Séparée
Séparée Erotik ist weiblich
Männerwäsche SPEZIAL
SEX IN DER BIBEL Deutschland Y 8,90 Österreich € 9,50 Schweiz CHF 9,50
Eine Leseanleitung
Transgender
Über den Weg vom Mann zur Frau
HIMMLISCH Ein Engel legt ab
Die Lust der Anderen Eine Nacht im Swinger-Club
No. 19
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Editorial
Über Engel, Bengel und die Sache mit dem Geschlecht Zum Ende des Jahres haben Engel in unseren kulturellen Breiten bekanntlich Hochkonjunktur, und alle Jahre wieder fragen wir uns in der Redaktion, welches Geschlecht die Flügelwesen eigentlich haben, wenn sie denn überhaupt eins besitzen. Die üblichen Geschlechtsmerkmale – Pussy, Penis, Brüste, Bart – haben sie gemeinhin nicht, einmal von Putten abgesehen, die als knuddlige kleine Jungs mal mit Flügeln, mal flügellos, aber immer ohne Hose daherkommen. Mal sehen, wie lange noch im neuen Zeitalter der Social-Media-Zensur. Aber dazu später mehr.
Foto Cover: © detailblick-foto – Fotolia.com; Foto Editorial: Franziska Hauser
Rein grammatikalisch betrachtet ist die Sache klar: Engel sind männlich. Das beweist ein Blick in den Duden oder in die „andere“ Bibel, in der Engel gehäuft vorkommen. Dort heißen sie Michael, Gabriel, Lucifer oder werden schlicht als „er“ bezeichnet. Interessanterweise gilt das auch für andere Sprachen, in denen die geschlechtliche Zuordnung qua Artikel ansonsten nicht so eindeutig ist. In der englischen Übersetzung der Heiligen Schrift werden Engel grundsätzlich mit dem männlichen Pronomen (his, him) bezeichnet. Und auch die alten Griechen hatten keine weibliche Form für Engel. Schade eigentlich. Immerhin ist „Engelchen“ ein verbreitetes Kosewort, das eher Frauen meint. Das mag ein kleiner Trost für die Gleichberechtigung sein. Spannend wird die Frage nach dem Geschlecht von Engeln jenseits der Linguistik, wenn es im Neuen Testament z. B. darum geht, dass Engel nicht heiraten (brauchen). Andererseits, was heißt das schon. Die Idee der gleichgeschlechtlichen Ehe stammt definitiv nicht aus biblischen Zeiten, sondern ist eine Errungenschaft unserer Zeit. Vielleicht liegt es aber auch an unserer beschränkten Vorstellungskraft, was das Spektrum an Geschlechtlichkeit betrifft, dass wir versuchen, Engeln ein eindeutiges Geschlecht aufzudrücken. Dass es mehr als die binären Pole „männlich“ und „weiblich“ gibt, haben die Entwicklungen der letzten Jahre gezeigt, in denen die (LG)BTQIA-Community medienwirksam auf ihre Anliegen aufmerksam gemacht hat. Was es jedoch wirklich heißt, im Körper eines Jungen zur Welt gekommen zu sein und sich die eigene Weiblichkeit hart zu erkämpfen, erzählt Mademoiselle Nicolette in einem bewegenden Interview in diesem Heft. Natürlich haben wir – nach soviel Vorrede – auch einen echten Himmelsboten vor die Kamera geholt. Dass unser Engel männlich ist, ist nun wirklich nicht zu übersehen. Bei diesem Anblick wünscht man sich mehr seiner Zunft auf Erden und 364 Tage Weihnachten! Apropos Christenheit: Wir haben für diese Ausgabe tatsächlich mal einen Blick in die Bibel geworfen und dabei Erstaunliches entdeckt. Von wegen das Buch der Bücher sei liebesfreudenfeindlich. Da wird kokettiert, geliebt und mit sexuellen Anspielungen nicht gespart. Man muss nur die Symbolik kennen. Die Theologin Yvonne
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Sophie Thöne gibt in ihrem Artikel etwas Nachhilfe fürs bessere Verständnis. Passend dazu schwelgt die Autorin Stefanie Rinke in himmlischen Küssen und erklärt, warum der Kuss die gleichberechtigste Form des Intimverkehrs darstellt. Und weil wir bekanntlich gern ein paar Sichtweisen und Stereotypen auf den Kopf stellen, wenn es darum geht, wer denn nun die Hosen anhat und auszieht, gibt es in diesem Heft extra viel nackte Männerhaut zu sehen. Ob mit oder ohne Haar – darüber haben wir kontrovers diskutiert. Noch ein ernstes Wort zur Gleichberechtigung. An dieser Stelle möchten wir an Sie, unsere Leserinnen und Leser, appellieren, bei diesem Wort nicht müde zu gähnen. Unser Anliegen, mit unserem Magazin einen lustvollen Beitrag zur gleichberechtigten Selbstbestimmung von Frauen zu leisten und Männern einen neuen Zugang dazu zu eröffnen, bleibt aktueller denn je, insbesondere in einem politischen Klima, in dem der Wind für Frauen wieder deutlich rauer weht. Gerade die einschlägigen sozialen Medien und Plattformen legen uns dabei immer wieder Steine in den Weg: ob monateweise Sperren auf Facebook oder Absagen vom App Store oder Google Play, unser Magazin zu vertreiben. Deshalb: Kämpfen Sie mit uns! Der neue Feminismus beginnt im Bett. Wenn das mal nicht eine gute Nachricht ist, vor allem in der dunklen, kalten Jahreszeit. In diesem Sinne wünschen wir Ihnen eine heiße Lektüre. Ihre Herausgeberinnen Janina Gatzky & Ute Gliwa 03
Inhalt
42
18
Sehen
Lesen
18
Backfee Damenstrecke von Yvonne Sophie Thöne
12
Männer sind zarter als frau denkt Kolumne von Beate Kruse
42
Himmelsbote Männeraktstrecke von Leni Papilio Photographie
14
Himmlische Küsse Ansichten von Stefanie Rinke
72
Unschuld provoziert mehr als die Möhre im Anus Künstlerporträt David Lehmann von Cathrin Bach und Ute Cohen
17
Die Libidofrau trifft Voldemort Fortsetzungsgeschichte von Mia Schwinge
30 Auf der Achterbahn Lebenslagen von Aurelia Glück 33
08
Der Beziehungsunfähige Single-Blog von Una G.
34 Nicolette Interview von Hannah Brandt 38
Yoniworld Bettgeschichte von Carla Grün
54 Im Garten der Lüste Bibelsex von Yvonne Sophie Thöne 60 Ein Pick-Me-Up ist nichts fürs erste Date! Interview mit Kerstin Ehmer von Ute Cohen
06 Contributors 93
Herstellernachweise
97
Kontakt / Impressum
98 Ausblick 99 Abo
04
64 Die Lust der Anderen Erfahrungsbericht von Ruth Batella 70
Haare ab? Kontroverse von Alma Fabian und Lilla Augustin
82
Eltern sein ... Liebende bleiben Beziehungsweise von Daniela Gaigg
96 Im Villabajo der Sexartikel Kolumne von Jannek Blume
Séparée No. 19
Fotos: (v.l): Yvonne Sophie Thöne; Heidi – Fotolia.com; Leni Papilio Photographie; Schloss Milkersdorf
38
Fantasievoll, anregend, Andresky 64 Vergnügen 08 Doppeltes Glück Das Rollenspiel zum Nacheifern 10
Eiskalt erwischt Der Gentlemen’s Club
28
Hey Baby, alles klar? Singleleben von Luna Laskowska
59
An Berliner Kinder Poesie von Joachim Ringelnatz
68 Sexuelle Orientierung vs. Praxis Heiße Nummern der Statistik 69 Der Vielseitige Spielzeugtest von Hannah Brandt 84 Film- und Buchtipps 86 Männerwäsche Dessous-Darling von Lea Becker 94 Veranstaltungen 95
Schreib-Wettbewerb
Sophie Andresky ist Deutschlands erfolgreichste Erotikautorin. In ihrem neuen Bestseller begibt sie sich in die verruchte Scheinwelt des Zirkus »Inferno« – und verschafft ein erregendes Lesevergnügen.
Séparée No. 19
€ 15,– [D] · ISBN 978-3-453-27154-8
Leseprobe unter heyne-hardcore.de
Contributors
„Der einzige Weg, eine Versuchung loszuwerden, ist, ihr nachzugeben.“
Mitwirkende in Séparée No. 19
Oscar Wilde
UTE GLIWA
ALBERTA UND IHRE MÄNNER
ALBERTA UND IHRE MÄNNER von Ute Gliwa Alberta hat alles, was sie sich wünschen kann. Ihre lang ersehnte harmonische Beziehung zu Daniel wird wunderbar durch Serges leidenschaftliches Begehren ergänzt. Doch leider verlangen beide Männer alsbald eine Entscheidung, die Alberta nicht treffen kann. Roman, ca. 250 Seiten, Klappenbroschur, 12 Euro ISBN 978-3-88769-684-9 www.konkursbuch-shop.com/hetero
KIKKI PINEAPPLE Zur ihrem ungewöhnlichen Künstlernamen kam die 23-jährige im Rahmen einer VintageModenschau. Die auf ihrem Fuß tätowierte Ananas inspirierte die Moderatorin spontan zu diesem frechen Pseudonym. Neben ihrem Hauptberuf als Werbetechnikerin arbeitet Kikki auch als (Pin-Up)-Model. In ihrer Freizeit backt sie am liebsten Käsekuchen. Wir haben durch ihr Küchenschlüsselloch gelinst und ihr dabei zugesehen. Mehr von ihr gibt es auf: www.instagram.com/ lemontreechild
Auf Seite 42
Fotos: Patrick Karbownik, MUCpictures
konkursbuch VERLAG CLAUDIA GEHRKE
LENI PAPILIO Dieser Name steht für Fotografie mit purer Leidenschaft. Vor gut sieben Jahren bekam Leni von ihrem Freund eine betagte Canon in die Hand gedrückt. Von da an war es um sie geschehen. Fotografie ist für sie Seelenbalsam, vor allem dann, wenn sie gemeinsam mit Menschen vor ihrer Kamera etwas Schönes erschaffen kann. Wann immer es geht, ist sie auf der Suche nach neuen Motiven, um Bilder mit Tiefgang entstehen zu lassen, die den Betrachter berühren sollen. Mit ihrer ersten Fotostrecke für Séparée geht ein lang ersehnter Traum in Erfüllung.
Auf Seite 18
www.konkursbuch.com 06
Séparée No. 19
FĂ&#x153;R SIE & IHN
Sehr gut 4.85/5.00 Zertifizierter Shop Stand: 07.08.2018 278 Bewertungen
Rollen. spiel
MÄNNER SIND IM GRUNDE doch ganz wunderbare Wesen. Sie funktionieren so herrlich unkompliziert. Jeder für sich hat so seine eigenen Vorlieben und Schwächen, aber kennt man die einmal, hat man sie eigentlich in der Hand. Ralf zum Beispiel fährt total auf meine Brüste ab. Normal, sagt ihr? Nee, seine Anbetung meiner Brüste ist außergewöhnlich. Klar stehen Männer grundsätzlich auf Brüste, aber Ralf fährt so was von auf die beiden ab, das ist schon einmalig. Er behauptet, er habe das vorher auch noch nicht erlebt, dass er so explizit auf jemandes Titten geflippt ist. Weibliche Brüste im Allgemeinen zählt er zu den fünf schönsten Dingen auf der Welt, aber meine Brüste vergöttert er regelrecht. Egal in welcher Darreichungsform. Liege ich nackt vor ihm, streicht er sanft über den Brustansatz und haucht: „Schau wie schön sie liegen!“ Oder er exklamiert verzückt: „Wie das Licht auf sie fällt!“ Auch in Kleidung, ob mit oder ohne BH, mit oder ohne Dekolleté, lässt er bewundernde Blicke über sie gleiten, oft von einem verschmitzten Lächeln begleitet, weil er sich dabei vorstellt, wie sie unter dem Stoff liegen. Hin und wieder, es kommt zum Glück nicht oft vor, ist er von irgendwas vollkommen Unwichtigem genervt und wird stinkig. Ihm gut zuzureden, dass er sich darüber doch nicht so zu ärgern brauche, macht ihn nur finsterer. Ablenkung funktioniert ganz gut, die durchschaut er zwar, aber dann muss er über mein Manöver schmunzeln und die schlechte Laune taut ganz schnell. Und wenn alles nicht hilft, nehme ich einfach seine Hände und lege sie auf meine Brüste. Das zaubert unfehlbar sein heiteres Gemüt zurück. Und meins auch! ♥ Individuell angefertigte Korsetts ab 350 Euro, komplette Outfits ab 1.000 Euro; www.tomto.de
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Séparée No. 19
Foto: Andreas Jahn, Model: Tara la Luna
Doppeltes Glück
Rollen. spiel
Geschmeidig Das Massageöl aus Nori-Algen, Arganöl und anderen hochwertigen Ölen, heiß auf die Haut getropft und eingerieben, beschert ein lang anhaltendes seidiges Gefühl auf dem Körper. Es reizt auch die Schleimhäute nicht und verströmt einen sehr angenehmen, dezent frischen Duft. Massagekerze, 326 g, 33,93 Euro; www.nurushop.com
Zeitlos Für Liebhaber(innen) echter Nylons sind diese Strümpfe der absolute Traum. Die rote Naht setzt das erotische i-Tüpfelchen auf die schwarzen Nylons, die übrigens immer noch auf den Originalmaschinen aus Omas Zeiten gefertigt werden. Nylonstrümpfe, 31,99 Euro; über www.vickys-nylons.de
Elegant Die dezente Maske verleiht einen Hauch von Mysterium und Unnahbarkeit. Sie kann über das ganze Gesicht oder auch nur über die Augenpartie getragen werden. Am Hinterkopf wird sie mit zwei schwarzen Satinbändern befestigt. Netzmaske, 35,70 Euro; www.mondin.info
Berauschend Feurig Der mundgeblasene Glasdildo entstammt der Vulkan-Serie von Fornicouture. Mit seinem Flammenmuster ist er dem „Berg des Feuers“ Etna gewidmet. Die Flamme am Ende ist mit 24 Karat Gold überzogen. Länge 21 cm, Durchmesser ca. 5 cm. Glasdildo, 499 Euro; über www.the-best-of-toys.de
Coeur du Mal by Theresa S. Grunwald verführt mit Amber, Cashmeran und Rose und erregt mit Mandarine und Jasmin. Das Eau de Parfum duftet als wäre es den erotischen Texten der Autorin – die auch schon für Séparée geschrieben hat – entströmt: wild und sündhaft, nach Zähmung und Verschmelzung schreiend.
Fotos: PR
Parfum, 50 ml, 64 Euro; www.passowdelayeberlin.com
Séparée No. 19
09
Gents. Club
FEUERZANGENBOWLE MIT DEN KOLLEGEN, Weihnachten mit der Familie, Silvester mit den Studienfreunden – der Gedanke an die bevorstehende geballte Geselligkeit gruselte ihn. Seine Ehe war nach 12 Jahren im Sommer spektakulär in die Brüche gegangen. Es tat zwar nicht mehr weh, aber dass seine hysterische Noch-Frau die neue Flamme verschreckt hatte, schmerzte ihn. Seither hatte er von letzterer nichts mehr gehört. Die vergangenen Monate hatte er sich in Arbeit vergraben. So produktiv war er schon lange nicht mehr gewesen. Nur die Feiertage würde er so nicht überstehen. Seine Firma verordnete zwischen den Jahren stets Betriebsferien. Blieb ihm nur die Flucht nach vorn. Kanaren, Thailand, Dubai. Fickferien in der Dom. Rep. Optionen gab es genug. Er fand auf Airbnb ein kleines Haus in Schweden, das für sich als EcoSpa warb. Auf den Bildern war unschwer eine große Badewanne in einer sonst eher rustikal eingerichteten Hütte, ein See mit Steg und viel Wald zu erkennen. Er würde Zeit haben zum Lesen und Eisangeln. Ehrlich gesagt hatte er keine Ahnung, wie viel Einsamkeit er aushalten würde, falls es keinen ordentlichen Internetempfang gab. Der Flug nach Stockholm war kurz. Von dort fuhr er noch ein gutes Stück weiter Richtung Norden, wo Frederik mit dem Hausschlüssel auf ihn warten sollte. Der texte ihm jedoch gleich nach der Landung, dass er heute leider keine Zeit habe. Wahrscheinlich musste 10
er Elche jagen, so verwegen, wie er auf seinem Profilbild aussah. Dafür würde Lisa ihn empfangen. Es war ihm selbst peinlich, dass vor seinem inneren Auge sofort eine schlanke Blondine im Bikini auftauchte. Vielleicht würde sie ihn aber auch nackt in Daunenmantel und Pelzstiefeln empfangen. Schließlich war Winter. Er grinste. Irgendwie fing es gut an. Das spürte er. Als er jedoch versuchte sich zu erinnern, wann er das letzte Mal richtigen Sex gehabt hatte, verging ihm das Lachen wieder. Sein Navi führte ihn zielsicher zu der Adresse, unter der er Lisa finden sollte. Eine dunkelhaarige Matrone fortgeschrittenen Alters öffnete ihm, bat ihn ins Haus und redete freundlich auf ihn ein. Oma sprach ausschließlich Schwedisch. Er nicht. Dann rief sie laut die erlösenden Worte Richtung Obergeschoss: „Lisa komm!“. Lisa kam und war von Kopf bis Fuß ein schwedischer Männertraum. Sie grüßte lässig mit Küsschen links und rechts, brachte ihn zur Hütte, schloss auf und erklärte kurz die Annehmlichkeiten der Unterkunft. Dann verschwand sie in der Dunkelheit und ließ ihn mit der großen Badewanne und seinen Fantasien allein. Warum nur war Frederik nicht zur Schlüsselübergabe vor Ort gewesen, er würde vielleicht von Elchen träumen. Das Leben war grausam. Am Ende half nur der Sprung in den kalten See, um den Kopf wieder frei zu kriegen. ♥
Séparée No. 19
Fotos: © Jozef Jankola – Fotolia.com
EISKALT ERWISCHT
Gents. Club
Eisblume Der Cockpin von Rosebuds schmückt die Eichel mit einem echten Swarowski-Kristall und einem Stern. Das dürfte Frauenherzen schmelzen lassen. Lässt sich mit Gleitmittel schmerzlos in die Harnröhre einfügen und beschert ihm ganz neue Höhepunkte. Star Pin Cockpin von Rosebuds, 79 Euro; www.frauenfreude.com
Abkühlung Überraschen Sie die Freundinnenrunde zu Silvester doch mal mit einem Eis am neckischen Penis-Stiel. Da wird einem sogar beim Eisschlecken ganz heiß. Nicht geeignet für Kindergeburtstage!
Heißes Liebesbad
Eis-am-Stiel-Zubereiter „Willy Ice Pop Mold“, ca. 10 Euro; www.orion.de
Wer gern in der warmen Wanne sinnlich entspannen möchte, sollte die schäumenden Salzkristalle aus dem Toten Meer ins Badewasser streuen. Duftet herrlich nach Ferne für all jene, die sich im Winter gern in den Süden träumen. Shunga Badesalz Aphrodisia, 600 g, ca. 25 Euro; www.shunga.com
Schwarze Fantasie Die dehnbare Latexhülle umspannt den Penis wie eine zweite Haut und vermittelt ihm beim Sex ein aufregendes Gefühl von warm und kalt. Sieht außerdem extrem sexy aus! Penishülle „Black Sleeve“ aus Latex, 22 cm, Ø 5–6 cm, ca. 30 Euro; www.orion.de
Wehwehchen Liebeskummer heilt die Zeit oder eine neue Frau. Für kleinere Verletzungen hat sich das pjur med AFTER SHAVE bewährt. Das Spray brennt nicht, beruhigt die beanspruchten Hautpartien im Intimbereich mittels Provitamin B5 und pflegt die Haut durch den Zusatz von Aloe Vera. pjur med AFTER SHAVE, 100 ml, ca. 13 Euro; www.shop.pjurlove.com
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Problem.zone
Männer sind zarter, als frau denkt WAS SEX ANGEHT, HAB ICH MEIN LEBEN GELEBT. Ich kann jetzt echt die Füße hochlegen, Eier im Glas essen und mir Serien reinziehen. Oder ich kann was studieren, Kochkurse machen oder lernen, wie man ein Auto repariert. Aber will ich das? Eigentlich will ich lieber mein Auto verkaufen und noch ein bisschen Sex kriegen. Gleich von dem Autohändler. Andererseits weiß ich so genau, wie das wäre mit mir und dem Autohändler, ich gähne schon, wenn ich nur daran denke, und ich würde mich wahrscheinlich sehr zusammenreißen müssen, um währenddessen nicht zu gähnen. Meine Sexphantasien sind alle erfüllt beziehungsweise übererfüllt. Gibt es da wirklich nichts mehr, was ich noch nicht gemacht hab? Bin ich durch mit Sex? Das ist sehr, sehr schade. Zumal nichts in meinem Leben so lustig war wie Sex. Und während ich so den Sündenpfuhl in meinem Schlafzimmer mit rosa geblümter Bettwäsche (sieht ja 12
keiner mehr) beziehe, durchforste ich mein Hirn nach einem Vorwand, es nochmal tun zu dürfen. Nichts. Ich entstaube die Hausbar, miste meine Klamotten aus. Nichts. Ich schrubbe den Mülleimer und putze das Bad. Nichts. Um fünf ruft Richard an, wo ich denn bleibe, wir wollten doch zusammen Kaffee trinken und Kuchen essen wie ein altes Ehepaar. Mist, das hatte ich vergessen. Andererseits will Richard nach dem Kuchen immer Sex, und wo ich jetzt keinen Sex mehr mache, muss ich mir auch nicht unnötig Kalorien reinziehen, die dann nicht weggevögelt werden. Vielleicht ist das ja der Trick? Heureka! Sex statt Sport! Alte Frauen wie ich brauchen regelmäßig Sport. Aber ich hasse Sport. Ich liebe jedoch Sex. „Bin gleich da!“, rufe ich ins Telefon und mache mich auf den Weg zu Richard. Der ist netterweise schon nackt, als ich reinkomme, sagt, er hat die Tagesordnung geändert, Kuchen gibt’s hinterher. Mir ist das recht.
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Foto: Erika Lust Films
Text: Beate Kruse
Problem.zone
Unterwegs hab ich mir ein Bauch-Beine-Po-Programm überlegt. Ich muss oben sein, das ist schon mal klar, und wenn ich die Füße aufstelle, während ich mir seinen Schwanz einverleibe, statt mich bloß über Richard zu knien, ist das ein wunderbares Beintraining. Schon nach kürzester Zeit tut es mörderisch weh, aber ich halte durch. Krafttraining wird im Kopf entschieden. Nach einer Weile merke ich, dass Richard sich nicht bewegt, sondern böse zu mir hochguckt. „Was machst du da?“, fragt er. „Sex“, antworte ich. „Meinst du, ich könnte mitmachen, wo mein Penis nun schon mal in deiner Vagina steckt, oder willst du lieber allein?“ Oh, er hat was gemerkt. Und weil meine Oberschenkel sowieso schon so sehr brennen, dass gar nichts mehr geht, breche ich das Training ab, wische mir mit dem Handtuch, das ich dabeihab, den Schweiß von der Stirn und nehme einen Schluck von dem Eiweißshake, den ich neben dem Bett abgestellt habe. „Du hast dich verändert“, sagt Richard, „und ich meine nicht nur diese Schweißbänder an deiner Stirn und deinen Handgelenken, du bist gar nicht sexy heute.“ Ich falle in mich zusammen. „Ich bin alt“, jammere ich. „Ich hab alles schon gemacht, jetzt sind die jungen Leute dran mit Sex, ich bin raus.“ Es fehlt nicht viel, und ich weine. „Quatsch nicht“, Richard (kann der Judo???) hat mich auf den Rücken geworfen und hält mich im Schwitzkasten. Ich strampele vergeblich mit den Beinen. Mein Schweißband ist verrutscht und hängt mir über den Augen. Aber Richard denkt gar nicht daran, es mir zu richten. Er zieht die Schublade mit dem Sexualwerkzeug auf, ich höre Handschellen klappern. „Kenne ich schon. Haben wir alles schon gemacht“, jammere ich. „Komm, lass uns Kuchen essen.“ Aber Richard lässt nicht locker. „Weißt du, Baby“, sagt er mir ins Ohr, „du bist ja süß, aber du bist auch etwas grobmotorisch, mit dir ist es immer, als würde man einen Kerl ficken.“ Ich strampele mich frei und hocke mich kampfbereit vor ihn. „Spinnst du? Wie meinst du denn das?“ „Na ja, viel Quantität, wenig Qualität. Außer einer Fotze solltest du eigentlich auch ein Herz haben. Merke ich nur nix von. Sex mit Herz. Klingt zwar nach Tierschutzbund, ist aber das neue große Ding. Ich schätze, daran hast du die nächsten paar Jahre zu üben, wenn du dich dazu entschließen kannst. Hinlegen! Alles nochmal von vorn! Aber jetzt mit Herz.“ „Klingt wie: Sechs, setzen.“ „Ja, irgendwie schon. Und jetzt fangen wir nochmal ganz von vorn an. Bist du bereit?“ Ich will protestieren, dass er es doch war, der mir beigebracht hat, Sex ohne Augenkontakt zu machen und nicht von Liebe zu faseln, sondern zu sagen: Du machst mich heiß, Baby. Aber er legt sanft eine Hand auf meinen Mund, dann streicht er mir das Haar aus der Stirn und fickt mich, meinen Blick in seinem haltend, in einem sanften Rhythmus ... Wellen, die an die Planken klatschen. Ich fühle den Wind an meiner Schläfe. Es ist wunderbar. „Ich liebe dich nämlich“, sagt Richard noch, und mir ist gar nicht nach Gähnen. ♥
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Meno. pause
Text: Stefanie Rinke
Küssen kann man nicht alleine, sondern man macht es zu zweit. Sowohl bei einem kleinen Küsschen als auch bei einem intensiven Zungenkuss brauchen wir einen Partner oder eine Partnerin. Vom Schmatzer bis zum Begrüßungsküsschen, vom Bruderkuss über den Abschiedskuss bis zum Hochzeitskuss, vom gehauchten Küsschen auf die Stirn über den Kuss auf den Mund bis hin zum Verschmelzen der Zungen, es gibt unendliche Kussvarianten. 14
Séparée No. 19
Foto: StockSnap – www.pixabay.com
HIMMLISCHE KÜSSE
Zungen. kuss
Beweglichkeit hier möglich ist. Wir fangen an, das Küssen immer weiter zu verfeinern, da wir mittlerweile nicht nur einen Jungen sondern schon mehrere geküsst haben. Wir üben uns im Küssen, bis es eine Intimform ist, die uns mehr anregen kann, als das Berühren unseres Geschlechts. Knisternde Erotik stellt sich ein. Wir werden wild beim Küssen, bekommen unglaubliche Lust, sind außer uns, wollen durch den Zungenkuss nur noch das eine, sofort, völlig hingabebereit. Das kann so weit gehen, dass sich durch das Spiel der Zungen, eine Intensität aufbaut, die als ein ekstatisches Gefühl beschrieben werden kann. Ja, dass von einem Kuss- oder Zungenkuss-Orgasmus gesprochen werden kann. Ungewöhnlich? Ja, durchaus denke ich, nichts, das alltäglich ist, nichts das jeder und jedem geschieht. Etwas das eine Suche voraussetzt, Übung braucht und Empathie für den anderen. Doch worüber es sich zu sprechen lohnt, denn es ist himmlisch.
KÜSSEN IST GESUND, ES STÄRKT DAS IMMUNSYSTEM. Wodurch es uns ein längeres Leben beschert. Energien werden über das Küssen ausgetauscht. Wir zeigen unserem Kusspartner unsere Liebe, wir trösten jemanden, der traurig ist, mit einem Kuss, wir machen deutlich, dass wir einander mögen. Küssen tun wir seitdem wir geboren sind, zunächst werden wir vor allem geküsst, dann teilen wir auch gerne selbst Küsse aus. Das geht bis zum Lebensende. Und im Laufe der Zeit verändert sich die Intensität beim Küssen. Als Kind sind es Bussis, als Teenager kommen dann die Zungenküsse hinzu, die wir besonders interessant finden, da sie uns die Welt des Sexes eröffnen, uns Grenzen überschreiten und das Unbekannte kennenlernen lassen. Wir nähern uns mit einem vorsichtigen Küsschen der Person an, in die wir unsterblich verknallt sind, dann berühren sich die Lippen das erste Mal, wir lernen die Zunge des anderen kennen und entdecken, welches reizende Spiel, welche
Séparée No. 19
Neulich während eines Tantra-Seminars sprach mich eine andere Teilnehmerin auf den Kussorgasmus an. Zugegeben, so etwas passiert einem nicht alle Nase lang. Im Rahmen einer solchen sowohl meditativen als auch körperlich und sexuell offenen Atmosphäre redet man allerdings untereinander schneller einmal über intime Themen. Zumindest dann, wenn es ein gut gestaltetes und geleitetes Seminar ist. Und ein solches war es. Ein Retreat auf dem Land. So kam ich mit Christina im Gemeinschaftsdamenbad des alten Gutshofs ins Gespräch. Ich musste an dem Tag zuvor in einem anderen Kontext schon einmal von der Möglichkeit des Kussorgasmus erzählt haben, denn Christina kam recht schnell zum Punkt. „Weißt Du“, sagte sie, „ich habe letzte Nacht geträumt, eine Art Kussekstase zu erfahren, verrückt oder?“ Dann machte sie eine bedeutsame Pause und fuhr fort, „Hast Du auch schon einmal so etwas erlebt, einen Orgasmus beim Küssen?“ Ich war überrascht, weil das Thema mich seit ein paar Wochen stärker beschäftigte, schließlich hatte ich in den letzten Monaten einige begabte Kusspartner gehabt. Und das war für mich etwas Besonderes, schließlich ist die Intensität beim Küssen nicht unbedingt ein Leben lang die gleiche, und es klappt auch nicht mit jedem Partner immer genauso gut. „Interessant, dass Du mich darauf ansprichst!“, nickte ich und fühlte mich geschmeichelt, „ja, tatsächlich, das habe ich in letzter Zeit oft erlebt“, gab ich zu. Während sie sich die nassen Haare trocken rubbelte und sich anfing einzucremen – es war üblich bei diesem Workshop, dass man sich recht freizügig voreinander zeigte, und das nicht nur körperlich – fragte sie: „Aha, aber wie machst Du das?“ „Gute Frage“, antwortete ich und musste kurz überlegen. Für mich war es in diesem Moment nicht so leicht, die richtigen Worte zu finden. Außerdem hatte ich darüber noch nie gesprochen. „Also, ganz grob gesagt, wahrscheinlich geht es so, dass ich mit den Lippen und mit der Zunge das mache, was Mann und Frau normalerweise mit den Genitalien tun“, grinste ich unsicher. Mein 15
Zungen. kuss
Gegenüber nickte interessiert, und ich fühlte mich aufgefordert, detaillierter zu werden. „Ich finde, Küssen ist sehr intim und gefühlsbetont. Man spürt den ganzen Menschen stärker als etwa beim eigentlichen Geschlechtsakt“, begann ich meine Erläuterungen. Ich hatte mir früher mal darüber Gedanken gemacht, dass beim Küssen zentrale Körperfunktionen für lebenswichtige Handlungen involviert sind. Wir nehmen unser Essen über den Mund auf, schmecken mit der Zunge, wir sprechen mit der Zunge. Auch der Atem fließt durch den Mund und über die Lippen. Die existentiellen Dimensionen des Lebens werden angesprochen. Beim Küssen stehen die Zungen in Kommunikation, als würden sie sprechen, nur nonverbal, wir schmecken den anderen, nehmen über Mund und Nase seinen Geruch unmittelbar auf. Manche gehen davon aus, dass hier zwischen zwei Menschen die höchste Intimität überhaupt stattfinden kann, dass wir uns voreinander beim Küssen offenbaren.
„ Wir wollen durch den Zungenkuss nur noch das eine, sofort! “
„Ja, das verstehe ich“, sagte Christina und riss mich aus meinen Gedanken, „doch wie wird hier nun die sagenumwobene Kraft der echten Kuss-Intensität erzeugt?“ Da ich gerade über den Kuss als Knotenpunkt der Energien nachgedacht hatte, knüpfte ich gleich hier an. „Vor dem Hintergrund, dass der Mund die Körperstelle von sehr hohem Austausch ist, geht es durch Übertragung. Beim Küssen öffnen wir uns einander für den Austausch der sexuellen Energien. Wenn ich jemanden intim küsse, also wenn es ein Zungenkuss ist und nicht nur ein herzliches Küsschen, dann denke ich an Sex. Wenn seine Zunge einmal liebevoll, dann besitzergreifend und fordernd in meinen Mund eindringt und sich dort bewegt, zärtlich kreist, auf meine Zunge wartet, sie dann wieder zurückschiebt, um meinen ganzen Mund einzunehmen, fokussiere ich mich völlig auf ihn. Absolute Konzentration. Ich folge dann seiner Zunge mit meinen Lippen und schließe meine Mundhöhle so fest um ihn, dass eine Sogwirkung entsteht. Meistens kommt es zu einem spielerischen Hin und Her. Irgendwann drückt er tiefer und kreist mit seiner Zunge, schiebt sie tiefer rein, reibt sich an meinem Saugen, irgendwann entsteht ein so großer Druck, dass ich einerseits im Mund Lust empfinde an allen beteiligten Schleimhäuten und dass ich mich andererseits gepackt fühle von ihm, dass er bestimmt und mich hat. Seine Zunge regiert. Der zweite Punkt ist der wichtigere. Ich denke, dass er es so mit mir macht, als würde er ‚mich nehmen‘. Und dann, ja dann spüre ich wie sich die angestauten Reibungen in Wellen der Lust überführen und ich eine Form von Ekstase oder einen Orgasmus genießen kann. Aber nur deshalb, weil ich es mir in diesem Moment auch gleichzeitig einbilde.“
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Während ich redete, kam ich mir vor wie eine Kriminalistin, die einem Lust-Verbrechen auf der Spur war. „Wow, das hört sich irre toll an. Wie übe ich das?“, wollte es Christina nun genau wissen. Ich dachte, also wie mache ich das jetzt bloß genau, und versuchte, mich langsam an die Details heranzutasten bzw. sie nochmals zu wiederholen. „Stell Dir vor, dass Du die zum Beispiel beim letzten Geschlechtsakt, also beim letzten Sex erfahrene Lust auf den Mund und die Zunge überträgst, dass Mundhöhle und Zunge miteinander sexuell spielen. Es findet erstmal im Kopf statt, eine gedankliche Übertragung von einem Ort auf den anderen, von Geschlecht auf Mund. Kopf-Kino sozusagen. Das Gehirn ist ja das größte Sexorgan.“ „Ob ich das hinkriege?“, fragte sie. Es war alles zu abstrakt. Also bemühte ich mich konkreter zu werden. „Denk beim Küssen einfach einmal an ein Spiel, bei dem sich Mund und Zunge näherkommen und sich dann wieder voneinander entfernen. Etwa wenn einer die Zunge des anderen jagt und verfolgt, wie beim Fangen-Spielen, sie nicht aus den Augen verlieren will, sie immer wieder aufspürt. Oder denk an zwei Ritter auf Pferden, die in einen Schwertkampf verwickelt sind, die Klingen prallen aufeinander, Angriff, hohe Energie wird hierbei freigesetzt. Wer wird siegen? Und was passiert im Anschluss? Was macht der Sieger? Was der Unterlegene? Welches neue Spiel wird hierauf folgen?“ Und dann fiel mir noch etwas auf der Ebene der Geschlechterrollen ein. „Denk auch daran, dass der Zungenkuss-Orgasmus schließlich beiden Geschlechtern offensteht. Denn Männlein wie Weiblein haben ja beide eine Zunge im Mund. Zumindest der Theorie nach kann sie ihn küssen, als sei sie der Mann, der die Zungenkuss-Attacke ausführt. Oder andersherum: Er schwelgt in dem Gefühl, von ihrer Zunge in Besitz genommen zu werden, sich ihr völlig hinzugeben. Rollentausch auf engstem Raum mit viel Gefühlspotential.“ Christina schaute und nickte. „Beim nächsten Mal denke ich daran, was Du gesagt hast, versprochen!“, sagte sie und zwinkerte mir zu, „das Beispiel mit den Rittern finde ich besonders einleuchtend“. Ich lächelte sie an und bemerkte, dass es sehr schön war, über so etwas Intimes mit einer anderen Frau zu sprechen. Mir fiel auf, dass ein solche Unterhaltung, wie ich sie gerade geführt hatte, etwas ungemein Bemerkenswertes ist. Schließlich hatte ich ihr eine doch sehr intime erotische Technik preisgegeben, über die ich selbst auch noch nicht so genau nachgedacht und von der ich bisher immer angenommen hatte, dass alle Frauen es wohl so oder ähnlich machten, dass es doch sicherlich so von den meisten Frauen erlebt und praktiziert würde. Weit gefehlt, merkte ich jetzt. Nichts in Sachen Erotik und Lust ist selbstverständlich. Grund genug, mehr über den Zungenkuss-Orgasmus in Erfahrung zu bringen und sich über die Techniken auszutauschen, die die oralen Gefilde der körperlichen Lust noch weiter beflügeln. Letztendlich ist es ein Gebiet der Übung und der Aufmerksamkeit, und hier lernt man niemals aus. ♥
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In. Serie
Die Libidofrau trifft Voldemort
Foto: Fernando Botero, Woman Stapling Her Bra, 1976
Text: Mia Schwinge NEULICH HABE ICH ETWAS Schockierendes über Frau Libido herausgefunden. Ich habe mich so geschämt, und wer hätte gedacht, dass sie das noch einmal schafft, denn mittlerweile bin ich ganz schön leidgeprüft und schäme mich nicht mehr so schnell für sie. Doch vor ein paar Tagen waren wir auf einer Demo für Solidarität und gegen Ausgrenzung – Libido schwang fröhlich ein Banner mit „Mehr Platz für Libidos!“ – als ich mir den Rücken verknackste. Das war aber noch nicht das schlimme Ereignis. Erstmal war es sogar ein unglaublich befriedigendes Ereignis, weil der hübsche muskulöse Physiotherapeut, zu dem wir mussten, uns mit seinen starken Händen richtig kräftig massierte, uns in alle Richtungen verbog und Libido und mich relativ willenlos machte, wie wir da so lagen, mit den Gesichtern grinsend in diesem Loch in der Liege. Wir unterhielten uns mit ihm, die erste Stunde lang, die zweite Stunde lang und auch in der dritten Stunde. Was für ein netter, anziehender und freundlicher Mann. Und diese Hände ... „Wollen wir uns auf Facebook befreunden?“, fragte er mich und ich plumpste plötzlich, zusammen mit der dicken Libido, aus meiner Fantasieblase heraus und war etwas schockiert. „Warum eigentlich nicht“, grinste ich mit Liegestriemen auf dem Gesicht und scheinbar auch im Kopf. Zu Hause beantwortete ich seine Freundschaftsanfrage. Und da waren sie: eindeutige eines Babybären war der dunklen Seite zuSymbole einer sehr fragwürdigen politi- getan. Wie ich es auch drehte und wendete, schen Vereinigung. Man könnte sagen, ich konnte nicht mit so jemandem befreunmein Physiotherapeut war, jedenfalls aus det sein! meiner Sicht, ein Fan der Sith oder der Libido sah das ganz anders. Denn Libido Todesser. „Neeeeeeeiiiiiiin!“, schrie ich scho- ist schockierend unpolitisch. Sie ist diejenickiert. Das kann nicht wahr sein. Das muss ge, die nie zur Wahl gehen würde und die etwas anderes bedeuten. zu allem Politischen nur mit den Schultern Wie sich herausstellte, bedeutete es genau zuckt. „Geile-Sau-Gesichtsausdruck“ zählt das, was ich befürchtet hatte. Mein Physio- bei ihr mehr als die politische Einstellung therapeut mit den warmen Augen, den und das finde ich so dermaßen abstoßend! schönen Händen und der Ausstrahlung „Schäm dich!“, schimpfte ich mit ihr. Libido
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grinste dreckig und lackierte sich die Fußnägel für den nächsten Physio-Termin. „Das hilft doch gegen Ausgrenzung, meine Liebe. Sex für den Weltfrieden und das Verständnis untereinander, egal welcher Gesinnung. Am Ende wollen wir doch alle nur geliebt werden“, säuselte sie mir selbstsicher ins Ohr und verschwand. Ich bin immer noch schockiert von meiner Libido. Dagegen muss ich wirklich etwas tun, denke ich, während ich meinem Physiotherapeuten auf die sehnigen Unterarme schaue. ♥ 17
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BACKFEE Fotos: Yvonne Sophie Thöne / Model: Kikki Pineapple
Wie wunderbar, dass wir Frauen heutzutage alles sein können, was wir wollen. Auch eine verführerische Küchenfee. Ein fotografischer Spagat zwischen Klischee und Emanzipation.
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Hey Baby, alles klar? Text: Luna Laskowska
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Foto: © Danil Nikonov – Fotolia.com
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NACHDEM ICH NUN ZWEI JAHRE ALLEIN LEBE und mich wieder einmal wahnsinnig über die Taten meines Ex echauffiert habe, rät mir meine Freundin: „Melde dich doch mal bei einem dieser Partnerportale an. Das lenkt ab. Bei so einer schönen Frau wie dir wird es ständig KLICK machen. Du wirst schon sehen.“ Nun ja, will ich mich ablenken? Einen Versuch ist es allemal wert. Danach bin ich schlauer. Immerhin lebt Nicole jetzt glücklich im verflixten 7. Jahr mit ihrem Ehemann, den sie über Lovescout kennengelernt hat. Ich versuche mein Glück bei den kostenlosen Portalen. Eine entfernte Bekannte erzählte, dass sie ihren Schatz auf LABLUE kennengelernt habe. Also los. Profil ist schnell erstellt, Foto hochgeladen und oh je, ich werde mit Anfragen bombardiert, als hätten knapp 100(!) Männer darauf gewartet, mit mir ins Bett zu steigen: „Hey Baby, alles klar?“ Da nützt es wohl auch nichts, wenn das laut Profil jemand mit Hochschulbildung schreibt. Viel mehr als Alter, Sternzeichen, Maße und Wohnort gibt es nicht zu wissen. Meldest du dich nicht innerhalb von Minuten auf diese „niveauvolle“ Ansprache, wird das „Gespräch“ von der Gegenseite gelöscht. Zack, die Nächste. So eine schnelle Fleischbeschau ist mir noch nicht untergekommen. Das ist eine virtuelle Parallelwelt. Sogar Männer aus meinem 1000-Seelendorf suchen hier eine Bettgenossin. Fazit: Viele unwahre Angaben, gefakte Profile, verheiratete Männer suchen ihren Spaß als Singles. Wenn du nymphomanische Tendenzen hast, wirst du sicher ganz schnell bei den vielen Fickbettlern fündig, denen das Geld fürs Bordell wohl zu schade ist. Ähnlich ergeht es mir bei C-Date, obwohl hier einige gehaltvollere Gespräche zustande kommen. Und aus einer fröhlichen Laune heraus verabrede ich mich in einer Woche nacheinander mit fünf Herren. Bei Tageslicht zum Brunch natürlich, wer will schon Risiko mit unbekannten Männern! Drei davon wollen Abwechslung von ihrem schnöden Ehealltag mit kranken und unreflektierten Frauen, sind aber so schüchtern, dass ich mich frage, wie sie sich jemals einer Frau annähern konnten. Wenn schon Affäre, dann doch bitte eine ausgiebig eroberte!!! Ein weiterer Kandidat hat sich mal eben fünf Jahre jünger gemacht und sieht zehn Jahre älter aus. Hatte ich da nicht was von „gut in Form“ als Kriterium geschrieben?! Aber auch dieser Professor (und das ist er tatsächlich) will wieder nur mit mir ins Bett. Ich gehe einfach und bin sofort abgehakt. Was ist in dieser Welt nur los? Klar liebe ich Sex, aber eine niveauvolle Annäherung ist doch die Ouvertüre einer Beziehung?! Zumindest für mich. Der letzte in der Runde trinkt während des Dates so viel Alkohol, dass er allein deshalb ausscheidet. Obwohl er zehn Jahre jünger und sehr attraktiv ist. Außerdem hat ihn gerade die Freundin verlassen, und ich verstehe nur zu gut, warum. Eine Freundin empfiehlt mir „Jaii!“ Hier fühle ich mich angekommen. Jaii! ist eine Single- & Info-Community, um authentische Menschen zu finden, die jenseits des Mainstream leben, zum Flirten oder Quatschen, zum Austauschen oder Treffen. Soweit das freudige Versprechen des Anbieters. Die Profile sind dementsprechend sehr ausführlich und geben einen guten Einblick in das Leben der Suchenden. Die Kontakte ergeben sich meist, wenn ich online bin, da es sehr viele Karteileichen gibt, die sich vor ewiger Zeit registriert
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und wohl nicht abgemeldet haben. In einem öffentlichen und einem privaten Chat kann man Gleichgesinnte um Kontakt bitten. Meinen schönsten Chat habe ich mit einem 70-jährigen „Rebell“, der sich in mein Profilbild verguckt hat. Er schickt mir niveauvolle Lieder und zu seinem Profil würde ich ohne Ausnahme JA sagen, eben bis auf das Alter. Ich hab schon einen Vater. Bei Jaii! sind Männer auf meiner Wellenlänge, wenn auch wenige. Es gibt Austausch zu privaten und beruflichen Themen, und hier finden sich auch „Spirituelle“ mit mehr oder weniger Bodenhaftung. Um das herauszufinden, habe ich mich mit Martin recht bald und ganz real zum Salsatanzen verabredet. OK, er ist älter als ich es wollte und auf den ersten Blick nicht mein Traumtyp, aber ich will einfach offen sein. Die Ansichten stimmen, ähnliches Denken, viel Lachen, tiefgründiger Austausch über Gott und die Welt nur ... ja, ein netter Freund könnte das werden, aber die erotische Anziehung ist gleich null. Was soll`s. Er vermittelt mir einen sehr wertvollen beruflichen Kontakt, und ich verabschiede mich mit dem glücklichen Gefühl, dass es doch noch gleichgesinnte Männer gibt. Jetzt sollten diese aber bitte noch in mein Beuteschema passen.
„Verheiratete Männer suchen ihren Spaß als Singles. “ Und dann ist da noch „Husky“. Wow, tolles Foto, tolle Beschreibung. Wir sind schnell telefonisch in Kontakt und das über zwei Monate täglich mehrere Stunden, d. h. besser nächtlich. Mehr scheint nicht drin bei 800 km Entfernung. Dann das heißersehnte Treffen, einmal, zweimal, dreimal. Ich bin voll verknallt und es passt alles, nur der Herr zieht sich plötzlich zurück. Typischer Fall von Bindungsangst. Ich schraube meine Erwartungen zurück. Inzwischen sind wir Freunde, telefonieren hin und wieder, und wenn er mal zu mir kommt, gibt es immer etwas zu reparieren. Manchmal glaube ich, dass Männer gern in Fantasien leben. Wenn die Erfüllung ihrer Träume dann aber vor ihnen steht – ganz real, aber mit eigenen Erwartungen und Bedürfnissen, kuscheln sie sich in ihre gewohnte Sicherheit oder Freiheit zurück. Manchmal auch in Co-Abhängigkeit, aber das wäre ein anderes Thema. In der Bioladenzeitschrift entdecke ich Werbung für „No-longerSingle“ und erstelle mein Profil. Diese Plattform richtet sich hauptsächlich an Personen, die sich für Themen wie Nachhaltigkeit, Natur und Gesundheit interessieren. Voll mein Ding. Auch hier finden sich viele Karteileichen. Aber ich habe zwei Männer gefunden, die zwar wieder älter sind als erwartet, aber nun zu meinem Bekanntenund Freundeskreis zählen. Mein Fazit und Rat: Versucht euch in niveauvollen Portalen, verabredet euch und genießt die Zeit. Aber lebt euer Leben glücklich weiter und verlasst nie eure Pfade, einzig um nicht mehr Single zu sein. ♥
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Auf der Achterbahn Wenn Pubertät auf Wechseljahre trifft Wenn Frauen mit Mitte oder Ende Dreißig Kinder kriegen, treffen in ihren Vierzigern die Flegeljahre der Sprösslinge auf Hitzewallungen, Gemütsschwankungen und Gefühlschaos. Die folgenden Tipps können helfen, diese Zeit des Lebens gut zu bewältigen
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Foto: 1041483 – www.pixabay.com
Text: Aurelia Glück
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ERST KARRIERE, DIE WELT BEREISEN, dann Familie. Jede vierte Frau in Deutschland entscheidet sich für diese Reihenfolge. Eine reife Mutter ist ruhiger, hat mehr erlebt und vieles erreicht und bekommt ein Kind, weil sie sich bewusst dafür entschieden hat. Sie braucht nicht mehr jedes Wochenende Partys und kann sich voll auf ihre Aufgabe als Mutter einlassen. Es hat natürlich auch Nachteile. Abgesehen von gesundheitlichen Risiken sind Spätgebärende nicht so belastbar und spontan wie junge Mütter und fühlen sich möglicherweise dem Chaos der Jugend nicht mehr in gleichem Maße gewachsen wie ihre jüngeren Pendants. Trifft die erste auf die zweite Pubertät, ist das eine nervenaufreibende Mischung. Das eigene Leben geht in den Spätsommer über, parallel dazu läuft beim Nachwuchs das Programm Frühlingserwachen. Das Kind steht am Anfang aller Möglichkeiten, während es für die
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Verwirklichung der ein oder anderen Sehnsucht der Mütter inzwischen zu spät ist. Mütter und Kinder stecken in derselben Hormon-Krise. Sowohl Frauen in den Wechseljahren als auch Pubertierende verstehen sich selbst nicht mehr und leiden unter ihren Ansprüchen an sich selbst. Es ist eine Zeit des Fragens nach dem eigenen Weg. Verunsicherung ist an der Tagesordnung. Wer bin ich? Was macht mich aus? Rollen und Vorstellungen werden hinterfragt. Auf der einen Seite steht die Erleichterung, auf Verhütungsmittel verzichten zu können und von der Monatsblutung befreit zu sein. Aber es ist ein großer Einschnitt im Leben einer Frau, keine Kinder mehr bekommen zu können. Frauen in der Menopause befürchten oft, dick zu werden und ihre Attraktivität zu verlieren, das Haar ergraut, die einst straffe Haut zeigt erste Alterserscheinungen. Und während Mama ob der gesellschaftlichen Rolle der alternden Frau plötzlich Heulattacken kriegt, zieht der Teenager sich von der mütterlichen Fürsorge zunehmend zurück und stellt die eigene erotische Ausstrahlung tatkräftig unter Beweis. Die innerfamiliäre Neudefinition von Rollenverständnissen, die aufkeimende Sexualität der Einen und die in Frage Stehende der Anderen mischen im Cocktail des Gefühlschaos kräftig mit. Die Zeit der Eltern als wichtigste Bezugspersonen ist passé und die Ära uneingeschränkter Liebe, Bewunderung, Freundlichkeit, Spaß und gemeinsam verbrachter Freizeit ist vorbei. Zwei Abschiede müssen gleichzeitig verarbeitet werden. Es geschieht schlicht parallel. Blödes Timing. Nicht selten hängt in der Folge der Haussegen schief. Diskussionen um Ordnung, Sauberkeit und Pünktlichkeit bilden ein tägliches Schlachtfeld voller Minen. Struktur trifft auf Chaos. Kräftezehrend sind missglückte Gespräche, Tränenausbrüche und das Wechselbad zwischen Machtkämpfen und Sorgen. Der Arzt verschreibt Antidepressiva, der Gynäkologe Hormone gegen die Identitätsproblematik der eigenen Vergänglichkeit. Dabei müssen die Wechseljahre trotz Blasenschwäche und Scheidentrockenheit kein Abschied von der Weiblichkeit sein. Wichtig wäre es, trotz aller Erschöpfung, die Hitzewallungen, Schlafprobleme und Gefühlsschwankungen mit sich bringen, gut für sich zu sorgen und sich zu pflegen. Frauen, die mit sich im Reinen sind, kommen besser durch diese Zeit. Die Kinder brauchen uns nicht mehr in der altbekannten Form. Pubertierende sind dennoch dann und wann dankbar für eine erfahrene, kluge Ratgeberin an ihrer Seite. Also warum nicht eine weise Mutterrolle übernehmen? In jedem Falle ist es ratsam, sich frühzeitig ein nährendes Umfeld aufzubauen, das durch die Wechseljahre trägt und die Beschwerden in den Hintergrund rücken lässt, um den Rückzug des Kindes aus dem Familienleben ins pubertäre Schneckenhaus zu überstehen. Pubertierende suchen nach innerem Halt durch Ablösung vom Elternhaus. Das erfordert Gelassenheit von den Eltern. Eine agile, dem Leben zugewandte Mutter muss der erwachenden Sexualität ihres Kindes nicht wie Madonna oder Demi 31
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Moore begegnen und ihren Teenager in die Disco begleiten, um ihre Attraktivität zu erhalten. Die zurückgezogene, sanfte Mutter könnte im Fitness Studio trainieren und sich ein Hobby zulegen, um ihrer Traurigkeit zu begegnen. Für sie wäre es besonders wichtig, der Schwermutsfalle zu entgehen. Erwachsenwerden ist nicht leicht. In teils drastisch erlebter Einsamkeit, dem Gefühl nicht verstanden zu werden, bar jeder Kontrolle über die eigenen Gefühle und ohne Gewissheit darüber, wer man ist, werden sämtliche Nervenverbindungen im Gehirn neu verschaltet. Da wundert es nicht, wenn Teenager in der Pubertät ein Stück weit ihre Fähigkeit einbüßen, die Gefühle anderer Menschen einzuschätzen. Wenn bisweilen schonungslose Äußerungen in gnadenlose Kritiksucht münden, muss eine Mutter dem standhalten können, ohne innerlich einzubrechen. Das Arsenal verbaler Kampfmittel sollte im eigenen Interesse überhört werden, egal wie dünn die Haut ist. Denn letztlich steckt in jeder verletzenden Äußerung auch ein Impuls zu Weiterentwicklung und zeigt ein waches Interesse der Teenager an den Eltern. Wenn zwei Generationen unter Hormonbeschuss zu verstärkten Ausbrüchen neigen, ist für Zündstoff in der Beziehung ausreichend gesorgt. Das Ringen um innere Stabilität lohnt sich. Pubertät und Wechseljahre sind ein tiefer Einschnitt in der hormonellen Entwicklung einer Frau. Der Körper der reifen Frau versucht, den sinkenden Östrogenpegel auszugleichen. Es kommt zu Gewichtsproblemen, Veränderungen von Haut und Haaren, nächtliche Schweißausbrüche, Schlaflosigkeit, Hitzewallungen und Blasenschwäche. Müdigkeit, Erschöpfung, Stimmungsschwankungen, depressive Verstimmungen und Reizbarkeit können zwar auch dem allgemeinen Alterungsprozess zugeschrieben werden, doch besonders die Geschlechtshormone können Frauen das Leben schwer machen. Schwankende Östrogen- und Progesteronspiegel sind Treibstoff für erhöhte Stressempfindlichkeit. Das ist in der Pubertät und den Wechseljahren gleichermaßen der Fall. Während in der Pubertät das Östrogen steigt, sinkt es in der Menopause. Zeitgleich steigt das männliche Geschlechtshormon Testosteron und macht angriffslustiger und launischer. Oxytocin, das „Beziehungs- und Fürsorgehormon“, verantwortlich für stundenlange Telefonate mit der besten Freundin in der Pubertät, nimmt in den Wechseljahren ab. Das erklärt die ungewohnte Streitlust und macht Frauen scheidungsfreudiger.
BIN ICH IN DEN WECHSELJAHREN? Zwischen 40 und 45 Jahren zeigen sich bei den meisten Frauen erste Symptome und Anzeichen der Wechseljahre. Die Umstellung von der fruchtbaren zur nicht fruchtbaren Lebensphase dauert im Schnitt rund zehn Jahre. Meist sind die ersten Anzeichen unspezifisch. Mehrere Blutbilder können Aufschluss geben. ♥ Erste Anzeichen sind Zyklusunregelmäßigkeiten durch Schwankungen des Östrogenhaushalts. Die Menopause ist erst vollzogen, wenn die Monatsblutung ein Jahr lang ausgeblieben ist. 32
♥ Hitzewallungen treten zu Beginn der Wechseljahre am stärksten auf, danach nehmen sie langsam ab. Im Schnitt dauert eine Hitzewallung drei Minuten. Schweißausbrüche können bis zu klatschnassen Haaren und durchnässter Wäsche reichen. ♥ Langanhaltende Spannung in der Brust wie zu Beginn der Menstruation. ♥ Stimmungsschwankungen wie Antriebsarmut gefolgt von Nervosität und innerer Unruhe werden oft auf Stress zurückgeführt, sind aber Begleiterscheinungen des Klimakteriums. ♥ Wechseljahresbedingtes Herzrasen ist beunruhigend, aber absolut ungefährlich. ♥ Besonders unangenehm: Nachtschweißattacken mit anschließendem Frösteln, die ein Weiterschlafen unmöglich machen. Wiederholt auftretende Schlafstörungen können zu Erschöpfung, Tagesmüdigkeit bis hin zu Depressionen führen.
10 TIPPS FÜR DIE WECHSELJAHRE ♥ Ernährt euch ausgewogen und treibt täglich Sport. Schwimmen, Radfahren, Hormonyoga und Walking wirken Übergewicht entgegen und kräftigen das Bindegewebe. Das Herz-Kreislauf-System und die Muskulatur werden gestärkt. ♥ Achtet auf ausreichenden Schlaf. Das hält Körper und Seele zusammen, steigert das Wohlbefinden und lässt euer Gesicht strahlen. Baldrian kann helfen. ♥ Gewinnt dem neuen Lebensabschnitt etwas Positives ab. Genießt eure neu gewonnenen Freiräume. Verwöhnt euch selbst mit Entspannungsmassagen. ♥ Count your blessings. Honoriert eure Leistungen. Ihr habt Kinder geboren, sie aufgezogen, eine Familie versorgt und euch oft hinten angestellt. Jetzt dürfen die eigenen Bedürfnisse wieder mehr in den Vordergrund treten. ♥ Pflegt Freundschaften und nehmt euch Zeit für ein Hobby, das euch mit Gleichgesinnten und neuen Menschen in Kontakt bringt. ♥ Versucht, die Bedürfnisse der Kinder zu hören und ernst zu nehmen. Hinter messerscharfer Kritik verbirgt sich oft ein wahrer Kern, der zur eigenen Weiterentwicklung beitragen kann. ♥ Nehmt verbale Ausrutscher eurer Teenager nicht persönlich. Zeigt Toleranz und Gelassenheit! Es ist nur eine Phase. Langes Ausatmen kann helfen. ♥ Schenkt einander Auszeiten voneinander und achtet die Privatsphäre des anderen. ♥ Nehmt bei Bedarf medikamentöse Unterstützung in Anspruch. In Zeiten hormoneller Umstellung haben sich stimmungsregulierende Pulsatillaglobuli als wirksam erwiesen. Die Traubensilberkerze hat eine östrogenähnliche Wirkung, Mönchspfeffer ist ein bewährtes Mittel gegen Brustspannen und hormonfreie Befeuchtungsgele helfen unmittelbar gegen Scheidentrockenheit. ♥ Sucht bei Bedarf professionellen Rat von Psychologen, einem Coach oder der Wechseljahresberaterin und holt euch Unterstützung vom Gynäkologen eures Vertrauens. ♥
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Single. Blog
DER BEZIEHUNGSUNFÄHIGE
Foto: © alonesdj – Fotolia.com
Das Liebesleben in Berlin kann schillernd oder skurril, amüsant oder zum Verzweifeln sein. Una G. erzählt hier von ihren Abenteuern. LETZTES JAHR IM SPÄTSOMMER lernte ich ihn bei einer Vernissage kennen: Röhrenjeans, verwaschenes T-Shirt, große blaue Augen, graumelierter Kurzhaarschnitt. Ein in die Jahre gekommener Lausejunge. Er saß mit seinem Bier auf einem der tiefen Fensterbretter und ich hockte mich mit meinem unfehlbaren Händchen für Flitzpiepen und einem gewinnenden Lächeln neben ihn. Wir kamen schnell ins Gespräch und stellten fest, dass wir im gleichen Kiez wohnten und eine Menge ähnliche Interessen hatten. Wir gingen ungeküsst auseinander, aber die Neugier aufeinander nahmen wir mit. Beim zweiten Mal trafen wir uns im nachbarschaftlichen Park. Unbeholfen wie Teenager knutschten wir später in der Dunkelheit, aber ich wollte noch nicht aufgeben und nahm ihn trotzdem mit zu mir. Doch auch im Bett wich das seltsame Gefühl nicht, dass wir auf zwei ganz unterschiedlichen Wellen unterwegs waren. Er lieferte handfesten, technisch einwandfreien und auch für mich zielführenden Geschlechtsverkehr, aber ohne jegliche Sinnlichkeit. Ich fand mich ziemlich schnell damit ab, dass kein wirkliches Liebespaar aus uns werden würde. Aber Freunde wurden wir, plus Benefits so einmal die Woche. Sahen wir uns öfter, fühlte er sich schnell eingeengt.
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Kürzlich gingen wir zusammen auf Reisen, einer spontanen Idee folgend und auf rein freundschaftlicher Basis. Doch einmal unterwegs wurde es überraschend intim zwischen uns, mehr als je zuvor. Unser Umgang wurde täglich inniger, was wir beide unverhohlen genossen. Bald gingen wir auch tagsüber Hand in Hand und küssten uns, und auf dem Rückflug ließ er mich gar nicht mehr los. Er legte seinen Kopf auf meinen Schoß und umschlang meine Schenkel mit den Armen, als wolle er mich nie wieder loslassen. Kaum in Berlin gelandet, ließ er schlagartig von den inzwischen vertrauten Berührungen ab. Als hätte er einen Schalter umgelegt, ging er wieder auf Distanz und verabschiedete sich an unserer heimischen Kreuzung mit einem freundschaftlich keuschen Kuss. Ich wurde nicht schlau daraus. Als ich ein paar Tage später das Gespräch suchte, erklärte er mir, dass er schlichtweg beziehungsunfähig sei. Er konnte nur deshalb so eng mit mir sein, weil von vornherein klar war, dass unsere gemeinsame Zeit begrenzt war. Auf Dauer könne er das nicht. Er hätte es schon einmal verkackt und würde es wieder tun. Und unsere Freundschaft würde dabei auch draufgehen und das wolle er nicht. So ganz die alte ist unsere Freundschaft seitdem aber trotzdem nicht mehr. ♥ 33
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Nicolette Interview: Hannah Brandt
Das Verständnis, dass die Geschlechter nicht zwei Pole – weiblich und männlich – bilden, sondern eher ein Spektrum darstellen, hat sich in den letzten Jahren in der Wissenschaft durchgesetzt. Dazu kommt die soziale Konstruktion von Geschlecht. Wir haben mit Nicolette über ihren Weg vom Mann zur Frau gesprochen.
Séparée: Man kennt dich mittlerweile als Nicolette in den sozialen Medien. Geboren wurdest du als Junge. Wann wusstest du, dass du im „falschen“ Körper steckst? Nicolette: Ich glaube, dass Kinder in den ersten Lebensjahren gar nicht wissen, ob sie männlich oder weiblich sind, es spielt gar keine Rolle. So war es auch bei mir. Ich habe einfach „gelebt“ und keinerlei Zweifel an mir gehabt. Bis dann eines Tages der erste Erwachsene zu mir kam, um mir zu erklären, dass das, was ich mag, dass das, was ich bin, nicht angebracht für einen Jungen sei. Das war der Punkt, als ich glaubte, hier stimme etwas nicht. Und das Dilemma war geboren. Wie war dein Weg von dieser frühen Erkenntnis zu der schillernden Frau, die du heute bist? Den Leidensweg detailliert zu schildern, würde hier den Rahmen sprengen. Ich formuliere es kurz: Mein Körper war zerfressen von Traurigkeit, Wut und Selbstverachtung. Ich habe mich vor mir selbst geekelt. Und als nichts mehr half, lernte ich jemanden kennen, der mir sagte: „Du bist eine Frau, so schön, dass du es nicht begreifen kannst!“. Von da an nahm alles seinen Lauf. Was waren die größten Hürden? Und wie hat dein Umfeld reagiert? Mein Umfeld war verständnisvoll, genauso wie es überfordert war. Es hat Jahre gedauert um zu verstehen, was Transsexualität bedeutet und welche Auswirkungen sie mit sich bringt. Und selbst wenn
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heute vieles gelöst zu sein scheint, verstehen nur die wenigsten, was die Vergangenheit in mir angerichtet hat. Meine Unsicherheit wird bleiben, die bekomme ich nicht mehr aus mir heraus.
glauben und daran, dass alles glänzen und funkeln kann. Frauen haben es immer ein bisschen schwieriger, aber auch immer ein bisschen einfacher.
Was würdest du Eltern und Jugendlichen raten, die sich in einer ähnlichen Situation befinden? An alle Eltern: Sucht euch Hilfe. Festzustellen, dass der eigene Körper nicht der richtige ist, ist für euer Kind eine Höllenqual. Helft ihm, sich daraus zu befreien und fürchtet euch nicht, nach Rat zu fragen! Es ist völlig okay. An alle Kinder: Ab jetzt wird alles gut. Versprochen!
Hast du eigentlich auch Problemzonen? Ich habe ein Bindegewebe wie ein Becher Tiramisu – viel zu locker und bei Hitze quillt es. Meine Haut ist dicker als die von Benjamin Blümchen, und ich habe auf jeder Seite mindestens vier Knie. Ansonsten bin ich ein Traum.
Was macht Frausein für dich aus? Was weiblich ist, entscheidet jeder für sich selber. Aber wenn mich eine Sache fasziniert, dann ist es die Tatsache, dass kein Geschlecht auf dieser Welt so großes Potential hat, Liebe und Fürsorge zu verbreiten wie Frauen. Frausein bedeutet für mich, an Liebe zu 36
Dürfen wir etwas intimer werden? Kann man eine Vulva mit allem Drum und Dran funktionsfähig konstruieren? Bei einer nachkonstruierten Scheide ist es immer davon abhängig, wie die körperlichen Voraussetzungen sind bzw. waren. Welcher Arzt hat operiert und noch wichtiger, mit welcher Methode. Ich bin in Frankfurt operiert worden – ein Desaster. Ich wurde verstümmelt und musste bei der Krankenkasse darum betteln, dass
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Foto: PR, privat
Trans. gender
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die Flickarbeiten bezahlt werden. Einige Jahre und viel verlorenes Blut später kann ich sagen, dass ich sehr zufrieden bin mit meinem Unterleib, und bislang hat sich noch niemand über den Zustand beschwert. Ich würde es immer wieder tun, aber nicht mehr in Deutschland. Hattest du eigentlich jemals Sex als Mann? Wie erlebst du Sex jetzt als Frau und wie haben Hormone dein sexuelles / sinnliches / erotisches Empfinden verändert? Ich hatte im männlichen Körper nie Sex, weil ich diesen Zustand missachtet habe. Ob sich mein sexuelles Verhalten durch den Wandel verändert hat, kann ich nicht genau sagen. Es ist allerdings so, dass ich Sex sehr gut von Gefühlen separieren kann. Ich bin die ausgezeichnete Affäre. Das ist gar kein Problem. Ich verliebe mich nur sehr schwer. Es braucht viel, um mich zu faszinieren. Was macht dich glücklich? Ich bin unsagbar froh darüber, dass ich in Dankbarkeit leben kann. Ich sehe die kleinen Wunder, sehe, dass ich im Überfluss lebe, dass ich mehr besitze, als ich brauche und mir wünsche. Ich habe alle Menschen um mich, die ich liebe, und jeder ist gesund. Ich werde geliebt und das Wichtigste: Ich kann auch lieben!
hätte mich sehr darüber gefreut, wenn das Thema in Hollywood mehr in den Vordergrund gerückt worden wäre, ich sehe hier nicht den Punkt der Kritik. Auf Instagram und Youtube hast du eine große Fangemeinde. Wie wird man zum Social-Media-Star? Überlege dir ganz genau vorher, wer du bist und wen du vor der Kamera zeigen möchtest. Bleib diesem Konzept treu und beachte: Follower sind nicht doof und sehen alles. Verstehe das Prinzip, dass es nur das Internet ist. Es hat nichts mit der Realität zu tun. Möchtest du es nur fürs Geld tun? Vergiss es! Du musst für dich selber brennen, nicht für Cash! Du bist auch Markenbotschafterin von Orion. Was macht für dich guten Sex aus? Zwei Menschen (oder auch gerne mehr), die physisch aufeinander abgestimmt sind und eine große Portion Anziehungskraft haben. Das Gefühl, sich gehen lassen zu können, schamlos und ungehemmt zu sein. Wenn die beiden sich auch noch gern haben, dann ist die Sache mit dem Ficken perfekt abgerundet. Was ist dein Lebensmotto? Fake it till you make it! ♥
Erlebst du Diskriminierung? Man hört ja immer wieder, dass Männer, die das Geschlecht gewechselt haben, z.B. in der Wirtschaft nicht mehr in gleichem Maße Beachtung finden und vom Old-Boys-Network ausgeschlossen werden. Wie ist das als Transfrau? Erlebst du da Anfeindungen? Als ich mein Geschlecht wechselte, bin ich weder im Berufsleben noch in der Wirtschaft integriert gewesen. Deswegen kann ich das nicht konkret vergleichen. Es gibt Situationen im Alltag, wenn auch nicht sehr oft, da fühlt es sich schon so an, als würde man mich als extravagante Frau gerne belächeln. Allerding wiege ich es mit all den Vorteilen ab, die ich habe und die ich mir selber zu Nutzen mache. Traurig machte mich der Moment, als ich in einem Unternehmen um eine Gehaltserhöhung bat und man mir sagte, als attraktive Frau solle ich mir doch lieber einen wohlhabenden Mann suchen, als mich krumm zu ackern. Einer der Momente, in denen es mir schwer viel, mich über meine Kurven zu freuen. Eine Schande. Scarlett Johansson sollte eine Transgender-Rolle spielen, lehnte dann aber wegen massiver Kritik aus der TransgenderCommunity ab und entschuldigte sich. Wie siehst du das? Transgender nehmen gerne viele Dinge persönlich und fühlen sich sehr schnell ans Brett genagelt. Das sehe ich überhaupt nicht so. Ich
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Foto: Heidi – Fotolia.com
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Yoniworld Text: Carla Grün
ICH ARBEITE BEI YONIWORLD. Eigentlich finde ich den Namen sehr schlecht gewählt, denn so stoßen nur Frauen zu uns auf die Webseite, die sich sowieso schon selbst um ihre Vagina kümmern. Aber wenn wir uns umbenennen, zum Beispiel in „Learn-the-yoni“ oder „Sexprofi“, „Toplover“ oder „Mach-es-ihr-richtig“, wäre es offensichtlich, was wir tun: Wir bringen Männern bei, wie sie Frauen besser befriedigen können. Manche bemühen sich, sind aber trotzdem nicht gut. Und hier kommen wir. Wir kommen nicht immer, aber ... nun ja, ihr wisst schon, wie ich es meine. Denn ganz ehrlich: Die meisten Dinge im Leben muss man nicht alleine lernen. Zum Kochen gibt es Rezepte, auf Youtube kann man schauen, wie man eine Excel-Tabelle erstellt, und niemand käme auf die Idee, dass Grundschüler das Einmaleins von alleine wissen, einfach so, ohne Erklärung oder Pauken. Sogar zum Laufenlernen wird einem die Hand gereicht, denn ohne Üben geht im Leben nichts. Nur Sex wird einem nicht beigebracht. Ich rede nicht von einfachem Rein-Raus, sondern von gutem Sex. Wie soll denn ein Mann wissen, was einer Frau gefällt, wenn er nicht üben kann, wenn es ihm niemand zeigt? Das ist schon gemein. Denn Frauen erwarten, dass er „es“ kann. Dass er sie zur Lust sogar animiert und, obwohl er ja selbst noch suchen muss, gleich versteht, was sie sich wünscht.
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„Putz dir die Nase“, ermahnen Mütter oder Väter ihre Kinder, „Geh Hände waschen vor dem Essen“ und so weiter. Aber kaum eine Mutter oder ein Vater rät dem eigenen Sohn: „Du darfst nicht zu fest auf ihrer Klitoris rubbeln.“ Das ist kein triviales Thema, aber es gibt Hilfe. Nicht mit Ratgebern im Internet, sondern in unserer Firma. Zu Yoniworld kommen ganz unterschiedliche Männer. Meistens nicht die ganz jungen, sondern die im besten Alter. Ich mag Männerhände. Man muss sie führen, leiten. Die einen, damit sie nicht zu zaghaft streicheln, und die anderen beruhigen, damit sie nicht zu grob und hastig vorgehen. Wir Mitarbeiterinnen sollen das Selbstwertgefühl der Kunden heben, dürfen ihnen jedoch auch keinen Honig ums Maul schmieren, sagt die Chefin, denn sie bezahlen viel Geld, damit ihnen wirklich geholfen wird. Zu Beginn bauen wir Vertrauen auf, anstatt uns gleich alle Kleider vom Leib zu reißen. Reden ist der beste Weg um herauszufinden, woran es hapert. Immer wieder weisen wir darauf hin, dass es nicht das eine Patentrezept gibt. Männer sollen die ganze Bandbreite bei uns lernen. Unsere Aufgabe ist es, ihnen die verschiedenen Möglichkeiten der weiblichen Befriedigung aufzuzeigen. Auch wenn der Mann zärtlich ist, will Frau seine Leidenschaft spüren. Er sollte also nicht zu zurückhaltend oder beruhigend sein. Das machen viele Männer falsch. Sie verwechseln Leidenschaft mit Überfallen
oder halten sich so stark zurück, dass jegliche Leidenschaft im Keller bleibt. Dann springt auch der Funke nicht über. Der Mann darf gern sanft vorgehen, sodass sie immer ein bisschen mehr will. Doch er darf nicht passiv sein, das ist ein großer Unterschied. Auch bei Zurückhaltung muss die Frau seine Gier, seine unterdrückte Lust und pochende Leidenschaft spüren. Wenn man den Männern das erst einmal erklärt hat, dann geht es besser. Dann kommen sie aus sich heraus und trauen sich, ihre Lust zu zeigen.Für das richtige Lernen bei Yoniworld gibt es für alle Kunden einige gemeinsame Unterrichtsstunden, damit es nicht wie in einem Puff zugeht. „Ihr Lieben, wir haben einen Auftrag. Und dieser heißt nicht Befriedigung der Lust, sondern Können beibringen, damit mehr Männer Frauen gut beglücken“, sagt die Chefin. Zu den praxisorientierten Gesamtstunden kommen alle Kursteilnehmer in einem großen Raum zusammen. Wir achten immer auf schöne Atmosphäre und auf ausreichend Frauen. Immerhin soll jeder, der hier Geld bezahlt, auch einen Versuchskörper bekommen. In der letzten Stunde ging es um den G-Punkt. Wir Frauen lagen auf erhöhten Betten. Die Männer, an diesem Abend nur acht, waren jeder Dame zugeteilt worden, und die Chefin lief langsam auf und ab, während sie sprach: „Die Klitoris haben wir in der letzten Theoriestunde behandelt. Sie wissen durch die Schaubilder und den Lehrfilm nun, dass die Klitoris einer der
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„ Reiben Sie die Klitoris sanft, streicheln Sie sie im gleichbleibenden Rhythmus. Nicht rubbeln.
Punkte ist, durch den die Frau stimuliert wird und der weiter hineinreicht, als man früher annahm.“ Ich linste unter meiner Augenbinde hervor und sah, dass der mir zugewiesene Herr zustimmend nickte, während er auf meine rasierte Vulva schaute. Seinen Namen wusste ich nicht, nur dass er ein Kunde von Susi war. Anscheinend ein sehr wissbegieriger Mann um die 50. Wir Frauen liegen immer durch Vorhänge oder Paravents voneinander getrennt, komplett nackt auf Aufstellbetten, damit sich die Herren nicht so tief bücken müssen. Das Tragen von Schlafmasken ist für uns Vorschrift. Die Herren sollen sich frei und unbeobachtet fühlen. Sie müssen sich auf unsere Körper und die Ansagen der Chefin konzentrieren können, anstatt sich beschämt zurückzuhalten, wenn es darum geht, an unseren Körpern zu lernen. Meine Chefin sprach weiter: „Wenn Sie jetzt einmal die Schamlippen auseinander ziehen ...“ Mein Herr arbeitete gewissenhaft mit, ich war noch gar nicht drauf vorbereitet, seine Finger waren kalt, was mir überhaupt nicht gefiel. „... sehen Sie, wie klein die Erhöhung der Klitoris ist, unter der Hautfalte fast verborgen.“
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Ja, meine Klitoris wollte nur schlafen und jetzt nicht geknuddelt werden. Doch, oh, er war außergewöhnlich vorsichtig und strich ganz zärtlich über meine Perle.. „Wenn Sie jetzt das kleine Häutchen über der Erhebung sanft mit dem Daumen nach oben schieben ...“ Ah, das war wirklich sanft! „... dann sehen Sie die Klitoris zart rosa. Aber meine Herren, das mag nicht jede Frau.“ Ich aber! Meine Klitoris lag nun frei an der Luft, es erregte mich ungemein, dass der Herr stillhielt und nur schaute. Berühre mich! Aber ich darf mich nicht einmischen. „Manchen Frauen ist diese Berührung bereits zu viel, zu direkt, fast schon schmerzhaft.“ Ach schade, er ließ wieder los. „Es gibt natürlich je nach Situation die Möglichkeit, dass Sie die Finger zu Beginn rabiat in ihre Vagina stoßen, bitte tun Sie das jetzt ...“ Wow! Ich war ja schon erregt durch dieses Klitoris-Gesuche. Aber wie er jetzt den Anweisungen der Chefin Folge leistete, war beeindruckend. „... doch meistens ist Ihre Partnerin noch nicht feucht genug, als dass sie dieses Vorgehen als angenehm empfinden würde. Genau dieses Benehmen könnte abschrecken. Viele Frauen haben Probleme, überhaupt feucht zu werden. Also zeige ich Ihnen jetzt die edlere und sinnlichere Herangehensweise.“ Schade. „Holen Sie sanft, aber nicht zu zögerlich etwas von dem Scheidensekret aus der Vagina heraus und verteilen Sie es auf den inneren Schamlippen bis vor zur Klitoris. Es dient Ihnen als Gleitmittel und die Frau wird es als äußerst angenehm empfinden,
wenn Ihre Finger nicht auf trockener Haut gleiten.“ Äußerst angenehm – dem kann ich nur zustimmen. Er verteilte meine Feuchtigkeit so schön in meiner Ritze, dass ich gleich mehr wollte. „Reiben Sie die Klitoris sanft, streicheln Sie sie in einem gleichbleibenden Rhythmus. Nicht rubbeln.“ Ich hörte meine Chefin von Bett zu Bett gehen. Bei Susi neben mir sagte sie: „Langsamer. Ja, so ist es besser.“ Dann schaute sie zu, wie mein Herr meine Klitoris vor und zurückschob. Als sie weiterging, erhob sie wieder ihre Stimme. „Fahren Sie abwechselnd über die Perle vorne und auch die Ritze entlang bis zu ihrem Loch hinunter.“ Oh ja! „Denken Sie immer daran, von ihrer Feuchtigkeit etwas mit nach vorne zu nehmen, um alles schön fließen zu lassen.“ Das war der beste Tipp überhaupt! „Das Fließen und Gleiten ist wichtig.“ Er war gut. „Und nun können Sie mit mehreren Fingern Druck auf die Schamlippen ausüben ...“ Oh nein, das war nichts, ich wünschte er würde wieder tiefer ... „... lassen Sie bei Ihren gleichmäßigen Vorund Zurückbewegungen gleichzeitig einen Finger abgespreizt in ihre Ritze hineinrutschen, damit sie auch tiefer massiert wird.“ Oh, danke Chefin! Ich hörte auch Susi neben mir aufkeuchen. „Immer wenn Sie mit Ihrer Hand an der Klitoris sind, verharren Sie einen kurzen Moment, um sie noch einmal kurz zu massieren, bevor Sie wieder hinunter in die Vagina gleiten.“ Mit leisem Fingerschnipsen gab die Chefin den Rhythmus für alle an. „Vermindern Sie nicht den sanften Druck auf die inneren Schamlippen.“ Mein Herr hatte sicherlich die Hand voller Schleim. Ich hörte meinen Saft glucksen, wenn er seinen Finger wieder in mich
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schob. Herrgott, warum hatte Susi diesen Mann als Kunden bekommen? „Und rein und raus. Bitte noch nicht schneller werden. Ihr Ziel, meine Herren, ist nicht, mit Ihrer Partnerin auf einen Höhepunkt zuzuhecheln, sondern ihr mit der Massage Lust zu geben. Haben Sie Geduld. Denken Sie daran: Der Orgasmus kommt. Vielleicht. Vielleicht auch nicht.“ Wenn er so weitermacht, dann würde er bei mir kommen! Hilfe! „Und damit Sie sich selbst besser in Ihren Fähigkeiten testen können,“ fuhr meine Chefin fort, „gehen Sie bitte zu der nächsten Partnerin. Bitte wechseln Sie ein Bett weiter.“ Nein! Nein, bitte nicht. Bleib da, mach es mir weiter! Himmel Herrgott, ich will diese Hände behalten! Die Hintergrundmusik summte weiter, als ich hörte, wie der nächste Herr an mein Bett trat. Das Aftershave des Mannes roch ich schon, bevor er mich berührte. Herb und holzig. Und noch bevor die Chefin weiterredete, schob er seinen Finger in meine Vagina hinein, tief. Nein, es musste mehr als ein Finger sein! „Meine Herren, da wir heute auf der Suche nach dem G-Punkt sind ...“ Mein neuer Herr besorgte es mir gerade richtig. Himmel, was brauchte der denn einen Kurs?! Er war so gut! Meine Vulva musste geschwollen sein, sie verriet mich, zeigte meine Geilheit. Ich war geweitet, ich brannte, ich musste aussehen wie ein Pavianweibchen mit roten geschwollenen Lippen, die sich erhoben, um auf das dunkle Loch zu zeigen, in das er bitte hinein sollte. Verschwunden war meine Professionalität. „Fahren Sie nun sanft mit dem Finger tief in die Vagina und drücken Sie innen oben entlang, wie wir es auf der Schautafel gesehen haben. Aber schön langsam.“
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Fester! Schneller bitte! „Nicht so rabiat, Robert“, raunte meine Chefin, die plötzlich an meinem Bett aufgetaucht sein musste. Ah, es war Robert! Von ihm wussten wir, dass ihn seine Ehefrau zum Kurs angemeldet hatte, damit er die sanfte Liebe lernen würde. Als die Chefin am nächsten Bett war, hörte ich Robert über mir heftig atmen. „Ist das gut?“, flüsterte er und rammte seine Hand mit gewaltigen Bewegungen in mich. „Ja.“ Ich biss mir auf die Lippen, drückte meine Hände auf meine Brüste und konzentrierte mich darauf, nicht zu kommen. War mir doch egal, dass er das Sanfte lernen sollte, ich wollte es jetzt hart von ihm. Dann sagte er etwas Verbotenes: „Ich will dich ficken.“ Dazu stieß er mit dem Handballen auf meine Klitoris, und tief in mir spürte ich seine Finger an meinem G-Punkt reiben. Er wurde schneller. Ich griff spontan mit meiner Hand in die Luft, dorthin, wo ich seinen Körper vermutete. Ihn ausziehen konnte ich ja nicht, aber seinen harten Penis durch die Stoffhose spüren und ihn drücken. In meiner Lust packte ich ihn kräftig an. Ich hörte die Worte meiner Chefin
nicht mehr. Er wurde schneller und, kaum zu glauben, mitten im Kurs für Seminarteilnehmer zog ein Orgasmus durch mich. Er kam wie Messerstiche von unten, ließ mich zuerst krampfen. Ich hielt die Luft an, ich war so extrem weit, so offen, dass ich Angst hatte, ich würde seine Hand vollpinkeln. Mein Körper ließ alles fallen, ich stöhnte unterdrückt auf und wusste, dass ich gerade alles nass gesquirtet hatte. „Geil“, flüsterte Robert, der angeblich zum Lernen hier war und mir gerade einen unglaublich tiefen Orgasmus beschert hatte. Ob er in der Seminarstunde noch etwas Neues über den G-Punkt gelernt hat, weiß ich nicht. Nur eines weiß ich: dass seine Ehefrau komisch sein muss. Kann sie ihm nicht selbst am besten zeigen, wie sie es im Bett gern hätte? Liebe Frauen: Zeigt euren Männern, was euch gefällt! Sie haben das Bedürfnis, gut im Bett zu sein. Gut in eurem Sinne, damit ihr kommt. Sagt eurem Partner, ob ihr es lieber langsam oder rabiat, mit Verrenkungen im Bett oder nur mit der Hand mögt. Damit zeigt ihr eurem Partner auch, dass ihr ihn liebt. Ihr helft ihm. Und euch selbst natürlich auch! Nur sagt meiner Chefin nichts davon. ♥
Auszug aus der gleichnamigen Erzählung aus der Geschichtensammlung „Hot Stuff“ mit freundlicher Genehmigung der Autorin.
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HIMMELSBOTE Fotos: Leni Papilio Photographie / Model: Male-Efficient
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Im Garten der Lüste
Foto: Comfreak – pixabay.com
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Text: Yvonne Sophie Thöne
Wer hat’s erfunden? Die Bibel. So müsste die fromme Antwort auf die Frage lauten, wo Sexualität und Erotik ihren Ursprung haben. Die Theologin Yvonne Sophie Thöne hat sich ein paar „Stellen“ mal genauer angesehen.
Das mag manch eine(n) verwundern, erwartet man von dem jüdisch-christlichen „Buch der Bücher“ doch eher Aussagen zur porentief reinen, komplett entsexualisierten Gottes- oder Nächstenliebe statt sinnlich-erotischer Ergüsse, gelten „das Christentum“ im Allgemeinen und „die Kirche“ im Besonderen doch bis heute als leib- und lustfeindlich. Doch insbesondere ein Blick in das Alte Testament, jener erste Teil der christlichen Bibel, der mit dem Judentum als heilige Schrift geteilt wird, zeigt, dass dieses Buch bei Weitem nicht nur das geistliche und jenseitige Leben betrifft, sondern ganz konkret in das diesseitige Leben in all seinen Facetten hineinspricht – und auch einiges zum Thema Sexualität zu sagen hat. Sexualität stellt hier ganz selbstverständlich einen integralen Bestandteil des Menschseins dar. Die Bandbreite der alttestamentlichen Texte, die „Liebe, Sex und Zärtlichkeit“ thematisieren, ist enorm. Natürlich ist da in vielen Erzählungen recht spröde von einer eher zweckdienlichen Sicht auf Sexualität zu lesen, wenn es im Rahmen der „Normalbiographie“ darum geht, Nachkommen zu zeugen (das fängt schon bei Adam und Eva an). Es wird aber auch erzählt von tragischen Dreiecksverhältnissen (etwa zwischen Abraham, Sarah und der Sklavin Hagar), missglückten Verführungsversuchen (wenn die Ägypterin den attraktiven wie moralisch standhaften Josef einfach nicht rumkriegt) und Ehebruch mit tödlichem Ausgang (z.B. wenn König David die schöne Batseba schwängert und deren Mann Urijah beseitigen lässt). Nicht die Schwiegermutter oder Blutsverwandte vögeln, fordern die Rechtstexte im Buch Levitikus, Sex während der Menstruation ist ohnehin untersagt. Sogar zärtliche Begegnungen zwischen Männern finden ihren Platz (die Erzählstücke von David und Jonathan sind vielschichtig und mehrdeutig) und auch die dunklen, zerstörerischen Seiten von Sexualität werden nicht verschwiegen, z.B. in der Erzählung von der Königstochter Tamar, die von ihrem eigenen Halbbruder vergewaltigt wird. Dabei werden ganz offen menschliche Erfahrungen und Gefühle wie Liebe und Hass, Sehnsucht und Eifersucht, Begehren, Lust, Schmerz oder Enttäuschung geschildert.
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SEXUALITÄT BEDEUTET MENSCHSEIN Wer hat’s nun aber erfunden, das Begehren, das Drängen der Geschlechter zueinander? Darauf gibt die Schöpfungserzählung Genesis 2 eine Antwort, die da lautet: Gott. Generell ist dieser Text eine Fundgrube für eine feministische Neulektüre, haben sich doch etliche Missverständnisse in den Köpfen über die Jahrhunderte festgesetzt. Ist es nicht so, dass zuerst der Mann geschaffen wird und dann aus seiner überzähligen Rippe die Frau gebastelt wird? Ein genauer Blick in den hebräischen Text verrät: Genesis 2 ist nicht solch ein Macker-Text, wie es viele Kirchenväter und Exegeten lange Zeit gerne gehabt hätten. Gott formt nicht den „Mann“, sondern einen geschlechtsneutralen ersten Menschen, einen Erdling (adam) aus der Ackererde (adamah). Anschließend wird dieser Erdling von Gott geschlechtlich ausdifferenziert in Mann und Frau, indem Gott aus einer Seite (keiner „Rippe“!) des Menschen einen weiteren baut: Die Frau. Einst ein Erdlingswesen, nun Mann und Frau. Dadurch existiert die partnerschaftlich-sexuelle Anziehung zueinander, die als Streben nach Komplettierung zu verstehen ist: Mann und Frau fühlen sich zueinander hingezogen, da sie einst ein Mensch, ein Fleisch waren. Sie wollen wieder „ein Fleisch“ werden. Erst durch die Vereinigung wird in biblischer Sicht der einzelne Mensch wieder ein voller Mensch. Das ist doch ein schönes Bild von Sexualität – wenn auch zugegeben ziemlich heteronormativ. VOM KOMMEN, ERKENNEN UND BLUMENPFLÜCKEN Wo Sexualität doch so ein wichtiger Bestandteils des alttestamentlichen Menschen ist, überrascht es umso mehr, dass kein gesondertes Verb für den Geschlechtsverkehr existiert. Stattdessen finden sich unterschiedliche Ausdrücke, die jeweils einen anderen Aspekt hervorheben: Eine häufige Umschreibung für Sex wird mit dem Verb „kommen, hineingehen“ (hebr. bo) ausgedrückt. Dieses Verb betont den körperlichen Vorgang des Eindringens des männlichen Penis in die weibliche Vagina. So „kommt“ beispielsweise Abraham zu der Sklavin Hagar. 55
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Das Verb „erkennen, erfahren“ (hebr. jada) bezeichnet nicht nur, wie im Deutschen, die intellektuelle Erkenntnis, sondern meint im Hebräischen ein umfassend-ganzheitliches Erkennen, an dem alle Sinne beteiligt sind. Wenn nun also Adam seine Frau Eva „erkennt“, heißt das nicht, dass er in der Lage ist, eben diese Frau mit dem roten Fellmantel zwischen all den Bäumen wahrzunehmen, sondern betont dies den Moment des innerlichen Erfahrens und Vertrautseins beim Sex. Oft heißt es auch, dass sich ein Mann zu einer Frau – oder umgekehrt – „legt“ (hebr. schachaw). Dieser Begriff betont das körperliche Beieinanderliegen der beiden Partner. Beispielsweise „legen“ sich Lots Töchter zu ihrem betrunkenen Vater, um so Nachkommen für sich zu zeugen. Andere Umschreibungen sind beispielsweise „aufdecken“, „scherzen“ oder „Blumen pflücken“. Bis heute hat sich übrigens die Metapher des Blumenpflückens in dem lateinischen Begriff „deflorieren“, entjungfern, erhalten. Letztlich müsste uns diese uneigentliche Rede über Sexualität bekannt vorkommen: Im Deutschen bumsen (Schallnachahmung
In der Hochzeitsnacht jubelt der gerissene Onkel Laban Jakob entgegen der Abmachung seine ältere Tochter unter, der den Betrug angeblich erst am nächsten Morgen bemerkt – es muss wohl sehr dunkel im Liebeslager gewesen sein. Der einstige Betrüger wurde nun selbst betrogen. Der Onkel argumentiert lakonisch mit der lokalen Sitte, dass es nicht üblich sei, die Jüngere vor der Älteren zu verheiraten, der Neffe könne aber auch die andere sofort heiraten, wenn er weitere sieben Jahre diene. Jakob willigt ein. Von nun an leben Jakob, Lea und Rahel ihre Ehe zu dritt, gemeinsam mit ihren Sklavinnen Silpa und Bilha. Diese Dreiecksbeziehung ist eine tragische, denn während Jakob Rahel mehr liebt als Lea, ist letztere immerhin mit großer Fruchtbarkeit gesegnet. Die Frauen initiieren nun einen Wettstreit, der seinesgleichen sucht und bei dem Jakob zum sexuellen Spielball seiner Ehefrauen wird: Sie vögeln um die Wette, um ein Kind nach dem anderen zu gebären und sich so Liebe und Anerkennung zu sichern. Dabei scheuen sie nicht davor zurück, auch ihre Slavinnen ihrem Mann zuzuführen, die moralisch äußerst fragwürdig als Leihmutter dienen. In diesem „Gebärwettstreit“ setzen die Frauen
für „dumpf dröhnen, heftig anprallen“), poppen (von Englisch „to pop“, „knallen“, „aufplatzen“) oder nageln wir (dahinter steckt das Bild des heftigen Hammerschlags – Bamm bamm!). Bildhaft ist auch der verbreitete Ausdruck vom „miteinander schlafen“ – man schläft ja eigentlich ganz und gar nicht während dieser Aktivität, und falls doch, spricht das nicht für die Qualität des anderen als Liebhaber.
ihre eigene Sexualität und die ihrer Sklavinnen als Waffe ein. Jakob wandert durch vier Betten, doch ist nichts von seinen Gedanken darüber zu lesen. Das Spiel um Jakobs Potenz gipfelt darin, dass die Schwestern Alraunen – Pflanzen, denen im Alten Orient eine aphrodisierende Wirkung zugeschrieben wurde – gegen die Bettgesellschaft Jakobs eintauschen. Rahel erhofft sich Fruchtbarkeit durch die Pflanzen, Lea endlich wieder eine Liebesnacht mit dem Mann, der mittlerweile offensichtlich nur noch bei und mit Rahel schläft, nicht aber mit ihr. Jakobs Sexualität, seine Zeugungsfähigkeit, wird als Kaufpreis eingesetzt. Als er abends vom Feld kommt, überrumpelt ihn die entgegenkommende Lea und fordert ihn auf, zu ihr zu kommen, mit ihr zu schlafen. Jakob willigt wortlos ein. Die Nacht verläuft erfolgreich für Lea: Sie bringt noch drei weitere Kinder zur Welt. Die Erzählung um Jakob, Lea und Rahel schildert einen verzweifelten Wettstreit um Liebe und Fruchtbarkeit, um Zuwendung und Anerkennung. In der unglücklichen Dreiecksbeziehung hat jede Beteiligte das eine, aber will eigentlich das andere. Insofern ist die Erzählung auch ein Identifikationsangebot für die Erfahrung des Abgestoßenwerdens, der unerwiderten Liebe, der unerfüllten Sehnsüchte.
EIN DREIER, ABER GAR NICHT FLOTT: JAKOB, LEA UND RAHEL Dreiecksbeziehungen voller Eifersucht, Missgunst und Intrigen mag man für gewöhnlich im Vorabendprogramm der privaten Fernsehsender vermuten und nicht in der Bibel. Doch die Geschichte von Jakob, Lea und Rahel in Genesis 29-35 erzählt tatsächlich von solch einer konfliktbeladenen Ménage-à-trois. Bekanntlich muss Jakob vor seinem Bruder Esau fliehen, den er mit einer Linsensuppe und einer raffinierten Verkleidung um Erstgeburtsrecht und -segen geprellt hat. Bei seinem Onkel Laban begegnet Jakob nun seinen beiden Cousinen: Der jüngeren, schönen Rahel und der älteren Lea, von der es heißt, dass ihre Augen glanzlos seien. Natürlich verliebt sich Jakob stereotyp in die schöne Rahel, fordert die Heirat mit ihr als seinen Arbeitslohn – und das Drama nimmt seinen Lauf. 56
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„ In diesemFrauen ‚Gebärwettstreit‘ setzen die ihre eigene Sexualität und die ihrer Sklavinnen als Waffe ein. “
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STAUNEN ÜBER DIE SCHÖNHEIT: DAS HOHELIED „Er küsse mich mit Küssen seines Mundes – deine Zärtlichkeiten sind besser als Wein ... Seine Linke liegt unter meinem Kopf, und seine Rechte umschlingt mich ... Honig fließt von deinen Lippen, Honig und Milch sind unter deiner Zunge ... Deine Brüste gleichen den Weintrauben ...“ Leidenschaftliche Küsse, innige Umarmungen, feuchte Lippen, pralle Brüste – das Hohelied spricht eine überaus erotische Sprache. Offene Erotik in der Heiligen Schrift? Das darf nicht sein! Im Laufe seiner Auslegungsgeschichte hat das Hohelied daher ganz unterschiedliche Deutungen erfahren: Jahrhundertelang wurden die Liebeslieder zwischen Mann und Frau allegorisch gedeutet als Lieder zwischen Gott und seinem Volk bzw. der Kirche oder zwischen Jesus und der gläubigen Seele. Erst in der Zeit der Aufklärung kam es durch Herder zu einem Umbruch. Seitdem wurde das Hohelied zunehmend verstanden als das, was es ursprünglich ist: Eine Komposition von weltlichen, erotischen Liebesliedern, die die Liebe, Lust und Leidenschaft zwischen Mann und Frau besingen. Das Hohelied weist viele Verbindungen zur Liebesdichtung Ägyptens und des Alten Orients auf und trieft von orientalischer Opulenz. Seine Sprache ist bildhaft, sinnlich, bunt, schwelgerisch – und heute nicht immer leicht zu verstehen. Beispielweise wird mehrfach
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das geliebte Gegenüber von Kopf bis Fuß (und manchmal auch andersherum) bildhaft in seiner Schönheit gepriesen – aber ist es nicht eher eine Beleidigung zu behaupten, die Haare würden einer Ziegenherde gleichen, die Zähne Schafen und die Nase einem Turm? Der Clou liegt darin, dass im altorientalischen Kulturraum zum einen der Körper weniger als heute unter Formaspekten, sondern mehr unter Dynamik- und Wirkungsaspekten wahrgenommen wurde, zum anderen die Vergleichsspender (Ziegen, Schafe, Turm ...) völlig andere Konnotationen hervorrufen. Unter dynamischen Gesichtspunkten steht beispielsweise bei dem wiederkehrenden Bild von den Augen, die Tauben sind, die Qualität des Blickes im Vordergrund. Lebendige, ausdrucksstarke Augen sind von großer Bedeutung im Alten Israel. Nicht von ungefähr heißt es von Jakob, dass er sich in die schöne Rahel verliebt, während die Augen ihrer Schwester Lea stumpf und glanzlos sind. Der Vergleichspunkt ist im Falle der Taube nicht in ihrer Farbe oder Form zu suchen, sondern vielmehr in ihrer Lebhaftigkeit und Agilität sowie in ihrer Funktion als Botentier. Die lebendigen Blicke senden also Botschaften – welcher Art diese sind, wird deutlich bei der Erhebung von zeitgenössischem Text- und Bildmaterial. Die Taube tritt häufig im Kontext von bildlichen Darstellungen von Liebenden auf, ja sie ist sogar das Attributtier der Liebesgöttin. So 57
„ Honig fließt von deinen Lippen ... “
könnte man den Vers „Deine Augen sind Tauben“ dynamisch mit „Deine Blicke sind Liebesbotinnen“ übersetzen. Um die ungezügelte Kraft des vollen, wallenden Haares geht es, wenn es mit der vom Gebirge herabwallenden Ziegenherde verglichen wird. Nicht nur die typische schwarze Farbe der Ziegen, sondern auch ihre unbändige, kontinuierliche Bewegung („herabwallen, brodeln, kochen“), in der sich die Herde befindet, sowie ihre Wildheit charakterisieren das Haar der Geliebten, welches Zeichen ihrer erotischen Attraktivität ist. Im Gegensatz dazu steht das Weiß der frisch geschorenen und gewaschenen Schafe, mit denen die Zähne der Frau verglichen werden. Ihre Zähne sind jedoch nicht nur so weiß, sondern ihr Gebiss ist darüber hinaus ebenmäßig und vollständig (jedes Schaf hat einen Zwilling) – in Zeiten ohne professionelle zahnmedizinische Versorgung keine Selbstverständlichkeit! Kontrastierend zu der ungezähmten Wildheit des wallenden Haares drücken die beim Lächeln und Lachen sichtbar werdenden Zähne die mit den Schafen assoziierte Sanftmut und Freundlichkeit aus. So gilt es auch bei der Metapher vom Turm, die nicht nur auf die Nase, sondern auch auf den Hals und die Brüste der Frau Anwendung findet, sich von Formvorstellungen zu verabschieden (zumal altorientalische Türme nicht hoch und schlank, sondern klein und gedrungen waren). Ein Turm symbolisiert Stolz und Uneinnehm-
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barkeit. Hier wird also das Bild einer stolzen, wehrhaften Frau, einer, die nicht leicht zu erobern, nicht „leicht zu haben“ ist, gezeichnet. Das heißt: Nicht die optische Nähe zu einem bekannten Schönheitsideal machen eine Frau oder einen Mann attraktiv und begehrenswert, sondern die Ausdrucksfähigkeit des Körpers. Dieser Ausdruck ist etwas Persönliches, Zwischenmenschliches. Schönheit und Begehren hängen nicht von perfekten Formen ab. Zwischen diesen Beschreibungsliedern geht es im Hohelied vor allem um das gegenseitige Sehnen von Mann und Frau, um das Suchen und Finden der Liebe, was an unterschiedlichsten Orten geschieht. Dabei ergreift so überraschend wie erfreulich häufig die Frau die Initiative. Sie sucht ihren Geliebten in der Stadt, führt ihn in ihr Mutterhaus oder lockt ihn hinaus ins einsame Feld. Ein zentraler Raum der Liedersammlung ist der Garten. Wiederholt ist davon die Rede, dass die Liebenden sich im Garten treffen oder die Frau ihren Freund sucht, der bereits in seinen Garten hinabgestiegen ist. Im gesamten Alten Orient erfreuten sich Gärten großer Beliebtheit und galten als eines der schönsten Dinge und einer der höchsten Genüsse. Ein Garten steht für Reichtum und Macht, aber auch für Fruchtbarkeit, Schönheit und Ordnung. Der Garten des Hohelieds hat zweierlei Bedeutung: Zum einen dient er den Liebenden konkret als geschützter Aufenthaltsort, in dem die Liebenden Erfüllung ihrer Liebe und Lust finden; ein Ort, der mit üppiger Vegetation, köstlichen Früchten, wohlriechenden Gewürzen und frischem Wasser lockt. Zum anderen ist der Garten – im Hohelied wie überhaupt in der altorientalischen Liebesdichtung – ein Symbol für die Frau, den weiblichen Körper und ihre Sexualität. Im Hohelied wird dies offensichtlich, wenn der Mann seine Freundin als einen verschlossenen Garten bezeichnet. Die Beschreibung des wunderschönen, herrlich duftenden Gartens ist also gleichzeitig auch eine metaphorische Beschreibung der Frau, die ihre Attraktivität erahnen lässt. Wenn die Sprecherin die Winde beschwört, den Garten zu durchwehen, dann wird hier dem Wunsch Ausdruck verliehen, die Intensität ihrer eigenen Düfte zu steigern, um so den Geliebten anzulocken. Dass dies funktioniert, zeigen die Textstellen, wo es von dem Geliebten heißt, dass er in seinen Garten „kommt“ – es ist eine weitere Variante der blumigen Sex-Metaphorik. Wenn Sie sich nun in der Weihnachts- und Winterzeit auf Traditionen besinnen und wieder einmal die Bibel zur Hand nehmen sollten, achten Sie doch mal darauf, wie sexy dieses alte Buch sein kann. ♥
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Bibel.sex
Po. esie
An Berliner Kinder
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Was meint ihr wohl, was eure Eltern treiben, Wenn ihr schlafen gehen müßt? Und sie angeblich noch Briefe schreiben. Ich kann’s euch sagen: Da wird geküßt, Geraucht, getanzt, gesoffen, gefressen, Da schleichen verdächtige Gäste herbei. Da wird jede Stufe der Unzucht durchmessen Bis zur Papagei-Sodomiterei. Da wird hasardiert um unsagbare Summen. Da dampft es von Opium und Kokain. Da wird gepaart, daß die Schädel brummen. Ach schweigen wir lieber. — Pfui Spinne, Berlin!
Joachim Ringelnatz (1883–1934)
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Im. Gespräch
Ein Pick Me Up ist nichts fürs erste Date!
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Interview: Ute Cohen / Fotos: Sonja Shenouda
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Im. Gespräch
Unsere Redakteurin Ute Cohen hat Kerstin Ehmer, Teilhaberin der Berliner Victoria Bar, zum Cocktail getroffen und mit ihr über die Erotik des Trinkens philosophiert.
Potsdamer Straße, Schöneberg. Es nieselt. Die Stadt wirkt, als sei sie einem Film Noir entsprungen. Glänzender Asphalt. Geduckte Männer in Regenmänteln, vorbeibrausende Luxuswagen. Gleich um die Ecke der bekannteste Strich Berlins, aber auch das Geschäft der Hutmacherin Fiona Bennett. Im Schaufenster ein Hut, auf dem ein „drittes Auge“ neugierig auf die Straße lugt. Nebenan, Hausnummer 102, die „Victoria Bar“, eine American Bar, der Klassiker unter den Bars des Berliner Westens. Hinter schweren Holztüren ein langgestreckter Tresen, das Klacken der Cocktailshaker, eine Riege an Barkeepern, die den ersten Gästen Gimlets, Martinis und Champagner reicht. Kerstin Ehmer setzt sich zu uns. Sie ist nicht nur Teilhaberin der Bar, sondern auch Autorin der „Schule der Trunkenheit“. Das Buch ist ein Must-have für alle Liebhaber gepflegten süffigen Genusses. Sie winkt einen Barkeeper herbei. Ein Blick auf die verwirrende Vielfalt der Karte und wir vertrauen den Empfehlungen des smarten Herrn. Gin Tonic für die Fotografin, ein Whiskey-Drink für die Gastgeberin und für mich zum Abheben einen „Lindbergh“, einen Champagner-Cocktail, der erst letztes Jahr im Hause kreiert wurde. Sépareé: Frau Ehmer, soeben ist Ihr Buch „Die Schule der Trunkenheit“ im Verbrecher Verlag erschienen. Braucht der Rausch Disziplin? Kerstin Ehmer: Auf jeden Fall. Trinken benötigt Disziplin. Man muss ein paar undisziplinierte Räusche hinter sich gebracht haben, um zu wissen, dass man mit Alkohol viel erreichen, aber auch viel verlieren kann. Wo man sich den Grenzen nähert, ob es sich lohnt, noch einen Schritt darüber hinauszugehen. Die Victoria Bar ist ein Ort des „geläuterten Exzesses“, heißt es in Ihrem Buch. Ist die Bar ein Gegenpol zu totaler Enthemmung? Ruhig ist es nicht immer, aber wir haben wenig Probleme mit Leuten, die so betrunken sind, dass sie aus der Tür fallen oder sich vergessen. Viele Profitrinker, die fünf Cocktails schaffen, aber dennoch die Fassung und Stilempfinden bewahren. Einige haben ja auch die Schule der Trunkenheit absolviert. Viele arbeiten sich auch von Kapitel zu Kapitel vor. (lacht) Keine grenzwertigen Situationen? Wir hatten wirklich noch keine Leute, die sich ineinander verbissen über die Bänke gewälzt haben. Meistens haben sie es deutlich vorher vor die Tür geschafft. Aber wahrscheinlich geht jetzt gleich die Tür auf und uns wird das Gegenteil bewiesen ...
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Übrigens haben wir für eine Bar eine außergewöhnlich hohe Frauendichte. Vielleicht ist das auch der Grund für das gute Benehmen. „Too Drunk To Fuck“ sangen die Dead Kennedys und Nouvelle Vague. Das lag mir gleich zu Beginn des Gesprächs auf der Zunge ... Sex und Alkohol – ein schlechtes Match? Nein, Alkohol ist definitiv etwas, was sehr hilft, sich anzunähern. Sex bedeutet ja auch, eine Barriere zu überwinden, unser eingezirkeltes Ich verlassen. Wir müssen Leuten die Zunge in den Mund stecken und alles Mögliche andere auch. Erstmal ist es strange, und Alkohol ist eine Hilfe, die von Anfang an mit Genuss zu tun hat. Verhält es sich beim Trinken wie beim Sex? Man glaubt es von Natur aus zu können und genießt doch erst, wenn man es kennt. Genau. Je mehr ich darüber weiß, desto kultivierter ist mein Umgang damit. Bei allem. Der erste Wein, den man trinkt, haut einen auch erst einmal nicht vor lauter Wohlgefallen aus den Schuhen. Je mehr man darüber weiß und auch vergleichen kann (wir lachen), desto interessanter wird es. Man lernt immer wieder dazu. Was ist denn Gentleman-Trunkenheit? Gentleman-Trunkenheit beginnt ja in ihrem Stammland England bereits am Vormittag und zieht sich dann als schwebender Dauerzustand durch den Tag ohne größere Höhen und Tiefen bis zum Abend. Bös gesprochen: eine Form des Alkoholismus. Dagegen Liebe und Sauferei – große Dramen wie Liz Taylor und Richard Burton. Es gibt nichts ohne einen Preis dafür. Ich kann mich auch nicht in jemanden verlieben ohne zu riskieren, dafür fürchterlich verletzt zu werden oder ein Stückweit die Unabhängigkeit zu verlieren. Robert Pfaller sagt in „Wofür es sich zu leben lohnt“: Es gibt keinen Spaß ohne den Preis dafür. Nur gutes Essen, nur gutes Trinken, das ist völlige Illusion. Wie lange wollen wir denn leben? Die Intensität zählt doch. „Große“ Trinker übten oft eine besondere Anziehungskraft auf Frauen aus: Lord Horatio Nelsons Geliebte Lady Hamilton ließ sich sogar ihre Leibwäsche mit Nelsons Initialen und Ankern besticken. Wie erklärt sich das? Das ist ja schon Fetischisierung! Moment! Er war der Fetisch dieser Frau. Was die großen Trinker betrifft: da muss man differenzieren. Große Trinker? Sind die nicht inzwischen abgelöst worden durch Hedi Slimane-Anzugträger? 61
Im. Gespräch
Außerdem sind sie sehr verschieden. Es sind ja nicht alle Richard Burton oder Bogart, mit Talent und Charisma. Churchill verfügte definitiv nicht über diesen Sexappeal.
Was ist Ihre Drink-Empfehlung für einen prickelnden Abend? Ich würd’ auf jeden Fall mit einem Champagner-Cocktail anfangen, aber nicht mit dem „Pick me up“. Das ist nichts fürs erste Date.
Von welchem Drink sollte man die Finger lassen, wenn man nicht unter dem Tisch beziehungsweise dem Gastgeber landen möchte (wie Dorothy Parker sagte) oder einen Rausschmiss riskieren möchte? Vom dritten Cocktail. Ganz klar. Egal welcher.
Sex on the Beach dann auch nicht im Urlaub an der Bar, oder? (Lacht). Alles nichts fürs erste Date. Ich würde einen French 75 – der wurde in Harry’s Bar in Paris erfunden – oder einen French 77 ordern. Vielleicht auch mit einem leichteren Drink starten, etwa einem Champagner-Cocktail, dann mit etwas sehr Schönem weitermachen und eventuell noch ein Glas pur und dann weg!
Gibt’s da keine Unterscheide? Rum zum Beispiel ist sehr intensiv ... Rum wird eigentlich die größte Sinnlichkeit unter den Spirituosen zugeordnet. Der sinnlichste Rausch. Könnte ich so unterschreiben. Man muss halt ein bisschen vorsichtig sein. Gern auch etwas mit Saft bestellen. Von Champagner-Cocktails darf man sich übrigens nicht täuschen lassen. Die enthalten oftmals eine ordentliche Menge Alkohol, das sind ernste Drinks. Der „Cosmopolitan“ hat sich seit „Sex and the City“ zum erotischen Drink par excellence gemausert. Überschätzt, oder? Eigentlich sieht der hübsch aus. Das ist ein sogenannter Neotini, leitet sich von Martini ab. Da ist Cranberry-Juice drin, der in einem ordentlichen Martini nichts zu suchen hat. Cosmopolitan ist ja auch mit Wodka. Im besten Fall ist er sehr kalt ... Ich persönlich bin kein großer Wodka-Fan. Er ist mir zu gesichtslos. Der Vorteil ist natürlich die sehr große Reinheit und die Möglichkeit, unbeschadet aus seinem Genuss herauszukommen. Es gibt auch Drinks mit direkten Anspielungen auf Sex: Der „Gibson“, ein Martini mit Perlzwiebeln deutet Brustwarzen an. Sex und Drinks, das liegt eng beisammen. Die „Coupe de Champagne“ zum Beispiel: Die Form des Glases erinnert an die weibliche Brust. 62
Champagner, das frivolste aller Getränke! Ist es heute immer noch ein eindeutig zweideutiges Angebot, wenn man eine Frau zu einem Glas Champagner einlädt? Kommt noch vor, aber gerade in den letzten Jahren hat sich viel getan. Ich war gerade auf einer Roederer Cristal-Sause. Den Jahrgangs-Champagner tranken lauter Männer. Es wird inzwischen viel Champagner getrunken, auch im französischen Sinne. Champagner pur trinken auch Männer. Champagner ist inzwischen weg vom Damen-, vom Puff-Image. Es ist auch nicht mehr so, dass man sagt: „Champagner! Jetzt lassen wir’s krachen.“ Man trinkt ihn öfter, einfach so beim Ausgehen, gibt ja auch inzwischen eine schöne Auswahl an Winzer-Champagnern aus kleineren Häusern. Frauen wirken oftmals so passiv, wenn es um Drinks geht. Sie werden verführt ... Wir haben hier zwei wunderschöne, junge Frauen, die sind schlau und gehen gern gut aus. Sie trinken „Jet Pilot“. Das ist ein starker Drink, den die sie begleitenden Männer mittrinken müssen (vielsagendes Lächeln) – die haben kaum eine Wahl.
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Im. Gespräch
Das erinnert an Nachtclubköniginnen wie Texas Guinan, die in ihrem Club im New York der 20er Jahren ihre Gäste mit „Hello Sucker“ begrüßte. Das war eine Entertainerin, die Leute mitnahm, animierte. Ein klassisches Frauenschicksal übrigens: Sie war groß während der Prohibition und hat es danach nicht geschafft in die Legalität. Als es tatsächlich um korrekte Abrechnung, Konzessionierung ging, scheiterte sie, verarmte und starb. Das war in Europa anders, oder? Champagner zum Beispiel ... Absolut. Frauen sind für die Entwicklung des Champagners exorbitant wichtig. Ohne Frauen würde er nicht existieren. Frauen hatten wenig zu sagen bis auf wenige Mätressen, die dann aber auch Influencer waren für das Trinkverhalten. Frankreich war aber auch speziell. Es gab immer dieses Bewusstsein für Tradition. Das machte am Geschlecht nicht Halt. Die Veuve Clicquot, Lily Bollinger, das waren einflussreiche Frauen. Technik und Werbung, darin waren sie stark. Die Sängerin Nico machte einst für die spanische Brandy-Marke Terry Centenario Werbung – auf einem weißen Hengst ohne Sattel galoppierend. Würden sich Prominente heute noch für Alkohol in Szene setzen? Das zeigt, dass die Frauen ein Leben hatten vor Velvet Underground und Warhol. Heute haut das keinen mehr aus den Puschen, wenn eine Frau auf einem Pferd galoppiert, damals war das aber sensationell. Dann auch noch Alkoholwerbung im Fernsehen! Nico konnte übrigens reiten, was bei dieser Rasse, Cartujano, nicht ganz einfach ist. Sie war eine super progressive Frau.
Hermann: Ganz klar ein Lied Hildegard Knefs: „Ich trinke Wodka und Champagner dazu. Nichts haut mich um, aber du.“ Besser kann man gar nicht zu nem Drink kommen. Bei dieser Steilvorlage. Der erste Drink. Weiß man dann, wie’s weitergeht? Hermann: Wenn es wirklich drauf ankommt, fangen die Frauen mit einem Champagner-Cocktail an. Sind Frauen in Begleitung und beide trinken Martinis, ist der Weg schon eindeutig. Das ist ein starker Drink, ein Gin-Drink. Da kann man schon davon ausgehen, dass sie nicht nach Hause gehen, um zu stricken. Wenn man eine Frau, einen Partner schätzt und sich sagt, ich will mit dem eine schöne Zeit haben, dann werde ich den natürlich nicht so unter Strom setzen, dass da nachher vielleicht überhaupt nichts mehr läuft. Der Gimlet hat die richtige Menge Alkohol, um freundschaftlich zu werden, sich näher zu kommen, ohne dass man überhaupt nicht mehr weiß, was man tut. Kerstin Ehmer (schmunzelt): Ich weiß aber nicht, ob das der richtige Weg ist. Ein Gimlet, das ist eine gehörige Portion auf einmal. Man ist da ganz schnell dabei, letzte Zweifel niederzuringen. Genau auf diese Erfahrungswerte bauen wir. ♥
Kerstin Ehmer: Schule der Trunkenheit, Verbrecher Verlag 2018 Victoria Bar: www.victoriabar.de/welcome
Wen würden Sie gern für einen Drink werben lassen? Ich find es immer überzeugend, wenn Lars Eidinger auf seinen Auflegepartys Becks trinkt. Eidinger und Becks – das ist es. Wenn ich eine Werbekampagne für unseren Haus-Drink, die „Fromme Helene“, erfinden würde, dann würde ich sie mit Fritzi Haberlandt machen. Sie würde perfekt dazu passen. Die Zeiten wandeln sich. Droht uns heute ein neues Diktat der Nüchternheit? Wir werden schon so ein bisschen prohibitiv. Zum Beispiel wurde der Moscow Mule wiederentdeckt, ein Drink, der fast gesund schmeckt. Ingwer, Gurke – das ist irgendwie fürchterlich! Komisch: Wir streben danach, das Richtige zu tun. Man fragt sich, was trinke ich, um mir am wenigsten zu schaden. Da wird der Stress in einen Bereich des Lebens getragen, wo er nichts zu suchen hat. Selbst in der Freizeit wollen wir uns optimieren. Jogger, die nachts unterwegs sind mit atmungsaktiven seltsamen Klamotten und Personal Trainern ... Ein Trinkspruch zum Abschied? (Kerstin Ehmer winkt einen Barkeeper zu sich. Hermann, altgedient, eine Institution wie die Bar selbst.)
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Erfahrungs. bericht
Foto: Ute Cohen
Die Lust
Im Eingangsbereich der Vergnügungsetage
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Erfahrungs. bericht
der Anderen Text: Ruth Batella
Foto: PR Schloss Milkersdorf
Neugier ist der Anfang allen Abenteuers. Wie es in einem Swingerclub wohl zugeht und ob da wirklich alle so viel hedonistischer und wilder sind als man selbst, haben sich sicher schon viele gefragt. Mein Mann und ich haben eine „Erotische Schlossnacht“ auf Schloss Milkersdorf besucht und es in Erfahrung gebracht.
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Wir fahren in den Spreewald. Diesmal allerdings nicht zum Paddeln. Mein Mann und ich sitzen heute allein im Auto, auf dem Rücksitz nur ein paar Kleinigkeiten und am Fenster der Bügel mit unserer Abendgarderobe. Zuerst steuern wir das Dorf an, in dem unsere Unterkunft liegt. Das Häuschen ist gemütlich und liegt bildschön, es ist beinahe schade, dass wir kaum Zeit darin verbringen werden. Während mein Mann duscht, werfe ich mich schon mal in Schale. Ein kritischer Moment. Ob wir es schaffen werden, das Haus zu verlassen? Wir hatten schon Schwierigkeiten, am Nachmittag aus dem Bett zu kommen, in das wir vor übereifriger Fantasie nach der Arbeit noch schnell springen mussten. Zum Glück haben wir das Taxi schon vor dem Umziehen bestellt, so dass wir nicht allzu detailliert abschweifen können. Bei der Ankunft im Schloss sind wir aufgeregt wie zwei geschüttelte Brauseflaschen. Das Schloss, eigentlich eher ein gediegenes Gutshaus, ist romantisch erleuchtet. Neben der kleinen Freitreppe brennt ein Feuer. Vor
uns steigt ein anderes Paar die Stufen hinauf. Er trägt einen hellgrauen Anzug, sie ein kurzes Abendkleid unter dem Mantel. Sie könnten auch ins Theater gehen. Während die beiden sich anmelden, haben wir kurz Zeit, uns im Foyer umzusehen. Überall hängen alte Bilder an der Wand, schwere dunkle Möbel und eiserne Kerzenständer stehen an den Wänden. Wir bekommen einen Schlüssel für das Schließfach, in dem wir unsere Jacken und Wertsachen einschließen können. Dann gibt es einen Sekt und, weil wir Erstbesucher sind, eine kleine Einführung. Ebenerdig befinden sich zwei große Haupträume: das Kaminzimmer mit grünen Wänden und weinroten Ledersofas und der Raum mit dem Barbetrieb, in dem auch das Buffet steht und die Gäste speisen. Für Raucher gibt es außerdem einen sich direkt am Hinterausgang anschließenden beheizten Pavillon. Im Kaminzimmer wird paar- oder grüppchenweise parliert, die meisten Gäste sitzen aber noch im Barraum an kleinen hohen Tischen und essen. Es läuft gedämpfte Lounge Musik, die Gäste sind elegant gekleidet. Bisher lässt nichts den tieferen 65
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Ellbogen vereinbart. Dann muss niemand sich oder dem anderen eine Blöße geben und die Situation kann diskret beendet werden.
„ In einer Nische vögeln zwei nackte Paare nebeneinander,
das eine genussvoll langsam, das andere hektisch rammelnd. Zweck der Veranstaltung vermuten. Bis hierhin könnte man glatt seine Eltern mitnehmen: „Das ist aber hübsch hier. Und endlich hat der Junge mal was Ordentliches an, nicht immer nur Jeans und Pullover.“ Wir setzen uns zu einem anderen Paar an den Tisch. Sie sind Mitte vierzig, wie wir, und extra quer durch Deutschland angereist, schon zum vierten Mal, wirken aber überhaupt nicht wie Hedonisten. Im echten Leben haben sie Haus und Hof, zu viel Arbeit und kaum Zeit für sich selbst, wie aus ihren Erzählungen herausklingt. Mit so einem Abend gönnen sie sich eben ab und zu mal was Aufregendes. Mein Mann und ich gehen nach dem leckeren Essen und den ersten Drinks auf Entdeckungstour. Im flachen gewölbten Untergeschoss liegen Sauna, 66
“
Duschen und Whirlpool, flankiert von rot bezogenen Liegewiesen. Es ist noch niemand hier. Wir genießen ein paar Momente lang unsere Zweisamkeit und teilen unter Kichern und Küssen unsere ersten Eindrücke. Wir sind nicht wirklich darauf aus, mit anderen sexuell aktiv zu werden. Wir wollen eher erstmal das Ambiente auf uns wirken lassen, zusehen, was die anderen so treiben, und unter den Blicken der anderen zu zweit miteinander spielen. Wir haben abgesprochen, an diesem Abend nicht mit anderen zu vögeln oder zu knutschen, aber anfassen oder anfassen lassen von Brüsten, Hintern und Genitalien wäre okay, falls sich die Situation doch ergäbe. Für den Fall, dass einer von uns etwas tut, das dem anderen unbehaglich ist, haben wir den Griff an den
Der obere Raum, in den die Treppe mündet, birgt diverse verschnörkelte Sofas und Sessel, ein kurioses Sexmöbelstück, das sich mir nicht sofort erschließt und ein aus grobem Holz gezimmertes Kreuz mit diversen Spielmöglichkeiten. Von dem Raum gehen weitere ab, im ersten Moment meint man sich zu verlaufen. Es gibt verschiedene Nischen mit rot bezogenen Spielwiesen, eine Nacktsuite, einen Darkroom und einen mit Glory Holes, auch ein kleines abschließbares Séparée für ganz ungestörte Momente. Daneben gibt es Fächer zur Ablage von weiterer Kleidung und in jedem Raum liegen stapelweise Handtücher zum Unterlegen. Auch Kondome und Gleitgelspender stehen an strategisch günstigen Punkten. Wir entscheiden uns für eine große Polsterfläche mit einem Spiegel schräg an der Wand. Von unserer Position aus können wir außerdem das Holzkreuz nebenan sehen. Ein etwas üppiges Paar in den 50ern hat sich daran eingerichtet. Ihre Augen sind verbunden, ihre Hände oben am Kreuz fixiert. Breitbeinig steht sie in halterlosen Strümpfen da und lässt sich von ihrem Partner liebevoll den Po versohlen. Während mein Mann und ich uns vergnügen, hören wir seine Finger in ihrer Möse schmatzen, bis
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Fotos: PR Schloss Milkersdorf, privat
Gediegenes Ambiente im Kaminzimmer
Wir gehen wieder hinauf ins Kaminzimmer, das inzwischen voll ist. Alleine vögeln können wir ja auch zu Hause. Wir setzen uns auf einen großen Hocker vor dem Feuer und lassen unsere Sinnlichkeit von uns Besitz ergreifen. Wir sind noch vom unvollendeten Nachmittag aufgeheizt, und der besondere Reiz der Situation liegt daran, dass alle um uns herum noch brav Konversation betreiben. Niemand außer uns knutscht oder fummelt, das eine oder andere Paar beobachtet uns aber, merken wir aus den Augenwinkeln. Da wir nicht wissen, ob weiterführende Aktivitäten im Erdgeschoss erwünscht sind oder ob das Kaminzimmer ein unbescholtener Rückzugsort sein soll, gehen wir schließlich hinauf in die Vergnügungsetage.
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sie mit tiefem lustvollen Stöhnen immer wieder abspritzt. Von etwas weiter weg hören wir eine Frau monoton stöhnen, aber bei ihr klingt es eher nach inszeniertem Pornogestöhn. Vor unserer Liegefläche bleiben immer wieder Menschen stehen und sehen uns zu, aber niemand legt sich zu uns oder fasst uns an, obwohl wir nichts dagegen hätten. Wahrscheinlich spürt man, dass wir sehr innig miteinander beschäftigt sind. Aus den Augenwinkeln sehen wir manchmal Leute vorübergehen, wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten. Manche wirken eher wie verirrte Museumsbesucher, manche sachlich, als wären sie im Büro, nur eben komplett nackt. Nachdem wir – etliche Stunden später – wieder aus unserer Seifenblase auftauchen, uns ausruhen und Wasser trinken, das in Karaffen bereit steht, wandern wir weiter durch die obere Etage und bleiben hier und da sitzen und gucken. Im Vorbeigehen fasst mir ein junger Mann kurz an die bloßen Brüste. Auf einem Sofa reitet eine kurzhaarige Frau auf einem Mann mit hübschem Schwanz. Er packt ihre Pobacken und zieht sie auseinander, so dass man seinen Schwanz in ihr verschwinden sehen kann. In einer Nische vögeln zwei nackte Paare nebeneinander, das eine genussvoll langsam, das andere hektisch rammelnd. Sie wechseln ab und zu die Positionen, danach die Partner. Auf einer großen Fläche liegen mehrere Paare wie Sardinen nebeneinander, aber jedes scheint dennoch für sich. Auf einem runden Polster in der Mitte des Raumes liegt eine Frau im Korsett und ein Mann hantiert an ihren ausladenden Brüsten und in ihrem Schritt. Es ist ruhig geworden, viele scheinen schon gegangen zu sein. Wir beschließen, hinunter an die Bar zu gehen, um noch einen Drink zu nehmen. Überrascht stellen wir fest, dass es zwei Uhr ist. Sobald wir anfangen zu spielen, rast die Zeit. Wir kommen mit einem attraktiven älteren Paar ins Gespräch. Sie sind seit dreißig Jahren verheiratet und seit zehn Jahren Swinger, kennen viele Clubs und Urlaubsorte zu diesem Zweck und erzählen uns von ihren Anfängen und Erfahrungen seither.
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Auch sie sind schon oft aus Süddeutschland angereist, dafür bleiben sie das ganze Wochenende und kommen am folgenden Abend nochmal ins Schloss. Mit unserem letzten Drink ziehen mein Mann und ich uns in den Außenpavillon zurück. Dort ist niemand mehr und die Luft ist angenehm frisch. Als wir nach kurzem Schmusen und einer ersten kurzen Auswertung wieder hereinkommen, sind alle weg. Wir brauchen noch ein Taxi, sagen wir dem Barmann, der uns entgeistert anguckt. Es ist halb vier. Freitags schließt das Schloss um drei. Immerhin dürfen wir im Foyer warten, denn draußen ist es inzwischen empfindlich kalt und mein Kleid reicht nicht mal bis ganz über den Po. Während wir dort sitzen, taucht noch ein Paar auf, das offenbar ebenso verspielt ist wie wir und die Zeit vergessen hat. Auch sie brauchen ein Taxi, aber in die entgegengesetzte Richtung. Die beiden sind jung, noch keine Dreißig. Ich habe sie vorher gar nicht bemerkt. Sie blond, etwas drall, in einem kurzen roten Fransenkleid. Er groß und schlank, mit Hosenträgern auf dem freien Oberkörper und einem mehr als frechen Funkeln in den Augen. „Der hätte mir gefallen“, raune ich meinem Mann zu.
Tatsächlich der Erste an diesem Abend. Wir gefallen den beiden offenbar auch. Als unser Taxi eintrifft, hält mein Mann kurz inne. „Sollen wir sie mitnehmen?“, flüstert er mir zu. Ich zögere, dann schüttele ich den Kopf. Jetzt will ich lieber mit ihm allein sein, vor allem morgen früh allein mit ihm aufwachen. Eigentlich sollten wir müde sein, aber die letzten paar Gin haben uns wieder angefeuert, und im Kopf schwirren unzählige neue Eindrücke und Fantasieszenarien herum. Darüber hinaus fällt die doch vorhandene Nervosität nun komplett von uns ab. Nach dem ersten Ansturm ganz ungehemmter Lust fallen wir ein paar Stunden in einen tiefen Schlaf. Im Morgengrauen erwacht wie immer die Sinnlichkeit erneut mit uns und wir lieben, streicheln, knutschen uns und flüstern bis kurz vor Mittag. Wir schaffen es gerade noch kurz zu duschen und uns anzuziehen, bevor die Putzleute kommen und wir auschecken müssen. Nach einem dringend notwendigen Frühstück in Cottbus, das nur wenige Kilometer entfernt liegt, fahren wir zurück nach Berlin. Am Nachmittag kommen die Kinder von den Großeltern zurück. ♥
„ ...im Kopf
schwirren uns unzählige neue Eindrücke und Fantasieszenarien herum ... Die Autorin hält Ausschau nach dem Taxi
“ 67
Heiße. Nummern
Sexuelle Orientierung vs. Praxis Über zwei Jahre hinweg befragten Ärztinnen und Ärzte der Technischen Universität München 12.354 Männer im Alter von 45 Jahren in Düsseldorf, Hannover, Heidelberg und München unter anderem über ihre erste sexuelle Erfahrung, ihre sexuelle Orientierung, die Anzahl ihrer Partnerinnen und Partner und ihre sexuellen Praktiken.
95,1 % der Teilnehmer definierten sich selbst als heterosexuell. 3,8 % gaben an, homosexuell zu sein. 1,1 % bekannten sich zu Bisexualität. Von allen befragten Männern waren
85,5 % während den letzten drei Monate sexuell aktiv.
Unter heterosexuellen Männern hatten In der gleichen Gruppe hatten knapp
98 % vaginalen Sex.
60 % auch oralen Verkehr.
Unter homosexuellen Männern praktizierten knapp Analverkehr übten in dieser Gruppe nur
Mehr als Knapp
91 % Oralverkehr.
64 % aus.
75 % der Heterosexuellen führten eine langjährige Partnerschaft.
70 % der Heterosexuellen waren verheiratet.
80 % der Heterosexuellen hatten eigene Kinder bekommen. Von den Bi- und Homosexuellen waren mehr als
50 % in einer langjährigen Beziehung.
5,9 % bekannten sich zu Homosexualität, lebten jedoch rein heterosexuell, oft mit Ehefrau und Kindern. 5,5 % der Homosexuellen hatten bislang ausschließlich sexuelle Erfahrungen mit Frauen. 10,3 % der Homosexuellen hatten in den letzten drei Monaten vaginalen Sex. Von ihnen hatten nur
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25 % jemals sexuelle Erfahrungen mit einem Mann.
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Spielzeug. test
Der Vielseitige Hannah Brandt hat den Best Mate Vibrator mit Klitorisreizer von Orion getestet, die Fantasie ein wenig spielen lassen und dabei einen neuen besten Freund gefunden.
Foto: orion
Bevor es losgehen konnte, musste das gute Stück noch mit Batterien versehen werden. Das kleine Batteriefach zu öffnen, fiel mir zwar etwas schwer, gelang dann aber doch mit Hilfe der Bedienungsanleitung und einem kleinen, länglichen Knopf, den man eindrücken muss. Batterien waren zum Glück auch schnell gefunden. Merke: Für Etwaitäten immer ein paar extra AA- und AAA-Batterien im Haus haben. Man weiß ja nie. Der Vibrator verfügt über zwei Bedienfelder, die sich intuitiv betätigen lassen, so dass ich mich erst einmal durch die verschiedenen Vibrations- und Pulsationsmodi schaltete. Persönlich halte ich es allerdings mit dem bekannten Motto: Weniger ist mehr. Nachdem ich es mir bequem gemacht hatte, wurde es Zeit für Spielereien. Ob mit Gleitgel oder natürlicher Feuchte – der Vibrator ließ sich sehr angenehm einführen und zwar zunächst so, dass der längere, dickere Teil so in der Muschi lag, dass das kurze Stück als Auflagevibrator auf der Klitoris ruhte. Gut, von Ruhe konnte bei Impulsen und Vibrationen schon sehr bald keine Rede mehr sein. Das Ding ging ab. Es stimulierte jedoch nicht nur meine Lustzone, sondern auch meine Fantasie. Mit diesem nicht ganz kleinen, aber feinen „Doppeldildo“ ließen sich sicher noch ganz andere Stellen in Schwingung versetzen. Also drehte ich den Spieß kurzerhand gewissermaßen um, sodass der Auflageteil nun sanft meinen Anus massierte und um Einlass bat. Die Spitze ließ sich, mit reichlich Gleitgel befeuchtet, sanft einschieben und saß dank der leichten Plugform gut. Meine noch freie rechte Hand übernahm den Part des Auflagevibrators. So viel Spaß hatte ich schon lange nicht mehr bei einer Solonummer ... ♥ ALS DER POSTBOTE DAS PAKET mit dem Corpus delicti ins Haus brachte, wurde ich das erste Mal angenehm überrascht. Allerdings nicht vom Postmann, der gleich wieder dienstbeflissen verschwand, sondern von der ansprechenden Verpackung. Sehr dezent, sehr feminin, sehr zeitgemäß und so gar nicht traditioneller Erotikversand, den man vielleicht noch mit Orion assoziiert, wenn man schon etwas länger auf der Welt ist. Auch der Inhalt des länglichen Kartons brauchte sich nicht zu verstecken. Zuerst fiel die samtige Oberfläche des Vibrators auf, die sich sehr angenehm anfasst, fast wie die weiche Haut des natürlichen Vorbilds. Der tiefe Violettton und das mit Gold abgesetzte Batteriefach wirken edel und hochwertig. Bei manch anderem namhaften Hersteller hätte man für ein ähnliches Teil das Drei- bis Vierfache für denselben Spaß bezahlt.
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Kontrovers. Manscaping
Haare ab? Yes, Darling! Von Lilla Augustin MANSCAPING – das klingt nach Landschaftsgestaltung auf männlichem Körper: von englischem Park (geplant naturbelassen) über französische Barockgärten (fein gestutzt und manikürt) bis zu modernem Minimalismus. Und genau das meint Manscaping: die Entfernung oder Gestaltung allen überflüssigen Körperhaars am Mann und da gibt es mitunter einiges, auch und gerade in der männlichen Bikinizone. Tut Manscaping not? Selten. Ist es ästhetisch? Geschmackssache. Manche Leute mögen lieber Nektarinen, andere Pfirsiche. Ich für mich mag es, wenn meine Finger über nackte, weiche Haut gleiten, statt in einem Filzläufer stecken zu bleiben. Lieber zerzause ich einem Mann vor lauter Leidenschaft das Haupt, als das Brusthaar oder gar den Rücken. Aber ich mag glatte Männerkörper noch aus anderen Gründen. Da ist zum einen das schnöde Gefühl ausgleichender Gerechtigkeit. Schließlich rasieren sich Frauen ja auch aus ästhetischen Gründen. Wenn ich mich per Rasur für ihn appetitlicher mache, darf er das bitte auch für mich. Es leckt und bläst sich einfach schöner, wenn man kein eingeklemmtes Haar aus den Schneidezähnen puhlen muss. Ob man sich damit einem von der Pornoindustrie propagierten Schönheitsideal beugt, ist mir an dieser Stelle schnuppe. Vielleicht ist Manscaping ja auch eine Erfindung der alten Griechen. Zumindest kam mir dieser Gedanke, als ich vor einiger Zeit durch die Antikensammlung des Louvre schlenderte. Lauter wohlgeformte, kantige Körper (wenngleich eher 70
bescheidene Gemächte), die nicht unter einem Eigenhaarleibchen verborgen waren. Wie gern hätte ich manchem Liebhaber in der Vergangenheit zugerufen: Leg doch mal den Pelz ab, damit ich dich richtig bewundern kann! Den Trimmer oder Rasierer an den richtigen Stellen anzusetzen, hat noch andere Vorteile. Abgesehen von einem Gefühl der Sauberkeit, von dem mir ein Mann auf Nachfrage berichtete – eine Küchenoberfläche aus Granit lässt sich schließlich auch besser reinigen als ein Langflor-Teppich – schenkt der Kahlschlag dem Mann darüber hinaus noch ein paar sonst versteckte Zentimeterchen, die kaum ein Mann verachten dürfte, denn welcher Kerl macht sich nicht gern ein bisschen größer bzw. länger. Und seien auch wir Damen ehrlich: Natürlich kommt es immer auch auf die Größe an und sei es fürs Kino im Kopf. Wenn dieser kleine optische Trick gepaart mit einem neuen Körperbewusstsein einem Mann dazu noch das sexuelle Selbstvertrauen beschert, begehrenswert zu sein und eine Frau glücklich machen zu können, dann ein Hoch aufs Manscaping! ♥
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Kontrovers. Manscaping
No, Darling!
Foto: © diy13 – Fotolia.com
Von Alma Fabian
Séparée No. 19
MANCHMAL FRAGE ICH MICH, woher der Mythos kommt, dass Männer – im Gegensatz zu Frauen – mit dem Alter attraktiver würden. Besonders jetzt im mittleren Alter möchte ich nicht mit den Herren tauschen müssen. Zusätzlich zu allem, was auch Frauen beim Älterwerden ereilt, haben die Männer noch das Problem mit dem unkontrollierten Haarwuchs. Selbst wenn sie genetisch gesegnet sind und ihr Kopfhaar behalten, fühlen sich jede Menge zusätzlicher Haare befugt, an den unmöglichsten Stellen des Männerkörpers zu wuchern. In den Ohren ist die Sache ja noch überschaubar und leicht einzudämmen, aber so ein ausgewachsener Männerrücken kann ganz schön viel Platz für ganz schön viele Haare bieten. Ich hatte nie eine Präferenz, was den Haarwuchs meiner Männer angeht. Ob unbehaart oder mit weichem Pelz auf Brust und Bauch, das war mir immer egal. Auch männliche Scham- und Achselbehaarung mochte ich schon immer. Was viele vergessen haben oder vielleicht noch nie wussten: Schamhaar wurde von der Natur erfunden, damit man als geschlechtsreifer Mensch erkennbar und besonders verlockend riecht. Und ich stehe definitiv auf den Duft eines paarungsfähigen Mannes. Aber die Männer in meinem Bett waren quasi bis gestern noch ziemlich jung und schon deswegen grundsätzlich nicht so überwuchert. Inzwischen spiele ich in der Ü40-Liga, und da ist der Schnack mit der männlichen Körperbehaarung ein ganz anderer.
Mein aktueller Mann hat noch immer seine wunderschönen dunklen Locken auf dem Kopf, dazu einen kurzen, graumelierten Bart – und darüber hinaus Haare auf so ziemlich jeder Hautpartie, außer vielleicht in den Kniekehlen. Zumindest als ich das letzte Mal nachgesehen habe. Als er sich im Frühjahr über den einsetzenden Haarwuchs auf dem Rücken beklagte, bot ich ihm an, ihm den Rücken mit Wachs zu enthaaren. Schließlich war für mich ein haariger Rücken schon immer ein absolutes Nogo. Mein Mann ist ein harter Kerl und nahm die wahnsinnigen Schmerzen zu Liebe seiner Sexyness schließlich in Kauf. Die vom Wachs lang und platt gedrückten Haare auf den Stoffstreifen sahen dort allerdings viel ekliger aus als leicht gelockt auf seinem Rücken. Als hätte ich einem Hund das Fell abgezogen. Aber ja, ich genoss es in den kommenden Wochen, über seine freigelegte, plötzlich wieder babyweiche Haut zu streichen. Nach dem Sommer wuchsen die Haare erneut lang – störten aber überraschenderweise überhaupt nicht, weder ihn noch mich. Jeder andere haarige Rücken würde mich wahrscheinlich immer noch abschrecken, aber diesen einen ganz besonderen mag ich nun mal. Von mir aus soll der Mann zum Hobbit werden, ich finde ihn trotzdem ungemein begehrenswert und kralle mich gern in seinen dichten, duftenden Pelz, wenn er mir mit seinen gekonnten Berührungen einen Höhepunkt nach dem anderen beschert. Ich habe die Männer gern natürlich und ungezähmt. Männer, die auch mich so nehmen, wie ich bin – mit Haut und Haaren. ♥ 71
Spitzmarke Kunst. stück
Unschuld provoziert mehr als die Möhre im Anus Interview: Ute Cohen / Fotos: Cathrin Bach / Kunst: David Lehmann
Unsere Redakteurin Ute Cohen hat mit dem jungen Künstler David Lehmann gesprochen und ihn überzeugt, für uns die Hüllen fallen zu lassen. 72
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Séparée: Herr Lehmann, Sie haben einen berühmten Namensvetter, Michelangelos David. Wie fühlt man sich, wenn man sich öffentlich entblößt? David Lehmann: Mich haben schon tausend Leute nackt gesehen, ich bin Saunagänger. Es ist aber natürlich eine andere Art, nackt zu sein mit einer Fotografin zusammen und in explizit erotischen Szenen. Das war schon ein interessanter Prozess beim Shooting. Die Befreiung, die ich erlebte, war quasi korrelativ. Auch die Fotografin wurde enthemmter, die Sache spielerisch anzugehen. Das hat sich dann wieder auf mich gespiegelt. Sie haben also kein Problem mit Öffentlichkeit? Gibt es für Sie da eine Grenze? Nicht was Nacktheit betrifft. Damit hab’ ich auch schon gespielt in den sozialen Medien. Dass das nun auch noch gedruckt wird in einem Magazin für Frauen, imponiert meiner manchmal nervigen Eitelkeit. Wir haben auch viele männliche Leser um die fünfzig ... Umso besser, vielleicht können wir sie dazu animieren, gängige Rollenklischees zu überwinden. Außerdem ist die Nacktheit bei einem Shooting ja kalkuliert, bisweilen sogar idealisiert. In der Sauna hingegen sieht man nicht immer ideal aus. Das ist eine naturalistische, ja flüchtige Nacktheit. Ist das ungewöhnlich für einen Künstler, diese Ungezwungenheit? Viele Künstler sind inzwischen übervorsichtig. Es gab Jonathan Meeses „Zwickauer Pornoskandal“, Bilder in Museen werden abgehängt ... Riskiert ein Künstler heute etwas, wenn er sich zeigt? Das kommt auf die Art und Weise an. Wir haben versucht, das Shooting auch mit einem Touch von Unschuld zu gestalten, weil ich glaube, dass Unschuld heutzutage mehr provozieren kann als der nackte Spagat oder die Möhre im Anus. Ich glaube, dass uns das gelungen ist, insbesondere, da meine Freundin, die Künstlerin Elena Acquati, involviert war. Dadurch ist eine authentische
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zwischenmenschliche Energie entstanden. Man will es aber auch nicht zu privat gestalten. Dem Recht auf Privatsphäre wird ja oft sehr despektierlich begegnet. Andererseits stehe ich diesem Pornowahn skeptisch gegenüber. Provozieren kann ein Künstler damit wohl kaum mehr. Unterscheiden Sie zwischen Erotik und Porno? Gute Frage. Ich bin da mal altphilologisch herangegangen. Der Begriff Pornographie war ja ursprünglich das Protokoll des Lebens der Hetären. Pornographie, wie wir sie kennen, ist meiner Auffassung nach eine radikale Objektivierung des Menschen und der menschlichen Psychologie. Zwischenmenschliche Begegnungen in Pornos sind fiktiv. Pornodarsteller sind häufig mit Koks oder Viagra abgefüllt. Erotik hingegen ist eine ungeschriebene Geschichte, eine Geschichte, die vielleicht unmöglich erscheint unter den gegebenen sozialen Umständen. Sie unterscheiden auch in Ihren Bildern zwischen dem Verwirklichten und dem Möglichen. Ein Bild trägt den Titel „Ein Gerücht namens Tod“. Genau, was ist denn provozierender als der Tod? Der überzeichnete Phallus der Pornographie löscht jegliche Vorstellungskraft aus. Sasha Grey, die Autorin und ehemalige Pornodarstellerin, hat diese Dynamik ad absurdum geführt, in dem sie Gangbangs in dominanter Funktion durchführte. Erotik ist für mich der ungeöffnete Schleier der Maya. Steckt da auch eine Prise Humor drin? Wie sieht’s aus mit Humor im Sex? Ganz wichtig. Das Fundament guter Sexualität ist, dass man sich selbst nicht zu ernst nimmt. Dann hat man auch ein besseres Körpergefühl. Das ist ja häufig eine kaskadenartige Anhäufung von Minderwertigkeitskomplexen heutzutage. Da muss man sich ja nur mal Fünfzehnjährige bei Instagram angucken. Mich hat sicherlich 73
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auch einiges an mir gestört damals, aber jetzt ist das offenbar ein ganzheitliches Thema geworden: Man unterhält sich nicht mehr über Literatur oder den neuesten guten Film, sondern über die Geheimratsecken eines Siebzehnjährigen. Wie sich das dann wohl auf die Sexualität auswirkt? Ihre Unterscheidung zwischen Pornos und Erotik ist spannender als die rechtliche, mit der wir bei Séparée konfrontiert sind. Kennen Sie die 45-Grad-Regel für Erotikzeitschriften? Ja, jetzt kenn ich sie. (lacht) Hat Sie das nicht überrascht, dass ein Penis nicht im 45-Grad-Winkel erigiert sein darf, weil es sonst als Pornographie gilt? Nein, das hat mich nicht überrascht, weil ich die absurde Information hatte, dass es in amerikanischen Filmen zum Beispiel nicht darauf ankommt, ob, sondern wie lange ein erigierter Penis zu sehen ist. Die deutsche Regel ist natürlich kurios: Soll man da die 45 Grad abmessen? Lächerlich. Ich habe die Zensur übrigens selbst schon erlebt, als ich einen zwei Meter zwanzig großen Penis gemalt habe. Der musste in Cottbus im Landesmuseum hinter eine Wand mit einem Schild: Ab 18! Man sollte den Pimmeln nicht zu viel Macht zugestehen, die meisten sind bestimmt harmloser als gedacht. (lacht) Ein „naiver Maler“, so der Titel eines Ihrer Bilder, sind Sie also nicht. Ich bin ein naiver Mensch, aber kein naiver Maler, das ist eine Falle und platonisch von mir gemeint. Der, der sich immer als 74
Nichtwissender darstellt, wird nicht angegriffen und man erwartet nicht, dass er überhaupt angreift. Da wird’s spannend. Wie passt das mit dem Hauptthema des Shootings, Unschuld, zusammen? Séparée ist ja ein Magazin, bei dem man eine gewisse Ästhetik erwartet, die zu einer kurzfristigen Erregung führen kann. Was wir, also die Fotografin Cathrin Bach, Elena und ich aber geplant haben, ist eine spezielle Anordnung. Mit Requisiten, Make-up, meiner Figur selbst haben wir fast barocke Fotos geschossen. Elena ist selbst Malerin und arbeitete jahrelang für das Staatstheater Cottbus und in der freien Szene als Bühnenbildnerin, ihre Mitarbeit war essentiell. Wir haben uns gedacht, einen schlaffen Pimmel will keiner sehen. Deshalb haben wir uns gesagt, wir lassen den Fokus auf den Penis weg. Wenn der Penis zu sehen ist, dann eher zufällig. Wir haben uns auch über unsere unterschiedlichen Auffassungen von Erotik unterhalten. Cathrin hat zum Beispiel in einer Augenbraue Erotik gesehen. Das kenn ich auch. Klar mag ich schöne Brüste, aber ich mag auch sehr schöne Hände. Hände verraten, ob jemand passiv, aktiv ist, Lust aufs Leben hat, sich gehen lässt, gelebt hat. Was versteht Ihre Freundin darunter? Elena braucht die Wahrnehmung der unvollendeten Narration. Wenn ein Foto nur die Einleitung einer Kurzgeschichte oder eines spannenden Romans ist, dann ist das für sie erotisch. Ich selbst finde mein Bild der Bonobo-Affen, das im Schlafzimmer hier hängt, allein schon erotisch. Es heißt übrigens „Die Versöhnung“.
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David Lehmann (Jahrgang 1987) lebt und arbeitet in Cottbus. Er hat Bildende Kunst an der Universität der Künste in Berlin studiert. Aktuelle Werke von ihm sind im Rahmen der Ausstellung „Neue Malerei in Deutschland“ noch bis 19. 1 . 19 zu sehen.
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Porno, Erotik ... Sind das Kategorien, die in der Malerei zählen? Ist Pornographie Kunst? Ja. Der Japaner Araki gilt oft schon als pornographisch. Die Figuren sind aber psychologisiert. Insofern ist das streng genommen keine Pornographie, wohl aber ein Spiel mit pornographischer Ästhetik. Terry Richardson hat das auch versucht, er hat aber nicht die Tiefe. Das ist zu platt, er zielt auf kurzfristige Erregung. Araki aber kann mich bis in meine Träume verfolgen und beeinflusst sicherlich meine Malerei. In der Berliner Ausstellung „Porn Porn Porn“ haben immerhin Andreas Mühe und Martin Eder ausgestellt. Mühe machte sogar Pornset-Shootings. Mich stört’s immer ein bisschen, wenn Malerei in einen fremden Zwangskontext verhandelt wird und man nicht über Malerei selbst spricht. Das ist sehr in Mode. „Hundert Jahre Katze – Martin Eder“ hingegen, das wäre mal eine mutige Ausstellung. Der malerische Blick auf das Objekt selbst ist herausfordernd. Ihr Gemälde „Vertigo“ zeigt einen entblößten Po. Auch einige Ihrer Bilder sind explizit, zeigen Phalli, Dildos. Dildos, tatsächlich? (lacht) Nicht mehr so offensichtlich wie früher, oder manchmal viel offensichtlicher als früher. Mittlerweile versuche ich mit anderen Mitteln, diesen ersten Sog zu gestalten, durch Farbe selbst. Das schießt mehr ins Unterbewusstsein. Das Phallische versuche ich eher puzzleartig einzubauen. Dann kann der Moment entstehen, wo ein Betrachter überlegt: Ist das jetzt Penetration oder ist das eine Ziege (lacht) oder ist das der türkische Ministerpräsident. Dann kann auch diese Vibration von Unbehagen entstehen. Bei einem gesellschaftlichen Abend zum Beispiel: Traut man sich diesen Gedanken auszusprechen oder nicht. Sind die so pervers wie ich selbst? Bazon Brock spricht von der pornographischen Wirkung von Bildern: Abstoßung oder Angezogensein. Das sehe ich nicht so. Es gibt doch unzählige Varianten der Betrachtung. Bestes Beispiel Paul Klee, der hat mich erst total gelangweilt, einfach gelangweilt, dann bei einer ordentlich kuratierten Ausstellung in der Nationalgalerie heftig gepackt. Kunstwahrnehmung hat also vor allem mit Erfahrung und Prozessen zu tun. Diese Schlüsselmomente, wo du dich in einem Kunstwerk vollkommen geborgen fühlst. Was die pornographische Bildwirkung betrifft: Warum immer diese schweren, pathetischen Worte? Das ist Zeitgeist der 60er Jahre. Ich bin zwar Moralist, aber gewiss kein Ideologe! Was hat es mit Ihrem Bild „Wasteland“ auf sich? So heißt ein Pornokanal.
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Ach, das wusste ich nicht. Ich hab’ mich auf das T.S. Eliots Buch „The Waste Land“ bezogen. Also nichts mit BDSM am Hut? Auf „Unser Genie“ zeigen Sie einen Menschen mit Schweine-Maske inmitten einer voyeuristischen Menge. Ich hab’s eher als Schweinemenschen und nicht als Maske verstanden. Mir ging es vornehmlich um die Problematik der platten, kalkulierten Provokation. Der Titel „Unser Genie“ führt ja darauf zurück: Ein Typ mit Riesenständer, Flasche im Arsch, reißt rockstarmäßig die Arme empor und wird dafür bejubelt. Das erinnert mich ein bisschen an den Seiltänzer in Nietzsches Zarathustra. Das wird durch den Markt heute künstlich hervorgerufen, frei nach der Rechnung: teuer gleich gut. Da brauch ich nur einen Menschen zu finden, der noch an etwas ernsthaft glaubt, und das dann ganz oberflächlich zerschneiden mit einer Bockwurst in der Moschee oder vor einem Vegetarier-Verein stehend. Und BDSM? Also mit diesem BDSM-Zeug kann ich nichts anfangen. Ich hab als 11-jähriger den Film „Tokyo Decadence“ gesehen und fand das ziemlich lustig. Fesseln, Handschellen und das ganze Zeug, das ist nichts für mich. Häufig scheinen das sehr verklemmte Menschen zu sein, die darauf stehen. Ich habe mich mit einigen unterhalten. Ich brauche das nicht. Mir reichen „Roxy Music“ und ein Glas Champagner. Ein Wort noch zum Thema Prüderie: In meiner Zeit an der Universität der Künste bin ich zu Beginn ziemlich hart angegangen worden. Ich hatte Elena ein kleines Ölbild geschenkt, eingraviert hatte ich: „Dich zu küssen, so zart, wie ich kann. Dich zu ficken, so hart, wie du es verlangst“. Das hatte eine riesige Diskussion ausgelöst. Man warf mir diese Sexismus-Plattitüden vor. Dabei hatte ich doch bewusst Sinnlichkeit an die erste Stelle gestellt. Ja, eben. Was will man mehr? Danke. Danke. Chapeau! (lacht) Sie bewegen sich behände zwischen den Stilen. Das Überbordende an Stilistiken, Zitaten, Anklängen. Das ist einfach der Größenwahn, dass ich bestimmte Dinge, die mir in der Geschichte der Malerei auffallen, ausprobiere und versuche, es besser zu machen. Aber manchmal scheitere ich dabei und nutze das Erfahrene für meine eigene Sprache. Leben heißt doch vor allem probieren. Der Kunstmarkt definiert aber, was erfolgreich ist. Solange etwas funktioniert, bleibt man dabei. Bei Picasso kam vielleicht irgendwann ein Sammler und sagte, jetzt ist genug blau. Mach mal rosa. Hier haste zehn Tuben! (lacht) 79
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Sie arbeiten mit sehr unterschiedlichen Farbskalen bis annähernd monochrom und verschiedenen sehr sinnlichen Materialien: Harz, Eitempera, Blattgold, Lack ... Das ist mir sehr wichtig. Jedes Farbmittel, Malmittel bietet ja einen anderen Duktus. Das kann sehr trocken sein, richtig fettig werden, auch transluzent. Das alleine hat schon eine Mystik, die mich euphorisiert. Wenn ich diese Sensibilität auch noch durch Plakativität brechen kann, dann existiert in meiner Arbeit ein tatsächlich sehr „geschwätziger Diskurs“, wie die Kunsthistorikerin Sabrina Kotzian es vortrefflich diagnostizierte. Apropos, Sie arbeiten auch mit Kupferoxidation. Pinkeln Sie auch wie Warhol auf Ihre Bilder? Andy Warhol hat nicht selbst draufgepinkelt. Er hat draufpinkeln lassen. Einmal ist er wohl aggressiv geworden, weil einer das Bier nicht trinken wollte und deshalb nicht pinkeln konnte. Man muss den richtigen Moment abpassen. Bei mir wird nicht direkt gepinkelt, sondern vorsichtig aus der Flasche getröpfelt, da ich bei diesem Stadium eine gezielte Reaktion brauche. Sind Sie sexuell auch so vielschichtig wie Ihre Bilder? Ja. Auch Elena ist ein sehr neugieriger Mensch. Das hat zur Folge, dass wir uns auch schnell mal langweilen. Reines Gepoppe um der Eitelkeit willen macht für uns beide keinen Sinn. Wenn man fast zehn Jahre zusammen ist, probiert man vieles aus. Ich stehe z.B. auf Rollenspiele, da kann ich meine Theaterleidenschaft gut sublimieren. (lacht) Grenzüberschreitend, geschlechterüberschreitend? Ja. Bis auf Pädophilie, BDSM, Sodomie und alles was in die Toilette oder wahlweise auf meine Leinwand gehört. (lacht) Wenn mir eine sympathisch ist, dann kann man sich ja auf was einlassen. Da ist es wichtiger, ob eine Frau aufgeschlossen ist, als dass sie das 80
neuste iPhone besitzt. Es kann auch ein Typ sein, das ist auch schon passiert. Ich finde es absurd, dass man heute überhaupt noch darüber diskutieren muss. Francis Bacon und Hans Bellmer dekonstruieren Körper, Sie hingegen komprimieren eher ... Ja, finde ich auch. Beide dekonstruieren auf ganz unterschiedliche Art; der eine durch den Zufall, der andere durch eine ganz akribische Architektur, aber auch ein anderes Tempo. Bei mir beginnt es mit hoher Geschwindigkeit und wird immer langsamer. Also genau anders herum als beim romantischen Geschlechtsakt. (lacht) Bei Ihnen ist nichts linear. Kaum glaubt man, sich an etwas festhalten zu können, löst es sich wieder auf. Kaum hat man sich verführen lassen, wird man wieder enttäuscht. Aber dann ist da wieder eine Option, die vielleicht noch interessanter sein könnte. Ein bisschen wie in Rio de Janeiro beim Karneval. Ihre Titel knallen: „Autokratie, Tolstoi, Raub und Hühnerscheiße“ heißt eines Ihrer Werke. Gefällt es Ihnen, ordentlich auf die Kacke zu hauen? Man muss immer schauen, welches Thema man bedient. Platte Provokation ist mir zu banal. In dieser Banalität darf das Krachende nicht formuliert sein. Da kann man eher mit einer einfachen Sprache Punkte holen. Solche Titel nehme ich mittlerweile auch gern rein. Die deutsche Sprache ist naturgemäß sehr schwer. Vom Knalligen zum Purismus, ist das Ihre Entwicklung? Ich glaub eher, dass ich meiner eigenen Gefühle bewusster bin und niemanden mehr beeindrucken will, außer mich selbst. Nannte das Lou Andreas-Salomé nicht den „positiven Narzissmus“? ♥
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Fotos: jpedraza – www.pixabay.com
Beziehungs.weise
Eltern sein ... Text: Daniela Gaigg 82
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Beziehungs.weise
... Liebende bleiben Hilfe, Schatz, wir haben jetzt ein Kind! So fühlt es sich an, wenn man plötzlich zu Dritt ist und sich alles neu orientieren und einrichten muss, man seinen Platz im Familiengefüge neu suchen, seine Rolle finden muss. Dabei sollte die Beziehung zum Partner so wichtig genommen werden, wie das neu geborene Kind, rät der dänische Familientherapeut Jesper Juul und ich bin mir sicher, er hat Recht!
FIRST THINGS FIRST. Wir Mamas neigen dazu, alles, wirklich alles, hinten anzustellen, sobald das Baby auf der Welt ist. Dabei sollte man die Anstrengung der Geburt, die schlaflosen Nächte und die zehrenden Stillwochen und -monate nicht unterschätzen. Vermutlich hat die Natur es so eingerichtet, dass Baby an Nr. 1 steht, obwohl die Zeiten, in denen der Säugling dem Tode geweiht war, wenn er in der Wildnis allein gelassen wurde, passé sind. Gottseidank. Deshalb können wir Mamas den Minischatz tatsächlich immer wieder getrost in andere liebende Hände übergeben. Die Unterstützung der Familie ist Gold wert, denn es heißt nicht umsonst, es brauche ein ganzes Dorf, um ein Kind groß zu ziehen. Also nutzen wir doch die Möglichkeiten und lassen die Oma, Tante, Onkel, Nachbarin, Freundin ran, um uns mit dem Kindsvater und Liebsten zu treffen! Ja, genau. Für ein Date. Für ein Abendessen beim Lieblingsitaliener oder auf ein Eis im Park, ein Gespräch im Café oder zum Sex im Hotel. Warum nicht? WIR SIND DIE BASIS Die Basis der Familie und damit die wichtigste Einheit sind schließlich wir – das Elternpaar. Diese Bindung gilt es zu wahren und zu stärken. Dabei sind wir als Elternpaar noch mehr als das Fundament, auf dem die Familie gebaut ist. Wir sind Dauer-
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vorbilder für unsere Kinder. Wie wir leben, kommunizieren, diskutieren, Konflikte austragen oder versuchen, sie zu vermeiden. Wie wir mit Enttäuschung umgehen und was Freude mit uns macht. Das alles lernen Kinder von uns, unbewusst und dauernd. Unsere Kleinen bekommen mit, was es heißt, Frau zu sein und wie die männliche Rolle aussieht oder aussehen kann, wie wir in der Gesellschaft verankert sind und was wir in der jeweiligen Geschlechterrolle dafür tun. Auch deshalb ist es wichtig, als Paar ruhig zuerst an sich zu denken, als ständig um die Kinder zu kreisen. Dauerstreit – ob über Erziehungsfragen oder mangelnde Anerkennung – führt am Ende nur dazu, dass die Kinder sich für die schlechte Stimmung schuldig fühlen. Familie ist ein empfindliches Gefüge, das man hegen und pflegen muss, damit es den Alltagsbelastungen stand hält. Damit Familie gelingt, muss jeder Verantwortung für die eigenen Wünsche übernehmen, statt sie dem Partner oder den Kindern aufzubürden. Wer nur noch versucht, die Erwartungen an die Rolle als Vater oder Mutter zu erfüllen, verliert sich dabei selbst als Mensch. Wer seinen Platz in der Familie nicht findet, wird früher oder später in die innere Emigration gehen oder den Sprung aus der Beziehung suchen. Verantwortung bedeutet, eigene Grenzen und die des anderen zu respektieren und Beziehung als Raum zu verstehen, in dem jeder sich entwickeln und reifen darf. Wobei man Wachstum und Veränderung nicht erzwingen kann – weder von den Kindern, noch vom
Partner. Vielmehr kann man Unterstützung geben, Grenzen akzeptieren, Liebe und Anerkennung zeigen. Bei uns ist es aktuell so, dass wir dann und wann unsere Auszeiten brauchen. Ein offenes Gespräch, mehr Sport oder auch mal drei Tage komplett ohne Familie. Es wird vor allem dann spürbar, wenn eine anspruchsvolle Phase hinter uns liegt. Der Schulbeginn, der Umzug, ... es sind die Alltagshürden, die sich so viel besser verarbeiten lassen, wenn man sich Zeit für sich und für die Paarbeziehung nimmt und lieber mal Geld in den Babysitter investiert, als in neues Spielzeug. ♥
Daniela Gaigg, 2fache Mutter, lebt mit ihrer Familie in der Nähe von Wien. Sie betreibt seit 2012 das erfolgreiche Familienblog www.diekleinebotin.at. Beziehung und Familiendynamiken, der Alltag als Working-Mom und die Entwicklung der Kinder sind ebenso Thema wie nachhaltiger Lebensstil.
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Kultur. Zeit
Leselust Jessica wer? Schon immer gab es mutige, kluge, neugierige Frauen, die die Welt regiert, begeistert, erforscht und verändert haben. Doch oft kennen nur wenige ihre Namen und Geschichten. Fragt man Kinder nach berühmten Menschen, fallen ihnen meist zuerst und nur Männer ein. Elena Favilli und Francesca Cavallo stellen in ihrem Gute-Nacht-Geschichtenbuch 100 beeindruckende Frauen vor und wollen damit Mädchen Mut machen, an sich und ihre Träume zu glauben. Nicht nur für Kinder, sondern auch für Erwachsene mehr als lesenswert.
Elena Favilli/Francesca Cavallo, Good Night Stories for Rebel Girls: 100 außergewöhnliche Frauen, Hanser Literaturverlage, 24 Euro
Der besondere Kalender
Dörte Stanek, Zyklen achtsam leben 2019, 19,95 Euro, www.zyklusachtsamkeit.de
Von wegen! An dieser Stelle haben wir in der Séparée No. 11 „Sex. Die wahre Geschichte“ vorgestellt. Die durchaus kontroversen Thesen haben Lynn Saxon dazu bewogen, eine Gegendarstellung zu verfassen, in der sie die Argumente der Autoren wissenschaftlich seziert, bis davon nicht mehr viel übrig bleibt. Das Buch, bisher nur auf Englisch erschienen, liest sich allerdings längst nicht so unterhaltsam wie sein Vorgänger, denn die Autorin spart nicht an der evolutionsbiologischen Beweisführung. Dennoch lesenswert, wenn man sich ernsthaft für das Thema interessiert.
Lynn Saxon, Sex at Dusk: Lifting the Shiny Wrapping from Sex at Dawn, CreateSpace Independent Publishing Platform, 13,49 Euro
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FILMTIPP
Die Kunst zu lieben Hierzulande kennt leider kaum jemand die polnische Gynäkologin und Sexualforscherin Michalina Wisłocka und ihr in den 70ern geschriebenes spektakuläres Aufklärungsbuch „Sztuka Kochania“ (Die Kunst zu lieben). Der wunderbare Film von Maria Sadowska wird das hoffentlich ändern, denn er erzählt die Geschichte dieser bemerkenswerten Frau, der es nach vielen Jahren des Ringens gegen die kommunistische Partei, den Katholizismus und das Patriarchat endlich gelang, ihre „Anleitung zur Liebe“, wie sie ihr Buch selbst beschrieb, zu veröffentlichen. Die sexuelle Realität der Frauen ihrer Generation ist erschütternd. Die meisten sehen Sex nur als leidige eheliche Pflicht, eigene Lust ist ihnen oftmals unbekannt. Auch Verhütung hat im katholischen Polen nicht die oberste Priorität, was Wisłockas Forschungsarbeit extrem behindert. Kümmern Sie sich lieber um Ihren Mann und Ihre Kinder, wird ihr geraten. Als Gynäkologin wird sie mit von Scharlatanen stümperhaft ausgeführten, illegalen Abtreibungen konfrontiert, deren Folgeschäden sie beheben muss. Doch ihre Aufklärung beschränkt sich nicht auf das Thema Verhütung und das großzügige Verteilen von Kondomen. Ihren Patientinnen erklärt sie sehr anschaulich die weibliche Anatomie und ermutigt sie, ihre eigene Lust zu entdecken. Mit viel Hartnäckigkeit und äußerst kreativen Durchsetzungsmethoden und nicht zuletzt mithilfe der mit ihr sympathisierenden Ehefrauen der Männer an der Macht gelingt Wisłocka 1978 schließlich die Veröffentlichung ihres Buches – illustriert und ungekürzt. Sztuka Kochania oder The Art of Loving (Polen 2017), Regie: Maria Sadowska, mit Magdalena Boczarska, Justyna Wasilewska, Piotr Adamczyk
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Fotos: PR
Der liebevoll illustrierte Buchkalender führt anhand von dreizehn kreisförmigen Zyklen, die sich am Lauf der Mondin orientieren, durch das neue Jahr und hebt so die zyklische Natur des Lebens hervor. Die klare Struktur des Kalenders lädt ein, achtsam für eigene Bedürfnisse zu werden, sich Zeit für Ruhephasen, Reflektion und Kreativität zu nehmen. Der Kalender ist insbesondere für Frauen gedacht, die sich mit ihrem Menstruationszyklus tiefer verbinden oder Frauen in der Menopause, die ihre zyklische Natur beobachten möchten. Der Kalender vereint Zykluskalender, Mondinkalender, persönliches Journal und Workbook.
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MÄNNERWÄSCHE
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STUTTGART, FRAU BLUM 8. 2. 2019, 20 UHR WORKSHOP MIT HERRIN LAETITIA Die erfahrene Domina Herrin Laetitia widmet sich an diesem Abend der respektvollen Erniedrigung und dem Einstieg in zart bis harte Rollenspiele. Sie spricht über die Verantwortung in der Demütigung, über die Macht der Worte und über die Möglichkeiten, Rollenspiele in der Beziehung umzusetzen. Wie beginne ich? Was für Spiele sind möglich? Wie verhalte ich mich währenddessen und hinterher? Wie erkenne ich die Grenzen meines Spielpartners? Diesen Fragen geht Herrin Laetitia auf den Grund. Der Abend richtet sich an Ladies, Paare, Meister und Sklavinnen. www.blog.fraublum.de
Zum 65. Geburtstag ehrt das Schwule Museum die Aktivistin und ungekrönte Königin der lesbischen Subkultur Mahide Lein mit einer Sonderausstellung. Bereits seit 1970 engagiert sie sich für die Frauenbewegung. Heute arbeitet sie für die Rechte der Sexarbeiter_innen, setzt sich entschieden gegen Genitalverstümmelungen bei Frauen ein, holt afrikanische Homo-Aktivist_innen nach Berlin und bereist mit ihren Künstler_innen aus aller Welt die Welt. Nebenher führt sie ihren Salon und veranstaltet Kulturprogramme www.schwulesmuseum.de
BERLIN, GOLFERIA MARZAHN 19. 1. 2019, 19 UHR LESENACHT AN DER M8 Die Lesenacht an der M8 geht in die dritte Runde. An vier Orten an der Berliner Tram M8 wird zu verschiedenen Themen gelesen: Humor, Krimi, Lyrik und Erotik. Letzterem wird in der Golferia in Marzahn gehuldigt. Dort lesen unter anderem die Autorinnen Franziska Hauser und Ute Gliwa, Chefredakteurin von Séparée, aus ihren Werken. www.lesenacht-an-der-m8.de
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Fotos: FranziskaHauser (privat); David Suenderhauf; Marco Orlando; MAD FOX; PR Schloss Milkersdorf; EME – www.pixabay.com
BERLIN, SCHWULES MUSEUM 16. 11. 2018 – 25. 2. 2019 SEX IM ALTER
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SPREEWALD, SCHLOSS MILKERSDORF 7. 12. 2018 UND 2. 2. 2019, 20 UHR EROTISCHE SCHLOSSNACHT Eine besonders geeignete Veranstaltung für Neulinge im Swinger-Club ist die Erotische Schlossnacht, bei der in sinnlichem Ambiente und einem geschützten Rahmen erste Erfahrungen gesammelt werden können, aktiv oder passiv. Lesen Sie dazu auch den Erfahrungsbericht „Die Lust der Anderen“ auf Seite 64. www.schloss-milkersdorf.de
Bettgeschichten-Wettbewerb LET’S CELEBRATE! 2019 feiern wir unsere 20. AUSGABE. Seien Sie mit dabei. Schicken Sie uns Ihre erotische Geschichte. Die Gewinnergeschichte wird in unserer Jubiläumsausgabe veröffentlicht. Auf den 2. und 3. Platz wartet jeweils ein erotisches Überraschungsgeschenk. Bei Gefallen veröffentlichen wir weitere Geschichten auch auf unserer Website.
EINSENDESCHLUSS: 20. 1 . 2019; UMFANG: max. 12.000 Zeichen ZUSENDUNGEN AN: info@separee.com
*Bitte beachten Sie, dass wir gewaltverherrlichende Darstellungen aus ethischen Gründen nicht veröffentlichen.
Séparée No. 19
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Kolumne. Sexartikel
Text: Jannek Blume EINMAL WAR ICH BEI EINER VERANSTALTUNG als Redner geladen, als mitten im Vortrag das Mikrofon seinen Dienst versagte. Ich spielte ein bisschen am Ein- und Aus-Schalter herum, klopfte auch – wie es Männer so tun – auf dem Teil herum, bis ich endlich begriff, dass die Batterien leer waren. Eine EventManagerin kam geeilt und brachte neue. Ich nahm sie entgegen und versuchte, den Batterieschacht zu öffnen, aber obwohl ich deutlich gelassener war als die peinlich berührte Event-Managerin gelang es mir nicht. Peinlichkeit stockte die Luft. Schließlich nahm mir die Dame das Mikrofon weg, und in einer Rasanz, die ich bisher nur von Zauberwürfel-Schnelldrehern kannte, schnipste sie das Fach auf, revolverte die neuen Batterien gegen die alten, schloss und gab mir das Mikrofon wieder. Es mochte dies insgesamt drei Sekunden gedauert haben. Ich sah sie fassungslos an und verstand mit einem Mal, dass nur eine Frau, die schon hundertmal in sehr verzweifelt erregten Situationen die Batterien in einem immer langsamer verbrummenden Gerät gewechselt hat, so schnell sein kann. Machen wir uns nichts vor: In erotischen Belangen ist die Technik eindeutig eine Sache der Frauen. Mögen auch die Betriebe noch so klagen, dass es zu wenige Mechatronikerinnen gibt. Dreiviertel des erotischen Gerätemarktes wenden sich an Muschi-Besitzerinnen. Das hat Gründe. Mit dem heutigen Stand der Technik lassen sich eindringliche Dinge leichter konstruieren als aufnehmende. Nicht nur, dass ein Plastikschwanz oder ein sonstwie gearteter Stimmungsstimulator baulich so simpel ist wie eine Mischung aus Nudelholz und Brummtopf. Er ist auch
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verdammt leicht zu reinigen. Einen Tisch abzuwischen dauert länger. Ganz anders sieht es bei allen Rubbelzeugen aus, in die einsame Männer sich vertiefen sollen. Eine Viertelstunde Aufwärmzeit sollte man dem Kunststoff schon gönnen, es sei denn, man mag die Vorstellung, tote Eskimofrauen zu penetrieren. Danach wird es eher noch anstrengender. Während die Frauen in Villarriba bereits beseligt in den Kissen schlummern und ihr Spaßmacher schon trocken und sauber im Nachtschränkchen ruht, sind die Männer in Villabajo noch dabei, die besudelte Imitier-Dose auseinander zu schrauben, ihre schnell keimende Keimflüssigkeit aus den Untiefen des nachempfindenden Silikons zu spülen und mit triclosanhaltigen Desinfektionslösungen davon abzuhalten, ungewollt pelzig zu werden. Ich gebe zu, dass meine Recherchen nicht umfassend waren. Möglicherweise gibt es schon halbautomatische Kunstmösenspülgeräte für SingleHaushalte, die diese Arbeit leise rauschend über Nacht erledigen, aber wer will schon einen Klempner beauftragen, so ein Teil in der Küche anzuschließen? (Man könnte es auch selber machen, aber dann muss man sich später beim Wasserschaden im Haus den Versicherungsagenten offenbaren.) Es bleibt dabei, der Spaß an der erotischen Technik ist klar auf der weiblichen Seite. Männer sollten das wissen und dieser Text will dazu beitragen. Reichen Sie ihn also weiter, werte Damen! Zu wissen, dass es anders als im Vibratorbereich keinen wirklichen guten technischen Ersatz für eine liebende, leidenschaftliche und nicht zuletzt – ja, sorry – selbstreinigende Frau gibt, sollte Männer allzeit freundlich und aufmerksam gegenüber ihren Partnerinnen oder jenen, die es werden könnten, machen. Frauen können wählen – Männer nicht. ♥
Séparée No. 19
Fotos: Erika Lust Films
Im Villabajo der Sexartikel
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Vor. schau
Einblicke in unser Jubiläumsheft
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VERHÜTUNG FÜR DEN MANN Verhütung ist noch immer weitestgehend Frauensache, denn eine Schwangerschaft beeinflusst vor allem den weiblichen Lebenslauf. Gleichstellung ist hier noch Zukunftsmusik. Seit Ende der 70er Jahre wird zwar im Auftrag der WHO an Verhütungsmethoden für den Mann geforscht, doch marktreife Produkte gibt es bis jetzt, vierzig Jahre später, wohl immer noch nicht. Die Wissenschaftsjournalistin Irene Habich hat die Angelegenheit für uns recherchiert.
BDSM IST NICHT GLEICH BDSM Die Praktiken und Umgangsformen der FrauenLesbenTrans*Inter* BDSM-Community unterscheiden sich in vielen Bereichen von denen anderer BDSM-Szenen. Begehren und Lust werden jenseits klassischer Erwartungen und Geschlechternormen ausgelebt. In Sachen Kommunikation und Konsenskultur lässt sich dort viel lernen. Die Journalistin Cäcilia Fischer hat mit der Kuratorin Dr. Birga Meyer über Klischees und Vorurteile gesprochen.
DAS LETZTE MAL Männer unter sich, besonders unter Alkoholeinfluss: Ohne die Sozialkompetenz von Frauen werden sie je nach Charakter und Gelegenheit gern zu albernen Jungs oder grunzenden Primaten. Neugierig sind wir irgendwie trotzdem, was die Herren untereinander so reden und treiben. Unsere Redakteurin Alexandra Stern war als einzige Frau bei einem Junggesellenabschied dabei und plaudert aus dem Nähkästchen..
Fotos: 01. © bernardbodo – Fotolia.com, 02. © methaphum – Fotolia.com, 03. Erika Lust Films
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Ab März 2019 im Handel! 98
Séparée No. 19
Séparée
Interview. Dominus
Erotik ist weiblich
Erotik ist weiblich
No. 3
No. 4
Erotik ist weiblich
No. 5
XX L
NEU
tHEMA Do-ityourself
polE dANCE
Ein fotografisches Statement
Fitness & Verführung
Jason Steel
Selbst ist die Frau Kopfkino wird Film
Der Pornodarsteller im Interview
HANdArBEit 10 lustvolle Techniken
Lustpille für Sie
Hot Spots
Was gibt’s? Was wirkt?
AKtfotogrAfiE
Sechs ErotikBoutiquen von cool bis chic
Ein Nachbar, ein Traum, ein Abschied
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Flexible Neigungen Bisexualität leben
14 Seiten
Männerakt
Squirting Eine lustvolle Spritztour
EifErSUCHt
PRACHTEXEMPLAR
Eine Zumutung
Sechs PIN-UP BOYS
FREMDGEHEn Das schlechte Gewissen der Männer
Homo Botanicus
Nick Laurent
Der Callboy im Interview
grENZErfAHrUNg Bondage für Anfänger
Ballonfetisch
Braut & Bondage
Fesselnde Momentaufnahmen
ZUM VErNASCHEN
Betören. Beschwören. Begehren
Ein Zuckerbäcker am Werk
Von sicher bis vegan
Aphrodisisch kochen
BOUDOIRFOTOGRAFIE Die eigene Inszenierung
Blasen einmal anders
SiNNliCHE fotogrAfiE
Verhütung Glücksformel
Size Matters
Ein Kondomexperte im Interview
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NAKEd NyloN
lUSt auf gENUSS
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für weibliche Lust
Deutschland Y 4,90 Österreich Y 5,50 Schweiz CHF 9,80
Das Magazin
Deutschland Y 3,90 Österreich Y 4,50 Schweiz CHF 7.90
Erotik ist weiblich
Séparée
No. 2
Séparée
Erotik ist weiblich
Séparée
No. 1
Séparée
Séparée Séparée Séparée Séparée Séparée Erotik ist weiblich
FETIsCH PARTy Wasteland in Amsterdam
Erotische Fotografie Homestory, Experiment und Selbstporträt
Séparée
Séparée Erotik ist weiblich
8 SEITEN
D✣koll ✣téSpecial
Petra Joy
Interview mit der Erotik-Regisseurin
ESCORT Glanz- und Schattenseiten einer Dienstleistung
Beckenboden Deutschland Y 4,90 Österreich Y 5,50 Schweiz CHF 9,80 Luxemburg Y 5,90 Italien Y 5,80
Unterschätzte Geheimwaffe
FREMDHEIT Auswege aus der lustfreien Zone
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Séparée No. 18
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www.rosawildfleisch.de