[intrada]
01
I was the kid next door's imaginary friend. Emo Philipps
[inhalt]
02
lyrik
richard duraj
03 – 05
lyrik
claudia gabler
07 – 09
lyrik
stefan heuer
11 – 12
lyrik
herbert hindringer
14
lyrik
heide kloth
16
lyrik
nicolai kobus
18 – 12
lyrik
andre rudolph sna lubin
23 – 28
lyrik
klaus f. Schneider
31 – 34
lyrik
katharina schultens
36 – 39
lyrik
jan skudlarek
41 – 42
lyrik
ron winkler
44 – 48
cluster
vitae
49 – 50
[richard duraj]
licht zwischen handfl채chen
sterne am pranger als falsche spiegelung vor dem vor dach einer autolackiererei auf scheiben st체cken hauben wie ungesehenes nachtgetreide hat yussuf h. nichts / davon nur das vorbeigehen ein sonstwo an regen wind und wunder kiesbeet bei betagten tulpen zuf채llig das aufbrechen einer reportage / der faden afrika eine kante im rost fiebrig wie die steppenschatten und berichtetes yussuf h. traut oder trauert zwischen park platz & sieben mal stock werk: polizeigeb채ude (nie betreten nie verboten)
03
[richard duraj]
04
1 gedicht für chihuahuas
auf möbeln liegen leichen tücher, die vase welkt auch ohne blumen gelegentlich ein stapel tagebücher. dazu spielt marschmusik der arsch von einem nachbarn was stört es mich? ich seh nur aus dem fenster der altstadtführung zu und suche die berührung
nenbrille und kein rom lm von fellini
[richard duraj]
oberflächenspannung
angehaucht vom film noir die angeschlagenen schatten eine ahnung der nebelleere, dort hinterm schädelrest dehnt sich graustufig ein gedanke aus backstein gut behütet & küssen zur kulisse mit einem schuss sehn sucht im glas verstecke für nikotinpflaster ummantelte momente wie eine flucht vor häusern & natürlich: nichts weiter / wir müssten.....einsinken und zurück / in die farben
05
06
[claudia gabler]
Wenn Wohnungen nur Ware sind, liegen Territorien nah. Wir hängten also Glühbirnen an die Wände, die leer waren, und wollten so die Bedeutung unserer Vitrinen markieren. Wir suchten fremde Habseligkeiten in unserer Umgebung dechiffrierte sich manchmal ein Monitor. Jemand imitierte das königliche Winken und choreographierte gleichzeitig die Akustik von Oralverkehr. Wir wiesen auf die Subtexte dieser Bespielung, aber man verwechselte uns mit einem anatomischen Modell. Adjektive als Lösungsansätze, die Farbe unserer T-Shirts, Gewinne durch Nahrungsverweigerung. Eine gut ausgeleuchtete Kampfarena, die man mit viel Geld und doch nicht verlassen konnte. Irgendetwas stimmte mit unseren Geschlechtern und Haarschnitten. Der Markt dokumentierte unsere Resistenzen. Wir kämpften für unsere Güter, aber die Gelmasken erschwerten wie immer die Grenzübertritte.
07
[claudia gabler]
Die Endlosschleife des Fahrstuhls führte direkt ins Internet. Während die angrenzenden Kulturen öffentlich abgetragen wurden, applaudierten Rezipienten erst gehorsam, später aus Trotz. Zur Transparenz brauchte man also nicht mal eine Kamera, die Zimmer waren auch so gut durchlüftet, und wer hinauskam, wußte von seinen Beschädigungen. Wir nahmen uns hoch, schlossen alle Zeitfenster auf einmal, schleppten die technischen Geräte in die Geschäfte zurück, überzogen die jetzt brach liegenden Gebiete dann mit unseren kleinen Gelenken. Die Wohlstandsregionen rebellierten ein bißchen zum Schutz zählte jemand laut die massive Struktur der Wolken, trat demonstrativ in ihren Kernschatten, wollte die Landschaft bestücken damit.
08
[claudia gabler]
Funktionstüchtigkeit zu zerstören, wenn Zungen reden, wenn sie sich regen. Ein neuer Markt wurde eröffnet zur Stimulation. Unsere biologische Nutzung war der Wunsch einer ganzen Generation und unsere Beschreibung galt jetzt als Geschäft. Aber wir atmeten noch und unsere schrillen Taschen waren bloß Mimikry. Immer dichter werdende Kartelle, in die wir uns trieben. Es gab Vermutungen über Sondertruppen, die integrierten bis zur Banalität. Aber der Raum sei keine zweidimensionale Angelegenheit, vielmehr meine Zunge ihre gemalte Zärtlichkeit in frei zugänglichen Gebäuden das Wachsen in Dienstleistung. Die Kartografen vermißte hier keiner und die Geschmacksrichtungen waren frei wählbar. Gesang und Gebärden, ein Mundraub an jeder Straßenecke. War das das Geheimnis der Fotografen, ihr Schuß?
09
stefan heuer]
10
[stefan heuer]
Erst nach den Rändern ist das Mögliche wahr. Frank Milautzcki
ins gespräch vertieft, auch darüber, dass ich dir nie einen rosengarten versp rochen habe, und nun stehen wir zwischen ranken und grün, unterhalten uns über dünger und läuse und rückschnitt, die nachbarn außen vor; mit jedem wort kommen wir den rändern näher, und wir treten hinter die ränder, denn erst dort ist das mögliche wahr / wir hören aufs gras, wir hören es wachsen, und auch die sense ohne macht, und wir sammeln die blütenblätter, die eigene sorte wie ein eigener wein; und mit den jahren ein duft, der den garten verlässt, verlassen muss // standbild, und für die, die später eingeschaltet haben: ein braten, der im ofen liegt und gart, zwischen senf und honig und langen gesprächen und gänzlich im eigenen saft
11
[stefan heuer]
für Andreas Altmann und Janc u Sinca
nachtprogramm für Andreas Altmann und Jancu Sinca
und dein kopf als briefbeschwerer auf dem schreibtisch, auf dem papier, ein kopf mit einem auge das wacht: es ist nun still in den geräuschen, und auch im dunkeln ist das licht erloschen, lösen sich nach und nach die späne, löst sich das furnier vom holz der nacht / mit der zeitung übst du das lesen, du liest die todesanzeigen und schulst an ihnen deinen blick, legst dir den druckreif ums gelenk, und alles sei dir gleich gültig, alles gleich wahr; fahrlässig gehst du mit deinen chancen um, und achtung: der hot-button schlägt gleich wieder zu, und das willst du doch nicht verpassen, wirklich niemand will das verpassen
12
[stefan heuer]
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[herbert hindringer]
diese halben gespenster an den trauerfall und an den absender zurück über eine stadt die der zirkus gestern wieder verlassen hat von defekten steckdosen und kochend heissen suppen in handtellern ein gedicht ist zuende aber ein tag fängt an blass zu sein so blass dass sogar die junkies sich davon abheben und somit wirklich high werden und denken das ist es nun dabei war es das nur an den trauerfall geknüpft mit armen und beinen schlagen über eine stadt hinwegsehen und den mut dafür nicht aufbringen können von defekten steckdosen träumen wo man doch eigentlich das blut zum kochen bringen wollte ein gedicht ist zuende aber ein tag fängt wieder von vorne an einen trauerfall denken beim aufprall die anzahl der knochen verdoppeln
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[heide kloth]
leuchtstoff zielen in phosphor glänzende scheiben den doppelkreisen voraus & nach gestellt & wechsel beleuchtet im blick so hell geladen mit ihm aus hausreihen weiĂ&#x;e lichter gezogen ganz luftdurchflutet & einsichtig wie man an manchen tagen lose hautschichten wegwirft den halogenen nach so amorph & kristallin
16
[herbert hindringer]
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[nicolai kobus]
18
container
die letzten tage die letzten wintertage .die letzten tage des winters hier am .hafenrand an der matt metallbeschlagenen mauerkante .dieser .mole ein schritt nur und es .wird naß .und kalt und dunkel und .schlimmstenfalls alles zugleich denn .wo das feuchte ist wächst .das verschwindende auch das knirschen der .eisschollen .in der tideströmung das kreischen . metallischer . friktionen .von gegenüber das der möwen ..nach hingestreuten brotkrumen oder . kalten ranzigen . fritten von rundfahrtsbarkassen . unten am . rumpf rottet buntlackiertes .holz reichlich langsam vor sich hin solange . man sauerstoff . vermeidet wie im richtigen .leben .gehen sie frischer luft aus dem weg die macht das hirn marode also .vulgo blöde geist gedeiht . eher .vakuumverpackt will lieber lang gelagert als .länger transportiert zu werden alles verladen in verschiedenen .farben always two of a . kind . in allerlei archen sorgsam sortiert hinausgesandt zu .jeder .vollen .stunde des tages mindestens zwei .liegen. jedoch . von solcherlei datenträgern mehr als . drei .oder vier über wochen .in .der hafensuppe steckt wie immer der fehler im system des .vergessens .überdrüssig bleibt .der .ganze schöne schrott zuhause .will nicht veräußert .werden . nicht nach anderland .
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[nicolai kobus]
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nach spiegelwelt nach übersee . will hier jetzt balde ganz profane . halde werden .unbewältigt aufgeschichtet . ungehandelt. wie unverdaut nur angestaut geschichte werden will weder ein .noch ausgewandert werden will lediglich ein .trocken staubfrei eingelagert dasein .sein es .kommt nur leider ständig zeugs .auch .aus der gegenrichtung an hier . unten in der tidenmitte hart am hafenrand..selbst .jetzt noch an .den letzten tagen des .winters den letzten wintertagen hier . in diesen .letzten . tagen winters. so als ob es einen austausch abgleich .gäbe dem .das anhäufen und abtragen der halden folgte gehorchend einer stillschweigend .angenommenen gesetzmäßigkeit in der...bewegung zwischen erinnern und demenz zwischen auftrag und abarbeiten .hort und abort hilft mir .dieses . hin . und her den einen schritt nach ..vorn .geschäftig. zu .vermeiden .ganz. gleich wie . überfressen . oder grenzdebil ich bleibe einfach in .bewegung .sende .munter .frachter.. aus oder aber überfrachte ..mein überaus .munteres sendungsbewußtsein .im .nackten .verzicht auf die versendung weil akkumulation noch immer ein garant fürs dauerhafte war so habe ich schon früh im lang zurück .gelassenen . september schlicht .bemerkt . wie .gut . ein dutzend möwen dohlen ..rabenkrähen .die .schnäbel .vehement .als spaten unter . jede grade . eben noch halbwegs entspannt erreichbare .grassode. stießen darunter verborgenes gewürm zu heben wie sich. die zweige der brombeer und .holunderbüsche bogen .
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[nicolai kobus]
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triefend .von .. frucht . .dem .angstschweiß . der ahnung .eines .diesmal .wirklich .langen .winters .in dem ..ich ..das. .krähenzählen ..anfing ..eine .für ..die trauer die zweite für .die .freude .und .so weiter .bis zur. allerletzten ..nebelkrähe .für .das .eine .niemals preisgegebene . geheimnis hier am hafenrand während ..normierte .frachtsärge .noch .immer .ihre eigenen .wege ..finden ..randvoll ..mit ..zehntausend bluejeans .aus .bangladesh .millionen ..gefälschten dvds .aus ..taipeh .schnieken .sneakern .aus . korea hektoliterweise .methylalkohol . in ..absolut ..korrekt etikettierten ...glasflaschen . aus. ..kasachstan ..oder aktuelle .computerkleinteile .aus . halblegalen garagenverkäufen .in .südkalifornien .wo .sich bisher ..noch ..keiner ..über ..gestaute ..schollen ..vor flußwehren ...und ...schleusen ...gedanken ...machen mußte .ach .ja und .eine ..menge ..arg ..gebrauchter metaphern ...aus ....hamburg ....südost ....(die ...gültige zeilenordnung .entsteht. dann .erst später beim löschen. ...der ....ladung ....durch ...die ...verteilung ...im system .dessen .verschuldung .das .globale .brutto sozialprodukt .derzeit .um .ebenso glatte wie satte zwei ....drittel ...überschreitet ...rein ...statistisch ...also wären ..wir ...alle ..schon ..einen ..schritt ..weiter ..das füllmaterial ..kann ..leicht ..über ..den ..regelkreislauf entsorgt ...werden) ....nichts ....wirklich ...brauchbares aber . alles .potenziell .gut .für .eine etwaige veräußerung ..angelagert ..in ..qua ..vorsorglicher begasung ...beinahe ...keimfrei ....bereit ...gehaltenen gehäusen .einer . .normierten ..bemessung ..einer .
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[nicolai kobus]
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raumgreifenden ...befüllung ...in ...kubik ..substanzen weitgehend .unerheblich .form .follows .function .so wars .gedacht .so soll es sein heute und immerdar künftig also keine .fragen .mehr .nach .inhalten .nur noch .nach bewegten oder ruhenden .behältnissen in . verschiedenen .farben ..türkis ..orange ..ein ..gelb wie .dreck .das .grau ..pragmatisch .als ..untergrund für wechselnde .brandings .die handelsfrequenzen ablesbar .am .stoßweise .abgeplatzten lack spuren von .touchierenden ..stapelbegegnungen .in ..häfen wie .....zum .....beispiel .....shanghai .....hongkong .....san francisco. ....dubai .....bremerhaven .....rotterdam .....die stahlblechquader ...in ...zwanzig ....oder ...vierzig ...fuß wobei .nur .ein .fuß breit .mich .heute davon abhielt an einem .der .letzten .tage .des .winters .an .einem der .letzten .wintertage .an .einem .dieser .tage den schritt .hinein .ins kalte.nasse dunkle kreischen .zu erwägen .den .vorraum ..zwischen .möwengier .und erzabrieb .....bevor .....es .....wirklich ....ruhe ......gibt ....am hafenrand .an der . metallbeschlagenen ..kante .der mole mal .wieder aus .reiner gewohnheit überlebt .
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[nicolai kobus]
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[andre rudolph]
hinaus in die milchfrüh, marie (aber später) schritte von fern („sehr elegantes pflaster“) auf genagelten absätzen hinaus in die rahmengenähte früh bekleidet mit nichts als dem schimmernden pelzbesatz unsrer zungen (ein paar worte hinkuscheln oder so, dinge dieser art – ) das alles ist teuer genug, glaub’ mir... aber jetzt: die friedrichstraße du mußt sie hier auftreten lassen, sonst kannst du mit den berliner dichtern nicht mehr lange mithalten (wenn du sie aber auftreten läßt, wird das ihren ruhm nur vermehren, caramba!) also meinetwegen: schritte, von fern, auf der friedrichstraße hinaus in die rahmengenähte stille, die keine ist, immer noch nackt, doch dekorativ behängt mit dem frisch abgezogenen, blutigen leder der konkurrenz
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[andre rudolph]
wo geht‘s hin? – ich spann‘ mich zum trocknen aus meine liebe, mit dir über dem marmornen waschgeschirr deiner süße, ich schütte für dich meine hauptstatt auf, bitte, plündere meine metropole, ich beschenk’ dich dafür mit gänsen und fliedern und was du noch willst... hochzeitliche schritte, hinaus in die milchfrüh, marie aber später, richten wir vorher noch einmal unsre ganze aufmerksamkeit auf unsre rahmgenährten, pelzigen füße: wie sie sich finden, wie sie weich sind, und reich, und rosa wie die im schloss ausgestellte kopie von kafkas wunden ach, rosa! umarmen wir sie
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[andre rudolph]
richte mich, aber verwirf mich nicht, marie die sonne ist eine spiegeltrinkerin auf der friedrichstraße, sie füllt ihr üppiges eisen in die augengläser der zeit, und die zeit, ja, sie trinkt uns in einem zug leer ich weiß, du hältst auch nichts von diesen großbildjägern, die jetzt wieder überall auftauchen, ich auch nicht, aber das ist er eben, der new existentialism, ich habe ihn gerade erfunden, glaub’ mir, so fühlt er sich an… und aus den erbeuteten fellen machen wir tischdecken, und marmorne, nägelverzierte schuh, und alabastertischdecken und seidene schuh und silberne lackschuhe aus gold, und sternenbesetzte hauspantoffeln aus echtem budapester vinyl (und was du noch willst…)
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[andre rudolph]
… oh je, marie soviel reine fülle war nie aber lass‘ jetzt du siehst ja, das alles kostet geld, und niemand richtet mit soviel zärtlichem sinn auch noch für die vertracktesten, weit zurückliegenden details aus unsern sieben liebesleben wie du auf der friedrichstraße (ich wollte es nur nochmal sagen, einfach weil es gewicht hat) hinaus in die rahmengenähte früh wo die raketenwerfer unsrer spätzeitlichen schüchternheit salve um salve abfeuern, bis der ganze, dumme papierne himmel brennt oder eben etwas in dieser art, entscheide selbst …
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[andre rudolph]
aber entscheide dich bald, marie die galeere lafayette zieht bald ihre brücken hoch und dann werden nur noch die besonders kräftigen und wohlgenährten sklaven mitgenommen sprengt eure ketten! rufe ich laut (aber das ist nur eine kleine reminiszenz an den new socialism der kommen wird, er kann mir schon heute gestohlen bleiben, wenn du es wissen willst…) mit sorgfältig genährten silben und schuhen und allem plunder und hausgerät hinaus in die milchgenähte früh: liebst du mich etwa auch deshalb so halb & halb und kompetent, weil uns die doppelhelix so sanft verkettet und gefangen hält?
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[andre rudolph]
ich frage dich das… (im gedicht ist es immer die absicht, die killt, aber das weißt du ja) aber du klappst immer wieder dein handy auf wie einen spiegel, aber ich bitte dich, was gibt es an dir noch zu korrigiern? (bleib’ wie du bist) hinaus in die fettglänzende, rahmgestillte früh, in die magnetische früh (aber später), hinaus hinaus wo die silberne milch wächst, und silberne lackschuhe aus gold und dreimal hinaus … oh je, marie soviel reine fülle war nie
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[klaus f. schneider] klaus f. schneider]
temperiertes mondlicht zwischen wolkenriss & waldsaum der pulsierende punkt über den angestrahlten fassaden eine implodierte galaxie pauschaltouristen im tal routinemäßiges aufflackern von city zwischen luftgetrockneten schlagzeilen und müllabfuhr vorbeihuschende lichttupfer insistieren auf dem begriff stoppelfeld der fernsehturm als geläufiges motiv in einer landschaft mit dosenbier
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[klaus f. schneider]
ärmliche dörfer in karger vegetationskulisse dem abgründigen abgerungen sagen die texte aus milchigen landschaftsanalogien in abstrakte kommentare der dunkelheit übergehend oder in eine kollaboration mit der realität wie sie inmitten kommunaler beleuchtung und gestirntem das wort horizont repetiert. empfindungsverstärker ad libitum. zwischen immer schon lauernden fußnoten ein reflektierender hase es wäre noch einzustreuen: frisierte zweitakter zwischen rustici und verbauten oliventerrassen antizipieren minderjährige feliden den vollmond - das flugzeug wie jeden abend um diese zeit alle die über landschaft geredet haben sich in sammlungsalben zurückgezogen oder lesen über kunst & lassen tv-geräte stumm ........ flimmern mit börsenkurs unterlaufenen nachrichtenbildern ... es bedarf nicht mal der aussicht auf diesen mondbeschissenen palazzo von der gerammten brüstung einer hangvilla im rohbau über dem abgrund die beine baumeln lassen
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[klaus f. schneider]
sie haben große bunte schalen aus denen sie milchkaffee trinken beide hände wärmend und ganz bei sich. wie bei kino die darsteller immer jugendlich und gut angezogen und wenn sie sich ausziehen haben sie guten sex & dazwischen alterst du wie ein spruch an der klowand. vielleicht verweilen wir ein bisschen auf dieser ebene des textes: texte sind wie taxis. texte sind wie taxis die dich unterwegs aufgabeln oder an dir vorbeirauschen texte sind auch wie kino oder klo aber darauf wärst du bestimmt von allein gekommen
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[klaus f. schneider] kla
ein strandabschnitt nicht grĂśĂ&#x;er als ein stĂźck papier schwemmland oder treibgutmuseum private wirklichkeitssammlung vielleicht das venedig des kopfes zeile um zeile abgelagertes ich
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us f. schneider]
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[katharina schultens]
ein zahmer begriff: pool eigentlich eine gut erträumte charybdis zu besichtigen, von innen & zu zweit. meine antagonistin – es mußte immer eine sein – mit herzlosem porzellangesichtchen, funkenloser blick - - als ich sie schluderig ertränkte, auf dem strudel rudernd, sie geschickt den kopf zu drehen wußte, daß der fischmund oben, oben, o schließlich meine alte eingeübte kiemenatmung imitierte, die die ich verlernt – ein monstrum an evolution, gespult. eine dauernde these, gnadenlos. entkam ich stakte den schneebedeckten hang ab fand zuflucht, sie in der tür, verwundet heimchen, schlug zu, die scheibe zitterte. weiter übergangslos, wenn man dem schnitt glaubt türenwirrwarr, typisch, im zweiten rettungsgebäude, och nö, muß das, ich - - ausgang. oops. ein flughafen! & dann wie stets kurz vor schluß perfidität: wir wären abgehoben wir standen auf start wir hatten beschäftigungspläne nur ich hatte wieder meinen typ gebracht & seine stalkerin saß strickend eine reihe weiter
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[katharina schultens]
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intern: vermutlich eine art glockenspiel schwere schlagwerkgeschichte oder dumpfes messingding jedenfalls hat das rhythmus & haut drauf & ich bzw. wir oder wer sich dazwischenbegäbe: schnitzel. die plattgeklopfte faserversion die zwischen brösel gelegt gehört & das zweite wär dann: zwieback. was krümeliges. es gibt die möglichkeit (nass) zu zerfasern. es gibt die möglichkeit (trocken) zu bröckeln. das sind aber nur zwei & das ist nicht präzis gedacht, ich weiß es gibt ein system ich muß nur nochmal rein. eine option: etwas wird zusammengeklopft mit klang immer dichter schließlich hart, aber eine ganz krustige härte mit eingedellter oberfläche die nicht mehr resoniert. oh junge ein fürchterlich dumpfes auffangen der impulse - eine andere variante: knetmasse die immer nur auffängt sich dabei verformen läßt, fettigen film auf dem schlagwerk hinterläßt, überhaupt: das lassen ist eine tätigkeit die viel aufwand erfordert ich muß es wissen.
[katharina schultens]
ich will aber was anderes, nämlich will ich zwar verhärtung, aber eher glühend, ich will erhitzung im prozeß so daß die abnutzung ausgeglichen wird durch ein absolutes umwandeln des ausgangsmaterials, ich will daß am ende ein neues element sich entweder außerirdischen edelmetallen unterordnen ließe oder aber auch keiner metaidiotie. ich will daß charakterbildung & seelenheil re-verwendbar werden, ich will einen prozeß der unerbittlich ist & meinetwegen bezeichne auch das mit liebe & einer emphase, die – bollocks, ich will ein manifest aus härte, verbindlichkeit & understatement ich will bösartig sein & pilgerig überhaupt nicht so wie du mich möchtest, aber so. daß du mich willst.
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[katharina schultens]
poolbildung es war nicht ganz auszumachen, an der standardböschung da meine kulissenbildung ja nie besonders originell, wie auch immer, mit den füßen im wasser wurde deutlich: ein kieselboden, gluckernd rutschte der eine um den anderen nach unten, es begann ein hektisches strtrampeln ohne geräusch – – balance wie bilanzierung, ich hatte genug von analogien, stieg triefend zurück, die schwere des tritts auf der ersten stufe, alles heillos banal – ich ich wollte aber zärtlich bleiben, warf daher ein handtuch mit bedacht auf windrichtung in den sand, konnte die mündung sehen, was an strudeln strömung dahinter lag, es begann meer eine prüfung, ein zeugnis, formulierungstechniken, der sand bildete begehren ab – bestenfalls – – ansonsten einen unterzucker das abreiben nahm einiges mit, es ging nichts als ein bedarf verloren & wie immer, meistens in solchen, heiklen situationen gab es fahrradfahrer in konversation den abhang herunter, die sich überhaupt nicht scherten, eine furt vermuteten, wo keine, nurwiramrand
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[katherina schultens]
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[jan skudlarek]
brooklyn, 1907
wie liegengelassen die schornstein buckel auf .den rücken erker sind geschwülste ein pavillon und überall gardinen als lider membranen an den scharten der siamesischen häuser für zwei dollar über den styx bis nach boston & zurück zu den abgenagten galgenbäumen in den furchen. der straßen zu fuß. der februar als eigener winter gefriert die fassaden gemüter und ein pferd auf der avenue zementiert in den schnee sucht halt mit dem blick an den . dämpfen die zum himmel sickern. so symmetrisch gezimmert die stadt und die wäsche fast flaggen in den böen und dort hinter .dem back stein lauern die menschen aschblau gefärbt & you can ..sense them fading.
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[jan skudlarek]
2 patienten 1 damals, als sich die stadt brandrodete gingen wir durch die trockengeleckten straßen & dein verkohltes staunen überzog die ruinen like a mermaid etherised upon a table kaum ruß an den schläfen doch die lippen wie schwelendes holz. in einem restaurant (entkernt) saßen wir & aßen mit ausgeweideten mienen die wand uhren von den tellern gabelten uns die zeit & ich maß dein leben aus mit teelöffeln. 2 bisweilen war ich versucht zu sagen I have gone at dawn through narrow streets & ein kohleschleier bot sich an als zweite haut & erste nacht, die ihre erloschenen finger ins weiße dickicht unsrer unterarme tauchte als es kälter wurde schluckte speiste ein blässlich gelber nebel die beine bis zum knie & wir beschlossen in ihm die stadt zu überschlafen wie zwei narkotisierte patienten.
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[ron winkler]
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[ron winkler]
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Nächte im Siegermedium für Jeffrey McDaniel
wenn wir nicht schlafen können, zählen wir die Rettungswagen, die an den Krankenwagen, in denen wir uns befinden, vorüberfahren. wenn wir nicht schlafen können, leuchten wir so als wäre Dunkelheit Licht. wenn wir nicht schlafen können, zählen wir die, die nicht schlafen können. wenn wir nicht schlafen können, stehen wir auf, um diesen Zustand kultiviert auszugestalten als vielleicht hohläugige Heideggerkeit. wenn wir nicht schlafen können, beobachten wir die gähnende Lokalpolizei unserer gähnenden Körper bei der gähnenden Lektüre gähnend spannender Hausmitteilungen, Dienstanweisungen. wenn wir nicht schlafen können, dann rezitieren wir die zwei drei vier Zeilen der zwei drei Gedichte, die wir kennen. wenn wir nicht schlafen können, sind wir kleine Tretboote Potemkin.
[ron winkler]
weil es New York ist New York ist nicht die Stadt, die nie schläft. New York ist die Stadt, in der es fast niemanden gibt. in der also fast niemand Angst hat. New York ist eine Manie aus zweiundzwanzig automatischen Brooklyns. aus 5,2 hoch 1,3 Manhattans. aus gasförmigem Hudson. die Leute picknicken in Picknickdocks, Fahrstühlen, Parks, in Ruhe, im Obdachloswerden, in ihren Handtaschen post-industrielles Öl. New York Öl. New York Spraydosen. New-York-sich-verlaufen. Häuser, als hätte man sie mit Country beschallt. Gehwege wie aus Amphetamin. Eisengrimassen, Wolkenberührer – Jesus in Wonderland! hier lebten und wirkten Jungs, die das College abschlossen, um Schnurrbärte zu haben. hier leben und wirken Mädchen mit geometrisch sich auswirkender Arroganz. New York, das sind nicht nur die Mieter und Mietermörder, sondern auch die geschlossenen Augenlider der Elevatoren auf Ebene Null. Yankeesex in broad daylight. New York ist nicht ein York, das neu ist. New York sind die Batterien in den Ablichtgeräten der Flughafenbenutzer. New York ist die Stadt, in der unter anderem Gott nur geschrieen werden kann. du begegnest New York, wenn du von New York nach New York fährst. oder von Neon aus in die Bronx. die Stadt gehört zur Familie der Museen für moderne Verzweiflung. man sieht es ihr an. man sieht es ihr nicht an. New York liegt press zu sich selbst. und ist nicht das Geheimnis von Frisco. kann es nicht sein. das Klima gleicht zu sehr dem Futur.
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[ron winkler]
manche glauben, New York schlafe wie ein Amboss spielender Kolibri. schlafe sich in einen Zustand von Wachheit. You know. höchst blaues New York und zutiefst rotes. und grünes Dollar-New-York. gelb blühendes Taxi-Popup-New-York, Reminiszenz an die Maismaler hinten (draußen) im ersten Amerika. die Arznei-Troubadoure von Utica. war ihr Geschlecht wirklich New York? geh nur einmal eine der Torpedoalleen entlang, auf denen das Land tatsächlich in die Stadt transportiert wird. bewege dich dabei wie eine Mischung aus unstringenter Lebenswolf und Introsekt. weil es New York ist.
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[ron winkler]
zweites urbanes Panneau für Tom Schulz
sag über, sag unter, sag Stadt. sag, was du gesehen hast. sag die rundum verspiegelten Taxis, die zwischen dem Bauen gewidmeten Bauten hin und her Luft verschieben. sag ziemlich schnell Kinder, die unter Aufsicht von auf verschiedene Personen verteilten Hermaphroditen Elementarteilchen zu löschen haben. sag Kinder, denen man ansieht, dass ihre Eltern oder übrig gebliebenen Elternteile Francis Bacon verehren. sag Francis Caspar Bacon Kahlo. sag die Kassiererinnen, die während ihrer Pausen in den Hinterzimmern der Supermärkte tanzen wie balinesische Göttinnen ohne näher spezifizierten Aufgabenbereich. sag die zu unfreiwilligen Klienten gewordenen Opfer der Eindrucksfarmer. sag sie auch zu ihnen selbst. sag, dass wir Symbolsex hatten am Nordweststern, den man auch Halbgelbplanet nennt oder nannte. sag, dass wir gleichzeitig aus drei Kontinenten stammen. sag, dass fast jeder von Geburt an ein Telefon bewohnt. und nicht über das Viertel der Zölibanten spricht. das eine Mandelform hat. fast wie der Park, den du in meinem Park angelegt hast. ein Überpark, in den man nur von wenigen Referenzgebäuden aus blicken konnte. kann. sag die Gebetsgemeinschaft der Ägyptiseure, die unser Sein zu dromedarisieren versuchten. sag die Bacchusbrüste der Geliebten in lauen Sommernächten. sag Herbst minus zwei Türme.
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[ron winkler]
sag Beamte, sag Winter, mit Leinwand auf Öl gemalt. sag, wie wir überzogen sind von Digitallack. und dass es keinen Angora-Beton gibt. nur Liebe, geregelt durch den Schnee der Gefühle. und Teufel, aus Mangel an Teufeln. sag, dass man nach hundert Vorlesungen im Sozialamt einen Besuch gratis erhält. sag: die Wolken beginnen immer zuerst am Himmel. sag: jeder zweite Odysseus hält sich eine Sirenenmaschine ans Ohr. sag auch die Ballerinen, die insgesamt und einzeln alle Eurydike heißen. weil sie an den Ausfallstraßen die Fensterscheiben der Fluchtfahrzeuge streicheln. weil es so ist. weil es so determiniert ist. weil das die Sinusseite der Gegenwart zeigt. sag das. vielleicht.
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[vitae]
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[vitae]
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