GAMES
ANTHEM VS. THE DIVISION 2 High Noon der Online-Shooter
Das Internet ist fast unendlich gross, da verträgt’s locker zwei Shared-World-Ballerspiele mit praktisch dem gleichen Releasedatum. Nun, das mag ja sein – aber deine Freizeit ist leider nicht unendlich, weshalb du dich wohl oder übel zwischen «Anthem» und «The Division 2» entscheiden musst. Wir helfen dir dabei. von Schimun Krausz
WORUM GEHT'S?
«Anthem»: Wie «Destiny» – einfach anders
«The Division 2»: Poliertes Original MASSIVE/UBISOFT
BIOWARE/EA Wer 2019 «Sci-Fi-Online-Shooter» sagt, muss auch «Destiny» sagen. Tatsächlich lassen sich Parallelen zwischen Bungies Franchise und «Anthem» ziehen, doch BioWares erster Gehversuch im Genre hebt sich durchaus ab: Du ballerst in Third- statt First-Person-Perspektive, powerst nicht direkt deinen Avatar, sondern deinen Javelin genannten Exosuit auf und die Menschheit kämpft nicht in unserem Sonnensystem ums Überleben, sondern in einer Fantasie-Welt, erschaffen von den Shapers mit einem Ding namens Anthem of Creation. Bö, Science-Fiction halt. ; jetzt für PS4, X1, PC
1.8 lautete die Versionenbezeichnung nach dem letzten Update des vor drei Jahren releasten «The Division». Bis zur 2 im Titel des Sequels ist es also kein allzu grosser Sprung und das merkst du dem Third-Person-Cover-Shooter an: Es spielt zwar sieben Monate nach der Pocken-Pandemie des Originals im von der Natur teilweise zurückeroberten Washington D.C. statt im zugeschneiten New York City, ansonsten fühlt sich aber fast alles sehr vertraut an. Einfach mit einer Menge Verbesserungen im Detail, die zusammen ein runderes und vor allem abwechslungsreicheres Spielerlebnis ergeben. ; am 15.3. für PS4, X1, PC
#164 | MÄRZ 2019
DER LOOK
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Grün dominiert beide Spiele – in «Anthem» wuchert dichter Dschungel auf der Planeten-Oberfläche, in «The Division 2» spriessen die Pflanzen aus allen Spalten und Ritzen der zerbröckelnden Zivilisation. Der Detailreichtum des postapokalyptischen Washington D.C. ist beeindruckend, ebenso die Lichteffekte in Massives Shooter; die Spielfiguren von BioWares Epos geben allerdings mehr her, die Effekte in den Fights grenzen an LSD-Trips und die Alienwelt ist schlicht aussergewöhnlicher.
DIE SPIELWELT Nicht mal «Tetris» ist so vertikal wie die Spielwelt von «Anthem» – das ist ungewohnt und wirkt vom ersten Sprung in die Tiefe des Urwalds an ungemein erfrischend. Auch auf Ebenen zieht BioWare das Vertikale weiter, Gegner greifen von weit oben und tief unten an. Washington hingegen ist praktisch durchgehend flach wie die Sprüche von Mario Barth. Das ist wenig aufregend, doch «The Division 2» punktet massiv mit den Unmengen an verwinkelten Abschnitten, die dich gerne mal tief in den Untergrund führen und dir so auch nach Stunden im selben Gebiet Neues offenbaren.
DAS GAMEPLAY Wie im Vorgänger verkriechst du dich in «The Division 2» stets hinter Deckung, weil du sonst durchsiebt wirst wie Sonny Corleone in «The Godfather» und aktivierst Skills, die von zielsuchenden Rollminen bis zu Aufklärungsdrohnen reichen. Die Steuerung wirkt dabei gerne mal hölzern – deine Figur hat nicht viel an, lenkt sich aber, als trüge sie einen Raumanzug. Die vier verschiedenen «Anthem»-Javelins sind das pure akrobatische Gegenteil: Du schlägst Flips in einer Art Luft-Ballett, löst im Nah- und Fernkampf Combos aus und düst in Iron-Man-Manier so elegant durch die Gegend, dass dir sämtliche anderen Fortbewegungsarten binnen Minuten vollkommen antiquiert erscheinen.
DIE BÖSEN Verschiedene humanoide und insektoide Fraktionen mit kleinen und massigeren Fusssoldaten, fleischige Zwischenbosse und riesige Obermotze: «Anthem» tobt sich in seinem Sci-Fi-Setting aus und schleudert dir abwechslungsreiche Gegner in rauen Mengen entgegen. Der realistische Stil des zweiten «The Division»-Teils zwingt Massive zur Zurückhaltung beim Design der Plünderer und Anarchisten, die sich dir in den Weg stellen. Das Arsenal wurde immerhin um Kampfdroiden und Drohnen erweitert und Bossgegner sind abermals breit wie The Rock und tragen gerne Gasmasken. Sie schlucken auch nicht mehr ganz so viele Patronen wie im Vorgänger, aber auch da hat «Anthem» die Nase vorn und variiert besser zwischen Kanonenfutter und Kugelschwämmen.