RCKSTR Mag #150 | Oktober 17

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KOKAIN FÜ

#150 | OKT 2017

»THEMA

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Anfangs September hat sich Neo-Bundesrat Ignazio Cassis in der Aargauer Zeitung explizit für eine Kokain-Legalisierung ausgesprochen. «Ein regulierter Markt ist der beste Weg, um Drogenmissbrauch zu bekämpfen.», lässt sich der langjährig praktizierende Arzt zitieren. Verleger Joel Meier und Redaktor Rainer Etzweiler haben sich über das Pro und Contra der Idee unterhalten. (rez) RAINER: Joel,

was hältst du von dem Vorschlag? JOEL: Ich bin Vollgas dagegen. RAINER: Ich bin dafür. Ich bin der Meinung, dass sich so das organisierte Verbrechen bekämpfen lässt, dass man Suchtprobleme gezielter angehen und generell besser aufklären kann. Ausserdem würde der Staat Geld damit verdienen. JOEL: Also bist du dafür, dass der Staat kapituliert? RAINER: Ich glaube nicht, dass es eine Kapitulation wäre. Es ist schlicht ein anderer Weg, der «War on Drugs» dauert in Amerika seit bald 50 Jahren an, und die Ergebnisse sind ernüchternd. Es ist keine Kapitulation, sondern eine Alternative. JOEL: Kommt darauf an, was du im Fokus siehst: Die Kosten, die für den Staat anfallen oder den Menschen. Tatsache ist, dass die Probleme entstehen, weil Menschen süchtig werden, und bei Kokain reden wir nicht von einer harmlosen Droge, sondern von einem Stoff, der dich zerstört. Wenn wir in 20 Jahren lauter kaputte Menschen durchfüttern müssen, die nicht mehr arbeitsund gesellschaftsfähig sind, relativiert sich vielleicht auch der

Kostenpunkt wieder. Man bekämpft ja Raser auch nicht, indem man die Geschwindigkeitsbegrenzung aufhebt. RAINER: Ich bin nicht sicher, ob dieser Vergleich funktioniert. Dazu kommt, dass ein geändertes Gesetz keine neuen Konsumenten schafft, bloss weil sich die Legalitätsfrage geändert hat. Ein Beispiel dafür, dass es funktioniert finden wir vor der eigenen Haustür. Als nach dem Platzspitz-Desaster die legale Heroinabgabe eingeführt wurde ging die Zahlen der Süchtigen und Toten signifikant zurück. (Quelle: Zentrum für Suchtmedizin). JOEL: Man kann nicht wegdiskutieren, dass der Mensch suchtaffin ist. Sei es mit Alkohol, Zigaretten oder eben Drogen. Alkoholkranke sind ja mitunter auch nicht mehr gesellschaftsfähig. RAINER: Und warum macht es dann Sinn, dass Alkohol frei zugänglich ist? JOEL: Macht es nicht, aber der Staat hat beim Alkohol die Linie gezogen und ist dafür verantwortlich diese Linie zu verteidigen. Wenn Dealer genauso rigoros angegangen würden, wie Falschparker sähe die Situation anders aus. RAINER: Ich denke nicht. In Indonesien werden Dealer per Gesetz wortwörtlich an die Wand gestellt und erschossen, und auch dort gibt es Junkies. Das Bedürfnis sich zu berauschen ist in unserem Instinkt.


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