Rauszeit sommer 12

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RAUSZEIT

RAUSZEIT

Ausgabe Sommer 2012 Preis: 2,00 €

ERLEBT

BESSERWISSER NACHGEFRAGT

In der Guajira-Wüste sagen sich Sanddünen und Kakteen »Gute Nacht«. Der nördlichste Zipfel Kolumbiens ist bis auf wenige Wayuu-Indianer fast menschenleer. Eine Reise an das Nordkap Südamerikas. Mehr auf S. 14

Die Welt der Regenjacken kann kompliziert sein. Wann ist wasserdicht wirklich dicht? Und was gibt es beim Kauf zu beachten? RAUSZEIT bietet Aufklärung zur komplexen »Seele« einer Regenjacken. Mehr auf S. 20

Die Geschichte beginnt in Peking und endet 4646 Kilometer weiter westlich. Christoph Rehage beschreitet seinen längsten Heimweg – kalte Nächte und wunde Füße sind ständige Begleiter. Ein Blick ins Nähkästchen. Mehr auf S. 22


RAUSZEIT Sommer 2012

Quelle: Hilleberg / Bo Hilleberg

STANDPUNKT

Als wir vor Jahren begannen, unsere Geschäfte aufzubauen, taten wir das hauptsächlich, um unserer Leidenschaft für »draußen« und der dafür notwendigen Ausrüstung zu folgen. Den Begriff »Outdoor« nutzten damals nur die anglophilen »Insider«. Komischerweise taten wir trotzdem gerne das, was heute unter Outdoor zusammengefasst wird: vor die Türe gehen, draußen sein, Zeit mit Freunden in der Natur, auf dem Wasser und am Berg verbringen – Sommer wie Winter. Wunderbar auch ganz ohne Wortdefinition. Selbstgebastelte Klettergeschirre und amateurhaft zusammengenähte Schlafsäcke waren uns gut genug, um RAUS zu gehen. In Euren Händen haltet Ihr die erste Ausgabe von RAUSZEIT. Darin wollen wir Erfahrungen mit Euch teilen, schlummernde Sehnsüchte wecken und fachkundige Beratung bieten. Wir sehen sie als AUSZEIT, um gemeinsam das RAUS zu träumen, zu erkunden und zu planen. Letztendlich steht der Begriff Outdoor für ein individuelles Lebensgefühl, das wir seit Jahren mit Leidenschaft leben: Grenzen zu sprengen und festgetretene Pfade zu verlassen. Es bedeutet, auf der Suche nach echten und einzigartigen Erlebnissen in der Natur die eigene Komfortzone zu definieren. Egal ob zu Fuß, auf dem Tourenrad, im Kajak oder in der Kletterausrüstung. Es ist dieses Gefühl, morgens vor dem Zelt zu sitzen und frische Luft einzuatmen, die sich mit dem Duft handgebrühten Kaffees vermischt. Oder das Gefühl, nach einer anstrengenden Wanderung am Ziel anzukommen, ein Stück Wildnis für sich allein zu haben und einfach den Moment zu genießen. Das Fauchen des Benzinkochers, die Vorfreude auf die einfache, aber unglaublich leckere Mahlzeit oder das beruhigende Geräusch der Regentropfen auf dem Zelt, während man sich gemütlich in den Schlafsack kuschelt. Unsere Begeisterung für diese Augenblicke ist Teil unserer Philosophie. Erfahrung kann man sich nicht anlesen, man muss sie machen. Genau deshalb legen wir großen Wert darauf, dass all unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die Passion für RAUS teilen. Schon immer haben wir unser Sortiment an Ausrüstungsgegenständen und Bekleidung selbst auf Tour getestet. Und zugegeben – wir glauben auch bei Produkten an die Liebe auf den ersten Blick. Gemeinsame Naturerlebnisse, einzigartige Eindrücke auf Reisen und Glücksmomente nach dem Erreichen sportlicher Ziele sind unsere »Tankstelle« für die Begeisterung, die wir mit unseren Kunden teilen möchten. RAUSZEIT soll ein Teil von uns werden – und hoffentlich von Euch.

Natur als Kulturerbe Im schwedischen »Allemansrätten« – dem Jedermannsrecht – ist festgehalten, dass Natur für alle Menschen zugänglich sein soll. Das bedeutet, man darf sein Zelt in der Wildnis fast überall aufstellen. Die Wurzeln des Rechts gehen zurück bis ins Mittelalter, als Reisende sich in der Natur mit dieser grundlegenden Freiheit ihren Proviant für unterwegs direkt in den Wäldern suchen konnten: Nüsse, Beeren und Fisch im Überfluss. Das Recht existiert auch nach Jahrhunderten weiter. Doch es gibt bestimmte Regeln, die man befolgen muss. Der Zeltplatz ist sauber zu hinterlassen und Feuer darf nur an »sicheren« Stellen entzündet werden. In Nationalparks und Naturreservaten gelten meist spezielle Regeln, über die man sich im Vorfeld informieren sollte. Wer sein Zelt in der Natur aufstellt, muss das außerhalb der Sichtweite von Häusern und Grundstücken tun, um deren Bewohner nicht zu stören. Angeln gehören heute nicht mehr in das schwedische Allemansrätten. Dafür muss man im Besitz einer »Fiskekort« sein, einer Angelerlaubnis, die in Schweden an vielen Tankstellen und Supermärkten gegen ein kleines Entgelt erhältlich ist.

Alpine Evolution

Wir sind gespannt auf Eure Meinung. (redaktion@rauszeit.net) Viel Spaß beim Lesen und Träumen!

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(c) Rick Reanier/Archiv Jochen Hemmleb, Bozen

Andreas Hille (Camp4), Michael Bode (SFU) und Teams

Am 8. Juni 1924 brechen die beiden Briten Andrew Irvine und George Mallory aus dem letzten Mount-EverestHochlager in Richtung Gipfel auf. Was danach auf über 8300 Metern geschieht, ist unklar. Beide kommen unter mysteriösen Umständen am Berg ums Leben. Ob die beiden möglicherweise die wirklichen Erstbesteiger des Mount Everest sind, bleibt bis heute ein Rätsel. Ein Rätsel, mit dem sich Alpinhistoriker Jochen Hemmleb seit Jahren beschäftigt. Bei einer Suchexpedition stößt sein Team 1999 auf die durch Kälte konservierte Leiche Mallorys. Nun findet er Antworten auf jahrzehntelang ungeklärte Fragen: Starb Mallory durch einen Unfall oder war eine schlechte Ausrüstung die Ursache für seinen Tod? Wie man nun bei Untersuchungen herausfand, war Mallorys Kleidungssystem überraschend ausgeklügelt und folgte damals bereits Prinzipien, die bis heute noch Standard im extremen Höhenbergsteigen sind. Wechselnde Schichten aus Wolle, Seide und Flanell wirkten wärmend und gleichzeitig klimaregulierend – schon einmal vom Zwiebelprinzip gehört? Die nötige Isolierung gegen die extreme Kälte von bis zu minus 40 Grad entstand durch eine äußere Flanellschicht (ähnlich eines Holzfällerhemds) und einer Jacke aus dem Webstoff Gabardine. Diese sehen die Forscher als eine Art Vorläufer der modernen, wasserdichten Funktionsstoffe: sehr eng gewebt, um Wind abzuhalten, aber offenporig genug, um Wasserdampf durchzulassen. Unerwartet war auch das Gewicht der damaligen Ausrüstung: Annähernd 40 Prozent weniger wogen die aus Filz und Kalbsleder bestehenden Bergstiefel im Vergleich zu heutigen Expeditionsschuhen. Leichtgewicht oder Leichtsinn? Hemmleb schätzt die Lederstiefel als – unter normalen Umständen – angemessen ein. »Es sind von den Bergsteigern der Expedition 1924 keine größeren Erfrierungen bekannt, das heißt, die Wärmeleistung der Schuhe war ausreichend.« Diese Erkenntnisse sind jedoch nicht nur historisch von Relevanz, sondern fließen heute in die Entwicklung hochfunktioneller und insbesondere langlebiger Kleidung ein. »Denn besonders haltbar und stabil«, gibt Jochen Hemmleb zu bedenken, »war die Ausrüstung der risikofreudigen frühen Alpinisten nicht.«


UNTERNEHMUNGS-BERATER Thomas Laux – SFU »Von Schweden bin ich fasziniert, seit ich vier Monate lang Skandinavien mit dem Rad umrundet habe.« Thomas lebt heute die meiste Zeit des Jahres in einem kleinen Haus in den schwedischen Wäldern. Über die Wintermonate kehrt er jedoch nach Deutschland zurück, um bei SFU seine Leidenschaft für das »Draußen-Unterwegs-Sein« mit den Kunden zu teilen.

Dem Regen Beine machen Trotz der unzerstörbaren Hoffnung auf einen regenfreien Sommer erlebt jeder Fahrradfahrer oder Wanderer regelmäßig die Situation, dass ein Wolkenbruch für eine überraschende Dusche sorgt. Der sportliche Spaß findet so schnell ein nasses und ungemütliches Ende. Außer man hat eine Regenhose im Gepäck. Um die ebenso unangenehmen Wasserdampfansammlungen in der Regenhose zu vermeiden und trotzdem sportlich flexibel zu bleiben, gibt es »Rainlegs«. Die Regen-Halbhose lässt sich wie ein Gürtel um die Taille schnallen. Die Beinteile werden abgerollt und bedecken die Oberschenkel und Knie auf der Vorderseite. Genau die Teile des Beins also, die den Großteil des Regens abbekommen. Da die Rainlegs nur durch einen Klettverschluss an der Beinrückseite zu befestigen sind, haben die Beine weiterhin genügend Luft zum Atmen und das feuchtwarme Klima gibt es erst nach dem Sport – in der Sauna. Die Regenbeine benötigen wenig Stauraum und sind federleicht. Preis: 27,95 €

Wildnis-Werkzeug Seit mehr als hundert Jahren stehen Gränsfors-Bruks-Äxte für Qualität und Tradition. Wer das Gelände der Manufaktur betritt, muss nur dem hallenden, rhythmischen Klopfen folgen. Dort, in den Werkstätten der Gränsfors-Schmiede, werden die Axtblätter noch in präziser Handarbeit gefertigt – inklusive 20 Jahren Garantie. Axtliebhaber aufgepasst: Gränsfors bietet »Freizeitschmieden« die Möglichkeit, in speziellen Kursen die Grundlagen der Axtschmiedekunst selbst zu erlernen. Das Holz für das nächste Lagerfeuer spaltet dann die selbstgemachte Axt. www.gransfors.com

Hosentaschenrucksack So groß wie ein Apfel, leichter als eine Tafel Schokolade und wasserdicht. Der Tagesrucksack »Ultra Sil Dry« von Sea to Summit wiegt keine 100 Gramm und lässt sich bei Nichtgebrauch auf Tennisballgröße schrumpfen. Trotz des unschlagbar geringen Gewichts verfügt der Rucksack im entpackten Zustand über einen Stauraum von 20 Litern. Der vielseitige Winzling ist die ideale Ergänzung zum großen Trekkingrucksack: Er kann in einen wasserdichten Packbeutel auf Tour umfunktioniert werden oder lässt sich als ultraleichter Notfallrucksack einsetzen. Preis: 34,95 €

IMPRESSUM: Herausgeber: CAMP4 Handels GmbH Karl-Marx-Allee 32 10178 Berlin SFU – SACHEN FÜR UNTERWEGS GmbH Neue Str. 20 38100 Braunschweig Verantwortlich für den Inhalt: Michael Bode, Andreas Hille

Redaktion & Konzept: outkomm GmbH Fleubenstrasse 6 CH - 9450 Altstätten www.outkomm.ch redaktion@rauszeit.net Layout & Produktion Marvin Lang

Druck Jungfer Druckerei und Verlag GmbH Gutenbergstraße 3 37412 Herzberg am Harz Copyright: Alle Beiträge sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwendung ist ohne Zustimmung der Herausgeber unzulässig und strafbar.

Seit wann bei SFU? Von 1996 bis 1998 bin ich in 1001 Tagen um die Welt geradelt. Danach habe ich bei SFU angefangen. Erst als Aushilfe, dann festangestellt. Bis ich gekündigt habe, um nach Schweden auszuwandern. 2004 habe ich dann im Januar und Februar wieder bei SFU gearbeitet und seither jeden Winter. Gelernter Beruf? Bevor ich bei SFU anfing, hatte ich bereits jahrelang als Tischler und Schreiner gearbeitet. In Schweden mache ich das nun im Sommer. Lieblingsverkaufsbereich und warum? Vor allem Schuhe, Rucksäcke und Zelte. In diesen Bereichen ändert sich nicht jede Saison die komplette Kollektion. Daher kann ich die Kunden auch nach meiner sommerlichen Abwesenheit gut beraten. Lieblings-Ausrüstungsgegenstand? Meine Kamera, die wohl gleichzeitig auch der schwerste Teil der Ausrüstung ist. Ansonsten müssen meine Therm-a-Rest und ein Whisperlite (Kocher von MSR, Anm. d. Red.) mit.

Joh Ahrens – Camp4 Um mit seinen Kleinkindern aufregende Ferien in der Wildnis erleben zu dürfen, schleppt Joh auch gerne mal einen 40-Kilo-Rucksack, gefüllt mit Essen und Windeln. »Die Momente mit unseren Kindern in den Weiten der Berge, am Fuße eines Gletschers oder zeltend an einem türkisblauen See – einfach unbeschreiblich.« Seit wann bei Camp4? Im April 2006 stolperte ich über einen Zettel an der Tür meines Stamm-Outdoorladens: »Studentische Hilfskraft gesucht«. Das Vorstellungsgespräch war kurz und schmerzlos, die Atmosphäre nett und ich ebenso schnell eingestellt wie herzlich aufgenommen. Gelernter Beruf? Das Physikstudium habe ich zu Gunsten meiner Camp4-Laufbahn an den Nagel gehängt. Als Student immer mehr gefordert und benötigt, arbeitete ich bald deutlich mehr als halbtags. Der Schritt zur Festanstellung war entsprechend klein. Lieblingsverkaufsbereich und warum? In Sachen Rucksäcke, Schlafsäcke, Küche und Zelte fühle ich mich wohl. Fasziniert bin ich von Details, bei denen ich merke, hier hat sich ein Entwickler Gedanken gemacht. Das Equipment muss ein Leuchten in den Augen hinterlassen, darf dabei aber weder verspielt noch übertechnisiert werden. Lieblings-Ausrüstungsgegenstand? Es sind oftmals die kleinen Dinge, welche den gewissen Unterschied machen: zum Beispiel ein EVA-Sitzkissen oder ein Minischneebesen.

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Verdrehter Blick auf die Lofoten in Norwegen, fotografiert von Lars Schneider, outdoor-visions.com

Seekajaker in Baja California Mexico, fotografiert von Lars Schneider, outdoor-visions.com

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RAUSBLICK

Mountainbiker auf der Chilcotin Range Kanada, fotografiert von Jordan Manley, jordanmanley.com

Longboarder in Schottland, fotografiert von Lars Schneider, outdoor-visions.com

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Erlebt: Trekking auf der Isle of Skye

SCHOTTISCHER WASSERMARSCH Wer die Isle of Skye zu Fuß von Nord nach Süd durchqueren will, muss wetterfest sein. Sturm und Regen gehören zum herben Charme der Insel. Aber erst bei Sonne merkt man, wie schön es hier oben eigentlich ist. Ein wenig steif liegen wir in unserem Zelt. Seit 32 Stunden schon. Am Fußende hat sich eine kleine Pfütze gebildet – dort, wo der Regen seit vorgestern vom Sturm an die kleine Lüftungsöffnung gepeitscht wird und das Wasser irgendwann einen Weg ins Innere gefunden hat. »Dass das Wetter plötzlich so umschlägt, damit hat ja keiner rechnen können«, versuche ich Katrin unsere Entscheidung schönzureden, den Weg über den Kamm der Trotternish Ridge fortzusetzen. Als Einzige von uns vieren hatte sie den Braten offenbar gerochen und dem kurzen blauen Fenster im vorher meist düsteren Himmel nicht getraut. Drei volle Tage hatte es da schon ohne Unterlass gestürmt. Doch Susi, Patric und ich hatten trotzdem den Arm gehoben auf die Frage: »Und wer ist dafür, oben auf dem Grat weiterzugehen?« Unten, irgendwo am Fuß der Ridge, wären wir momentan sicher besser aufgehoben, denke ich für mich. Andererseits: Das werden wieder tolle Geschichten, die wir später erzählen können. Vor allem Patric freut das. Es ist seine erste echte Trekkingtour mit Übernach-

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tungen in der Wildnis. Mit Susi liegt er im zweiten Zelt, etwa zehn Meter von Katrin und mir entfernt. Bei ihnen sind schon die Fußenden der Schlafsäcke durchweicht, aber die Moral ist trotzdem noch bestens. Solange der Schokoladenvorrat hält, gibt es keine schlechte Laune, da bin ich mir sicher. Patric hat nur ein kleines Problem. Als wir uns vorhin kurz beim Wasserholen gesehen haben, hat er es erzählt: »Ich habe mein Buch schon ausgelesen und musste vor Langeweile nun mit Susis anfangen.« Ich bin gespannt, wie lange er es aushält, sich dem Nachfolger von »Der Teufel trägt Prada« zu widmen. Männerlektüre ist das ja nicht unbedingt. Nicht auszudenken, was passiert, wenn dann auch noch die Schokolade zur Neige geht.

Warnung des Wettergotts Dass mit dem Wettergott der Isle of Skye ganz offensichtlich nicht zu spaßen ist, spüren wir gleich zu Beginn unserer Tour. Keine zwei Minuten nachdem uns ein Linienbus

am Nordende der Insel ausgespuckt hat, schüttet es wie aus Eimern. Ins kleine Bushäuschen der Haltestelle gequetscht harren wir aus, bis es wieder aufhört und in der Nähe der erste Regenbogen erstrahlt. Eine Warnung? Wir lassen uns nicht entmutigen und genießen den restlichen ersten Tag trocken und mit einer Handvoll Sonnenstrahlen auf dem Weg zur Nordspitze von Skye, der Halbinsel von Rubha Hunish. Von dort geht es in den nächsten Tagen nur noch gen Süden. Wir laufen auf einer Schotterpiste auf einen Hof zu und folgen dann einem Pfad zu einer Wiese, die weit in der Ferne am Fuß der Trotternish Ridge endet. Den Höhenzug zu erreichen ist unser Ziel für den ersten Tag; und es gelingt, obwohl wir plötzlich am Ende des Weges stehen, vor uns nur Wiese, hinter uns die falsche Richtung, kein Hinweisschild, niemand da, den man fragen könnte, nur Natur, soweit der Blick reicht. Mutig gehen wir querfeldein und lernen gleich eine wichtige Lektion: Die Insel gleicht einem Schwamm. Überall dort, wo befestigte Wege fehlen, hat


Und täglich grüßt der Nebelschleier. Eine Tasse heißer Tee hilft gegen das Trübsal am Morgen.

Freie Flächen zum Zelten gibt es auf der Isle of Skye zur Genüge. Sobald man eine trockene Stelle gefunden hat, beginnt der gemütliche Teil des Tages.

sich der Untergrund vollgesogen, jeder Schritt schmatzt, Moos und Matsch saugen an den Stiefeln. Unser wasserdichtes Schuhwerk schätzen wir mit jedem Kilometer mehr. In den nächsten Tagen wollen wir einen Großteil der Isle of Skye zu Fuß von Nord nach Süd durchqueren. Auf dem Skye Trail. Irgendwo im Web hatten wir von ihm gelesen und dann versucht, mehr herauszubekommen. Was gar nicht einfach war, denn der Trail ist nur halbwegs offiziell und führt zu einem großen Teil unmarkiert über die Insel. Was wir aber immer wieder fanden, waren Hinweise auf die Schönheit des Trails und der Landschaft: Das Wort »legendary« fehlte nie. »Aber erst im September, wenn die Midges tot sind«, hatte Katrin noch zur Bedingung gemacht. Da sich keiner von uns mit den bösen kleinen Beißmücken anlegen wollte, gab es keine Einwände. Der Herbst erreicht uns am zweiten Morgen der Tour. Es ist grau und ungemütlich außerhalb der Schlafsäcke, wir frühstücken in den Windschatten der Zelte gekauert und schließen Wetten ab, wie lange der Regen auf sich warten lassen wird. Am Ende verlieren wir alle. Denn kaum haben wir die Rucksäcke geschultert und die ersten hundert Meter hinter uns gebracht, öffnet der Himmel seine Pforten. Weil es schnell gehen muss – und wir auf ein schnelles Ende hoffen –, ziehen wir nur kurz Regenhosen und -jacken über und gehen weiter. Wir wollen nach oben, den Kamm der Trotternish Ridge erklimmen, sind

gespannt auf die Aussicht. Doch der Hitzestau, den die volle Herbstmontur auslöst, zwingt uns bald zum nächsten Halt. »Ausziehen, unbedingt«, finde ich, doch Susi ist anderer Meinung: »Es kann ja jeden Moment wieder anfangen mit dem Regen.« Doch es sieht nicht danach aus, und weil auch Katrin und Patric sich schon umziehen, fügt sie sich dem Mehrheitsentscheid. Fluchend zwar, aber immerhin. Und dann, nur zehn Minuten später, ich mag es kaum erzählen, kommt der Regen zurück. Stärker noch. War ja klar.

Der Griff zum Zaubertrank Vom Grat der Ridge reicht der Blick unterschiedlich weit, je nach durchziehender Regenfront, die leicht auch mit Hagel oder Nebel verbunden sein kann, wie wir schnell merken. Mal sieht man nur die Fußspitzen, mal bis zurück nach Rubha Hunish und hinab nach Flodigarry, dem nordöstlichsten Ort von Skye. Minütliche Änderungen inbegriffen. Die Aussicht ist spektakulär, umso mehr frustriert da das Wetter. Und so bleibt nur eines: der Griff zum Zaubertrank. Was für die Navigation auf Skye die topographische Karte und ein GPS-Gerät sind, das ist für die Seele des Wanderers ein Schluck guter Whisky. Das hatte man uns so erklärt - oder zumindest so ähnlich, nüchtern versteht man die Schotten ja nicht immer auf Anhieb. Also haben

wir uns zwei Flachmänner Talikser mitgenommen, ein prämierter Single Malt Whisky direkt von der Insel. In den Seitentaschen der Frauenrucksäcke wartet er auf seinen Einsatz, wenn Moral und Kraft sich dem Ende neigen. Ein Highlight der nördlichen Trotternish Ridge ist Quiraing: Ein Erdrutsch hat hier bezaubernd mystische Felsund Landschaftsformationen hervorgebracht, wie »The Needle«, eine fast 40 Meter hohe Felsnadel, oder »The Table«, eine große, ebene Grasfläche, die ursprünglich vom Gipfelplateau stammt und inmitten von unzähligen Felsblöcken jeglicher Form und Größe völlig fehl am Platz wirkt. Wir stehen weit über den zerklüfteten Steinformationen und haben einen ganz untypischen Blick auf das felsige Chaos. Wir schauen noch eine Weile auf Quiraing hinab, bevor wir uns dem Sturm entgegenstemmen, weiter südwärts laufen und nach einer kleinen Senke schon den nächsten Gipfel angehen. Anstiege und Höhenmeter auf Skye sind mit den imposanten Gebirgen dieser Welt nicht vergleichbar, an landschaftlicher Schönheit kann es die Insel allerdings leicht mit der Konkurrenz aufnehmen. Auch bei der Wahl der größten Vielfalt an Grüntönen auf kleinem Raum wäre ein Sieg zumindest realistisch. Am dritten Tag der Wanderung – zum ersten Mal hat die Sonne länger als eine halbe Stunde ohne Unterbrechung geschienen – wächst der Sturm, der zu einem guten Be-

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Mit dem Bus erreichen wir den Ausgangspunkt für den zweiten Teil des Skye Trails: Sligachan Hotel.

kannten geworden ist, zu einem starken Sturm an. Da ist nichts mehr vertraut, da peitschen uns die Riemen der Rucksäcke um die Ohren wie nie zuvor. Oben auf dem Grat, der eben und zum Teil breit wie ein Fußballfeld daliegt, können wir uns kaum auf den Beinen halten. Eine Unterhaltung ist unmöglich, der Wind reißt den Schall von den Lippen und trägt ihn davon. So entscheiden wir uns etwas später, an der östlichen Seite der Trotternish Ridge etwas unterhalb der Kammlinie weiterzugehen. Der Ausblick ist möglicherweise nicht ganz so beeindruckend, aber die plötzliche Stille ein großer Genuss. Es gelingt der Sonne sogar, uns ein bisschen zu wärmen. Und dann, am gleichen Nachmittag, folgt die eingangs erwähnte verhängnisvolle Abstimmung. Jetzt, 40 Stunden später, so im Schlafsack liegend und bald etwas durchgelegen, das unablässige Rattern und Flattern des Zelts in den Ohren, sehe ich die Vorzüge eines Abstiegs, wie Katrin sie im Kopf hatte, durchaus klarer.

Scheibenwischer, höchste Taktung Wir haben pausiert. In der Zivilisation. Die Ridge verlassen, mühsam, durch ein Seitental, natürlich weglos. Die

Schlafsäcke und Zelte sind nun getrocknet, die Hosenbeine, an denen sich Schlammreste bis auf Kniehöhe festgesetzt hatten, ausgewaschen. Die Schokoladenvorräte wurden aufgefrischt, genauso wie die männliche Reiselektüre. Das tat gut. Nun sitzen wir erneut im Bus, um den Skye Trail dort aufzunehmen, wo es wieder spannend wird: am Sligachan Hotel. Die Seitenscheiben sind beschlagen, nur die Busfahrerin sieht etwas in den kurzen Augenblicken, in denen ihr Scheibenwischer bei höchster Taktung die Wasserwände, die uns der Himmel schickt, zur Seite wischt. Es ist nicht mehr so windig, das ist gut. Weniger Mut macht die Verabschiedung, als wir am Hotel aussteigen: »Nach Elgol wollt Ihr?«, fragt uns die Frau hinterm Steuer. »Dann passt auf die Flüsse auf. Wenn es so stark regnet wie heute, kann es passieren, dass ihr nicht weit kommt. Querungen sind dann viel zu gefährlich.« Das müssen wir erst einmal verdauen. Am besten bei Tee, Whisky und einem dunklen Bier im Sligachan Hotel. Der Kasten ist hart im Nehmen, wie er hier, am Fuße der Cuillins, schon seit über 180 Jahren steht. Vielleicht färbt das ab. »Oder wir bekommen drinnen noch ein paar Tipps, wie wir ähnlich stark werden«, hofft Susi. Der Re-

Zwischendurch zeigt die Insel ihr sonniges Gesicht und lässt weit bis aufs Meer blicken.

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gen streicht wie ein böser Geselle vor dem Fenster der Bar vorbei. Horizontal treibt er Wasserwände vor sich her, gönnt ihnen keine Pause. »Ihr wollt da doch jetzt nicht tatsächlich raus?«, fragt Patric uns ungläubig, als wir irgendwann die Gläser geleert haben und aufstehen. »Meine Sachen sind doch grad erst getrocknet.« Ein wenig kann er uns noch aufhalten – so richtig zieht es Katrin, Susi und mich ja auch nicht nach draußen. Doch irgendwann stehen wir gemeinsam im Freien. Der Regen tropft schon von der Krempe der Kapuze, da haben wir den Windschatten des Hotels noch gar nicht verlassen. Lautstark verflucht Patric die Gruppendynamik, im Stillen tun wir das wohl alle. Über die alte Sligachan-Brücke aus groben Steinen queren wir den schäumenden Fluss und finden einen wunderbaren Pfad, der in Richtung Cuillins führt. Irgendwo dahinter liegt der Ort Elgol, wieder am Meer. Übermorgen wollen wir dort sein. Und dann sind es noch einmal zwei Tage bis Broadford, wo ein warmes Hotelbett auf uns wartet und ein Glas Drambuie, der bekannte Whisky-Likör, der dort erfunden wurde. Im Gänsemarsch laufen wir südwärts auf einem Trail, der selbst bei diesem Wetter fast pfützenfrei ist, geradezu


ein Meisterwerk des schottischen Trailbaus. Das Hotel in unserem Rücken wird immer kleiner, besitzt allerdings die Boshaftigkeit, nie gänzlich aus unserem Blickfeld zu verschwinden und uns so an seine wohlige Wärme und Trockenheit zu erinnern. Die Intensität des Wetters ist einfach erstaunlich. Als wir dann einen Platz für die Zelte suchen, kehrt die Ernüchterung schnell zurück. Links und rechts des Trails, wo Gras wächst und hier und da etwas Gestrüpp, ist es so unglaublich nass, so sumpfig und matschig, dass jeder Schritt eine kleine Flut aus dem Erdreich drückt. Zu viert schwärmen wir aus, rufen uns hin und her, wenn einer glaubt, eine schöne Stelle gefunden zu haben, stimmen vier, fünf Mal dagegen und finden nach einer halben Stunde doch noch zehn Quadratmeter, die einen Hauch trockener sind als die sumpfige Umgebung. In einer kurzen Regenpause bauen wir die Zelte auf. Mit warmen Lichtern leuchtet das Sligachan Hotel aus der Ferne durch die Dämmerung zu uns herüber. »Guckt doch, wie gemütlich das aussieht«, seufzt Patric ein letztes Mal.

Zum Schluss eine Premiere Am nächsten Tag ist es trocken. Wir begreifen es kaum. Und es tut sich nichts über uns. Eine graue, geschlossene, verwaschen blasse Decke hängt am Himmel, die Gipfel der Cuillins sind noch immer verdeckt. So bleibt es während des ganzen Tages und wir lernen eine fast langweilige Isle of Skye kennen. Wir müssen Bäche und einen seichten Fluss queren, wir laufen am Fuß der legendären Berge mit dem höchsten Punkt von Skye vorbei, dem 992 Meter hohen Sgurr Alasdair. Und eigentlich ist alles ganz schön. Auch die Tatsache, dass wir mal keine komplette Regenmontur tragen müssen. Aber so ganz ohne sich unablässig ändernde Wolkenformationen, aufblitzende Sonnenstrahlen, die leuchtende, sich ständig bewegende Muster auf die Landschaft werfen, und Regenbögen, die vor fast schwarzen Himmeln auferstehen und verglühen, fehlt uns etwas. Wir sind selbst überrascht von der Erkenntnis. Am Nachmittag erreichen wir die Camasunary Bay am Loch Scavaig. Wir zelten direkt am Meer, schauen dem Wasser zu, das mit der Flut immer näher kommt, liegen vor den Zelten im Gras. »Bisher haben wir fast jede Mahlzeit im Zelt zu uns genommen, während es draußen geregnet hat«, stellt Katrin fest. Eine echte Premiere also. Als wir tags darauf erwachen, kommt es sogar noch besser: Der Himmel ist blau, gerade geht die Sonne auf. Und der Weg nach Elgol bringt mich zusätzlich in höchste Verzückung. Könnte ich mir einen eigenen Trail bauen, frei nach meiner Wunschliste – hier ein bisschen Berg, da ein bisschen Wasser, da eine Wiese und dort einen Abbruch in die Tiefe –, ich glaube, er würde ganz ähnlich aussehen. Aus der Bucht wandern wir ans Ostufer des Loch Scavaig und folgen einem schmalen Pfad, der sich sanft emporhebt und sich über Kilometer an den Hang schmiegt. Jede Geländewelle nimmt er mit, bleibt meist auf einer Höhe, nie befinden wir uns mehr als 50 Höhenmeter über dem tiefblauen Meer, das heute so still daliegt und so klar ist, dass wir einige Meter in die Tiefe blicken können. Ein Seeotter schwimmt zwischen den Felsen herum und weit draußen fahren Ausflugsboote hinüber ans andere Ufer, wo die mächtigen Berge ansteigen. Zum ersten Mal sehen wir heute bis hinauf zu den Gipfeln der Cuillin Hills, keine Wolke trübt unsere Sicht. Als wir uns einmal mehr neben den Pfad setzen, die Beine ausstrecken und uns gegen die Rucksäcke lehnen, um das Panorama zu genießen, wird uns plötzlich klar: Wir brauchen das wilde Wetter gar nicht täglich, die Isle of Skye gefällt uns auch so ganz gut. Text und Fotos: Lars Schneider

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Erlebt: Bergsteigen im Tennengebirge

WÜSTE AUS STEIN Ein weißer Fleck im Toureneldorado der Salzburger Kalkalpen. Das bizarr verkarstete Hochplateau birgt faszinierende Impressionen. Wassermangel, Nebel, das Balancieren zwischen Dolinen und Höhlentrichtern – eine Überschreitung des Tennengebirges ist eine Herausforderung. So viel wir auch kramen, uns durch Zeitschriften und Bücher wühlen, vom Tennengebirge gibt’s nicht viel. »Terra incognita« nannte es dereinst Freiherr Guido von Sommaruga, und so scheint’s fast geblieben zu sein. Obwohl über ein Jahrhundert dazwischen liegt. Sommaruga gehörte zu jener Gruppe von Begeisterung für die Alpen erfüllter Männer, die 1862 den Österreichischen Alpenverein ins Leben riefen, der heuer sein 150-jähriges Jubiläum feiert. Drei Jahre später machte sich der damals 23-jährige Jurastudent mit seinem Bruder auf, um eine Überschreitung des Tennengebirges zu wagen. Niemand wollte sie zunächst begleiten und allerlei Schauergeschichten wurden ihnen aufgetischt »von Jägern und Hirten, die, einer Gemse folgend oder verstiegenes Vieh suchend, über die steilen Felswände sich zu Tode gestürzt. Von Touristen, die, vom Nebel überfallen, trotz dem besten Führer aus dem Felsgewirre den Ausweg nicht zu finden gewusst hätten und eines elenden Hungertodes gestorben wären ...«. Der einzige Führer, den sie fanden, bat, zur Verstärkung noch eine zweite Person mitnehmen zu dürfen, »zumal er nicht im Stande sein würde, unsere Ranzen den ganzen Tag allein herumzuschleppen«, schreibt Sommaruga in seinem Bericht über das Tennengebirge, der im Jahrbuch des österreichischen Alpenvereins 1866

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veröffentlicht wurde. Schlussendlich mussten die Brüder aber wegen mangelnder Geländekundigkeit der Begleiter ihre Pläne umschmeißen und erkundeten das Karstplateau von den Randbereichen aus. So wie es auch heute die meisten tun. Das mag an der bescheidenen Hütteninfrastruktur liegen oder an der Beschwerlichkeit der Wege, denn schnell kommt man in dem zerrissenen, zerfurchten Felsgelände nicht voran und bei Nebel ist die Orientierung ein echtes Problem.

Unendliche Himmelsleitern Der isoliert stehende Gebirgsstock, durch die Salzach von Hagengebirge und Hochkönig, durch die Lammer vom Dachsteinmassiv getrennt, wirkt wie eine unnahbare Trutzburg. Himmelhohe Wandfluchten, zwischen denen es nur wenige Zugänge gibt. Durchlöchert wie ein Schweizer Käse. Die bisher etwa 1000 dokumentierten Höhlen sind nur ein Bruchteil. Die Eisriesenwelt in den Südabstürzen des Hochkogels, dort, wo die Burg Hohenwerfen den Durchbruch der Salzach bewacht, ist die berühmteste. Schließlich handelt es sich um die größte Eishöhle der Welt. An Spitzentagen werden bis zu 3000 Besucher durch den gangbar gemachten Teil geschleust. Welch ein

Kontrast zur Einsamkeit des Hochplateaus. Der Blick in die Wände überm Höhlenzugang wird für die meisten abschreckend sein. Kaum vorstellbar, dass sich darin ein Wanderweg befinden soll. Dennoch, ein Wegweiser zeigt Richtung Himmel. Wer den Hochkogelsteig begeht, staunt über die wundersame Wegführung durch die so unüberwindlich wirkende Hürde. Wir hatten, als einzige Gäste, im Oedl-Haus übernachtet, wo sich spätestens nach der letzten Führung der Ansturm legt. Wundervoll die Abendund Morgenstimmung, und jetzt auf dem Hochkogelsteig begleiten uns die Gämsen. Der Pfad folgt schmalen Bändern, mitunter nur fußbreit, hie und da eine abgesicherte leichte Kletterstelle. In Falllinie die schäumende Salzach als Silberband. Dann, ganz abrupt, hat die Steilheit ein Ende, empfängt uns das Hochplateau – 85 km² groß, steht es seit 1982 unter Naturschutz. Flach ist es allerdings nicht. Jede Menge Kuppen und Mulden, durch die sich die Markierung schlängelt, denn von einem richtigen Weg kann bei den Verkarstungen nun nicht mehr die Rede sein. Der höchste Gipfel in der westlichen Randumwallung ist der Tiroler Kogel (2323 m), ein verhältnismäßig kurzer Abstecher auf dem Weg zum Happisch-Haus. Etwa die Hälfte des Plateaus lässt sich von dort überblicken. Haarsträubend der senkrechte Abbruch ins Salzachtal,


Ein gesicherter Steig führt durch das Hochthrontal zur Edelweißerhütte.

Faszinierendes Innenleben des Tennengebirges. Die Eisriesenwelt ist die berühmteste Höhle.

1800 Meter tief. Mit diesem Tiefensog die Gratschneide zwischen Vor- und Hauptgipfel zu überwinden, ist eine kitzlige Angelegenheit. Kein Mensch ist uns bisher begegnet. Das Tennengebirge liegt abseits des Interesses, wohl auch wegen der berühmteren Nachbarn, wie schon der Salzburger Alpenpionier Ludwig Purtscheller vermutete, der das Gebiet in den Jahren 1879 bis 1882 durchstreifte. Und genau für diese berühmteren Nachbarn ist das Tennengebirge die Aussichtswarte schlechthin, und das auch noch völlig einsam. Hoher Göll und Watzmann, Hagengebirge, das Steinerne Meer und der Hochkönig, das weiße Gipfelband der Tauern mit der Glockner-Gruppe, den Rauriser und Gasteiner Bergen, der Ankogel-Gruppe und den Niederen Tauern. Die Mauer des Gosaukamms und der Dachstein sind durch das Plateau etwas verstellt. Doch in den nächsten Tagen werden sie uns ganz nahe rücken.

Außer uns nur noch Florian, ein Höhlenforscher-Aspirant. Sepp, der Hüttenwirt, kann es nicht so richtig verstehen, eine riesige Fläche unberührtes Gelände und nur ein paar »Hanseln« kommen herauf, während sich andernorts die Menschen auf die Füße treten. Aber er nimmt’s gelassen und fast scheint es ihm recht zu sein. Er liebt die Ruhe und Einsamkeit, liest, schnitzt aus Wurzeln hübsche Murmeltiere und genießt die Sauna, die er eigens für sich gebaut hat. Aber vielleicht hat er auch gerade ein bisschen zu viel Trubel gehabt, denn vor ein paar Tagen trafen sich die Bauern hier. Wie jedes Jahr Anfang September, wenn es gilt, die Schafe wieder ins Tal zu treiben. Dann wird erst mal gefeiert bis spät in die Nacht, und anderntags ist mit Brummschädel der Mühe Not, auch jedes Schäflein zu finden. Nicht selten muss ein Bauer nochmals heraufkommen, um Verlorenes einzusammeln. An die 150 Schafe tummeln sich allsommerlich allein im Pitschenbergtal, etwa 350 sind es im gesamten Tennengebirge. Ihr Zusammentrieb muss ein Schauspiel sein. Doch auch ohne Bauernversammlung kommt Sepp im Laufe des Abends so richtig in Fahrt. Er kramt seine Weinschätze aus dem Keller aus. Einen Schilcher, wer hätte das gedacht. Oder Uhudler, eine Rarität aus der Isabellatraube, einer alten Rebsorte. Wunderbar kann er zum Wein Geschichten erzählen. Dreimal ist der gelernte Elektroingenieur schon um die Welt, hat auf Bali, in Australien und auf Papua-Neuguinea gelebt. Und jetzt ist er seit ein paar Jahren eben auf der Hütte – auch ein Abenteuer. In der gläsernen Wasserschale vor der Hütte lässt die Morgensonne Juwelen glitzern. »Brunnen der Ewigen Jugend« steht zu Recht dran. Über zwei Kilometer Schlauch leiten das kostbare Nass von einer der raren Quellen heran. Fehlendes Oberflächenwasser setzt der Hütteninfrastruk-

Oase in der Wüste Zu unseren Füßen zieht das Pitschenbergtal eine grüne Furche in den Karst. »Oasen gleich in der Wüste gelegen«, so wirkten die Almkessel in dem kahlen Gelände auf Sommaruga. Als kleiner Punkt ist das Leopold-Happisch-Haus erkennbar. Fliegen müsste man können. Die abzusteigenden Höhenmeter kriechen in die Knochen und schon hauchen sich die letzten Sonnenstrahlen an der Hütte aus, als wir sie erreichen. In der gemütlichen Stube bullert der Schwedenofen und wir bekommen Köstlichkeiten aufgetischt: Gamssuppn, Gsöchts, Kasspozn und eine Megaportion Kaiserschmarrn. Durch die Panoramafenster kann man weit in die Ebene sehen. Am Horizont flimmern die Lichter von Salzburg, 50 Kilometer entfernt. Es ist nicht viel los.

tur starke Grenzen. An der Edelweißerhütte, der höchstgelegenen im Tennengebirge oben am Streitmandl, geht’s nur mit dem Sammeln in Regenwassertonnen oder mit Schneeschmelzen. In der Werfener Hütte unter der Südabdachung lässt man auch die Gäste mitdenken, die freiwillig 5-LiterKanister von einer tiefer gelegenen Quelle am Zustieg herauftragen dürfen. »Für ein Schnapserl tun sie das gern. Manche Leute beschweren sich gar, wenn keine Kanister mehr unten stehen«, so der Hüttenwirt Gerhard Hafner.

Auf dem Dach des Tennengebirges Die kargen Grasmatten gehen bald wieder in pure Gesteinswüste über, als wir vom Happisch-Haus bergwärts steigen. Von der Edelweißerhütte, die es zu Sommarugas Zeiten noch nicht gab, wollen wir anderntags unsere Überschreitung fortsetzen. Das holzverschindelte Juwel ist mit einer Traumlage auf dem Dach des Tennengebirges gesegnet. Die Mitglieder des Edelweiß-Clubs bewarten sie nur an Wochenenden. Unter der Woche, wie jetzt, steht ein Winterraum mit vier Betten und ohne Ofen zur Verfügung. Ein Jodler hallt durchs Gelände. Freund Josef, der sich nicht früher von seinem Job hat losreißen können, trudelt verschwitzt des Abends ein. Just zur rechten Zeit, als die untergehende Sonne die weiten Karstflächen in einen rosa Teppich verzaubert. Welch ein Landschaftsdrama. Mit jeder Minute verändert sich der Himmel. Zu schade, die Zeit mit Kochen zu verschwenden. Erst als es dunkel wird, entzünden wir unseren Gaskocher. Genauso vergoldet der nächste Morgen. Und das, was sonst Notdurft heißt, müsste hier einen anderen Namen bekommen. Bei geöffneter Tür, wenn die Sonne überm

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INFORMATION Tourismusverband Pfarrwerfen, Tel. +43 (0)6468/53 90, www.pfarrwerfen.at ROUTEN 1. Tag: Oedl-Haus – Hochkogelsteig – Happisch-Haus 3-4 Std. Wer unterwegs noch den Tiroler Kogel besteigt, muss 2 Std. hinzurechnen. Zustieg von Stegenwald über die Steinerne Stiege zum Happisch-Haus 4-5 Std. 2. Tag: Happisch-Haus – Pitschenbergtal – Edelweißerhütte 2 Std. – Werfener Hütte 1.30 Std. Oder Kammroute vom Happisch-Haus über das Raucheck zur Edelweißerhütte 5 Std. 3. Tag: Werfener Hütte – Edelweißer Hütte 2.30 Std. – Bleikogel 4 Std. – Laufener Hütte 2 Std. 4. Tag: Laufener Hütte – Abtenau 2 Std. Oder Laufener Hütte – Fritzerkogel 2 Std. – Tauernscharte 4.15 Std. – Hackel-Hütte 1.15 Std. 5. Tag: Hackel-Hütte – Wenger Au/Gamsblickalm 0.45 Std. – Elmaualm 1 Std. – Mahdegg 1 Std. – Samerhof 0.30 Std. oder Mahdegg – Parkplatz Eisriesenwelt 1.30 Std. ANFORDERUNGEN Bei Nebel oder Gewitter ist eine Überschreitung des Tennengebirges unbedingt zu meiden. Absolute Trittsicherheit und Schwindelfreiheit, aber auch gute Kondition sind Voraussetzung. An den Hütten muss man sich genügend Trinkwasser mitnehmen, unterwegs keine Nachfüllmöglichkeit. UNTERKÜNFTE Dr.-Friedrich-Oedl-Haus, 1574 m, Roland Walkner, Tel. +43 (0)6468/52 48 12, www.oedlhaus.at Leopold-Happisch-Haus, 1925 m, Josef Fuchs, Tel. +43 (0)664/45 66 470, www.happischhaus.at Edelweißerhütte, 2364 m, Hüttenwart Roland Steiner, Tel. +43 (0)676/868 60 292, www.edelweissclub.at Werfener Hütte, 1969 m, Anja und Gerhard Hafner, Tel. +43 (0)664/98 64 828, www.werfenerhuette.at Laufener Hütte, 1726 m, Tel. +49 (0)8682/364, www.alpenverein-laufen.de Dr.-Heinrich-Hackel-Hütte, 1531 m, Maria Gstatter, Tel. +43 (0)664/34 29 114, www.hackelhuette.at Alpengasthof Mahdegg, 1202 m, Tel. +43 (0)6468/71 10 Samerhof, 1000 m, Tel. +43 (0)6468/56 09, www.samerhof.co.at

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Traumroute vom Fritzer Kogel zum Hochbrett. Im Hintergrund der Bleikogel.

Dachstein aufgeht, könnte man ewig sein Geschäft verrichten. Das schönste Klohäusl der Welt ist zugleich auch Wetterstation, die höchste im Salzburger Land. Ein am Dach installiertes Messgerät der Universität Salzburg zeichnet Niederschläge, Wind und Temperatur auf. Vom Streitmandl wirkt der Bleikogel so nah. Flugs über das Hochplateau, könnte man meinen. Aber es wird Stunden dauern, kurzweilige Stunden, denn jede Ecke birgt eine faszinierende Formenvielfalt. Zwischen Kämmen und Kuppen hohle Gassen, Karrenfelder mit bizarren Auswaschungen, die mitunter wie Fußabdrücke aussehen. Es geht nur langsam vorwärts. Das wild zerklüftete Gelände, der oft messerscharf gerippte Fels erfordern höchste Konzentration. Überall Risse und Spalten, kleine und große Löcher, wo man den Aufprall eines hineingefallenen Steins erst eine ganze Weile später hört. Als wären wir auf einem steinernen Gletscher unterwegs. Besonders südseitig des Bleikogels verstärkt sich dieser Eindruck. Wer die Markierungen dort verlässt, balanciert durch ein Labyrinth von Trichtern und Felsbrücken. Bei klarer Sicht macht das ungeheuer Spaß, bei Nebel wär’s fatal. Und langsam geht das Wasser zur Neige, das wir uns aus der Regentonne an der Edelweißer abgekocht hatten.

Humusbiotop hinter der Hütte Ganz plötzlich liegt uns die Tennalpe zu Füßen. Eine Karstwanne wie das Pitschenbergtal. Das Grün tut dem Auge wohl. Überm »Mankeibuckl«, dem Zuhause unzähliger Murmeltiere, thront die Laufener Hütte. Liegestühle stehen bereit, in die wir uns reinplumpsen lassen. Wenig später zischt Bier durch die trockenen Kehlen. Herrlich, in dieser Lage den Blick durch die Arena stolzer Gipfel schweifen zu lassen. Auch wenn das Haus umwelttechnisch auf den neuesten Stand gebracht wurde, bleibt die einstige Hüttenphilosophie erhalten. Der Gast versorgt sich selbst, die Küche steht ihm zur Verfügung. Die wöchentlich wechselnde Crew ist nur für die Getränke zuständig, serviert auf Wunsch aber gerne eine Suppe. Dem vom DAV Laufen geführten Haus wurde 2001 das Umweltgütesiegel der Alpenvereine verliehen. Edi, einer der Hüttenwirte, offeriert uns stolz einen Blick hinter die Kulissen. Dank Photovoltaik und Solaranlage gibt’s Strom und Warmwasser. Wenn die Solarenergie zum Heizen nicht mehr reicht, springt ein Blockheizkraftwerk ein, das sich mit nur einem Fass Rapsöl pro

Jahr durch einen extrem geringen Verbrauch auszeichnet. Regenwasser wird zu Trinkwasser aufbereitet, das Abwasser vollbiologisch abgebaut. Die Trockentoiletten sind erfreulich geruchsneutral. Die Rückstände landen nach der Verrottung als Humus hinter der Hütte. Edi schmunzelt, wenn er an den Gast denkt, der eines Tages ganz begeistert erzählte, er habe eine wunderbar weiche Stelle, ein Biotop gefunden. Wo denn? Hinter der Hütte. Hmmh.

Klippentour – fast wie am Meer In den Halden der Tagweide, dem Gipfel nordöstlich der Laufener Hütte, sollen sich Massen an Korallen und Seelilien finden lassen, am Grießkogel versteinerte Schnecken und Kopffüßler. Geologisch gesehen ist das Tennengebirge eine mächtige Riesenscholle verfestigter Meeressedimente, wissen die Experten, während der Alpenfaltung über zweitausend Meter emporgedrückt. Es ist der östlichste Stock der Salzburger Kalkhochalpen, überwiegend aufgebaut aus Dachsteinkalk und dolomit, der im Süden in gewaltigen Wandfluchten abrupt zur sanfthügeligen Schieferzone abbricht. Dieser einmalige Kontrast könnte sich uns nicht besser vom Fritzerkogel darbieten, zu dem wir in steilen Serpentinen anderntags aufsteigen. Nein, die klassische Überquerung bis zur Laufener Hütte mit Abbruch in Abtenau war uns nicht genug. Wir müssen unbedingt noch einen Gang auf der Randumwallung dranhängen, über deren Großartigkeit sich schon Sommaruga begeisterte. Wie eine Brandung wogen Wolken an den jähen Abstürzen, aber es sind harmlose Nebelgebilde, die sich immer wieder auflösen. Bei schlechter Sicht wäre die schmale Kammschneide unbedingt zu meiden. Schwindelnd der Blick vom Kleinen Fritzerkogel in die Gamsmutterwand. Für noch mehr Adrenalin sorgt eine kurze Kletterpartie in eine scharf eingerissene Scharte, dann macht das breite Rasendach des Hochbretts eine schnellere Gangart möglich. Ganz nah nun der Dachstein, in der Ferne die erhabene Gletscherwelt der Tauern und unter uns die weißen Wellen des Hochplateaus. Eine Panoramatour der Superlative. Erst im Steilabstieg von der Tauernscharte zur Hackel-Hütte merken wir, wie müde unsere Beine sind. Der Salzburger Almenweg ist ein beschaulicher Ausklang zwischen Jausenstationen und den haarsträubend steilen Wänden der »terra incognita«. Text: Dieter Haas Fotos: Iris Kürschner


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Erlebt: Reise in die Guajira-Wüste

HUMMER UND HÄNGEMATTEN Keine Straße und keine Betten. Der nördlichste Teil Kolumbiens stellt Reisende vor Herausforderungen. Wer jedoch auf Luxus verzichten kann, auf den warten eine bannende Wüstenlandschaft und massenhaft Einsamkeit. Und das nördlichste Ende von 7640 Kilometern Südamerika. »Das wird nicht einfach, dort hinzukommen, denn Busse fahren hier nicht.« Die drei Männer sind überrascht, Gringos – bleiche Touristen mit Rucksack – zu sehen. Sie sitzen im Schatten auf einer Bank vor ihrem Bretterverschlag, der als Tankstelle dient. Mit Benzin gefüllte Plastikflaschen liegen im Staub, einzeln verteilt in der prallen Sonne. Die Luft riecht nach einer Mischung aus Treibstoff und glühendem Asphalt. Nach dem anfänglichen Schock über die unerwarteten Besucher legt sich bei einem der Männer der Geschäftsschalter um. »Ich kann einen Allrad-Pickup besorgen, der euch fahren würde.« Denn er kennt Leute mit fahrbarem Untersatz. Leute mit Pickup, Unterkunft oder Boot kennt hier jeder. Oft sind es nahe oder ferne Verwandte, die in einem unzugänglichen Teil des weiten Landes wohnen. Wir stehen am Anfang der Guajira-Wüste im äußersten Norden Kolumbiens, einer riesigen Halbinsel mit wenigen Einwohnern. Die größte Fläche ist fest in der Hand von Kakteen, Ziegen und wilden Eseln. Im Norden und Westen grenzt die Wüste an den Ozean. Im Osten liegt Venezuela. Und im Süden? Ganz Südamerika.

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Ein wenig frustriert beraten wir uns. Der Plan zu diesem Trip entstand zufällig, vollkommen spontan am Tisch der letzten Herberge circa 150 Kilometer weiter westlich. Unabhängig voneinander hatte jeder Einzelne von uns gehört, dass es einen Ort gibt, an dem das echte Abenteuer wartet – Touristen-freie Zone inklusive. Und fast noch wichtiger: eine kulinarische Verheißung. »Hummer, so viel du essen kannst!« Das hatte der Niederländer Nic zumindest von einem Engländer gehört, dem er in Bogotá begegnet war. Zwei Bier später war es beschlossen. Nic, der fliegende Holländer, war begeistert von der Idee, dem Ruf des Hummers zu folgen. Bei mir begannen sich auch schon die Magensäfte zu regen, und mit dem »Schutz« zweier Männer konnte für mich als alleinreisende Frau auch nichts schiefgehen. Nur Thomas, ein stattlicher Vorzeigedeutscher, hatte Zweifel, ob dieser Trip sich lohnen würde. Etwas griesgrämig schlug er trotzdem ein. Am nächsten Tag brechen wir auf, um Kolumbien für kurze Zeit zu verlassen. Denn als Kolumbianer sehen sich die Bewohner der kargen Guajira nicht: Sie sind Way-

uu, ein Indianerstamm mit langer Tradition und einem schlechten Ruf. »Ein Nomadenvolk mit Hang zu Schmuggelgeschäften.« So beschreibt zumindest ein Reiseführer die Bewohner. Und viele Kolumbianer, mit denen ich über diese Region spreche, bestätigen die Aussage. Die Nähe zur Grenze Venezuelas und zur karibischen See hat den illegalen Handel mit unverzollten Waren gefördert. Drogenhandel ist nicht ausgeschlossen. Doch angeblich gehören schmutzige Geschäfte – ebenso wie der schlechte Ruf – schon lange der Vergangenheit an. Heute verdienen sich die Wayuu ihre Brötchen mit Öko-Tourismus.

Holprige Anreise Aber von »Tourismus« ist in diesem Moment nicht viel zu sehen. Hier stehen wir, am Anfang der Wüste, und wissen nicht, wie wir an unser auserkorenes Ziel gelangen sollen. Ross und Henrietta, ein britisches Pärchen mit Hang zum Leichtsinn, sind ebenfalls hier gestrandet – und wissen auch nicht weiter. Verloren stehen wir in der brütenden


An der »Cabo de la Vela« Bucht muss man nicht mit anderen Touristen um die besten Plätze kämpfen.

Trotz zerfurchter Straße und knietiefen Schlaglöchern gibt der Fahrer auf dem Weg nach Norden ordentlich Gas.

Hitze. Denn der Geschäftssinn des Mannes an der Tankstellenhütte ist nicht mit unserem eher mageren Budget vereinbar. Unsere Preisverhandlungen werden vom Motorgeräusch eines anderen Wagens verschluckt. Angebot und Nachfrage regeln den Preis. Minuten später sitzen wir – zu einem weit besseren Preis – auf der Ladefläche des neuen Wüstentaxis. Die »Straße« erinnert an eine seit Jahrzehnten verlassene Tartanbahn. Ziegelroter Lehmschlamm und Pfützen bestimmen die Fahrtrichtung und -weise. Die Regenzeit hat ihre feuchten Spuren hinterlassen. Den Fahrer stört das nicht. Ohne zu zögern heizt er mit Vollgas über die zerfurchte Piste. Schlammspritzer landen in Henriettas Gesicht. »Wenn ich gewusst hätte, dass die Fango-Packung im Pickup-Preis inklusive ist, hätte ich auch mehr gezahlt«, versichert sie grinsend. Der einzige kolumbianische Passagier auf der Ladefläche hat sich einen Motorradhelm über den Kopf gestülpt. Weiß er etwas, das wir nicht wissen? Allesamt klammern wir uns an dem Bretterzaun um die Ladefläche fest und hoffen darauf, dass die Achsen des Wagens dem Fahrer das Tempo und die Schlaglöcher verzeihen können. Alle paar Minuten grinst der Beifahrer spitzbübisch zu uns nach hinten. Fast könnte er einem leidtun: Der bequeme Ledersitz im Fahrerhäuschen klebt bei den heißen Temperaturen mit Sicherheit an der Haut wie Gummi. Glücklicherweise haben wir den frischen Fahrtwind und Buschzweige auf Kopfhöhe, die uns in rhythmischen Abständen mit einem kräftigen Klatschen ins Gesicht aus der Festklammer-Trance reißen. Muffel Thomas

scheint die Fahrt ein wenig zu ernst zu nehmen. Still kauert er in einer Ecke. Sein Lächeln hat er wohl bei der Tankstellenhütte am Anfang der Wüste vergessen. Regelmäßig kommen uns auf der Schlammpiste Lastwagen aus dem Nichts entgegen. Sie sind mehrere Meter in die Höhe bepackt, die Ladung wankt gefährlich von rechts nach links. Bei jedem der zahlreichen Schlaglöcher sieht es aus, als würden die LKWs samt Ladung jeden Moment umkippen. Doch die Fahrer scheinen ihr riskantes Metier perfekt zu beherrschen und die verpackten Türme zuckeln ohne Halt weiter Richtung Süden. Was unter den Planen mit Seilen verschnürt ist, möchten wir wissen. Nur ein Wort kommt über die Lippen des Mannes mit Helm. »Contrabanda« – Schmugglerware. Reden halten gehört offensichtlich nicht zu seinen Stärken. »Meint er das ernst?«, fragt Nic entsetzt. Mir sinkt das Herz auch kurzzeitig unter die Gürtellinie. Doch das Gesicht samt Helm blickt nur geradeaus auf die Piste und lässt sich nichts anmerken. Keine Regung? Kein Witz! Willkommen in der wüsten Wüste.

Bar à la Wayuu Nach einer halben Stunde Fahrt gönnt der Fahrer uns eine kurze Auszeit von der »Gas-und-Brems-Routine« und biegt in einen kleinen Weg zwischen Kakteen ein, die sich wie stille Zuschauer am Straßenrand drängen. Als wären sie mitten in einer Laola-Bewegung zu Pflanzen erstarrt,

recken sie ihre stacheligen Arme in die Höhe und bilden einen grünen Kontrast zum roten Sand. Erst der Motorlärm schreckt eine Herde von Ziegen auf, die unter den Kakteenbüschen Zuflucht vor der Sonne gesucht haben. Dutzende dünner Beinchen galoppieren über den trockenen Boden davon und hüllen die spärliche Fauna in eine Staubwolke. Der Pickup hält vor einer Lehmhütte, die auf einer Lichtung im Kakteenwald auftaucht. Nichts deutet auf menschliches Leben hin. Unser Fahrer weiß genau, was er hier sucht. Zielstrebig schreitet er auf ein Fenster im Lehm zu. Kurz darauf reicht eine kleine braune Hand eine Flasche durch das Loch. Er greift zu, dreht sich um und nimmt einen kräftigen Schluck. Mit einem Grinsen fragt er: »Wollt ihr ein Bier?« Wir springen von der Ladefläche. Nach erstem Nachgeben sind unsere Beine froh, stabilen Boden unter den Füßen zu spüren. Ohne den stetigen Fahrtwind merke ich erst jetzt, wie unerbittlich die Sonne brennt. Behutsam nähern wir uns der Hütte. Die kleine Hand gehört zu einem Wayuu-Mädchen, das schüchtern durch das Fenster blickt. Sie reicht jedem von uns eine Flasche eisgekühltes Bier heraus. Wir spülen uns den Wüstenstaub aus dem Mund, der sich bei der rasanten Fahrt angesammelt hat. Die Biermarke könnte passender nicht sein: »Polar« – aus Venezuela. Egal, auch geschmuggeltes Bier geht eiskalt runter wie Öl und zaubert sogar Thomas ein Lächeln aufs Gesicht. Nach drei Stunden sehen wir unser erstes Ziel am Horizont: das Meer. Glitzernd, ganz »zahm« und ohne jeden

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Die beiden Wayuu-Mädchen sind auf der Suche nach Süßwasser.

Alle paar Kilometer tauchen kleine Bretterverschläge auf. Treffpunkt, Pickup-Haltestelle und Freiluftbar in einem. Glücklicherweise steht immer eine Hängematte zur Verfügung, um sich nach dem Barbesuch zu erholen.

Wellengang liegt es vor uns. Fast wie ein Versprechen auf eine ruhige Weiterfahrt. Ab Puerto Bolivar, dem einzigen Hafen in diesem Gebiet, fährt ein Boot weiter Richtung Norden, denn die Straße nach Punta Gallinas ist in der Regenzeit unpassierbar. Das kleine Fischerboot gehört dem Mann der Schwester unseres Fahrers. Wie auch immer. Hauptsache Verwandtschaft. Wir rauschen vorbei an Felsküste, Sandstränden und unbewohntem Land. Langsam ist das Rütteln auf dem Pickup vergessen und meine Augen nehmen die Umgebung richtig wahr. Immer karger wird die Landschaft und immer intensiver die Farben. Das Meer glänzt türkis gegen das Rot des Hinterlands. Plötzlich mischt sich das Türkis mit sattem Grün, als wir in eine Bucht mit Mangrovenwald einbiegen. Schweigend genießen wir die außergewöhnliche Flora, die sich vollkommen ungestört – ohne menschliche Einwirkung – entfalten konnte. Kurz darauf lenkt der Kapitän das Boot geschickt auf einen kleinen Steg in den Mangroven zu. Er beginnt Nahrungsmittel auszuladen, die er für die Verwandtschaft in Punta Gallinas mitbringen sollte: Reis und Coca-Cola wandern über den Steg. Ohne Worte deutet er auf einen kleinen Weg, der durch die Felsen hinaufführt. Die Einsamkeit prägt die Menschen in dieser Gegend: Pragmatik statt Reden schwingen.

Wayuu haben die besten Hängematten überhaupt«. Das Nomadenvolk ist immer auf Besuch eingestellt. Bei der üppig über die Guajira verteilten Großverwandtschaft kann es gut sein, dass jemand plötzlich in Punta Gallinas vorbeischaut. Anstatt eines Gästebetts gibt es jedoch nur Gästehaken. Denn jeder bringt sein eigenes »Gästebett« mit und hängt es an den Balken vor den Lehmhütten auf. Schlafgemach, Aufenthaltsraum und Ruhezone in einem. Typisch Mutter, ist Luzmillas dringlichste Frage, was wir zum Abendessen möchten: »Fisch oder Hummer?« Die Antwort fällt synchron und eindeutig aus. »Und wie viele Hummer möchte jeder?« Halleluja! Ungläubig schauen wir uns an. »Es ist also wahr«, huscht es Nic über die Lippen. Durch bestimmte Meeresströmungen fühlen sich die Krustentiere an der Nordküste Südamerikas besonders wohl. Wie anderswo Seeigel, tummeln sich die Tiere hier in Scharen und man muss als Fischer gewissermaßen nur zugreifen, um die sonst so teure Spezialität aus dem Wasser zu ziehen. Willkommen im Schlaraffenland! Eine Stunde später stehen die krustigen Kolosse vor uns. Wir strahlen wie kleine Kinder bei der weihnachtlichen Bescherung. Doch mit den punta-gallinischen Hummern ist nicht zu spaßen. Obwohl sie das Zeitliche schon gesegnet haben, blasen sie zum Angriff. Ross flucht als Erster. Selbstverständlich mit feinem britischem PubAkzent. Nic folgt und auch ich packe einige deutsche Schimpfwortklassiker aus, als wir versuchen, die mit Stacheln überzogene Schale zu knacken. Wer an das zarte, weiße Fleisch der Meerestiere will, der muss erst einmal leiden. Doch nach einer Weile steht es 1:0 für die Hummeramateure und das Fluchen am Tisch geht in genüssliches Schmatzen über. »Fast wie in einem 5-SterneHotel«, presst Ross zwischen zwei Bissen hervor. Er ist kaum zu verstehen, denn bekanntlich wird die Sprache ab 300 Gramm Hummerfleisch im Mund sehr undeutlich.

Gästebett zum Mitnehmen Vier Lehmhütten, ein paar Ziegen, drei Esel und ein alter Truck – das ist der Ort Punta Gallinas. Luzmilla, die Herbergsmutter und zugleich Chefin des Ortes, begrüßt uns herzlich. Sie hat schon mit unserer Ankunft gerechnet. Immerhin war sie diejenige, die das Boot losgeschickt hat, um uns abzuholen. Wie alle Wayuu-Frauen trägt sie ein langes Gewand, das lose am Körper herunterhängt. Das dunkle Haar ist straff zu einem Zopf nach hinten gebunden. Sie sieht aus wie eine Frau, die zupacken kann. Bei den Wayuu haben die Frauen das Sagen. Ein Matriarchat im Norden eines sonst vom Machismo geprägten Kontinents. Mit einem Blick zählt sie uns und schickt ihren Mann los, um die passende Anzahl Hängematten aufzuhängen. »Betten gibt es hier nicht«, lacht Luzmilla, »wir

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Nordkap des Südens Eine Nacht in kuschligen Riesenhängematten und einige Kantersiege über die Hummermannschaft später besteigen wir wieder die Ladefläche eines Pickups. Das wohl

einzige Fahrzeug in mindestens 100 Kilometern Umkreis. Es gehört Luzmillas Mann Juan. 28 Jahre hat das Gefährt schon auf dem Buckel, deshalb ist die Fahrt – zum Glück – ein wenig beschaulicher. Leicht schaukelnd tuckert der Oldtimer los. Fast hätten wir bei Luzmillas herzlicher Gastfreundschaft und dem Überfluss an Luxusspeisen den Grund vergessen, warum wir eigentlich hier sind. Doch als der Wagen stoppt und Juan uns in die richtige Himmelsrichtung weist, kommt Leben in unsere Gruppe. Mit langen Schritten überqueren wir den Strand bis zu einem Punkt, der von kleinen Felsblöcken umrahmt ist. Das ist der Ort, für den wir so weit gereist sind: der nördlichste Punkt Südamerikas. Die Wellen schlagen mit Wucht gegen die Steine. Die See ist aufgewühlt: »Bis hierher und nicht weiter«, scheint sie uns entgegenzuschreien. Doch wir haben nicht vor, uns mit ihr anzulegen. Wir sind angekommen. Der Wind bläst uns um die Nasen. Die Einsamkeit und das Wissen, einen Kontinent hinter – oder vor – sich liegen zu haben, erzeugen ein unbeschreibliches Gefühl und legen uns ein Lächeln auf die Lippen. Wir sitzen im Sand der massiven Düne, die sich hinter uns aufbaut, und diskutieren, ob sich die lange Anreise gelohnt hat. »Der Weg ist das Ziel«, holt Nic die alte Trekker-Weisheit hervor und lacht. Wo passt diese plumpe Phrase, wenn nicht an diesem Ort? Doch wir sind uns einig: Ja, es hat sich gelohnt, denn wir wissen, dass erst wenige Menschen diesen Ort erleben durften. Am nächsten Abend liegen wir wieder in den großen, bunten Wayuu-Hängematten vor Luzmillas Hütte. Jeder von uns hat mindestens zwei Hummer im Magen. Ein leichter Wind bläst die Hitze des Tages in die Weite des karibischen Meeres. Menschenleeres Land, so weit das Auge reicht. Eine Reise in die Einsamkeit, begleitet von vereinzelten WayuuBekanntschaften. Selbst wenn die Menschen hier ein wenig wortkarg sind, gut aufgehoben fühlt man sich stets. Die Wayuu kennen ihre Wüste, und Besucher werden gerne in diese Welt eingeführt. Vollkommen erschöpft schlafen wir ein. Ein anstrengender Tag zurück in den Süden liegt vor uns. Mal sehen, wie holprig unser Weg ans Kap Hoorn wird. Nur noch 7640 Kilometer ... Text: Barbara Meixner Fotos: Nicander Van Duijn



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EinBlick: BACH Backpacks

PASSION UND PUBS Wanderungen um den Tresen prägten die Anfangsjahre des irischen Rucksackherstellers BACH. Wie aus dem whiskey- und guinnessgetränkten Start ein tragendes Geschäft mit legendären Rucksackmodellen wurde, hat viel mit Freundschaften und der Begeisterung eines Schweizers zu tun. Als der Ire Jim Hayes 1979 die Rucksackfirma »Great BACH Packing and Construction Company« gründet, hat er trotz mehrjähriger Branchenerfahrung im Grunde genommen wenig Ahnung von der Produktion und Entwicklung technischer Produkte. Doch der trinkfeste Outdoor-Pionier und Vollblutverkäufer hat den richtigen Riecher. Er ist überzeugt, dass die Zukunft nicht dem Außengestell-, sondern dem modernen Innengestell-Rucksack gehört. Jim erfindet das von Mitbewerbern spöttisch als »Spaghettigestänge« belächelte Orthoflex-Rückensystem und patentiert damit eines der ersten funktionierenden Innengestell-Tragesysteme. Nach 10 Jahren geht die inzwischen zu BACH Hi-Tech Leisure umfirmierte Produktion 1989 jedoch pleite. Eine Schweizer Gruppe kauft den Markennamen BACH und gründet die Firma TransBach Ltd mit Sitz in Kilkenny, Irland. Das Ziel: die Herstellung von hochwertigen, funktionellen und schlichten Rucksäcken. Mit dem neu formierten Team um Hayes und den Schweizer Martin Wiesmann beginnt eine neue Phase des Unternehmens: die »Eroberung des deutschen und des Schweizer Marktes«. Wiesmanns Motivation, die Alpen gegen raue Nordwinde zu tauschen, gründet weniger in der trinkfreudigen Natur der Iren als vielmehr in seiner Leidenschaft für Reisen und Bergsport. Er bekommt das Angebot, bei TransBach Ltd einzusteigen. In Irland lockt ihn die einmalige Möglichkeit, seine Erfahrungen und sein Wissen als Bergführer in wegweisende Produkte umzusetzen.

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Einkauf unter Freunden In den Achtzigerjahren ist die Outdoor-Branche noch wenig professionell organisiert und – zumindest in der leicht verklärten Rückschau – eine große Familie. »Gekauft wird von denen, die man mag. Wer Hilfe braucht, kann zu einem anderen Hersteller gehen und sich Rat holen.« Martin Wiesmann, der heute als alleiniger Geschäftsführer das Herz und die Seele der Firma TransBach ist, gibt zu, dass das freundschaftliche Klima dieser Zeit einer der Gründe ist, wieso viele Firmen überleben. BACH produziert zum Beispiel anfänglich auch Rucksäcke für Lowe Alpine und The North Face. Keine Ausnahme damals. Als Wiesmann im Januar 1990 zum ersten Mal die deutschen Trekkingläden besucht, haben alle Einkäufer ihre Bestellungen seit Monaten abgeschlossen. Und trotzdem kaufen viele noch ein paar Rucksäcke dazu, einfach weil man sich sympathisch ist. Abends trinkt man gemeinsam einen über den Durst, legt sich mit Isomatte und Schlafsack auf den Ladenboden und jammert morgens gemeinsam über den Kater. Jeder kennt jeden, Deals werden per Handschlag besiegelt. Alle sind jung, ungebunden und unbeschwert.

Starrsinnig zum Erfolg Doch der Markt hat nicht auf eine neue Rucksackfirma und schon gar nicht auf radikale Konzepte gewartet. Jims Er-

fahrung »Pioneering does not pay« bewahrheitet sich einmal mehr. Aber sein Schweizer Kollege bleibt stur: Der Mut zum Weglassen steht für ihn an erster Stelle. »Ein Rucksack muss so viele Extras wie nötig, aber immer so wenige wie möglich besitzen.« Überflüssige Spielereien bringen nur unnötiges Gewicht. Und kosten Geld. Denn das Weglassen bedeutet auch – bei der im Vergleich zu Asien teuren Produktion in Irland –, aus der Not eine Tugend zu machen. Die Freude an der Einschränkung umschreibt Wiesmann heute gern mit moderner Kargheit. Wer wochenlang durch die Wildnis Skandinaviens wandert oder eine Mehrtagestour in den Alpen macht, verzichtet bewusst auf den alltäglichen Komfort der modernen Zivilisation. Was zählt, ist stabile und leichte Ausrüstung. Langlebigkeit und Qualität sollen nicht für hippes Design geopfert werden. Rucksacknamen wie Radical und Power Pack sind Programm. Da ist es egal, welche Farbe die Dinger haben. Mitte der neunziger Jahre zahlt sich die Leidenschaft für schlichte Produkte letztlich aus. Der Bach wird zum Fluss.

Drum prüfe, wer sich ewig bindet »Die Passform muss einfach stimmen, alles andere ist eigentlich fast egal«, meint Wiesmann heute lässig. »Natürlich ist die Haltbarkeit ein wesentliches Argument, sich für einen BACH zu entscheiden. Doch Qualität in Ehren –


ohne die entsprechende Passform bereitet sie keine Freude.« BACH-Rucksäcke gibt es deshalb in bis zu vier unterschiedlichen Rückenlängen, mit bis zu vier wahlweise austauschbaren Hüft- und Schultergurten. Kein anderer Hersteller betreibt einen derartigen Aufwand. Was passiert, wenn ein Rucksack nicht perfekt sitzt? BACH weiß um die Nöte seiner Kunden. »Vor allem Menschen, die nicht den durchschnittlichen Größenstandards entsprechen, tun sich manchmal schwer bei der Wahl eines Rucksacks.« Oft sind es scheinbare Kleinigkeiten, die darüber entscheiden, wie ein Rucksack sitzt. Lässt sich ein Passformproblem mit den vorhandenen Einstellmöglichkeiten und dem Austauschen von Standard-Komponenten nicht lösen, hilft nur Maßarbeit. Der Ladenmitarbeiter nimmt die korrekten Maße auf, gibt sie weiter, und BACH fertigt einen einwandfrei sitzenden Träger. Damit dieses Zusammenspiel zwischen Kunde, Händler und Hersteller problemlos klappt, erhalten die Verkäufer regelmäßige BACH-Schulungen. Eine Symbiose, die nicht nur verkaufsfördernd ist, sondern auch langfristiges Vertrauen in die Marke schafft.

Alpen oder Guinness Seit den familiären Zeiten in den Anfangsjahren der Outdoor-Branche hat sich manches verändert. Die Entscheidungsträger großer Hersteller trinken nicht mehr gemein-

sam in irischen Pubs, Einkaufsdeals werden nicht mehr nur per Handschlag besiegelt und Nächte auf Isomatten nach Verkaufsgesprächen sind auch passé. Heute sind die Fertigungsstätten und Schaltzentralen der Outdoor-Firmen auf der ganzen Welt verteilt. Die Globalisierung macht keinen Halt vor kleinen Traditions-Unternehmen. Wenngleich in den Produktionsgebäuden in Kilkenny weiterhin jede Woche rund 25 Rucksäcke in europäischer Handarbeit entstehen, hat sich auch der Dreh- und Angelpunkt von BACH verschoben. Heute werden die Entscheidungen über »bitte nicht zu viel Schnickschnack und bloß keine Schleifchen« in dem kleinen Schweizer Dorf Wiesendangen in der Nähe von Winterthur getroffen. Der Großteil der Produkte wird in Quindao, China genäht. Mit Materialien aus Korea, China, Deutschland, den USA und der Schweiz. TransBach Ltd ist heute TransNational: »Wir sind heute ein bisschen Iren und Schweizer und zunehmend auch ein wenig Koreaner und Chinesen.« Das Rad der Zeit lässt sich nicht zurückdrehen. Das weiß Wiesmann selbst und alle, die in dieser Branche tätig sind. Doch seiner Linie kann man dessen ungeachtet treu bleiben. Im Augenblick schultert ein fünfköpfiges Schweizer Team die Management-Aufgaben. Alle Produkte werden in Wiesendangen entworfen und bis zur Stufe »Serienreife« selbst genäht. Oft sind die Verbesserungen an den Rucksäcken nur kleine Details, doch stets Grund genug für einen Testausflug in die Berge oder Schweizer Wälder.

Gegenwart und Zukunft Der Outdoor-Markt ist heute kein Nischenmarkt mehr und er ist in den letzten Jahren kommerzialisiert worden. Aber die Ecke, in der sich BACH tummelt, ist immer noch eine Nische und wird auch eine bleiben. »Viele Firmen bieten heute Rucksäcke eher als Accessoires zu ihren Bekleidungs- und Schuhlinien an.« Die nehmen BACH natürlich einen Teil des Marktes weg. Das ist jedoch auch eine Chance, da es zu einer klaren Positionierung zwingt. »Wenn wir sehen, wie viele puristische Alpin-Rucksäcke wir verkaufen, ist das beachtlich. Das macht wirklich Freude.« So geht es dem Geschäftsführer des kleinen Betriebs. Die Stärken von BACH liegen, wie bei vielen kleinen Unternehmen, im Team. Die Hierarchien sind flach, Ideen können sofort umgesetzt werden. Das Begleiten eines gesamten Prozesses macht Spaß. Und was man gerne macht, das macht man besser. Im Austausch mit den Läden und Kunden entstehen neue Freundschaften und bessere Produkte. Auf die Frage, was er sich für die Branche wünschen würde, meint Wiesmann grinsend: »Wieder etwas mehr Pub und Passion!« Text: Barbara Meixner Fotos: Barbara Meixner und Bach Archiv

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FOTO Arc`teryx

RAUSZEIT Sommer 2012

Besserwisser: Regenjacken

MYTHEN UND FAKTEN IN DER WELT DER REGENJACKEN Im Zusammenhang mit funktioneller Regenbekleidung werden von einigen Herstellern oft irrelevante Laborwerte in den Mittelpunkt gerückt. »Rauszeit« räumt mit Halbwahrheiten auf und erklärt, welche Funktionskriterien in der Praxis wirklich von Bedeutung sind.

»30.000er Wassersäule, 30.000 MVTR« – die Anzeige im Hochglanz-Fachmagazin versucht die letzten Zweifel zu zerstreuen, dass die Jacke ihren stolzen Preis von 515 Euro wert ist. Auch wenn die zahlreichen Nullen beeindruckend sind, die wenigsten wissen mit diesen Zahlen etwas anzufangen. Es besteht erheblicher Erklärungsbedarf. Glücklicherweise ist das alles gar nicht so kompliziert …

Die Wassersäule Mit der so genannten Wassersäule wird die Dichtheit von technischen Geweben angegeben. Dabei wird gemessen, bei welchem Druck auf die Außenseite des Materials Wasser eindringt. Die Funktionstextil-Spezialisten

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renommierter Institute bezeichnen Funktionsmaterialien ab einer Wassersäule von 4.000 mm als wasserdicht. Ob ein Gewebe also mit 15.000-, 20.000- oder 30.000-mmWassersäule kommt, ist von geringer Relevanz, denn dicht ist dicht. Zumindest theoretisch, denn ob eine Jacke Regenwasser eindringen lässt oder nicht, hat nur in den seltensten Fällen mit den Eigenschaften des Gewebes zu tun. Vielmehr sind es schlecht konstruierte Kapuzen und Taschen, undichte Reißverschlüsse und qualitativ schlecht verarbeitete Nahtabdeckungen, durch die das Wasser eindringt. Ebenfalls problematisch ist, wenn neben dem Wasser auch noch das eigene Gewicht auf dem Gewebe lastet. Zum Beispiel beim Aufstützen auf Knie oder Ellbogen sowie durch den Druck der Rucksackträger auf die

Schulter. An den Knien verbautes Material sollte darum eine Wassersäule von mindestens 15.000 mm aufweisen, solches an der Sitzfläche mindestens 10.000 mm.

Wenn Jacken atmen Funktionelle Jacken sind wasserdampfdurchlässig und lassen einen Teil des Schweißes nach außen entweichen – man spricht umgangssprachlich von »atmungsaktiven« Jacken. Während das kühle Nass in Tropfenform dank spezieller Beschichtung bei Jacken im Neuzustand an der Außenseite abperlt, kann Schweiß in Form weit feineren Wasserdampfs durch kleinste Poren nach außen entweichen. Um festzustellen, wie gut das funktioniert, kennt die


für den sportlichen Einsatz braucht, ist mit einer Zweieinhalb-Lagen-Jacke oder einer Jacke mit durchlässiger Beschichtung gut bedient.

Grenzen der Physik

FOTO Arc`teryx

Allerdings gibt es in Sachen Funktion »atmungsaktiver« Gewebe trotz all der Leistung einige Einschränkungen. Bei gewissen Witterungsbedingungen stoßen auch hochfunktionelle Textilien an ihre Grenzen: So gefriert der Wasserdampf bei Temperaturen unter minus 20 Grad bereits im Gewebe, wodurch die Dampfdurchlässigkeit abnimmt. Und bei tropischen, also feucht-heißen Bedingungen kann es passieren, dass die Luftfeuchtigkeit der Atmosphäre die in der Jacke übersteigt. Dadurch kommt der Dampfaustausch mangels Dampfdruck komplett zum Erliegen, der Schweiß bleibt in der Jacke. Damit eine Regenjacke funktioniert, braucht es einen so genannten Partialdruck. Das heißt, der Schweißtransport funktioniert dann am besten, wenn zwischen dem Jackeninnern und der Umgebungsluft ein markanter Unterschied der Temperatur und der Luftfeuchtigkeit besteht. Auch ist zu beachten, dass kalte Luft weit weniger Luftfeuchtigkeit aufnehmen kann als warme Luft. Bei Temperaturen um den Gefrierpunkt kann also nur noch ein Bruchteil der Luftfeuchtigkeit abgegeben werden.

FOTO Arc`teryx

Faktor Mensch

Textilbranche verschiedene Messmethoden. Am gebräuchlichsten ist die Angabe der Moisture Vapor Transmission Rate (MVTR) in Gramm pro Quadratmeter. Gemessen wird, welche Wassermenge in einem Zeitraum von 24 Stunden durch einen Quadratmeter Stoff verdunstet. Eine Menge von 10.000 Gramm pro Quadratmeter und 24 Stunden gilt als gut, 30.000 Gramm als Spitzenwert. Absolute Objektivität und Vergleichbarkeit darf man sich allerdings auch von der Angabe des MVTR-Werts nicht erhoffen, denn einerseits gibt es verschiedene Messmethoden, andererseits können die Resultate manipuliert werden. Etwas mehr Objektivität verspricht der so genannte RET-Wert (resistance evaporation transmission), der den

Widerstand misst, den ein Stoff dem Wasserdampf entgegensetzt. Je niedriger dieser Widerstand ist, umso wasserdampfdurchlässiger ist das Material. Ein Wert unter 6 wird mit »extrem atmungsaktiv« umschrieben, 6 – 13 als »sehr atmungsaktiv«. Welche Resultate der Labortest auch immer liefert – diese können stark von der persönlichen Wahrnehmung abweichen. So fühlen sich beispielsweise Jacken mit Innenfutter immer trockener an. Der Schweiß endet meist im Futter und wird nicht nach außen transportiert. Doch Jacken ohne Innenfutter sind deutlich schweißdurchlässiger, weil die fehlende Lage auch weniger Widerstand bedeutet. Wer also stark schwitzt oder die Jacke vor allem

Weit häufiger als meteorologische Faktoren schränken aber die Nutzer selbst die Funktion ihrer atmungsaktiven Jacke ein. Und zwar durch ihr Verhalten. Konsequente Beachtung des »Zwiebelprinzips« hilft weiter. Das Prinzip besagt: Es ist sinnvoller, mehrere dünne Schichten zu tragen als wenige dicke. Die unterste Schicht der Bekleidung muss Schweiß aufnehmen und nach außen ableiten, statt ihn in den Fasern zu speichern. Der Schweiß wird von Schicht zu Schicht weitergegeben. Sonst kann die äußere Schicht gar nicht erst zeigen, was sie kann. Es gibt auch »Entwarnung« für all jene, die befürchten, dass die teure Regenjacke auf Grund des mit Nässe vollgesaugten Oberstoffs nicht mehr dicht sei: Wenn die Imprägnierung des Oberstoffs einmal abgewaschen oder mechanisch abgetragen ist, saugt sich zwar der Stoff voll, die Dichtheit bleibt aber weiterhin gewahrt. Allerdings leidet die Wasserdampfdurchlässigkeit minimal und die Jacke legt an Gewicht zu. Das Problem ist jedoch schnell behoben: Im Wäschetrockner lässt sich die alte Imprägnierung teilweise wieder reaktivieren oder eine neue Imprägnierung kann aufgetragen werden. Waschen – auch das ist ein Irrglaube – schadet der Funktionalität der Regenjacke übrigens in keiner Weise. Im Gegenteil: Durch regelmäßiges Waschen kann effektiv verhindert werden, dass die mikroskopisch kleinen Löcher der Membran oder der Beschichtungen durch Schmutz, Hautfette und -reste verstopfen. Vorsicht ist nur bei der Wahl des Waschpulvers geboten. Weichspüler schadet der Imprägnierung erheblich, er zerstört das wasserabstoßende Außenmaterial. Spezielle Waschmittel, zum Beispiel Nikwax Tech Wash für Funktionskleidung, erneuern oder verbessern die atmungsaktive Beschichtung hingegen. Es gibt viele Möglichkeiten, dem Regen zu trotzen. An einer nassen Jacke sollte der Spaß auf Tour nun aber zumindest nicht mehr scheitern!

GRAFIK Gore-Tex ®

Text: Daniel Willert/SFU

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RAUSZEIT Sommer 2012

Nachgefragt: Christoph Rehage

HEIMWEG XXL An seinem 26. Geburtstag schultert Christoph Rehage seinen Rucksack. Er hat einen gewagten Plan: Von Peking will er nach Bad Nenndorf in Niedersachsen wandern. Tausende Kilometer liegen zwischen ihm und seiner Heimat. Mit guter Vorbereitung dürfte es kein Problem sein. Denkt er ... »Eigentlich bin ich kein Outdoorer! Ich hasse Wandern, vor allem Rundwege.« Dass Rehage kein ambitionierter Extremsportler im klassischen Sinne ist, wird schnell klar, wenn man die Beweggründe für seine Extremwanderung erfährt. Nicht das Zählen der Kilometer oder die sportliche Leistung, sondern das bewusste und langsame Ankommen an fremden Orten und zuhause standen für ihn an erster Stelle. Vieles hatte mit der Erfahrung aus seiner ersten Wanderung zu tun, als er nach einem einjährigen Aufenthalt in Paris nach Hause gewandert war. Das waren »nur« 800 Kilometer, aber trotzdem blieb etwas Sehnsucht von damals in ihm hängen. Das Gefühl, sich nur mit pragmatischen Problemen auseinandersetzen zu müssen: Wo werde ich schlafen? Was werde ich essen? Weder metaphysische Fragen noch belastende Sorgen schwirren im Kopf herum. Einfach einen Fuß vor den anderen setzen. »Es hat mich nicht mehr losgelassen.« Er wollte es und war von seinem Plan überzeugt. Während des Filmstudiums an der Filmakademie Peking reift der Plan. Christoph beginnt Kartenmaterial zu studieren und setzt sich mit den deutschen Konsulaten in den zu durchquerenden Ländern in Verbindung, um die Machbarkeit der Tour zu erfragen. Nur Turkmenis-

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tan erklärt seinen Plan zum unmöglichen Unterfangen. Trotzdem bricht er auf. Ein Marsch ins Ungewisse beginnt – bewaffnet mit Filmkamera, Zelt und einem warmen Schlafsack. Bei der Anschaffung der Isomatte hat er gespart. »Das hatte zur Folge, dass ich mich in der ersten kalten Nacht ständig drehen musste wie eine Frühlingsrolle in der Pfanne, um nicht zu erfrieren.« Die Kälte ist nicht die einzige Herausforderung, die ihm auf dem Weg durch China begegnet. Sandstürme in der Wüste Gobi, tagelange Einsamkeit und manchmal »kleine Probleme« mit der Bürokratie. Doch sein größter Gegenspieler ist weitaus gefährlicher als Naturgewalt und Behördenhand: »Die größte Gefahr war ich selbst«, sagt der rastlose Wanderer. Was andere als pure Freiheit und die Erfüllung eines großen Traums sahen, wird für Christoph immer mehr zum Zwang: nicht aufgeben können, den Plan durchziehen und die komplette Strecke laufen müssen. »Ich hatte mir selbst verboten, nach Hause zu fahren. Aber warum eigentlich?« In der Wüste begegnet er Lehrer Xie Jianguang, einem zähen Chinesen, der bereits seit 1982 kreuz und quer durch China läuft. Der vermittelt ihm eine wertvolle Erkenntnis: Er muss nicht weiter laufen, nur um Erfahrungen zu machen, die er letztendlich doch mit niemandem

teilen kann. Davon hat er nach einem Jahr ausreichend im Gepäck. Christoph trifft eine Entscheidung. In der chinesischen Stadt Ürümqi zieht er nach 4646 Kilometern die Wanderstiefel aus, schneidet sich Haare und Bart ab und fliegt zurück nach Deutschland. Aber in Deutschland brodelt der Mitteilungsdrang in ihm weiter und er beschließt, seine Erlebnisse und Erfahrungen endlich mit jemandem zu teilen. In Form eines Zeitraffer-Videos auf YouTube erfährt die Welt von seiner faszinierenden Reise. Und von seinem Bartwuchs: Je länger der Bart, desto näher das Ziel. Unglaubliche über 1,2 Millionen Klicks hat das Video bisher erhalten. Noch kein Ende in Sicht ... Text: Barbara Meixner Fotos: Christoph Rehage

VIDEO www.youtube.com/watch?v=5ky6vgQfU24

INTERNET www.thelongestway.com


10 Fragen an Christoph Rehage 1. Glaubst Du an das Schicksal und wenn ja, warum? Ja, tue ich. Vor China eigentlich nicht, aber dort habe ich angefangen, daran zu glauben. Alles kommt zusammen, und es gibt eine Geschichte: Schicksal. 2. Bitte vervollständige den folgenden Satz: Ein Abenteuer ist ... ... das, was vor der Tür liegt. 3. Auf welchen Ausrüstungsgegenstand würdest Du unterwegs nicht verzichten? Zahnbürste. Muss mit.

MEHR HALT MEHR KOMFORT MEHR PERFORMANCE

4. Was hat Dir im Leben schon mal richtig Angst gemacht? Der Tod. Aber ich bin allgemein ein ängstlicher Typ. 5. Wer war der beeindruckendste Mensch, den Du je kennengelernt hast,

FOG

und warum? Es gibt viele beeindruckende Menschen. Lehrer Xie gehört auf jeden Fall dazu: Er läuft seit 1982 durch China. Mehr als einen Kopf kleiner als ich und halb so schwer. Aber ein großes Herz.

PLUM

6. Was hast Du im Leben wirklich Relevantes gelernt? Man muss wissen, was man will. Hört sich leicht an, ist es aber nicht.

RIO

7. Was ist Glück für Dich? Wenn man das Gefühl hat, auf nichts zu warten.

ZEN

8. Welchen Kindheitstraum hast Du Dir erfüllt?

RIVER

Ich schreibe ein Buch. 9. Welche Dinge werden heutzutage oft überschätzt?

weitere Infos:

SMOKE

Die meisten großen Worte. Abenteuer zum Beispiel.

TAUPE

10. Wie würde der Titel Deiner Autobiografie lauten? »Dinge, die ich mag, und Dinge, die ich nicht mag.«

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RAUSZEIT Sommer 2012

LIEBESERKLÄRUNG »DIE LIEBE IST EIN STOFF, DEN DIE NATUR GEWEBT UND DIE FANTASIE BESTICKT HAT.« (VOLTAIRE) Kerzenlichtromantik

Anspruchsloser Familienzuwachs

Auf jeder Wintertour in Skandinavien habe ich meine Trekker Lounge in der Pulka. Nordlandnächte sind lang und letzten Winter saß ich drei Tage bei Schneesturm im Zelt fest. Drei Tage lang nicht stehen oder sitzen. Nur liegen … Wenn »sie« nicht gewesen wäre. Sie macht mit wenigen Handgriffen aus der Schlafmatte einen fürstlichen Sessel. Daneben, auf dem Sperrholzbrett-Couchtisch, ein Kerzenstumpen, der heiße Tee und die Schale mit Chips. In die Daunenjacke schlüpfen und die Beine in den Schlafsack stecken. Nur meine Trekker Lounge und ich im Kerzenlicht. Da kann es draußen tagelang stürmen. Matthias Müller, Camp4

Jedes Jahr gibt es ein neues Ausrüstungsteil für den Familienurlaub. Eigentlich hatten wir letztes Jahr schon alles, was wir brauchen. Dann bekam ich einen Tipp: Trekker Lounge. Frühmorgens, bevor die Jungs aufwachen und auf uns rumkrabbeln wollen, stelle ich die Rückenlehne auf und werfe den Kocher an, bereite das Frühstück und lehne mich gemütlich zurück. Meine Frau und ich können bequem im Schlafsack sitzend unseren Tee genießen und das Müsli löffeln, während die Jungs im Zelt Chaos veranstalten. Die Trekker Lounge gehört mittlerweile schon zur Familie. Ludger Offerhaus, Camp4

Kuscheln zu zweit Ich dachte immer, ich brauche das nicht. Auch wenn alle anderen immer davon sprachen, dass das Leben »mit« so viel schöner sein kann. Dann sah ich sie, saß mit ihr und wusste: Das ist etwas Ernstes. Durch den Stoff der Lounge schlafe ich gerade im Sommer besser und entspannter. Endlich verrutscht mein Kopfkissen auf der glatten Matte nicht mehr. Ich schiebe es unter das elastische Netz am Kopf und »Gute Nacht«. Meine Trekker Lounge nehme ich aber nicht nur zum Zelten mit, sondern auch auf Kanufahrten. Wenn wir flussab treiben, sitze ich auch im Kanadier genüsslich in meinem Lounge-Sessel und lausche entspannt der Natur. Jetzt weiß auch ich: Gemeinsame Erlebnisse stärken die Beziehung. Thorsten Kapp, SFU Braunschweig

PRODUKTINFORMATION Mithilfe der Trekker Lounge von Therm-a-Rest lässt sich eine Isomatte in Sekundenschnelle in einen Sitz und wieder in ein Bett verwandeln. Der Überzug schützt nicht nur die Matte, er ist auch mit verstellbaren Seitenriemen ausgestattet, die ein Anpassen des Neigungswinkels ermöglichen. Der Überzug kann samt der Matte in den Rucksack gepackt werden. Eine praktische Lösung. www.cascadedesigns.com/therm-a-rest Preis: ab 42,95 €

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In allen Liebeslagen Meine Trekker Lounge – mit Therm-a-Rest und einem leichten Schlafsack – liegt bei mir immer im Kofferraum gleich neben dem Kletterzeug. Seit Jahren sind wir unzertrennlich. Egal ob am Strand oder unterwegs im Klettergebiet. Matte ausgerollt, Ventil auf und fertig ist der »Aussichtssessel« mit Blick aufs Meer oder die Bergwelt. Den ungewöhnlichsten Ausflug hatten ich und meine Lounge in Verona – in der berühmten Freiluft-Oper. Da bekamen wir eifersüchtige Blicke von allen Seiten. Während unsere Nachbarn sich drei Stunden auf harten Steinbänken quälen mussten, habe ich es mir mit meiner Lounge gemütlich gemacht und den lauen Sommerabend genossen. Dolce Vita mit amore mio. Verena Scheel, SFU Hannover


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