Playground Equipment

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Bilingo

LĂśsungen fĂźr einen Schulhof 1


Inhalt Einleitung 05 Zielsetzung 07 Konzepte 09 Realisierung 21 Reflexion 23

Bilingo Lösungen für einen Schulhof. Dokumentation des Selbstinitiierten Projekts von Elisabeth Fried Annne Hegge Lena Startseva unter der Leitung von Prof. Günter Horntrich Ökologie und Design Köln International School of Design im SS/WS 2012 17.04.2012 - 07.12.2012

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Einleitung Der Schulhof der bilingualen Grundschule „Bilingo“ im Kölner Stadtteil Braunsfeld ist nicht mehr als eine graue Parkplatzfläche, umschlossen von ebenso grauen Bürogebäuden. Im Erdgeschoss der Stollberger Straße 311 befinden sich die farbenfroh gestalteten Räume der Ersatzschule in freier Trägerschaft, eine kleine private Grundschule, die ca.: 70 deutsch- und englischsprachige Schüler für den bilingualen Unterricht besuchen. Den Beginn des Selbstinitiierten Projekts bildete eine an die Köln International School of Design (KISD) gerichtete E-Mail der damaligen stellvertretenden Schulleiterin mit einer Vision: „Wir möchten dem tristen Asphalt und den gähnenden Bürogebäuden, die unsere Schule dominieren, Farbe und Fantasie entgegensetzen. (...) Denkbar wären der Bau von ausgefallenen Spielgeräten oder Arbeiten mit Naturmaterialien. Wir sind aber sehr offen und froh um jede Idee. (...) Wir würden uns sehr freuen, wenn Sie interessierte Studenten finden, die Lust haben sich auf unserem Hof kreativ auszutoben und freuen uns auf Ihre Antwort.“ Eine Antwort kam zunächst von fünf KISDStudenten, drei von ihnen: Elisabeth Fried, Anne Hegge und Lena Startseva machten die Aufwertung des Bilingo-Schulhofes zum

Selbstinitiierten Projekt im Rahmen ihres Design-Studiums an der Köln International School of Design. Neben Kurz- Mittel- und Langfristigen Projekten, die das Herzstück der Ausbildung an der KISD sind, können Studenten ein Thema frei wählen und dies mit mindestens zwei weiteren Kommilitonen im Rahmen eines Selbstinitiierten Projekts bearbeiten. Anders als bei regulären Projekten an der KISD kennzeichnet sich das Selbstinitiierte Projekt darin aus, dass die Rolle des leitenden Professors oder Dozenten in den Hintergrund rückt und die Studenten ihr Projekt in Eigenregie durchführen. Nichtsdestotrotz gibt es eine Betreuung durch einen Professor, der bei Fragen und eventuellen Schwierigkeiten richtungsweisend agieren kann. Nach dem ersten Besuch bei der Schulleitung und des Schulhofs waren wir Studenten voller Motivation, etwas Einzigartiges für die Kinder der BilingoGrundschule zu schaffen. Professor Günter Horntrich des Lehrgebiets „Ökologie und Design“ betreute das Projekt und hat entscheidend zum Erfolg dessen beigetragen, sodass nach ausgiebiger Recherchearbeit und einer intensiven Konzeptphase am 20.11.2012 das erste Spielgerät von den Grundschulkindern der Bilingo-Schule eingeweiht werden konnte. 5


Zielsetzung

Nach intensiver Recherche zu Entwicklungsstadien und entsprechenden Bedürfnissen von Grundschulkindern, pädagogischen Konzepten und bestehenden Spielplätzen; vielen Meetings, Diskussionen, Scribbles und Ideenverwerfungen wurde folgender Anspruch an das Konzept gestellt: Bewegungslust statt Schulhoffrust soll das neue Motto der Billingo-Grundschule nach der Umgestaltung ihres Schulhofes sein. Wir möchten den Schülern ein Konzept bieten, das ihrer Phantasie freien Raum lässt. Sie sollten selbst entdecken, welche Spielmöglichkeiten sich hinter den einfachsten Materialien verbergen. Vorgegebene Gestaltung bei Spielgeräten begrenzt das Spielverhalten und führt dazu, dass das Interesse schnell nachlässt. Wohingegen unser Designkonzept individuelle und flexible Räume für das kreative Spiel bietet. Das Bedürfnis eines Grundschulkindes nach Bewegung sollte bestmöglich erfüllt werden, denn Laufen, Springen, Balancieren und Klettern fördern Leistung und

Konzentration im Unterricht. Die bereits vorhandenen Ressourcen möchten wir so nutzen, dass die Kinder zur Bewegung animiert werden. Dadurch wird in der Pause Energie freigesetzt und der Kopf für weiteres Lernen vorbereitet. Gleichzeitig haben Grundschulkinder das Bedürfnis nach Ruhe sowie Rückzugsmöglichkeiten. Viele unserer Ideen lassen sich leicht zu einem Besprechungsort oder einer Sitzecke umfunktionieren, die an dem jeweiligen Lieblingsort aufgebaut werden kann. Bei der Herstellung und verwendeten Materialien wird auf minimalem Energieaufwand geachtet oder existierende Materialien wiederverwendet und somit aufgewertet. Wir distanzieren uns von herkömmlichen Spielgeräten, die versuchen durch verniedlichte Formen und stereotypen Farbeinsatz, nicht aber durch Langlebigkeit und Förderung der Kreativität zu überzeugen. Nachfolgend werden sechs von neun ausgewählten Konzepten detailliert dargestellt. 7


Ein echtes Auto scrap car

converted into a playground equipment the charm of the forbidden adventure playground

Kinder lieben das Verbotene. Im Auto müssen sie jedoch meist still sitzen und dürfen auf keinen Fall herum klettern oder Dreck machen. Normalerweise dürfen Kinder auch nicht hinters Lenkrad oder auf das Dach vom Familienwagen steigen. Ebenso wenig erlauben es Eltern ihren Kindern, auf Schrottplätzen zu spielen. Viel zu gefährlich! Die präparierte Karossiere gibt Kindern die Möglichkeit, aus einer Welt voller Einschränkungen und Verbote zu entfliehen und ein „Erwachsenspielzeug“ zu erkunden. Anstatt ein Spielgerät neu zu entwickeln und dabei Materialien und Ressourcen zu verbrauchen, liegt hier der Gedanke im Verwenden eines Gegenstands, mit dem

Kinder im täglichen Leben in Berührung kommen, den sie jedoch nicht „erfahren“ und „erkunden“ dürfen. Ein Auto vom Schrottplatz wird durch das Entfernen von Motorblock und anderen eventuellen Unfallgefahren zu einem Spielgerät. Die Karosserie, welche nur noch der Verschrottung gedient hätte, erhält in der neuen Funktion als Abenteuerspielplatz einen gesteigerten Wert und ist ein Beispiel für Upcycling.

> upcycling

the play car

Obwohl die Schulleitung von der Idee begeistert war, überwiegten die Vorbehalte über mögliche Unfallgefahren, sodass dieses Konzept nicht für den BilingoSchulhof realisiert werden sollte. 9


Elements organic forms fit into each other soft stuffing robust fabric

elements

for balancing, sitting, rocking, building

Drei Elemente, beliebig viele Möglichkeiten. Das Konzept hinter „Elements“ liegt in den einfachen, organischen Formen konvexer und konkav geformter Spielelemente. Die drei Module sind fest mit recyceltem Schaumstoff gefüllt und mit einer robusten Plane überzogen, um die Langlebigkeit des Produkts zu garantieren. Elements ist anders als stark geometrische, starre Bauklötze formbar und beweglich. Die einzelnen Module können als Set zu diversen Figuren ineinandergesteckt werden oder als einzelne Spielgeräte genutzt werden. Zum Balancieren, Rollen, Bauen oder

Schaukeln einladend hat Elements keine vorgegebene einzige Verwendung wie bei konventionellen Spielzeugen sondern bietet Raum zum ausprobieren und neue Spielmöglichkeiten zu erfinden. Um die Funktionsweise zu erkunden und die Dreidimensionalität der Module erfahrbar zu machen, wurde dieses Produkt zunächst als Modellschaumminiatur hergestellt. Die Schulleitung der Bilingo-Grundschule ist dazu an der Realisierung eines Prototypen interessiert.

leaves imagination free run

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Kartenhaus house of cards modular stable lightness can be put to different uses Cards ist inspiriert von Charles Eames, der 1952 das Spiel House of Cards kreierte. Das Steckkartenspiel umfasst im Original 20 verschieden gestaltete Karten aus denen einzigartige Kartenhäuser konstruiert werden können. Anders als das bis heute erfolgreiche Spielzeug von Eames ist Cards nicht aus Karton im Taschenformat sondern aus 120cm langen Hohlkammerplatten gefertigt. Die Wahl viel auf dieses Material, da es neben hoher Witterungsbeständigkeit trotz minimalem Gewichts extrem belastbar ist. Die Struktur der Hohlkammerplatten hat sich aufgrund der hohen Belastbarkeit in der Transport- und

Verpackungsindustrie bewährt und findet auf dem Spielplatz eine neue Verwendung. Die einzelnen Hohlkammerplatten oder Karten sind mit sechs Schlitzen versehen, sodass ineinandergesteckt die verschiedensten Gebilde entstehen können. Durch die Größe der Karten entwickeln Kinder ein Gespür für Raum und Statik. Dazu bietet Cards die Möglichkeit, dass Kinder sich ihr eigenes Spielgerät selbst konstruieren. Gerade aufgrund der geringen Materialkosten und der einfachen Verstauungsmöglichkeiten fand Cards großen Anklang bei der Schulleitung und soll für Bilingo realisiert werden.

to define space

Cards

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Die Blaue Burg plug-in system modular made out of water buds encourages team work

the blue castle

to define space

Blue Castle, eine blaue Burg. Dieses modulare Spielzeug besteht aus blauen Kunststoffelementen, die für die Nutzung auf dem weitläufigen, gepflasterten Schulhof gedacht sind. Die Röhren können entweder als einzelnes Spielzeug oder in ihrer Gesamtheit als Spielgerät verwendet werden. Zum Rollen,Durchkriechen und Verstecken geeignet, können die einzelnen Module zusammen etwas Großes entstehen lassen. Aufgrund der Größe und des Gewichts der Röhren ist Teamarbeit zwischen den Kindern gefordert, wenn es darum geht, einen hohen Turm oder verzweigten Tunnel zu bauen.

Als Material werden die als Maischefässer oder Regentonnen bekannten Kunststofffässer zu Röhren zugeschnitten und mit je sechs Schlitzen versehen, sodass sie individuell zusammensteckbar sind. Durch die Nutzung von recyceltem Material werden keine neuen Baustoffe oder Ressourcen verbraucht.

mobility

Leider erwies es sich als schwierig, an gebrauchte Regentonnen zu kommen um diese zu upcyclen. Daher stellt sich die Frage, ob anstatt von Regentonnen ein anderes Baumaterial ebenso geeignet wäre. 15


Wolken air cushions

for transport modularity light can be put to different uses

Clouds

for sitting, building, jumping, ...

Wie auf Wolken gehen, das und viel mehr ist mit clouds möglich. Die Luftpolster, die als Füllmaterial bei Transportgütern in LKWs oder Flugzeugen konzipiert wurden, werden als Luftkissen zu einem multifunktionalen Spielzeug. Ausgestattet mit einem Mehrweg-Ventil, können die Luftkissen je nach belieben stark mit Luft befüllt werden. Als weiches Wackelbett oder stramm gefüllter Balancierball finden die einzelnen Kissen verschiedene Verwendungsmöglichkeiten. Mit Ösen und Karabinerhaken zusammengefügt, können horizontale oder vertikale Landschaften entstehen, die vom

einfachen Sichtschutz bis zur Wolkenlandschaft Raum erfahrbar machen. Die Luftpolster sind mit einer Größe von 120 mal 120cm ideal um mehreren Grundschülern Platz auf einem Kissen zu geben. Mit einer Stärke von 150 µm ist die Polyethylen-Folie extrem robust und nach dem Spielen benötigen die zusammengefalteten Kissen sehr wenig Stauraum. Fraglich ist, ob die Anschaffung eines Kompressors zur Befüllung der Luftkissen gerechtfertigt ist, oder ob auf eine naheliegende Füllstation wie etwa einer Tankstelle ausgewichen werden kann.

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Bike racks

Fahrradständer making use of existing object

ropes and nets hammock tunnle wobbly bridge > schools desperate wish

Die Umgestaltung des Fahrradständers war von Beginn an der Wunsch der Schulleitung. Verständlicherweise, denn die Metallkonstruktion am Rande des Schulhofes nahm Raum ein, der nicht zum Spielen genutzt werden konnte. Da nur äußerst selten der Fahrradständer in seiner Funktion verwendet wurde und zudem genügend Platz für Fahrräder außerhalb des Schulhofes ist, sollte der Fahrradständer zu einem Spielgerät umfunktioniert werden. Eine simple Konstruktion aus Holzlatten, Rucksackstoff und

robuster Plane, zusammengehalten mit einfachen Seemannsknoten aus Kunsthanfseil wurde zu einem Abenteuerspielplatz aus Wackelbrücke, Hängematte und einem Tunnel zum ausgelassenem Spielen und ruhigem Verkriechen. Im Rahmen des Selbstinitiiertem Projekts wurde die Umgestaltung des Fahrradständers als erstes Konzept realisiert. Nach zweitätigen Aufbauarbeiten konnte der neue Abenteuerspielplatz eingeweiht werden und fand große Begeisterung bei den Kindern sowie der Schulleitung. 19


Realisierung

Anders als bei vielen anderen Projekten, die an der KISD durchgeführt werden, endete dieses nicht mit der rein theoretischen Konzeptentwicklung und Erstellung eines Modells oder Prototypens. Nach der Präsentation der insgesamt 9 Konzepte vor der Schulleitung und anschließender Diskussion zur Machbarkeit und finanziellem Aufwand, hat die Schulleitung zunächst das Konzept „Fahrradständer“ in Auftrag gegeben.

Nach genauer Berechnung der Menge und Kosten der Materialien wurde eingekauft, genäht, gesägt und die einzelnen Elemente vorbereitet, sodass an zwei Tagen das Spielgerät auf dem Schulhof aufgebaut werden konnte. Dokumentiert wurde die praktische Umsetzung und die Nutzung des Spielgeräts von begeisterten Schulkindern in einem „Making Of“ Film. 21


Reflexion

Nicht nur das realisierte Konzept hat bei dem Auftraggeber, der Schulleitung der Bilingo-Grundschule und den Nutzern, den überaus begeisterten Schulkindern großen Anklang und positive Rückmeldung erhalten, uns hat besonders der Lern- und Entwicklungsprozess im Laufe des Projekts begeistert. Im ersten Stadium der Ideenfindung haben wir uns sehr von stereotypischen Kinderspielzeugen verleiten lassen und standen kurz davor, lediglich einen Teil des Schulhofs „schön und bunt“ zu gestalten. Aufgrund der bereichernden Treffen mit Prof Günter Horntrich konnten wir von klassischen Kindermotiven ablassen und unseren Horizont erweitern. Heraus kamen Konzepte, die aufgrund ihrer Einfachheit die Phantasie der Kinder fördern, aus einfachen oder bereits existierenden Materialien hergestellt sind, durch re- oder upcycling eine Wertsteigerung erfahren und

durch ihre Langlebigkeit überzeugen. Um dort hinzukommen, mussten wir uns davon distanzieren, nur die Erwartungen der Schulleitung treffen zu wollen, und den Mut haben, unkonventionelle Ideen zu präsentieren. Dieses Projekt ging über die typische Arbeit eines Designers hinaus, da viel Zeit und Energie für Kostenkalkulationen, Einkauf und handwerkliche Arbeit aufgewendet wurde. Aus Bilingo nehmen wir mit, dass es Sinn macht, Ideen auszuradieren und noch einmal von vorne anzufangen; dass die Leistung dort beginnt, wenn sie über die Erwartungen des Kunden hinaus geht und dass es viel Zeit für Diskussionen und Präsentation geben muss, um einen realistischen Mittelweg zwischen Kundenansprüchen, finanziellen Mitteln, praktischer Machbarkeit und dem Anspruch des Designers zu finden. 23



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