Deportation von Berlin nach Trostenez/Minsk am 14. November 1941
Sehr geehrte Damen und Herren, Liebe Freundinnen und Freunde,
Für fast alle Berliner Juden, die am 14. November 1941 vom Bahnhof Grunewald nach Minsk deportiert wurden, war dies eine Fahrt ohne Wiederkehr. Lediglich vier Menschen aus diesem Transport – drei Männer und eine Frau – überlebten den nationalsozialistischen Terror. Manfred Alexander gelang die Flucht, die anderen drei Überlebenden wurden in die Lager Bergen-Belsen, Flossenbürg oder Theresienstadt weiter deportiert. Im Ghetto Minsk selber überlebte niemand.
Geleitwort des Regierenden Bürgermeisters von Berlin, Klaus Wowereit, für den Spendenflyer zugunsten der Errichtung einer Gedenkstätte in Trostenez/Minsk (Weißrussland)
Verständigung und Versöhnung zu ermöglichen, ist eine zentrale Aufgabe für die IBB-Arbeit in Deutschland, Polen und auch in Belarus. Vor 10 Jahren haben wir die Geschichtswerkstatt Minsk gegründet. Überlebende des Minsker Ghettos, ehemalige KZ-Häftlinge und Zwangsarbeiter treffen sich dort regelmäßig. Sie sehen in der Geschichtswerkstatt heute eine „warme Stube“ und ihr zweites Zuhause. Darüber freuen wir uns sehr. Wir stehen vor der Aufgabe, dass eine würdige Gedenkstätte für alle Opfer in Trostenez Realität wird. Eine solche Aufgabe würde uns alleine überfordern. Wir sind deshalb dankbar für die Hilfe und Unterstützung des Volksbunds Deutsche Kriegsgräberfürsorge und der Bethe-Stiftung sowie zahlreicher anderer Akteure aus der Politik und der Zivilgesellschaft in Deutschland und Belarus. Die Gedenkstätte Trostenez kann nur entstehen, wenn sie auch die Unterstützung und finanzielle Förderung der Städte bekommt, aus denen die Deportationen 1941-42 erfolgten. Pfingsten ist ein Fest der Hoffnung für Christen. Wir streben deshalb an, Pfingsten 2014, im 70. Jahr der Befreiung von der NS-Diktatur in Belarus, den Grundstein für die Gedenkstätte Trostenez legen zu können. Wir laden Sie herzlich zu der Gedenkreise „Für eine gemeinsame Zukunft“ ein und hoffen auf Ihre Unterstützung und finanzielle Förderung.
Während des Transports nach Deutschland gesandte Postkarten zeigen, dass die Deportierten nicht ahnten, welches Schicksal sie in Minsk erwartet. Viele starben bereits im Minsker Sonderghetto, in dem auch deutschsprachige Juden aus anderen Städten des damaligen deutschen Reiches eingepfercht waren. Mit den 80.000 belarussischen Insassen des Minsker Ghettos konnten sie praktisch nicht kommunizieren.
Liebe Berlinerinnen und Berliner! Über 1.000 jüdische Berliner Bürger wurden 1941/42 nach Minsk deportiert, wo sie im Minsker Ghetto und im nahegelegenen Vernichtungslager Trostenez ums Leben kamen. Doch obwohl Trostenez ein zentraler Tatort des Holocausts ist, gibt es dort bis heute keine Gedenkstätte zur Erinnerung an die Opfer. Studierende der Humboldt-Universität haben die Lebensgeschichten von über 100 nach Trostenez deportierten Berliner Bürgern in einem Gedenkbuch dokumentiert. Das ist ein wichtiger erster Schritt, um die Erinnerung an die Opfer zu bewahren. Der nächste Schritt ist nun die Errichtung einer würdigen Gedenkstätte am Ort der Verbrechen in Trostenez, dem letzten großen von den Nazis geschaffenen Vernichtungsort in Europa, an dem es bisher keine angemessene Gedenkstätte gibt. Ich begrüße daher die Initiative des Internationalen Bildungs- und Begegnungswerks, in Trostenez einen europäischen Ort der Erinnerung zu schaffen. Bitte tragen auch Sie mit Ihrer Spende dazu bei, in Trostenez als letzter Lebensstation von über 1.000 Berliner Bürgern ein sichtbares Zeichen des Gedenkens zu setzen. Und denken Sie daran: Jeder gespendete Euro entspricht dem Wert von zwei Euro, denn die Bethe-Stiftung hat zugesagt, jede Spende zu verdoppeln.
Matthias C. Tümpel Dr. Astrid Sahm
Professor Manfred Zabel Peter Junge-Wentrup
SPENDENKONTO: Die Bethe-Stiftung unterstützt die Gedenkstätte Trostenez mit einer Spenden-Verdoppelungs-Aktion: Bis zum 16. Dezember 2013 wird jede Spende bis zu einer Höhe von 3.000 € von der Bethe-Stiftung verdoppelt. Insgesamt werden 150.000 € verdoppelt.
Im Minsker Ghetto, Februar 1942. Quelle: Bundesarchiv, Bild 183 N1213-361. Foto: Donath Herbert
All diejenigen, welche das harte Ghettoleben aushielten, wurden in Trostenez getötet. Ende Juli 1942 wurden zunächst alle als „arbeitsunfähig“ eingestuften deutschsprachigen Juden erschossen. Am 8. Mai 1943 wurden auch die noch verbliebenen „arbeitsfähigen“ Juden nach Trostenez gebracht und dort in Gaswagen erstickt oder erschossen. Das konkrete Schicksal der etwa 1000 deportierten Berliner Juden lässt sich in vielen Fällen nicht mehr ermitteln. Umso wichtiger ist es, ihrer Namen an ihrer letzten Lebensstation sichtbar zu gedenken.
IBB gGmbH KD Bank; Bank für Kirche und Diakonie Spendenkonto: 2100 2110 44 BLZ: 350 601 90 Stichwort: „Trostenez-Berlin“ Spendenbescheinigungen werden auf Anfrage ausgestellt.
Impressum: Klaus Wowereit Regierender Bürgermeister von Berlin
Internationales Bildungs- und Begegnungswerk gGmbH Bornstr. 66 | D-44145 Dortmund Tel.: +49 231 95 20 96 0 | Fax: +49 231 52 12 33 http://www.ibb-d.de Gestaltung: www.grittobis.com
Für eine gemeinsame Gedenkstätte „Trostenez“, Minsk
Der Vernichtungsort Trostenez und die Gedenkstättenplanung der Stadt Minsk
Der Bundespräsident
Berlin, im September 2013
Grußwort von Bundespräsident Joachim Gauck zu dem Vorhaben der Errichtung einer Gedenkstätte für die ermordeten Juden aus Deutschland, Österreich und Weißrussland in Trostenez (Belarus) In den Zeiten der deutschen Besatzung im Zweiten Weltkrieg wurden in den Ländern Osteuropas Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen, deren Ausmaß und Grausamkeit unvorstellbar ist und tiefe Bestürzung in uns hervorrufen. Orte wie das Konzentrationslager Auschwitz sind heute feste Begriffe im europäischen und deutschen Diskurs und Gedenken. Darüber hinaus gibt es aber noch eine Vielzahl anderer Orte, in denen Abertausende Menschen brutal ermordet wurden. Vor über zwei Jahrzehnten ermöglichte der Fall des Eisernen Vorhangs den Austausch zwischen Deutschland und den befreiten Völkern Europas über die Geschehnisse in dieser dunklen Zeit der europäischen Geschichte. Es ist von großer Bedeutung, dass sich die Europäer gemeinsam mit den Verbrechen der Vergangenheit auseinandersetzen, um einen Weg der Versöhnung und Gemeinsamkeit in der Zukunft zu bahnen. Deswegen begrüße ich den Ansatz eines europäischen Gedenkens an die Ermordeten von Blagowschtschina und Trostenez, die ihrerseits aus verschiedenen Staaten Europas stammten. Tausende Juden unter anderem aus Deutschland, Österreich und Weißrussland - sowie Zwangsarbeiter aus der ehemaligen Sowjetunion fanden an diesen Ort ihren Tod. Dieser Menschen wollen wir gedenken und in einem europäischen Dialog Lehren aus der Geschichte ziehen. Dazu trägt das Vorhaben zur Errichtung einer Gedenkstätte in Trostenez bei.
In Trostenez befinden sich drei Mordstätten aus der NS-Zeit: _ Im Krematorium in Schaschkowka wurden 1944 bis zu 50.000 Menschen getötet und verbrannt. _ In der Scheune auf dem Gut Trostenez wurden im Juni 1944 bis zu 6.500 Menschen erschossen und anschließend verbrannt. _ In dem Wald von Blagowschtschina wurden vor allem auch Juden aus Deutschland und Österreich getötet und verscharrt. Ab Oktober 1943 wurden die Massengräber geöffnet, die Leichen exhumiert und verbrannt. Auf diese Weise wollten die SS-Schergen ihre Verbrechen vertuschen. Für die ersten beiden Mordstätten hat die Stadt Minsk über 60 ha als Gedenkstättengelände ausgewiesen und eine Denkmalsplanung beschlossen. Die Entwürfe sind unten abgebildet. Die Stadt Minsk hat auch den Wald von Blagowschtschina als Gedenkstättengelände ausgewiesen, dazu jedoch keine Planung in Auftrag gegeben. Hierfür hat Leonid Lewin, belarussischer Architekt und Vorsitzender des Verbandes der jüdischen Gemeinden, nun einen Entwurf gestaltet. Dieser Entwurf wird in Belarus von zahlreichen gesellschaftlichen Organisationen unterstützt. So setzen sich z. B. Herr Erzbischof Kondrusewitsch für die Katholische Kirche und Herr Metropolit Filaret für die Orthodoxe Kirche für den Entwurf ein. Die Stadt Minsk ist bereit, diesen Entwurf in ihre Planung zu integrieren, sofern es hierfür eine finanzielle Unterstützung von der westlichen Seite gibt.
Weg des Todes Leonid Lewin bezeichnet seinen Entwurf als „Weg des Todes“. Er schreibt zu seinem Entwurf: „...Die Besucher der Gedenkstätte sollen stilisierte Eisenbahnwaggons passieren, an deren Wänden Gedenktafeln mit den Namen der Opfer angebracht werden. Die gesamte Komposition bestimmen in erster Linie zwei freie, runde Plätze. Den ersten weißen Platz haben die Häftlinge bei ihrer Ankunft ins Lager betreten, als sie noch Hoffnung auf Überleben hatten. Auf dem zweiten, schwarz gestalteten Platz wurde ihr Leben tragisch beendet. Im Wegeverlauf ist eine Reihe von Skulpturen geplant, die das Paradoxe des Krieges verdeutlichen: _ Ein zerstörtes, auf den Kopf gestelltes Haus, _ ein mit den Wuzeln nach oben weisender Baum, _ eine umgekippte und zerbrochene Menora, u.a. ... Hinter dem schwarzen Platz liegen die Massengräber, über die inzwischen ein Wald gewachsen ist. Es ist vorgesehen, die einzelnen Gräber zu markieren.“
Leonid Lewin Leonid Lewin ist Künstler und Architekt und hat zahlreiche Gedenkstätten in Belarus und anderen GUS-Ländern geschaffen. Zu seinen bedeutenden Werken gehören u. a. die Gedenkstätte Chatyn – 1969, die Jama in Minsk – 2000, die Gedenkstätte Gorodaj - 2004 und die Gedenkstätte Krasnyj Bereg, die 2008 eingeweiht wurde. Leonid Lewin ist Vorsitzender der jüdischen Gemeinden und Organisationen in Belarus. Er ist Mitglied der internationalen Akademie der Architekten und Träger des Bundesverdienstkreuzes der Bundesrepublik Deutschland.