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Ohne «Ghost In The Shell» hätte es «The Matrix» nie gegeben. Bis heute zählt der Anime zu den wichtigsten Werken der Science-Fiction. Wir beleuchten die Hollywood-Adaption, deren Vorlage und einen komplett unnötigen Shitstorm. von Rainer Etzweiler DIE VORLAGE «Ghost In The Shell» erschien 1996 als Direct-to-Video das erste Mal in der Schweiz und basiert auf der Manga-Vorlage von Masamune Shirow aus dem Jahr 1989. Zusammen mit «Akira» und «Prinzessin Mononoke» bildet «Ghost In The Shell» die heilige Dreifaltigkeit der japanischen Animationsfilme in den Neunzigerjahren. Der Anime war damit massgeblich daran beteiligt, dass das Format des abendfüllenden Zeichentrickfilms auch fernab der Disney Studios seine Daseinsberechtigung erhielt. Gleichzeitig war die Thematik ein Novum für die westliche Welt. Die Gewaltdarstellung, das Setting und der philosophische Unterton richteten sich klar an ein erwachsenes Publikum und demonstrierten, dass Anspruch und Animationsfilm kein Widerspruch sein müssen. Die Generation MTV entdeckte den Film einige Jahre später, mit dem Videoclip zu Wamdue Projects «King Of My Castle», womit «Ghost In The Shell» endgültig in der Popkultur angekommen war. Den Einfluss, den das Cyberpunk-Epos dabei auf die Filmszene hatte, lässt sich heute kaum überschätzen: von den Wachowski-Schwestern über
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RCKSTR MAG. | #144 | APRIL 2017
Steven Spielberg bis James Cameron gibt es kaum einen Genre-Regisseur, der «Ghost In The Shell» nicht zu den Standardwerken des Science-Fiction zählt. DER FILM In einer nicht allzu fernen Zukunft hat der internationale Technologie-Konzern Hanka Corporation die künstliche Intelligenz soweit vorangetrieben, dass sie kaum mehr von der Menschlichen zu unterscheiden ist. Hankas Meisterstück heisst Major (Scarlett Johansson) und ist ein Cyborg mit einem menschlichen Gehirn. Major ist Mitglied der Anti-Terror-Force «Section 9». Die Einheit unter dem Kommando von Daisuke Aramaki (Takeshi Kitano aka der coolste Mensch unter der Sonne) wird auf den mysteriösen Cyber-Terrorist Kuze (Michael Pitt) angesetzt. Dieser ist in der Lage sich in Roboter und Menschen mit erweiterten Technologie-Parts zu hacken. Kuze scheint eine persönliche Vendetta mit dem Hanka-Konzern zu haben und richtet gezielt dessen Mitarbeiter hin. Zusammen mit ihrem Partner Batou (Pilou Asbæk) streift Major durch eine futuristische Version von Hong Kong, wo die Suche nach
Kuze schon bald zur Suche nach sich selbst und einer tiefschürfenden Auseinandersetzung über das Menschsein wird. Regisseur Rupert Sanders simplifiziert die Vorlage an verschiedenen Stellen und erzählt dabei eine etwas andere Geschichte. Der melancholischen Stimmung aber bleibt er treu, ebenso der visuellen Umsetzung; viele Szenen wurden 1:1 übernommen und mit peniblem Auge fürs Detail umgesetzt. Der 3D-Effekt ist subtil – eine gute Entscheidung, weil 3D a) scheisse ist und b) der Film optisch ohnehin genug reinknallt. Sanders versucht den Spagat zwischen Hollywood’schem Mainstream-Kino und japanischem Anime-Kult. Das funktioniert über weite Strecken erstaunlich gut, auch wenn die Kenner der Vorlage wohl ab und an die Nase rümpfen werden. Dürfen sie auch. Unvoreingenommene Kinogänger interessiert das aber nicht, denn «Ghost In The Shell» ist der beste Sciene-Fiction-Film der letzten fünf Jahre. Regie: Rupert Sanders WWWWWWWWWV ; AB JETZT IM KINO