Und täglich grüßt die Wirbelsäule - Rückenschmerzen besser verstehen und behandeln

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Stefan Soiron Und täglich grüßt die

Stefan Soiron

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Stefan Soiron

Und täglich grüßt die

Wirbelsäule

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Rückenschmerzen besser verstehen und behandeln

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www.laudatio-verlag.de

Laudatio

ISBN 978-3-941275-36-2

Verlag

energiebahnen

14,95 €

Stefan Soiron ist Physiotherapeut mit langjähriger Erfahrung in Krankenhaus und eigener Praxis. Als Rückenschullehrer und Trainer für Gesundheitsförderung veranstaltet er regelmäßig Kurse in Kindergärten, Schulen und Firmen. Der zweifache Familienvater versteht sich als Mahner und Aufklärer, möglichst frühzeitig für die Vorsorge und den Erhalt der eigenen (Rücken-)Gesundheit aktiv zu werden. Seine besondere Mission erklärt sich aus einem wichtigen Abschnitt seiner Biografie: Nach einem schweren Unfall erklärten die Ärzte Stefan Soiron 1985 für arbeitsunfähig. Während einer alles verändernden Rehakur entdeckte er seine Liebe für den Heilberuf und setzt seitdem sein Wissen und seine Erfahrung für unzählige erfolgreiche Behandlungen ein. Vielleicht ist dies auch der Grund dafür, warum seine Patienten von dem leidenschaftlichen Fußballspieler sagen, dass er Gesundheitswissen anschaulich und leicht verständlich vermittelt.

Rückenschmerzen gelten unangefochten als Volkskrankheit Nummer eins. Dabei reichte in den meisten Fällen schon ein besseres Verständnis von der Funktionsweise des eigenen Körpers, um die (Rücken-)Gesundheit in die eigene Hand zu nehmen, weiß Physiotherapeut und Autor Stefan Soiron. Im unterhaltsamen Plauderton und anhand leicht verständlicher Alltagsbeispiele erklärt der lizenzierte Gesundheitstrainer die häufigsten Ursachen für die typischen Beschwerden und zeigt, wie Sie mit ein paar wenigen Veränderungen Ihrer Bewegungsund Lebensgewohnheiten Ihren Rückenschmerzen bald „Lebewohl“ sagen. Einfach durchführbare Testimpulse, Checklisten und interessante Fallbeispiele aus der Praxis runden diesen ganzheitlichen Ratgeber ab und sensibilisieren für ein verständnisvolleres Verhältnis zu Ihrem wertvollsten Freund und Begleiter: Ihrem Körper!

Wirbelsäule

Gesundheitswissen, das Spaß macht!

Laudatio

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gelenkstellung


Alle Rechte vorbehalten © 2012 Laudatio Verlag, Frankfurt am Main Autor: Stefan Soiron Lektorat: Franziska Jentsch Buch- und Umschlaggestaltung: Andreas Grunau Titel- und Buchillustration: Klaus Sommerfeld Umschlagfoto: © Fred Goldstein, Fotolia.de Fotos von Sascha Maaßen (S.65): © Ulli Upietz (oben) und © Dieter Röscheisen (unten) ISBN 978-3-941275-36-2 www.laudatio-verlag.de


Und täglich grüßt die Wirbelsäule

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Inhalt

Wunderwerk Wirbelsäule – Ein Crashkurs in Anatomie

Grundlegendes Fachwissen über Aufbau und Eigenschaften der Wirbelsäule sind nicht nur etwas für Mediziner. Lernen Sie dieses Wunderwerk Ihres Körpers und seine Funktionsweise etwas besser kennen, um den häufigsten Ursachen für Rückenschmerzen vorzubeugen.

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Muskulatur, Körperstabilität und Gelenkstellung

Muskeln sind die Antriebsräder unseres Körpers. Bei guter und richtiger Pflege können sie den Körper gleichzeitig stabilisieren. Folgen Sie mir auf eine Reise in die unsichtbare Welt der Muskeln und erfahren Sie, wieso es Ihnen eigentlich gelingt, Ihren Körper genau dorthin zu bewegen, wo Sie es gerade wollen!

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Muskelschmerz als Spiegel unserer Seele

Muskelschmerz hat tausend Gesichter. Dabei fungiert unsere Muskulatur als wichtiger Gradmesser für unser inneres Gleichgewicht. Ob Urlaub eine Spritze ersetzen kann, wieso Liebe besser wirkt als Tabletten und warum Bewegung ein gutes Schmerzmittel ist, erfahren Sie in diesem Kapitel.

Bevor Sie loslegen ...

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Mein Freund – der unbekannte Begleiter

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Aktives und passives Sitzen – unser Baukasten im Alltag

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Inhalt

Und täglich grüßt die Wirbelsäule

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Grundzüge der Akupunkturlehre

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„Hab ich Ischias?“ Aus meiner Praxis

Akupunktur – Scharlatanerie oder schlüssiger Erklärungsansatz für viele Funktionsstörungen? Die Lehre von den Energiebahnen in unserem Körper ist ganz einfach zu verstehen, und stellt für alltägliche Befindlichkeitsstörungen alternative Behandlungsmethoden ohne Nebenwirkungen zur Verfügung.

An die 80 Prozent aller Rückenbeschwerden haben keine klare Diagnose. Und doch muss es einen Grund dafür geben, wenn Sie sich vor Schmerzen nicht mehr rühren können. In diesem Kapitel lernen Sie anhand von praktischen Fallbeispielen die häufigsten Ursachen für Hexenschuss, Ischias und eingeklemmten Nerven kennen. Und Sie erfahren, wie Sie Verspannungskopfschmerzen mit dem richtigen Handgriff zu Leibe rücken oder ihn einfach weglächeln können.

Schmerz – Notruf unseres Körpers

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Schlafen wie ein Murmeltier – Die Wahl der richtigen Matratze

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Vorbeugen ist besser als Kurieren

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Und täglich grüßt die Wirbelsäule

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Inhalt

Richtig trainieren – „Klasse statt Masse“

Bewegung ist gut. Training ist besser. Aber trainieren mit einem klar definierten Ziel ist unschlagbar, wenn es z.B. darum gehen soll, Ihren Bewegungsapparat fit für die alltäglichen Herausforderungen zu machen. Ein optimal auf Ihr Trainingsziel angepasstes Körpertraining setzt daher niemals allein auf eine reine Kraftsteigerung, sondern bezieht eine Verbesserung der Körperhaltung und -koordination ebenso mit ein.

Haltung Ko

ordination

K r a ft

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Funktionelles Training

Bei diesem Training werden durch freie mehrgelenkige Bewegungen gezielt Muskelgruppen angesprochen, die für die Alltagsbewegungen eine Rolle spielen. Durch zusätzliches Üben von Gleichgewicht und Beweglichkeit gehen komplexe Bewegungsabläufe in Fleisch und Blut über; der gesamte Bewegungsapparat wird für die alltäglichen oder sportlichen Herausforderungen fit gemacht.

Fangen Sie an! – Es ist nie zu spät, etwas zu ändern

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Ach, noch was …

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Das etwas andere Stichwortverzeichnis

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3. Wunderwerk Wirbelsäule

3. Wunderwerk Wirbelsäule – Ein Crashkurs in Anatomie Wat isn Dampfmaschin? So, jetzt habe ich Ihnen schon einiges über das ganze Drumherum erzählt. Da Sie auch hier an dieser Stelle noch weiterlesen, gehe ich davon aus, dass Sie mir in einigen meiner Argumente Recht geben und nun bereit sind, Ihre Verständnisebene zu erweitern. Schreiten wir nun endlich zur Tat und machen uns ans Eingemachte, an den menschlichen Körper bzw. den schwersten Teil von ihm, den Rumpf. Da stellen wir uns einmal ganz dumm … Der Rumpf besteht aus Becken, Rücken, Bauch und Brust, und weil unter anderem auch zum Lesen am wichtigsten nehmen wir den Kopf noch mit dazu. Arbeiten wir uns nun von unten nach oben. Das Becken ist, wie der Name schon sagt, ein Körperteil, das aussieht wie ein Becken, ein schüsselartiges Gebilde aus flachen, aber recht festen Knochen. Das Becken ist die Auffangschale für die Därme und andere lebenswichtige Organe und bildet mit den seitlich angelegten Hüftgelenkspfannen die Verbindung zu unseren Beinen. Das Becken ist im hinteren Bereich offen. In dieser Öffnung sitzt als Verbindungsstelle der zwei Beckenhälften das Kreuzbein. Das Kreuzbein geht mit dem Becken an den beiden äußeren Rändern eine gelenkartige verzahnte Verbindung ein, welche durch viele kleine Bänder gehalten wird. Diese Nahtstelle zwischen Becken und Kreuzbein bildet das Iliosacralgelenk, zu Deutsch „Kreuzbein-Darmbeingelenk“, abgekürzt ISG. Dieses Gelenk unterscheidet sich durch seine flächige und unsymmetrische Kontaktfläche deutlich von allen anderen Gelenken in unserem Körper. Auch deshalb werden Sie dazu im weiteren Verlauf des Buches noch mehr hören. Über dem Kreuzbein beginnt die Wirbelsäule. Diese wird grob in drei größere Abschnitte unter-


3. Wunderwerk Wirbelsäule

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Becken von innen. Links (also von Ihnen aus rechts) mit den durch Tapes angedeuteten (im wahren Leben vielen kleinen) Stabilisationsbändern, rechts (von Ihnen aus links) im rohen Zustand. Man erkennt gut die verzahnte Gelenkfuge.

teilt: Lenden-, Brust- und Halswirbelsäule, abgekürzt LWS, BWS und HWS. Diese drei Teile setzen sich zusammen aus fünf Lendenwirbelkörpern, zwölf Brustwirbelkörpern und sieben Halswirbelkörpern, die jeweils durch eine Bandscheibe getrennt werden. Diese drei Hauptbestandteile müssen Sie sich vorstellen wie drei übereinander angeordnete Zahnräder. Drehen Sie eins dieser drei Zahnräder nach vorne oder nach hinten, bewegen sich die anderen zwei ebenfalls. Das heißt, Sie können keinen dieser drei Abschnitte richtig isoliert bewegen, ohne dass die zwei anderen nicht zumindest etwas an Bewegung mitmachen. Spüren kann man dieses Phänomen am besten, wenn Sie sich einmal so gerade wie möglich hinsetzen und versuchen, nur den mittleren Teil Ihrer Wirbelsäule zu bewegen, ohne dass der Kopf oder das Becken ihre Position verändern. Probieren Sie es mal … Es geht nicht, egal wie sehr Sie sich auch bemühen.

Das Fundament der Wirbelsäule – Das Becken Kommen wir nun zu einer genaueren Analyse unserer knöchernen Rumpfbestandteile. Wieder fangen wir am besten ganz unten an, am Becken. Das Becken ist das Fundament unserer Wirbelsäule. Die Grundfläche, auf der unsere Wirbelsäule aufgebaut ist. Stellen Sie sich das Becken vor wie das Fundament für Ihr Haus. Wenn das


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3. Wunderwerk Wirbelsäule

Fundament gut in der Waage und prima ausgerichtet ist, können Sie beruhigt anfangen, Ihr Haus darauf zu bauen. Bauen Sie jedoch mal ein Haus auf einem schiefen Fundament. Lieber nicht! Wenn Sie schon beim Fundament geschludert haben und es nicht gerade ist, brauchen Sie sich nicht zu wundern, wenn auch Ihr Haus schief wird und irgendwann, nach kurzer oder längerer Zeit, Risse bekommt. Im schlimmsten Fall entstehen daraus sogar statische Probleme. Beim Becken verhält es sich ähnlich. Schiefe und statisch zweifelhafte Wirbelsäulen sind häufiger als Sie vielleicht denken, und wenn wir die angeborenen Fälle ausklammern, sind diese Gebilde überwiegend erworben über eine Fehlstellung oder Fehlbedienung des Beckens. Deshalb spricht man beim Becken auch von dem „Lenkrad der Wirbelsäule “. Stopp, nicht dass Sie jetzt denken, jetzt fängt der wieder mit seinen Autovergleichen an. Nein, Lenkrad der Wirbelsäule heißt,

HWS-Streckung

Brustkorbanhebung

Beckenkippung

Links: Zahnradmodell nach Brügger. Die Beckenkippung dreht das unterste Zahnrad nach vorne. Dadurch wird automatisch der Brustkorb (das zweite Zahnrad) angehoben und die Halswirbelsäule gestreckt (drittes Zahnrad). Rechts: Das Zahnradmodell auf den Menschen übertragen.


3. Wunderwerk Wirbelsäule

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dass die Aufrichtung der Wirbelsäule über das Becken gelenkt bzw. gesteuert wird. Ich kann über die Bewegung des Beckens die Wirbelsäule aufrichten oder auch – nicht abrichten – einrollen. Die Wirbelsäule biegt sich dann zu einem wunderbaren runden C (C wie der Buchstabe oder auch die bekannte Banane mit selbigem Anfangsbuchstaben). Das Becken lässt sich in zwei Richtungen bewegen. Die Bewegung nach vorne nennt man Beckenkippung und diese erzielt eine Aufrichtung in der Wirbelsäule (siehe Abb. S. 24). Ein Beispiel der Beckenkippung im Sitzen: Stellen Sie sich das Becken wieder als Schüssel vor, gefüllt mit Wasser. Durch eine Bewegung im Becken wollen Sie diese Schüssel jetzt so auskippen, dass das Wasser darin langsam über die vorderen Oberschenkel ausläuft. Oder versuchen Sie sich mal im Sitzen so groß wie möglich zu machen, ohne die Beine mitzubenutzen. Schließen Sie dabei die Augen und „erspüren“ Sie, welcher Teil für diese Vergrößerung verantwortlich ist. Die Bewegung des Beckens nach hinten nennt man Aufrichtung, und die führt wie erwähnt dazu, dass die Wirbelsäule sich in die so geschmähte C-Position begibt. Achtung: Sollten Sie leidenschaftlicher Reiter sein, werden Sie diese Zeilen jetzt etwas verwirren. Zu dem, was in der Medizin Beckenkippung genannt wird, sagen die Reiter Beckenaufrichtung. Wer diese Verwirrung jetzt zu verantworten hat, ich weiß es nicht. Wer war zuerst da, der Reiter oder der Medizinmann? Die Beckenkippung ist das A und O für die optimale Einstellung der Wirbelsäule. Ohne die Beckenkippung kann die Wirbelsäule nicht in die bestmögliche Position gebracht werden. Punkt. Ab hier wird es jetzt ziemlich kompliziert, besonders für die Herren der Schöpfung. Viele Männer schauen mich bei dem Erlernen der Beckenkippung an, als sei es ein persönlicher Affront gegen sie und ihre Männlichkeit. Blicke und verständnisloses Kopfschütteln, als würde ich Unmenschliches von ihnen verlangen oder sie bewegungstechnisch auf eine Geschlechtsumwandlung vorbereiten wollen.


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3. Wunderwerk Wirbelsäule

Aber ich kann nichts dafür. Ich teile nur mit und zeige ihnen, dass es so ist wie es ist! Mangelndes Körpergefühl und fehlende Beweglichkeit tun dann noch ihr Übriges. Die Natur hat der Weiblichkeit nun mal eine bessere Beweglichkeit und Koordination im Becken mit in die Wiege gelegt. Das ist wohl auch der Grund, warum es so wenige männliche Bauchtänzer auf dieser Welt gibt. Und die nächste Ungerechtigkeit lässt nicht lange auf sich warten. Das ist der Zeitpunkt, an dem man(n) sich bewusst das erste Mal mit dieser Bewegung auseinandersetzen muss.

Ohne eine gute Beckenbeweglichkeit ist eine optimale Wirbelsäulenhaltung nicht möglich!

Bei der Nachwuchserzeugung übernehmen die Herren bekanntermaßen nur den gebenden Part. Was zur Folge hat, dass die Damen nun mal die praktischen und theoretischen Seiten des Kinderkriegens erfahren müssen. Die pflichtbewusste Erstmutter geht dann auch treu und brav zum Geburtsvorbereitungskurs und hört spätestens da das erste Mal den Begriff „Beckenkippung“. Da es in diesen Kursen meistens nicht nur mit Zuhören getan ist, erlernen sie die Bewegung dort auch. Das ist spitze: für die Geburtsvorbereitung und für das weitere Leben. Die meisten männlichen Erdbewohner hören das Wort Beckenkippung jedoch erstmals beim Aufeinandertreffen mit einem Physiotherapeuten. Durch den natürlichen Verlust der Beweglichkeit im Laufe des Lebens, gepaart mit dem gleichzeitigen Verlust des Bewegungsgefühls und der Körperwahrnehmung, ist diese Bewegung aus der Mitte unseres Körpers für die gebeutelten Herren bis dahin eine kaum zu nehmende Hürde


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geworden. Sie versuchen, wie bei vielen anderen Dingen auch, das fehlende Gefühl durch Kraft zu ersetzen, was aber gerade bei dieser Bewegung eher kontraproduktiv ist. Ich habe sogar einige Exemplare kennengelernt, wo ich im Laufe der Behandlungsjahre kapituliert habe. Es ist für sie absolut unmöglich, diese im Grunde angeborene, einfache isolierte Bewegung auszuführen. Man kommt sich vor, als müsste man einem Pony das Rollschuhlaufen nicht nur erklären, sondern auch beibringen. Aber nicht nur der Therapeut, auch der Patient müht sich redlich, aber vergeblich. Irgendwie kriegen sie es einfach nicht hin. Das ist der Punkt, an dem man Kompromisse machen muss, frei nach dem Motto lieber etwas falsch bewegen als gar nicht. Wenn man über Monate hoffnungslos an dieser kleinen Bewegung verzweifelt, permanent auf seine Unfähigkeit hingewiesen und ohne Aussicht auf Erfolg korrigiert wird, kann man(n) schon mal entnervt die Flinte ins Korn werfen. Und das wollen wir ja nicht … Also merken wir uns das Wichtigste: Ohne eine gute Beckenbeweglichkeit ist eine optimale Haltung in der Wirbelsäule nicht möglich. Das ist wie Autofahren mit Lenkradschloss.

LWS, BWS … LMAA? – Durchblick statt Ärztelatein Aber weiter nun zur LWS. Na, wissen Sie noch, wofür diese Abkürzung steht? Nein? Kein Problem: Also, die Lendenwirbelsäule (LWS) sitzt bzw. balanciert auf einer eigens dafür vorgesehenen Fläche des Kreuzbeins. Genauer gesagt auf einer Bandscheibe, die auf einem wiederum eigens dafür erbauten Plateau direkt auf dem Kreuzbein liegt. Die LWS besteht aus fünf Lendenwirbelkörpern, die relativ groß und klobig sind und jeweils durch eine Bandscheibe voneinander getrennt werden (s. Abb. S. 28). Aber dazu später mehr. Behalten sollten Sie Folgendes: Die Deckplatte des Wirbelkörpers ist die Auflagefläche für die Bandscheibe. Der Wirbelkörper hat als Anhängsel im hinteren Teil an jeder Seite zwei knöcherne


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3. Wunderwerk Wirbelsäule

Links: (der Wirbelkörper von oben): Der Wirbelbogen ist ein gebogenes knöchernes Gebilde mit einem Hohlraum für den sensibelsten Teil unseres Körpers, das Rückenmark, welches vom Gehirn ausgehend die Steuerung unseres Körpers übernimmt. Durch diesen Knochenpanzer bestehend aus Quer- und Dornfortsätzen wird unser Rückenmark bestmöglich geschützt. (Nicht zu verwechseln mit dem kreisrunden Loch in der Deckplatte des Wirbelkörpers. Das gibt es nur bei Wirbelsäulenmodellen und ist, hoffentlich, in Ihrem Wirbelkörper nicht vorhanden). Seitlich herausstehend sehen Sie die Querfortsätze. Das spitze Ende oben ist der Dornfortsatz. Rechts: (der Wirbelkörper in Bauchlage von der Seite): Ganz rechts oben sehen Sie den weit herausstehenden Dornfortsatz. Etwas mittig die oberen und unteren Gelenkfortsätze, die mit dem darüber- und darunterliegenden Wirbel die Facettengelenke bilden.

Nasen, die Querfortsätze, und eine fiese dicke Nase am hinteren Teil, den Dornfortsatz. Diese Anhängsel bilden den sogenannten Wirbelbogen, mit einem schönen geschützten Hohlraum für das Rückenmark. Die Dornfortsätze können Sie im Übrigen auch sehr gut ertasten. Machen Sie Ihren Rücken rund und lassen Sie dann Ihre Finger durch die Kuhle in der Mitte Ihrer Wirbelsäule gleiten. Sie spüren immer wieder harte herausstehende Punkte. Das sind die Dornfortsätze. Der LWS folgen die zwölf Brustwirbelkörper. Die Wirbel der BWS werden abgekürzt mit TH1 bis TH12 (vom latei-


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nischen Wort thorakal). Alle Wirbelkörper werden von unten nach oben kleiner. Das heißt, die zwölf Wirbel der BWS sind schon etwas feiner als die der LWS. Zwischen dem 12. BWS-Körper und dem 1. BWS-Körper (gezählt wird von oben, das heißt, der 12. Brustwirbel ist dem Po näher als dem Kopf ) besteht schon ein relativ beträchtlicher Größenunterschied. Welcher ist also der kleinere Wirbelkörper, der 1. oder der 12. Brustwirbelkörper????? Na …? Der erste. Weil es ja von unten nach oben feiner und kleiner wird … oder doch umgekehrt? Kurz überlegen … ein Turm ist am Fuß breiter als an der Spitze … deshalb sind die unteren Wirbel auch … richtig! Der 12. Brustwirbel ist größer, demnach der 1. kleiner und Sie haben das Prinzip schon verstanden. Bei der BWS haben die Dornfortsätze eine andere Neigung, eher steil nach unten zeigend und „einander überlappend“, und sind deshalb auch bei Ihrem Selbsttastversuch schwieriger zu erfühlen. Aber das braucht Sie, falls Sie nicht durch die Lektüre dieses Buches doch dazu tendieren, den Beruf zu wechseln, nicht so richtig zu interessieren. Wichtig aber ist, dass die BWS im Vergleich zu LWS und HWS keine „frei schwebenden“ Querfortsätze hat. Jeder der zwölf Querfortsätze der Brustwirbelsäule bildet seitlich mit einer Rippe eine Gelenkverbindung. Die nennt man Rippenwirbelgelenke oder Costovertebralgelenke. („Was? Rippengelenke? Nie gehört! Ist das erblich?“) Im Ernst. Dieses Wort erzeugt oft unbändiges Erstaunen. Testen Sie es mal aus und lassen bei der nächsten „KrankheitsbesprechungskaffeetaDie Halswirbelsäule mit angrenfel“ dieses Wort fallen und erfreuen zendem Schädel.


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sich dann an den entweder ungläubigen oder dank Ihres fundierten Fachwissens anerkennenden Blicken.) Diese Gelenke spielen auch im weiteren Verlauf des Buches noch eine wichtige Rolle. Durch die Anbindung an die Rippen und den Zusammenschluss dieser vorne am Brustbein ist der Bereich der Brustwirbelsäule der unbeweglichste Teil unserer Wirbelsäule, aber dadurch auch der „verletzungsunanfälligste“. Nur so nebenbei. Die Rippen dienen u. a. als Aufhängung für die Lunge und als Schutz für den sparsamsten und umweltfreundlichsten Motor der Welt, unseren Motor, das Herz. Gehen wir nun zum sensibelsten Teil unserer Wirbelsäule, der HWS. Die Wirbel der HWS werden abgekürzt mit C1–C7 (vom lateinischen Wort cervikal). C7 ist also der 7. Halswirbel und getreu unserer Größentheorie der größte. Die Halswirbelsäule ist im Vergleich zur LWS sehr grazil und dünn. Der Zwischenraum zwischen den Gelenken ist sehr begrenzt, die Gelenkflächen sind sehr fein und steil übereinander stehend angeordnet. Die Bandscheiben sind ganz zart und klein und die NervenaustrittsOben: Obere HWS von der Seite . Unten: Obere HWS von vorne. Man sieht die seitlichen öffnungen lassen hellen Nervenaustrittsöffnungen und die im Wirbel eindem Nerv nicht so gebettete Arteria vertebralis (dunkel) dargestellt.


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wirklich viel Spielraum wie noch in der LWS. Hinzu kommt, dass die ersten sechs Halswirbel, also C1–C6 noch eine Öffnung für eine der wichtigsten Blutadern in unserem Körper beherbergen, die Kopfarterie, genannt Arteria vertebralis. Besonders zu erwähnen ist, zwischen dem 1. Halswirbel, dem Atlas, und dem 2. Halswirbel, dem Axis, gibt es keine Bandscheibe. Durch die feine Mechanik ist die HWS der beweglichste – aber auch der sensibelste und am schwersten zu reparierende (OP-technisch gesehen) – Teil unserer Wirbelsäule, gerade weil sie so fein und grazil ist. Durch muskuläre Verbindungen von Muskeln der Halsvorderseite und der Nackenmuskulatur hat die Stellung der HWS sehr großen Einfluss auf Wohlbefinden und Schmerz. So ist sie z. B. mitverantwortlich für Kopfschmerz, Ohrengeräusche (Tinnitus), Sprachentwicklung, Schulter- und Kieferbeschwerden und noch einiges mehr. Ein weiterer Grund, der Halterung unseres Kopfes, der HWS, ein möglichst langes und beschwerdefreies Leben zu ermöglichen und zu bescheren.

Es ist schon ein Kreuz mit dem Hohlkreuz Der glaube ich meistgebrauchte und deplatzierteste Begriff in Bezug auf die Wirbelsäule ist das Wort … (kleiner Tusch) „Hohlkreuz“. Es gibt kaum ein Wort, das so negativ behaftet für einen eigentlich erwünschten Ist-Zustand ist wie das Wort „Hohlkreuz“. Hohlkreuz ist schlecht, nicht erwünscht, eine angeborene Fehlbildung, schlichtweg alles, was man sich nur denken kann, außer etwas Positivem. Der Mythos Hohlkreuz. Das Hohlkreuz muss für alles herhalten und wird immer wieder gerne als erste Ausrede bei Haltungsschäden und Problemen in der Wirbelsäule verwendet. „Sie haben aber eine schlechte Haltung!“ „Ich weiß, ich weiß, ich hab ja auch ein Hohlkreuz.“ Das ist so, als wenn ich Ihnen sage, „So kriegen Sie Ihr Auto aber nicht durch den TÜV“ und Sie mir antworten „Ich weiß, ich habe ja auch einen Sicherheitsgurt!“. Ach so, na dann …!


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Der Mythos vom übelsten Feind der Menschheit, dem Hohlkreuz, ist generationsübergreifend ein Thema und wird anscheinend wie eine lästige Erbkrankheit an die nachfolgende Generation weitergegeben. Selbst mir klingt es noch aus Kindheitstagen und mit Jahrgang 66 nicht wirklich steinalt in den Ohren: „Mach kein Hohlkreuz!!!“ Zeit, einmal den Versuch zu starten, großflächig gegen diesen in der Bevölkerung verbreiteten Irrglauben in den Kampf zu ziehen. Hallo zusammen … Hohlkreuz ist keine Krankheit, sondern die natürliche und angeborene Form der Lendenwirbelsäule. Im Gesicht haben Sie ja auch eine Nase. Die ist ja auch keine Krankheit, auch wenn sie manchmal ungewollt läuft oder sie dieselbige mal wieder voll haben. Und mit der Nase ist es so wie mit dem Hohlkreuz: Mal ist sie etwas größer, mal etwas kleiner und feiner, aber immer ist sie da. Von Geburt an bis zum Tage unseres Ablebens (außer z. B. bei Cher und Michael Jackson). Der Unterschied ist aber, unsere Nase bleibt unsere Nase. Bis auf den Chirurg oder eine kleine Sparringrunde mit den Klitschkos kann das auch keiner ändern. Sie können Ihre Nase nicht wegatmen oder kleiner putzen. Das jedoch können Sie mit Ihrem angeborenen Hohlkreuz. Sie können es sich wegbewegen beziehungsweise vergammeln lassen und auf einmal … wie von Geisterhand, da ist es einfach weg. Das Leben ohne Hohlkreuz ist auch kein erstrebenswerter Zustand, wenn man denn einmal verstanden hat, warum und weshalb uns der liebe Gott mit eben diesem Hohlkreuz ausgestattet hat. Die Wirbelsäule ist in ihrer ursprünglich gedachten Form gebogen wie ein doppeltes S. Das heißt, in der LWS, oh Schreck lass nach, ist sie hohl, in der BWS ist sie rund und in der HWS wieder hohl. Dieses Hohle nennt man medizinisch „Lordose“. Was für eine Unordnung! Welcher Bauherr hat uns ein so verbogenes Teil in den Körper geschoben? Das kann doch nicht gewollt sein, also weg damit. Wir lieben es, wenn alles schön gerade und akkurat ist. Auch wenn Sie es jetzt vielleicht noch nicht verstehen: Merken Sie sich diesen Satz: Unsere LWS ist hohl, soll hohl sein und auch nach Möglich-


4. Aktives und passives Sitzen

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4. Aktives und passives Sitzen – unser Baukasten im Alltag Probieren geht über studieren – Eine Anleitung zum Selbsttest Erinnern Sie sich noch an den – zumindest als Patienten – unsympathischen Herrn aus dem1. Kapitel? Der, der partout nicht den Sinn seines Lebens darin gesehen hat, bis an sein Lebensende etwas aktiv gegen seine Beschwerden zu tun. Nun gehe ich dazu über, das Gleiche bei Ihnen zu versuchen. Ich möchte bei Ihnen gerne das Verständnis wecken und die Bereitschaft einfordern, aktiv an Ihrer Gesunderhaltung oder an Ihrem Wohlbefinden mitzuhelfen. Das fängt bei dem an, was wir vielleicht nicht unbedingt am liebsten, aber am häufigsten tun: Dem Sitzen. Sitzen an sich ist, für uns zivilisierte Erdbewohner schwer vorstellbar, keine gedachte und erfundene Haltung für Menschen. Wir sind nicht für das Sitzen, zumindest als Dauerposition, erfunden oder gebaut worden. Wir sind Bewegungstiere. So viel schon einmal vorweg. Der Schlüssel zum richtigen Sitzen liegt im Becken. Oweiowei, da ist sie wieder, diese verdammte Beckenkippung. Und jetzt nicht nur theoretisch, sondern sogar praktisch. Es ist für viele nicht einfach, die Beckenkippung zu erlernen und noch schwieriger ist es, sie zu „erlesen“. Daher können Sie die Bewegung am besten gleich mal in einem der folgenden Selbsttest (siehe S. 44) ausprobieren. Sollten Sie hierbei größere Schwierigkeiten haben und auch keinen kennen, der Sie Ihnen gut und richtig beibringen kann, lassen Sie mal fünfe gerade sein und nehmen Sie ein bis zwei Termine bei einem Physiotherapeuten wahr! Es hat geklappt? Wunderbar, damit haben Sie schon die wichtigste Grundlage für alles Folgende gelegt. Denn ohne diese einfache und doch so schwere Bewegung ist ein rückengerechter Bewegungs-


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4. Aktives und passives Sitzen

Testimpuls 1: Beckenbeweglichkeit Setzen Sie sich auf einen Stuhl, am besten so, wie Sie immer sitzen, schön eingerollt. Nun umfassen Sie mit beiden Händen Ihre Beckenschaufel, sodass der Daumen hinten im Bereich des Gesäßmuskels ist. Versuchen Sie nun mit den Daumen etwas Hartes zu ertasten. Gefunden? Gut, dann haben die Daumen an der harten Stelle nun Pause. Ihre Zeigefinger versuchen nun, die Knochenvorsprünge vorne am Becken zu ertasten. Wenn Sie das geschafft haben, liegen Ihre Innenseiten von Zeigefinger und Daumen auf dem recht gut fühlbaren jeweiligen Beckenkamm. Nun versuchen Sie sich aufzurichten. Um diesen Bewegungsvorgang zu verdeutlichen, kleben Sie sich ein Fädchen oder ein Stück Kordel auf Ihr T-Shirt. Das obere Ende ungefähr mittig auf dem Brustbein und das untere Stück circa 2 cm oberhalb des Bauchnabels. Die Hände nehmen die oben beschriebene „Beckentaststellung“ ein. Sie sitzen so richtig schön in der runden Lümmelstellung. Das Fädchen hängt locker vor Ihrem T-Shirt. Nun versuchen Sie, das Fädchen zu spannen. Dafür müssen Sie Ihre Wirbelsäule aufrichten. Das Brustbein macht tendenziell die Bewegung nach vorne oben. Sollten Sie jetzt, mit den Händen immer noch am Becken, spüren, dass das Becken sich dabei nach vorne Richtung vorderer Oberschenkel bewegt, sind Sie schon einen wichtigen Schritt weitergekommen. Diejenigen, die das Fädchen richtig gut spannen können, versuchen jetzt einmal die Bewegung nur vom Becken her einzuleiten. Das gespannte Fädchen und die tastenden Finger werden Ihnen Ihren Erfolg zeigen. Für all die, bei denen es nicht gleich auf Anhieb klappt, Variante 2. Hierbei lösen Sie jetzt bitte nur das unten angeklebte Stück. Lümmeln Sie sich wieder richtig schön auf Ihren Sitz und stellen sich vor, Sie wären eine wehrlose Marionette. Sie ziehen sich selbst an dem Faden nach vorne oben, peilen mit der Hand die Kante an, an der sich Wand und Decke Ihres Zimmers treffen. Leisten Sie keine zu große muskuläre Gegenwehr, sonst reißen Sie den Faden ab. Lassen Sie sich wie eine wehrlose Marionette in die angezeigte Richtung ziehen. Mit der anderen Hand, die ja noch immer am Becken weilt, versuchen Sie wieder, die Bewegung des Beckens nach vorne zu spüren. Wenn Sie diese Bewegung im Becken wahrnehmen, versuchen Sie dann, die Übung ohne den Faden zu wiederholen. Es klappt? Wunderbar!


4. Aktives und passives Sitzen

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ablauf nicht möglich. Demzufolge auch keine Haltungsverbesserung im Ganzen und erst recht nicht in einem bestimmten Wirbelsäulensegment (Sie erinnern sich, die Sache mit den Zahnrädern). Mir würden vermutlich, wenn wir uns jetzt Aug in Aug gegenüberständen, die Tränen vor Freude in die Augen schießen, wenn Sie mir sagten: „Ich kann die Beckenkippung und ich habe auch verstanden, warum sie wichtig ist!“ Gerade weil es so wichtig ist, noch ein Versuch. (All diejenigen, die es verstanden haben, können bis zum nächsten Absatz blättern oder noch besser: einfach weiter üben.) Sie legen jetzt beide Hände wieder in die „Beckentaststellung“. Stellen Sie sich vor, Sie umfassen eine Schüssel mit Wasser und müssen diese langsam über die vorderen Oberschenkel ausgießen. Sie müssten spüren, dass sich der Knochenvorsprung unter Ihrem Zeigefinger Richtung vorderer Oberschenkel bewegt. Außerdem müssten Sie beim Sitzen mit gekipptem Becken deutlich größer sein als in der Lümmelposition. Aber Vorsicht (jetzt meine ich alle, die Schnellversteher und die, für die diese Bewegung eine relativ neue Erfahrung darstellt), es kommt auch immer noch auf andere Faktoren an: • Die Höhe der Sitzfläche: Sollte Ihre momentane Sitzfläche nicht auf gleicher Höhe oder höher als Ihre Knie sein, ist eine Bewegung im Becken schwer bis unangenehm bis nicht ausführbar. Also nicht auf Omis alter Couch probieren, auf der man schon bis zu den Ohren in die Polster eintaucht. • Die Stellung der Füße: Die Fußstellung ist ungemein wichtig. Die günstigste Position ist so: Die Füße stehen etwas vor den Knien, also vom Körper weg. Die Beine sollten nicht press gegeneinander sein, sondern mindestens hüftbreit auseinander oder auch gerne etwas mehr.


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4. Aktives und passives Sitzen

Testimpuls 2: Gewichtsbelastung Wirbelsäule Heben Sie Ihr Gesäß kurz an und schieben Ihre Hände mit den Handflächen nach unten unter den Po. Die Hände müssen recht weit nach hinten geschoben werden, also in den Bereich, wo auch unsere Wirbelsäule sitzt. Nun lassen Sie sich wieder einmal richtig gehen und hängen nun herrlich passiv an der Rückenlehne des Stuhls. Spüren Sie, wie viel Gewicht nun auf Ihren unter dem Po versteckten Händen lastet? Das ist eine ganze Menge. Sie merken es daran, dass Sie die Hände – wenn überhaupt – nur mit sehr großem Kraftaufwand aus ihrer Gefangenschaft befreien können. Ohne die Stellung der Hände zu verändern, versuchen Sie nun, von unten nach oben den aktiven Sitz einzunehmen. Füße richtig stellen, Becken kippen, Wirbelsäule aufrichten und schon können die Hände in die neugewonnene Freiheit fliehen. Fluchtversuch geglückt dank rapider Gewichtsabnahme. Nachdem nun das Für (Oh, ist das Rumlümmeln bequem) und das Wider (Mensch, was müssen meine Bandscheiben beim Sitzen für ein Gewicht ertragen) besprochen ist, beschäftigen wir uns nachfolgend mit den Strukturen beim aktiven Sitzen. Also, Füße wieder nach vorne, Becken kippen und auf geht’s mit dem Kopf erst einmal mindestens ein Stockwerk höher. Nun sitzen Sie wieder richtig. Stopp. Schauen Sie jetzt auf die Uhr und versuchen Sie, diese Position so lange wie möglich zu halten. Sollten Sie Ihre Hände nicht als Kontrolle im Beckenbereich brauchen, führen Sie eine Hand jetzt mal nach hinten in die LWS und probieren Sie, die tiefste Stelle in der Mitte zu ertasten (richtig, die Stelle, wo die Dornfortsätze sind). Dann wandern Ihre Finger 2 cm nach rechts und links. Sie spüren, dass dort die Muskulatur des langen Rückenstreckers angespannt ist. Das ist der Grund, warum die Dornfortsätze jetzt wie in einem Tal liegen.


4. Aktives und passives Sitzen

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Links: Der passive Sitz. Die Stellung des untersten Zahnrades lässt die darüber liegenden Zahnräder automatisch in eine falsche Richtung drehen. In dieser Position können Sie das oberste Zahnrad nicht separat in die korrekte Position bringen. Wenn doch (bei überbeweglichen Menschen ist es ansatzweise möglich), fühlt es sich aber nicht besonders gut an. Rechts: Wie schon kennengelernt, der aktive Sitz mit den richtig gestellten Zahnrädern.

Sollten Sie eben bei den drei verschiedenen Erklärungsversuchen Schwierigkeiten gehabt oder sollte es gar nicht funktioniert haben, prüfen Sie bitte nach, ob eine oder beide der beschriebenen Grundvoraussetzungen eventuell nicht gestimmt haben und wiederholen Sie die Übungen noch einmal. Jetzt versuchen Sie bitte erneut, die Beckenkippung auszuführen, und zwar, indem Sie die Füße so weit es geht unter dem Stuhl parken. Wenn Ihnen die Beckenbewegung jetzt schwerer fällt, haben Sie eigentlich alles verstanden und gespürt, welches die beste Ausgangsposition für diese wichtige Bewegung ist. Aber damit nicht genug. Keine Zeit zum Ausruhen. Denn das Kapitel heißt ja „passives und aktives Sitzen“! Setzen wir uns jetzt wieder so, wie wir wissen und verstanden haben, dass es falsch ist,


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4. Aktives und passives Sitzen

total gebogen, und lümmeln uns gemütlich an die Rückenlehne. Diese Position nennt man passives Sitzen. Warum? Weil unsere Wirbelsäule nur von passiven Elementen, also solchen, die wir willentlich nicht bewegen können, gehalten wird. Den Bändern und Gelenken. Wir wissen jetzt auch, was mit unseren Bandscheiben in dieser Position geschieht. Sie werden mit der ganzen Wucht unseres Oberkörpers nach hinten gepresst. Gleichzeitig quetscht das Gewicht unseres Körpers auch noch hervorragend die Flüssigkeit aus unseren saugfähigen Stoßdämpfern. Da der Druck mit der Zeit ja auch nicht weniger wird, also keine Entlastung für die Bandscheiben stattfindet, ist das ein auf Dauer nicht erstrebenswerter Zustand. Be- und Entlastung stehen in einem krassen Missverhältnis. Auch das kann man in einem einfachen Test ( s. S. 46) gut spüren: Ihre Muskulatur im Rücken wird durch die Beckenkippung automatisch aktiviert. Ist das nicht prima, ganz von alleine, ohne dass Sie sich bewusst drum kümmern müssen. Deshalb aktives Sitzen. Warum? Ihre Wirbel stellen sich in die bestmögliche Position und die Wirbelsäule wird nun von der arbeitenden Muskulatur gestützt. Ihre Bandscheiben haben den größtmöglichen Platz zwischen den einzelnen Wirbeln und die Wirbelgelenke stehen so zueinander, dass sie mechanisch die geringste Belastung haben. Dazu später noch ein Selbstversuch.

Wenn’s zwickt und zwackt – Tanken Sie Ihre Muskeln wieder auf! Jetzt haben Sie sich richtig, also aktiv, hingesetzt, weiter gelesen und kommen nun an den Punkt, an dem es in Ihrem Rücken unangenehm zu ziehen beginnt. All diejenigen, die eben auf die Uhr geschaut haben, merken sich nun die Zeitspanne, in der Sie sich in der aktiven Sitzposition halten können, ohne dass es unangenehm wird. Ich gehe davon aus, während Sie immer noch weiter aktiv sitzen, dass das Ziehen in Ihrem Rücken sich nun langsam verstärkt.


4. Aktives und passives Sitzen

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geben). Wir kaufen uns dieselben Blusen wie Lady Gaga und die lila Fu ß b a l l s c hu h e von Frank Ribery, in der Hoffnung unsere Schusstechnik dadurch etwas zu verbessern. Aber meistens kopieren wir nur die Dinge, die uns angenehm erscheinen. Dabei kann man sich gerade z. B. im Leistungs- Oben: Der Rennfahrer Sascha Maassen in richtiger sport viele Dinge Arbeitshaltung an seinem Arbeitsplatz. abschauen, die uns Unten: Wieder Sascha Maassen. Diesmal in einem zum Rennwagen umgebauten Serienauto. Auch in dieauch im Alltag sem Fahrzeug, wo er den nötigen Platz hätte, um cool besser, gesünder in einer Liegeposition über die Rennstrecke zu heizen, und auch sicherer behält er seine gerade Sitzposition bei. Warum wohl? voranbringen würden. Schauen wir uns doch z. B. einmal an, wie die „rennigsten“ aller Rennfahrer, die Formel-1-Piloten in ihren Boliden sitzen: Gerader Rücken, den Kopf in unmittelbarer Nähe der „Kopfstütze“ und die Arme angewinkelt. Aus meiner langjährigen Diskussionserfahrung mit Patienten kann ich den Skeptikern unter Ihnen schon Ihre Erwiderung auf meine Aussage vorwegnehmen. „Bei denen geht das nicht anders, weil so wenig Platz in den Cockpits ist.“ Okay, dann stellen Sie sich ein DTM oder sonstiges Rennauto vor. Serienautos, wie Sie und ich sie fahren, nur mit etwas mehr Spoilern und PS. Dort wäre genug


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4. Aktives und passives Sitzen

Platz, um wie Mantamanni über den Ring zu heizen. Aber warum tun sie es nicht? Warum sitzen die Fahrer so gerade (s. Abb. S. 65 unten). Diese „Unnormalos“ bewegen sich mit ihren Fahrzeugen immer am Limit dessen, was man Mensch und Material zumuten kann. In Extremsituationen. Um diese Extremsituationen gut zu meistern ist es notwendig, die bestmöglichen körperlichen Voraussetzungen zu erfüllen, um den Wagen im Griff und unter Kontrolle zu halten. In dieser Position hat der Fahrer die besten Kraftverhältnisse und da gleichzeitig oder gerade deshalb seine Gelenke und Muskeln in der bestmöglichen Position sind, kann er auch aktiv am besten gegen die auftretenden Fliehkräfte ankämpfen. Na gut, regelrechte Fliehkräfte hat Lieschen Müller jetzt nicht unbedingt, wenn sie beim Einkaufen auf den Aldiparkplatz abbiegt, aber was für Michael Schumacher gut ist, kann doch für Lieschen Müller nicht schlecht sein, oder? Zusammengefasst: Diese Sitzposition wird aus Gründen der Fahrsicherheit gewählt und nicht, weil die Fahrer diese Position so gemütlich finden.



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