sind bodenständig und lokal verwurzelt, aber weltoffen, gebildet und kunstsinnig. Das Herzogliche Schloss war früher ein Benediktinerkloster, ein kulturelles Zentrum, dessen Einfluss bis nach Rom herunterreichte. Am Tegernsee stand die größte Bibliothek Europas. Das hat das Tal sehr geprägt und seine Kinder bis heute beeinflusst. Auch mich. Ihnen gehört auch ein kleines Gasthaus auf dem Wallberg und das junge Hotel „Bussi Baby“. Die „Süddeutsche“ bezeichnete

Betriebswirt und Philosoph: Korbinian Kohler (o.) hat das „Bachmair Weissach“ (rechts) 2010 gekauft und lockt nun vor allem künstlerisch-humanistisch interessierte Gäste an den Tegernsee, die die traditionsverbunden-moderne Ästhetik seiner Häuser schätzen.

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Atmosphäre wie im Yachtclub, Küche wie bei Ottolenghi: Das ehemalige „Café Kreutzkamm“ (li.) liegt direkt am Ufer des Tegernsees (darunter). Kohler pachtet es von einer Freundin. Unten: Das „Mizu Onsen Spa“ im „Bachmair Weissach“ soll Achtsamkeit fördern. Sie mal als „Tycoon im Trachtenjanker“. Zu Recht?

Trachtenjanker ja, Tycoon nein. Manche sagen, ich spiele Monopoly. Aber mir geht es nicht um Macht oder Geltung. Es geht darum, für die Gäste ein „Gesamterlebnis Tegernsee“ zu schaffen. Das kann ruhig auch mal Brüche haben, wie unser japanisches Restaurant „Mizu“. Oder das Clubhaus, das wir jetzt im ehemaligen „Café Kreutzkamm“ eröffnet haben: Dort gibt es leichte israelische Küche, wie man sie etwa in London schon kennt. In Deutschland sind wir da noch etwas hinterher. Es wird sehr gut angenommen. Sie haben die Corona-Zeit also zu nutzen gewusst.

Ich hatte mir zwei Tage vor dem Lockdown einen Container Humus und Gartengeräte gekauft. Ich dachte: Jetzt hackst du wie ein japanischer Mönch zwei, drei Monate in der Erde rum. Dann stellte sich schnell raus, dass die Zeit ideal ist, um grundlegende Arbeiten an den Häusern zu machen. Wir haben also das Spa erweitert, den Park umgebaut, die Zimmer umgestaltet, rund um die Uhr. Es war die arbeitsreichste Zeit der letzten Jahre, aber recht produktiv. Hoch verärgert sind wir allerdings alle über die teilweise nicht ausreichend durchdachten und folgenschweren Entscheidungen der Politik. Warum?

Weil viel zu wenig reflektiert wurde, welche Auswirkungen das, was man da tut, eigentlich hat. Wir hätten uns zum Beispiel gewünscht, man wäre mal mit uns ins Gespräch gekommen, statt blindlings in ganzen Branchen das Licht auszumachen. Wir sind finanzstark und können das verkraften, viele andere nicht. Sie sind selbst im Gemeinderat von Gmund aktiv.

Ich finde, Kritik an der Politik kann man sich nur erlauben, wenn man sich selbst der Sache stellt. Als Bürger immer nur motzen und selbst nicht in die Verantwortung gehen, davon halte ich nichts. Neben Ihren Tätigkeiten haben Sie vor einigen Jahren noch Philosophie und Politik an der LMU studiert. Warum?

Ich war die ersten paar Jahre sehr operativ im Geschäft involviert. Da hatte ich irgendwann das Gefühl, ich müsse noch mal was für meinen Geist machen. Eigentlich wollte ich Psychologie studieren, dann habe ich die Philosophie für mich entdeckt. Damit konnte ich vorher nie etwas anfangen. Aber es ist wie mit der Hotellerie: Es hat mich voll ergriffen und mir neue Perspektiven eröffnet, auch auf mich selbst. Zusammen mit Professor Wilhelm Vossenkuhl habe ich das „Korbinians-Kolleg“ gegründet. Eine Veranstaltungsreihe zu Fragen der Zeit. Im Herbst fängt das vierte Semester an, für das wir hochkarätige Denker einladen. Ausgerechnet dieses philosophische Forum findet wahnsinnigen Anklang bei unseren Hotelgästen und vor Ort am Tegernsee, das ist schon erstaunlich. Und wie finden Sie selbst Zeit zum Abschalten?

Wenn es ganz hart auf hart kommt, bin ich gern allein, am liebsten wandern. Als ich vor vier Jahren den „Mizu Onsen Spa“ fertiggestellt habe und gleichzeitig meine Masterarbeit fertig geschrieben hatte, war ich so fix und fertig, dass ich vom Tegernsee zu Fuß zum Gardasee gelaufen bin. Das war wunderbar. ‹ DZ im „Bachmair Weissach“ ab 349 Euro, „Bussi Baby“ ab 150 Euro, „Altes Wallberghaus“ ab 238 Euro; alle inkl. Frühstück. bachmair-weissach.com

Fotos: Stefan Bogner (2); Gentl and Hyers, New York

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Panorama Reise


MEN OF THE YEAR JETZT ABSTIMMEN UND TICKETS GEWINNEN! Voten Sie für den GQ-Leserpreis „Man of Next Year“ und seien Sie – mit ein bisschen Glück – 2021 bei der großen Gala in Berlin live dabei Am 29. Oktober 2020 ist es wieder so weit: GQ zeichnet die Persönlichkeiten des Jahres aus – zum allerersten Mal digital only! Und dieses Jahr gibt es noch etwas Neues: Wir ehren den „Man of Next Year“, eine herausragende Persönlichkeit, die unsere Welt, unsere Gesellschaft in den kommenden Monaten besonders bewegen wird. Bestimmen Sie mit, wer gewinnen soll: Ab dem 10. September 2020 können Sie für Ihren Favoriten voten und exklusive Tickets für die „Men of the Year“-Gala 2021 gewinnen, dann wieder live auf der großen Bühne in Berlin! Alle Infos zur Teilnahme auf gq.de/menoftheyear-voting #GQAwards2020 #GQMenOfTheYear20

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Panorama Mobil

Unter Strom Auf ein Elektroauto ließ Audi lange warten. Jetzt bekommt der „e-tron“ einen durchtrainierten Bruder.

Erst im letzten Jahr hat Audi mit dem „e-tron“ das erste Elektrofahrzeug auf den Markt gebracht. Mittlerweile ist das Modell der meistverkaufte E-SUV in Europa. Nun bekommt er einen kleinen Bruder: Im Frühjahr geht der „Q4 e-tron Sportback“ in Serie. Bislang gibt es das Coupé mit 2,77 Meter Radstand und bis zu 450 Kilometer Reichweite allerdings nur als futuristische Konzeptstudie, mit sportlicher Dachlinie, markantem Singleframe-Grill und Matrix-LED-Scheinwerfern. FS audi.de

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Foto: Audi AG

Audi Q4 e-tron Sportback


Wo aus Fakten Meinungen werden. Nicht umgekehrt. Wer mehr weiß, kann sich leichter ein Urteil bilden. – Die Frankfurter Allgemeine berichtet seit 70 Jahren mit offenem, besonnenem Blick und sachlichem Stil. Sie liefert täglich gründlich recherchierte Fakten und analysiert mit Tiefe und Intelligenz das Geschehen in Deutschland und der Welt.

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Freiheit beginnt im Kopf.


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Leben

in München, Hamburg, am Tegernsee und in Berlin

Foto: Thomas Skroch

Die Sonne scheint ihr ins Gesicht, aber sie merkt es nicht. Josef Wackerle hat die „Schlafende Schäferin“ 1908 entworfen, aus weiß glasierter Majolika. Seither träumt sie im verwunschenen Garten der Porzellanmanufaktur Nymphenburg, und die gelbe Nachtkerze behütet auch am Tag ihren Schlaf.

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Die Plattensammlung und das HiFi-Möbel von Finite Elemente (rechte Seite) gehören dem Mitbewohner. Aldo Turas Barwagen mit Ablagen aus lackiertem Ziegenleder steuerte Robert Stephan bei. Der Interiordesigner steht vor seinen mit Rohseide bespannten Kleiderschränken.

Robert Stephan teilt sich ein Penthouse-Duplex in der Maxvorstadt mit einem langjährigen Freund. Pragmatismus mit maskuliner Noblesse. Interview: Reinhard Krause / Produktion: Thomas Skroch / Fotos: Daniel Schäfer


München

„Auf das Zusammenspiel kommt es an!“ 101


Messing fungiert nicht nur im Bad als Blickfang, o. rechts Drückerplatte von Material&Konzept in München, Duscharmatur von Vola vor zart geädertem schwarzem Marmor darunter. Die Fronten der Küche o. tragen eine Legierung aus Liquidmetal, die durch Benutzung Patina bekommt.

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Drei, vier oder gar keine Beine: Den Essbereich (rechte Seite) umstehen von links Lavernes „T Chair“, Giovanni Offredis „Wave Chair“ und ein Stühle-Set von Afra und Tobia Scarpa, dahinter: Vincenzo De Cotiis’ hängendes Nussbaum-Sideboard. Die Pendelleuchte ist von Edizioni Design.




E

in doppelgeschossiger Dachausbau knapp oberhalb von üppigem Grün in der Maxvorstadt. Durch das Walmdach gibt es überall Schrägen. Ein Gefühl von Mansarde stellt sich trotzdem nicht ein, denn der Blick geht nach allen Seiten fast ungehindert durch den gläsernen Dachstuhl. Schmale Loggien kappen zudem manche Diagonale. Seit vier Jahren wohnt hier der Münchner Innenarchitekt Robert Stephan, gemeinsam mit einem langjährigen Freund. Herr Stephan, wie sind Sie an dieses so zentral gelegene Penthouse gekommen?

Über Facebook. Ich hatte sechs Monate lang mit einem Freund nach einem Objekt

in urbaner Lage gesucht. Und als ich die Bilder sah mit diesem ziemlich maskulinen Touch, wusste ich gleich, dass hier alles passt. Von außen ist es ein unauffälliger Nachkriegsbau, aber die Besitzer haben mit dem Ausbau exzellente Arbeit geleistet. Nicht nur die Dachlösung ist außergewöhnlich, auch die Wohn-Konstellation mit einem Freund. Wie kam es dazu?

Vorher hatte ich mit meiner Familie 17 Jahre lang im Herzogpark gewohnt. Nach der Trennung zog es mich in die Innenstadt. Übergangsweise wohnte ich damals bei einem Freund. Mein Credo als Innenarchitekt ist: In jeder neuen Wohnsituation muss man sich verbessern – selbst wenn die neue Location vielleicht nicht so gut ist oder kleiner als die bisherige. Mit ästhetischen Eingriffen kann man immer eine Verbesserung herstellen. Die Dachwoh-

Robert Stephan

„Der Verzicht auf Farbe unterstreicht die Zeitlosigkeit. Und lenkt den Fokus auf die einzelnen Objekte.“

Sanfte Farben im Schlafzimmer (li. Seite): Das Bett ist ein Entwurf von Robert Stephan, bezogen mit Mohair von Pierre Frey. Kaschmirdecke von Colombo, Balsaholz-Tischchen von Derick Pobell. Der wolkige Bodenbelag ist … patinierter Beton! Re. die Westseite des Wohnzimmers mit Ilmari Tapiovaaras seltenem „Marski“-Sessel und einem Spiegelobjekt von Hervé Van der Straeten.

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Die Lage in der Maxvorstadt ist überraschend grün. Ein Streckmetallgitter (links) lässt viel Licht in die untere Etage des Duplex. Im Wohnzimmer (re. Seite) ein Sessel von Oscar Niemeyer. Liege von Vladimir Kagan, Sofa: Vincenzo De Cotiis für Baxter.

Auf das Zusammenspiel kommt es an. Hier zum Beispiel gibt es Rohseide statt feiner Seide, das Sofa von Vincenzo De Cotiis ist mit Wildleder bezogen und der Sessel von Oscar Niemeyer mit sehr grobem Bouclé. Das alles zusammen wirkt maskulin. Ihre Möbel sind überwiegend Vintages – vor allem unbekanntere Entwürfe berühmter Designer. Zeitgenössisches stammt von Ihnen oder von Interiorstars wie Hervé Van der Straeten.

nung war ideal. Mit 180 Quadratmetern ist sie für eine Person zu groß, durch die beiden Etagen aber perfekt geeignet für eine WG mit getrennten privaten Bereichen. Ach, es gibt also gar keinen gemeinsamen Wohnbereich?

Aber ja! Wir teilen uns die Küche, das Wohn- und das Esszimmer. Alle anderen Bereiche sind getrennt. Ich wohne unten, er oben. Wir sind beide ziemliche Workaholics, oft sind wir erst um 23 Uhr in der Wohnung. Dann trinkt man, wenn es sich ergibt, vielleicht noch einen Gin Tonic zusammen und tauscht sich aus. Als Besucher fahndet man sofort nach Indizien für ein bachelor pad. Man sieht den Barwagen, die Stereoanlage … und dann das Einzelbett im Schlafzimmer.

(Lacht.) Das „Einzelbett“ ist immerhin 1,20 Meter breit. Der Raum hat keine 20 Quadratmeter, da hätte nichts Größeres gepasst. Aber das Ehebett war auch nur 1,40. Nähe ist also durchaus gewünscht. Sie haben drei heranwachsende Töchter. Gibt es für die auch ein Gästezimmer?

Nein, aber als unten im Haus eine Wohnung frei wurde, hat mir der Vermieter gleich Bescheid gesagt. Dort ist jetzt das Büro von mir und meinen beiden Assistentinnen – und eine kleine Gästewohnung.

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Im Penthouse nebenan wohnt übrigens inzwischen eine befreundete Designerin. Klingt fast nach dörflichen Strukturen!

Das wäre zu viel gesagt. Jeder nutzt die Wohnung ganz für sich. Es ist kein regelrechtes Miteinander, sondern ein einvernehmliches Nebeneinander. Das funktioniert sehr gut, fast unerwartet gut. Das ist kein Lebensmodell, eher ein Wohnmodell, etwas Pragmatisches. Hat Ihr Mitbewohner seine eigenen Räume dann auch selbst gestaltet?

Nein, ich habe ihn beraten. Ich hatte ihm vorher schon eine Wohnung eingerichtet und kenne seinen Geschmack sehr gut. Sind Ihre jeweiligen Bereiche sehr unterschiedlich ausgefallen?

Im Gegenteil, ganz einheitlich! Unsere Vorlieben sind wirklich sehr ähnlich – ein glücklicher Ausnahmefall. Was gleich auffällt, ist Ihr Verzicht auf Farben. Stattdessen arbeiten Sie viel mit Hell-Dunkel-Kontrasten.

Das ist ein Faible von mir, weil es die Zeitlosigkeit unterstreicht und den Fokus mehr auf die einzelnen Objekte lenkt. In diesem Penthouse mit seiner maskulinen Note bietet es sich aber auch besonders an. Gibt es eigentlich „männliche“ Farben, oder ist das eine Frage der Kombination?

Dass ich ausgewähltes Contemporary Design mit Vintages mische, zieht sich als roter Faden durch alle meine Projekte. Am Ende soll gar nicht mehr wahrnehmbar sein, aus welcher Epoche etwas stammt – ein zeitloses Interior, das sich keiner Zeit zuordnen lässt. Ein Objekt mit starker Identität lässt sich immer gut kombinieren. Von den Zeitgenossen bevorzugen Sie Editionen. Steckt dahinter ein Unbehagen am aktuellen Design?

Diese Entwürfe sind ja auch von heute. Ich empfinde eher ein Unbehagen gegenüber trendigem Massendesign. Auf dem Salone sieht man jedes Jahr so viele Neuheiten, die im nächsten Jahr schon veraltet wirken, vom Designanspruch her. Hervé Van der Straeten oder Vincenzo De Cotiis zeichnen sich durch ihre unverwechselbare Handschrift aus. Das verstehe ich unter nachhaltigem, langlebigem Design. Ob das limitiert ist, spielt dagegen keine große Rolle. Gibt es Erbstücke unter Ihren Vintages?

Jein. Das Bianchi-Rennrad im Eingang hat mein Vater in den 80ern gefahren. Bei Ihren Kunden müssen Sie deren oft noch verborgene Wünsche herausarbeiten. Haben Sie für sich selbst auch Moodboards entworfen?

Nein, mir stand schon alles vor Augen. Ich musste ja auf niemand Rücksicht nehmen. Diese Wohnung spiegelt nur mich! ‹



Text: Sally Fuls / Produktion: Thomas Skroch / Fotos: Janne Peters

Für immer

Hamburg

Ferien

Die Côte d’Azur reicht bis zur Elbe: Mitten in HamburgAltona hat Janina Krinke sich ein lichtes Sommerhaus geschaffen – das die Leichtigkeit des Südens feiert.


Bonjour gentillesse! Den Hauseingang verlegte Janina Krinke in den Wintergarten, sodass man die Wohnung von hinten betritt – und damit auch Ottensen schlagartig hinter sich lässt. Die gelb gepolsterten Korsettchairs stehen auf originalen Fliesen, die bereits in dem Gebäude (linke Seite) von 1890 verlegt waren.

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Den Spiegel im Bad (ganz o. li.) entwarf Sarah Lavoine, die Leuchten, die ihn flankieren, sind von Haos. Den Waschtisch darunter ließ Krinke – samt Rattangeflecht und Marmorplatte – maßanfertigen, wie auch die Wendeltreppe, die zum Gästebett über der Wanne (o. re.) führt. Zum Schlafzimmer (g. o. re., Bett von Promemoria) gehört ein um die Ecke liegender kleiner Annex (oben links), in dem ein Sofa von B & B Italia steht. Die Vorhänge sind aus Stoffen von JAB Anstoetz selbst entworfen. Li. S.: Unter der Deckenleuchte von Forestier stehen zwei Vintage-Barhocker. Die Küchenschränke wurden mit Bootsgriffen versehen.

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„Meine kleine Kajüte ist wie ein Wohnzimmer für mich, am liebsten lese und arbeite ich dort. Ein echtes Highlight aber ist die Außendusche daneben: ohne Warmwasser!“ Janina Krinke

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Die Korbstühle in der Casita sind Vintages und wurden weiß lackiert, die Kissenstoffe fand Krinke in Neapel bei Livio De Simone. Deckchair rechts daneben von Sarah Lavoine, Keramiktischchen von Tinja. Re. S.: Im Wintergarten strahlen der sonnengelbe Sessel und der Spiegel (beides von Honoré) um die Wette. Dahinter liegt eines von zwei Gästezimmern.



Vom Schlafzimmer geht das Fernsehzimmer ab, Konsole und Teppich entwarf Sarah Lavoine, die Tischleuchte ist von Gong. Das Regal mit TV, Büchern und Zeitschriften ließ ein Tischler schweben, die Vorhänge hat die Hausherrin fertigen lassen. „Ich arbeite sehr gerne mit Kanten und Paspelierungen.“ Rechts daneben führt die Tür zur Küche – alles vereint durch den weißen Boden.

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J anina Krinkes Wohnung zu betreten ist wie in einen gleißenden, warmen Sonnenstrahl zu tauchen. Die Helligkeit umhüllt einen, wie es sonst eigentlich nur die Dunkelheit kann. Die Haut wird warm, man streckt sich, blinzelt. Im weißen Küchenboden, gerade fünffach frisch lackiert, spiegeln sich gelbe Leuchten und Schalen, geflochtene Barhocker und die schlanken Umrisse ihrer Besitzerin. „Ich wohne sozusagen das ganze Jahr in einem Ferienhaus!“ Und das mitten in Hamburg-Altona. Krinke hat die 110 Quadratmeter im Erdgeschoss vor 16 Jahren bezogen, doch so richtig fertig geworden ist sie erst im Laufe des letzten Jahres. „Ich habe ursprünglich Modejournalismus studiert und mich dann aber immer mehr mit Einrichtung beschäftigt. Irgendwann hatte ich dann einfach richtig Lust, noch einmal alles zu verändern und in meinem Stil zu

renovieren.“ Die private Passion mündete sogar in einer Geschäftsgründung, denn 2016 eröffnete Krinke Bon Voyage, eine kleine, exklusive, mediterrane Interiorboutique in Hamburg-Eppendorf. „Ich habe immer so viele schöne Dinge in Magazinen gesehen, oder auf Instagram und Messen. Nur kaufen konnte man sie in Deutschland nirgends! Und … nun habe ich den Vorteil“, gibt sie lächelnd zu, „dass einige Stücke jetzt auch bei mir zu Hause sind.“ Krinkes Einrichtungsstil sieht aus, wie ein frisch geremixtes Chanson von Brigitte Bardot und Serge Gainsbourg klingt: ein Hauch retro, chic, aber lässig, irgendwie lasziv, immer elegant. Die Interiordesignerin Sarah Lavoine liebt sie besonders (weswegen Bon Voyage zu einer von nur zwei Verkaufsadressen für Lavoine in Deutschland wurde), aber auch India Mahdavi oder Florence Lopez. „Alle drei haben einen ganz besonderen Umgang mit Farben.“ Was sich auch über Krinke sagen ließe: Ebenso effektiv wie simpel sind die Flächen und Farbakzente, mit denen sie eine durchaus gutbürgerliche Architektur


von 1890 mit quirligem Nizza-Flair erheitert. Die Küche sonnengelb, Schlafzimmer und Bad himmelblau, das Entree wolkengrau mit weißen und gelben Blitzen. „Meistens setze ich mich eine Weile in einen Raum und lasse den Blick wandern, immer wieder. Und irgendwann weiß ich, was ich will“, erklärt Janina Krinke und streicht dabei den sandfarbenen, selbst aus JABStoffen entworfenen Leinenvorhang vorm Küchenfenster glatt. Zwischen die vorrangig französischen Zeitgenossen in der Wohnung mischen sich jede Menge Mitbringsel von Reisen, etwa Keramiken aus Mallorca und Formentera oder Vasen aus Palm Springs. „Ich kann einfach nicht verreisen, ohne etwas mit nach Hause zu bringen. Ich habe auch schon Geschirr aus Miami in Handtüchern im Koffer verstaut. Im Notfall annektiere ich auch das Gepäck von Freunden“, gesteht sie. Dass sie auch auf jeder Reise etwas findet, liegt wohl daran, dass Krinke ihre Ziele auf die Design- und Kunstwelt vor Ort abstimmt und quasi kleine Touren vorbereitet. In Vallauris, wo schon Picasso seine Krüge, Teller und Vasen formte, ist sie gerade auf eine Keramikerin gestoßen, die sie – sobald wieder einfacher – unbedingt besuchen möchte. „Ich habe schon mehrfach Flüge gebucht, aber die wurden bislang immer wieder gestrichen.“ Ihr Fernweh kuriert sie nun fast täglich mit einem Morgenkaffee in der Hamburger „Strandperle“, die keine drei Minuten von ihrem Zuhause entfernt liegt. Und zwar nachdem sie den Tag in der Außendusche im eigenen Garten begann. „Das Wasser ist kalt, aber ich finde es herrlich! Jeden Morgen ein kleiner Urlaub für zu Hause.“ Neben der Dusche hat sie sich ein OutdoorWohnzimmer geschaffen, eine charmant verwitterte Kajüte mit Korbmöbeln, wo sie zwischen üppigen Rhododendronbüschen liest, arbeitet oder auch einen FeierabendCrémant mit Freunden oder ihren Eltern trinkt, die oft aus Gütersloh zu Besuch sind. „Kochen kann ich zwar leider nicht, aber einen Tisch stilvoll eindecken – das klappt. Nur das Essen müssen dann die Gäste mitbringen.“ Und falls die Abende an der Elbe doch mal zu lang werden, gibt es zwei Gästebetten, in denen Freunde schlafen können. Eines davon schuf Krinke, ungewöhnlich, aber clever, in ihrem Badezimmer. „Ich habe sehr hohe Decken, um die 4,50 Meter,

Ein breites gelbes Fries ziert das Minibad (o.) vorm Flur, ein schmales schwarzes strukturiert die Wand im Wohnzimmer (o. re.). Davor stehen zwei Fifties-Sesselchen, die Krinke – noch im Originalbezug – von ihrem Großvater geerbt hat. Am Esstisch in der Küche versammelt sie vier Thonet-Stühle auf einen Juteteppich von Élitis (re.).

und diese Höhe wollte ich ausnutzen. Also haben mein damaliger Freund und ich über der Wanne eine kleine Etage eingezogen, die nur aus einem Bett plus darunter verstecktem Stauraum für Decken und Bezüge besteht.“ Nach oben gelangt man über eine cremeweiße Wendeltreppe, die Krinke aber auch selbst hinaufsteigt. „Wenn es mir unten mal zu laut ist, ziehe ich hoch – es ist eine wunderbare Ecke zum Lesen!“ Die Bücher verwahrt sie in einem maßgefertigten schwebenden Regal im Wohnzimmer – oder aber in präzisen Stapeln auf Tischen, Fensterbänken oder dem Sideboard. Ein Problem, das viele haben, dass sie eben nur im Urlaub die Entspannung zum Lesen finden, hat Janina Krinke offenbar nicht. Denn hier in Ottensen fühlt es sich eben immer an wie: Ferien! ‹

„Mit dem Einrichten ist es wie mit der Mode: Früher hat man sich alle möglichen Teilchen gekauft. Heute nur noch das, was einem steht. Und lebt so viel nachhaltiger.“ Janina Krinke 115


MĂźnchen


Aus dem Alltag ein Fest Die neue „Nymphenburg Residence“ ist Hotel, aber vor allem Bühne für die Kunst der Münchner Porzellanmanufaktur. Text: Simone Herrmann / Fotos: Stephan Julliard

Außenaufnahme: Thomas Skroch

Der Himmel über dem Kavaliershaus (unten rechts) hat Weiß-Blau gehisst, und vor der Küchentür plätschert der Majolika-Garten. Große Oper im Regal (li. S.): Vom Rokoko-Rhinozeros „Clara“ über Figuren von Josef Wackerle und Andy Hope bis zum Totenkopf „Onyx“ reicht das Szenario in der Bibliothek, nach Maß gefertigt von den Deutschen Werkstätten Hellerau.

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Außenaufnahme: Thomas Skroch

Ein blaues Ara-Pärchen neckt sich vor den Gartenbassins (o.). Das Glucksen des Wassers ist bis in die Küche (re. Seite) zu hören, wo Relieffliesen die Fußsohlen kitzeln. Über dem marmornen Küchenblock (Dross & Schaffer, Geräte von Gaggenau) schaukelt die Leuchte „Orpheus“. Im Kinderbad ganz links schwärmen Schmetterlinge aus dem „Papilio Lotos“Service über die Wand, und die Salonnische li. mit dem Mokkaset „Golden Age“ hat Nymphenburgs Hundemeute besetzt.



Da staunen Pfau und Papa­ gei: Vor den Salonfenstern breitet sich die Schlossan­ lage wie eine Filmkulisse. Die Innenarchitekten Mang und Mauritz konterten die Rocaillen am Balkongitter mit dem Art déco­Schwarz­ Weiß der Jim Thompson­ Vorhänge; der Saint­Louis­ Lüster strahlt auf Donghias Club Chair, das Sofa und auf Classicons marmorne Coffeetables „Bow“.

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Porträt: Andreas Achmann


Blütenzart: „Spilla“-Appliken glimmen im Treppenhaus (re.). Stefan Mauritz und Thomas Mang (g. re., mit Nymphenburgs CEO Anders Thomas, stehend) bringen im Damenzimmer (linke Seite) Herkners „Bell Tables“ mit Donghia-Möbeln und pudrigem Samt von Dominique Kieffer zusammen und lassen an den Wänden Magnolien (Tapete: Cole & Son) blühen. Über dem Bett von Vispring unten: Artwork von Hubertus Hamm.

G

rüne Fensterläden zum Fassadengelb, jubilierendes Münchner Rokoko. Wir sitzen in der Küche des einstigen Kavaliershauses der Porzellanmanufaktur Nymphenburg. Nördliches Schlossrondell 8. Der Wind trägt die Geräusche aus dem Garten herein, Wasser plätschert, Blätterschatten flirren über die Wände. Seit 1767 wohnten hier die Direktoren der Manufaktur, dann Bärbel Jacobs von der Hamburger Kaffee-Dynastie, und nun wurde aus dem Palais „The Langham Nymphenburg Residence“, das kleinste und wohl ungewöhnlichste Hotel im Portfolio der Langham-Gruppe. Diese Aussicht auf das Schloss und die Kanäle, so nah und festtäglich, fast surreal, eine Filmkulisse! Auch der verwunschene Park mit seinen Fabeltieren und Fayencen, die Hecken und Wege wirken an diesem Zauber mit. Und dann – „Honeycomb!“, Anders Thomas, Geschäftsführer der Manufaktur, fährt mit dem Finger über das Bienenwabenrelief seiner Tasse. Die feine Goldstaffierung leuchtet. Dass der Kaffee daraus ganz anders schmeckt als aus einem klobigen Becher, braucht er nicht erst dazuzusagen. Irgendwie nobler, beschwingter. Neben ihm steht auch ein Becher, aber einer aus hauchzartem Biskuitporzellan und natürlich nicht für Kaffee: Ted Muehlings Wasserbecher „konvex“. Wasser wird darin zu etwas Kostbarem. „Was es ja auch ist“, sagt Thomas zufrieden. Und unter dem Cappuccinoschaum taucht auf dem Grund meiner Tasse ein Schmetterling auf. „Papilio“ ist handgemalt, wie alle Dekore bei Nymphenburg; auch auf der Untertasse schwärmen die Falter. Aber dass in der Tasse noch einer sitzt, ein Kleiner Fuchs, und die Flügel spannt, als würde er gleich auffliegen, das ist wie Kinderglück. Überhaupt kommt es einem so vor, als bekämen hier auch die Fingerspitzen Augen. Und angesichts der Majolika-Kacheln auf dem Boden würde man am liebsten barfuß gehen: Das

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Zum Barkabinett von Promemoria gesellen sich im Gentlemen’s Room o. Jan Kaths Teppich „Artwork 25“, Kunst von Hubertus Hamm und Herkners „Bell Tables“ – darauf bandelt ein Dalmatiner mit einer Bulldogge an. Vorhang auf! Hinterm Kinderhimmelbett (ganz li., Werkstätten Hellerau) schlagen die Zirkustiere von Luise TerletzkiScherf Kapriolen. RokokoSpiegelrahmen krönen die Waschschalen (links) mit buntem Perlstab, entlehnt von Dominikus Auliczeks berühmtem Service „Perl“.

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„Nymphenburg erleben. Das kann man hier nicht nur am Frühstückstisch, sondern auch unter der Dusche, am Waschbecken und in der Sauna.“ Anders Thomas

weiß glasierte Relief jedenfalls fühlt sich so wohlig-kribbelig an. „… fast wie Fußreflexzonenmassage, oder?“, lacht der Münchner Innenarchitekt Stefan Mauritz, der mit seinem Partner Thomas Mang „die Ehre hatte“, das Haus einzurichten. Ein Zuhause auf Zeit. Drei Salons, vier Schlafzimmer, Speisesaal, eine Küche, ein Kinderzimmer, Arbeitsräume, sieben Bäder. Fünf-Sterne-Service. „Hier wird man Nymphenburg im Alltag erleben können“, erklärt Anders Thomas, der nie ohne seinen „Manufakturkoffer“ auf Reisen geht. Espresso-Tässchen und „Clara“, das Rhinozeros, eine der ältesten Tierfiguren von 1770, hält er darin parat. „Man trifft ja immer jemanden.“ Dem man, wie neulich chinesischen Touristen in Hamburg, den Zauber und die Historie von Nymphenburg nahebringen kann. „Dieser feine Scherben, die Leichtigkeit!“ Eigentlich das genaue Gegenteil von „alltäglich“, nicht wahr? „Ein Fest“, so jedenfalls drückt es Porzellanmalerin Evelin Ehrlich aus, die bald 50 Jahre in der Manufaktur arbeitet. „Jeden Morgen, wenn wir etwas aus dem Ofen holen, ist es ein bisschen so wie Weihnachten.“ Glücksgefühle. Jedes einzelne Stück mit Eigenheiten, die nur auftreten, wenn ein Handwerker direkt im Material arbeitet. Man könnte es Seele, etwas Immaterielles, nennen. Oder Charisma. Davon waren Manufakturkünstler wie Franz Anton Bustelli, der 1760 die berühmten Commedia dell'Arte-Figuren schuf, oder Dominikus Auliczek, Gestalter des zwölfeckigen „Perl“und auch des Bayerischen Königsservices, wohl ebenso fasziniert, wie es später die Art déco-Künstler Wolfgang von Wersin oder Josef Wackerle waren. Eine Faszination, die bis heute die Zusammenarbeit mit Designern und Künstlern wie Ted Muehling, Konstantin Grcic, Damien Hirst, Kiki Smith oder Ruth Gurvich trägt. Alle haben sie zugesehen, wie ihre Entwürfe in den Ateliers Wirklichkeit wurden. Und dabei Menschen kennengelernt wie den Leiter der Figurenformerei Günter Löscher oder seinen Kollegen Alexander Schreiner, die eine Figur aus Dutzenden Einzelteilen gießen, winzigste Details frei Hand ausarbeiten, mit Werkzeug, das sie selbst hergestellt haben, aus Buchsbaum oder Wurzelholz; am Ende signieren sie mit einer Nummer. Aber genau diese Nummer, seine Nummer, die 26, erklärt Schreiner, werde nicht mehr vergeben, „wenn ich einmal in Pension gehe“. Nie mehr. Einzigartige Handwerker, Künstler ihres Fachs. In den weiten, stillen Atelierräumen aus dem 18. Jahrhundert, nur ein paar Schritte vom Kavaliershaus entfernt, versinken sie für Stunden, Tage, Wochen in ihrem Werk. Exzellenz in einer zunehmend dilettantischen Welt. Kulturgut. „Man fühlt immer den einzelnen Menschen darin“, sag-

te Ruth Gurvich einmal. Und die Zeit. Denn Hingabe sei mehr als Sorgfalt. Sie enthält auch Liebe. Gurvichs „Lightscape“-Teekanne steht im Ladies’ Room, ein zauberhaftes Objekt, wie aus Papier gefaltet. „Ja, Verzauberung“, Katharina Neumann, die junge Leiterin des Malerateliers, nickt, „darum geht es uns hier.“ In einem der Bäder fächeln deshalb hellrote und silbergraue Kois mit durchsichtigen Schleierflossen über die Fliesen, fast hypnotisch sieht das aus. Die Duschkabine als Aquarium. Hinter jeder Tür öffnet sich eine andere Welt. Und in der Sauna glimmt eine versonnene Tegernseer Landschaft – als Porzellanlithophanie. Die „Allgegenwart des Porzellans“ sei natürlich die übergreifende Gestaltungsidee gewesen, sagen Mang und Mauritz. „Seit Jahren arbeiten wir Hand in Hand mit der Manufaktur. Leuchten, Kacheln, Reliefs, es gibt nichts, was man hier nicht fertigen lassen könnte, ganz individuell.“ Überall ist „die Spur der Hand“ sichtbar. Neben Pâte sur Pâte-Fliesen, die sich anfühlen wie knusprig gebackenes Baiser, haben die Innenarchitekten auch einige Nymphenburg-Klassiker „zweckentfremdet“. Über die Landschaftsveduten des Königsservices rauscht nun die Regendusche, und Auliczeks Perlstab umrahmt, bunt gehöht, die Waschschüsseln. Zur Haptik des Porzellans kamen nur maßgefertigte Einbauten der Deutschen Werkstätten Hellerau infrage, sagt Mauritz, sägerau oder von Hand gehobelt. Auch im Kinderzimmer, das mit seinen gestapelten Schränken und dem Himmelbett „Prinzessin auf der Erbse“ spielt. Dort führen Luise Terletzki-Scherfs Zirkustiere ihre besten Nummern auf. Vor den Fenstern sonnen sich blaue Papageien mit gelbem Bauch, und – dort hinten! – im hohen Gras unter der Hecke schläft Josef Wackerles „Schäferin“ aus Majolika. Eine Nachtkerze mit gelben Blütenlaternchen beleuchtet ihren Schlaf. „Jedes Mal staune ich wie ein Kind vor dieser märchenhaften Kulisse“, sagt Stefan Mauritz, „dabei bin ich hier am Schlosskanal aufgewachsen.“ Vor diesem Panorama wirken die Möbel von Donghia und Classicon, Jan Kaths Seidenteppiche, die Stoffe von Jim Thompson, Sebastian Herkners „Bell Tables“ aus Messing und farbigem Glas, die Kristalllüster von Saint-Louis, das intarsierte Barkabinett von Romeo Sozzi … wirkt jede Porzellanfigur, als hätten Mang und Mauritz sie für einen imaginären Film gecastet. Schwarz-Weiß und Grüntöne bestimmen das Set, hier und da Rot, ein Pfauenblau, aufgemischt mit den übermütigen floralen Tapeten von Cole & Son. Selbst der Aufzug ist komplett tapeziert. „Man steht im Wald, während man nach oben gleitet.“ Das Haus ist eine Bühne für die Fantasie. Im Großen, aber auch im Kleinen: „Clara“, das Rokoko-Rhinozeros, etwa, liebäugelt in der Bibliothek über Epochen hinweg mit einem Art déco-Mops. Zeit spielt in diesem Zuhause auf Zeit keine Rolle. „Mentalitäten, religiöse Identitäten der Gäste dagegen schon“, erklärt Mauritz. So habe man einen Ladies’ Room und ein Herrenzimmer eingerichtet, bei den Stoffen auf neutrale, eher geometrische oder florale Motive geachtet. „Aber wer weiß“, meint Anders Thomas, „vielleicht werden hier einmal Menschen auf der Küchenbank sitzen und Kaffee trinken, die zu Hause nie einen Schritt in die Küche tun würden.“ Einfach deshalb, weil der Kaffee viel besser schmeckt, wenn man dort barfuß auf den Kacheln steht – und vielleicht, man muss dabei den Atem anhalten, fliegt dann auch der Kleine Fuchs aus der Tasse. Verzauberter Alltag. „Für mich war es der Augenblick, als das Haus zum ersten Mal erleuchtet war und im Garten die Brunnen angingen“, erzählt Stefan Mauritz. Ein Fest. ‹

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Ganz bei sich … möchte ein deutscher Unternehmer bisweilen auf seinem Grundstück am Tegernsee sein. Das Mailänder Designduo Studio Peregalli nahm den Auftrag wörtlich: das Haus als Porträt. Text: Laura May Todd / Styling: Thomas Rook / Fotos: Robert Rieger


Tradition: durchaus, Tirolklischee: nein danke! Am originalgetreu wieder errichteten einstigen Gästehaus des weitläufigen Seeanwesens ranken keine Balkongeranien, sondern Kletterrosen. Der Essplatz im Freien ist einladend und entspannt, perfekt für gelegentliche Begegnungen auf Augenhöhe.

Tegernsee

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Boiserien in blassroter TÜnung, ein antiker chinesischer Tisch und extrabreiter weinroter Cordsamt auf einem von den Architekten entworfenen Sofa prägen im Wohnzimmer den typischen Peregalli-Touch. Den unverhofften Mittelpunkt aber bildet das Stillleben von Werner Heldt.


Das angebaute Badehaus (o. li.) prunkt diskret mit marmornen Becken und Baumfresken. Im Schlafzimmer g. o. hängt ein Gemälde von Jacob van Ruisdael, neben dem Pfostenbett: Dürers „Melencolia I“. Ungestörte Lektüre winkt am Leseplatz links, Entspannung im nonchalanten Garten oben.

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Abkühlung an heißen Sommertagen: Das Badehaus erhöht den Komfort des Anwesens, steht aber nicht im Mittelpunkt des Familienlebens. Wildbienen hingegen sind als Mitbewohner wohlgelitten, wie das Insektenhotel verrät.


„Wir kennen den kunstsinnigen Hausherrn gut und wussten: Sein Refugium muss Einfachheit mit Grandezza vereinen.“ Laura Sartori Rimini

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Von der Kunstbegeisterung des Hausherrn zeugen die Stiche im Treppenhaus (g. o.). Handfester geht es im Studio unterm Dach (o. re.) und in der Kßche zu (o., Arbeitsflächen aus Peperino-Marmor). Ehrensache, dass die Eierlieferanten des Unternehmers eine passende eigene Unterkunft (re.) erhielten.

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Die antiken portugie­ sischen Fliesen im relativ dunklen Entree haben laut Roberto Peregalli einen aufhel­ lenden „Damast­Ef­ fekt“. An der Wand hängt ein Stich von Giovanni Battista Pira­ nesi. Das Parkett im gesamten Landhaus besteht aus Salvages, in jedem Raum auf eigene Weise verlegt.


Nah am See und fern vom Trubel liegt das Holzhaus. Dass es vor allem als privater Rückzugsraum dient, er­ kennt man auch an der Studierstube unten: Die Bücher­ regale sind so schlicht wie der Raum selbst, der Schreib­ tisch lädt zur Versenkung ein, nicht zum Repräsentieren.

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R

„Durch die Nähe zu Österreich gibt es hier eine lange Tradition von Holzhäusern und Chalets“, sagt die Architektin. Tatsächlich tauchen überall im Haus antike Holzelemente auf, in jeder denkbaren Form: Schablonentafeln aus dem 18. Jahrhundert zieren das Wohnzimmer, und über den Boden erstreckt sich ein Parkett-Patchwork, das in jedem Zimmer anders verlegt wurde. „Bei allen Projekten suchen wir nach der Verbindung zum jeweiligen Ort“, betont Sartori Rimini. „Hier haben wir versucht, der Tradition der lokalen Architektur treu zu bleiben, bereichert durch die Persönlichkeit des Hausherrn.“ Blassrosa und tiefrote Töne, die sich über die Holztäfelung im Wohnzimmer schlängeln, finden ihr Echo in einem Ushak-Teppich aus dem 17. Jahrhundert, im Rubinrot des dick gepolsterten Cordsofas und in einem Regency-Sessel aus Mahagoni, der mit einem Paisleystoff bezogen ist – alles meisterlich versammelt unter einem Stillleben von Werner Heldt, einem Gemälde

äume für Träume zu schaffen – darauf versteht sich das Designatelier Studio Peregalli meisterlich. Laura Sartori Rimini und Roberto Peregalli sind berühmt für verfeinerte Refugien, die den Alltag auf wundersame Weise auf Distanz halten. Ihr atmosphärischer Stil hat etwas bezaubernd Anachronistisches. Deshalb waren sie die perfekte Wahl, als ein langjähriger Kunde sie bat, am Ufer des Tegernsees einen echten Zufluchtsort für ihn einzurichten. Der Eigentümer, Patriarch einer weitverzweigten Familie, hat dem Duo aus Mailand schon mehrfach Aufträge erteilt: Bereits seinen Münchner Wohnsitz, aber auch Ferienhäuser auf Korsika und in Sankt Moritz haben Studio Peregalli für ihn gestaltet – wie auch das Haupthaus auf dem Seegrundstück. Diesmal bestand die Vorgabe darin, einen intimen Rückzugsort für den Unternehmer und einige ausgewählte Objekte aus seiner umfangreichen Kunstsammlung zu schaffen – einen Ort, an dem er Ruhe finden will, wenn es ihm im Haupthaus zu hoch hergeht. „Das Anwesen liegt zwischen dem See und den Bergen und wurde sehr pittoresk angelegt“, erklärt er. „Es ist mein privates Refugium.“ „Der Hausherr ist ein Mensch mit sehr feinem Geschmack“, charakterisiert Laura Sartori Rimini ihren Stammkunden. Roberto Peregalli ergänzt: „Er hat eine Leidenschaft für italienische Architektur des 18. und 19. Jahrhunderts. Und er sammelt Zeichnungen und Gemälde – vom 17. Jahrhundert bis zu den Expressionisten.“ Daher entwickelten die beiden das Häuschen zu einer Wunderkammer, einem in sich selbst geschlossenen Schmuckkästchen zwischen den Bäumen. „Er wünschte sich eine Art Datscha“, erinnert sich Peregalli. Nur eben sollte diese Hütte das reiche, vielschichtig nostalgische Flair von Studio Peregalli erhalten. Ausgangspunkt des Projekts war ein Gästehaus am Rande des Grundstücks, doch bei näherem Augenschein zeigte sich, dass der Alpenpanorama: Der Tegernsee liegt 747 Meter über dem Meeresspiegel. Die Gipfelkette der Münchner Hausberge Bau in die Jahre gekommen war und sein Fundament bröckelte. wirkt vom Seegrundstück aus bereits zum Greifen nah. Also wurde er abgerissen und neu errichtet, wobei der Raumplan und die verwitterte Holzfassade des ursprünglichen Hauses exakt nachgebildet wurden. Neu ist ein kleines, über ein Vestibül mit aus der Moderne-Sammlung des Besitzers. Das Mobiliar ist eine Glaswänden mit dem Hauptbau verbundenes Badehaus. Von au- „Mixtur“, so nennt Peregalli den visuellen Cocktail an Antiquitäten, ßen ist das Ensemble „so einfach, wie es nur geht“, kommentiert die bei Auktionen und Händlern in Italien und anderswo erworPeregalli. „Aber wer eintritt, erlebt eine Überraschung.“ ben wurden – „ganz ähnlich wie in den Häusern von früher“. Überschreitet der Besucher die Schwelle, begrüßen ihn Wände „Es ist eine Balance zwischen Einfachheit und Grandezza“, mit handbemalten blau-weißen portugiesischen Kacheln aus dem pflichtet Sartori Rimini ihm bei. Dieser Zweiklang zeigt sich auch 17. Jahrhundert. Sie erzeugen, so Roberto Peregalli, einen aufhel- im Schlafzimmer im oberen Stockwerk, das weit weniger opulent lenden „Damast-Effekt“ im ansonsten verschatteten Entree. Von eingerichtet ist als das untere. Dessen Gewölbedecke ist mit einem dort führt – gesäumt von stattlichen Pilastern, die einige Architek- schlichten Trompe-l’Œil-Holzmuster bemalt, das sich dem antiken turstiche des 18. Jahrhunderts aus der beeindruckenden Sammlung geschnitzten Bettrahmen und dem handbestickten Leinen-Suzanides Hausherrn rahmen – eine großzügige Treppe aus gealtertem Überwurf aus dem 18. Jahrhundert unterordnet. Holz nach oben zum Schlafzimmer und zu einem privaten Studio. Das Kunsthandwerkerteam von Studio Peregalli kam an den Holztäfelungen mit ornamentalem Schnitzwerk aus einem zugi- Tegernsee, um dem Ganzen den letzten Schliff zu geben – das gen Tiroler Pfarrhaus, das von der Zeit vergessen worden war, baumartige Wandgemälde im Badehaus etwa entstand vollständig wurden fachmännisch an den Decken im Erdgeschoss angebracht. von Hand und vor Ort, nach dem Vorbild einer Villa in der Toska„Holzboiserien setzte man in der Vergangenheit meist ein, um der- na. Solche theatralischen Momente erinnern an Renzo Mongiardiartige Häuser zu schützen und zu isolieren“, erläutert Laura Sarto- no, den Mentor des Duos, der berühmt war für seine brillanten ri Rimini. Hier wirken sie wie ein Ausgangspunkt für den Geist, bühnenbildartigen Räume. „Unser Kunde wollte einen traumhafder das Haus definiert: eine dem Ort angemessene Behaglichkeit, ten Ort“, sagt Laura Sartori Rimini. „Deshalb haben wir für ihn hier in jedem Raum eine kleine Welt erschaffen.“ die zugleich kosmopolitisches Flair verströmt. ‹

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Berlin

Das Textil von Teuber Kohlhoff ist ein Lieblingsstück von Jules Villbrandt, die 2010 mit Freund Alhadj Diallo und Sohn Justus hier einzog. Licht im Schlafzimmer spendet „Mantis“ von DCW éditions. Auf dem Frama-Hocker: eine Vase von Muuto. Vorhang von Rubelli.


Wedding

Forever Ein Brief der Hausverwaltung motivierte Jules Villbrandt und ihre Familie zur lange fälligen Renovierung. Die Geschichte einer Wohnung im Wandel. Text und Produktion: Valerie Präkelt / Fotos: Robert Rieger

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Kurzer Dienstweg: Die Wand zwischen „Berliner Zimmer“ und Küche (neue Fronten von Reform) durchbrachen Villbrandt und Diallo selbst. Für gutes Arbeitslicht sorgen Midgard-Leuchten, Platz für Geschirr und Gewürze bietet Arteks Regal „Kaari“. Neu eingezogen ist die Tylko-Kommode (rechte Seite unten).

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„Früher war das Durchgangszimmer ein komischer Raum. Erst seit dem Durchbruch zur Küche ergibt der Grundriss einen Sinn.“ Jules Villbrandt

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Der Sonnenschirm von Business & Pleasure Co. soll bald vom Schlafzimmer auf den Balkon von Villbrandts Studio umziehen. Tischchen und Spiegel „Friedrich“ von Objekte unserer Tage. Der Wandschrank (re. S. o. re.) ist von Reform.

Sohn Justus (rechte Seite) schwört auf Grün. O. links sitzt er unter Muller Van Severens „Hanging Lamp N°2“ für Valerie Objects und einem Jaime HayonTeppich für Nanimarquina. Sein Bett ist von Alvar Aalto, der Schreibtischstuhl u. re. von Freifrau. Maus-Print von Eike König.


E

ines Tages war er da: der Brief der Haus­ verwaltung, der ankündigte, dass das Ge­ bäude, in dem Julia­Ruth Villbrandt und Alhadj Diallo mit ihrem Sohn Justus woh­ nen, aufgestockt werden sollte, um Wohn­ raum zu schaffen. In zwei ihrer Zimmer müsse man deshalb die Decke aufreißen und stützende Balken für das neue Ge­ schoss einbauen. Doch statt zu verzweifeln, entschlossen sich Villbrandt, 33, und Diallo, 37, ihre Mietwohnung nun endlich grund­ legend zu renovieren und das anzupacken, was schon seit Jahren auf der Wunschliste stand: Raufasertapete runter, Laminat raus, Dielen, Türen und Griffe restaurieren. Die ungeliebte Wand zwischen der Küche und dem „Berliner Zimmer“ durchbrechen und das bisherige Elternschlafzimmer in einen offenen Ess­ und Wohnbereich verwan­ deln. „Hätten wir den Brief der Hausver­ waltung nicht bekommen, würden wir uns wohl heute noch über das Laminat ärgern“, sagt Villbrandt mit einem Lächeln. Gäbe es den Titel Königin der Wohn­ blogger, es hätte wohl niemand mehr An­ spruch auf ihn als Julia­Ruth Villbrandt, besser bekannt unter ihrem Nom de Plume „Jules“. Die Berlinerin gründete ihren Blog während ihrer Schwangerschaft 2008, heute produziert „Herz und Blut“ Atelier­ und Wohngeschichten und kooperiert mit Marken wie Louis Poulsen, Vitra oder Frei­ frau. „Der Name stammt aus den frühen Bloggertagen“, erklärt Villbrandt lachend.

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Petersburger Hängung: Ganz links an der Wohn- und Esszimmerwand hängt eine Arbeit von Dora Földes; zu Conny Maiers pancake painting passt Flos’ Pop-Art-Leuchte „Snoopy“. Vor dem Modul-Sideboard von Montana: ein Trio aus Applike, Tisch und Stuhl rechts von Jean Prouvé (Vitra).


„Eine Jugendsünde. Aber Tribal-Tattoos sind ja auch wieder modern.“ Villbrandt hat einen wunderbaren Humor – Berliner Schnauze, aber ruhig und herzlich. Ihr Sohn Justus steht ihr in nichts nach und hält, während er Pfannkuchen wendet, einen ebenso fundierten wie unterhaltsamen Vortrag darüber, in welchen Punkten er den Politikunterricht an seiner Schule zu lasch findet. Danach verschwindet der Elfjährige hinter der Konsole; die Eltern führen durch die 99 Quadratmeter große, sehr lang gestreckte Wohnung. Links hinter der Eingangstür verbirgt sich das neue Elternschlafzimmer mit Balkon. Neben dem Boxspringbett von Fennobed stehen der Spiegel „Friedrich“ und der Tisch „Neumann“, beides Entwürfe des Berliner Labels Objekte unserer Tage, mit dem Villbrandt eine lange Freundschaft verbindet. Wer allerdings meint, man könne die Wohnung wie ein 3D-Tagebuch vergangener Kooperationen durchstöbern, liegt falsch. Zwar war die Küche ein Projekt mit der dänischen Küchenmarke Reform. „Aber bei uns ziehen nur Dinge ein, die wir auch wirklich lieben“, betont Villbrandt und zeigt auf die Bilderwand im Wohnzimmer. „Da drüben etwa hängt ‚Der Verehrer 2‘ von Conny Maier. In dem Bild finde ich unser Sonntagsritual wieder – an dem Tag gibt's immer Pfannkuchen.“ Seit ein paar Jahren, erläutert die Bloggerin, habe sich ihr Budget verbessert. „Zum Glück. Anfangs war ‚Herz und Blut‘ – wie der Name schon verrät – nur ein persönlicher Blog. Dann habe ich angefangen, Menschen zu Hause oder in ihren Studios

zu fotografieren.“ Villbrandt kommt aus einem Dorf bei Oranienburg, 2006 zog sie nach Berlin, um an der UdK Gesellschaftsund Wirtschaftskommunikation zu studieren, und lernte Diallo kennen, der als Logistic Manager arbeitet. Ihre Berufung fand sie im Fotografieren – „auch wenn ich mich nie traue, mich als richtige Fotografin zu bezeichnen“. Villbrandts Fotos sind grobkörnig und irgendwie moody – damit trifft sie auf Instagram den Zeitgeist. Neben dem Studium arbeitete sie „in der harten Schule des Einzelhandels“. Mit der Geburt des gemeinsamen Sohnes wurde die Studentenwohnung zu klein, im Wedding aber wollte die Familie bleiben. „Das Viertel wird oft belächelt. Wir lieben es. Hier trifft sich die Welt.“ Seit fünf Jahren kann Villbrandt hauptberuflich von „Herz und Blut“ und dem dazugehörigen Studio Maison Palmė leben, beides betreibt sie gemeinsam

mit ihrer Schwester Maria Villbrandt und Wilkin Schröder. Das Studio ist nur einige Straßen entfernt, auch Justus' Schule ist im Viertel. Sein Zimmer verbirgt sich am Ende des Flurs, von dem Kammer und Bad („unser nächstes Projekt“) abgehen. Villbrandt zeigt auf einen Riss in der Decke des Kinderzimmers. „Wir wollten die Verkleidung rausreißen und … na ja. Vielleicht sollte man doch nicht alles selber machen.“ Sie lacht. „Manchmal hätte ich gern ein Zimmer mehr, zum Arbeiten, für meine Bücher und Magazine – die lagern zurzeit im Schlafund im Wohnzimmer. Zugleich ist mir bewusst, was für ein Luxus es ist, auf fast 100 Quadratmetern zu wohnen.“ Hinzu kommt: Die Familie hat einen alten Mietvertrag. So eine Wohnung gibt man nicht auf. „Ich mag es, wenn Dinge ihren festen Platz haben“, sagt Jules Villbrandt. Sie hat ihren längst gefunden – hier, mitten im Wedding. ‹

Die Wände im Wohnzimmer (o.) tragen Kalkfarbe von Nen-Do. Jaime Hayons Sessel „Fred“ und ein Bolia-Sofa flankieren George Nelsons Tisch-Bank für Vitra. Stehleuchte von Louis Poulsen. Im Flur (li.) kaschiert ein Vorhang Stauraum.

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VIRGINIA, INTERIOR-DESIGNERIN


SHOP.VOGUE.DE


AD Summaries Art Interview (p. 84) Frame-maker Werner Murrer on Munch, museums, and matching framing to art.

From Guggenheim to Stedelijk to MoMA: his client list includes some of the museum world’s biggest names. Now Werner Murrer and his Munich-based team are framing 900 works for Oslo’s new Munch Museum, a mammoth task that has also brought Murrer's detective skills to the fore. What are the key issues with Munch?

The old Munch Museum used shiny gold frames that Munch would have been dead against. And the Nasjonalmuseet has a few of his paintings hung in heavy, showy gold frames that don’t go with the art. Munch himself was always adamant he wanted plain, unfussy frames. In Stuttgart, there’s a portrait of a girl in a lovely silver-gray frame that I always suspected might be original. Now we’ve got proof: archive photos of an early exhibition that show this picture in that exact frame. We also discovered simple white frames at the Åsgårdstrand summer house, they'd just been left in a corner of the attic. So he was a pioneer in framing too?

Well, before him, Degas also gave much thought to frames, as did van Gogh, though his original painted frames were thrown out during a 1970s renovation of the Stedelijk. There’s just one left, and it has that wide, flat profile later adopted by Expressionists – a foretaste of modernism.

contrasts. The furnishings, meanwhile, are a mix of contemporary and classic designs, the suede Vincenzo De Cotiis sofa, for instance, being flanked by a Vladimir Kagan recliner and a bouclé Oscar Niemeyer chair.

(there are seven in total). Wooden fixtures by Deutsche Werkstätten Hellerau and elegant Donghia seating further elevate the interiors, while vistas of palace and park make for a truly regal setting.

Hamburg (p. 108)

Tegernsee (p. 126)

Full of color and souvenirs, this charming apartment brings the Riviera to the Elbe.

Milan’s Studio Peregalli fashions a refuge for a businessman with refined tastes.

Despite first moving here 16 years ago, it’s only recently that Janina Krinke, who runs a Mediterranean-themed interiors boutique, really finished decorating her ground floor home, which is situated near Hamburg's riverside. Now yellow accents and cane bar stools pop against the kitchen’s white floor and walls, contemporary French furniture mingles with ceramics brought back from Spain, and yellow-andwhite stripes zip across the conservatory walls, backed up by a lemon-hued Honoré armchair. The vacation vibe continues in the garden, where a weathered cabin with open sides and white-painted wicker chairs makes the ideal spot for summer evening drinks. And should Krinke's guests need to stay overnight, there's the spare bedroom or the sleeping area above the bath, an unusual mini-mezzanine accessed via a cream spiral staircase. “I have very high ceilings,” she explains, “so I thought I'd put that height to good use.”

Laura Sartori Rimini and Roberto Peregalli are renowned for their enchantingly anachronistic retreats, and this hideaway on the shores of Bavaria’s Tegernsee is a perfect example. Situated on the grounds of a larger residence, it serves as the client's private sanctuary, somewhere for him to escape the ruckus in the main house. For its design, the duo took their cue from a derelict (and now demolished) guesthouse on the property’s fringes, replicating its internal layout and weathered wooden façade. This modest shell belies the finery within: antique Portuguese tiles line the entrance hall, where a grand aged-wood staircase leads up to the bedroom and studio. Ornately carved ceilings, rescued from a Tyrolean manse, crown the ground floor spaces, and the living room is clad in stenciled 18th-century panels, the faded-pink and deep-red tones of which are echoed by a ruby-hued sofa and matching Oushak rug.

And what about contemporary art?

Munich (p. 116)

Frameless is the way now, has been since the fifties and sixties. Something like a Gerhard Richter doesn’t need a frame at all.

Porcelain treasures and palace views: Langham’s new Nymphenburg Residence is a high-class home from home.

A one-time cavalier’s house in the grounds Munich (p. 100) of Nymphenburg Palace, this rococo villa was later home to successive directors of Robert Stephan transforms a striking duplex into a bachelor pad for two. the Nymphenburg Porcelain Manufactory, Topping a postwar block in Munich’s Max- whose workshops are just a few paces vorstadt, this spectacular penthouse con- away. Now part of the Langham portfolio, trasts starkly with the otherwise unas- its latest incarnation is a luxury retreat suming building. A roof conversion with that combines the feel of a private abode sloping walls, expansive glazing, and slen- with the service of a five-star hotel. der balconies, it boasts panoramic views By Munich-based duo Stefan Mauritz and a muscular feel, plus a two-story layout and Thomas Mang, its decors take their that's ideal for sharers. cue from that porcelain heritage, with nuFor the past four years, it has been home merous Nymphenburg figurines featuring to interior designer Robert Stephan and a alongside motifs borrowed from the firm’s long-time friend, who share the kitchen, tableware – vedutas from its Royal Bavarliving room, and dining area but also have ian service adorn shower tiles, basins are their own spaces on separate floors. Com- edged with the same range’s pearl pattern, mon to all are distinctly masculine decors and butterflies from the “Papilio" line flit that eschew color in favor of light-and-dark across a wall in another of the bathrooms

146

By Iain Reynolds

Berlin (p. 136) Turning a negative into a positive, two renters carry out an overhaul of the own.

It all started with a letter from the block managers. An extra story was to be added to Jules Villbrandt and Alhadj Diallo’s building, meaning new joists needed inserting in two of their apartment's ceilings. Rather than bemoaning the upheaval, they simply took the opportunity to give the place a much-needed revamp. Out went the chunky wallpaper and laminate flooring; doors, handles, and floorboards were restored; and the kitchen gained new unit fronts by Danish firm Reform. The couple also knocked through from the kitchen to what was the master bedroom, now an open-plan living/dining area with a salon-style array of art. Next up is the bathroom, says Villbrandt, who coruns a successful interiors blog and studio, and then there’s their son’s bedroom ceiling. “We want to rip out the cladding and …" she stops short. “Okay, maybe it’s not always best to do everything yourself!” ‹



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Wer groß denkt, muss die Kontrolle über das Kleine abgeben – oder den Pragmatismus von Regelmäßigkeiten kultivieren. Karl Lagerfeld hat Welten geschaffen, nicht nur Kollektionen, er war stilbildend – auch bei der eigenen Ikonisierung. Er mochte Routine, Rituale, Cola light. Den Mitmenschen zeigte er sich stets in Uniform aus Zopf, beringten Handschuhen, weiß gestärktem Kragen zu Hedi Slimane-Schwarz. In dieser Gleichförmigkeit hat er sich, wie er einmal sagte, jeden Tag neu erfunden. Auch eineinhalb Jahre nach seinem Tod kursieren kleine Anekdoten. Auf Reisen soll ihn etwa ein Kissen aus Kindertagen begleitet haben. Als Talisman. So ist das bei einem Mythos, die Geschichtchen gehören dazu. BG Die November-Ausgabe erscheint am 14. Oktober 2020


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