Design › Code › Business » Das Magazin der Kreativbranche
ICON FONTS für alle Zwecke
MeConomy! Existenzgründung in der Design- & Digitalbranche Mit großem Ratgeber Künstlersozialkasse
07.2015
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Online-CD-Manuals Schlank & offen // Jobprofil & Gehalt
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Transmedia Storytelling // Frauen in der Tech-Szene // Pixelsorting // Gridbasiertes Webdesign // Pattern-App
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EDITORIAL
Foto: Kirsten Nijhof
Start Me Up
Cover »Proud« von Mark Gmehling (http://markgmehling. weebly.com)
● »Zu wenig Geld«, »zu wenig Zeit«, »zu wenig Platz«, »zu wenig Mitarbeiter«, »zu wenig Schlaf«. Ja, wenn man sich so umhört in der Start-up-Szene: Gründen kann ganz schön aufreibend sein. Dabei könne man jederzeit einen gut bezahlten Job finden oder habe selbigen gar freiwillig eingetauscht gegen diesen permanenten Zwang zu Kreativität. Was treibt uns also in die Selbstausbeutung? Der Wunsch, die eigene Idee umsetzen zu können? Die Aussicht, nicht mehr fremdbestimmt zu »roboten« – sprich: nicht mehr Tag für Tag zur Arbeit zu fahren, zu erledigen, was einem gesagt wird, und, jawohl, ein Gehalt zu beziehen? Der Glaube an die schöpferische Zerstörung? »Flache Hierarchien«, »kurze Wege«, »verdammt coole Teams«? Scheitern gehört offenbar zum Geschäft. In unserer Titelgeschichte »Existenzgründung in der Kreativbranche« widmen wir uns darum auch gar nicht erst den Eigenarten eines gemeinen Start-ups (viel reinstecken, wenig rausholen), auch nicht denen eines Unternehmertums alter Schule (viel analysieren, wenig wagen) oder denen eines klassischen Freelancer-Daseins (viel verrenken, viel verschenken). Nein, wir wenden uns den Chancen der Meconomy zu. Wer schlau ist, schielt nämlich nicht zuvorderst nach dem Exit (viele Vorhaben scheitern ohnehin vorher am Team) oder nach Absicherung (die komfortablen Zeiten sind vorbei, jetzt kommen die fordernden Jahre mit Risiken und Gelegenheiten) oder nach Aufträgen (es geht schon lange nicht mehr ums Monetäre allein, wir wollen Gutes tun und glücklich sein). Wer schlau ist, fängt bei sich an: Bei seiner Leidenschaft, bei seinen Stärken und schaut erst dann, ob und welchen Markt es für ihn gibt. Er nutzt die Möglichkeiten der digitalen Ökonomie, der globalen Mobilität, der individuellen Markenbildung und macht sich selbst zum Unternehmen mit skalierfähigem Geschäftsmodell. – Ab Seite 16 stellen wir abhängig beschäftigte Designer und Developer sowie Freelancer und Solopreneure vor, die ihren Weg in die Meconomy gefunden haben, und räumen auf mit dem ein oder anderen Irrtum in Sachen Künstlersozialkasse, Berufshaftpflicht und Arbeitslosenversicherung für Selbstständige. »Smart up!«
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Inhalt ✖ TYPO ■ BILD ◆ KREATION ▲ INTERACTION ➤ TITELTHEMEN
SIGNALE 006 Ideen, Projekte und Diskussionen
TITEL 016 MeConomy! Existenzgründung in der Design- und Digitalbranche Die Digitalisierung eröffnet vielfältige Möglichkeiten, sich mit einer eigenen Geschäftsidee selbstständig zu machen. Wir stellen Kreative vor, denen dies gelungen ist, und geben Tipps rund um die Existenzgründung 026 Großer Ratgeber Künstlersozialkasse
THEMEN 030 ◆ Printkataloge Noch nie waren sie so frei, so schön, so inspirierend wie in Zeiten des E-Commerce. Schauen Sie selbst! 036 ✖ Icon-Fonts für alle Zwecke Ob fürs User Interface Design, für die Gestaltung von Karten, Speisetafeln oder Leitsystemen – Piktogrammschriften kann es nie genug geben 042 ■ ◆ Motion Branding Bewegtbild fordert klassische Corporate-DesignKonzepte heraus. Wir zeigen innovative Projekte
NEUES 048 Spannendes aus der Bild-, Typo-, Papierund Technikwelt 056 Publikationen für Gestalter und Developer
PROJEKTE 062 ◆ Making-of: Soundbook Klassische Buchbindetechnik und experimentelle Hochtechnologie ergänzen sich bei Serviceplans »Word Press Photo«-Jahrbuch auf spektakuläre Weise 068 ✖ ▲ Pattern-Schriften plus iOS-App Lust auf Muster? Eike Dingler schuf neun aufregende Pattern-Fonts, und Florian Gmeiner programmierte dazu die iOS-App Pattern Type für eigene Muster
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074 ▲ ◆ Making-of: Gridbasiertes Webdesign Für das Berliner Grafikdesignstudio Zwölf setzte Basics09 eine ganz wunderbare PortfolioWebsite mit WordPress und Isotope um 080 Nachwuchs Projekte aus Hochschule, Agentur und Forschung
WERKZEUG 084 ▲ ◆ Online-CD-Manuals Vergesst hochkomplexe Corporate-Design-Portale! Marco Spies plädiert für schlanke, offene Systeme 088 ■ ▲ Pixel Sorting – Tools & Artworks Bei dieser aktuellsten Spielart der Glitch-Ästhetik entstehen auf Code-Basis faszinierende Bildwelten
BRANCHE 094 ▲ Frauen in der Tech-Szene Die bisherige Männerdomäne wird durchlässiger, und Frauen entdecken zunehmend ihren Spaß am Coden 100 Jobprofile & Gehälter Transmedia Storytelling 102 Szene Was die Kreativbranche und ihre Akteure bewegt
STANDARDS 003 Editorial 104 PAGE digital 108 Kalender 112 Impressum/Vorschau/Leserservice 114 Sieberts Betrachtungen
SERVICES 073 PAGE Shop 111 PAGE Abo
PAGE SEMINARE 041 060 082 083 099
NEU! »Infografik« mit Jan Schwochow in Berlin »Mobile« mit dem Digitalstudio Swipe »Marken durchsetzen« mit Jochen Rädeker »Margen durchsetzen« mit Jochen Rädeker »Text $ells« mit Armin Reins
SIGNALE Ideen, Projekte und Diskussionen aus Design, Kommunikation und Development finden Sie hier und auf ↗ www.page-online.de
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Publicity Hoax. Dieser charmanten Räuberpistole ist die Kreativ-
branche sicher mit Vergnügen auf den Leim gegangen: Unbekannte seien ins Studio von Sagmeister & Walsh eingedrungen, meldete »Creative Review« in ihrem Blog und postete die Aufnahmen der Überwachungskamera. Dann stellte sich heraus: Alles ein PR-Gag der Kommunikations- und Designagentur achos! in Barcelona (www.achos.es). Bei den Webcam-Bildern der Überwachungskamera half Photoshop, und der Post des CR Blogs erwies sich als geschickter Fake. Echt war nur ein Tweet von Sagmeister & Walsh selbst, die Spaß daran hatten, die Posse mitzuspielen, und den Verlust ihres Navigationsmenüs beklagten. as
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Pixel-Tattoos Tätowierungen in Pixel-Optik haben es dem russischen TattooKünstler Alexey Lauz offensichtlich angetan – und noch dazu Tiermotive. Mehr davon unter https:// instagram.com/leshalauz. as
Buchillustration. Eines der schönsten Bücher, das
uns in letzter Zeit begegnete, ist »Der Nachtwächter«, erschienen in der Reihe Kleine Gestalten des Berliner Gestalten Verlags. Was der französische Illustrator Jérémie Fischer dort aus dem Druck in vier leuchtenden Pantone-Farbe zaubert, dürfte Kinder (ab 9 Jahren) wie Erwachsene faszinieren. Jede Doppelseite ist ein Kunstwerk, die Motive der vom einsamen Nachtwächter bewachten Stadt erinnern manchmal an die Metaphysische Malerei Giorgio de Chiricos. Tatsächlich erzählt der Text von Jean-Baptiste Labrune eine spannende, aber poetisch-philosophische Geschichte. Mehr unter www.page-online.de/schoene-kinderbuecher. cg
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Plakat-Kampagne. In Hongkong dürften die Menschen jetzt zweimal
überlegen, ob sie Müll auf die Straße werfen. Eine von Ogilvy & Mather anlässlich des Earth Day für die CleanUp Initiative entwickelte Kampagne gab den Umweltsündern ein Gesicht. Dafür arbeitete die Agentur mit Parabon NanoLabs aus den USA zusammen, die DNA-Spuren von aufgesammeltem Abfall mit der Phenotyping-Software SnapShot auswerteten. In Kombination mit den jeweiligen Gegenständen und dem Fundort, die auf ein ungefähres Alter schließen ließen, stellten die Wissenschaftler die Täter bildlich dar. Zwar erkannte sich laut Agentur keiner wieder, aber vielleicht gibt es den Bewohnern Hongkongs dennoch zu denken. Auf ihren Straßen landen nämlich täglich 16 000 Tonnen Müll. nik
Sexy einparken ● Außenwerbung. Um die Einparkhilfe im Fiat 500 zu bewerben, entwickelte Leo Burnett ein interaktives Videoplakat, das die technischen Vorzüge menschlich macht: Verschiedene Protagonisten weisen Fahrer ein, indem sie den Abstand zum hinteren Auto mit ihren Händen anzeigen. Umsetzen ließ sich dies mithilfe von Ultraschallsensoren am hinteren Wagen und am Bill-
board sowie einer eigens entwickelten Software, die den räumlichen Abstand mit den Videoinhalten synchronisierte. Eine weitere Herausforderung war der Screen selbst, der in der benötigten Größe und Auflösung nur für den Indoor-Gebrauch existiert und entsprechend wettergeschützt angebracht werden musste. Casefilm unter www. page-online.de/fiat-billboard. nik
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Altersschwache Typo Auch Schriften werden alt, wie die B2B-Kampagne für die Foundry Fontyou (siehe PAGE 12.14, Seite 112 ff.) beweist. Die minimalistischen Kurzgeschichten über alte Typo stammen von den Kreativagenturen TBWA/Paris und \ELSE. nik
München, offene Stadt? ● Integrations-Initiative. Unter dem Motto »Mia san mehr« entwarf Martin et Karczinski aus München ein Zeichen für ihre Stadt, das ein Bekenntnis zu Vielfalt und Offenheit sein sollte. Das Open Kindl zeigt das Stadtwappen mit Symbolen sämtlicher Weltreligionen. Ursprünglich als Plakatbeitrag anlässlich der MCBW gedacht, machten die Kreativen daraus eine Initiative: Mit dem Kauf des Open-Kindl-Kits (Stempel, Turnbeutel et cetera) unterstützte man eine Schule für junge Flüchtlinge. Eine gute Sache, würde man meinen. Die Stadt sah das aber anders und untersagte die Nutzung des Zeichens, wohl wegen der teils aggressiven Kommentare. Erst folgte die Agentur, doch nun schaltet sie die Website www.open kindl.de wieder frei, bringt die restlichen Kits unters Volk und ruft per Social Media dazu auf, selbst ein Kindl zu gestalten. Provozieren wolle man damit nicht, so Mitinhaber Peter Martin, »sondern einen Dialog anstoßen und gemeinsam mit der Stadt eine Lösung finden.« Die Gesprächsanfragen blieben bisher unbeantwortet. nik
A wie Absolut ● Redesign. Ganz vorsichtig gestaltete die Marke Absolut Vodka ihr Kultobjekt um. Eine Type des italienischen Kalligrafen Luca Barcellona ersetzt den bisherigen Script-Font auf der Vorderseite. Die größte Neuerung aber ist das Versal-A auf der Flaschenrückseite: Es soll den zeitlosen schwedischen Stil widerspiegeln und ein visuelles Highlight setzen. Der norwegische Illustrator Martin Mörck zeichnete das Medaillon, das den Firmengründer Lars Olsson Smith zeigt. Und auch der AbsolutVodka-Schriftzug selbst wurde modifiziert und wirkt durch den geringeren Zeilenabstand etwas kompakter. Ab Herbst ist die neue Flasche erhältlich, Käufer werden das modernere Design wahrnehmen, ihre Flasche aber wiedererkennen – so soll es sein. ant
Salz statt Orange ● Rebranding. Der Schweizer Ableger des Mobilfunkanbieters Orange nahm ein mutiges Redesign vor und änderte dabei auch seinen Namen zu Salt. Ende April ging dann die neue Marke in über achtzig Filialen und online an den Start. Dominiert von klarer Typo, unterscheidet sich der Auftritt sehr deutlich von anderen Corporate Designs in der Mobilfunkbranche. Zu dem »Weniger ist mehr«-Ansatz der Londoner Branding- und Designagentur Prophet (www.prophet.com) passt auch der kurze, eingängige Name. Das Finetuning des Erscheinungsbilds und die Kampagne zur Markteinführung übernahm Publicis Communications in Zürich ( www.publicis.ch ). ae
Moralfrage Geldmacherei oder Kreativitätsschub? Dr. Claudia Gerdes denkt über die Tücken der neuen Top-Level-Domains nach ● Wie gut, dass sucks sich nicht so leicht ins Deutsche übersetzen lässt! So lautet nämlich eine der vielen neuen Domain-Endungen, die das Internet derzeit bunter machen. McDonalds.sucks kann man sich als URL vorstellen, aber kik.isttotalmies oder Gutfried.istdoof wird es hier wohl nie geben. Höchstens womöglich DeutscheBahn.nervt . . . Die kanadische Firma Momentous jedenfalls hat sich die Vergabe von .sucks unter dem Deckmäntelchen des Kämpfers für Verbraucherrechte unter den Nagel gerissen und wirbt mit einem vor Pathos nur so triefenden Video mit Bildern von Martin Luther King für sich. Jetzt verkaufen die Kanadier die Endung für unverschämt teures Geld an all diejenigen, die Angst haben zu »sucken«. Apple hat gleich einen Großeinkauf gemacht und sich .sucks unter anderem für mac, finalcutpro oder applestore gesichert. Aber auch wordpress oder windowsphone sind vor dem .sucks-Hinterteil geschützt. Dagegen wirken die Probleme um die andere Aufreger-Domain .porn geradezu harmlos. Wenn man von »Food Porn« spricht, sind doch auch bloß besonders appetitliche Bilder gemeint! Verbindungen à la Markenname.porn könnten also durchaus kreative Auslegungen anregen. Viel problematischer scheint, dass bestimmte Firmen sich gleich direkt die Vergaberechte für bestimmte Endungen gesichert haben. So kaufte Google für 25 Millionen Dollar .app, .buy und .spot gingen für 4,6 beziehungsweise 2,2 Milliönchen an Amazon, .baby an Johnson & Johnson und .kinder an Ferrero – wogegen der Deutsche Kinderschutzbund Sturm läuft. Streit gibt es auch um die Frage, ob sich in Zukunft jeder Quacksalber das Prädikat .med zulegen darf. Doch nicht nur Rechtsanwälten, sondern auch Kreativen eröffnen die neuen Domains spannende Betätigungsfelder. Schließlich stehen fortan nicht nur brauchbare Endungen wie .agency, .graphics, .design, oder .photography bereit, sondern auch zu kreativen Höhenflügen Anregendes wie .bingo, .style, .party, .tattoo, .land, .play, .bar, .lol, .wtf, .doctor oder .guru. Letztere könnte für mich eine schöne Website namens moralfragen.guru abgeben. Sollte ich mir zumindest mal schützen lassen.
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Icons erzählen ein Buch Erstaunlich viel vom Inhalt lassen die Piktogramme erahnen, die das Erscheinungsbild des neuen Hamburger Punktum Verlags ausmachen – und auch auf dem Vorsatzpapier als Rapport vorkommen ( www.punktum-buecher.de ) . cg
Elektro-Icons Die Münchner Designagentur Zeichen & Wunder übernahm das Dialogmarketing für das BMWElektrofahrzeug i3. Unter dem Titel »Jetzt ist die Zeit« gestaltete sie ein erstes Mailing, das neue Zielgruppen ansprechen soll. Dabei visualisieren Icons komplexe Details und Informationen. Bei einigen Piktogrammen, wie den Windrädern oder der Batterie, gelingt das, bei anderen muss man schon ein bisschen länger rätseln. ant
Vielsagende Kreise Von der globalen Sprache der Emojis ließ sich das Athener Studio mousegraphics beim Redesign der Kondommarke DUO inspirieren. Macht der jungen Zielgruppe Spaß und jeder versteht’s. cg
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Piktogramme. Ob Literatur, Sex oder Elektroautos: Informationen
schnell zu kommunizieren ist das Gebot der Stunde. Kein Wunder, dass man selbst an unerwarteter Stelle immer öfter Piktogramme findet. Zudem diese sich auch wunderbar von der sonstigen visuellen Flut etwa am Point of Sale abheben. Je länger Gabi Schnauder und die Mitgründerinnen des Punktum Verlags über die Cover ihrer Bücher nachdachten, »desto minimalistischer wurde das Layout«, erzählt die Gestalterin. »Der letzte Schritt war die Zusammenfassung des Inhalts in einem prägnanten Icon.« Was perfekt zu »unseren Web- und Mobile-geprägten Zeiten« passe. cg
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Neben seinem Job bei der Kreativagentur Interone baut sich der Hamburger Designer Jonathan Roolf mit seinen GifbĂźchern â&#x20AC;&#x201C; das sind Daumenkinos aus Animated GIFs eine Existenz auf (siehe Seite 23)
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TITEL
NO RISK NO FUN
Der Sprung in die Selbstst채ndigkeit reizt viele Designer und Developer. Wir geben Hilfestellung und stellen Kreative vor, die ihren Weg gefunden haben
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PAGE 07.15 › TITEL › Existenzgründung
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ehr Gestaltungsmöglichkeiten, eine bessere Work-LifeBalance oder schlicht eine super Geschäftsidee – die Beweggründe für eine Existenzgründung in der Kreativbranche sind vielfältig, ebenso wie die Konzepte von Selbstständigkeit. Diese reichen von der Arbeit als Freelancer, allein oder im Netzwerk, über den Start einer kleinen Agentur bis zur Gründung eines eigenen, meist fremdfinanzierten Start-ups. Im Trend liegt zudem der sogenannte Solopreneur. So bezeichnet man jemanden, der bewusst allein und unabhängig arbeiten möchte, nicht beabsichtigt, Mitarbeiter einzustellen, sondern das Wachstum seines Unternehmens über das Angebot eines Produkts – das kann eine App, ein ExpertenBlog oder ein Onlineshop sein – skaliert. Aber bevor es in die Details geht, ein paar Zahlen vorweg: Deutschland ist ein Land der Festangestellten. Zurzeit sind nach Erhebungen des Statistischen Bundesamts von rund 41,6 Millionen Erwerbstätigen nur rund 5 Millionen, also circa 12 Prozent, selbstständig (http://is.gd/H4Zwnt). Ganz anders in der Kreativbranche: Hier arbeiten laut der Studie »Wie Designer arbeiten« von Designtagebuch.de um die 45 Prozent freiberuflich (http://is.gd/WieDesigner), und etwa 60 Prozent gründen eine Existenz im Nebenerwerb, so eine Untersuchung der Initiative Kulturund Kreativwirtschaft der Bundesregierung (http:// is.gd/alles_nurkein). Während im Schnitt nur rund 50 Prozent der Neugründungen die kritischen ersten fünf Jahre überstehen, sind in der Kreativbranche nach drei Jahren noch fast 80 Prozent am Markt. Die häufigsten Ursachen für ein Scheitern sind falsche Finanzierung und Mangel an Information, und das obwohl Handelskammer, Wirtschaftsförderung oder Berufsverbände Anlaufstellen für Neugründer eingerichtet haben, wo diese Unterstützung in puncto Businessplan, Fördergeldern und rechtlichen Fragen finden. Wegen des Hypes um Start-ups ist das Thema Solopreneurship aber bisher weder bei Gründungsberatungen noch in den Medien angekommen. »Für Alleinunternehmer gibt es kaum fachkundige Beratung oder Informationen«, meinen Brigitte und Ehrenfried Conta Gromberg, die mit Smart Business Concepts ein entsprechendes Angebot aufgebaut haben (siehe Interview, rechte Seite). Sie raten Solopreneuren, ohne Fremdfinanzierung zu gründen und mit einem Polster zu starten, mit dem sie mindestens drei Monate überbrücken könnten.
Bin ich ein Unternehmertyp? Doch bevor man den Schritt in die Selbstständigkeit wagt, sollte man für sich ehrlich prüfen, ob man der Typ dafür ist. Man verzichtet unter Umständen auf die Sicherheit einer gut bezahlten Festanstellung und nimmt die Ungewissheiten in Kauf, die ein nie ganz klar vorhersehbarer Geschäftsverlauf mit sich bringt. Ständig gibt es Entscheidungen zu treffen,
Eine Übersicht aller PAGE eDossiers mit geballtem Know-how rund um die Existenzgründung in der Kreativbranche gibt’s auf Seite 28
neue Anforderungen und Aufgaben zu meistern. Das fängt bei der Positionierung und Selbstdarstellung an und geht über die Akquise bis zu Budgetplanung und Buchhaltung. Man muss Rechnungen schreiben und die Umsatzsteuererklärung pünktlich beim Finanzamt einreichen. »35 Prozent – wenn nicht gar 40 bis 50 Prozent – ihrer Arbeitszeit müssen Selbstständige für administrative Aufgaben einplanen«, weiß der Designer Marco W. Linke, Autor von Fachartikeln und Büchern zum Thema Kalkulation (siehe PAGE 05.15, Seite 92 ff.). Auch um Versicherungen für Berufsunfähigkeit und -haftpflicht (siehe Seite 27) sowie Krankheit und Altersvorsorge muss man sich kümmern. Je nachdem, ob man als Freiberufler oder Gewerbe eingestuft wird, kann man die Aufnahme in die Künstlersozialkasse beantragen, die den Arbeitgeberanteil für die Beiträge zur Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung übernimmt (siehe unseren KSK-Ratgeber auf Seite 26 f., weitere Tipps und Informationen rund um Positionierung, Akquise, Kalkulation und andere praktische Fragen der Selbstständigkeit bieten unsere PAGE eDossiers auf Seite 28). Eine weitere Herausforderung für Freie ist die Arbeitsdisziplin. Manche brauchen ein Team und feste Zeiten, um sich und ihren Tag sinnvoll zu strukturieren. Schlechtestenfalls hat man tausend Dinge zu tun und am Abend nichts wirklich geschafft. Eine unorganisierte Arbeitsweise spiegelt sich oft auch in pausenlosem Arbeiten ohne Feierabend und Urlaub wider. Dabei ist es gerade für Freelancer enorm wichtig, mit ihren Kräften zu haushalten, denn Krankheit bedeutet meist Verdienstausfall.
Arbeit gegen Honorar Die häufigste Gründungsart unter Kreativen ist es, Freelancer zu werden und die eigenen Dienste gegen Honorar mehreren Auftraggebern, sei es Agenturen oder eigenen Kunden, anzubieten. Damit ist man zwar immer noch abhängig von Aufträgen, hat aber die Freiheit zu entscheiden, für wen und wann man arbeitet. Nur kommen die Jobs eben nicht immer einer nach dem anderen. »Auch nach fast vier Jahren Selbstständigkeit werde ich kribbelig, wenn ich zwei Wochen nichts zu tun habe«, meint der Hamburger Kreativdirektor Sascha Dettweiler (siehe Seite 25). Oft lassen sich nicht einmal zwei Aufträge zur selben Zeit ausführen – die Arbeit von Freien ist also nicht skalierbar. Um Mehrwert müssen sie entweder mit günstigeren Subunternehmern arbeiten und die Differenz einbehalten – so das Geschäftsmodell von Agenturen – oder ihre Stundensätze erhöhen und Gefahr laufen, den Auftrag an Mitbewerber zu verlieren. Auch beliebt: die Zusammenarbeit in Netzwerken. Doch Vorsicht: Wer sich nicht vertraglich absichert, bildet automatisch eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), bei der jeder Gesellschafter mit seinem Privatvermögen haftet. Mehr über dieses wichtige Thema in unserem eDossier »Ad-hoc-Teams & projektbezogene Kooperationen«, siehe Seite 28.
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„Ein Solopreneur ist jemand, der ein eigenes Produkt oder seine Expertise so vermarktet, dass eine eigene Marke entsteht“ ● Brigitte und Ehrenfried Conta Gromberg sind seit über zwanzig Jahren selbstständig und haben etliche Arbeitsweisen praktiziert: freiberuflich, Unternehmen mit Partner ebenso wie Start-up mit Mitarbeitern. Seit 2010 ist für sie klar, was sie eigentlich sind und in Zukunft bleiben werden: Solopreneure. Mit dem Programm Smart Business Concepts sind sie seitdem unterwegs und sprechen und publizieren zum Thema (www.smart businessconcepts.de). Im März ist ihr Buch »Solopreneur – Alleine schneller am Ziel« erschienen. Wir sprachen mit den beiden darüber, wie sich Kreative durch unternehmerisches Denken eine unabhängigere Existenz aufbauen können. ae Was genau ist ein Solopreneur? Brigitte und Ehrenfried Conta Gromberg: Für uns ist
das jemand, der nicht mehr im Auftrag anderer arbeitet, sondern für sich selbst. Zum Beispiel ein Webdeveloper, der aus seiner Freelancerarbeit heraus eine App entwickelt und diese über die entsprechenden Stores vertreibt. Er bietet dann nicht mehr eine Dienstleistung an, also Arbeit gegen Lohn, sondern ein Produkt,
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das er one to many verkaufen kann. Solopreneure vermarkten ein eigenes Produkt oder auch eine Expertise so, dass eine eigene Marke entsteht. Dazu gehören auch Experten, die einen Blog betreiben oder Veranstaltungen und Workshops anbieten. Der Unterschied zu einer anderen Firma ist die alleinige Inhaberschaft. Wie kommt es, dass immer mehr Freelancer diesen Weg gehen?
Wir beschreiben das mit dem Schlagwort Dienstleisterfalle. Meist kommen die Aufträge A, B und C ja nicht brav hintereinander hereingeflattert. Wenn man einen eigenen Takt haben und selbst entscheiden möchte, wie und wann man arbeitet, folgt oft die Frage, wie man aus der klassischen Freiberuflichkeit aussteigt. Geschwindigkeit, Reihenfolge oder die konkrete Ausgestaltung seiner Tätigkeiten will man lieber selbst bestimmen. Die Arbeit von Freelancern ist oft beendet, bevor das Projekt wirklich spannend wird. Man kann bei vielen Aufträgen nichts steuern. Das kann auf Dauer unbefriedigend sein. Bei einem eigenen Produkt ist das anders. Ich kann es bis zum Ende selbst gestalten. Fehlende Steuerungs- und Gestaltungsmöglichkeiten sind in unseren Augen die häufigsten Gründe für die Abkehr vom Freelancerdasein. Aus diesem Grunde raten wir Solopreneuren auch zu risikoarmen Unternehmenskonzepten, die sie jederzeit selbst steuern können. Wenn man Unabhängigkeit will, sollte man sich von externen Financiers unabhängig machen und auf angestellte Mitarbeiter verzichten, also flexibel bleiben. Diese Unabhängigkeit hat aber auch ihren Preis. Man muss alles allein entscheiden, hat keinen Rückhalt im Team.
Gruppen treffen häufig falsche Entscheidungen. Dass ein Team immer produktiver ist, würden wir stark bezweifeln. Ein Team ist nicht zwangsläufig der Garant für eine bessere Entscheidung. Die Möglichkeit, dass sich ein Team ineinander verkeilt, ist höher, als manche denken. Gut vernetzte Einzelunternehmer können hervorragende Impulse von außen bekommen, und am Ende treffen sie die Entscheidung und verantworten
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PAGE 07.15 › TITEL › Existenzgründung
sie auch. Solopreneure haben häufig locker aufgestellte Teams, sie sitzen nicht einsam im Keller.
Ganz anders gehen Solopreneure an ihre Selbstständigkeit heran. Sie verkaufen nicht ihre Arbeitsleistung an den Kunden, sondern bieten Produkte oder Services an, die viele Kunden zeitgleich in Anspruch nehmen können. »Darüber generieren sie einen kontinuierlichen Einkommensfluss. Dieses passive Einkommen zu initiieren und stabil am Leben zu halten, ist die Herausforderung«, sagt Ehrenfried Conta Gromberg. »Solopreneure arbeiten prozessorientiert wie große Firmen, drosseln aber die Komplexität und den betrieblichen Overhead so weit wie möglich.« Deshalb sei Solopreneurship auch keine Übergangsphase, die ab einer gewissen Größe in ein Unternehmen mit festen Mitarbeitern führe, sondern eine bewusst unabhängige Aufstellung.
Mit dem Schritt ins Solopreneur-Dasein fallen bestimmte Sicherheiten weg.
Allerdings! Solo-Selbstständige sind keine bevorzugte Gesellschaftsgruppe. Aber wir glauben auch nicht, dass es Aufgabe der Gesellschaft ist, eine soziale Hängematte zu gewährleisten, mit 100-Prozent-Lohnfortzahlung bei Berufsunfähigkeit und VollkaskoScheck-Denke. Solopreneure wollen meist gar nicht in Sozialsysteme gezwungen werden, sondern übernehmen Eigenverantwortung. Finanzielle Hilfen aus Gründertöpfen lehnen wir ab, stattdessen favorisieren wir traditionelle Unternehmerkonzepte: Vermögen aufbauen, aus erwirtschafteten Mitteln leben und nachhaltigen Erwerbsfluss anstreben.
Kreative (Teilzeit-)Solopreneure
Gibt es eigentlich einen typischen Solopreneur-Werdegang?
In den meisten Fällen ist dies ein gleitender Übergang. Dennoch muss man sich irgendwann bewusst für diesen Weg entscheiden, wenn man ein eigenes Produkt im Markt etablieren will. Das passiert nicht durch Zufall. Beispiel: Man hat einen prima Blog, der gut ankommt, verdient damit aber kein Geld. Dann muss ich Produkte wie Workshops, Seminare oder Bücher andocken, damit ich Geld verdienen kann. Bis Solopreneure von solchen Produkten leben können, dauert es erfahrungsgemäß drei bis vier Jahre. Die Möglichkeiten für solche eigenen Produkte sind dann aber fast grenzenlos. Ihr eigenes Konzept als Solopreneure besteht darin, diese zu beraten. Wo setzen Sie an?
Gerade weil Selbstständigkeit oftmals aus biografischen Zufällen oder Nebenprojekten heraus entsteht, suchen in Deutschland Freelancer viel zu selten bewusst ihre Solopreneure-Rolle. Jeder kann sich neu aufstellen. Man muss für die neue Rolle nicht zwangsläufig seine bis dato eingenommene Rolle verlängern. Häufig sind mit den eigenen Kompetenzen ganz andere Geschäftsmodelle möglich. Deshalb spielen wir mit dem jeweiligen Solopreneur seine Möglichkeiten durch. Wir raten ihm, seine Idee durchzudeklinieren: Ist er jemand, der ein anfassbares Produkt schaffen will? Das bezeichnen wir als »Maker«. Oder will er als »Händler« mit vorhandenen Produkten handeln? Oder als »Experte« Informationsprodukte an den Mann bringen? Dieser Markt boomt beispielsweise in den USA. Der vierte Typus ist der »Problemlöser«, der mit Productized Services arbeitet, also einen Teil der Arbeitsprozesse automatisiert. So wie Thorsten Kucklick, der mit UltraPress einen solchen WordPress-Service aufbaut (http:// ultrapress.de). Und dann gibt es den »Creator«, der eigene Erlebnismodelle schafft. Das kann ein Game sein oder eine Shopping-Experience. Das alles durchzuspielen ist so spannend, weil man nicht, wie in der Betriebswirtschaft üblich, vom Markt her denkt, sondern die Rolle findet, in der man gern sein möchte. Das ist unserer Meinung nach die Grundlage für den Erfolg eines Solo-Unternehmens.
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Viele Ideen, aus denen sich ein tragfähiges Businessmodell entwickeln lässt, entstehen aus der täglichen Arbeit heraus. So gibt es einige festangestellte Designer und Developer, die zunächst in Nebenprojekten eine Solopreneur-Existenz aufbauen. So der Artdirektor Jonathan Roolf mit seinem Gifbuch (siehe Seite 23). Oder auch Tobias van Schneider, der parallel zu seinem Job bei Spotify das Portfoliosystem für Designer, Semplice, baut (siehe PAGE 06.15, Seite 102 ff.). Manche geben ihren ursprünglichen Beruf auch direkt auf, wie der frühere Webdeveloper Marc Thiele, der das beyond-tellerand-Konferenzformat erfolgreich etabliert hat (siehe Seite 22). Davide Bortot und Sven Ellingen wiederum hatten schon bei der Gründung ihrer Digital- und Kreativagentur A Color Bright (www.acolorbright.com) im Sommer 2013 das Ziel, die Produktentwicklung gleichwertig mit der Arbeit für Kunden aufzuziehen – »um unseren Wissenshorizont aktuell zu halten und nicht in Routine zu verfallen«, meint Sven Ellingen. Die Gelegenheit bot sich, als ihnen die Developer Chris Eidhof und Florian Kugler den Prototyp von Deckset zeigten, einer Mac-App, mit der sich schön gestaltete Präsentationen erstellen lassen (siehe PAGE 08.14, Seite 102 ff.). Daraus entstand dann ein Joint Venture, die Unsigned Integer UG, an der die A Color Bright GmbH 50 Prozent und beide Entwickler je 25 Prozent halten. Inzwischen haben sie mit Scenery eine weitere App vorgestellt (siehe PAGE 06.15, Seite 49). Die Produkte sind noch nicht so ertragreich, dass sie riesige Gewinne generieren. »Doch es kommt genug Umsatz rein, um am Ball zu bleiben«, sagt Sven Ellingen. Außerdem habe sich gezeigt, dass diese Artikel für die Agentur auch ein wichtiges Marketing- und Recruiting-Instrument sind. »Unsere Start-up-Kunden erkennen dadurch, dass wir eine ähnliche Denk- und Arbeitsweise an den Tag legen und in relativ kurzer Zeit schlanke Lösungen finden können.« Welche Form der Existenzgründung Designer und Developer auch immer wählen – eines eint sie alle: eine gehöriger Schuss Mut zum Risiko, gepaart mit viel Spaß am eigenen kreativen Projekt. ae
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Foto: Andreas Dantz
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„Wenn ich es nicht mache, macht es auch kein anderer“ xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx MODELL SOLOPRENEUR Marc Thiele veranstaltet die beyond tellerrand. Er organisiert die internationale Konferenz ganz allein aus seinem Homeoffice in Krefeld
● Der Sinneswandel kam plötzlich. 2010 beschloss Marc Thiele, nicht länger als freiberuflicher Developer zu arbeiten und stattdessen mit einer eigenen Konferenz für Webdesign und -development neu durchzustarten. Seit 2001 hatten er und Sascha Wolter die Online-Plattform Flasforum.de betrieben und dazu die Flashforum-Konferenz veranstaltet – ein Mekka für FlashEntwickler weltweit. Nun wollte er in Anbetracht der wachsenden Familie seine Zeit lieber selbst einteilen. Vor der finalen Entscheidung stand jedoch eine äußerst durchdachte Kalkulation. »Der Schritt war schon riskant. Wir haben drei kleine Kinder. Aber etwas
Risiko gehört wohl dazu, um seinen Traum zu verwirklichen«, sagt Thiele. Seine Idee: eine günstige Veranstaltung mit inhaltlich hoher Qualität für »eine Klientel, die mehr will als ein Barcamp, aber nicht das Geld hat, um 600 Euro und mehr für ein Event auszugeben«, erklärt er. Das Konzept setzt er seit November 2011 mit der beyond tellerrand einmal im Jahr in Düsseldorf um (http://beyondtellerrand.com). Dazu lädt er Sprecher aus der internationalen Webdesign- und -developmentSzene ein, die Entwicklungen der Branche zu hinterfragen.
Minusmachen? Keine Option Die Finanzierung jedes Events stemmt Thiele selbst: Dafür müssen nicht nur alle 500 Karten verkauft, sondern auch Sponsoren oder »Partner« gefunden werden. »Minusmachen kann ich mir nicht leisten«, sagt er. Thiele hält nichts davon, potenzielle Erfolge auf Schul-
den aufzubauen. »Hätte sich das Unternehmen binnen drei Jahren nicht rentiert, hätte ich die Notbremse gezogen«, sagt er. Die erste Veranstaltung brachte zumindest kein Minus – aber auch kein nennenswertes Plus. »Damals retteten mich letzte Projekte, in die ich noch involviert war.« Noch immer geht Marc Thiele bei der Event-Organisation kein Risiko ein. Erst wenn alle 500 Tickets verkauft sind und genügend Geld von Partnern wie trivago, sipgate, MailChimp oder Shopify in der Kasse ist, kann er an Freigetränke, bedruckte T-Shirts oder Snacks denken. »Ich muss jede Ausgabe eng kalkulieren«, erklärt er. Manche Kosten lassen sich allerdings nicht vermeiden. Obwohl es noch nie Streit gegeben hat, verfügt Thiele über eine Rechtsschutzversicherung. Zudem schließt er jedes Mal eine Eventversicherung ab. »Das ist mit rund 200 Euro nicht so teuer, deckt aber meine eventuellen Feh-
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ler ab«, so Thiele. Auch die laufenden Kosten hält er möglichst gering. Sein Büro hat er im Dachgeschoss des eigenen Hauses in Krefeld eingerichtet, bucht von dort aus Location, Sprecher, Flüge und Hotels, plant das Programm, beauftragt die Druckerei, mietet die Elektronik et cetera. »Wenn nötig, bestelle ich auch einen Tisch in einem japanischen Restaurant, weil der Speaker kein Deutsch kann«, erzählt Thiele. Ein halbes Jahr vor dem Event startet er mit den Vorbereitungen, dann steigt die Arbeitskurve exponentiell an.
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„Manchmal fühle ich mich mehr solo als preneur und wünsche mir Kollegen, die mir helfen oder mich aufbauen“
Grenzen des Wachstums
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»Als Einzelunternehmer entscheide ich alles selbst. Das ist ein ungeheurer Vorteil, denn es gibt keine Reibungsverluste«, erklärt Marc Thiele. Und bisher ist er gut damit gefahren. Die letzten Veranstaltungen in Düsseldorf und Berlin waren komplett ausverkauft. »Der Nachteil ist die große Verantwortung, die man allen gegenüber hat.« Thiele haftet selbstschuldnerisch. Geht der Event mal richtig in die Hose, reißt er seine Familie mit rein. »Und auch die eigenen Ansprüche steigen, man will es jedes Jahr besser machen.« Verliert Thiele seine Aufgaben aus den Augen, wirkt sich das sofort auf die Teilnehmerzahl und den Umsatz aus, was er schmerzlich erfahren musste, als 2013 sein Bruder starb und er sich nicht genügend um seine Arbeit kümmern konnte. Prompt war der AblegerEvent Play and Make schlechter besucht, als erwartet. »Wenn ich es nicht mache, macht es auch kein anderer. Das ist manchmal schon ganz schön anstrengend«, sagt Thiele. Letztes Jahr gab es erstmals eine zusätzliche beyond tellerrand in Berlin, die mit 500 Teilnehmern sofort ausverkauft war. »Das war toll. Aber mit dem Wachstum ist es so eine Sache. Durch die Arbeit an zwei Konferenzen arbeite ich nun im Prinzip doppelt und stoße an meine Grenzen.« Wie er weiterhin klug expandieren könnte, darüber denkt Marc Thiele gerade nach, denn es gibt auch schon Anfragen aus dem Ausland. »Vielleicht muss ich doch jemanden einstellen«, überlegt er. Den Vorzug, zu Hause zu arbeiten und einfach mal runterzugehen, wenn er die Kinder im Sommer im Planschbecken spielen hört, möchte er jedenfalls ungern aufgeben. ae
MODELL TEILZEIT-SOLOPRENEUR Neben seiner Anstellung als Artdirektor hat Jonathan Roolf mit seinem Gifbuch ein eigenes Business gestartet
● Als Jonathan Roolf, Art Director Online bei Interone in Hamburg, mit seinen Kollegen mal wieder viele Videos anschaute, machte es Klick: »Aus Spaß hatten wir die Idee, unseren Lieblings-Clip auszudrucken.« Das macht bei Videos natürlich kaum Sinn, bei animierten GIFs schon eher. »Und da wir uns ohnehin ständig gegenseitig mit absurden GIFs bombardierten, lag der Gedanke nahe, daraus ein analoges Daumenkino zu basteln.« Solche Gifbücher vertreibt Jonathan Roolf nun seit Oktober 2014 tatsächlich über seine Plattform www.gifbuch.de. Mit einem selbst entwickelten Tool druckt er Frames des jeweiligen GIFs auf Papier und bindet die Seiten zu einem kleinen Daumenkinobuch – in Handarbeit. Trotz täglicher Bestellungen kann der Designer davon noch nicht leben, die Zielgruppe ist bisher zu begrenzt. Er ist also auf sein Einkommen als Festangestellter angewiesen, zumal er das Projekt ohne weitere Finanzierung von außen selbst auf die Beine stellt. Neue
Features muss er gut abwägen. »Ich habe lieber auf eine Warenkorbfunktion oder einen Newsletter verzichtet, um die Entwicklungskosten überschaubar zu halten«, erklärt er. Seit Anfang 2014 hat Roolf seine Arbeitszeit bei Interone auf 30 Wochenstunden reduziert. »Die Agentur war erst etwas unglücklich über meinen Entschluss. Doch ich trat den Beweis an, dass ich meine Arbeit zuverlässig erledige«, erzählt er. Über die Agentur ist er weiter kranken- und rentenversichert. »Das lässt mich nachts besser schlafen«, lacht er. Zudem sah er keinen Grund, seinen Job aufzugeben. »Ich schätze beide Seiten: die Routine in der Agentur und das kreative Chaos im eigenen Unternehmen.« Manchmal sei es aber auch anstrengend: »Man muss sich um alles allein kümmern, vieles läuft anders als geplant. Dann fühle ich mich mehr solo als preneur und wünsche mir Kollegen, die mir helfen oder mich aufbauen.« Gute Organisation und Geduld seien jedenfalls das A und O der Selbstständigkeit. Zeit und Geld muss man sehr bewusst einteilen. »Was ist heute am wichtigsten, um das Projekt voranzubringen?«, fragt sich Jonathan Roolf täglich. Sonst verliere man sich entweder in Details oder kämpfe an allen Fronten gleichzeitig. Als Solopreneur kann man sein Produkt nicht mit Power in den Markt drücken, sondern muss seinen Kundenstamm sukzessive aufbauen und erweitern. Mit Beharrlichkeit und ein wenig Glück wird Roolfs Gifbuch ihn vielleicht irgendwann ernähren können. Dafür baut er seine Plattform weiter aus. Gerade entsteht dort eine Galerie mit Vorlagen, damit es seine Gifbücher schon bald im lokalen Handel zu kaufen gibt. ae
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Foto: Marcel Kamps
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„Als selbstständiger Designer kann ich meine Haltung dem Kunden gegenüber viel stärker vertreten“ xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx MODELL FREELANCER, PROJEKTWEISE MIT SUBUNTERNEHMERN Pascal Schöning entwickelt als freier Kreativdirektor Konzepte und Strategien vor allem für Corporate-Publishing-Kunden
● Pascal Schöning machte sich im März dieses Jahres als Kreativdirektor in Köln selbstständig (www. pascalschoening.de). Dazu gründete er zusammen mit Maria Klingenberg den Workspace Das Studio und gab seine Festanstellung als Geschäftsführer in einer Agentur auf. Weniger Verantwortung hat er nun hinsichtlich seiner Projekte nicht, wohl aber weniger Zwänge. In seiner Agenturzeit habe er erlebt, dass es oft einen stark übergewichtigen Etat gebe, von dem die Agentur abhängig sei. »Das führt dazu, dass sie ihre Haltung im Sinne des Großkunden aufweicht. Ständig ist die Gefahr da, dass dieser sein Budget abzieht«, meint Pascal Schöning. Breche ihm als Freelancer ein Kunde weg – und sei es der größte –, könne er durch seine anderen immer noch über die Runden kommen. Auch weil er keinen festen Mitarbeiterstamm habe. »So kann ich meine Haltung als Designer dem Kunden gegenüber viel stärker vertreten.« Ähnlich ist es in puncto Skalierbarkeit. Agenturen, so Schöning, befänden sich immer in dem Zwiespalt »Wachsen oder nicht?«. »Baue ich als Agentur
auf Wachstum und mir bricht dann ein wichtiger Etat weg, habe ich sofort ein Riesenproblem. Agenturen können schlecht auf spontane Veränderungen reagieren. Das ist bei Freelancern anders. Ich kann einen oder zehn Dienstleister hinzuziehen, immer so, dass es wirtschaftlich bleibt.«
Projekte mit anderen Kreativen Juristisch gesehen ist der 35-Jährige kein Unternehmer, er hat kein Gewerbe angemeldet, sondern ist Freiberufler und über die Künstlersozialkasse versichert. Trotzdem fungiert er öfter mal als eine Art Auftraggeber für Subunternehmer und bucht je nach Umfang des Projekts, das er betreut, andere Kreative dazu. Wie im Fall einer Buchgestaltung für den Campus Verlag, bei dem Maria Klingenberg den illustrativen Part und das Layout übernahm. Schöning entwickelte das Konzept und das typografische Grundbild. Bei einem Schildermaler und Kalligrafen ließ er außerdem handgeschriebene Elemente erstellen. Dieser stellte seine Rechnung ebenso an Pascal Schöning wie die Illustratorin. Schöning wiederum richtete eine einzige Forderung an den Campus Verlag. Alles gut gelaufen, wie aber sieht es mit der Haftung aus, wenn seine Subunternehmer Mist bauen? »Als Auftragnehmer des gesamten Projekts trage ich natürlich die Gesamtverantwortung«, sagt Pascal Schöning. »Gerade Reinzeichnung und Postproduktion kaufe ich oft ein. Wenn dort etwas schieflaufen würde, wäre ich zwar dem Kunden gegenüber erst mal in der Verantwortung, könnte mir das im Zweifel aber von den beteiligten Firmen zurückholen.« Ob man Versicherungen wie Berufshaftpflicht abschließt, hängt vom eigenen Risikoempfinden ab. Pascal Schöning braucht so etwas nach seinem Empfinden nicht. Viel wichtiger findet er eine eigene Designhaltung, mehrjährige Erfahrung, gute Kommunikationsfähigkeiten, beraterische Qualität sowie Flexibilität – terminlich, inhaltlich und personell. Damit fühlt er sich für die Zukunft weit besser aufgestellt als mit noch so vielen Versicherungen. ant
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xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx MODELL FREELANCER Sascha Dettweiler arbeitet als freier Kreativdirektor für Agenturen und eigene Kunden
● Nach vielen Jahren in großen Agenturen, zuletzt als Kreativdirektor bei Scholz & Friends, machte sich Sascha Dettweiler vor knapp vier Jahren als Art- und Kreativdirektor in Hamburg selbstständig (www.iam-sad.com). Ein Grund war die Situation im Job: Die Agenturen sparten an Mid-Level-Artdirektoren, die Seniors mussten das Tagesgeschäft oft mit Berufseinsteigern bestreiten. Auch fühlte sich Dettweiler zu häufig fremdgesteuert: »Man wird komplett eingespannt und verplant und hat wenig Mitspracherecht, was Timings und Meetings angeht.« Zudem führt der 40-Jährige seit fast neun Jahren eine Fernbeziehung ins Ausland und wünschte sich mehr Flexibilität. Also wagte er den Schritt und unterstützt nun als Freelancer Werbe- und Designagenturen bei Pitches und personellen Engpässen. Dazu arbeitet er direkt für Unternehmen. Seine Tätigkeit teilt sich in etwa 35 Prozent für Agenturen vor Ort und 65 Prozent für eigene Kunden im Homeoffice.
Versicherungen? Ja, bitte! Als Freelancer benötigt man nur wenig Startkapital. Nichtsdestotrotz empfiehlt Sascha Dettweiler, sich für den Gründungszuschuss zu bewerben. Die zwölfmonatige Förderung der Agentur für Arbeit hat ihm das erste Jahr erleichtert. Bekommen können diese Unterstützung Arbeitslose, die sich selbstständig machen wollen (http://is.gd/gruendungszuschuss). Der Kreativdirektor geht überhaupt gern auf Nummer sicher. Deshalb hat er sich bei der Künstlersozialkasse beworben und ist nun gesetzlich renten-, kranken- und pflegeversichert und hat außerdem – falls mal alle Stricke reißen – eine Arbeitslosenversicherung für Selbstständige (siehe Seite 27). Nach langem Überlegen entschied sich Sascha Dettweiler für eine Unfall- und nicht für eine Berufsunfähigkeitsversicherung. »Die Beiträge für Menschen meines Alters sind unglaublich hoch, und im Falle einer Invalidität bringt sie einem meist nur Probleme«, ist er überzeugt. »Versorgungslücken schließe ich mit privaten Rentenversicherungen.« Eine betriebliche Haftpflichtversicherung hat er nicht. »Bei Buchungen in Agenturen falle ich ja in deren Versicherungspflicht. Arbeite ich direkt für Kunden, laufen alle Druckaufträge und Verträge mit anderen Zulieferern auf deren Namen. Ich übernehme hierbei nur die Supervision und nicht die Haftung.«
Tücken des Homeoffice Die Arbeit zu Hause bringt auch Probleme mit sich. »Man muss sich disziplinieren. Hier ist niemand, der einen über den Tag hinweg strukturiert und motiviert. Morgens ungeduscht im Jogginganzug direkt vorm Computer zu landen, ist keine gute Idee, so
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„Auch wenn ich sechs Wochen lang quasi durchgearbeitet habe, fällt es mir schwer, ruhig zu bleiben, wenn keine Jobs reinkommen“ verwahrlost man langsam.« Am besten sei es, sich einigermaßen feste Strukturen zu schaffen – und sich dann auch daran zu halten! Das heißt: auch mal Pause machen und sich zum Essen mit Kollegen treffen, abends um neun keine beruflichen E-Mails mehr lesen und Jobs nicht am Küchentisch entwickeln. Akquise und Buchhaltung sind zwei weitere Stolperfallen. »Selbstständigkeit bedeutet, immer wieder Entscheidungen treffen zu müssen und Verantwortung für sich zu übernehmen. Es gibt plötzlich keinen Kontakter oder Account Manager mehr, der die Kommunikation zum Kunden übernimmt. Man ist auch für Kostenvoranschläge und die ganze wirtschaftliche Seite zuständig.« Bereut hat Sascha Dettweiler den Schritt in die Selbstständigkeit nie. Zwar arbeitet er nicht viel weniger als vorher. Aber er kann jetzt besser planen, was zu einer besseren Vereinbarkeit von Beruf, Freizeit und Partnerschaft sowie zu einer höheren Motivation und Befriedigung führt. An eines allerdings hat er sich immer noch nicht gewöhnt: »Auch wenn ich sechs Wochen lang quasi durchgearbeitet habe, fällt es mir schwer, ruhig zu bleiben, wenn keine Jobs reinkommen. Auch nach fast vier Jahren Selbstständigkeit werde ich noch kribbelig, wenn ich mal zwei Wochen nichts zu tun habe.« ant
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Ratgeber Künstlersozialkasse Wie funktioniert die Künstlersozialkasse genau? Wo lauern mögliche Stolperfallen für Kreative und wie lassen sie sich am besten umgehen?
● Fast zu schön, um wahr zu sein, wirkt eine Einrichtung wie die Künstlersozialkasse (KSK) in unserer monetär geprägten Zeit. Selbstständige Kreative zahlen nur 50 Prozent der Beiträge zu Kranken-, Renten- und Pflegeversicherung, die anderen 50 Prozent übernimmt – ähnlich wie ein Arbeitgeber – die KSK. Finanziert wird sie durch abgabepflichtige Unternehmen und den Bund. Dennoch: Eine nicht unerhebliche Zahl Kreativer mag die KSK nicht. Sie fühlen sich bevormundet, wollen vielleicht nicht in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen, sondern lieber anders vorsorgen. Viele andere aber sind froh, wenn die Künstlersozialkasse sie aufnimmt. Die Kriterien dafür sind streng. Nur wer »auf Dauer und erwerbsmäßig« eine künstlerische oder publizistische Tätigkeit ausübt, hat eine Chance. »Auf Dauer und erwerbsmäßig« heißt nichts anderes, als dass man mit dieser Tätigkeit seinen Lebensunterhalt verdient. Was als künstlerisch oder publizistisch einzustufen ist, entscheidet die KSK von Fall zu Fall.
Berechnung der Beiträge Für einen Aufnahmeantrag muss man ein umfassendes Formular ausfüllen und natürlich Nachweise liefern: Verträge, Rechnungen nebst Bankbeleg, aber
Neben einem Job, der vielleicht doch eher handwerklich als künstlerisch ist, ist Scheinselbstständigkeit ein häufiger Ablehnungsgrund.
auch eigenes Werbematerial oder Nachweise über Veröffentlichungen und Ausstellungen. Ist der Antrag genehmigt, muss natürlich ein Betrag her, aus dem sich die Kranken-, Renten- und Pflegeversicherungsbeiträge berechnen. Anders als bei KitaGebühren oder BAföG-Sätzen geschieht das nicht durch die letzten Einkommensteuerbescheide, sondern mittels Schätzungen im Voraus. Das heißt, man gibt im November eines Jahres an, was man im nächsten Jahr vermutlich verdienen wird. Ein Verfahren, das zu eher vorsichtigen Prognosen animiert, denn zu viel gezahlte Beiträge werden nicht zurückerstattet. Beziffere ich also mein geschätztes Jahreseinkommen auf 30 000 Euro und verdiene dann nur 25 000, habe ich Pech gehabt. Zwar gibt es die Möglichkeit, die Angaben monatlich zu korrigieren, aber mal ehrlich: Welcher Kreative sitzt schon dauernd über seiner Buchhaltung und versucht herauszufinden, welcher Gewinn am Jahresende übrig bleiben wird. Trotzdem: Eine deutlich zu niedrige Schätzung macht keinen Sinn. Nicht nur, weil die KSK gelegentlich prüft, sondern auch, weil sich niedrige Zahlungen an die KSK natürlich auf die Höhe der späteren Rente auswirken.
Gewerbe und Nebenjobs sind möglich Entgegen einer landläufigen Vermutung schließen sich die Anmeldung eines Gewerbes und die KSK nicht aus. Ob für die Tätigkeit, mit der man aufgenommen werden möchte, eine Gewerbeanmeldung gesetzlich vorgeschrieben, sinnvoll oder notwendig ist, beurteilt nicht die Künstlersozialkasse, sondern das Finanzamt. Auch hier gibt es Sonderfälle: »Wenn ich zum Beispiel Handel mit meinen eigenen Entwürfen betreibe, etwa in Form von Siebdrucken, stuft die KSK das nicht als gewerblich ein, das Finanzamt aber sehr wohl«, erklärt BDG-Präsident Christian Büning. »Solche Spezialfälle sollte man immer mit der KSK abstimmen und sich schriftlich bestätigen lassen.« Der Designer meldet dann ein separates Gewerbe an und versteuert die Einnahmen als ein solches. Für die Künstlersozialkasse sind diese Einnahmen aber weiterhin künstlerische. Auch ein Nebenjob ist möglich, wenn der Verdienst aus der selbstständigen künstlerischen oder
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publizistischen Tätigkeit allein nicht ausreicht, um den Lebensunterhalt zu bestreiten. Voraussetzung: Die Beschäftigung oder selbstständige Nebentätigkeit ist geringfügig, übersteigt also nicht das Gehalt von 450 Euro im Monat beziehungsweise den Jahresgewinn von 5400 Euro. Liegt man darüber, erlischt die Krankenversicherungspflicht, die Rentenversicherungspflicht bleibt jedoch bis zu einer weit höheren Grenze bestehen.
Gründe für die Ablehnung Gar nicht so selten kommt es vor, dass die Künstlersozialkasse Aufnahmeanträge ablehnt. Im Netz kursierende Thesen, dies geschehe, um die Zahl der Neuzugänge möglichst klein zu halten und damit die Finanzierbarkeit der KSK zu gewährleisten, kann Christian Büning nicht bestätigen: »Die KSK hat ja geordnete Kriterien für die Aufnahme und möchte von Bewerbern den Nachweis sehen, dass man wirklich von seiner gestalterischen Arbeit lebt und nicht etwa Designerhosen verkauft.« Bei der Fülle von Spezialisierungen im Designsektor komme es allerdings manchmal zu Unschärfen, etwa bei der Bewertung, ob Coding auch Gestaltung sei. »Diese ließen sich aber bisher immer gut klären«, meint Christian Büning. Sonderfälle gibt es trotzdem, zum Beispiel bei den Fotografen: »Diese können über zwei Wege in den Beruf kommen: entweder über ein Studium oder über eine Ausbildung und den Meister«, erklärt er. »Die studierten Fotografen dürfen in die KSK, die Meister nicht. Diese Unterscheidung gilt für die Künstlersozialabgabe nicht, die wird für die Arbeiten von beiden fällig. Ein System, das oft zu Ärger führt.« Neben einem Job, der vielleicht doch eher handwerklich als künstlerisch ist, ist Scheinselbstständigkeit ein häufiger Ablehnungsgrund. Kriterien sind hier zum Beispiel, dass man weitestgehend für einen Arbeitgeber arbeitet, die Tätigkeit typische Merkmale unternehmerischen Handelns, wie Werbung, Gewinn oder Risiko, vermissen lässt oder man die gleiche Tätigkeit vorher als Angestellter ausgeübt hat. Natürlich kann man gegen einen Ablehnungsbescheid Einspruch einlegen, Betroffene sollten sich allerdings gut informieren und möglicherweise Unterstützung suchen (siehe den Abschnitt am Ende dieses Artikels auf Seite 28). Für Christian Büning liegt die größte Stolperfalle allerdings nicht in der Frage der Anerkennung oder Ablehnung, sondern darin, dass man sich zwischen Antragstellung und Bescheid freiwillig versichern muss. »Es gibt nicht wenige Kollegen, die das nicht machen und dann für ein paar Wochen unversichert sind. Das muss nicht schlimm sein, kann aber einiges an Formularen nach sich ziehen, weil Krankenkassen es nicht mögen, wenn man nicht versichert ist.« Übrigens können sich Berufsanfänger und höherverdienende KSK-Mitglieder auch privat versichern. Zurück in die Gesetzliche geht es für Letztere dann allerdings nicht.
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Berufshaftpflicht Christian Büning, BDG-Präsident und Autor der PAGE-Kolumne Business Basics (siehe Seite 103), empfiehlt Freelancern, sich gegen Pleiten und Pannen im Job abzusichern
● Natürlich ist die Berufshaftpflicht keine Pflichtversicherung, aber ich würde sie jedem empfehlen, da die private Haftpflicht vieles nicht abdeckt. Schadensfälle können schneller eintreten, als einem lieb ist: Etwa wenn ich Daten in meiner Dropbox liegen habe, diese geknackt wird und auf einmal vertrauliche Informationen im Umlauf sind. Dann kann der Kunde Schadenersatz verlangen. Oder ich arbeite für einen Geigenbauer, bekomme von ihm eine Geige als Anschauungsmaterial, und die ist plötzlich verschwunden oder beschädigt. Vielleicht bin ich auch der Einzige in einer Produktionskette, der Bilddaten als gespeicherte Kopie hat. Geht meine Festplatte kaputt und die Bilder müssen neu erstellt werden, hafte ich vielleicht für den Schaden. Eine Berufshaftpflicht kostet nicht mehr als 100 bis 180 Euro im Jahr. Personenschäden verursachen Designer ja in der Regel nicht, meist geht es um Haftungsoder Vermögensschäden. Manche Versicherer bieten auch Kombinationen mit einer Inventarversicherung, es lohnt sich, darüber nachzudenken. Allerdings deckt die Berufshaftpflicht nicht alle Schäden ab, sie zahlt zum Beispiel nicht, wenn ich einen Druckauftrag versemmle. Dafür braucht man eine separate Produktionshaftpflichtversicherung, die ab etwa 400 bis 500 Euro im Jahr deutlich teurer ist. Wer so etwas abschließen möchte, dem kann ich nur raten, genau in die Verträge zu schauen, damit nicht bestimmte Fälle ausgeschlossen werden und man am Ende doch dumm dasteht.
Arbeitslosenversicherung für Selbstständige ● Eine Arbeitslosenversicherung für Selbstständige muss man innerhalb von drei Monaten nach Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit bei der Agentur für Arbeit beantragen – Kostenpunkt: rund 80 Euro monatlich. Dafür muss man eine der folgenden Voraussetzungen erfüllen: innerhalb der letzten 24 Monate mindestens 12 Monate in einem Versicherungsverhältnis, zum Beispiel als Arbeitnehmer, gestanden oder unmittelbar vor Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit eine Entgeltersatzleistung wie Arbeitslosengeld bezogen haben – egal, wie lange. Die Dauer des Anspruchs auf Arbeitslosengeld hängt davon ab, wie lange man in den letzten zwei Jahren vor der Arbeitslosigkeit in die Arbeitslosenversicherung eingezahlt hat. Mehr dazu unter http://is.gd/al_versicherung.
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PAGE 07.15 › TITEL › Existenzgründung
KSK für Auftraggeber Von den 50 Prozent, die die KSK zur Kranken-, Renten- und Pflegeversicherung der Beschäftigten beisteuert, übernimmt der Bund 20 Prozent. Die übrigen 30 Prozent kommen von Unternehmen, die Werke und Leistungen selbstständiger Künstler und Publizisten gegen Entgelt in Anspruch nehmen. Also Verlage, Bilderdienste, Theater, Rundfunk und TV, Galerien, aber auch Werbe- und PR-Agenturen. Jeder, der selbstständige Künstler beauftragt oder deren Arbeit verwertet, muss dies der KSK melden und eine Abgabe dafür entrichten. Die Abgabe liegt aktuell bei 5,2 Prozent, 2012 waren es noch 3,9 Prozent. Was viele Kreative nicht wissen: Auch wenn sie selbst in der KSK versichert sind, können sie abgabepflichtig sein. Holt ein freier Artdirektor für ein Projekt weitere Kreative ins Boot und rechnet selbst mit ihnen ab, kauft also deren Leistung ein, muss er für diese Beträge die KSK-Abgabe zahlen. Neu ist, dass 2015 die Prüfungen zur Abgabepflicht verschärft werden. Bundestag und Bundesrat haben kürzlich eine Reform des Künstlersozialversicherungsgesetzes (KSVG) beschlossen, die den Bestand der KSK sichern soll. So werden nicht mehr wie bisher rund 70 000 Unternehmen geprüft, sondern mit 400 000 fast sechsmal so viele. Die schärferen Kontrollen sollen zu einer deutlichen Erhöhung der Einnahmen der KSK führen und den Prozentsatz der Künstlersozialabgabe zumindest stabil halten oder sogar sinken lassen. Möglich wird die Erhöhung der Prüfungen durch eine stärkere Einbindung der Rentenversicherung. Ab 2015 übernimmt der Prüfdienst der Rentenversicherungen die Überwachung der Beitragszahlungen durch die Unternehmen. Für Christian Büning wäre eine neue Betrachtung der Geringfügigkeitsgrenzen ein sinnvoller Weg, um viele Ärgernisse aus dem Weg zu räumen. »Wer nur ein oder zwei Mal im Jahr einen Designer bucht, ist ein Geringverwerter und sollte deutlich anders behandelt werden als ein Normalverwerter von Kreativleistungen.« ant
Weitere Informationen und juristische Beratung zur KSK • Auf der Website der KSK (www.kuenstlersozial kasse.de) finden Sie ein FAQ für Künstler und Publizisten (http://is.gd/FAQ_KP) und ein FAQ für Unternehmen und Verwerter (http://is.gd/FAQ_UV). • Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales hat eine Broschüre zur Künstlersozialkasse zusammengestellt. Bestellung und PDF-Download unter http://is.gd/BMAS_KSK . • Die Kanzlei für Kunst, Kultur & Medien von Rechtsanwalt Andri Jürgensen in Kiel hat sich auf juristische Fragen zur Künstlersozialkasse und auf die Beratung von Künstlern und Unternehmen spezialisiert. Dazu veranstaltet Jürgensen auch Seminare. Zudem hat er zwei aktuelle Bücher zu diesem Themenbereich verfasst. ↗ www.kunstrecht.de
Geballtes PAGE-Wissen
PAGE eDossier »Auftrags-Akquise«. Positionierung, Preiskalkulation, Verhandlungsstrategien, Kaltakquise und Networking für Freelancer und Designbüros ↗ www.page-online.de/PDPD0004
PAGE eDossier »Selbstständig in der Kreativbranche«. GmbH, UG, GbR, KG? Welche Rechtsform ist die richtige? Fallbeispiele und Tipps zu den Themen Businessplan, Fördergelder, Kalkulation, Stundensatz und Storytelling für Start-ups ↗ www.page-online.de/PDDP1009
PAGE eDossier »Frei oder angestellt in der Kreativbranche«. Raus aus der Agentur, rein in Forschung und Industrie oder ins eigene Business ↗ www.page-online.de/PDDP1017
PAGE eDossier »Kunde und Kreativer – so klappt’s mit der Kollaboration«. Erstgespräch, Kreativprozess und Kundenbindung gestalten und managen. Mit BDG-Briefing-Checkliste. ↗ www.page-online.de/PDDP1040
PAGE eDossier »Gehälter und Honorare in der Kreativbranche«. Gehaltstabellen für Angestellte und Freelancer in der Werbe-, Designund Digitalbranche ↗ www.page-online.de/PDDP1034
PAGE eDossier »Geld oder Leben – Selbstbestimmt arbeiten«. Stimmen aus der Branche zu Teambuilding, Zeiterfassung, Honorarverhandlung sowie Kind & Familie ↗ www.page-online.de/PDPD0005
PAGE eDossier »Ad-hoc-Teams & projektbezogene Kooperationen«. Freelancer aufgepasst: Das sind Ihre Rechte und Pflichten in steuerlicher und juristischer Hinsicht ↗ www.page-online.de/PDDP1058
Stundenlohn berechnen. Beherzigen Sie die vier Faustregeln für einen realistischen Stundensatz ↗ www.page-online.de/stundensatz_0715 AGD-Berufspraxis-Tipps für Designer & Freelancer. Gebündelte Tipps von der Allianz Deutscher Designer zu Rechts-, Steuer- und Versicherungsfragen ↗ www.page-online.de/agd-kolumne
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● Trachten jenseits von Traditionshuberei und gleichzeitig nicht verkrampft modern zu inszenieren: Das war die Aufgabe, vor die Cerno Design von ihrem langjährigen Kunden, dem Trachten-Informationszentrum des Bezirks Oberbayern, gestellt wurde. Erstmals war das Sortiment groß genug, um einen Produktkatalog zu veröffentlichen – allerdings mit dem Anspruch, kein reines Verkaufsmedium zu sein. Um Markenwerte und Selbstverständnis des Trachten-Kontors angemessen zu vermitteln, spalteten die Designer die Publikation in fünf einzelne Hefte auf. Diese behandeln jeweils eine Produktsparte und eines die Unternehmensgeschichte, zusammengehalten in einer Mappe mit Stoffband. Jedes Themenheft wird von einem Essay eröffnet, Illustrationen in Mischtechnik sorgen für eine zeitgemäße Bildsprache. Ergänzend dazu sind die Produkte vom Trachtenhemd bis hin zum Besteck ganz schlicht fotografisch in Szene gesetzt. Auch die schwarzweißen Werkstattbilder bieten keinen Raum für Traditionskitsch, sondern beschränken sich vollkommen auf die Darstellung des Handwerks. Der Katalog überträgt dadurch die Sorgfalt, die im Produkt steckt, aufs Papier und vermittelt den Qualitätsanspruch des Unternehmens. Zugleich ist die Aufteilung in die Einzelkataloge auch praktisch gedacht: Sie können nach Bedarf einzeln erweitert und neu gedruckt werden.
Ein Vorteil bei der Verzahnung mit dem Online-Handel liegt darin, dass Printkataloge keinen Anspruch auf Vollständigkeit mehr haben (müssen).
lar wird heute meistens online bestellt. Denn wer möchte schon extra eine Briefmarke aufkleben, ein Fax abschicken oder ein Callcenter anrufen? Aber der Impuls zum Kauf geht immer noch – oder gerade jetzt – oft von einem Printkatalog aus. Eingebunden in eine OmniChannel-Strategie, regt er zur Bestellung an, erhöht den Umsatz pro Kopf und festigt die Kundenbindung. Das Beratungsunternehmen Kurt Salmon berichtet von einer Studie der US-amerikanischen Direct Marketing Association, der zufolge 86 Prozent der befragten 18- bis 30-jährigen Frauen ein Produkt gekauft haben, nachdem sie es zum ersten Mal in einem gedruckten Katalog gesehen haben ( http://is.gd/ catalog_dead ). So viel also zu Zahlen und Fakten. Gleichzeitig sind Kataloge Objekte, die, liebevoll gestaltet und hochwertig produziert, durchaus den Status von Coffee-table Books und Sammlerstücken erlangt haben. Das gilt besonders für hochpreisige Marktsegmente. Denn schöne Papiere und Druckveredelung sind selbstverständlich teurer, dafür ist die Qualität spürbar und überträgt sich direkt auf Image und Produkt des Anbieters. Größerer Aufwand lohne sich gerade für Manufakturen, die selbst viel Leidenschaft in die Produktion stecken, so Birte Helms, Kreativdirektorin bei der Münchner CI/CD-Agentur Martin et Karczinski. »Printkataloge sind eine gute Möglichkeit, um die Wertigkeit von Produkten und die Markenphilosophie zu vermitteln. Das gilt vor allem dann, wenn es sich um haptische Produkte handelt, bei denen die Materialität zählt.« Technische Produkte, bei denen man Details vergleichen will, sind dagegen im Netz besser aufgehoben. Laut Helms eignen sich speziell Bereiche wie Interior, Reisen und Fashion für die aufwendige Gestaltung von Printpublikationen. Im Einrichtungsbereich sind gerade viele ausgefallene Kataloge zu finden. Das liegt laut Daniel Sorge, Head of Design bei Factor Design in Hamburg, mit an einer besonderen Funktion, die sie erfüllen: »Nach dem Besuch beim Händler und eventuell einem Beratungsgespräch nimmt man einen Teil der Marke mit nach Hause. Der Katalog bietet quasi Markenwerte zum An-
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fassen und Erinnern.« Immerhin will der Kauf eines mehrere tausend Euro teuren Sofas gut überlegt sein. Da hilft es, wenn eine hochwertige Printpublikation einen darin erinnert, wie gut sich der Bezug angefühlt hat. Ein Vorteil bei der Verzahnung mit dem Online-Handel liegt darin, dass Kataloge keinen Anspruch auf Vollständigkeit mehr haben (müssen). Der Printkatalog dient der Inspiration, zeigt ausgewählte Kollektionen oder Neuheiten – lange Listen mit technischen Details und Preisen wandern ins Web. Das bedeutet, dass Designer sich der ganzen Palette grafischer Gestaltungsmöglichkeiten bedienen können. »Feintypografie, großflächige Bildstrecken, kunstvolle Buchbindung, Druckveredelung: Im Katalogdesign kann man so hochwertig und exakt arbeiten, wie es bei Online-Shops niemals möglich wäre«, sagt Birte Helms. Auch im B2B-Bereich können sich außergewöhnliche Lösungen lohnen. »Manchmal ist das, was im Briefing angefragt wird, einfach nicht das Richtige«, erklärt Regina Jäger, Partnerin von jäger & jäger. »Sehr oft kommen in den ersten Strategiebesprechungen ganz andere Ziele heraus, und wir überlegen dann, durch welche Form man sie am besten erreicht.« Für Shop Systems gestaltete die Agentur zum Beispiel zwei unabhängige Kataloge, um den unterschiedlichen Zielgruppen die passende Ansprache zu bieten (siehe Seite 35). »Im Prozess bedeutete das zunächst einen höheren Aufwand, der sich aber spätestens bei der zweiten Auflage amortisiert hat, da die beiden Kataloge deutlich verschiedene Halbwertszeiten haben«, so Jäger. Judith Seemann, Head of Marketing bei atelier schneeweiß, kennt den Spagat ebenfalls, den Gestalter bei B2B-Katalogen machen müssen. »Die perfekte Mischung aus strukturierter, professioneller Aufmachung und emotionaler Anmutung muss man austarieren. Dazu kommen neue Navigationsstrukturen, wie man sie aus den neuen Medien gewöhnt ist, und die man heute auf Print übertragen muss – oder sollte.« Die Kunst liegt, wie so oft, in der schlauen Verzahnung der beiden Kanäle. Aber manchmal tut es auch einfach gut, sich mit einem schön gemachten Printkatalog zurückzulehnen und in (hochpreisigen) Produktwelten zu schwelgen. nik
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„Soul Works“ AGENTUR Rocket & Wink, Hamburg ↗ www.rocketandwink.com PAPIER Munken Polar, 300 Gramm (Umschlag), 115 Gramm (Innenseiten) DRUCK Graspo CZ, Zlín ↗ www.graspo.com
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● Mit seiner schreiend bunten Gestaltung sticht der Katalog für den Bochumer Teppichhersteller miinu direkt ins Auge – besonders weil er sich extrem von der Konkurrenz abhebt. Die Idee hinter dem Konzept von Rocket & Wink ist, dass die Teppichdesigns auf Inspirationen beruhen. Diesen gab das Gestalterduo mit Illustrationen eine Form. So entstand eine Art Kunstkatalog, bei dem die Übergänge zwischen den Teppichen und den Artworks fließend sind. Im
Auge hatten sie dabei nicht nur die Endkunden, sondern auch die Händler, denen es Spaß machen sollte, die Teppiche mit einem außergewöhnlichen Katalog präsentieren zu können. Der Imageteil zu Beginn führt in die Geschichte und Philosophie von miinu ein. Im hinteren Teil bekommt der Leser Informationen zu Material, Maßen, Preisen und Bestellnummern. »Soul Works« ist besonders, macht Spaß und liefert gleichzeitig alles, was man zur Bestellung braucht.
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PAGE 07.15 › THEMEN › Printkataloge
„CORcooning 2015“ AGENTUR Factor Design, Hamburg ↗ http://factordesign.com PAPIER PlanoArt, 300 Gramm (Umschlag) und 150 Gramm (Innen) VEREDELUNG Heißfolie, silber (COR-Logo) DRUCK Kunst- und Werbedruck GmbH & Co KG, Bad Oeynhausen ↗ www.kunst-undwerbedruck.de
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● Bei der Kataloggestaltung für Einrichtungshäuser achtet Factor Design besonders darauf, den Publikationen einen Präsentcharakter zu verleihen. Sie sind etwas, das man meist nach dem Besuch eines Händlers oder einer Messe mit nach Hause nimmt. Diese Funktion erfüllt der Neuheitenkatalog des Möbelherstellers COR. Da er nicht den Anspruch hat, das komplette Sortiment abzubilden, bleibt Raum für eine reduzierte, unaufgeregte Gestaltung, die die Ästhetik der Produkte unterstreicht. Zudem nutzen die Gestalter freiere Arten der Präsentation wie Skizzen, Illustrationen und redaktionelle Inhalte, um dem Leser ein Gefühl für die Marke und die Produkte zu geben.
„Im Interior-Bereich hat ein Katalog oft Präsentcharakter. Er bietet quasi Markenwerte zum Anfassen und Erinnern“ Daniel Sorge, Head of Design bei Factor Design, Hamburg
„Handbuch der Kräuter“ AGENTUR Heine Warnecke Design, Hannover ↗ www.heinewarnecke.com PAPIER Munken Pure, 300 Gramm (Umschlag) und 120 Gramm (Innenseiten) DRUCK gutenberg beuys, Langenhagen ↗ www.feindruckerei.de
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● Das Sortiment der Alfred Galke GmbH ist speziell: Das Familienunternehmen verkauft Kräuter, Gewürze und pflanzliche Rohstoffe an gewerbliche Abnehmer. Entsprechend trocken müsste der B2B-Katalog aussehen – und tut das in Teilen auch. Die Listenansichten mit den lateinischen Bezeichnungen der mehrere tausend Spezialartikel sind klar für ein Fachpublikum gedacht. Heine Warnecke Design gestaltete sie übersichtlich und reduziert. Aufgelockert werden die Listen
von hochwertigen Produkt- und Mitarbeiterfotos, die Einblicke in die Produktion geben und die Qualität betonen. Auf Preislisten verzichtet der Katalog, da diese sich schnell ändern können. Sie sind wie die Bestellformulare in den Online-Shop ausgelagert, können aber auch per Fax oder Telefon abgefragt oder aufgegeben werden. Papier- und Farbauswahl sowie Fadenheftung vermitteln die Natürlichkeit der Produkte. Dazu gibt es sogar noch einen Taschenkalender.
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„Shop“ / „Systems“ AGENTUR jäger & jäger, Überlingen ↗ www.jaegerundjaeger.de PAPIER Gmund Colors 12, 300 Gramm (Umschlag »Shop«), Gmund Cotton Gentlemen Blue, 300 Gramm (Umschlag »Systems«), Römerturm Funktional, weiß (Innenseiten) DRUCK Druck-Ring, München ↗ www.druck-ring.de
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● Die Kataloge von Shop Systems, einem Hersteller von Ladenbauelementen, zeichneten sich bisher eher durch dröge Listen aus als durch kreative Ideen. Das änderte sich allerdings mit dem Relaunch durch jäger & jäger. Die Agentur beschloss, das Medium aufzusplitten, um den zwei unterschiedlichen Zielgruppen zu entsprechen: Architekten und Planern mit kreativem Anspruch an Ästhetik, Haptik und Design (= »Shop«) sowie Einkäufern und Ausführende, die einen schnellen, übersichtlichen Zugang für ihre Bestellung benötigen. Die Schrift auf dem »Shop«-Titel ist gespiegelt, sodass sich der Betrachter fühlt, als wäre er im Laden und schaue durch eine Glastür nach draußen. Im Innenteil sind Sonderlösungen und ungewöhnliche Umsetzungen vorgestellt, die einen Großteil der Arbeit von Shop Systems ausmachen. Das Heft ist wie ein Sketchbook aufbereitet und bietet Platz zum Notizenmachen und Kritzeln. Im Gegensatz dazu steht das technisch orientierte »Systems«. Hier sind klar und verständlich die Informationen zu den Systemlösungen sowie ihre Bestandteile aufgelistet. Eine eigens entworfene Piktogrammserie unterstützt den Leser dabei, sich zurechtzufinden. Für einen B2B-Anbieter wie Shop Systems ist die Umsetzung des Katalogs überraschend und unterstreicht außerdem die Kompetenz im Bereich kreativer Speziallösungen, was besonders im »Shop«-Teil dank visuellem und textlichem Storytelling gelingt.
Ausgefallene Printkataloge. Weitere Bilder und Projekte zeigen wir in einer Bildergalerie unter ↗ www.page-online.de/kataloge_0715
Ratgeber Printveredelung. Die verschiedenen Veredelungstechniken und ihre Anwendung stellen wir in unserer OnlineSerie vor ↗www.page-online.de/druckveredelung
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PAGE 07.15 › THEMEN › Icon-Fonts
Tag und Nacht Jabana ● Rund um die moderne Medienwelt und Kaffeekultur lassen die beiden Jabana-Icon-Sets Coffee Bar und Web And App von Nils Thomsen keine Wünsche offen (siehe Interview auf Seite 38). Erhältlich sind sie über MyFonts und HypeForType, ein Einzelschnitt kostet rund 8 Euro, das Jabana-Extras-Paket knapp 40 Euro. Die gesamte Jabana-Familie mit 52 Fonts ist für rund 170 Euro zu haben. ↗http://is.gd/MFjabana; http://is.gd/HFTjabana
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Manchmal braucht es eben nicht ein Glas, sondern zehn verschiedene – schön, wenn die eingesetzte Schrift diese bereithält. Wir präsentieren Typen mit Icon-Sets für jede Lebenslage
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PAGE 07.15 › THEMEN › Icon-Fonts
Die Kaffeekultur um uns herum wächst ständig. Ich habe einfach alles gesammelt, Fotos gemacht oder Tüten vom Bäcker mitgenommen, da sind ja auch Icons drauf. Wahnsinn, wie viele unterschiedliche Formen einem da begegnen. Dann habe ich jede Menge Varianten gezeichnet. So kann sich hoffentlich niemand beschweren, dass etwas fehlt. Und wenn man anfängt, so umfangreich zu werden, ist es auch schwer, wieder aufzuhören. Es gibt immer noch mehr Becher oder Gläser. Und wenn jetzt jemand doch ein bestimmtes Icon vermisst?
Dann fertige ich das gerne für ihn an. Planst du weitere Jabana-Icon-Sets?
Mit den Kaffeebechern bin ich durch, vielleicht kann ich bei den Food-Icons rund um Knäckebrot und Zimtschnecken noch ein wenig weitermachen. Knäckebrot und Zimtschnecken? Das klingt ziemlich schwedisch.
Schweden ist mein Lieblingsland, und ich versuche stets einige Klassiker in meine Entwürfe einzubauen. Eine weitere Idee wäre ein Outdoor-Equipment-Set. Für den Schwedenurlaub?
Genau. Schaufeln, Zelte, Rucksäcke und so weiter. Das könnte mir Spaß machen. Die beiden bisherigen Sets haben jeweils 240 Icons, wo finde ich die?
Die gängigsten sind auf die Tasten A bis Z und a bis z gelegt. Den Rest findet man übers Glyphen-Panel. ● Der Hamburger Designer Nils Thomsen (http:// nilsthomsen.com) bestückte seine Riesenschriftfamilie Jabana mit fast 500 Symbolen. Wir sprachen mit ihm über das Gestalten von Icons und über Kaffee, Zelte und schwedisches Knäckebrot. ant Sitzt du ständig mit dem Kaffeebecher vorm Rechner? Oder warum hast du ein Set mit Web- und App-Icons und eines mit KaffeebarSymbolen gezeichnet? Nils Thomsen: Meine Schrift Jabana, zu der die Icons
gehören, ist von handgeschriebenen Drucksachen aus Hamburgs Nachtleben inspiriert. Da dachte ich, Kaffeebar-Icons würden wunderbar dazu passen. Und die Zeichen fürs Web- und App-Design?
Ich habe einfach viele gesehen, die sehr gerade sind. Und auch wenn Jabana keine Schrift ist, die – außer in Headlines – fürs Web prädestiniert ist, reizte es mich, Symbole dafür zu gestalten. Hauptsächlich habe ich aber mit dem Zeichnen von Icons angefangen, weil ich Lust dazu hatte und es eine schöne Abwechslung im Schriftgestalterleben ist. Wie zeichnest du? Schon gleich am Rechner?
Die ersten Ideen sind als schnelle Zeichnung auf Papier entstanden – nicht detailgetreu, sondern eher als Übersicht, was alles möglich ist beziehungsweise in welchem Rahmen ich mich bewegen möchte. Die Ausarbeitung fand dann am Rechner statt. Woher kam die Inspiration? Mir wären gar nicht so viele Bechervariationen eingefallen.
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»Wenn man anfängt, so umfangreich zu werden, ist es schwer, wieder aufzuhören. Es gibt immer noch mehr Becher oder Gläser« Nils Thomsen, Designer, Hamburg
Kann man die Icon-Fonts auch alleine kaufen oder nur im Zusammenhang mit der Schrift?
Sie sind natürlich Teil der Jabana Complete. Es gibt aber auch das Paket Jabana Extras, das enthält die Icons sowie jede Menge Banner, Ornamente, Pfeile und Trennlinien. Insgesamt zwölf Fonts, die sich alle einzeln kaufen lassen. Vier davon sind die Icons, in den Varianten Outline und Black. Wie unterscheiden die sich?
Die Outline-Icons habe ich so angelegt, dass sie die Strichstärke der Jabana Thin haben und sich so prima in Text integrieren lassen. Verwendet man sie in doppelter Größe, haben sie die Strichstärke der Regular. Bei der Variante Black sind die Icons schwarz gefüllt. In welcher Anwendung würdest du die JabanaIcons gerne sehen?
Jabana entstand aus eine Laune heraus, inspiriert von Getränkekarten. Diese Anwendung kann ich mir mittlerweile kaum mehr vorstellen. Eher denke ich an Verpackungsdesign von Kaffee, Tee oder Gewürzen. Durch die verschiedenen Weiten, die Jabana bietet, sollte jeder Produktname vernünftig Platz finden. PAGE Story »Web-Typo. Gestaltung & Technik«. Praktisches Know-how zu Web-und AppFonts sowie Web-Font-Icons finden Sie unter www.page-online.de/PGPAD1407
Mehrfarbige Icons mit Web-Fonts. Unseren Workshop gibt es als eDossier zum Download unter www.page-online.de/PDDP1031
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Zum Selbermachen Woodkit ● Gerade sind Typen im Stil alter, charaktervoller Holzschriften ziemlich angesagt. Und dazu passen wahrlich keine Icons von der Stange. Gut, dass der slowakische Typedesigner Ondrej Jób in seine wunderschöne Schrift Woodkit, die es in den drei Versionen Solid, Print und Reprint gibt, einen Figurenbaukasten sowie ein Ornamentset integriert hat. Der Baukasten besteht aus 78 Köpfen, 8 Armen, 8 Beinen, 8 Rümpfen und 10 Hüten, die sich zu zigtausend Figuren zusammensetzen lassen. 500 Symbole, Dingbats mit 50er-Jahre-Flair und Endlosmuster bilden das Ornamentset, das sich, genau wie die Männchen, wunderbar mit den normalen Schnitten der Woodkit kombinieren lässt. Für etwa 180 Euro gibt es sie bei Peter Bil’aks Typotheque. Ondrej Jób hat auch noch andere Icon-Fonts entworfen, ein Blick auf seine Webseite www.urtd.net lohnt sich wirklich. ↗www.typotheque.com/fonts/ woodkit_solid
Unterwegs Tepu ● Vor allem bei der Gestaltung von Karten und Leitsystemen, aber auch im Editorial Design leistet die Piktogrammfamilie Tepu von Sergio Ramirez Flores gute Dienste. Sie entstand aus eigenem Bedarf, da sich der chilenische Designer auf diese Disziplinen spezialisiert hat. Tepu enthält drei Varianten mit jeweils 369 Symbolen: gefüllt, konturiert und zudem negativ ausgeschnitten. Die von der Foundry Latino Type herausgegebene Schrift ist bei FontShop oder MyFonts zum Preis von knapp 70 Euro erhältlich. ↗http://is.gd/MFtepu; http://is.gd/ FStepu
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PAGE 07.15 › THEMEN › Icons
Family Life Oh Icons ● Wohl eher an eine weibliche Zielgruppe richten sich die Icons von Małgorzata Frackiewicz aus Warschau (http://powaz nestudio.com). Sie zeichnete 382 Icons zu den Themen Winter, Baby und Pets. Jedes der drei Sets enthält 52 Icons auf den Tasten A bis Z und a bis z, die restlichen findet man über das Glyphen-Panel oder die Stylistic Sets. Richtig Spaß machen die Icons, wenn man sie mixt – am besten auch noch far-
big – und so ruckzuck einen Snowboarder, ein Kinderzimmer oder einen kackenden Hund mit Maulkorb gestaltet. Auch verschiedene Displayvarianten bedachte die Designerin und legte einige Bilder in zwei Größen an, mit mehr oder weniger Details. Das Oh-Icons-Paket mit sechs Fonts – jedes Thema gibt es in Regular und Black – ist bei MyFonts für knapp 60 Euro erhältlich. ↗http://is.gd/MFohbaby
Moderne Welt Symbolset ● Oak Studios aus New York bietet 15 Piktogrammpakete verschiedener Designer an. Sie reichen von »Air« über »Elements« und »Forecast« bis »Gizmo« oder »Social Circle«. Das jüngste Set – »Community« von Wen Ping Huang – umfasst 296 Icons rund um Gesundheit, Gender, Verkehr und kommunale Strukturen. Alle Symbolset-Icons sind bildschirmoptimiert und skalierbar. Die Sammlung ist keineswegs abgeschlossen, Oak Studios ist immer auf der Suche nach Icon-Designern mit guten Ideen. Die Preise liegen zwischen 5 und 60 Dollar ↗www.symbolset.com
6 fürs Interface Design FF UI Icons
Von links: FF Dingbats 2.0 UI mit zwei Versionen, FF Comic Jens UI, FF Mister K UI, FF Netto UI , FF Transit Pict UI
● Pfeile, Lupen, Check-Haken, Hörer, Smileys oder Sterne – nachdem feststand, welche Symbole für die Gestaltung von User Interfaces am häufigsten eingesetzt werden, bat FontShop die Designer von sechs FontFont-Symbolfamilien diese entsprechend zu vervollständigen. Das Ergebnis ist ein Paket mit sechs Fonts: FF Dingbats 2.0 in zwei Varianten, FF Mister K Dingbats, FF Netto Icons, FF Transit Pict sowie 80 bisher unveröffentlichte FF-Comic-JensIcons von Jens Kutilek, die beweisen, dass lässig und informativ sich nicht ausschließen müssen. Das Set mit sechs Fonts kostet rund 170 Euro. ant ↗www.fontshop.com/buy/645f1d32fc61
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PRAXIS Weitere PAGE Seminare finden Sie unter www.page-online.de/seminar
Infografik Visual Storytelling – Workflows & Cases
Der Referent
Das Seminar »Infografik«
● Jan Schwochow, Gründer und Geschäftsführer der Golden Section Graphics GmbH, ist einer der renommiertesten Infografiker weltweit. Er und sein Team haben zahlreiche nationale und internationale Auszeichnungen gewonnen, etwa bei den Malofiej und European Design Awards oder beim ADC Wettbewerb. Er war unter anderem Leiter der Infografik-Abteilung beim »stern«. Zuletzt baute er bei KircherBurkhardt eine Infografik-Unit auf, bevor er 2007 sein eigenes Unternehmen gründete. Er ist Herausgeber des Magazins »In Graphics«.
● Die Infografik erlebt einen wahren Boom: in Magazinen und Zeitungen ebenso wie in Geschäftsberichten und Firmenpräsentationen, in Internet und TV. Damit entwickelt sich ein überaus vielseitiges, grenzüberschreitendes Tätigkeitsfeld für Grafik- und Kommunikationsdesigner, für Illustratoren und Fotografen, für Interaction Designer und Animation Artists. Infografiken können vielschichtige Inhalte direkt veranschaulichen. Doch je schneller und komplexer die Kommunikation insgesamt wird, umso achtsamer muss der Kreative bei der Datenaufbereitung vorgehen. Mit einer ästhetisch faszinierenden Visualisierung ist es nicht getan, es geht um Inhalte, Einsichten und die Macht des Bildes. Und genau hier liegt denn auch für Jan Schwochow die eigentliche Herausforderung. Es wird immer anspruchsvoller, gute und verlässliche Quellen zu finden, um einen Sachverhalt korrekt und unverfälscht wiederzugeben. Der Grafik- und Kommunikationsdesigner ist schon lange nicht mehr nur reiner Gestalter, er ist zugleich Journalist und visueller Geschichtenerzähler.
Die Agenda 1 Das Wesen der Infografik – Stärken und Schwächen
Was kann und muss eine Infografik leisten, und wie setzt man sie sinnvoll ein? Was unterscheidet eine journalistisch geprägte Grafik von einer Visualisierung in der Unternehmenskommunikation? Inwieweit können sich Corporate Infographics an eine bestehende CI anpassen? 2 Vom Briefing über die Recherche zur Umsetzung – Cases, Prozesse, Strategien
Wie müssen die Basisinformationen für ein gutes Briefing aufbereitet sein? Wie kommt man an die relevanten Daten und damit auf die richtige Idee? Ist weniger mehr oder mehr Information hilfreicher? Wie gewinne ich den Kunden für die Idee? Wie läuft die Abstimmung mit ihm?
Jan Schwochow und sein Team erläutern im PAGE Seminar anhand von konkreten Praxisbeispielen, wie eine Infografik entsteht – von der Recherche über die Skizze bis hin zu Reinzeichnung und Animation. Sie bieten tiefe Einblicke in die Arbeit eines Infografikers und beleuchten das Spannungsfeld zwischen reiner Information und guter Gestaltung – wertvolles Know-how von Designprofis für Designprofis!
11. September
Das Seminar findet am in den Räumen von Golden Section Graphics in Berlin von 9:00 bis 17:30 Uhr statt. Die Teilnahme kostet 748 Euro (zzgl. gesetzlicher MwSt.). Die Gebühr umfasst die Tagungskosten, Lunch und Kaffeepausen. Die Teilnehmerzahl ist auf 15 Personen begrenzt! Also schnell anmelden unter www.page-online.de/seminar
Der PAGE Workshop lässt genug Zeit für Fragen und den Austausch der Teilnehmer untereinander.
3 Animation, Interaktion, Social Media – die Wahl der Mittel und ihre Kalkulation
Wie setze ich Infografiken crossmedial ein? Ist eine statische oder eine interaktive, animierte Grafik besser? Wie gestalte ich den Workflow und habe die unterschiedlichsten Nutzungsarten im Blick? Wie kalkuliere ich eine Infografik?
PAGE // Ebner Verlag GmbH & Co. KG // info@page-online.de // Telefon: +49 40 85183400 // www.page-online.de/seminar Aufgrund der auf 15 Personen pro Veranstaltung begrenzten Teilnehmerzahl werden die Anmeldungen in der Reihenfolge der Eingänge der Zahlungen berücksichtigt. Die Teilnahmegebühr fällt mit der Anmeldung an. Sie ist sofort nach Erhalt der Rechnung zuzüglich gesetzlicher Mehrwertsteuer ohne Abzug zu überweisen. Bitte beachten Sie unsere Widerrufsbelehrung auf der Leserservice-Seite (siehe Inhaltsverzeichnis).
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PAGE 07.15 › THEMEN › Motion Branding
● Obwohl Bewegtbild heute so wichtig ist, spielt Motion Branding in Corporate-Design-Manuals selten eine Rolle. Wo geschrieben steht, welche Farben und Schriften zu einer Marke gehören, fehlt meist der Hinweis, wie diese sich im bewegten Bild verhalten soll. Quirlig und schnell, explosiv und dynamisch oder lieber entschleunigt und ruhig? Dazu kommt die Soundebene, die die Wahrnehmung stark beeinflusst. Mit diesen Fragen müssen sich Motion Designer und Produktionsfirmen beschäftigen. Sie entscheiden letztlich, wie eine Marke im bewegten Bild aussieht und klingt – auch wenn Idee und Konzept vom Kunden oder seiner Kreativagentur kommen. Laut Christian Mahler, Professor und Studiengangsleiter Motion Design an der BTK Hochschule für Gestaltung in Berlin (www.btk-fh.de), sollte man ein Corporate Design von Anfang an entlang der Möglichkeiten komplexer Mediensysteme konzipieren: »Unsere Medien sind audiovisuell und interaktiv beziehungsweise dialogisch –das muss ein Markenauftritt heute auch sein, sonst verliert er an Reichweite.« Ein für Print- und Webanwendungen entwickelter Styleguide sei selten das passende Tool, da die formalen Aspekte der Markenkommunikation hier zu dogmatisch vorgeschrieben seien. »Nicht immer ist es angebracht, die CD-Elemente dem Film wie eine Verpackung überzustülpen, indem am Anfang oder am Ende das Logo inszeniert und der Markenclaim in der Hausschrift gesetzt wird.« Dieses Problem kennt auch Michael Reissinger, Geschäftsführer der Hamburger Produktionsfir-
Schwarzweiß, piktogrammartige Animation, flotte Beats: Der Trailer für den Ideenwettbewerb Cycling Affairs der Stadt Wien zeigt Radfahrer aller Art und wie sie sich in der Stadt bewegen. Die Animationen und das Storyboard dienten dem Wiener Design- und Animationskollektiv LWZ und dem Grafikdesignstudio buero bauer als Grundlage für das Corporate Design
Bewegte Zeiten Auf unseren Smartphones und Tablets, auf Monitoren in der U-Bahn und an Haltestellen oder als Fassadenprojektion: Bewegtbild ist überall. Aber wie lehrt man einer Marke CI-konform das Laufen?
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PAGE 07.15 › THEMEN › Motion Branding
zialisiert. Die Produktionsfirma steht oft vor der Herausforderung, komplexe Angebote und Branchen verständlich zu erklären und dabei die Marke nicht aus den Augen zu verlieren. »Wir versuchen immer, die richtige Mischung zwischen kreativer Umsetzung und kommerzieller Absicht zu finden«, so CEO Nick Bradley. Designrichtlinien für Bewegtbild hätten die wenigsten ihrer Auftraggeber. »Vielmehr sind wir es, die solche Manuals erstellen und sie dem Kunden dann übergeben.«
Viele Fragen, noch mehr Antworten
ma DELI Creative Collective (www.deli.hamburg): »CI/CD-Richtlinien stehen grundsätzlich in einem Buch. Aus diesem Grund stellt die Übertragung ins Bewegtbild von vornherein einen Medienbruch dar. Das sklavische Befolgen des Manuals ist also weder möglich noch ratsam.« Übrigens mehr zum Thema Corporate-Design-Manuals siehe Seite 84 ff.
Konformität versus Kreativität Wie weit die Markenkonformität gehen soll, muss man von Fall zu Fall entscheiden. »Bei Erklärfilmen, die komplexe Zusammenhänge verständlich darstellen sollen, spielen Markenwerte oft eine untergeordnete Rolle«, erklärt Mario Gorniok-Lindenstruth, Freelance Art Director, Motion Designer und Coach in Berlin (www.mario-gorniok.de). »Dennoch bediene ich mich auch hier bei den Farben und Schriften aus der Palette des jeweiligen Corporate Designs.« Bradley TV mit Sitz in Leeds und London (www. bradley.tv) ist auf Imagefilme für Unternehmen spe-
Viel Blau, klassische Musik und eine sonore Männerstimme: Im Imagefilm »First Mark«, mit dem die Unternehmensberatung McKinsey Talente rekrutieren will, steht Seriosität im Mittelpunkt. DELI Creative Collective aus Hamburg animierte für den Film Tinte in klassischer Kalligrafie-Optik sowie als dreidimensionales Gebilde im Raum – immer in der Corporate-Farbe Blau
Farben und Schriften aus dem CD-Manual scheinen leicht adaptierbar, aber auch hier kommen oft Fragen auf, mit denen sich manche Markenverantwortlichen noch nie beschäftigt haben. So mag der Corporate Font festgelegt sein, aber nicht, wie er sich im Bewegtbild verhalten soll. Will man ihn lustig ins Bild flattern lassen oder lieber seriös einblenden? »Die Bewegungsqualität der Animation sagt viel über das Wesen der Marke aus – verleiht ihr etwa ein ernsthaftes oder ein junges und verrücktes Gefühl«, so das Design- und Animationskollektiv LWZ aus Wien (www.wearelwz.com). Bei den Farben wird der Medienbruch besonders deutlich: CMYK versus RGB lautet hier das Problem. Grading-Experten arbeiten teilweise tagelang daran, den richtigen Ton zu treffen. Für die Abnahme sind oft speziell kalibrierte Bildschirme notwendig, denn: »Nichtspezialisten fällt die Abstraktion in der Regel schwer«, s0 Martin Klauder, ebenfalls Geschäftsführer von DELI Creative Collective. Ein weiteres Grundsatzthema ist die Platzierung des Logos: Wo soll es stehen? Soll es die ganze Zeit im Bild sein? Ist es statisch oder animiert? Und wenn animiert, dann wie? Die Idee und das Konzept für Bewegtbild-Projekte entwickelt meist die Agentur und hält sie im Briefing fest, das das Produktionsstudio anschließend interpretiert. »Kreativagenturen haben ihre Kompetenz in der Ideenentwicklung und lassen den Produktionsfirmen bei der Umsetzung meist relativ freie Hand. Im Gegensatz zu den meisten Direktkunden kennen sie allerdings die Möglichkeiten und Grenzen der Technik besser – ebenso wie die neuesten Trends«, sagt Mario Gorniok-Lindenstruth, der früher Art Director Motion bei Scholz & Friends war.
Aufs Markenverständnis kommt es an Für LWZ in Wien ist Bewegtbild Bestandteil der gesamten Identity: »Motion sollte man nicht separat betrachten. Es ist genauso identitätsstiftend für die Marke wie das Logo, die Typografie oder das Papier«, sagen die Kreativen. In ihren Arbeiten bedingt das eine oft das andere. So entstand das Erscheinungsbild für Cycling Affairs, einen Ideenwettbewerb der Stadt Wien ( http://cycling.departure.at), auf Basis des Storyboards und der Illustrationen für den animierten Event-Trailer (siehe Seite 42). »Die Frage ist, ob sich die Marken-DNA über ein geregeltes visuelles Auftreten oder doch mehr durch
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ihre Grundsätze definiert«, so LWZ. Dafür muss man diese Grundsätze kennen. Wie für alle anderen Designdisziplinen gilt auch hier: Nur wer verstanden hat, was die Markenwerte sind und wo die Ziele des Unternehmens liegen, kann sie bei der Gestaltung entsprechend berücksichtigen. Im Pitch wird das Markenverständnis bei den Styleframes abgeklopft, während des Projekts sorgen Milestone Meetings mit dem Kunden dafür, dass das Projekt in die richtige Richtung geht.
Von TV- und Filmstudios lernen In vielen Fällen müssen Motion Designer zwischen Kontinuität und Weiterentwicklung abwägen. Einerseits sind sie immer auf der Suche nach Neuem, andererseits muss der Markenkern gewahrt bleiben. Wie auch im Grafikdesign kann man mit dem bisherigen Erscheinungsbild noch so unglücklich sein – ein kompletter Bruch damit ist trotzdem meist nicht ratsam. »Ob bei Neu- oder Bestandskunden: Unser Motto lautet Evolution statt Revolution«, erklärt Michael Reissinger. Neben einer entsprechenden Ausbildung und Erfahrung helfe vor allem Bauchgefühl, ist Michael Reissinger überzeugt. »Ganz lernen lässt sich das nicht. Bewegtbild ist nicht so beständig wie Print. Man verweilt nicht, sondern trifft seine Entscheidungen schnell und intuitiv. Man spürt einfach, wenn etwas passt – oder eben nicht.«
Flat Design, ParallaxEffekte, filigrane Schrift: Anfang 2015 verpasste die Inhouse-Agentur der ProSiebenSat.1 Media AG, Creative Solutions ( h ttp:// p7s1creativesolutions.de ) , dem Erscheinungsbild von ProSieben einen Relaunch. Statt auf klassisches OnAir-Design setzten die Gestalter auf eine Lösung, die auf allen Interfaces funktioniert und sich durch reduziertes und übersichtliches Design auszeichnet. Kontinuität ist durch den bleibenden Claim (»We love to entertain you«), das Logo und die Farbe Rot gegeben
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In diesem Punkt haben es Unternehmen, deren Metier Bewegtbild ist, natürlich leichter. TV-Sender etwa können aus dem Vollen schöpfen, was Knowhow und technische Möglichkeiten angeht. Oft werden sie als Beispiele für erfolgreiches Motion Branding und als Inspirationsquelle herangezogen (siehe Interview mit Ole Peters, Geschäftsführer des designorientierten Produktionsstudios Sehsucht, auf Seite 46 f.). »Die meisten Sender produzieren kurze Clips, die exemplarisch den Umgang mit dem Material zeigen sowie Zeiten und Rhythmen vorgeben«, erklärt Christian Mahler. Hier wird der Styleguide also im Medium selbst produziert. Als weiteres Positivbeispiel nennt Christian Mahler Filmstudios, deren IDs häufig flexibel sind und sich der Handlung oder dem Filmanfang anpassen – etwa indem es aufs Logo schneit, wenn der Hauptfilm in einer Schneelandschaft beginnt. »Das Main-TitleDesign ist eine Fundgrube für Konzepte, in denen der Kern der filmischen Handlung die Markenkommunikation des Films prägt«, so Christian Mahler.
Stil versus Zweck Ein eigener Stil kann im Motion Design sowohl hilfreich als auch hinderlich sein. »Man wird dafür gebucht, was man im Portfolio zeigt«, sagt Mario Gorniok-Lindenstruth. Manchmal muss man den Kunden überzeugen, dass ein anderer Stil vielleicht besser wäre – und dass man diesen genauso gut umsetzen kann. »Das beste Motion Design ist jenes, das seinen Zweck erfüllt«, sagt Nick Bradley ganz pragmatisch. Trends, Moden oder ein bestimmter Stil seien hier nachrangig – genauso wie der eigene Geschmack: »Wir haben schon Werbefilme gedreht, die ich persönlich fürchterlich fand, aber unser Kunde mochte sie und sie haben zu höheren Verkäufen geführt.« Die Arbeit im Bewegtbildbereich wird nicht einfacher: Die Kanäle und Formate haben sich vervielfacht und tun dies weiterhin. Erschwerend hinzu kommen Medien wie digitale Plakate im »HorrorHochformat« (Michael Reissinger) – und auch noch ohne Ton. Genauso erweitern sich die Techniken stetig. Trends sind kaum noch erkennbar, weil die Grenzen zwischen den Stilen zunehmend verwischen. »2-D, 3-D, Cel Animation, Stop Motion und Realfilm in einem Video sind keine Seltenheit mehr. Gleichzeitig werden Software und Hardware immer billiger und man kann mehr am heimischen Rechner umsetzen«, sagt Mario Gorniok-Lindenstruth. »Es ist eine spannende Zeit für Motion Designer – aber eben auch eine große Herausforderung, wenn man alles abbilden möchte.« nik Motion Branding. Die Clips oder URLs der im Artikel erwähnten Projekte finden Sie unter ↗ www.page-online.de/motion-branding_0715
Motion Design: Nice & Simple. Lernen Sie die Kreativen kennen, die wir Ihnen 2014 vorstellten. ↗ www.page-online.de/bild/minimal-motion
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PAGE 07.15 › THEMEN › Motion Branding
● Ole Peters ist Geschäftsführer der Hamburger Design- und Animationsfirma Sehsucht, die für Coca-Cola, eBay, Telekom, RWE und andere Kunden arbeitet. Peters hält Motion Branding für ein starkes und weitgehend unterschätztes Mittel, um die Wahrnehmung von Marken zu beeinflussen. Wir sprachen mit ihm darüber, was es für gutes Motion Branding braucht. nik
nuierliche Einsatz und das stetige Anpassen und Optimieren. Das erfordert Mut und Durchsetzungsvermögen aufseiten der Markenverantwortlichen. Solche Entscheidungen können beim Kunden aber oft nur von Mitarbeitern in entsprechenden Positionen getroffen werden. Daher ist es auch wichtig zu sondieren, mit wem man bei Projekten zu tun hat. Wo liegen die größten Hindernisse?
Welchen Beitrag kann Motion Design beim Branding leisten? Ole Peters: Branding ermöglicht Identifikation. Je einfacher diese
funktioniert, desto wahrscheinlicher ist es, dass wir Vertrauen zu einer Marke und ihren Produkten entwickeln. Das geschieht in der Regel unterbewusst. Erkennen wir etwas wieder, erscheint es uns vertraut – ob wir wollen oder nicht. Das ist eine wichtige Basis, um mit den Konsumenten zu kommunizieren. Ein Markengefühl, insbesondere in Form von Bewegtbild, kann eine enorm wichtige Rolle spielen, wenn es darum geht, aus diesem »Kenne ich« weitreichendes Vertrauen entstehen zu lassen. Motion Branding ist im weitestem Sinne ein emotionales Additiv.
Oft fehlt es am Willen und einem klaren Entschluss. Viele Werbevignettenfilme der letzten Jahre spiegeln zwar gekonnt den Zeitgeist wider und wecken durchaus Bedürfnisse und Emotionen, verlieren sich aber im Einheitsbrei ihrer visuellen Stilmittel. Nicht umsonst gab es zur Klimax der Vignettenflut eine Website, http:// vignetteroulette.com, auf der sich die Audio- und Videospuren aktueller Spots vertauschen lassen, um ihre Beliebigkeit zu demonstrieren. Die Produktionen sind teils hervorragend – aber es mangelt an audiovisuell mutigen Statements. Welche Rolle spielt Motion Branding dabei?
Ich halte Motion Branding nach wie vor für ein extrem unterschätztes Mittel, um Marken in der Wahrnehmung gezielt zu len-
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„Bewegtbild verleiht Marken Charakter“ Ole Peters, Geschäftsführer von Sehsucht, Hamburg ↗ www.sehsucht.de
Mit bewegten Bildern lässt sich meist sehr viel mehr aussagen als mit einem Still. Hinzu kommt die auditive Ebene, die eine weitere emotionale Ausrichtung ermöglicht – ob technisch und kühl oder menschlich und nah. Bewegtbild bietet also erweiterte Möglichkeiten, ein Gefühl für eine Marke zu stärken und ihr einen bestimmten Charakter zu verleihen.
ken. Dabei gibt es heute mehr positive Beispiele und beeindruckende Arbeiten denn je – jenseits der Werbung. Antibody zum Beispiel – nur einer von vielen extrem talentierten Designern (www.antibody.tv/index.html) – machte mit seinen Vorspännen für Spiele und TV-Serien wie »True Detective« auf sich aufmerksam. Warum sehen wir derart ausgeprägtes Design und eine solche Ästhetik so gut wie nie im Werbefernsehen?
Wie geht das konkret?
Ein paar positive Beispiele wird es doch geben?
Es gibt kein Patentrezept, das sich auf alle Marken und Bedürfnisse anwenden lässt, wenn es darum geht, CI-konforme Bewegtbildinhalte zu gestalten. Aber es gibt meines Erachtens eine essenzielle Grundvoraussetzung: Verständnis. Im Zentrum einer erfolgreichen Bewegtbildproduktion, die im Sinne einer Marke erfolgreich kommuniziert, steht ein ausgeprägtes Verständnis sowohl für die langfristigen Ziele und aktuellen Bedürfnisse einer Marke als auch ein Verständnis dafür, wie man die Zielgruppe richtig anspricht. Motion Branding bietet hier mehr Optionen als viele andere Medien.
Einige TV-Sender setzen Motion Branding gekonnt ein. Sender wie ProSieben oder der englische Sender Channel 4 haben es zum Beispiel über Jahre hinweg geschafft, einen visuellen Auftritt mit hoher Wiedererkennung zu gestalten und sich trotzdem immer wieder neu zu erfinden. Allerdings lässt sich das nicht ohne Weiteres auf Werbung oder Unternehmensfilme übertragen. Die Formate und die Möglichkeiten sind dort deutlich limitierter. Dennoch gibt es auch Formate jenseits des dreißigsekündigen Werbespots, die mehr zulassen, als nur ein Logo am Ende zu zeigen. Auch hier ist der anhaltende Einsatz entscheidend für den Erfolg. TV-StationIdents können zumindest als Inspiration herhalten – ebenso wie einige Filmvorspänne und Serien-Opener. Obwohl die Budgets hier oft deutlich niedriger sind, begeistern viele Arbeiten ein breites Publikum. Ich glaube, die Freiheit im Briefing und das Vertrauen in die Umsetzer spielen eine große Rolle.
Warum?
Wie bringt man dabei die langfristigen Ziele und kurzfristigen Bedürfnisse einer Marke in Einklang?
Ein Beispiel: Einen Spot mit einem permanent eingeblendeten Logo zu versehen, kann kurzfristig befriedigende Awareness-Werte bei Umfragen liefern. Langfristig allerdings kann sich dies schädlich auf eine Marke auswirken, weil es als zu aufdringlich empfunden wird oder überhaupt nicht im Einklang mit einer Kampagne oder dem Markenbild steht. Nur langfristige Motion-BrandingKonzepte haben Aussicht auf Erfolg. Denn nicht nur die Gestaltung ist entscheidend. Mindestens genauso wichtig ist der konti-
Und gibt es auch ein positives Beispiel aus der Werbung?
Etwa Apple, und zwar auf vielen Ebenen. Betrachtet man die Bewegtbildproduktionen der wertvollsten und bekanntesten Marke der Gegenwart, lässt sich schnell eine Ästhetik erkennen, dank
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derer man alle Filme sofort Apple zuordnen kann. Dies erfolgt in den meisten Fällen in wenigen Sekunden. Und das, obwohl die Filme selten ein Kunstwerk sind: Das immer wieder gleiche Zusammenspiel von Musik, der unaufgeregte Einsatz von Sprechern, die KamerafĂźhrung und die Montage sind genau genommen extrem schlicht und bergen kein Geheimnis. Es sind vielmehr die Kontinuität und die Stringenz, mit der Apple diese simple Ă&#x201E;sthetik unverkennbar mit sich selbst verbunden hat. Apple hat es geschafft, ein sehr breites Publikum mit ihren Filmen anzusprechen und die Ă&#x201E;sthetik im Verlauf der letzten 15 Jahre immer wieder zu erneuern. Ein weiteres Indiz dafĂźr sind einige sehr gelungene Persiflagen im Apple-Stil. Sie bedienen sich dieser simplen und dennoch besonderen Ă&#x201E;sthetik und werden sofort als Anspielung auf den Konzern verstanden. Wie lässt sich diese Stringenz Ăźber verschiedene Formate hinweg erzeugen?
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Der kleinste gemeinsame visuelle Nenner vieler unterschiedlicher Auftritte ist das Logo-Ending, auch CI-Tag genannt. Diese kompakte visuelle Animation des Logos beendet den Film, in welchem Format auch immer dieser vorliegt. In einigen Fällen geschieht dies im Zusammenspiel mit einer akustischen Signatur, was die Wiedererkennbarkeit erhĂśhen, aber auch befremdlich wirken kann, wenn es nicht zu Ende gedacht ist. Ein positives Beispiel dafĂźr ist die Telekom: Deren Logo-Ending hat sich visuell in den letzten Jahren immer wieder verändert, die akustische Signatur jedoch nicht. Sie wurde konsequent international und flächendeckend eingesetzt â&#x20AC;&#x201C; ungeachtet unterschiedlicher Märkte und ihrer regionalen BedĂźrfnisse. Seit Ăźber zehn Jahren verwendet der Konzern die simple Tonfolge, die mittlerweile zu unserem Leben gehĂśrt. Lässt sich dieses Konzept auch auf visuelle Abbinder Ăźbertragen?
Leider nicht. Aber es lieĂ&#x;en sich mit Sicherheit Konzepte erarbeiten, die eine visuelle Konstante schaffen, mit der sich im Laufe der Zeit spielen lieĂ&#x;e. Ein prägendes Logo-Ending zu gestalten kann allerdings Monate dauern. Das wird leider selten zugelassen, obwohl ein Logo-Ending oft international Ăźber viele Jahre eingesetzt wird. Ein Spot hingegen läuft nur ein paar Wochen. In welche Richtung wird sich Motion Branding Ihrer Meinung nach entwickeln?
Das Potenzial von Motion Branding fĂźr Marken ist extrem groĂ&#x; und wird dennoch weitgehend unterschätzt. Werbung ist oft selbstreferenziell â&#x20AC;&#x201C; zumindest visuell. Obwohl es den Anschein hat, dass heute viel ausprobiert wird, verlaufen die meisten Ansätze im Sand. Ich wĂźrde mich Ăźber mehr eigenständige visuelle Auftritte freuen. Dazu gehĂśren der Mut und der Wille des Kunden und die Bereitschaft, gemeinsam einen langen Weg zu gehen und Dinge auszuprobieren. Gegenseitiges Verständnis ist die zentrale Basis, wenn es darum geht, langfristig erfolgreiche Motion-Branding-Konzepte auf den Weg zu bringen.
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Alpiner Wandel Eins der drastischen Bildpaare aus Lois Hechenblaikners Band »Hinter den Bergen«
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»Hinter den Bergen«. Nie-
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mand zeigt die Ballermannisierung der Alpen gnadenloser als der Fotograf Lois Hechenblaikner mit seinen Gegenüberstellungen alter und eigener neuer Fotos. Formal stimmen die Bilder überein, doch die Unterschiede könnten größer nicht sein. Jetzt erschien die Fotoserie endlich in einer gelungenen Ausgabe beim Steidl Verlag (144 Seiten, 24 Euro, ISBN 978-3-86930-737-4). ↗ www.steidl.de Fotolia goes Adobe. Für 800 Millionen Dollar hat Adobe im Januar die Bildagentur Fotolia gekauft. Jetzt wurde deren Website im neuen Look mit beiden Logos relauncht – wobei man sie auch gleich übersichtlicher gestaltete sowie Navigation, Bildvorschau und Leuchtkästen überarbeitete. ↗ www.fotolia.de 2 Neue RF-Kollektion von Look. Die Münchner Bildagentur Look ist bekannt für anspruchsvolle Outdoorund Lifestyle-Fotos. Mit eigenen Fotografen startete sie nun eine exklusive Kollektion lizenzfreier Bilder mit angenehm natürlicher und zeitgemäßer Anmutung. ↗ http://rf.look-foto.de Flickr lebt Fast hatte man Flickr schon ein bisschen abgeschrieben, doch mit seiner Version 4.0 wartet der Foto-Dinosaurier mit geradezu sensationellen Neuerungen auf. Bemerkenswert ist nicht nur das smarte und flotte Interface, mit dem sich Bilder nach Wunsch sortieren lassen – hilfreich bei bis zu 1000 Gigabyte kostenlosem Speicherplatz. Beim Auffinden bestimmter Fotos hilft nun auch die sogenannte Magic View, eine Bildererkennung, die Motive wie Personen, Tiere, Landschaften, Wasser, Schnee, aber auch Effekte, Abstraktion, Symmetrien, Farbe und so weiter unterscheiden kann. Mit Suchanfragen wie »Irene im grünen Kleid mit Katze an Weihnachten« soll man so selbst in den größten Bilderbergen fündig werden. ↗ www.flickr.com
Zeigt her eure Bilder Das Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg wartet derzeit mit konzeptuell auffallend spannenden Ausstellungen auf. Im Rahmen der 6. Triennale der Photographie widmet es sich ab 15. Juni in der Schau »When We Share More Than Ever« dem Teilen von Bildern. Historische Methoden, Bilder festzuhalten und zu kommunizieren, werden aktuelle Positionen von Künstlern wie Ai Weiwei, Terry Richardson, Doug Rickard oder Penelope Umbrico gegenübergestellt. Die eigentliche Triennale mit vielen Veranstaltungen und Ausstellungen in Hamburg findet von 18. bis 28. Juni statt. cg ↗ www.phototriennale.de
InstagramFoto von Ai Weiwei vom 24. Januar 2015
Bildagentur-Geheimtipps. Interessante Kollektionen und Bildagenturen, die nicht jeder kennt, stellen wir in unserer neuen Reihe vor ↗ www.page-online.de/geheimtipps
LOOK-Foto: Christian Kasper
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Typo
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Corporate Font für MTG. Das Stockholmer De-
signbüro BVD entwickelte für die schwedische Modern Times Group ein neues Corporate Design inklusive verjüngtem Logo. Wichtiger Bestandteil des Auftritts ist eine exklusive Schrift: MTG Sans, gezeichnet von Göran Söderström, Gründer der Foundry Letters from Sweden (www.lettersfromsweden.se). Er kam dem Auftrag nach, eine einfache, klare Type mit humanistischem Touch zu gestalten. Die Serifenlose ist für acht digitale 1 Plattformen optimiert, darunter Schwedens größter Streaming-Service Viaplay – sodass sie in der skandinavischen Medienlandschaft wohl ziemlich präsent sein wird.↗ www.bvd.se
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Jede Menge Sans Serifs
Nach zwei Jahren Arbeit bringt die Wiener Foundry Typejockeys die umfangreiche serifenlose Schriftfamilie Vito heraus. Wohl wissend, dass es nicht gerade wenige solcher Typen gibt, legte sie die Latte hoch: Vito soll das perfekte Tool für die typografischen Bedürfnisse eines modernen Designers werden. Das schöne Specimen Booklet – der Umschlag aus sandigem Papier mit Goldprägung, innen mit Metallic-Far-
be – beweist: Anspruch erfüllt.Fünf Weiten von Compressed bis Wide, jeweils in sechs Strichstärken von Extra Light bis Black und Kursive für alle ergeben 60 Schnitte für den Einsatz in Editorial und Corporate Design, Packaging oder auch Filmtiteln. Die komplette Familie kostet 680 Euro, zur Einführung gibt es einen Rabatt. Sie ist über Typejockeys zu beziehen. ↗ www.typejockeys.com
»The Eternal Letter« Sorgfältig recherchiert, dazu schön illustriert und gut gestaltet ist das Buch des New Yorker Designers und Typografen Paul Shaw (The MIT Press, 264 Seiten, 37,95 Pfund, ISBN 978-0262-02901-8). Erstaunlich, wie die rund 2000 Jahre alten Buchstaben auf der römischen Trajanssäule noch immer in unserem Alltag präsent sind, zum
Beispiel auf Werbeplakaten für Hollywood-Blockbuster. Zahlreiche Beiträge typografischer Größen wie Matthew Carter, Jonathan Hoefler, Cyrus Highsmith oder Martin Majoor und die vielen großartigen Beispiel machen das Hardcover zum Must-have für jeden Schriftinteressierten. ↗ www.mitpress.mit.edu
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Cera spricht Europäisch
Jakob Runge, Designer aus München und Schöpfer so großartiger Schriften wie der FF Franziska, stellte jetzt die Groteskfamilie Cera mit mehr als 980 Zeichen pro Schnitt fertig. Er stattete sie mit sechs Gewichten, einer klaren Kursive sowie nützlichen Sonderzeichen und Pfeilen aus. Das macht sie zu einer guten Begleiterin speziell für in mehreren Sprachen gesetzte Texte und Überschriften. Zur Pro-Version gibt es die Ableger Cera STD (Lateinisch), Cera GR (Griechisch) und Cera CY (Kyrillisch), deren Zeichenumfang auf den jeweiligen Sprachraum zugeschnitten ist. Wobei im Falle des Griechischen (korrigiert von Natasha Raissaki) und Kyrillischen (korrigiert von Alexei Vanyashin) ebenfalls die lateinischen Basiszeichen enthalten sind. Für die aufrechten Schnitte gibt es außerdem eine Stencil-Variante. Cera Pro mit 12 Schnitten bekommt man bei MyFonts zum Preis von rund 300 Euro. ant ↗ www.myfonts.com; http://jakob-runge.de PAGE Typometer. Das unverzichtbare Gestaltungstool gibt’s im PAGE Shop ↗ www.page-online.de/typometer
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Papier
Chromolux-Etikettenpapiere. Die Box
»Label’s Secret« inszeniert das hochglänzende Etikettensortiment der Sorte Chromolux. Ein kleines Heftchen präsentiert 30 unterschiedlich bedruckte und veredelte Qualitäten, und ein zusammengefalteter, perforierter Bogen gibt weitere Informationen. Mit der aufwendigen Verpackung richtet sich Metsä Board Zanders an Verpackungs- und Etikettendesigner ebenso wie an entsprechende Druckereien. ↗www.chromolux.de Umweltbericht. Vor dem Hintergrund der ab 2016 geltenden EU-weiten Nachhaltigkeitsberichtspflicht für Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitern hat Papyrus jetzt den »Steckbrief Umweltbericht« veröffentlicht. Die kompakte Broschüre informiert auf 20 Seiten schön übersichtlich und leicht verständlich darüber, welche Firmen von der Regelung betroffen sind, wo die Vorteile eines Umweltberichts liegen und wie er sich erstellen lässt. Anzufordern unter ↗www.papyrus.com/de/umweltbericht
Best of Volume Collection Eine neue Kampagne präsentiert das gestrichene Premiumpapier Arctic Volume von Römerturm, das sich durch hohes Volumen, natürliche Haptik und drei unterschiedliche Färbungen auszeichnet. Für jede der drei Farbvarianten findet sich in der »Best of Volume Collection« eine aufwendig gestaltete Vinyl-Album-Hülle als Papiermuster: Arctic Volume Highwhite lehnt sich an den Stil elektronischer Musik an, Arctic Volume White wurde der Welt der Rockmusik zugeordnet, und Arctic Volume Ivory erinnert an Hippies und Flower-Power. Sämtliche Varianten gibt es in Grammaturen von 90 bis 300 Gramm. Ein Tourposter und eine eigens eingerichtete Microsite mit zusätzlichen Informationen komplettieren die Kampagne. ↗ www.roemerturm.de/arcticvolume
Illuminierte Papierwolke Einen schönen Auftritt auf der Kölner Möbelmesse Interzum realisierte hw.design für die Munksjö Group, deren erste Papiermühle schon 1862 im schwedischen Jönköping stand. Der Hersteller von Spezialpapieren zur Oberflächenveredelung, sogenannten Dekorpapieren, wollte die Farbenvielfalt seiner Sorten und sein neues Papier Portfolio in den Mittelpunkt stellen. Die Münchner Designer setzten dies mit einer über der Standfläche schwebenden Papierwolke um, die von einer Lichtinstallation in unterschiedlichsten Farben illuminiert wurde. Die ansonsten zurückhaltende Standarchitektur in ruhigem Weiß unterstrich die Farbigkeit dieser Papercloud. ant ↗ www.munksjo.com; www.hwdesign.de Die PAGE Schneidematte (schwarz, 60 mal 45 Zentimeter groß) mit Millimeterraster, Papierformaten und Tastaturkürzeln gibt’s unter ↗ www.page-online.de/schneidematte
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Technik
Leica M Monochrom. Leica stellt mit
dem Typ 246 die zweite Generation ihrer digitalen Schwarzweißkamera vor. Neu sind ein CMOS-Sensor, der 24 Megapixel auflöst, sowie ein Live-View-Modus mit Digitallupe als Fokussierhilfe – eingestellt wird der Fokus natürlich nur manuell, und man kann auch weiterhin den Messsucher als Scharfeinstellhilfe nutzen. Die Kamera nimmt Full-HD-Videos auf, Mikrofone lassen sich mit Adapter anschließen. Geblieben ist der Verzicht auf die sonst üblichen Farbfilter, sodass sie keine Farben erfasst. Dafür sollen die Tonwertabstufungen feiner sein. Verwendbar sind nicht nur alle M-Objektive von Leica und Fremdherstellern, sondern auch die aus der Leica-SLR-R-Serie. Die High-End-Schwarzweißbilder haben ihren Preis: rund 7200 Euro – ohne Objektiv, versteht sich. ↗ www.leica.de
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Pixma Pro-10S: Exzellente Qualität bei Foto- und Fine-Art-Prints
Von Canon kommen zwei neue A3-Drucker für hochwertige Foto- und Grafikprints: der Pixma Pro-10S und der Pro-100S. Dabei dürfte der Pro-10S für viele Freelancer und kleinere Büros die bessere Wahl sein: Wie das ältere Spitzenmodell Pixma Pro-1 arbeitet er mit den farbstabilen Lucia-Tinten, verfügt aber im Unterschied zu diesem über Canons neueste Netzwerktechnologien, die das Drucken via iPad, WLAN und auch über die Cloud ermöglichen. Im Unterschied zu Konkurrenzprodukten von Epson hat der Pro-10s kein Display, sondern lediglich drei Knöpfe – trotzdem lässt er sich problemlos rechnergeführt ins WLAN einbinden. Anschließend muss man nur noch an allen Computern im Büro den Druckertreiber einrichten. Für iPads und Android-Tablets bietet Canon eine App an. Zusammen mit dem Treiber installiert man
die Farbprofile für die Canon-Papiere, weitere Profile auch für Fine-Art-Papiere kann man bei Bedarf herunterladen. Die Installationsroutine des Treibers bietet mehrere Anwendungsprogramme an. Sinnvoll für Profis erscheint uns lediglich Canon Print Studio, das sich als Plug-in in Photoshop einnistet und nicht nur das Anordnen von Artworks auf einer Druckseite erlaubt, sondern außerdem Papier-, Einzugs- und Profileinstellungen übersichtlich zusammenfasst. Die Druckqualität auf Foto- und FineArt-Medien ist wirklich hervorragend. Den Vergleich zu den etablierten Geräten von Epson braucht der Canon-Drucker nicht zu fürchten. Sein Vorteil ist das komfortable Handling von Karton und Fine-Art-Papieren, die sich einfach und zuverlässig über den manuellen Einzug einführen lassen.
Der Nachteil: Es bleibt bei Fine-Art-Prints oben und unten stets ein Rand von 3 Zentimetern – ein Verlust, der vor allem bei Formaten unterhalb von A3 schmerzlich wird. Man kann allerdings – am einfachsten über das erwähnte Plug-in Print Studio – in den Papieroptionen statt Fine-Art- ein mattes Papier als Ausgabemedium einstellen, dann manuell das Fine-Art-Profil wählen und auf diese Weise fast randlos drucken. Für den täglichen Bürodruck ist der Pixma Pro-10S mit seinem Preis von rund 700 Euro zu teuer und zu langsam. Wer jedoch Fotos und Artworks in kompromissloser Qualität auf Karton, Foto- oder Fine-Art-Papier drucken will, ist mit ihm gut bedient. Von der Rolle druckt er aber leider nicht. Dafür muss man sich letztlich doch bei Epson umsehen. ml ↗www.canon.de/pixma
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Kurz vorgestellt
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Und weg! Pixelmators neuer Reparaturpinsel entfernt unkompliziert störende Elemente
KollaborationsServer Maya II hat Protonet jetzt mit einem RAIDSystem und 2 Terabyte Volumen ausgestattet
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Arm für die Hüfte Rolleis Jib-Arm hibjip ermöglicht eine flexible Videokameraführung
Sichere Farben Epsons neuer A2-Printer SC-P800 druckt mit neun UltraChrome-HDTinten
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1 Maya II. Protonets für kleinere Büros konzipierter Server ermöglicht die Kommunikation und den Datenaustausch innerhalb von Projektgruppen. Die Daten bleiben – anders als bei Cloudlösungen – innerhalb der Agentur. Maya II verfügt jetzt über einen 2 Terabyte großen Speicherplatz, verteilt im RAIDModus auf zwei Festplatten. Protonet liefert das Gerät weiterhin mit dem Betriebssystem Soul aus. Maya II kostet mit rund 2300 Euro ebenso viel wie das Vorgängermodell. ↗www.protonet.info/de 2 Pixelmator-Update. Die günstige Mac-Bildbearbeitung Pixelmator der gleichnamigen Firma unterstützt in der Version 3.3.2 das Force-Touch-Trackpad des neuen MacBooks. Man kann jetzt über das Touchpad drucksensitiv zeichnen. Darüber hinaus greift Pixelmator direkt auf die Bibliothek von Apples neuer Fotos-App zu und hat einen überarbeiteten Reparaturpinsel, der Objekte auch von schwierigen Hintergründen entfernt. Pixelmator ist zum Preis von etwa 30 Euro erhältlich, das Update selbst ist kostenlos. ↗www.pixelmator.com Procreate mit Stiftunterstützung. Die beliebte iPad-Mal-App Procreate unterstützt nun auch den drucksensitiven Zeichenstift Intuos Creative Stylus 2. Voraussetzung ist das kostenfreie Update auf Version 2.3. Die App kostet bei erstmaliger Installation 5,99 Euro, Wacoms Intous Creative Stylus 2 gibtʼs für rund 80 Euro. ↗www.wacom.de 3 Videostativ an der Hüfte. Rollei stellt mit dem hipjib einen Jib-Arm für eine flexible Videokameraführung vor. Befestigen lässt sich der hipjib mit einem Gurt an der Hüfte. Er eignet sich besonders für Reportagen und ähnliche Anwendungen, bei denen eine bewegliche Kamera von oben bis dicht über den Boden gefragt ist. Kostenpunkt: ungefähr 200 Euro. ↗www.rollei.de 5 Optimierter Epson-Printer. SureColor nennt Epson ihre High-End-Druckerreihe nach der Überarbeitung – und nach dem A3+-Gerät SC-P600 ist jetzt der SC-P800 dran: Der neue A2+-Printer druckt mit neun UltraChrome-HD-Tinten auf Fotopapier sowie auf starre Medien. Er kann als derzeit erster A2-Drucker auch von der Rolle drucken und erlaubt so ungewöhnliche Bildformate. Der SC-P800 soll circa 1000 Euro kosten. ↗www.epson.de ml
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Publikationen 1
»The Sketchbook Project World Tour«. Wenn Sie nächstes Mal in
New York sind, sollten Sie unbedingt in der Brooklyn Art Library in Williamsburg vorbeischauen. Rund 34 000 Skizzenbücher von kreativen Menschen aus 135 Ländern haben die Macher des Sketchbook Project dort zusammengetragen. Die Vielfalt ist riesig, von Pop-up-Buch bis Comic ist alles dabei – und man kann gezielt nach Themen, Orten, Materialien und so fort suchen. Eine wunderbare Art, (mindestens) einen Nachmittag zu verbringen. Doch was tun, wenn Sie nicht nach New York kommen? Ein brandneues Buch zeigt nun Hunderte von Highlights Steven Peterman, Sara Elands Peterman: The aus der Sammlung, sortiert nach Kontinenten. Vielleicht Sketchbook Project World Tour. New York inspiriert es sogar dazu, Teil der Community zu werden, die (Princeton Architectural Press) 2015, unter www.sketchbookproject.com/library übrigens auch 224 Seiten. 30 Dollar. Scans von mittlerweile 16 000 Skizzenbüchern zeigt. ISBN 978-1-61689-168-8
2 »Communication Design«. Praxisbezogene Designlehrbücher auf Deutsch sind Mangelware – da sollte man vor englischsprachiger Lektüre nicht zurückschrecken. Eine der besten Adressen für lernwilligen Nachwuchs ist Fairchild Books, insbesondere seit die Briten 2013 auch noch AVA Publishing übernommen haben. Dieses ebenso anschauliche wie anspruchsvolle Buch behandelt anhand zahlloser Fallbeispiele und Interviews mit wegweisenden Gestaltern komplexe Themen wie User-/Kundendialog, Erlebniskommunikation oder Informationsaufbereitung, aber auch Nachhaltigkeit und engagiertes Design. Eine exzellente Basis, um konzeptionell gut vorbereitet ins Berufsleben zu starten – und auch Experimentelles zu wagen wie obiges in Acryl gebundene Magazin von John Willshire.
Derek Yates, Jessie Price: Communication Design. Insights from the Creative Industries. London (Fairchild Books/Bloomsbury) 2015, 208 Seiten. 29,99 Pfund. ISBN 9781472534408
»Graphisches Erzählen«. Ob Goethe, Kafka oder Thomas Bernhard – kaum ein Meisterwerk der Weltliteratur bleibt zurzeit davon verschont, als Comic verarbeitet zu werden. Sicher sind grafisch unterbelichtete Trittbrettfahrer dabei, die sich einfach einer großen Vorlage bedienen. Doch eigenständige, ernst zu nehmende Interpretationen interessieren jetzt sogar Literaturwissenschaftler, wie dieser Aufsatzband beweist. Diese untersuchen darin Arbeiten wie Jakob Hinrichs’ geniale Umsetzung von Schnitzlers »Traumnovelle«, den von Flix ins heutige Deutschland transportierten »Don Quijote« oder eine japanische Horror-Manga-Version von Kafkas »Verwandlung«. Kurz, ein wissenschaftlicher, aber trotzdem unterhaltsam geschriebener Band über verschiedenste Formen des grafischen Erzählens – der auch zur Lektüre guter Comics anregt. cg Florian Trabert, Mara StuhlfauthTrabert, Johannes Waßmer (Hrsg.): Graphisches Erzählen. Neue Perspektiven auf Literaturcomics. Bielefeld (transcript) 2015, 352 Seiten. 32,99 Euro. ISBN 978-3-8376-2825-8
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Bibliothek der Skizzenb端cher Vor Ort in New York oder in einem neuen Buch zu finden: Skizzenb端cher von Kitty Tang, lobsterboy, Mark Satchwill, Sabine Remy und vielen anderen
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Was wir fragen wollten Andreas Brüggmann über die Gestaltung von 3 »High Sein. Ein Aufklärungsbuch« ↗ h ttp://buerobrueggmann.de Ecstasy sei nicht gefährlicher als Reiten, heißt es im Zitat eines Drogenexperten gleich am Anfang des Buches. Wie sehen Sie das?
Andreas Brüggmann: Da diese Aussage von David Nutt auf statistischen Erhebungen beruht, bin ich nicht geneigt, dem zu widersprechen.
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Liegt es am sachlichen Umgang dieses »Aufklärungsbuchs« mit dem Thema Drogen, dass die Gestaltung so gar nicht psychedelisch ausgefallen ist?
Die Gestaltung soll vor allem zum Lesen animieren und nicht von den Inhalten ablenken. Auch Leute mit weniger ausgedehnter Aufmerksamkeitsspanne – etwa in der Entzugsklinik – können immer wieder in den Reader einsteigen. Die Infografiken sind ebenfalls sehr reduziert.
Die Struktur des Buches mit Erfahrungsberichten, Zitaten und Sachtexten ist ziemlich komplex. Da wollte ich Klarheit schaffen. Auf schwarzen Seiten stehen Infografiken, auf gelben Seiten Infos zu einzelnen Substanzen.
Gute Zeiten, schlechte Zeiten Drogen haben viele Facetten, wie dieses auch gestalterisch ungewöhliche Aufklärungsbuch zeigt
Außerdem gibt es merkwürdige Fotos.
Ja, von Fabian Hammerl, mit dem ich schon oft gearbeitet habe, und seiner ehemaligen Assistentin Kathrine Uldbaek Nielsen. Wir wollten Drogen weder verherrlichen noch verdammen. Da kanin Koksnebel mal galaxieartig durch die Nacht wabern, aber wir zeigen Drogen ebenso im Alltag. Wenn ein Peyote-Kaktus auf einem Schreibtisch steht, kann man sich schon fragen, wo hier denn die Droge sein soll. Ähnlich sieht es mit dem Bild einer von Nikotin vergilbten Kneipengardine aus. Welche Drogen haben Sie bei der Arbeit an dem Buch zu sich genommen?
Ich beschränke mich mittlerweile auf konventionelle Angebote wie Bier oder Whiskey. Für die Fotografen, die jünger sind als ich, kann ich nicht sprechen. Die umfangreichen Drogenerfahrungen der Autoren können Sie im Detail auf Seite 309 nachlesen.
Jörg Böckem, Henrik Jungaberle: High Sein. Ein Aufklärungsbuch. Hamburg (Rogner & Bernhard) 2015, 320 Seiten. 22,95 Euro. ISBN 978-3-95403-086-6
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Kurz vorgestellt Claudia Linnhoff-Popien, Michael Zaddach, Andreas Grahl (Hrsg.): Marktplätze im Umbruch: Digitale Strategien für Services im Mobilen Internet. Heidelberg (Springer Vieweg) 2015, 759 Seiten. 79,99 Euro. 978-3-662-43781-0. Zahlreiche
Experten beleuchten in dem Wälzer die digitale Kundenansprache vom Erstkontakt über den Kaufprozess bis hin zum After-Sales-Service und der Rolle des Kunden als Markenbotschafter. 4 Behind Collections. Graphic Design and Promotion for Fashion Brands. Hongkong (viction:ary) 2015, 256 Seiten. 978-988-12227-4-9. Be-
kannte Labels wie Hermès, Dries Van Noten oder Acne Studios sind hier ebenso mit Lookbooks, Kampagnen, Eventgestaltung und Erscheinungsbildern vertreten wie spannende Newcomer.
Design for Fashion
Gönül Pasinli: Spickzettel. Das 1x1 der Kommunikationsmittel: Werbung. Freiburg (Reinspicken Verlag) 2015, 160 Seiten. 24,90 Euro. 9783-00-048601-2. Wer das kleine Nachschlagewerk
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Noeeko aus Warschau inszeniert das Modeportal look addict süchtigmachend. .. Rechts: Illustration von Rosalie Kate Whittingham für ein Acne-Lookbook
mit vielen Checklisten, Tipps und anschaulichen Bildbeispielen noch nicht kennt, kann dies mit der zweiten, überarbeiteten Auflage nachholen. Andreas Freitag: Von Marken und Menschen. Arbeit, Führung und das Gute Leben. Mainz (Verlag Hermann Schmidt) 2015, 288 Seiten. 29,80 Euro. 978-3-87439-866-4. Wie wir Marken
nutzen können, um besser zu führen und uns besser führen zu lassen, erklärt hier der Ex-Geschäftsführer von Heimat Hamburg, der derzeit zwischen der Hansestadt und Palo Alto pendelt. Rudolf Greger, Peter Schreckensberger: How to manage Design. Appetitanreger für Designmanagement. Wien (designaustria) 2015, 40 Seiten. 9,90 Euro. 978-3-900364-31-1. Das sechste
Büchlein aus der praktischen »How to«-Reihe des österreichischen Designverbands. Bestellungen über service@designaustria.at. 5 Tommi Musturi: Das Handbuch der Hoffnung. Berlin (avant-verlag) 2015, 224 Seiten. 29,95 Euro. 978-3-945034-22-4. Der Finne Musturi ist der
Alltagsheld Ebenso poetisch wie skurril erzählt Tommy Musturi aus dem Leben eines älteren finnischen Paares
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Kaurismäki unter den Comic-Zeichnern – nur wesentlich farbenfroher. O’Reilly Verlag macht in Köln dicht. O’Reilly schließt nach 21 Jahren und 800 in der Tech-Community äußerst beliebten Büchern sein deutsches Büro. Der zur Heise-Gruppe gehörende Heidelberger dpunkt.verlag übernimmt ab 1. Juli das deutschsprachige Programm und entwickelt es unter der Marke O’Reilly weiter. cg Publikationen. Weitere Buchempfehlungen für Kreative in Design und Development lesen Sie auf www.page-online.de/buecher
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Über Swipe
Das Seminar »Mobile«
● Das in Hamburg ansässige, international tätige Digitalstudio Swipe ist eines der renommiertesten Deutschlands. Es entwickelt Markenerlebnisse für mobile Devices und erforscht dabei innovative Wege, die sich Marken durch die direkte Nähe zu ihren Zielgruppen bieten. Bevor Jürgen Alker 2010 mit Sven Schmiede Swipe gründete, baute er seine Markenexpertise auf Agentur- und Unternehmenseite auf. In unserem Seminar erleben Sie ihn zusammen mit Head of Design Alexander Meinhardt, der sich seit mehr als zehn Jahren mit digitalen Themen beschäftigt.
● Mobile wird erwachsen: Vor acht Jahren läutete das iPhone das mobile Zeitalter ein und krempelte auch das Kreativbusiness um. Wo stehen wir heute? Was war Hype und was wird bleiben? Wohin geht die Reise? Was bedeutet das für Marken, Marketingverantwortliche und Designer? Was müssen Print- und Webdesigner wissen, was neu lernen?
Die Agenda A
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Mobile wird erwachsen Was lehren uns die letzten 8 Jahre? Was kommt nach dem Hype? »Lean Management à la Alker« – so arbeitet Swipe Wie ist Swipe strukturiert? Wie hat das Studio sich für die Zukunft gewappnet? Learnings aus 5 Jahren Swipe Was hat Swipe richtig gemacht? Und vor allem: was falsch? Der Swipe-Workflow – vom Briefing bis zum fertigen Produkt • Strategie: Analyse der Aufgabe • Prozesse: Wer macht was wann • Kreation: Anspruch, Methodik, Leidenschaft • Workflow: Innovation, Informationsarchitektur, Design, UX SwipeUp – das Swipe-System Wie geht man heute mit Inhalten um und veröffentlicht sie effizient auf einer Vielzahl von Plattformen und Bildschirmgrößen Die unverzichtbaren Tools Welche Tools nutzt Swipe für Wireframes, im Design und zum Prototyping?
Profitieren auch Sie von fünf Jahren Swipe, einem der avanciertesten Digitalstudios Deutschlands, das mit Arbeiten für Harrods und »The Red Bulletin« Meilensteine des dynamischen Layouts setzte. Seine Stärke? Swipe bietet alles aus einer Hand: Konzepter, Designer, Programmierer und Vermarkter arbeiten übergreifend an einem Tisch. Das macht sie schnell, anders und besser. Swipe-Chef Jürgen Alker und Head of Design Alexander Meinhardt gewähren im PAGE Seminar »Mobile – Konzepte, Methoden, Workflows« offenherzig Einblick in ihren Arbeitsalltag, in ihre größten Tops & Flops und die Learnings daraus: für Harrods, »The Red Bulletin«, »brand eins«, den »Spiegel« oder BMW. Sie lassen Sie teilhaben an ihren Erfahrungen und zeigen die bewährten Workflows ihres interdisziplinären Teams auf: von der Analyse bis zur Umsetzung. Sie verraten, wie sie die wahren Wünsche des Kunden analysieren, ihre oftmals (noch) unkonventionellen Ideen verkauft und abgenommen bekommen. Sie schildern, wie sie transparent machen, was gar nicht zu sehen ist, wie sie sich trotz – oder besser: für steigende Anforderungen schlank und flexibel halten, und welche Tools sie tagtäglich nutzen und empfehlen. An wen wendet sich der Workshop? An Print- und Webdesigner, Programmierer, Konzepter in Agentur und Unternehmen, kurzum an Auftraggeber und Auftragnehmer digitaler Markenerlebnisse, die Menschen immer und überall erreichen: auf ihren mobilen Endgeräten.
25. September
Das eintägige Seminar mit Swipe findet statt am im Coworking Space places, im Hamburger Kontorhausviertel, nur einen Katzensprung vom Hauptbahnhof entfernt. Es beginnt um 9 Uhr und geht bis 17:30 Uhr. Die Teilnahmegebühr von 748 Euro (zzgl. gesetzl. MwSt.) umfasst Tagungskosten, Lunch und Kaffeepausen. Die Teilnehmerzahl ist auf 18 Personen limitiert. Also schnell anmelden unter www.page-online.de/seminar . PAGE // Ebner Verlag GmbH & Co KG // info@page-online.de // Telefon: +49 40 85183400 // www.page-online.de/seminar Aufgrund der auf 18 Personen pro Veranstaltung begrenzten Teilnehmerzahl werden die Anmeldungen in der Reihenfolge der Eingänge der Zahlungen berücksichtigt. Die Teilnahmegebühr fällt mit der Anmeldung an. Sie ist sofort nach Erhalt der Rechnung zuzüglich gesetzlicher Mehrwertsteuer ohne Abzug zu überweisen. Bitte beachten Sie unsere Widerrufsbelehrung auf der Leserservice-Seite (siehe Inhaltsverzeichnis).
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PROJEKTE Siebdruck des »World Press Photo«Jahrbuchs 2015: Die Kamera dient der Positionierung, damit der Umblättersensor des Bildbands an der richtigen Stelle eingedruckt wird. Sichtbar sind hier auch die schwarzen Strichmarkierungen für den Beschnitt und die Bindungsnaht
xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx PROJEKT Soundbook »World Press Photo Speaking Images 2015« KUNDE World Press Photo Foundation, Amsterdam ↗ www.worldpressphoto.org AGENTUR & HOCHSCHULE Serviceplan, München ↗ www.serviceplan.com/de, Institut für Printund Medientechnik, Technische Universität Chemnitz ↗ www.tu-chemnitz.de/mb/PrintMedienTech TECHNIK C++, Atmel Studio ZEITRAUM Ende 2012 bis 18. April 2015
Gedruckte
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Das aktuelle »World Press Photo«-Jahrbuch, das Serviceplan München gemeinsam mit der TU Chemnitz realisierte, enthält sprechende Buchseiten. Wir berichten über das beeindruckende Zusammenwirken von klassischer Buchbindetechnik und experimenteller Hochtechnologie
Lautsprecher
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● Zum ersten Mal hatte Cosimo Möller 2012 davon gelesen. Möller arbeitet als Geschäftsführer Kreation bei Serviceplan Campaign in München. In einem Technikblog fand er die Meldung, nach der die Technische Universität Chemnitz an einem Verfahren forschte, Lautsprecher druckbar zu machen. »Die Idee, Bildern sprichwörtlich eine Stimme zu verleihen, faszinierte mich«, erinnert sich Möller. Sofort kontaktierte er Professor Arved Hübler, Direktor des Instituts für Print- und Medientechnik in Chemnitz. Der hatte bereits seit rund acht Jahren an vollflächig druckbaren Lautsprechern geforscht und nun erste Prototypen erstellt. Eines dieser sprechenden Blätter präsentierte die Universität 2012 auf der drupa in Düsseldorf. Immerhin die weltgrößte Printmedienmesse – aber eben nur ein Blatt . . . Cosimo Möller war derart hingerissen von der Technik, dass ihm gleich ein äußerst ehrgeiziges Projekt vorschwebte: das Jahrbuch der World Press Photo Foundation als erster vollständiger, rund 100 Seiten umfassender Bildband mit gedruckten Lautsprechern! Seit 1955 prämiert die gemeinnützige, international renommierte Organisation herausragende Arbeiten von Pressefotografen. Serviceplan war für die Stiftung bereits in anderen Zusammenhängen tätig geworden, das Vertrauen war groß und Lars Boering, Managing Director bei World Press Photo, war für das ambitionierte Projekt und diese umwerfende Technologie schnell zu gewinnen. Die Ausgabe »World Press Photo Speaking Images 2015« wurde am 24. April im Rahmen der Festveranstaltung des Wettbewerbs in Amsterdam erstmals vorgestellt.
Präsentation der Preisträger »Die Technik hinter dem Soundbook ist wirklich verblüffend«, sagt Cosimo Möller, der das Projekt von Anfang an steuerte. »Man öffnet den Bildband, und
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»Bei solch einem außergewöhnlichen Projekt dürfen das Design und die dahinterliegende Technik keinesfalls mit den unglaublich starken Bildern konkurrieren« Cosimo Möller, Geschäftsführer Kreation von Serviceplan Campaign in München ↗ www.serviceplan. com/de
plötzlich vibriert die Seite, gibt Sound von sich und erzählt von den Hintergründen des Bildes. Durch die Stimmen und authentischen Sounds werden die Fotografien noch lebendiger.« Die Dramaturgie und die grafische Gestaltung des Bildbands waren Teil des von Serviceplan erarbeiteten Buchkonzepts. Nach einer Einleitungsseite mit dem Namen des jeweiligen Preisträgers folgt eine weitere Seite mit biografischen Angaben. Die nächste Doppelseite ist dem prämierten Bild gewidmet, das mit einem gedruckten Lautsprecher hinterlegt ist. Manche Preisträger wählten nur das Gewinnerbild, um es für sich allein sprechen zu lassen, andere lieferten zusätzliche Fotos, um die Entstehungsgeschichte auch bildlich zu dokumentieren. Sie füllen eine weitere Doppelseite. Der Bildband enthält also Seiten mit Lautsprechern und Seiten, die zwar verkabelt sind, um zu orten, auf welcher Seite sich der Betrachter befindet, aber keinen Lautsprecher beherbergen. Beim Weiterblättern läuft die Sounddatei des prämierten Bilds so lange, bis der Betrachter die nächste, mit einem Lautsprecher unterlegte Seite, aufblättert. Jedes Soundfile könnte theoretisch bis zu 15 Minuten lang sein. Um die Aufmerksamkeitsschwelle des Betrachters nicht unnötig zu strapazieren, umfasst das gesamte Buch nur 25 Minuten Ton – also durchschnittlich eine Minute pro Lautsprecher, denn insgesamt sind es 25 Stück.
Subtiles Klangdesign »Neben der Gliederung und Ästhetik des Bildbands lag die Herausforderung in erster Linie in der Sprache, die wir den gedruckten Seiten verleihen wollten«, erläutert Cosimo Möller das Konzept. »Wir wünschten uns original Statements der Fotografen und Zeitzeugen sowie die original Atmo mit passenden Hintergrundgeräuschen.« Die Technik soll-
PAGE gibt’s übrigens auch in RGB.
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te nicht sichtbar sein. Im Hastings Audio Network ( www.hastings.de ), einem führenden Soundbranding-Dienstleister Deutschlands und der Schweiz, sah Serviceplan den richtigen Partner für die Soundgestaltung des Bildbands. Geschäftsführer Oscar Meixner erinnert sich: »Als wir von dem Projekt hörten, waren wir sofort begeistert, denn hier wird ein klassisches Thema noch einmal völlig neu und überraschend interpretiert.« Als im Februar dieses Jahres die Gewinner des Wettbewerbs feststanden, ging es sofort ans Werk. Den Sound-Experten war bewusst, dass sie es mit sehr ausdrucksstarken Motiven zu tun hatten. »Die Herausforderung bestand darin, die Wirkung der Fotos subtil zu unterstützen, ohne sie zu stark zu beeinflussen«, erklärt Meixner. »Der Betrachter sollte eine unaufdringliche, aber emotional ansprechende Zusatzinformation erhalten.«
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Die Technik, die die gedruckten Lautsprecher des Bildbands »World Press Photo Speaking Images 2015« mit Sound versorgt, versteckt sich im Cover. Selbst die Öffnung fürs Ladekabel hält sich dezent zurück. Sie befindet sich im hinteren Buchdeckel rechts unten
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In knapp acht Wochen entstanden Audiocollagen, bestehend aus Sprache, Originaltönen, Soundeffekten und Musik, für die der Komponist Thomas Kisser von Hastings Media Music verantwortlich zeichnet. Audio Producer Dennis Gunske traf die gelungene Sprecherauswahl und sorgte für Atmo-Aufnahmen der jeweiligen Schauplätze. Die finale Mischung und die Anpassung an das neue Klangmedium übernahm Tonmeister Maurice Krämer. Mit großer Detailverliebtheit sorgte sein Mixing dafür, dass selbst das Umblättern der Seiten Einfluss auf den Klang nimmt – je nachdem wie heftig oder sanft der Betrachter blättert.
Schwingende Seiten Acht Jahre forschte die Technische Universität Chemnitz an der innovativen Technik des Lautsprechers auf Papier. Maxi Bellmann erklärt, wie es funktioniert
Ausgeklügelte Technik Wie aber gelangt der Klang nun auf beziehungsweise ins Innere der Buchseite? Dank zweier Polymere. Per Siebdruck trugen die Doktoranden auf jede Seite eine Schicht piezoelektrischen Polymermaterials auf und verdichteten sie mit einer Laminatschicht zu einer Seite: Diese speziellen Materialien reagieren bei Druck und Bewegung miteinander und entwickeln dabei Schwingungen, die sich über die Papieroberfläche bewegen und als Ton übertragen werden. Das Entwicklungsteam aus Studenten und Doktoranden rund um Arved Hübler arbeitete über ein Jahr lang mit Hochdruck an der Verfeinerung des piezoelektrischen Polymers, bis es so dünn war, dass es auch in einer Buchseite nicht sofort auffallen würde. »Man kann die Schicht zwischen den Seiten zwar noch fühlen und bei ungünstiger Lichtbrechung auch sehen«, sagt Doktorandin Maxi Bellmann, »aber es ist nur eine Frage der Zeit, bis das Lautsprechermaterial noch feiner wird.«
Für Leitfähigkeit sorgen
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Nachdem die Offsetdruckerei die Fotos auf dünnen bedruckten Papierseiten an die TU Chemnitz geliefert hatte, druckten wir mit einer leitfähigen Silberpaste auf jene Seitenränder, die später im Bund verschwinden würden. Die Paste fungiert als Sensor, um festzustellen, welche Buchseite der Leser geöffnet hat, damit der Atmel-Controller im Innern des Buchdeckels die entsprechende Audiodatei von der Speicherkarte abruft und abspielt.
Piezoelektrischer Klangeffekt
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Dann machten wir uns an die 25 gedruckten Lautsprecher des hundert Seiten starken Bildbands. Solch ein Lautsprecher besteht aus P(VDF-TrFE). Dabei handelt es sich um ein piezoelektrisches Polymer, das wir mittels Siebdruck auf den Rücken der Buchseite auftragen. Das sieht aus wie eine Farbe. Darüber kommt ein weiteres, transparentes piezoelektrisches Polymer. Das Zusammenwirken dieser beiden Materialien lässt das Papier vibrieren. Im Grunde drucken wir auf zwei Buchseiten jeweils einen halben Lautsprecher und laminieren die beiden Hälften dann zusammen. So entsteht eine Buchseite, die wie bei einem Sandwich mit einem Lautsprecher gefüllt ist. Man sieht der Seite kaum an, dass sie eine weitere Schicht enthält, denn der Lautsprecher ist nur 60 Mikrometer dick – ungefähr so dick wie ein Haar. Die Erhebung ist kaum fühlbar, vielmehr vermutet man zuerst einfach eine schwere Papierqualität.
T-Book statt E-Book Mit dem Tonbuch – die Chemnitzer Forscher nennen es liebevoll »T-Book« – ist eine ganz neue Spezies des gedruckten Buchs geboren. Für den klassischen Bildband war das E-Book ohnehin nie besonders attraktiv. Eigentlich reicht das Tablet für die Präsentation von Bildmaterial aus, doch übt das Durchblättern eines gebundenen Buchs noch immer einen großen Reiz aus – selbst ohne Sound. Nun hat Arved Hübler den klassischen Bildband um eine digitale Hörfunktion erweitert. Seine Vision eines Tonbuchs wurde mit »World Press Photo Speaking Images 2015« Wirklichkeit. »Das Buch ist ein Meilenstein in der Entwicklung gedruckter Information und vergleichbar mit dem Schritt vom Stummfilm zum Tonfilm«, sagt Arved Hübler begeistert. Noch sind erst sechs Exemplare des sprechenden Bildbands im Umlauf, doch die Zukunft ist vielversprechend. Maxi Bellmann ist überzeugt: »Die Drucktechnik wurde inzwischen patentiert und wird in den nächsten fünf Jahren sicher ihren Einzug in die Massenproduktion finden.« Zurzeit forscht das Team daran, künftig auch die gesamte Hardware, die heute noch aus Kabelbändern und diversen Platinen besteht, zu drucken.« ae
Komponenten verbinden Das Promotion-Video zu »World Press Photo Speaking Images« gibt’s zu sehen unter www.page-online.de/ gedrucktelaut sprecher_0715
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Jede Seite verknüpfen wir mittels Crimpen. Diese 75 kurzen, rund einen Millimeter dünnen Metallstifte fungieren als Öffnungssensoren, sie berühren auf der einen Seite die Silberschicht, wo sie durch die Bindung zwischen den Seiten eingeklemmt werden. An der anderen Seite sind die Crimpen mit einem Stecker für das Flachband-
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kabel verbunden. Dieses leitet die Signale zur konventionellen Elektronik. Hier mussten wir genügend Abstand halten, um keine Kurzschlüsse zu verursachen, und dabei so wenig Kabelsalat wie möglich herausquellen lassen. Serviceplan wollte die Technik gern unsichtbar halten, um die Buchästhetik nicht zu stören. Deswegen geht das Buch auch automatisch an, wenn man es aufklappt, und beim Zuklappen wieder aus.
Auditiver Umblättereffekt
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Blättert man um, signalisieren die Sensoren, welche Seite geöffnet ist. Der Mikrocontroller wählt das entsprechende Audiofile und gibt die Signale via Verstärker an den gedruckten Lautsprecher weiter. Das Blatt Papier beginnt zu vibrieren und strahlt akustische Schwingungen ab. Je nach Biegung des Blatts verändert sich die Abstrahlrichtung des Papierlautsprechers, sodass sich beim Umblättern eines derart tönenden Blattes faszinierende Effekte ergeben. Maxi Bellmann (ae)
Maxi Bellmann, Doktorandin am Institut für Print- und Medientechnik der TU Chemnitz, und das ganze Team atmeten hörbar auf, als das Buch die ersten Worte sprach ↗ www.tu-chemnitz.de/mb/IPM
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1 Die leitfähige Silberpaste nutzen die Forscher der TU Chemnitz als Sensor, der spürt, wenn der Leser die damit beschichtete Buchseite aufschlägt. Doktorandin Maxi Bellmann misst die Leitfähigkeit der Silberpaste 2 Das »Ton-Gel«, also das transparente, piezoelektrische Polymer, druckte das Produktionsteam per Siebdruck auf die Rückseiten der später zusammenlaminierten Buchseiten 3 Die 75 kurzen, rund einen Millimeter dünnen Metallstifte, (Crimpen), dienen als Öffnungssensoren und melden dem Mikrocontroller, welche Seite der Betrachter geöffnet hat 4 Der wissenschaftliche Mitarbeiter Akhil Moorthi misst nochmals den Verstärker für die 25 gedruckten Lautsprecher. Maximale Lautstärke: 80 Dezibel, also ungefähr so laut wie das Klingeln eines Telefons
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PAGE 07.15 › PROJEKTE › Pattern Types
Je größer, desto besser: Eike Dinglers Muster gibt es in neun Varianten und drei Auflösungen. Insgesamt hat die Schriftfamilie 37 Schnitte (ein einzelner Schnitt kostet circa 24 Euro). Damit die Muster nicht verschwimmen, sollten die Lettern schon ein paar Zentimeter groß sein
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xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx PROJEKT Neun Pattern-Schriften in Light, Regular und Bold sowie den Auflösungen Fine, Medium und Coarse plus Basisversion Blank und iOS-App Pattern Type DESIGNER & PROGRAMMIERER Eike Dingler, Berlin ↗ www.eikedingler.de und ↗ www.mauvetype.com Florian Gmeiner von TinkaTinka, Berlin ↗ www.tinkatinka.com TECHNIK Schrift: RoboFont, Python, RoboFab; App: Python, RoboFab, Objective-C, PHP, MySQL, Shapely ZEITRAUM Anfang 2007 bis Anfang 2015
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PAGE 07.15 › PROJEKTE › Pattern Types
Geometrische Formen und Muster ersinnen und dann via Skript Schriften erzeugen lassen – ganz so einfach war der Plan von Eike Dingler dann doch nicht in die Tat umzusetzen
● Der Plan war gut: eine Datenbank mit Formen generieren, sich Muster ausdenken, das Ganze in ein Programm übernehmen, auf »Run« drücken – und zack würde dieses eine halbe Stunde später 30 fertige Schriften ausspucken. Ganz so einfach funktionierte es dann aber leider doch nicht, und so dauerte es mehr als 7 Jahre, bis Eike Dingler seine Patternfamilie mit insgesamt 37 Fonts fertiggestellt hatte. Lust aufs Programmieren bekam er im Masterkurs Type and Media an der Königlichen Akademie der Bildenden Künste in Den Haag (http://new.typeme dia.org), den er von 2006 bis 2007, nach seinem Kommunikationsdesignstudium in Düsseldorf, belegte. »Die Einführung in Python war für mich total erhellend, sie brachte ein ganz anderes gestalterisches Denken mit sich«, erinnert sich der heute 38-jährige Designer an die Zeit, aus der auch die Idee stammt und in der er erste Versuche mit Streifenschriften machte. Dazu kam noch eine Inspiration aus einer ganz anderen Ecke: Der Type-and-Media-Kurs besuchte viele Schriftmuseen, um sich die Strukturen alter Texte anzuschauen. Eike Dingler blieb immerzu an den de-
taillierten mittelalterlichen Initialen hängen, die ihn faszinierten. Wie könnten diese heute aussehen? Bevor er eine Antwort darauf gefunden hatte, erwischte ihn der Start ins Berufsleben und das Projekt verschwand ein paar Jahre in der Schublade. Um es fortführen zu können, verordnete er sich Auszeiten bei Freunden, in denen er die Pattern-Fonts vorantrieb: eine Woche in Wien, ein paar Tage in Amsterdam, ein Monat an der Ostsee.
Die Buchstaben sind die Muster Zunächst galt es, die Datenbank anzulegen, in der ein S beispielsweise aus zwei Kreissegmenten besteht. »Ich definierte einen Mittelpunkt, einen Anfangsund Endwinkel sowie einen Radius. Dadurch konnte ich auf jeden Punkt in dieser Form präzise zugreifen«, erklärt Eike Dingler. Das machte er für alle Großbuchstaben, Zahlen sowie Sonderzeichen in Light und Bold. Die Regular interpolierte er aus der Light- und Bold-Version. Da er die Formen nicht als Bézierkurven angelegt hatte, konnte er entlang des Strichs gestalten, anstatt nur die Kontur zu füllen. »Es gibt ja auch ›normale‹ Musterfonts. Da ist das Muster dann aber quasi ein Bild, das unter die Schrift gelegt wird. Es hat nichts mit der Zeichenform zu tun. Bei mir dagegen läuft das Muster entlang des Strichs, der Buchstabe besteht daraus.« Im nächsten Schritt programmierte Eike Dingler in Python ein Skript, das sich jede Einzelform vornimmt und berechnet, wie viele Elemente eines Musters sich darin platzieren lassen. »Ich gebe die Breite und Länge zum Beispiel für die Karos an, und das Skript schaut dann, wie viele davon in den Buchstaben passen. Anschließend berechnet es die Koordinaten, setzt in RoboFont die Punkte und zeichnet die Pattern«, beschreibt er die Vorgehensweise. Hierbei machte Dingler die Erfahrung, dass man in Mustern auch verloren gehen kann. »Ich habe sehr viel experimentiert – um irgendwann festzustellen, dass es sinnvoll ist, auf simple Patterns zurückzugehen.« Neun sind es nun geworden, drei davon basieren auf Rechtecken, drei auf Dreiecken und drei auf Rhomben. Dass die Fonts nur Versalien enthalten sollten, stand für ihn von vorneherein fest, in Kleinbuchstaben wäre es den Mustern einfach zu eng geworden. Gut ausgebaut sind die neun Schriften trotzdem, mit den enthaltenen Akzenten und Währungszeichen kann man alle europäischen Sprachen setzen. Klar ist auch, dass sie nur für Displayanwendungen taugen: »Ein paar Zentimeter sollten die Buchstaben schon groß sein, sonst fangen die Muster an zu verschwimmen. Man kann sagen: je größer, desto besser.«
Rhomben verhalten sich nun mal nicht so wie Rechtecke
Verschiedene Variable im Programm sorgen dafür, dass sich Details – hier die Anschlüsse beim P – passend zum Muster unterschiedlich steuern lassen
Die Schwierigkeiten bei diesem Projekt lagen, wie fast immer, im Detail. »Zum einen hatte ich gedacht, das Ganze wäre präziser – das Skript würde die Koordinaten berechnen und dann säße alles total sauber aneinander. Ganz schön naiv von mir«, schmunzelt
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Die Anzahl der Karos in einem Buchstaben verändert das Schriftbild enorm. Oben Pattern 3 in Coarse Bold, unten in Fine Bold
Eike Dingler. Denn die Fontsoftware kennt nur glatte Zahlen, 160,5 gibt es nicht. »Und dann passieren Rundungsfehler. Mit so was habe ich ziemlich lange gekämpft.« Gekämpft hat er auch mit der Komplexität: »Jede kleinste Veränderung an der Buchstabenform hatte Auswirkungen auf alle anderen Muster«, stöhnt er. »Ich musste das sehr generisch und immer alles auf einmal denken. Und Rhomben verhalten sich nun mal nicht genauso wie Rechtecke.« Für Sonderfälle programmierte Eike Dingler Variable, um Ausnahmen definieren oder einzelne Elemente anders setzen zu können. Zum Beispiel den Mittelbalken des E. »Beim Zeichnen einer Schrift setzt man diesen üblicherweise etwas höher als mittig an, um das E optisch auszugleichen. Macht man das aber bei einem Karomuster, entsteht gleich ein leichter Versatz.« Die Variable entscheidet jetzt je nach Muster, ob der Mittelbalken verschoben werden soll oder nicht. Eine andere Variable regelt den Overshoot, also das Maß, das ein Buchstabe über die Grundlinie oder Versalhöhe hinausragt. In Pattern 6 beispielsweise ist die Kontur sehr offen, da braucht das O etwas mehr Overshoot, damit es nicht viel kleiner aussieht. Eine ganze Menge typografischer Feintüftelei also. Neben den drei Fetten gibt es auch verschiedene Auflösungen. »Die Größe des Musters ist entscheidend für die Wirkung. Deshalb habe ich unterschiedliche pattern resolutions eingeführt«, erklärt Eike Dingler. Zunächst wollte er für sämtliche Varianten dieselben gestalten, musste jedoch dann erkennen, dass das nicht immer funktioniert. »Stattdessen habe ich geschaut, was das Muster will, bei manchen bo-
ten sich drei, bei anderen nur zwei Auflösungen an. Obwohl die Schriften alle die gleiche Outline haben, sehen sie doch ganz schön unterschiedlich aus.«
Eine App für eigene Pattern-Fonts
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»Die Einführung in Python war für mich total erhellend, sie brachte ein ganz anderes gestalterisches Denken mit sich« Eike Dingler, Gründer von Mauve Type, Berlin
Ende 2014 hatte Eike Dingler neun Musterschriften, mit denen er zufrieden war. Um sie zu veröffentlichen, gründete er eine eigene Foundry: Mauve Type. Damit nicht genug, er entwickelte zusammen mit Florian Gmeiner, Programmierer beim Multimediakollektiv TinkaTinka in Berlin, die iOS-App Pattern Type, mit der Anwender ihre eigenen Muster-Fonts gestalten können (siehe Seite 72). »Die Entwicklung meiner Schrift hatte ja mit Zeichnen nicht viel zu tun, die Arbeit bestand aus Koordinatenschreiben und Codetippen«, so Dingler. »Deshalb gefiel mir der Gedanke, bei der App das Zeichnen in den Vordergrund zu stellen.« Wer sich die kostenlose Anwendung herunterlädt, kann in einem Raster eigene Muster erzeugen. Daraus generiert die App dann einen OpenType-Font und zeigt ihn als Vorschau an. Erst wenn man diesen downloaden will, muss man bezahlen: Rund 8 Dollar für privaten, circa 30 Dollar für kommerziellen Gebrauch. Eike Dingler kann sich gut vorstellen, weitere Display-Fonts in seine Foundry aufzunehmen – eigene oder auch von anderen Gestaltern. »Schriften, die wirklich nur für Displayanwendungen gemacht sind und die einen eigensinnigen, eigenen Ausdruck haben, gibt es gar nicht so viele. Da hätte ich Lust, noch etwas beizusteuern.« Zunächst aber ist er gespannt, was die Leute mit seinen Pattern-Fonts so alles anstellen. ant
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PAGE 07.15 › PROJEKTE › Pattern Types
In der iOS-App Pattern Type kann man eigene Muster gestalten und daraus einen OpenTypeFont generieren
Smartes Zusammenspiel Florian Gmeiner erklärt, mit welchen Komponenten das Backend der Pattern-Type-App für einen sicheren, schnellen Datenaustausch sorgt ● Damit die Anwender der Pattern-Type-App ihre Entwürfe speichern und einmal gekaufte Schriften erneut herunterladen können, nutzen wir eine Datenbank auf unserem Server. Dort werden auch die Vorschaubilder und die fertigen Pattern-Fonts erzeugt. Dabei haben wir uns für ein heterogenes System mit verschiedenen Komponenten entschieden, um für die einzelnen Arbeitsschritte immer die Tools zu nutzen, die der Aufgabe am besten angepasst sind. Auf diese Weise können wir die Schriften möglichst schnell für die User bereitstellen.
Sicherheit first
Ein ausgeklügeltes System aus verschiedenen Komponenten sorgt für das schnelle Bereitstellen der Daten
Die Interaktion zwischen App und REST Server findet über eine sichere http-Verbindung (https) statt. Um zusätzliche Sicherheit für die Userdaten zu gewährleisten, lassen wir die Nachrichten zusätzlich mit einem RSA-Algorithmus verschlüsseln. Eine Nachricht selbst ist ein JSON-Datensatz, der einen Befehlscode und die zu dem jeweiligen Befehl gehörenden Parameter enthält. Der Server antwortet in der gleichen Form mit einem Exit Code (der eventuell aufgetretene Fehler anzeigt) und dem Ergebnis des Befehls (beziehungsweise einer Fehlerbeschreibung).
REST Server (PHP)
Cache
Progress Updates (Node.js) Font Engine (Python) Font Libs (C)
Database (SQL)
——————https data —————— ——————BASE64 encoding —————— ——————RSA encryption —————— client: { command: [0-9]*, arguments: { … } } server: { exitcode: [0-9]*, result: { … } }
Anfragen zu gespeicherten Mustern und Vorschaubildern werden synchron beantwortet, für die Erzeugung der Fonts kommt ein asynchrones System zum Einsatz, da dies je nach Komplexität des Musters einige Minuten dauern kann. Das System besteht aus einem PHP-Skript, das die Anfragen der Clients entgegennimmt. Nutzerdaten und Muster werden in einer SQL-Datenbank abgelegt, auf die das Skript direkt zugreift. Ein eindeutiger Hashcode, der in der iCloud gespeichert wird, identifiziert den jeweiligen User, sodass dieser die App auf mehreren Geräten nutzen kann.
Cache oder Python-Skript Um die unnötige Mehrfacherzeugung von Vorschaubildern und Schriften zu vermeiden, legt die Anwendung alle zugehörigen Daten in einem Cache ab, den das PHP-Skript immer zuerst konsultiert. Zur Wartung dieses Zwischenspeichers, etwa zum Entfernen alter Einträge, dienen in periodischen Abständen ablaufende Unix-Shell-Skripts. Sind die von der App angefragten Daten im Cache vorhanden, liefert das PHP-Skript diese direkt zurück. Falls nicht, ruft das PHP- ein Python-Skript auf, um Vorschaubilder und Fonts zu erzeugen. Dieses greift dabei sowohl auf externe Tools wie RoboFab zurück als auch von Eike Dingler entwickelte Skripts. Zusätzlich werden C-Bibliotheken zur Erzeugung der OpenType-Fonts eingebunden. Werden nicht ausschließlich einzelne Buchstaben als Vorschaubild generiert, sondern eine Schrift, tritt eine auf Node.js aufbauende Komponente in Aktion, die die einzelnen Steps an die App kommuniziert, sodass diese den Fortschritt in Echtzeit anzeigen kann.
Florian Gmeiner, Developer bei TinkaTinka, freut sich immer besonders, wenn die komplexen Hintergrundprozesse in seinen Apps reibungslos funktionieren und die User nicht von kryptischen Fehlermeldungen überrascht werden. ↗ www.tinkatinka.com
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PAGE 07.15 › PROJEKTE › Gridbasiertes Webdesign
Auf der Startseite präsentiert die von Basics09 gestaltete ZwölfWebsite den grafischen Output des Berliner Designstudios. Reine Typo-Teaser verlinken auf Projekte im Bereich Produktion
xxxxxxxxxxxxxxxx PROJEKT Gridbasiertes Designportfolio für Zwölf, Berlin ↗ www.zwoelf.net/ portfolio AGENTUR Basics09, Berlin ↗ http:// basics09.de TECHNIK WordPress, Isotope ZEITRAUM Dezember 2012 bis Februar 2013
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Grid, Grid, Hurra! Basics09 entwickelte eine Portfolioseite für Zwölf. Eine Geschichte über gridbasierte Gestaltung und zwei befreundete Berliner Gestaltungsbüros
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● »Wir brauchen eine neue Website« – das Briefing für dieses Projekt gestaltete sich kompakt und informell, denn man kennt sich seit dem Designstudium an der Berliner UdK. 2001 gründeten Stefan Guzy und Björn Wiede das Designstudio Zwölf, 2004 riefen Korbinian Kainz, Arne Fehmel und Rasso Hilber das Grafikdesignstudio Basics09 ins Leben. Seit 2005 teilt man sich Küche und Werkstatt am Paul-Lincke-Ufer. Dort am Küchentisch gab Zwölf den früheren Kommilitonen den Auftrag: eine Portfolioseite für Desktop, Tablet und Smartphone.
Schick präsentieren mit Grids Der grafische Output sollte natürlich im Zentrum stehen. »Uns war gleich klar, dass wir den Zwölf-Werken viel Raum geben würden«, erklärt Korbinian Kainz. Alles andere sollte sich dezent zurückhalten. »Das Design sollte eine gewisse Selbstverständlichkeit ausstrahlen.« Basics09 entschied sich für eine Typo-Navigation, ganz reduziert und ohne klassische ButtonAnmutung, mit den zentralen Tätigkeitsfeldern von
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»Wir nutzen den ersten Befüllungsprozess als Betatest, um festzustellen, ob mit 30 Projekten funktioniert, was wir mit 10 getestet haben« Rasso Hilber, Basics09, Berlin ↗ http://basics09.de
Zwölf – Gestaltung und Produktion – in schlichter, klickbarer Helvetica Neue, die in schmalen Bildschirmformaten elegant umbricht. Wie aber die Arbeiten präsentieren? Mit steigender Populariät des Bildernetzwerks Pinterest haben sich bekanntlich Rastermuster weithin etabliert. Besonders in Zeiten responsiven Webdesigns erfreut sich gridbasiertes Gestalten großer Beliebtheit. Kein Wunder, denn Inhalte in Rechtecken lassen sich gut verschieben und einpassen. Und so erhält man nun auch auf der fertigen Zwölf-Seite schnell einen guten, gerasterten Überblick über das Œuvre von Zwölf. Damit sich die Bildgruppen allerdings elegant allen Browser- und Screengrößen anpassen, braucht es Algorithmen, die man nicht mal eben aus dem Ärmel schüttelt. Hier leisten spezielle Frameworks Hilfe, weil sie die Webseiten-Grids dynamisch berechnen (siehe PAGE 04.15, Seite 46 ff.). Basics09 wählte dafür das jQuery-Plug-in Isotope (http://isotope.meta fizzy.co) des New Yorker Developers David DeSandro, das dank seiner elaborierten Filterfunktion Elemente
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→ Die Präsentationsstrecke zeigt nach einem Klick nicht nur das fertige Produkt, sondern gibt auch Einblicke in den Entstehungsprozess und präsentiert Werkstattimpressionen
anhand ihres Klassennamens sortiert (siehe Seite 79). »Zusätzlich schrieben wir ein kleines AJAX-Skript fürs Infinite Scrolling. Es lädt die Inhalte der gewählten Kategorie automatisch nach«, so Rasso Hilber.
Reine Typo-Teaser gehen auch Grafikdesign und Produktion gehören zum Tätigkeitsfeld von Zwölf, doch sollte auf dem Homescreen der Designaspekt im Fokus stehen und sich nicht mit Produktionsprojekten vermischen. Damit Letztere dennoch in der Übersicht der Startseite auftauchen, führen Typo-Teaser nach einem Klick zu visuellen Inhalten. Sie gefielen Stefan Guzy und Björn Wiede so gut, dass sie sich wünschten, dort auch Slogans und Statements ohne Verlinkung platzieren zu können. Neben fertigen Arbeiten sollte die Website vor allem Einblicke in die Design- und Produktionsprozesse von Zwölf gewähren. Großformatige Detailansichten zeigen neben kurzen Erklärtexten immer auch den Blick in die Werkstatt. »Um die Projekte zu verstehen – ohne viel Blabla«, sagt Korbinian Kainz. Über den Navigationspunkt »In Aktion« öffnet sich zudem eine Übersichtsseite, die die Werkstattbilder in aller Fülle und Vielfalt versammelt – und dahinter wieder die Posts des Menüpunkts »Gestaltung« zeigt.
Wie in einer Ausstellung Alle Detailinhalte kann man auch horizontal scrollen. »So als ginge man an Exponaten vorüber«, freut sich Rasso Hilber. »Im Laufe des Prozesses auftretende Fragen konnten aufgrund der inhaltlichen und räumlichen Nähe zu den Jungs von Zwölf besonders unkompliziert gelöst werden. Aber wir bevorzugen auch generell Content gestalterischer Natur.« Unabhängig vom Auftraggeber hat das Basics09Gespann seine Arbeitsweise entwickelt: »Der Content ist das Wichtigste, daher arbeiten wir immer relativ früh, meist nach dem ersten Gespräch, mit konkreten Inhalten, die der Kunde uns liefert. Erst dann machen wir uns an die Gestaltung«, so Arne Fehmel. »Damit übergeben wir ihm einen großen Teil der Ver-
antwortung. In der Regel merkt er schnell, dass es an ihm liegt, wann das Projekt fertig wird.« So musste auch Zwölf frühzeitig zehn Projekte vorbereiten. Für diesen Schritt nutzt Basics09 stets ein einfaches Ordnersystem, in dem die Kunden Bilder und Texte ablegen. Mit diesen Inhalten geht es in den Gestaltungsprozess, der bei Basics09 stets im Browser stattfindet. Diesmal auf Basis von WordPress, das die Basics09-Entwickler zunächst als rohes Template ohne Styles und JavaScript aufsetzten.
Das soll WordPress sein? »Man muss sich nicht ewig mit Wireframes und Skizzen aufhalten«, findet Rasso Hilber. Im Grunde leiste ein browserbasierter Dummy das Gleiche wie Photoshop-Designs, nur dass man sich die zig Entwürfe für verschiedene Devices spart – und damit eine Menge Stress. Zudem macht ein Browser-Dummy interaktive Aspekte leichter verständlich. Und Korbinian Kainz sinniert: »Generell hat man doch nach dem ersten Gespräch ein Gefühl: ›Das wird was‹ oder ›Das wird nix‹. Und mit einem guten Gefühl ist man auch motiviert, bis zur ersten Präsentation relativ weit zu gehen.« Rasso Hilber ergänzt: »Man kommt schneller voran und macht beide Seiten schneller glücklich.« Das funktioniere aber nur bei direktem Kundenkontakt, räumt er doch ein, weitere Entscheider machen es komplizierter, dann nutze Basics09 Klickdummys. »Die Eingabemaske fürs Backend halten wir sehr reduziert und intuitiv, damit der Kunde schnell selbst übernehmen kann. Letztlich«, so Hilber, »nutzen wir die erste Befüllung als Betatest, um festzustellen, ob auch mit 30 Projekten funktioniert, was wir mit zehn Projekten getestet haben.« Isotope hat Basics09 in der Zwischenzeit in vielen Projekten angewendet, aber selten so prototypisch wie in diesem. Begeistert sind sie immer noch. as PAGE eDossier »Modulare Gestaltung«. Lesen Sie mehr zum angesagten Designprinzip unter ↗ www.page-online.de/PDDP1051
Neben grafischen Arbeiten verdingt sich Zwölf auch in Projekten aus dem Bereich Produktion, die auf der Startseite lediglich durch Typo-Teaser repräsentiert werden. Erst nach einem Klick geben sie Bildinformationen preis
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PAGE 07.15 › PROJEKTE › Gridbasiertes Webdesign
Bauen gerne gestalterisch anspruchsvolle Webseiten: die Jungs von Basics09
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Plug Plug Hooray! Dank Layout-Plug-ins wie Isotope ist es sehr einfach, ein Grid-Layout in das eigene Content-Management-System zu integrieren. Dennoch gibt es einige Tricks und Kniffe zu beachten. Rasso Hilber zeigt, wie Basics09 Isotope für die Zwölf-Website anpasste Spaltenbreite festlegen
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David DeSandros jQuery-Plugin Isotope setzt automatisch die Breite des an erster Stelle verwendeten Bilds als Standard für alle folgenden. Arbeitet man wie hier mit Fotos unterschiedlicher Spaltenbreite, entstehen zwangsläufig Inkonsistenzen. Daher legt man die Breite bereits bei der Initialisierung des Plug-ins fest. Dafür platzieren wir als Erstes ein einspaltiges Element mit der Klasse gridsizer und einer Spaltenhöhe von 0 Pixeln sozusagen unsichtbar vor alle anderen. Die Klasse w2 markiert zweispaltige Elemente, alle anderen Elemente füllen eine Spalte. <div id=“container“>
zen und teilen dem Plug-in mit, dass die Breite des Elements grid-sizer für die Spaltenbreite verantwortlich sein soll. var $container = $(‚#container‘).isotope({ itemSelector: ‚.item‘, masonry: { columnWidth: ‚.grid-sizer‘ } });
Inhalte filtern
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Die jetzt folgende Methode ruft man auf, damit der Browser beim Scrollen weitere Elemente derselben Klasse nachlädt. In diesem Beispiel sollen nur Elemente der Klasse gestaltung angezeigt werden, dafür reicht dieser kurze Aufruf:
<div class=“grid-sizer“></div> <div class=“item gestaltung“></div>
$container.isotope({ filter: ‚gestaltung‘ });
<div class=“item w2 gestaltung“></div> <div class=“item produktion“></div> </div>
Elemente anhängen
Spaltenbreite anpassen
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In unserem Beispiel sollen alle Elemente eine Breite von 25 Prozent haben – nur Elemente mit der Klasse w2 sollen doppelt so breit sein. Diese Anweisung packten wir in eine Media Query, damit das Grid erst auf Devices ab einer Fensterbreite von 600 Pixeln initialisiert wird – ein Grid-Layout auf kleinen Devices wie Smartphones macht keinen Sinn. @media (min-width: 600px) { .item, .grid-sizer { width: 25%; } .item.w2 { width: 50%; } }
Isotope initialisieren
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Zuerst initialisieren wir Isotope. Zusätzlich möchten wir das Layoutmodul masonry nut-
Kommen neue Elemente zum Grid hinzu, zum Beispiel mittels Infinite Loading, genügt diese kurze Anweisung: $container.isotope( ‚appended‘, elements )
Rasso Hilber, Interface Designer und Mitgründer von Basics09, schwört auf Isotope, weil man es nur minimal anpassen muss. ↗ www.basics09.de
Die Zwölf-Website soll Elemente mit einfacher und doppelter Spaltenbreite ansprechend anordnen und nachladen. In der Detailansicht gibt die Bildhöhe die Größe vor und die Breite wird angepasst (Bild unten)
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PAGE 07.15 › PROJEKTE
Nachwuchs Spannende Projekte aus Hochschule, Agentur und Forschung
Licht ins Licht
Schneller Überblick oder Einstieg in die Details: Das bleibt den Besuchern von »Cosmos of Light« überlassen. Ein »Weltraumfenster« sorgt für die richtige Atmosphäre zum Thema
● FH Münster. Licht verständlich erklären und gleichzeitig die Faszination für physikalische Phänomene aufrechterhalten: Das waren Jan Höckesfelds und Stefan Große Halbbuers Ziele bei ihrer Bachelorarbeit »Cosmos of Light« im Studiengang Kommunikationsdesign (http://is.gd/muenster_design). Entstanden ist ein Ausstellungskonzept, das auf Infografiken und Illustrationen setzt. Fünf Wände widmen sich je einem Schwerpunktthema, Betrachter können sich schnell einen Überblick verschaffen oder tiefer in die Details eintauchen. Damit faktisch alles stimmt, haben sich die Gestalter von Astrophysikern beraten lassen. Als emotionales Gegenstück zu den Fakten dienen Illustrationen, die auf Fotos des Hubble-Teleskops basieren. Für Atmosphäre im Ausstellungsraum sorgte ein mit Fotofolie beklebtes Fenster. »Cosmos of Light« wurde als beste Abschlussarbeit des Fachbereichs im Wintersemester 2014/15 ausgezeichnet. Derzeit suchen die Designer nach Abnehmern wie wissenschaftlichen Museen oder Planetarien. Außerdem haben die beiden in Münster gemeinsam ein Studio ( www.hiamovi.de) bezogen. nik
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HfG Schwäbisch Gmünd. Welche Rechte habe ich? Was sind gewerbliche Schutzrechte? Was ist geschützt? Welche Kosten entstehen? Wie lange gilt der Schutz? Diese und viele weitere Fragen beantwortet das Kompendium »DesignSchutzRechte. Schutz und Information für Gestalter«, zusammengetragen und gestaltet von Angelika Ziegler und Madeleine Schmid für ihre Bachelorthesis im Studiengang Kommunikationsgestaltung (www.hfg-gmuend.de/BA_KG.html). Die schlichte und anschauliche Gestaltung, Fallbeispiele aus dem Arbeitsalltag, Illustrationen und ein Stichwortverzeichnis erleichtern den Zugang zu der schweren juristischen Kost. Derzeit verhandeln die Gestalterinnen mit einem Buchverlag. Wäre auch sehr schade, wenn das nützliche Büchlein nicht für jeden zugänglich wäre! nik
Diplomarbeiten, Abschlussprojekte & Werkschauen. Mehr zum Nachwuchs gibt‘s auf www.page-online.de/werkschauen und www.page-online.de/aus-den-hochschulen
Der medizinische Handschuh ist mit Sensoren bestückt
Wissende Hände ● Hochschule Anhalt, Dessau. Im Bachelorstudiengang Integriertes Design (http://is.gd/anhalt_ integriert) entwarfen Philipp Rösler und Thomas Kores den Prototyp eines medizinischen Wearables, das gleich mehrere Diagnoseinstrumente wie Stethoskop, Pulsmessgerät und Thermometer ersetzen soll. Mithilfe des MediGlove können Ärzte ihre Untersuchungen einfach per Handauflegen durchführen, indem Sensoren in dessen Innenfläche die benötigten Daten ermitteln. Dabei bekommt der Arzt ein akustisches Feedback, gleichzeitig werden die Daten an einen Computer übertragen und in einer digitalen Patientenakte abgelegt. Die natürliche Geste des Handauflegens, eine persönliche Interaktion also, die der MediGlove ermöglicht soll sich positiv auf das Stresslevel während der Untersuchung auswirken – insbesondere in der Pädiatrie – und auf diese Weise die Arzt-Patienten-Beziehung verbessern. Mit ihrem Projekt gewannen Philipp Rösler und Thomas Kores unter anderem beim Zukunftspreis Kommunikation 2014 (http:// is.gd/zukunftspreis) ein Start-up-Coaching – und suchen nun Kooperationspartner, um aus ihrem positiv aufgenommenem MediGlove-Konzept bald ein Produkt zu machen. as ↗ http://mediglove.de
PAGE eDossier »Designstudium«. Tipps zu Bewerbungsmappe und Eignungsprüfung finden Sie unter www.page-online.de/PDDP1021
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Das Seminar »Leitmedium Design 1«
Der Referent
● Marken machen rund 50 Prozent des Wertes eines Unternehmens aus. Sie richtig zu definieren, zu prägen und zu gestalten ist deshalb eine der wichtigsten und komplexesten Aufgaben, die ein Kunde zu vergeben hat. Designer müssen für diese Herausforderung umfassend gewappnet sein: Sie müssen auf Beratungsebene souverän Prozesse zu Positionierung, Vision und Mission moderieren können, auf konzeptioneller Ebene die richtige Markenstory entwickeln und auf gestalterischer Ebene überzeugende und einzigartige Lösungen finden, die in allen Kommunikationskanälen konsistent funktionieren. All das müssen sie am Ende auch noch so präsentieren, dass ihr Kunde die Beratungs- und Designleistungen als objektiv richtig erleben und bewerten kann und es nicht zu geschmäcklerischen Entscheidungen am Küchentisch kommt.
● Jochen Rädeker, Mitbegründer und geschäftsführender Gesellschafter von Strichpunkt, ist Professor für Corporate Identity und Corporate Design. Er war acht Jahre Vorstandsmitglied des Art Directors Club Deutschland, davon drei Jahre als Präsidiumssprecher. Er ist Mitglied im D&AD London und im Type Directors Club New York. Seine Designagentur Strichpunkt steht für hochwertige Marken-und Unternehmenskommunikation im Print-, Online- und 3D-Bereich, hat mehr als 700 internationale Preise gewonnen und ist
Jochen Rädeker erläutert im PAGE Workshop »Marken durchsetzen« sinnvolle Wege und Verfahren für eine nachvollziehbare Markenpositionierung. Er belegt anhand konkreter Praxisbeispiele – vom Start-up bis zum Weltkonzern –, wie man mit Marken berührende und begeisternde Geschichten entwickeln und visuell erzählen kann. Schließlich gibt er Tipps für erfolgreiche Pitches und Präsentationsstrategien. Wertvolles Know-how vom Designprofi für Designprofis in Agentur und Unternehmen!
17. September 2015
Das Seminar 1 findet Donnerstag, den im Hotel 25hours, Hamburg-Bahrenfeld, von 10:00 bis 18:30 Uhr statt. Die Teilnahme kostet 748 Euro (zzgl. gesetzlicher MwSt.). Die Gebühr umfasst die Tagungskosten, Lunch und Kaffeepausen. Die Teilnehmerzahl ist auf 20 Personen begrenzt! Also schnell anmelden unter www.page-online.de/seminar .
Am Folgetag findet Jochen Rädekers Anschluss-Seminar »Margen durchsetzen – Kalkulation und Honorare« statt. Sie können die Seminare einzeln buchen, sie bauen nicht direkt aufeinander auf. Wenn Sie aber beide buchen, zahlen Sie 1346 Euro (zzgl. gesetzlicher MwSt.) statt 1496 Euro und sparen 150 Euro. PAGE // Ebner Verlag GmbH & Co. KG // info@page-online.de // Telefon: +49 40 85183400 // www.page-online.de/seminar Aufgrund der auf 20 Personen pro Veranstaltung begrenzten Teilnehmerzahl werden die Anmeldungen in der Reihenfolge der Eingänge der Zahlungen berücksichtigt. Die Teilnahmegebühr fällt mit der Anmeldung an. Sie ist sofort nach Erhalt der Rechnung zuzüglich gesetzlicher Mehrwertsteuer ohne Abzug zu überweisen. Bitte beachten Sie unsere Widerrufsbelehrung auf der Leserservice-Seite (siehe Inhaltsverzeichnis).
Die Agenda: Tag 1 1 Identifizieren: Die Markenpositionierung.
Wie komme ich zu einer belastbaren Corporate Identity, zum Reason Why einer Marke? Wertedefinition, Vision, Mission und Positionierung. 2
Erzählen: Die Markenstory.
Wie erzähle ich als Designer überzeugende, einzigartige Markengeschichten? Fallbeispiele für erfolgreiche Corporate Stories. 3
Gestalten: Multichannel-Design.
Wie funktional muss, wie kreativ darf ein gutes Corporate Design sein? OnlineCD-Manuals und medienübergreifende Gestaltungskonzepte. 4
Überzeugen: Die Präsentation.
Tipps und Tricks für zielführende Pitches und Präsentationen.
Der PAGE Workshop mit Jochen Rädeker lässt genug Zeit für Fragen und Diskussionen und den Austausch der Teilnehmer untereinander.
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PRAXIS
Das Seminar »Leitmedium Design« 3.0 ist als Einoder Zweitagesseminar buchbar!
Margen durchsetzen Kalkulation und Honorare
Das Seminar »Leitmedium Design 2« seit Jahren in den Top Ten des PAGE Kreativrankings vertreten. Jochen Rädeker verfügt mit seinen Arbeiten für Unternehmen von adidas bis WMF, von Audi über Vorwerk bis zu Kulturfestivals, Schauspiel und Oper über einen immensen Erfahrungsschatz in Sachen Konzeption und Umsetzung komplexer Designstrategien – von der Imagebroschüre bis zur Werbekampagne, vom Online- bis zum Messeauftritt. Er ist Autor zahlreicher Bücher zum Thema Unternehmenskommunikation.
● In Deutschland reden alle über Geld. Aber nur ganz selten über Gehälter, Honorare und Kalkulationen. Das trifft nicht zuletzt die Designer, denn in kaum einer Branche gibt es mehr Unklarheit und Unsicherheit über adäquate Bezahlung und die notwendigen formalen Rahmenbedingungen für eine gute Beziehung zwischen Agentur oder Designer und Kunde. Denn die Positionen sind oft ungleich verteilt: hier der Kreative, der in erster Linie eine Top-Arbeit abliefern möchte, dort der Betriebswirt auf Auftraggeberseite, der in erster Linie möglichst wenig bezahlen möchte. Viele Designer wissen zu wenig darüber, was ihre Leistungen wirklich wert sind, wie sie von klein bis groß, von Print bis Online richtig kalkulieren und mit welchen Stolperstellen sie in Verhandlungen mit Auftraggebern rechnen müssen. Die Folge sind oft unrealistisch niedrige oder hohe Angebote, unklare Formulierungen, unsaubere Prozesse und am Ende vor allem eines: Ärger.
Die Agenda: Tag 2
Jochen Rädeker diskutiert mit den Teilnehmern die richtige Herangehensweise an Jobs für wenige Hundert Euro bis hin zu Rahmenverträgen über sechsund siebenstellige Beträge. Er berichtet aus seiner Erfahrung auf dem Weg als selbstständiger Einzelkämpfer bis in die Geschäftsführung eines der größten deutschen Designbüros, geht auf Chancen und Risiken, Fristen und Nutzungsrechte ein, zeigt konkrete Angebotsbeispiele, gibt Ratschläge für Verhandlungen, die für beide Seiten zu einem guten Ergebnis führen, und liefert wichtige Argumente, warum gutes Design auch eine gute Bezahlung erfordert.
1 Die Grundlagen: Das richtige Briefing und die richtigen Arbeitsprozesse. Schriftliches
Briefing oder Workshop? Rebriefing oder Creative Brief? Milestone-Definition und Workflow-Tipps. 2 Die Möglichkeiten: Kosten- und Honorarstrukturen. Gehälter und Stunden-
sätze, Pauschalen, erfolgsabhängige Honorare und Nutzungsrechte: Welche Kalkulation ist für welches Projekt richtig? 3
Die Folge: Seriöse Kalkulationen.
Aus der Praxis für die Praxis: Aufbau, Pricing und Rahmenbedingungen überzeugender Angebote anhand konkreter Kalkulationsbeispiele. 4
Das Ergebnis: Erfolgreiche Preisverhandlungen. Gute Argumente für faire Honorare: Wie überzeuge ich Kunden oder hausinterne Auftraggeber? Wie führe ich Einkaufsverhandlungen?
Der PAGE Workshop mit Jochen Rädeker lässt genug Zeit für Fragen und Diskussionen und den Austausch der Teilnehmer untereinander.
18. September 2015
Das Seminar 2 findet Freitag, den im Hotel 25hours, Hamburg-Bahrenfeld, von 10:00 bis 18:30 Uhr statt. Die Teilnahme kostet 748 Euro (zzgl. gesetzlicher MwSt.). Die Gebühr umfasst die Tagungskosten, Lunch und Kaffeepausen. Die Teilnehmerzahl ist auf 20 Personen begrenzt! Also schnell anmelden unter www.page-online.de/seminar . Am Vortag findet Jochen Rädekers Seminar »Marken durchsetzen – Fallbeispiele und Strategien« statt. Sie können die Seminare einzeln buchen, sie bauen nicht direkt aufeinander auf. Wenn Sie aber beide buchen, zahlen Sie nur 1346 Euro (zzgl. gesetzlicher MwSt.) statt 1496 Euro und sparen 150 Euro. PAGE // Ebner Verlag GmbH & Co. KG // info@page-online.de // Telefon: +49 40 85183400 // www.page-online.de/seminar Aufgrund der auf 20 Personen pro Veranstaltung begrenzten Teilnehmerzahl werden die Anmeldungen in der Reihenfolge der Eingänge der Zahlungen berücksichtigt. Die Teilnahmegebühr fällt mit der Anmeldung an. Sie ist sofort nach Erhalt der Rechnung zuzüglich gesetzlicher Mehrwertsteuer ohne Abzug zu überweisen. Bitte beachten Sie unsere Widerrufsbelehrung auf der Leserservice-Seite (siehe Inhaltsverzeichnis).
WERKZEUG
Marco Spies gründete 2010 zusammen mit Katja Wenger die strategische Designagentur think moto in Berlin ( www.thinkmoto.de ) . Mit »Branded Interactions« hat er ein Standardwerk zur digitalen Markengestaltung verfasst (siehe Seite 87)
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„Lasst doch die Manual User selber denken!“ Bei Corporate-Design-Manuals sind schlanke, offene Online-Lösungen oft besser – sagt Marco Spies, Managing Partner von think moto in Berlin. Die strategische Designagentur ließ gerade das CD-Portal für die Messe Frankfurt vom Stapel laufen: kein großer Tanker, eher viele kleine Jollen. Wir haben nachgefragt: Was sind denn nun die Vorteile, Herr Spies?
Warum sind Corporate-Design-Guidelines mit einem Mal ein Thema? Was verändert sich gerade und wieso? Marco Spies: Als ich um die Jahrtausendwende anfing, als Desi-
gner zu arbeiten, entwickelten wir noch 100 Seiten starke PDFGuidelines, die jedes Element eines Corporate Designs regelten. Die Datei wurde irgendwo abgelegt und zudem in gedruckter Form als Nachschlagewerk in den jeweiligen Abteilungen, also vor allem im Marketing, ausgelegt. Die Probleme, die sich daraus ergaben, sind heute ziemlich offensichtlich, denn Aktualisierungen wurden kaum durchgeführt. Zum Glück haben Print-Guidelines heute Seltenheitswert. Mit PDFs arbeiten noch eine Menge Unternehmen. Doch die meisten verfügen über Online-Guidelines in Form einer Website, die verantwortliche Mitarbeiter via ContentManagement-System pflegen. Was genau hat sich verändert?
In den letzten Jahren kamen so viele neue – primär digitale – Touchpoints hinzu, und es werden immer mehr. Mobile, Internet der
Dinge et cetera: Ohne explodierende Kosten ist es für ein Unternehmen fast unmöglich, für all diese potenziellen Marken-Touchpoints ein festes Regelwerk zu entwickeln. Dazu kommt: Interaktionen und Animationen lassen sich nur schwer in gedruckter Form vermitteln, deshalb enthalten Online-Guidelines zunehmend Code-Beispiele, Filme oder interaktive Elemente, die die Verhaltensweisen bestimmter Elemente veranschaulichen und im Idealfall gleich zum Download anbieten. Welche weiteren Gründe führen zum Umdenken?
Durch die Digitalisierung hat sich die Rolle des Designs insgesamt, aber auch die der Designer stark verändert. Sie arbeiten immer öfter direkt im Unternehmen. Sogar Mittelständler haben inzwischen eigene Designabteilungen. Vor allem Mehrmarken-Unternehmen unterhalten übergreifende Designstabsstellen. Im Dschungel der digitalen Touchpoints wird die Authentizität einer Marke zunehmend wichtiger als ihr Erscheinungsbild. Die Verbraucher urteilen eher nach ihrer Serviceerfahrung. Löst ein Unternehmen ein
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PAGE 07.15 › WERKZEUG › Online-CD-Manuals
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Versprechen nicht ein, hat es bereits verloren. Visuelle Brüche verzeiht der Nutzer dagegen eher.
eines Markenportals wie jede andere User Experience behandeln. »Joy of Use« heißt das Ziel.
Was heißt das für den Umgang mit CD-Manuals?
Wie sollte dann die Usability eines CD-Portals beschaffen sein, damit sich die Nutzer nicht darin verlieren?
Heute sind Regeln gefragt, die kommunizieren, was genau die Marke, den Markenkern und die Markenwerte ausmacht. Besser wäre sogar, von der Markenbedeutung und der generellen Unternehmenshaltung zu sprechen. Die Arbeit der Designer beschränkt sich nicht mehr darauf, Regelwerke zu schaffen und Gestaltaspekte zu definieren. Sie müssen mehr über »Style Education«, also über die Schulung von Mitarbeitern nachdenken und Content und Formate schaffen, die den Geist eines Unternehmens transportieren. Aber wie behält man dann die Kontrolle über seine Marke?
Unternehmen müssen sich mit dem Gedanken anfreunden, dass sie nicht mehr für alles Regeln aufstellen können. Klar, manchmal sieht man ganz fürchterliche Sachen – das möchte man gern vermeiden. Dennoch glaube ich, dass man mit weniger Regeln mehr erreicht. Chaos entsteht ja meist, wenn es zu viele Regeln gibt und keiner mehr Lust hat, sich da durchzuarbeiten. Wenige einfache Regeln und ein paar neue Formate würden Wildwuchs vermeiden. Nicht immer die gleiche Leier à la »Screenshot und daneben Text«. Das ist doch total mühsam. Würde man fünf Regeln in einem Video visualisieren, könnte die sich jeder merken und man hätte insgesamt mehr erreicht. Aber bitte mit ein wenig Spaß!
Klar wird das Ergebnis unbefriedigend, wenn der Marketingleiter die Grundpfeiler der Marke in einem Saal von der Bühne herunterdoziert. Für simyo zum Beispiel haben wir 2014 ein Konzept zur Markeneinführung entwickelt, das Installationen im Gebäude vorsah. Wir haben Leitsätze an die Wände geklebt und eine Ecke eingerichtet, die ein für die Zielgruppe typisches Zimmer nachempfand. Was man sich mit Spaß erarbeitet, bleibt nachhaltiger hängen – das sagen auch die Neurowissenschaften. Man sollte die Nutzung
Riesige CD-Portale in zumeist international agierenden Unternehmen versuchen jeden Eventualfall abzudecken. Die kosten wirklich viel, viel Geld. Sie arbeiten mit komplexen Anwendungen, in denen Mitarbeiter immer das richtige Template finden und idealerweise über Web-to-Print-Anwendungen die fertigen Medien gleich bestellen können. Gerade wer nur alle paar Monate mal Material benötigt, braucht eine möglichst niedrige Zugangsbarriere und eine leichte Bedienung. Letztlich ist es wie bei einem riesigen E-Commerce-Portal: Man muss die Zielgruppen kennen, Personas und User Journeys entwickeln, Use Cases definieren und dann entscheiden, was die jeweilige Zielgruppe zu sehen bekommt. Da geht es um Personalisierung oder profilbasierte Kundenanpassung. Das finde ich persönlich jedoch relativ unspannend. Ich dachte, die Entwicklung geht weg von riesigen CD-Portalen . . .
Ja, Unternehmen haben keine Lust mehr darauf, denn sie sind teuer. Die Messe Frankfurt etwa wollte ein ganz schlankes ContentManagement-System, das auf WordPress basiert und das die Markenabteilung von einem Ort aus hosten kann. Das Portal ist komplett unabhängig von der hauseigenen IT und vor allem leicht zu pflegen. Der Gedanke dahinter: Die Manual-User sollen selber denken. Denn wegen der vielen Touchpoints und unterschiedlichen Märkte lässt sich Konsistenz über sämtliche Medien und Märkte hinweg nicht mehr erzwingen. Ergo muss man die Leute im Marketing, in den einzelnen Ländern oder auch bei entsprechenden Partnerunternehmen dazu befähigen, zu verstehen, was die Marke ausmacht. Stimmt das Grundverständnis, kann man gar nicht mehr so viel falsch machen.
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Das neue CD-Portal der Messe Frankfurt Die Messe Frankfurt wollte von think moto bewusst eine sehr schlanke Lösung, um schnell damit arbeiten zu können. Marco Spies: »Selbst wenn die Verantwortlichen sich in einem Jahr für ein anderes CMS als WordPress entscheiden, würde es immer noch viel günstiger sein als ein komplexes Portal, von dem man ebenfalls nicht weiß, ob es in zwei Jahren nicht komplett veraltet ist.«
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Wie ist das Portal der Messe Frankfurt aufgebaut?
Die Seite hat eigentlich zwei Gesichter. Es gibt den Guideline-Bereich und rechts einen Balken, der ins Bild fährt, wenn man darauf klickt. Dieser Magazinbereich zeigt dann Best Practices anderer Unternehmen: tolle Messestände, spannende Markenauftritte, also interessante Beispiele aus der Welt rund um Marke und Marketing. Über einen Call-to-Action-Button können User eigene Beispiele einreichen, die dann dort gepostet werden. Die Messe Frankfurt will damit das Nutzererlebnis auf dem Portal verbessern und erreichen, dass man nicht nur dort hingeht, weil man dringend etwas braucht oder nachschlagen muss. Ein CD-Manual zu nutzen, ist ja keine grundsätzlich spaßige Angelegenheit. Man muss Regeln einhalten. Das ist ungefähr so sexy wie Hilfeformulare bei der Steuererklärung. Und plötzlich wartet dort etwas, das Spaß macht und die Sinne anspricht! Im Magazinbereich sowie in den Guidelines haben wir einen Schlagwortbereich eingeführt, in dem man besser suchen kann. Agenturen können sich ohne Freigabeprozess anmelden, denn es stehen keine geheimen Dinge im Portal – was übrigens auch die Kosten für die Absicherung drastisch reduziert hat. Die Bilddatenbank kann man nur mit Authentifizierung nutzen, weil das Material dort rechtlich geschützt ist. Sollten auch Außendienstmitarbeiter, Partner in Franchise-Unternehmen oder Händler auf das CD-Manual zugreifen dürfen?
Die Zielgruppe für das Markenportal sind Nutzer, die mit Marketing und Design im und für das Unternehmen zu tun haben. Außendienstlern, Franchise-Partnern und Händlern sollte man lieber eine eigene Microsite zur Verfügung stellen – am besten mit einem Erklärfilm über die Markenwerte. Dieser Extranet-Bereich sollte auch juristische Informationen, Produktdaten und Designvorlagen vorhalten. Lässt man den Zugriff auf das Markenportal
1 Startseite Mit viel Humor sorgt die Messe Frankfurt für eine klare Zweiteilung des Portals in Guidelines und Magazinteil 2 Guideline Klar gegliedert, offeriert das CD-Manual viele Zugänge zu den Guidelines. Wer gar nicht weiterkommt, wendet sich an die Ansprechpartnerin 3 Magazin Best-Practice-Beispiele aus Branding und Marketing, wie etwa tolle Messestände und spannende Markenauftritte aus aller Welt, sollen die Nutzer inspirieren und ein Gefühl für gutes Design vermitteln
zu, ist man schnell wieder bei diesen ausufernden Portalen mit äußerst komplexen Rechte-Rollen-Konzepten, die schnell sehr teuer werden. Und bei Pflichtenheften und IT-Planungen, die zwei bis drei Jahre brauchen, bis sie fertig sind. Geht der Trend also zu fragmentierten Lösungen?
Ja, da haben wir einen Paradigmenwechsel. Die Welt, in der wir arbeiten, bevorzugt das Überschaubare. Viele Designer verwenden heute lieber kleine Spezialtools und kombinieren diese dann miteinander. Sie entwerfen etwa in Sketch und bauen den Prototyp in InVision, statt sich mit Adobes Creative Suite abzumühen. Aber die Insellösungen sind heute auch viel flexibler und modularer gebaut und bieten überall Schnittstellen. Sie lassen sich leicht verbinden und schneller etablieren. Und die Regeln für so ein modernes Markenportal?
Dieselben wie fürs gesamte digitale Business: Es sollte angstfrei und offen mit dem Thema Corporate Design umgehen und Spaß machen. Es sollte schnell Ergebnisse liefern und flexibel, schnell veränderbar und leicht zu aktualisieren sein. Für die Vermittlung der Markenwerte hilft eine klare und starke Leitidee sehr– wie bei Microsoft mit ihrem Metro Design. Man liest in den Guidelines »Leitsystem, urban«, und sofort ist alles klar. Man hat gleich ein Bild im Kopf: Flat Design und Kacheloptik. So hat Microsoft sich als Marke wunderbar erneuert und einen tollen Trend losgetreten. Eine ebenso starke Metapher vermittelt Googles Material Design. Das sind Beispiele, wie man die Haltung hinter einer Marke vermitteln kann. Das Storytelling hinter der Designidee macht die Markenwerte eingängiger, besser erinnerbar und unterhaltsamer. ae »Branded Interactions. Digitale Markenerlebnisse planen & gestalten«. Marco Spies’ lesenswertes Grundlagenwerk zu digitaler Markengestaltung gibt’s im PAGE Shop. ↗ www.page-online.de/PB700652
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PAGE 07.15 › WERKZEUG › Pixel Sorting
Für seine »dimeth«Serie nutzt der Londoner Visual Artist Alessandro Canova das ScriptTool Pixel-Drifter. Rechts: Auch der Brasilianer Sabato Visconti erzeugt seine Arbeiten mit Pixel-Drifter (siehe Seite 91)
Pixel aufräumen Pixel Sorting ist die aktuellste Spielart der Glitch-Art. Wir stellen Projekte und Tools vor
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PAGE 07.15 › WERKZEUG › Pixel Sorting
Der Berliner Digitalkünstler Kim Asendorf zeigt in seiner »Mountain Tour«Serie, wie er beim Pixel Sorting Zeilen und Spalten sortiert und die Farben manipuliert
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»Das Geheimnis beim Pixel Sorting ist, wie man den künstlerischen Impuls, etwas darzustellen, und den algorithmischen Impuls, etwas zu zerlegen, ausbalanciert« Sabato Visconti, Fotograf, Illustrator und Digital Artist, Northampton, Massachusetts
● Verzerrte, fragmentierte Bilder, wie sie durch Fehler im System oder einer Software erzeugt werden, haben sich längst zu einem eigenen visuellen Stil entwickelt, mit dem Kreative bewusst experimentieren. Beim Pixel Sorting, einer schrägen Unterart dieser Glitch-Ästhetik (glitch bedeutet »Fehler«, »Störung«), werden die Pixel einer Bilddatei digital manipuliert und neu angeordnet. Die dabei entstehenden dramatischen Verfremdungen haben unter Codern und Visual Artists eine große Fangemeinde gefunden. So führt etwa das Glitch Artists Collective auf Facebook mit mehr als 20 000 Mitgliedern seine visuellen Kompositionen vor (www.facebook.com/glitchartistscol lective), aber auch auf Plattencover und in Musikvideos hat es die Pixelaufräumerei schon geschafft. Musikproduzent Jan-Tosh Gerling alias Troxum aus Pittsburgh (http://troxum.com) hat nicht nur seine Website, Alben und Bandfotos mittels Pixel Sorting gestaltet, sondern auch sein Musikvideo »Lucky Sun«, das dadurch eine ganz eigene virtuelle Atmosphäre vermittelt. Für den Clip zerlegte er das Filmmaterial mit der Videokompressionssoftware FFmpeg ( www.ffmpeg.org ) in Tausende Einzelbilder, um jedes von ihnen mit Processing und dem ScriptTool Pixel-Drifter (siehe rechts) zu bearbeiten. Anschließend setzte er alle Frames wieder zusammen. Dieses mühsame Unterfangen dauerte drei Monate. »Gerade die Einfachheit dieser Pixelkunst impliziert eine größere Bedeutung – indem sie weniger Details preisgibt«, erklärt Jan-Tosh Gerling. Pixel
Tools fürs Pixel Sorting ASDFPixelSort: Es begann alles in Processing Überhaupt erst möglich gemacht hat das Pixel Sorting der Berliner Digitalkünstler Kim Asendorf. Vor drei Jahren veröffentlichte er den Sourcecode für sein in Processing erstelltes Programm ASDFPixelSort auf seiner Webseite und auf GitHub zum freien Download. Sein Ansatz war konzeptionell und hat sich dann durchs Experimentieren mit dem Code weiterentwickelt. »Zuerst habe ich alle Pixel eines Bildes sortiert – das lässt sich theoretisch mit einer einzigen Funktion erreichen: sort(Pixels)«, so Asendorf. Schließlich kam er darauf, die Pixel zeilenweise anzuordnen, um einige von der Sortierung auszuschließen und Fragmente des Ursprungsbilds zu erhalten. In der letzten Etappe begann er, Zeilen und Spalten zu sortieren und teils im Prozess die Farben zu manipulieren. Schon bald wurde sein Code in andere Programmiersprachen übersetzt, etwa in JavaScript, C oder Python, dabei modifiziert und weiterentwickelt. Kim Asendorf selbst programmierte eine Version in openFrameworks, die das Sortieren in Echtzeit darstellt. ↗http://kimasendorf.com/data/ASDFPixelSort.zip Pixel-Drifter: Autonomes Sorting in Java Ein weiteres lustiges Werkzeug zur Kreation von Visuals via Pixel Sorting hat Dmitriy Krotevich aus Sankt Petersburg entwickelt. Krotevich kommt aus der Experimentalmusik und sagt von sich selbst, dass er kein professioneller Programmierer sei. Bei der Entwicklung von Pixel-Drifter orientierte er sich zunächst an Kim Asendorfs Pixel-Sorting-Code, baute das Tool allerdings in Java. Außerdem sorgte er dafür, dass jedes Pixel – das ja abhängig von seiner Helligkeit und seiner Position einen bestimmten Wert hat – automatisch mit seinen Nachbarn verglichen wird und seine Position mit demjenigen tauscht, das den niedrigsten Wert hat. Inspiriert hat Krotevich »Conway’s Game of Life«, ein einfaches, zu seiner Zeit (1970!) revolutionäres Spiel des Mathematikers John Horton Conway, bei dem sich Pixelmuster anhand eines algorithmischen Sets neuordnen. Das JavaScript-Game gibt’s unter http://pmav.eu/stuff/javascript-game-of-life-v3.1.1. ↗http://pixeldrifter.tumblr.com @pixelsorter: Pixel Sorting per Twitter-Bot Um ASDFPixelSort und Pixel-Drifter zu nutzen, sollte man sich schon etwas mit Programmierung auskennen. Beim Twitter-Bot @pixelsorter von Way Spurr-Chen ist das nicht nötig. Der Developer aus Austin, Texas, entwickelte ihn anhand von Kim Asendorfs Script in Ruby 2.0.0. (https://git hub.com/EVA-01/pxlsrt ). Die Anwendung funktioniert für den User so: Er twittert zuerst ein Bild und erwähnt dabei @pixelsorter. Der Bot antwortet daraufhin mit einem Tweet, der das »gesortete« Visual enthält. Zur individuellen Gestaltung kann der User Befehle für verschiedene Filter, etwa »painterly«, »zigzag« oder »default«, in seinem Tweet einfügen. Way Spurr-Chens Anwendung verfremdet das Bild dann anhand verschiedener Parameter (mehr auf Seite 93). ↗http://wayspurrchen.com/pixelsorter vd
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Musikproduzent Troxum nutzt gerne Processing und Pixel-Drifter für seine Musikvideos wie auch für seine Cover-Art (rechts)
Sorting bedeutet für ihn, dass der Computer wahllose Daten, das Chaos von Bildern – auch das des echten Lebens – aufzuräumen versucht, um daraus etwas Logisches und Klares zu machen. Oft sehen die Ergebnisse allerdings noch chaotischer oder kaputter aus – manchmal aber auch schöner. Er sagt: »Mein musikalisches Leitmotiv sind Technologie und Zukunft. Das elektronische Chaos des Pixel Sorting passt zum Chaos meiner elektronischen Musik.«
Wunderschöne Minimalismen Nicht animiert, aber nicht weniger poetisch geht es bei Visual Artist Alessandro Canova aus London zu (www.pachinkostudio.com), dessen Werke bereits in dem 2009 erschienenen Standardwerk »Glitch: Designing Imperfection« (Mark Batty Publisher) vorgestellt wurden. Pixel Sorting ist für ihn eine spannende Variante, um mit Licht zu arbeiten. In seiner Serie »Quartz« schickte er Lichtstrahlen durch virtuelle Prismen und erzielt wunderschöne Minimalismen. Für »Unfound« verwendete er verschachtelte Digitalgitter und zersetzte sie durch ein Störsignal – ebenfalls mithilfe von Pixel-Drifter. Er erklärt: »Ich habe keine präzise Methode, aber in der Regel arbeite ich mit einer Reihe ähnlicher Objekte. Dieser Prozess ist Bestandteil des Ergebnisses, also kreiere ich normalerweise multiple Variationen desselben Ausgangsmaterials.« Schon eine kleine Justierung der Parameter kann sehr unterschiedliche Resultate liefern. Aus diesem Grund generiert er jedes Mal Hunderte von Variationen, bevor es sich für einige wenige entscheidet.
Digitalbildern beim Verfall zusehen Der brasilianische Fotograf, Illustrator und Digital Artist Sabato Visconti ( www.sabatobox.com ) sieht seine Pixel-Sorting-Kunst als kreativen Ausgleich zur kommerziellen Fotografie. Er schätzt Pixel-Drifter wegen seiner zahlreichem Parameter und seiner Darstellung des Verfremdungsprozesses in Echtzeit,
um damit Animationen herzustellen. Seine dichten, dramatischen Texturen erhält er, indem er das Script nur kurz mit unterschiedlichen Einstellungen laufen lässt. Visconti mag das Konzept des Pixel Sorting und die Möglichkeit, damit flüssigere und organischere Muster zu erzeugen, als es mit anderen Techniken möglich ist. »Pixel Sorting hat etwas Perverses: Das Umstellen der Pixel geschieht nach willkürlichen Kriterien. Es ist, als wären sie selbst mit einer Art Intelligenz ausgestattet und bewegten sich nach einer eigenen Logik – unabhängig von Inhalten oder Themen«, meint er. Die Ausgangsfotos für seine »Images Adrift«-Serie hat Visconti mehr nach Komposition und Farben als nach thematischen Aspekten ausgewählt. »Das Pixel Sorting macht jedes Bild zu einem eigenschaftslosen Pixeldunst. Das Geheimnis dabei ist, wie man den künstlerischen Impuls, etwas darzustellen, und dem algorithmischen Impuls, etwas zu zerlegen, ausbalanciert«, erklärt er. Wie weit darf sich ein zerlegtes Bild von seinem Original entfernen? Dabei fasziniert ihn besonders der zeitliche Aspekt. Denn Pixel Sorting sei fast, als würde man Digitalbildern bei ihrem Verfall zusehen.»Und Vergänglichkeit ist vielleicht das grundlegendste Thema, mit dem sich die Kunst auseinandersetzt.« Verena Dauerer Pixel Sorting: Tools, Artists & Projekte. Die Links zu diesem Artikel gibt es unter ↗ www.page-online.de/pixelsorting_0715
Generative Gestaltung: Die 10 besten Tools. Frameworks, Libraries & Co finden Sie auf ↗ www.page-online.de/generativegestaltung
Verena Dauerer, freie Technikredakteurin in Berlin, ist fasziniert von der PixelSorting-Ästhetik und hätte selbst gern ein Werk Sabato Viscontis für die Wand. ↗ www.designjournalisten.de
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Sorting by Order In Ruby 2.0.0. programmierte Frontend-Developer Way Spurr-Chen die Parameter seines Twitter-Bots @pixelsorter ● Der folgende Codeausschnitt legt die Parameter für die verschiedenen Verfremdungsfilter des Twitter-Bots fest (mehr dazu unter https://github.com/mispy/twitter_ebooks). Die Befehle, die der Anwender dafür in seinem Tweet angeben kann, sind unter http://wayspurrchen.com/pixelsorter aufgelistet und erklärt.
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Die folgenden Zeilen komprimieren die Qualität eines per Tweet an @pixelsorter geschickten Fotos zunächst rekursiv, bis es den vorgegeben Maßen zum Bearbeiten entspricht:
def recursively_compress_image(img_path, target_path, quality) PixelSorter::Image.compress_as_jpeg_to_filesize img_path, target_path, quality puts "Image resized to " + PixelSorter::Image.check_img_size(target_path). to_s if image_too_large img_path recursively_compress_image img_path, target_path, quality - 10 end end def image_too_large(img_path) size = PixelSorter::Image.check_img_size(img_path) size >= MAX_IMAGE_SIZE end def sort_tweet_image(tweet, bot, tweet_publicly) pp tweet tmp_path = "temp" img_url = tweet[:media][0][:media_url]
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Der User kann an @pixelsorter den Wunsch schicken, eine hochaufgelöste Version des Fotos zu verwenden. So lautet der entsprechende Befehl:
if tweet[:text].include? "hires"
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Hat der Anwender seinem Tweet nun tatsächlich auch ein hochaufgelöstes Bild angehängt, so bekommt der Bot die Anweisung, dieses auch zu verwenden:
if !tweet[:media][0][:sizes][:large].nil? img_url = img_url + ':large' end end
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Der Bot ermittelt, ob der Tweet des Users bestimmte Befehle zur Verfremdung enthält, und führt diese aus. Ansonsten wendet er einen Zufallsbefehl an:
png_img = PixelSorter::Image.url_to_png_blob(img_url) if PixelSorter::Twitter.string_has_cmd(tweet[:text]) param_hash = PixelSorter::Twitter.tweet_to_param_hash(tweet[:text]) sorted_img = PixelSorter::Basic.param_sort(png_img, param_hash) elsif PixelSorter::Twitter.string_has_preset(tweet[:text]) preset_symbol = PixelSorter::Twitter.get_preset_symbol(tweet[:text]) preset_hash = PixelSorter::Params.preset_params_from_symbol(preset_symbol) if !preset_hash.nil? sorted_img = PixelSorter::Basic.param_sort(png_img, preset_hash) else sorted_img = PixelSorter::Basic.random_sort(png_img) end else sorted_img = PixelSorter::Basic.random_sort(png_img) end sorted_img.write(tmp_path)
Way Spurr-Chens Twitter-Bot ist ein Work-in-Progress-Projekt. So plant er, demnächst individuelle User-Filter zu integrieren sowie eine Datenbank aller eingesandten Bilder anzulegen. vd Der Twitter-Bot @pixelsorter wendet auf ihm zugeschickte Bilder diverse Effekte an – hier den »Drip«Filter mit dem Befehl cmd[vertical true max min 10 smooth true method uniqueness
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PAGE 07.15 › BRANCHE › Frauen in der Tech-Szene
Aufbruchsstimmung In Berlin: Immer mehr Frauen wollen Webdeveloper werden – etwa bei den kostenlosen Kursen der Rails Girls
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BRANCHE
Frauen, die coden Warum ist die Tech-Branche so männerdominiert? Sind die hippen Jeans- und Bartträger aus den Start-ups etwa frauenfeindlich? Keine Angst, für Entwicklerinnen stehen die Zeichen hierzulande bestens!
● Wahre Horrorgeschichten hört man derzeit aus der weitenteils Testosteron-gesteuerten Welt der Videospiele. Brianna Wu etwa, deren Indie-Firma Giant Spacekat mit einem rein weiblichen Entwicklerteam das vielbeachtete iOS-Action-Spiel »Revolution 60« mit ausschließlich weiblichen Heldinnen herausbrachte, erhielt massenweise Vergewaltigungs- und Morddrohungen. Die waren derart rabiat und konkret, dass sie schon mehrfach Auftritte auf Messen und Konferenzen absagte. Vor allem aber macht der Geschlechterkampf im Silicon Valley momentan weltweit Schlagzeilen. Wo jeder Millionen scheffeln möchte, wird mit immer härteren Bandagen gekämpft und inzwischen kräftig prozessiert. Zum Beispiel Tina Huang, von 2009 bis 2014 Softwareentwicklerin bei Twitter. Sie ging vor Gericht, weil bei dem Konzern Beförderungen männerbündlerisch per Schulterklopfen passieren und nicht über einen formellen, für alle einsichtigen Prozess. Das ist wohl die Schattenseite des ach so lockeren Umgangs in der Digitalbranche, wo trotz T-Shirt und Turnschuhen der Umgang längst nicht mehr zartfühlender ist als bei den Börsenhaien der Wall Street. Die Nerven liegen blank – ein eigent-
lich kritisch gemeintes »Newsweek«-Cover zum Thema löste kürzlich einen Sturm der Entrüstung aus. Alles nicht gerade ermutigend ... Bleibt Technik also eine Männerdomäne, der man als Frau lieber fernbleiben sollte? Auf keinen Fall. Wir haben uns in Deutschland ein wenig umgehört und festgestellt: a) Es liegt viel an uns Frauen; b) nie waren die Chancen für Frauen besser, auch in Sachen Technik durchzustarten. cg
Sexismus in der Tech-Branche ist in den USA gerade ein Aufregerthema . . .
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„Frauen befassen sich viel detaillierter mit Inhalten und User Experience und entwerfen daher oft die besseren Interfaces“ ● Tanja Diezmann, Professorin für Interaction Design an der Hochschule für Gestaltung Bremen (www.hfk-bremen.de). Startete 1994 als Kreativdirektorin bei Pixelpark, gab damals schon Kurse für Webcoding. Mit 29 Jahren 1998 Professorin für Interface Design in Dessau geworden. Von 2007 bis 2009 am Art Center College of Design in Pasadena als Director of Interaction/Interface Design eine neue Studienrichtung für Interaction Design aufgebaut. Mit ihrem 2000 in Berlin gegründeten Designstudio pReview ( www.preview-design.com), das Interfaces und Interfacesysteme für BMW, Vodafone, Münchener Rück, O2 oder Sony entwickelte, hatte Tanja Diezmann aber auch reichlich Gelegenheit, mit Konzernen als Kunden Er fahrungen zu sammeln. Sind Ihnen während Ihrer Zeit in Kalifornien die männlichen Techies als besonders frauenfeindlich aufgefallen? Tanja Diezmann: Nein, eigentlich ist in Amerika ja jeder will-
kommen, da zählt nur, was man kann. Vielleicht war es für manche Leute überraschend, was ich (als Frau) mache, aber positiv überraschend. Woran könnte es dann liegen, dass Frauen es in Silicon Valley relativ schwer haben? Die Amerikaner sind schon tight. Wenn jemand etwas in einem
Meeting durchsetzen will, will er das wirklich. Dort geht auch alles schnell. Davon profitieren offensichtlich Männer, die eine andere Kommunikation haben als Frauen. In Deutschland mit seinen lang wierigen Entscheidungsfindungen ist das vielleicht nicht so offensichtlich. Trotzdem dominieren auch hier Männer die Tech-Szene.
Manchmal machen es sich die Frauen aber auch selbst schwer. Wie sich manche auf ihren Fotos bei XING als nette Mädels prä-
sentieren, sollte man je nach Jobwunsch vielleicht mal überdenken. In Bremen haben wir im Studiengang Digitale Medien mindestens 50 Prozent Frauen. Die interessieren sich sehr fürs Programmieren und lernen das auch. Aber sie werden selten solche Nerds wie Jungs, die mit zehn Jahren schon programmiert haben. Frauen befassen sich viel detaillierter mit Inhalten und User Experience und entwerfen daher oft die besseren Interfaces. Die Männer vertiefen sich eher in technische Machbarkeiten oder Experimente, kommen aber damit oft besser an. Sind wir Frauen also doch zu doof für Technik?
Nein, definitiv nicht. Das hat eher etwas mit dem Willen zu tun, Programmieren lernen kann jeder. Die Mädchen wollen es gerne können, aber selten erlernen oder haben Berührungsängste. Im Kurs sind sie dann rasch richtig dabei, weil man ja schnell Erfolgserlebnisse hat. Aber sie erst mal in so einen Kurs zu bekommen ist schwierig. Trotzdem haben sich bei den Studenten insgesamt die Grenzen sehr aufgeweicht. Frauen haben zunehmend Lust zu programmieren, zu löten und technisch zu experimentieren, werden also auch Macher, was Technik angeht. Werden Frauen sich in der Jobwelt besser durchsetzen, wenn sie erst mal beim technischen Know-how aufholen?
Nur wenn sich auch etwas am Auftreten und an der Kommunikation der Frauen ändert. Manchmal scheint mir, dass sie nicht gelernt haben, sachlich zu argumentieren und bei Konflikten eher emotional reagieren. Männer verstehen sich anders untereinander und treten Frauen gegenüber im Business auch mal überheblich auf. Als Frau, die mit neuesten Technologien arbeitet (und deren Potenziale erforscht), wird man regelmäßig unterschätzt. In solchen Situationen hilft nur Selbstvertrauen. Frauen müssen nicht besser werden in dem, was sie machen – sondern schlicht ihre Kommunikationsform ändern.
„Programmieren finde ich so interessant, weil ich jeden Tag ein Problem mit Logik lösen muss“ ● Sabine Geithner (www.sabinegeithner.de) ist seit sieben Jahren in der Berliner Start-up-Szene unterwegs, etwa als Head of Online Marketing bei epubli. Programmieren lernte sie nebenbei, begeisterte sich immer mehr dafür, bis sie es zum Beruf machte, beim Entwicklungsstudio der designorientier ten Messaging-App Wire (www.wire.com). Gehörte zu den Organisatoren der UIKonf 2015 in Berlin (www.uikonf.com ). Übrigens ist sie als Rail Girl auch links oben auf Seite 98 zu sehen.
Sie haben ursprünglich Biotechnologie studiert – sind also schon immer technikaffin gewesen? Sabine Geithner: Als Kind war mein Lieblingsbuch
eines mit mathematischen Rätseln. Programmieren finde ich so interessant, weil ich jeden Tag ein Problem mit Logik lösen muss. Wie kamen Sie zum Programmieren?
Zum ersten Mal bei einem Java-Kurs während meines Biotechnologiestudiums. Später habe ich mir
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dann neben meinen Jobs in der Berliner Start-up-Szene HTML und CSS beigebracht und als Online-Marketing-Leiterin beim Self-Publishing-Service epubli auch selbst Landing Pages gebaut und layoutet.
eIQ
Ein schleichender Prozess sozusagen.
Ja genau, nach und nach kamen PHP, JavaScript, Python und etwas mySQL dazu, unter anderem über die kostenlosen OnlineKurse der von zwei Stanford-Professoren gegründeten Plattform Coursera, die mit einigen der besten Universitäten der Welt zusammenarbeitet. Noch etwas nerdiger ist die Online-Akademie Udacity. Und später kam Codeacademy auf den Markt. Da kann man relativ schnell viel lernen. Warum haben Sie das Programmieren dann zum Beruf gemacht?
Weil ich irgendwann dachte, dass das Programmieren eigentlich der einzige rote Faden in meinem Leben ist – und ich dem mal eine Chance geben muss. Ich habe bei epubli gekündigt und hatte das Glück, ein Praktikum bei der Agentur nxtbgthng zu bekommen, wo ich dann an der Digital-Concert-Hall-App für die Berliner Philharmonie mitarbeiten konnte. Jetzt bin ich als iOS-Developer bei Wire, und zwar derzeit in einem Team, das Model Layer für die App baut. Wie fühlt sich die Start-up-Szene als Frau an?
Generell klopfen sich dort schon viele Männer an die Brust und sagen: Ich bin der Größte. Aber gerade die Programmierer verdienen alle so gut, dass keiner das Gefühl hat, in Konkurrenz treten zu müssen, wenn jemand neu auf den Markt kommt. Die OpenKnowledge-Szene ist im Programmieren besonders ausgeprägt, da stört es niemanden, wenn andere das gleiche Wissen haben – was in anderen Bereichen nicht so ist. Schon mal was Negatives von männlicher Seite erlebt?
Nie. Nur ältere Männern wissen manchmal nicht, wie sie mit einem umgehen sollen, und fassen einen mit Samthandschuhen an. Was ich gar nicht will, denn ich bin eher eckig und kantig. Wie allein stehen Sie eigentlich da als Frau unter männlichen Techies?
Bei Wire sind unter rund 30 Mitarbeitern, die programmieren, 4 Frauen. Die Mehrheit der Bewerber sind immer noch Männer, und man trifft selten eine Frau, die tatsächlich Informatik studiert hat. Aber Quereinsteigerinnen sind häufiger geworden. Und das Image des Programmierers hat sich geändert, es ist nicht mehr der Nerd, der in der Ecke sitzt und nicht vom Computer hochschaut. Man hat eine respektierte Stellung in einem Unternehmen und ist nicht leicht ersetzbar. Und muss selbstverständlich mit dem Team kommunizieren können, auch wenn man sich andererseits meditativ im Code verlieren kann. Was für mich ganz gut passt, denn ich bin eher introvertiert. Aber heute gibt es oft Pair Programming, wo zwei Leute an einem Computer sitzen. Gerade bei großen Aufgaben ist es sinnvoll, dass nicht nur einer weiß, wie der Code funktioniert. Haben Sie also das Gefühl angekommen zu sein?
So würde ich das nicht sagen, zumal sich die Technik ja immer weiterentwickelt und man als Programmierer nie wirklich angekommen ist. Außerdem muss man mit Leuten mithalten, die coden, seit sie 15 sind, wodurch schon Druck entsteht. Aber mir macht die Arbeit Spaß. Für mich ist das ein Abenteuer und ich möchte noch viel mehr erleben. Ihr Traum für die Zukunft?
Irgendwann die Unabhängigkeit zu haben, als Freelancer zu arbeiten. Ein Bekannter arbeitet von Bali aus, während er aufs Meer guckt.
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„Es gibt Rails Girls, die es in einem Jahr vom Anfänger zum Junior Developer gebracht haben. Wir bekommen sogar ständig Jobangebote, obwohl wir keine Jobvermittlung machen“ ● Thuy Le, geboren in Vietnam und seit 1981 in Deutschland, arbeitete noch bis vor Kurzem als Projektmanagerin in einer Berliner Webdesignagentur und bildet sich momentan zur Webdeveloperin weiter ( www.about.me/inthuytion ). Sie liebt es, Technikworkshops, Open-Source-Events und Konferenzen zu besuchen oder diese gleich selber mitzuorganisieren. So engagiert sich Thuy Le beim Ruby Co-Learning Meetup von OpenTechSchool ( www.meetup.com/opentechschool-berlin ), beim Rails Beginners Workshop (www.railsgirls berlin.de ) und erneut beim Beginners Workshop des eurucamp, das dieses Jahr am 31. Juli startet (http://2015.eurucamp.org). Die Developer in Berlin pflegen einen regen Austausch, und es gibt viele Möglichkeiten, sich kostenlos weiterzubilden. Wie sind Sie selbst in die Szene geraten? Thuy Le: Ich hatte schon immer eine technische Affinität und pro-
biere seit 1997 alles Mögliche im Internet aus. Auch Webdevelopment, einschließlich Weiterbildungen in JavaScript und Ruby. Als Projektmanagerin habe ich stets versucht mitzucoden und auch Webseiten mit aufgesetzt. 2012 habe ich dann einen Beginners Workshop bei Rails Girls Berlin angefangen, später an Projektgruppen und Hackdays teilgenommen und bin dann selbst ins Orga-Team eingestiegen. Es kursiert ja das Gerücht, dass die RubyCommunity ein wenig anders ist, ein familiäres und nettes Miteinander pflegt. Und tatsächlich ist die Community sehr supportive, auch von Männerseite. Das eurucamp zum Beispiel, das im August zum fünften Mal in Berlin stattfindet, ist ein bisschen wie ein »Woodstock für Rubyisten«, wie manche sagen. Sind Quereinsteigerinnen ins Programmieren zurzeit ein typisches Phänomen?
Absolut. Ich kenne das ja aus meiner Schulzeit, der Begriff Informatik war für Mädchen abschreckend, die Kurse schwer zugänglich. Man hat sich nicht getraut, obwohl man gerne etwas mit Computern machen wollte. Die Technik hat sich inzwischen ebenfalls verändert: Da Ruby eine sehr humane Sprache ist, macht das den Zugang einfacher. Wie reagieren Männer auf Frauen, die coden?
An manchen Stellen ist Bewunderung da, an anderen hat man hin und wieder das Gefühl, das eigene Wissen und Talent werden ein bisschen unterschätzt. Auf der Website von Rails Girls Berlin ist bei der Antwort auf die Frage, warum so wenig Frauen in IT-Berufen zu finden sind, unter anderem die Rede vom Fehlen weiblicher
Coden lernen. Links zu Workshops, Kursen und Events für Frauen und alle anderen, die Lust aufs Coden haben, finden sich unter ↗ www.page-online.de/coden_0715
Vorbilder ( h ttp://railsgirlsberlin.de/about ) . Wie sieht das bei den Rails Girls selbst aus? Es gibt dort viele männliche Kursleiter.
Etwa 40 Prozent der Coaches sind inzwischen Frauen, und die ehemaligen students können ebenfalls Vorbilder sein. Da gibt es also Erfolgsgeschichten?
Ja, es gibt Rails Girls, die es in einem Jahr vom absoluten Anfänger zum Junior Developer gebracht haben. Wir bekommen sogar ständig Jobangebote, obwohl wir keine Jobvermittlung machen. Ich selbst erhalte auf LinkedIn und Xing öfters Nachfragen, obwohl ich mich dort als Webdevelopment Learner bezeichne. Da merkt man, wie groß der Bedarf für Ruby-Entwickler ist. Was ist längerfristig Ihr Ziel?
Wenn möglich Webdevelopment mit dem Thema Diversity zu verbinden, denn ich verstehe mich als »Person of color« und bin auch politisch aktiv. Inspirierend finde ich beispielsweise Tristan Walker, der sich im Silicon Valley mit anderen Black People zusammengetan hat, um Produkte speziell für diese Zielgruppe zu entwickeln. Nur nebenbei: Afroamerikaner sind ja im IT-Business in den USA noch seltener anzutreffen als Frauen, ihr Anteil bei Unternehmen wie etwa Google, Yahoo oder Facebook liegt bei lediglich 1 bis 2 Prozent. Bei Ihnen geht es jedenfalls erst mal mit dem Engagement bei Workshops und Events weiter?
Ich bin Mitorganisatorin von Ruby Co-Learning, einem von verschiedenen Meetups von OpenTechSchool, wo es einmal in der Woche kostenlose Workshops für Ruby, Python, Frontend-Development und so weiter gibt. Einige Leute von OpenTechSchool haben auch Hackership aufgebaut, eine Initiative, die ebenfalls Frauen fördern will. Wer – Coding-Erfahrung beim Einstieg vorausgesetzt – aus den neunwöchigen sogenannten Batches bei Hackership kommt, findet oft direkt einen Job. Diese Kurse kosten Geld, mit dem die Veranstalter aber nur die Kosten decken und keinen Profit anstreben. Bei Rails Girls sind die Workshops gratis.
Ja, alle arbeiten ehrenamtlich. Aber wenn du coachst, lernst du ja auch selber und erweiterst deine Skills – darin liegt der Profit. Ist Berlin also derzeit der Hotspot für den Einstieg von Frauen ins Webdevelopment?
Natürlich gibt es auch anderswo gute Angebote,etwa bei Rails Girls Hamburg. Aber die Möglichkeiten hier sind riesig. Vor allem sind sehr viele Events kostenlos. Immer der Community etwas zurückzugeben ist eben typisch Berlin. Das ist schon einzigartig.
PAGE eDossier »E-Learning in den Kreativberufen« mit interessanten Weiterbildungsmöglichkeiten für Designer und Developer ↗ www.page-online.de/PDDP1053
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PRAXIS Weitere PAGE Seminare finden Sie unter shop.page-online.de/seminare
Text $ells Corporate Language – mit Sprache Marken und Unternehmen stark machen
Der Referent
Das Seminar »Text $ells«
● Armin Reins ist Mitinhaber von Reinsclassen, Deutschlands erster Agentur für Sprache, und Mitbegründer der Texterschmiede Hamburg, der Ausbildungsinstitution für den deutschen Texternachwuchs. Seit 2013 ist er Gastdozent an der Brand Academy in Hamburg mit dem Schwerpunkt Brand Language. Über 100 kreative Auszeichnungen (ADC, Cannes, Clio, New York Festival) führten 1996 zur Aufnahme in den Art Directors Club für Deutschland. Armin Reins ist Autor von »Die Mörderfackel«, »Corporate Language«, »Deutsch für Inländer«, »Die Sahneschnitte» und – ganz neu –»Text $ells« im Verlag Hermann Schmidt Mainz. Auch auf Designkonferenzen wie etwa der TYPO Berlin ist er ein gern gesehener Sprecher.
● Unternehmen müssen sprechen. Aber wie? Menschen lernen ihren Wortschatz zu entwickeln und zu pflegen. Sie lernen sogar Grammatik. Erfolgreiche Menschen entwickeln ihren eigenen Sprachstil. Aber Unternehmen, Marken und Start-ups?
Die Lernziele 1 2
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Sie gewinnen Entscheidungssicherheit in Corporate-Language-Fragen Sie schaffen die Voraussetzungen für einen erfolgreichen CorporateLanguage-Prozess Sie erlernen die CL-14-Schritt-Methode Sie ermitteln mit der CL-Farb-Methode, ob Ihre Sprache die Kernbotschaften transportiert Sie sind imstande, eine CL-SprachPositionierung zu erarbeiten Sie überprüfen die Qualität Ihrer Texte mit dem CL-Best-Copy-Index
Alle Teilnehmer erhalten umfangreiche Seminarunterlagen mit Checklisten und Regelsammlungen sowie Armin Reins’ brandneues Buch »Text $ells« aus dem Verlag Hermann Schmidt Mainz
Die meisten haben Bauchredner, es sind die Texter ihrer Agenturen, Social Media Manager, UX Designer und nicht zuletzt ihre Mitarbeiter. Sie alle sprechen mit unterschiedlichen Zungen. Damit beginnt das Problem, denn eine durchgängige, selbstbewusste Sprache bestimmt den Erfolg der Firmenkommunikation. Eine Corporate Language macht Unternehmen und Marken unschlagbar stark. Und eigenständig. Das Seminar »Text $ells« führt Sie heran an den unverwechselbaren Umgang mit Sprache. Armin Reins erklärt systematisch die Technik des Language Branding und verrät anhand von Corporate-Language-Praxisbeispielen bislang streng gehütete Geheimnisse. Schauen Sie durchs Schlüsselloch bei IKEA, innocent, Nivea, Otto, Philips, P&G, Porsche und Vodafone. Armin Reins zeigt Ihnen, wie Sie einer Marke oder einem Unternehmen eine eigene Sprache verleihen; wie Sie den Corporate-Language-Prozess in Unternehmen oder Agentur starten; wie Sie sicherstellen, dass die CL von allen Beteiligten getragen wird; wie Sie eine CL-Positionierung schaffen; was zu einem CL-Manual gehört.
18. September
Das Seminar »Text $ells« findet am im Designhotel The George an der Außenalster von 9:00 bis 17:30 Uhr statt. Die Teilnahme kostet 778 Euro (zzgl. gesetzlicher MwSt.). Die Gebühr umfasst das Seminar, Lunch und Kaffeepausen sowie das Buch »Text $ells« von Armin Reins, Veronika Classen und Géza Czopf aus dem Verlag Hermann Schmidt Mainz. Die Teilnehmerzahl ist auf 18 Personen begrenzt! Also schnell anmelden unter www.page-online.de/seminar
PAGE // Ebner Verlag GmbH & Co. KG // info@page-online.de // Telefon: +49 40 85183400 // www.page-online.de/seminar Aufgrund der auf 18 Personen pro Veranstaltung begrenzten Teilnehmerzahl werden die Anmeldungen in der Reihenfolge der Eingänge der Zahlungen berücksichtigt. Die Teilnahmegebühr fällt mit der Anmeldung an. Sie ist sofort nach Erhalt der Rechnung zuzüglich gesetzlicher Mehrwertsteuer ohne Abzug zu überweisen. Bitte beachten Sie unsere Widerrufsbelehrung auf der Leserservice-Seite (siehe Inhaltsverzeichnis).
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Serie: Jobprofile
Transmedia Storyteller Sie denken sich packende Geschichten aus, verteilen sie über diverse Medien und bescheren dem Nutzer unterschiedlichste Erlebnisse. Dass Realität und Fiktion da schon mal durcheinandergeraten, ist durchaus gewollt xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx JOBBEZEICHNUNG Transmedia Storyteller AUSBILDUNG Es gibt (noch) keine festgelegte Ausbildung. Einige Hochschulen und Organisationen bieten Kurse und Vorträge an – wenn auch nicht immer unter genau dieser Bezeichnung, zum Beispiel die internationale filmschule köln ( h ttp://interactivemedia.filmschule.de ) oder das Bayerische Filmzentrum ( www.filmzentrum-bayern.de ) VERDIENST Tagessätze von rund 200 Euro (Einsteiger) bis 1000 Euro bei langjähriger Erfahrung
ährend des Informatikstudiums entdeckte Patrick Möller seine Leidenschaft für Alternate Reality Games. 2005 startete er das Online-Magazin »ARG-Reporter« ( www.argreporter.de ), dann engagierte ihn ein Jahr später die Berliner Agentur vm-people, weil sie für Kunden transmediale Umsetzungen realisieren wollte. Bis 2011 blieb Patrick Möller bei vm-people und baute das Thema ARG fürs Marketing auf. Im selben Jahr wurde auf einer Konferenz in den USA der Begriff des Transmedia Storytelling geprägt, der sich rasant verbreitete. Ende 2011 machte er sich zusammen mit Dorothea Martin in Berlin selbstständig und gründete die Firma Imaginary Friends (www.imaginaryfriends.de) für Beratung, Konzeption und Umsetzung von transmedialem Storytelling. ant
Was ist der Unterschied zwischen trans- und crossmedialem Storytelling? Patrick Möller: Beim crossmedialen Storytelling
wird eine Geschichte erzählt und für die verschiedenen Medien passend aufbereitet. Die Geschichte an sich bleibt aber immer dieselbe. Anders beim transmedialen Storytelling. Dort wird sie auf die verschiedenen Medien verteilt und im Zusammenspiel der Elemente entwickelt sich dann die ganze Story. Dabei sollen sich Informationen möglichst nicht wiederholen, sondern der Konsument durch Hinzunahme weiterer Medien einen Mehrwert bekommen. Trotzdem muss das Ganze so angelegt sein, dass ich auch zufrieden bin, wenn ich nur ein Medium verfolge, und nicht das Gefühl bekomme, dass etwas
Foto: Axel Kammann
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fehlt. Wer die Story in ihrer Gesamtheit über sämtliche Medien hinweg verfolgt, erhält dann eben ein wesentlich größeres Bild aus dem Storyuniversum. Ganz wichtig beim Transmedia Storytelling ist, dass man für jedes Element der Geschichte genau das Medium findet, das dieses Element am besten darstellen kann. Ist diese Art des Geschichtenerzählens neu?
Nein. Angefangen hat es aus meiner Sicht schon zu Zeiten, als man noch von Alternate Reality Games sprach. Eines der bekanntesten Beispiele dafür ist wohl »The Beast«, das Microsoft im Jahr 2001 entwickelte, um Steven Spielbergs Film »A.I. – Artificial Intelligence« zu promoten. Und selbst davor gab es bereits Experimente auf diesem Gebiet, nur eben noch nicht unter dem Begriff. Es war viel mehr ein Sandkasten zum Ausprobieren. Damals war ich Student und fand die Idee, Geschichten sowohl übers Internet als auch an realen Orten zu erzählen, total faszinierend. Diese Faszination nutzen heute Unternehmen, um ihre Produkte zu promoten.
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Genau, denn beim Transmedia Storytelling steht das Erlebnis im Vordergrund. Man kann immer wieder Überraschungen herbeiführen, die dafür sorgen, dass über das Produkt, etwa ein neues Buch oder einen Film gesprochen wird. Im Auftrag des Carlsen Verlags haben wir mit Imaginery Friends für das Buch »Obsidian« eine Foto-Love-Story zum Mitmachen entwickelt. Diese bestand aus mehreren Einzelbildern, von denen jeweils eines pro Tag veröffentlicht wurde. Dazu gab es dann immer eine Frage, etwa wie es weitergehen könnte, sowie drei Antwortmöglichkeiten. Hier griffen wir bewusst auf das bestehende Storyuniversum zurück und führten durch die FotoLove-Story die Personen bereits vorab ein. Für tripventure arbeiteten wir den Agententhriller »Tod an der Mauer« aus (http://is.gd/mauerAR). Als Spieler wird man in die Rolle eines jungen Mannes versetzt, der in den Besitz des Tagesbuchs seiner verstorbenen Tante gerät. Sie spionierte im Osten und hatte Dokumente gesammelt und versteckt, durch deren Hilfe die Mauer zu Fall gebracht werden konnte. Das Ganze funktioniert mithilfe einer Locationbased Storytelling-App. Sie führt einen an Schauplätze in Berlin, an denen man mittels Augmented Reality auf fiktive Personen der Storywelt trifft. An den Spielorten wird die Kamera des Handys dazu genutzt, die Umgebung nach den fiktiven Figuren zu scannen, die an gegebener Position in das LiveKamerabild eingefügt werden, wenn man sich um 360 Grad dreht und das Smartphone dabei aufrecht vor sich hält. Manche Figuren sind einem wohlgesonnen, andere weniger. Und alle wollen die Dokumente haben. Da kann man als spielende Einzelperson oder auch als Gruppe schon mal ein bisschen ins Schwitzen geraten.
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»Der Job besteht zu je 33 Prozent aus Konzeption, Kreation und Technik – das hält sich gut die Waage. Bei der Umsetzung überwiegt die Kreation« Patrick Möller, Transmedia Storyteller, Berlin
Muss man selbst programmieren können?
Das ist keine Voraussetzung. Aber man sollte schon technikaffin sein und offen, neue Dinge auszuprobieren. Nicht selten kann Technik als Inspiration funktionieren. So das Geocaching, das Eingang ins Transmedia Storytelling gefunden hat. Wie viel Prozent Technik und Kreation beinhaltet Ihr Job?
Ich würde sagen, es sind zu jeweils 33 Prozent Konzeption, Kreation und Technik. Das hält sich wirk-
lich gut die Waage. Bei der Umsetzung, wenn man vielleicht kurzfristig auf etwas reagieren muss, überwiegt die Kreation. Und da sind wir bei einer weiteren, ganz wichtigen Voraussetzung für einen guten Transmedia Storyteller: viel Fantasie. Was zeichnet denn eine besonders gelungene Umsetzung aus?
Dass sie bei allen Beteiligten einen Wow-Effekt erzielt. Es gibt viele Geschichten, die ganz nett sind, mit schönen Spielereien, aber diesen Wow-Effekt gibt es selten. Ein Beispiel ist die ZDF-Produktion »Dina Foxx 2«, die vor Kurzem bei den International Digital Emmy Awards ausgezeichnet wurde. Online gab es 360-Grad-Szenen, in denen man sich fortbewegen und dabei in alle Richtungen drehen konnte, um Hinweise zu finden, die einem andere Erlebnisse bescherten als das, was im Fernsehen gezeigt wurde (siehe PAGE 12.14, Seite 52 ff .). Ein weiteres Beispiel ist die Kampagne zum Start von »Game of Thrones«. Ein Bestandteil von vielen war dabei, dass man sogar Essen probieren konnte, das in der fiktiven Welt der Serie auf den Tisch kam. Wie wird man Transmedia Storyteller? Gibt es diesen Begriff in der Ausbildungslandschaft?
Es gibt schon einige Hochschulen, die Kurse zum Thema anbieten. Beispielsweise die internationale filmschule köln. Der Begriff an sich ist aber nicht geschützt, im Prinzip kann sich jeder so nennen. Es ist auch nichts, was wahnsinnig schwer zu erlernen wäre, aber es ist bestimmt einfacher, in den Job hineinzukommen, wenn man sich Leute sucht, die ihn schon länger machen. Und wo findet man die?
Zum einen kann man natürlich im Internet Kontakt suchen. Transmedia Storyteller sind in der Regel sehr zugänglich. In einigen Großstädten gibt es auch mehr oder weniger regelmäßige Treffen, mit Vorträgen und Diskussionen. An so etwas teilzunehmen schadet nicht. Wir haben mit TMSB in Berlin ein solches Treffen ins Leben gerufen (www.transmediastorytelling-berlin.de ).
Viele Medien heißt ja auch viele Leute. Als Transmedia Storyteller sollte man also teamfähig sein, oder?
Ja, unbedingt. Man arbeitet bei fast keinem seiner Schritte allein. Mit UFA Lab haben wir für das Buch »Abgeschnitten« von Sebastian Fitzek und Michael Tsokos die Aktion »Ewig mein« realisiert (http://ewigmein.de), an der (Dreh-)Buchautoren, Grafiker und Illustratoren gemeinsam gearbeitet haben. Entstanden sind acht Motion-Comic-Episoden, die in die Welt von »Abgeschnitten« einführen. Man braucht also ein großes Netzwerk, um früh die richtigen Leute ins Boot zu holen. Übrigens auch Programmierer, weil die einschätzen können, wie aufwendig eine Idee in der Umsetzung sein wird.
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Darf man eine Vorliebe für ein bestimmtes Medium haben?
PAGE 04.14 zum Thema Storytelling. Konzepte, Tricks und Strategien für alle Medien ↗ www.page-online.de/ PEPA1404
Jobprofile in der Kreativbranche. Weitere Berufsbilder finden Sie auf unserer Website ↗ www.page-online.de/ jobprofile
Vorlieben dürfen schon sein, das kann ein Projekt auch auszeichnen. Denn meist sind Vorlieben ja auch das, was man besonders gut kann. Man muss sich dann halt Leute dazuholen, die gezielt die anderen Medien bespielen. Ist der Transmedia Storyteller in Deutschland eher ein Nischenberuf?
Die guten kann man schon noch zählen, wobei es immer mehr werden. Der Begriff Transmedia Storytelling ist inzwischen schon ein Buzzword, sodass man versucht, es zu vermeiden und alles unter dem Dach des Storytelling zu vereinen. Was irreführend sein kann, denn es sind tatsächlich verschiedene Disziplinen. Was gefällt Ihnen an Ihrem Job am meisten?
Dass ich jeden Tag etwas Neues erlebe und auch lerne. Langeweile ist nicht zu befürchten.
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Szene Was die Kreativbranche und ihre Akteure bewegt xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx
Von links: GWA Geschäftsführer Ralf Nöcker und Professor Dr. Werner Reinartz
»Werber müssen weg vom Künstler-Image und hin zum Kommunikationsberater, der auch kreative Leistung anbietet« ● Dem Gesamtverband Kommunikationsagenturen GWA liegt der Beweis der Effektivität von Werbung sehr am Herzen. Jedes Jahr veranstaltet er daher die GWA Effie Awards für die erfolgreichsten Kommunikationsmaßnahmen (http://effie.gwa.de). Außerdem kooperiert der GWA mit Professor Dr. Werner Reinartz, Direktor des Seminars für Handel und Kundenmanagement an der Universität zu Köln und Direktor des Instituts für Handelsforschung (www.ifhkoeln.de), der Werbeeffektivität untersucht. Mit ihm und GWA-Geschäftsführer Ralf Nöcker sprachen wir darüber, wie man Kreativität überhaupt wissenschaftlich erforscht und was die Ergebnisse für Agenturen bedeuten. nik
Was ist das Ziel Ihrer Forschungen? Professor Dr. Werner Reinartz: Wenn
Sie Artdirektoren fragen, was gute Werbung ausmacht, bekommen Sie verschiedene Antworten, aber eine davon lautet immer: Sie muss kreativ sein. Das ist eine Basisannahme in der Branche, die man gar nicht verteidigen oder beweisen muss. Entsprechend sollen Kreativpreise Expertise suggerieren. Aber im Grunde sagen sie nichts über die Effektivität der Werbung aus – also darüber, ob die Agentur dem Kunden zu mehr Verkäufen verhelfen kann oder nicht. Deshalb war der Startpunkt für unsere Forschung: Was ist Kreativität und was kann sie bewirken? Wie erforscht man überhaupt Kreativität?
Reinartz: Die Forschung dazu begann Mitte des 20. Jahrhunderts. In der Psychologie ging es dabei besonders um die Muster kreativen Denkens. Der erste, ganz simple Kreativitätstest stammt von Joy Paul Guilford, einem US-amerikanischen Psychologen. Er gab seinen Versuchspersonen einen Gegenstand, zum Beispiel einen Ziegelstein, ein Blatt Papier oder einen Karton – und fragte sie, was man damit alles anstellen kann. Sie sollten in ein, zwei Minuten so viele Antworten geben wie möglich. Daraus ergaben sich dann vier Grundannahmen: Kreativen Menschen fällt schnell viel ein, sie haben sehr originelle Ideen, die aus verschiedenen Domänen und Kontexten stammen, und sie können ihre Vorschläge mit vielen Details versehen. Daraus entstand ein Kreativitätstest, der bis heute verwendet wird und die Kategorien Originalität, Flexibilität, Elaboration, Synthese und künstlerischen Wert umfasst. Diese haben wir bei unserer Untersuchung von über 300 TVSpots verwendet. Bei den befragten Probanden handelte es sich um Konsumenten – nicht um Profis. Schließlich kann es sich keine Agentur leisten, Kreation zu produzieren, die vom Endkunden nicht goutiert wird. Und wie lauten Ihre Ergebnisse? Reinartz: Wir konnten nachweisen, dass es eine positive Korrelation zwischen Kreativität und Abverkauf gibt. Dieser Effekt ist signifikant und liegt bei etwa 20 Prozent – bei Spitzenkampagnen sogar um die 40 Prozent. Das ist eine gute Nachricht für alle Werber: Positiv andersartige Werbung ist a priori gut. Wie weit sind Sie bei Ihrer Forschung ins Detail gegangen? Reinartz: Wir können nicht sagen: Nehmen Sie 100 Gramm von Zutat X, 200 Gramm von Zutat Y und eine Prise Z, und Sie haben die optimale Werbung. In gewisser Hinsicht bleibt es der Heilige Gral. Unser Ziel ist vielmehr, die Zutaten zu definieren, zu messen und zu bewerten – und das ist
BDG Business Basics
Gibt es Pläne, die Forschung auszuweiten? Reinartz: Ja. Momentan schauen wir
uns weitere inhaltliche Faktoren an, wie Komplexität, Emotionalität, Authentizität oder die Rolle der Marke in TV-Spots. Zudem planen wir ein Projekt mit einem neurowissenschaftlichen Labor, um zu erforschen, warum kreative Werbung von Konsumenten als besser bewertet wird. Ein weiteres Projekt dreht sich darum, auf welche Weise Unternehmen kreative Leistung einkaufen. Denn selbst wenn sie Pitches machen, kaufen sie letzten Endes doch die Katze im Sack. Wir wollen empirische und quantitativ belegbare Ergebnisse liefern zu der Frage, welche Faktoren beim Einkauf kreativer Leistung wichtig sind. Sie argumentieren aus Sicht der Unternehmen. Könnten die Ergebnisse auch für Agenturen relevant sein? Reinartz: Ja, durchaus. Wenn wir die
qualitativen Faktoren dafür kennen, dass die Zusammenarbeit zwischen einem Unternehmen und einer Agentur gut funktioniert, sind die Erkenntnisse für beide Seiten interessant. So könnte sich beispielsweise ergeben, dass ein langsames Annähern über kleinere Projekte hin zu größeren zielführender ist als ein Pitch. Ralf Nöcker: Die Erkenntnisse helfen uns unbedingt! Und sei es »nur« als Argumentationshilfe. Dieses Ziel verfolgen wir ja auch mit den Effie Awards: Wir wollen den Unternehmen klarmachen, dass Ausgaben für Markenkommunikation keine Kosten sind, sondern Investitionen. Ein wissenschaftlicher Beleg für den Zusammenhang
zwischen Kreativität und Werbewirkung hilft da enorm. Wie ist denn bisher das Feedback von den Agenturen? Reinartz: Traditionell haben Agentu-
ren die Verbindung zu Universitäten eher gescheut, weil sie sich nicht vermessen lassen wollten. Da gibt es eine natürliche Aversion. Unsere bisherigen Gespräche zeugen aber von großem Interesse. Zugleich gibt es noch Berührungsängste – nach dem Motto: Das ist zwar interessant, aber uns nicht ganz geheuer, weil der kreative Prozess eine Blackbox ist, die man nicht analysieren kann. Nöcker: Das ist das typische Künstlerargument. Das Gleiche würde man hören, wenn man sagt, man habe die Elemente gefunden, die einen Hit ausmachen. Darauf würde ein Musiker sagen, dass es seine künstlerische Freiheit ist, einen Song zu komponieren – und der wird dann ein Hit oder eben nicht. Diese Attitüde schwingt auch bei den Werbekreativen mit. Reinartz: Ich würde mir wünschen, dass die Agenturen zumindest offener sind für das Thema Werbewirkungsforschung. Nöcker: Genau diese Offenheit möchte ich mit unserer Kooperation fördern. Denn ich glaube, die Erkenntnisse können den Agenturen bei ihren Gesprächen mit den Kunden sehr helfen. Agenturchefs monieren häufig, dass sie in der Hierarchie immer weiter nach unten gereicht werden. Im Gegensatz zu den Unternehmensberatern kommen sie kaum an die Vorstandsebene heran. Meiner Meinung nach liegt das unter anderem daran, dass sie nicht dieselbe Sprache sprechen wie die Vorstände. Dort schaut man wesentlich mehr auf wissenschaftliche Fakten als in den Kreativabteilungen von Agenturen. Werber müssen weg vom Künstler-Image und hin zum Kommunikationsberater, der auch kreative Leistung anbietet. Dafür müssen sie anders mit ihren Kunden sprechen.
Nutzungsrechte für BestsellerDesigns einplanen ● Das Oberlandesgericht München hat vergangenes Jahr zwei Urteile gefällt, die einem Designer eine ordentliche Nachvergütung zusprechen, wenn das Unternehmen mit seinem Logo sehr erfolgreich geworden ist (http://is. gd/OLGM_Logo). Die sogenannte BestsellerRegelung gibt es bereits im Urheberrecht, neu ist die betonte Auslegung im Sinne der Designer. Ich sehe hier einen deutlichen Denkanstoß für uns Designer, dass wir unsere Arbeit besser verkaufen und schützen sollten. Natürlich ist der Anteil eines Logos am Geschäftserfolg nicht eindeutig zu belegen; Wirtschaft gibt es nicht unter Laborbedingungen. Dennoch kann man in der Regel sehr gut feststellen, ob ein Geschäft gut läuft, weil es eine gute Kommunikation hat oder ob diese ein Fremdkörper ist. Wir Designer stehen vor dem Problem, dass durch die enorm große Anzahl von Designleistungen das einzelne Design weniger wichtig wird. Allerdings kann ein einzelnes Design sehr wohl sehr wichtig werden. Wir müssen für beides Vorkehrungen treffen. Mein Tipp: Planen Sie die Erfolgsschnittstelle immer mit ein. Das geht ganz einfach über die Nutzungsrechte. Definieren Sie immer, wirklich immer, Nutzungsrechte in Ihren Rechnungen. Einfache Nutzungsrechte können Sie großzügig einräumen, exklusive und ausschließliche allerdings nur mit separater Vergütung. Das hilft Ihnen enorm, nachträgliche Verhandlungen zu führen. Bleibt Ihre Arbeit wenig beachtet, ist alles geregelt. Wird Ihre Arbeit ein Beststeller, greift das Urheberrecht zu Ihren Gunsten. Viel Erfolg!
Haben auch Sie Fragen? Dann schreiben Sie uns: businessbasics@bdg-designer.de
Business Basics auf PAGE Online. Ausgewählte Beiträge aus dieser Serie unter ↗ www.page-online.de/bdg Selbstständig in der Kreativbranche. Das PAGE eDossier »Selbstständig in der Kreativbranche« finden Sie unter ↗ www.page-online.de/PDDP1009
Foto: © André W. Sobott, www.aw-sobott.de
uns ganz gut gelungen. Letztlich wollen wir Werbetreibenden helfen, die richtigen Entscheidungen zu treffen, um den Verkauf zu steigern. Insofern versuchen wir, gewisse Regeln aufzustellen. Aber wir werden am Ende keine Maschine haben, an der wir nur die Hebel richtig einstellen müssen, und heraus kommt die perfekte Werbung.
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PAGE digital Was auf unseren digitalen Kanälen passiert
www.page-online.de
pagemag
App-Design ohne Coden Tools & Technik. Nicht jeder muss ein Programmierer werden und sollte es auch nicht, ist Jaanus Kase überzeugt und entwickelte die Software Hone. Mit ihr lässt sich das Design von iPhone- und Mac-Apps optimieren, ohne dabei den Code anfassen zu müssen. Auf diese Weise können Gestalter einfach Schriften, Farben und andere visuelle Parameter ihrer/einer App anpassen. ↗ www.page-online.de/hone_0715
Pictoplasma 2015 © Agent Pekka/Craig & Karl
Bild. Erstmals konnten auf dem Pictoplasma Festi-
val die Besucher selbst die Bühne erobern: Im »Forum« im Grünen Salon der Volksbühne stellten sie ihre Character-Design-Projekte Branchenstars wie Mike Moon von Sony Pictures Animation und Alex Webster, verantwortlich für die Gorillaz-Videos, vor. Wir waren exklusiv vor Ort! ↗ www.page-online.de/pictoplasma_0715
Brand Identity für Cabo Chips Kreation. Chips einmal anders: Lifestyle und Flair des mexikanischen Surferparadieses Baja übertrug das New Yorker Designstudio ROOK auf das Erscheinungsbild von Cabo Chips. Surfboards, Früchte, Sonnenschirme und knallige Farben lassen Sommerfeeling durchs Regal wehen. Wir zeigen das Vorher und Nachher des Packaging Designs. ↗ www.page-online.de/cabo_0715
Auf nach Lappland Typo. Die Berliner Typedesignerin Julia Sysmäläinen mit finnisch-russischen Wurzeln gestaltete einen wunderschönen Script-Font – die ALS Finlandia Script mit drei Schnitten. Inspiriert haben sie dabei die finnische Seen- und Wiesenlandschaft Ainola und die Manuskripte des Komponisten Jean Sibelius, der dort arbeitete und lebte. ↗ www.page-online.de/finlandia_0715
PAGE App. PAGE gibt’s auch im App Store
PAGE Shop. Ob PAGE Book, Schneidematte, Typometer oder Einzelheft – einfach und bequem bestellen auf http://shop.page-online.de
PAGE Newsletter. Abonnieren Sie jetzt den kostenlosen Newsletter und bleiben Sie stets up to date ↗ www.page-online.de/newsletter
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Kalender Kongresse Messen 10.06. cxi_15 Corporate Identity Konferenz Fachhochschule Bielefeld ↗www.cxi-konferenz.org
12.06.–13.06. Content Strategy Camp 2015 Barcamp zum Thema Content Marketing Mediencampus, Hochschule Darmstadt
4 Neben den prägenden Klassikern sind in Zürich die internationalen Ausläufer des Schweizer Grafik-Stils zu sehen
Die Kunsthalle Krems zeigt das ganze Spektrum des Werks von Pipilotti Rist
18.06. Iconic Conferences Exhibition Design »Sharing Emotions!« ist das Motto der Tagung für Architekten und Designer sowie Verantwortliche aus den Bereichen Markenkommunikation, Messeund Ausstellungskonzepte Deutsches Filmmuseum, Frankfurt am Main ↗www.iconicarchitecture.com
20.06.–21.06.
↗www.cscamp.de
UXCamp Europe 2015 Barcamp zu UX Design ESZ, Berlin
17.06.
↗www.uxcamp europe.org
Stilvorlagen #9 In der Vortragsreihe zu Design und Gesellschaft ist dieses Mal der Amsterdamer Grafikdesigner und Musiker Remco van Bladel zu Gast (www.remcovanbladel.nl). Beginn 19 Uhr Department Design, HAW Hamburg ↗http://stilvorlagen.de
21.06.–27.06. Cannes Lions International Festival of Creativity Palais des Festivals ↗www.canneslions.com
23.06. Zukunftskongress 2015 Auf dem Programm stehen die großen Fragen der Zeit:
von Nachhaltigkeit 2.0 und digitaler Freiheit über den neuen Omline(!)Trend bis hin zur Gestaltung von »Überlebensräumen« für Flüchtlinge Kongresshaus Kap Europa, Frankfurt am Main ↗www.zukunfts institut.de
02.07.–04.07. WebVisions Barcelona mit Sprechern wie Stefan Sagmeister, Hazel Jennings von Instagram oder Gastón Lisak von Fabrica IED ↗www.webvisions event.com
03.07. The Space to Make Things Better designxport-Konferenz, unter anderem mit dem Designer, Autor und Dozenten Florian Pfeffer von one/one Hamburg ↗www.designxport.de
06.07.–10.07. Berlin Fashion Week ↗www.fashion-weekberlin.com
10.07. AppArtAward 2015 Preisverleihung ZKM_Medientheater, Karlsruhe ↗http://zkm.de
15.07–17.07. Tech Open Air Festival Interdisziplinäres Technologiefestival mit Unconference in der Alten Teppichfabrik, Berlin ↗http://toa.berlin
31.07–02.08. eurucamp 2015 Event für die RubyCommunity (siehe Seite 98) Universität Potsdam, Campus Griebnitzsee ↗http://2015.eurucamp. org
09.08–13.08.
3
Siggraph2015 Konferenz und Messe für Computer Graphics Los Angeles ↗http://s2015. siggraph.org
Von oben: Karl Gerstner, Schiff nach Europa, 1957, Museum für Gestaltung Zürich, Grafiksammlung © ZHdK; Pipilotti Rist: Homo Sapiens Sapiens, 2005, Videostill © Pipilotti Rist, Courtesy die Künstlerin, Hauser & Wirth und Luhring Augustine
Termine für Designer & Developer
Von oben: Fumie Sasabuchi: ohne Titel, 2004, Bleistift auf Papier, 29,5 x 20,5 cm, Privatsammlung, Österrreich © Fumie Sasabuchi; Adrian Paci: Centro di Permanenza temporanea, 2007, C-Print auf Aluminium Dibond, 127,5 x 147 cm, Sammlung Deutsche Bank © Courtesy the artist, Galerie Peter Kilchmann, Zurich, kaufmann & repetto, Milano, Photo: Martin Url, Frankfurt
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31.08–02.09.
15.06.–20.06.
An Event Apart Chicago Webdesignkonferenz Westin Chicago River North
The Annecy International Animation Film Festival Weltgrößtes Animationsfilmfestival Annecy
↗http://aneventapart. com/event/chicago-2015
07.09–09.09. Reasons To Be Creative Konferenz-Festival-Event mit interessanten internationalen Designern und Developern Brighton ↗http://reasons.to
16.09.–17.09. Web Unleashed 2015 Frontend-DeveloperKonferenz Metro Toronto Convention Centre ↗http://fitc.ca/events
18.09.–20.09. Tÿpo St. Gallen Typografiesymposium zum Thema Tempo Schule für Gestaltung, St. Gallen ↗http://typo-stgallen.ch
21.09.–22.09. Camp Festival Cutting Edge Technology, Art, and Design Theatre Junction Grand, Calgary ↗http://fitc.ca/events
↗www.annecy.org
16.06.–21.06. Design Miami/Basel Internationale Designmesse Basel ↗www.designmiami.com
18.06.–28.06. Triennale der Photographie Hamburg (siehe Seite 49) ↗www.phototriennale.de 1
19.06.–13.09.
When There Is Hope Viele der hier vertretenen Fotokünstler setzen sich vor dem Hintergrund ihrer eigenen Biografie mit Fragen wie Identität und Emigration auseinander Galerie der Gegenwart, Kunsthalle Hamburg ↗www.hamburgerkunsthalle.de
19.06.– 18.04.2016 2
ATypI 2015 Jahreskonferenz der Association Typographique International – diesmal in São Paulo, Brasilien
Globale Das 300-tägige Großevent erkundet die Auswirkungen von Globalisierung und Digitalisierung auf Kunst und Gegenwart ZKM Karlsruhe
↗www.atypi.org
↗http://zkm.de/globale
14.10.–17.10.
Ausstellungen Festivals 11.06.–14.06. DMY Designfestival Berlin ↗http://dmyberlin.com/de
11.06.– 04.10. Vienna Biennale 2015 Spannende neue – und erste – Biennale für Kunst, Design und Architektur mit zahlreichen Ausstellungen, Events, Symposien, Workshops und Talks – alles unter dem Titel »Ideas for Change« Wien ↗www.vienna biennale.org
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Bis 28.06.
Pipilotti Rist: Komm Schatz wir stellen die Medien um & fangen nochmals von vorne an Eine der bisher größten Einzelausstellungen von Arbeiten der wunderbaren Schweizer Videound Objektkünstlerin Kunsthalle Krems ↗www.kunsthalle.at
24.06.–16.08. Lora Lamm: La vita è bella Anlässlich ihrer Ehrung mit dem Schweizer Grand Prix Design widmet das Museum für Gestaltung der 1928 geborenen Grafikerin eine Ausstellung (ein Porträt Lora
Die unglaubliche Vielfalt von Tattoos lässt sich derzeit im Hamburger Museum für Kunst und Gewerbe erkunden. Unten: Im Rahmen der Triennale der Photographie zeigt die Hamburger Kunsthalle eine Ausstellung zum »Prinzip Hoffnung« in der zeitgenössischen Fotografie
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Lamms lesen Sie in unserer nächsten Ausgabe) Museum für Gestaltung Zürich ↗www.museumgestaltung.ch
Bis 05.07. Hamster Hipster Handy. Im Bann des Mobiltelefons Interessante Schau zum Lieblingsobjekt unserer modernen Zeit Museum für Angewandte Kunst, Frankfurt am Main ↗www.museum angewandtekunst.de 4
Bis 26.07.
Swiss Style – Internationale Grafik Die Ausstellung zeichnet nach, wie das Schweizer Grafikdesign nach seinem Siegeszug in den Sechzigern die Welt der Gestaltung bis
heute prägt Museum für Gestaltung Zürich
Lebensräume im 21. Jahrhundert« Linz
↗www.museumgestaltung.ch
↗www.aec.at 6
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Bis 30.08.
China 8. Overview – Blicke auf China Zeitgenössische Kunst aus China NRW-Forum Düsseldorf ↗www.nrw-forum.de
01.09.–06.09. Fantoche 13. internationales Festival für den Animationsfilm Baden, Schweiz ↗www.fantoche.ch/de
03.09.–07.09. Ars Electronica Festival 2015 Das Festival für Kunst, Technologie und Gesellschaft befasst sich in diesem Jahr mit dem Thema »Post City.
Bis 06.09.
Tattoo So alt, so neu – die Schau gibt einen Überblick über das grafische und kulturelle Phänomen Tatöwierung in seinen unterschiedlichen Formen und Bedeutungen Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg
Bis 22.11.
Bis 18.06.
La Biennale di Venezia Internationale Kunstausstellung Venedig
Berliner Type Internationaler Druckschriftenwettbewerb
↗www.labiennale.org
↗www.berliner-type.eu
Wettbewerbe Kreativawards Auf PAGE Online finden Sie eine aktuelle Übersicht
Bis 19.06. Red Dot Award: Communication Design 2015 Termin für die letzten Einreichungen ↗http://red-dot.de
↗www.mkg-hamburg.de
↗www.page-online.de/ wettbewerbe
Bis 20.09.
Bis 12.06.
Fast Fashion. Die Schattenseite der Mode Kritische Ausstellung zum verwobenen Zusammenspiel von Konsum, Ökonomie und Ökologie, das die Mode(industrie) bestimmt Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg
Lovie Awards mit Kategorien für Websites, Social und Co
animago Award 2015 Digital Artists können Arbeiten im Bereich 3-D, Animation, Effekte und Gamedesign einreichen
↗www.lovieawards.eu
↗www.animago.com
Bis 12.06.
Bis 03.08.
UX Design Awards 2015 Contest für exzellentes User Experience Design
Annual Multimedia 2016 Wettbewerb für kreatives digitales Marketing
↗www.ux-designawards.com
↗www.annual– multimedia.de
↗www.mkg-hamburg.de
Bis 30.06.
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Gleich acht Institutionen an Rhein und Ruhr – darunter das NRW-Forum Düsseldorf – präsentieren diesen Sommer zeitgenössische Kunst aus China
Von oben: Armin Linke: Maha Kumbh Mela, Armin Linke 2001, Foto: Courtesy; Huang Min View, review, 2010 (Detail) Oil on canvas, 218 x 1600 cm © Huang Min
Welche Folgen haben Globalisierung und Digitalisierung für die Kunst, fragt die vom Karlsruher ZKM ausgerichtete 300-tägige Globale
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Vorschau PAGE 08.15 erscheint am 1. Juli
Ausbildung in der Kreativbranche Was müssen Designstudenten heute lernen? Wie viel Praxis braucht das Studium? Was erwarten Agenturen und Unternehmen von Absolventen? Was bieten Universitäten, Fachhochschulen und private Akademien? Wir beleuchten die Ausbildungssituation in der Design- und Digitalbranche und geben Tipps für zukunftsträchtige Qualifizierungswege
Abbildung: Teil.ch
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CIs von Agenturen und Designbüros Für Kunden überzeugende Erscheinungsbilder zu entwickeln ist das eine – das eigene Corporate Design etwas ganz anderes. Gestaltet man es lieber selbst oder lässt man sich von Kollegen helfen? PAGE zeigt inspirierende Beispiele xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx
Mobile Werbeformen Alle Welt spricht von Responsive, HTML5, SVG und Mobile First – doch im Mobile Advertising sind meist GIFs das Mittel der Wahl. Wir zeigen, welche Chancen neue Technologien bieten und wo die Herausforderungen liegen xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx
Abbildung: Kober-Kümmerly+Frey
KartografieServices Ob für Anfahrtspläne, Geschäftsberichte oder touristische Publikationen – Designer benötigen editierbare Stadtpläne und Landkarten, die sich unterschiedlichsten Umfeldern anpassen lassen. Wir stellen Dienstleister vor und schauen, was sich mit dem Kartenmaterial alles anstellen lässt
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Aboservice & Heftbestellung Sie möchten PAGE abonnieren oder eine bestimmte Ausgabe bestellen? Dann werden Sie in unserem Shop fündig: shop.page-online.de Ebner Verlag GmbH & Co KG, Abo- und Bestellservice, Carl-Zeiss-Straße 5, 53340 Meckenheim E-Mail: page@aboteam.de Telefon: +49 2225 7085-535; Telefax: +49 2225 7085-550 Das PAGE AboPlus, also 12 Ausgaben Print und Digital, kostet 112,20 Euro (Ausland: 125,95 Euro). Das Abonnement kann immer 6 Wochen vor Ablauf des Bezugsjahres schriftlich gekündigt werden. Schüler und Studenten erhalten das PAGE AboPlus gegen Vorlage eines gültigen Ausweises oder einer gültigen Immatrikulationsbescheinigung zum günstigeren Studentenabopreis. Mitglieder der Allianz deutscher Designer (AGD), des Bundes Deutscher GrafikDesigner (BDG) und des designerinnen forum e. V. erhalten ebenfalls 20 Prozent Rabatt.
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Leserservice: Widerrufsrecht
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Sie haben das Recht, binnen vierzehn Tagen ohne Angabe von Gründen diesen Vertrag zu widerrufen. Die Widerrufsfrist beträgt vierzehn Tage ab dem Tag, an dem Sie oder ein von Ihnen benannter Dritter, der nicht der Beförderer ist, die erste Ware in Besitz genommen haben beziehungsweise hat. Um Ihr Widerrufsrecht auszuüben, müssen Sie uns an Ebner Verlag GmbH & Co KG, Abo- und Bestellservice, Carl-ZeissStraße 5, D-53340 Meckenheim, page@aboteam.de, Telefon: ++49 02225 7085-535, Fax: ++49 02225 7085-550 mittels einer eindeutigen Erklärung (zum Beispiel ein mit der Post versandter Brief, Telefax oder E-Mail) über Ihren Entschluss, diesen Vertrag zu widerrufen, informieren. Sie können dafür das beigefügte Muster-Widerrufsformular verwenden, das jedoch nicht vorgeschrieben ist. Zur Wahrung der Widerrufsfrist reicht es aus, dass Sie die Mitteilung über die Ausübung des Widerrufsrechts vor Ablauf der Widerrufsfrist absenden.
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Facebook Instant Articles
Foto: info@marceckardt.de
Kühne Kommentare von Jürgen Siebert zu Trends, Ereignissen und dem ganz normalen Alltagswahnsinn eines Kreativen
Unser Kolumnist Jürgen Siebert steht den neuen Allianzen zwischen Verlagswelt und Internetkonzernen positiv gegenüber
● Lange Zeit sah es so aus, als warteten Zeitungen und Zeitschriften auf eine gute Fee, die sie von den dunklen Mächten des Digitalzeitalters befreien möge. Die Bösewichter, das waren »das Netz«, »die Gratiskultur«, »Presseähnlichkeit«, Facebook, Google oder die »Tagesschau«-App. Da aber das Internet nach zwanzig erfolgreichen Jahren einfach nicht zu verschwinden schien, spielten die deutschen Verlage widerwillig mit. Ein falsches Spiel. Denn wer einen neuen Freund in Wirklichkeit gar nicht mag, nicht mit ihm redet, nicht mit ihm streitet, der lernt ihn nicht kennen. Das ist besonders fatal, wenn der Freund talentiert ist und mit anderen, echten Kumpels überraschende Projekte in die Welt setzt. Die Hassliebe zum Internet war kein Nährboden für Verlagsideen. Im Gegenteil. Beim Versuch, die Businessmodelle des Printjournalismus ins Netz zu zwängen, entstanden redaktionelle Unsitten, die als historische Irrtümer in die Mediengeschichte eingehen werden: Hover Ads (Banner, die den redaktionellen Inhalt verdecken), »Klickhuren« (Bildergalerien, die die Verweildauer eines Lesers erhö-
hen sollen), SEO-optimiertes Schreiben (um redaktionelle Texte für die GoogleSuche zu dopen), vertrollte Kommentarkultur (weil die Redaktion nicht moderiert), Bezahlschranken (Betonung auf »Schranke«) und immer wieder Banner, Banner, Banner ... Irgendwann hatten viele Zeitungen ihren Webauftritt derart verbrettert, dass sie keiner mehr fand. Und dummerweise bröckelte auch das Printgeschäft dramatisch ... weniger Anzeigen, weniger Abonnenten. Wie in Deutschland üblich, wenn ein Industriezweig durch unternehmerische Misswirtschaft (oder Unvermögen) in die Krise gerät, sollte die Politik das mit Gesetzen klären. Medienhäuser forderten allen Ernstes eine Art Kulturabgabe für ihre Ideenlosigkeit. Dabei sind Kleinstaaterei und lokale Lösungen die absolut falsche Antwort auf globale Herausforderungen. Mit ihrer mehrmonatigen Selbstfindungsphase im Silicon Valley hat die Führungsetage des Axel Springer Verlags vor zwei Jahren ein Zeichen gesetzt und gezeigt, wo die Lösungen für den Wandel im Journalismus zu suchen sind: im Netz und mit dem Netz. Dabei standen in den Jahren zuvor alle Zeichen auf Konfrontation. Stichwort: Leistungsschutzrecht für Presseverleger. Ende April dieses Jahres verkündete Google, mit ihrer Digital News Initiative (www.digitalnewsinitiative.com) 150 Millionen Euro in die Hand zu nehmen, um das angespannte Verhältnis zur europäischen Verlagsbranche zu beruhigen. Das Geld soll in den kommenden drei Jahren xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx
Die einbettbare Zeitung wird den verbleibenden Verlagen das Leben retten . . . nein, sie werden aufblühen.
zur Förderung des digitalen Journalismus ver wendet werden. In einer Arbeitsgruppe will Google mit acht Medienmarken kooperieren, unter ihnen »FAZ«, »ZEIT«, »Guardian«, »El País«, »Les Echos« und »La Stampa«. Deren Einfluss könne durchaus dazu führen, so ein Google-Sprecher, dass der Internetkonzern eigene Produkte wie das Portal Google News verändere. Mitte Mai legte Facebook nach und kündigte mit Instant Articles eine Kooperation mit neun Medien an. Diese sollen künftig in der mobilen Facebook-App nicht nur Anreißer ihrer Beiträge veröffentlichen, sondern komplette Artikel, Fotogalerien und Videos in visueller Spitzenqualität und zehntelsekundenschnell. In Deutschland beteiligen sich »Bild« und »Spiegel« mit ihren Digitalangeboten an Instant Articles (http://instantarticles.fb.com), in den USA sind die »New York Times«, »National Geographic« und BuzzFeed dabei, in Großbritannien BBC und »Guardian«. Andere Medien können zu einem späteren Zeitpunkt aufspringen. Bemerkenswert sind die Randbedingungen: Facebook bietet den Medien auch eine Vermarktung der Inhalte an. Verkaufen die Partner die eingebettete Werbung selbst, dürfen sie sämtliche Erlöse behalten. Werden die Anzeigen durch das Facebook-Werbenetzwerk besorgt, reicht der Internetkonzern 70 Prozent der Erlöse an die Medienhäuser weiter. Und sie erhalten von Facebook Informationen über das Verhalten der Leser. Mit der Teilnahme an Instant Articles betonen die Verlage endlich, dass sie unter einer guten digitalen Veröffentlichung mehr verstehen als leidlich gestalteten Content. Newsdesign umfasst das komplette Leseerlebnis einschließlich Navigation und Ladetempo. Dies alles in einen digitalen Container gepackt (inklusive Branding, Businessmodell, Statistiken et cetera), aufbereitet zur Veröffentlichung auf jeder beliebigen Website, ist seit 2009 der Traum des US-Medienberaters Jeff Jar vis: die einbettbare Zeitung oder der Zeitungsplayer. Dieser kommt. Und er alleine wird die bis dahin verbliebenen Zeitungen retten – ja sie aufblühen lassen.
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