GAMES
#165 | APRIL 2019
GOOGLE STADIA:
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SWEET STREAMS ARE MADE OF THESE
Schimun Krausz
Rainer Etzweiler
Google hat mit Stadia eine Cloud-basierte Game-Streaming-Plattform angekündigt. Stadia ist keine Konsole in klassischen Sinn: Das jeweilige Spiel läuft auf den Rechnern in den Google-Datenzentren und wird von dort aus auf diverse Plattform gestreamt - zum Beispiel auf dein Smartphone, Tablet, Computer oder Fernseher. Googles erklärtes Ziel dabei ist, Gamern auf der ganzen Welt Zugang zu einem High-End-Gerät zu bieten, ohne dabei auf eine entsprechende Hardware angewiesen zu sein. Noch fehlen wichtige Informationen zum Abo- oder Kaufpreis, dem Game-Lineup oder einem konkreten Release-Datum. Unsere Gaming-Redaktoren Schimun und Rainer wagen trotzdem mal eine erste Einschätzung. Rainer: Schimun, Google steigt ins Gaming-Business ein – was hältst du von Stadia? Schimun: Ganz grundsätzlich finde ich die Idee geil. Vor allem sehr zeitgeistig, schliesslich kann sich niemand mehr vorstellen, Serien und Shows einfach (nur noch) im analogen TV zu schauen. Streaming ist die Zukunft – und beim Gaming ja teilweise schon Realität, wie zum Beispiel PlayStation Now zeigt. Da ist dieser nächste Schritt, Videospiele jederzeit auf allen gängigen Devices zugänglich zu machen, ja nur logisch, nicht? Rainer: Auf den ersten Blick, ja. Ich bin aber noch etwas skeptisch was den möglichen Markt dafür angeht. Ich glaube nicht, dass es ein riesiges, ungenutztes Potential an Kunden gibt, die auf diesen Service gewartet haben. Die Gamer müssten also primär von der Konkurrenz überlaufen und ich sehe derzeit wenig Gründe, warum diese ihr vertrautes Ecosystem verlassen sollten. Schimun: Das hiess es beim Film- und Serienstreaming doch eh auch mal. Und jetzt schreie ich PewDiePie auf Youtube an, während ich diese Zeilen schreibe. Für mich klingt es zunächst auch etwas erschlagend, meine Games neben PlayStation, Xbox, Switch und PC auf einer weiteren Plattform zu spielen. Allerdings benutze ich auf dem PC auch bereits Steam, Epic, Blizzard, Origin und Uplay und es macht mir nichts aus – die einen Titel sind hier zuhause, die anderen da, Hauptsache, ich kann sie spielen. Den wichtigsten Punkt kann aber keiner der Anbieter selbst angehen: Wie soll die unglaubliche Datenmenge, die zum Zocken von Blockbuster-Releases per Internet übertragen werden muss, garantiert ohne Unterbruch bei meinem Device ankommen? Rainer: Den PewDiePie-Halbsatz überhöre ich grosszügigerweise mal. Hinsichtlich der Datenmenge hast du aber recht. Ich hab daheim ein pro-
peres Internet-Abo und trotzdem kommt es gelegentlich vor, dass z.B. YouTube-Videos kurz stocken. In einem Mutliplayer-Game entscheiden Sekunden über Sieg oder Niederlage. Ich hab keine Lust, dass mir ein Schluckauf in der Leitung einen Strich durch die Headshot-Rechnung macht. Ich bin ohnehin schon schlecht genug. Der Vergleich mit Netflix & Co. funktioniert allerdings nur bedingt: Die Entwicklung eines AAA-Games kostet schnell mal über 100 Millionen und dauert locker 2 – 3 Jahre. Versteh mich nicht falsch, ich glaube die Technik ist zukunftsweisend, aber auch bei einer optimistischen Sichtweise steht Google vor einigen dicken Herausforderungen. Schimun: Die grossen Netflix-Originale – vor allem die Serien, die Filme schwächeln ja ziemlich – hinken den Produktionen «klassischer» Sender und Studios ja nicht mehr oder kaum mehr hinterher. Streaming funktioniert dann, wenn du genug Abonnenten hast, um die Kosten wieder reinzuholen – so müssen auch grosse Publisher keine Verluste einfahren. Ich denke schon, dass die Rechnung aufgehen kann. Das Internet-Problem unterwegs besteht trotzdem noch. Aber: Ich bin optimistisch gestimmt und auch wenn ich nicht davon ausgehe, dass ich die Stadia von Anfang an so liebhaben werde wie die Switch – war vor zwei Jahren ja auch ne ziemliche Innovation –, gebe ich ihr auf jeden Fall ne Chance. Der Idee dahinter sowieso. Rainer: Ich versuche die Stimmen in einem Kopf abzustellen die «Google Glass», «Google Plus» und noch ein paar andere gescheiterte Projekte des Tech-Riesen flüstern und Stadia ebenfalls eine Chance zu geben. Bis es soweit ist können wir ja noch ein bisschen «Smash Bros.» spielen. Vielleicht hören dann auch die Stimmen auf. Ich…ich glaube ich brauche Hilfe, Schimun. Schimun: Ich prügle sie aus dir raus. Im Pokémon Stadium. Im…Pokémon Stadia. Oh Gott…