
1 minute read
REICHE ERNTE
TEXT: DOROTHEE FAUTH
Eine Pflanze, die mit keinem Wort in der Bibel erwähnt wird, das fanden die Menschen früher doch reichlich dubios. Hinzu kam, dass ihre braunen Knollen im Dunkeln unter der Erde wachsen – Grund genug für die Kirche, diese als Teufelszeug zu brandmarken. Davon ließ man doch besser die Finger.
Advertisement
Die Bevölkerung tat sich schwer mit der Kartoffel, die im 16. Jahrhundert mit den spanischen Seefahrern nach Europa kam. Von den Italienern wurde sie wegen der äußeren Ähnlichkeit mit Trüffeln „tartufolo“ genannt. Daraus leiteten sich die Bezeichnungen Tartuffel und schließlich Kartoffel ab. Wie Tomate, Mais und Paprika ist sie also ein Lebensmittel mit Migrationshintergrund.
Ihre Heimat ist Südamerika. Schon vor 5000 Jahren kultivierten die Inkas die „Frucht der Götter“, die im Gegensatz zu Getreide auch in den Höhenlagen der Anden gedieh. Ihr Reich gründete im Grunde auf der Knolle. Doch in der Alten Welt begeisterte man sich vor allem für die hübschen weißen, rosa oder lila Blüten des exotischen Souvenirs. Als Zierpflanze in den Gärten der Fürsten- und Königshäuser verbreitete sich die Kartoffel in ganz Europa. Die adelige Damenwelt, darunter die französische Königin Marie Antoinette, soll Kränze aus Kar toffelblüten in ihren Hochsteckfrisuren getragen haben.
Langer Weg vom Teufelswerk zum Grundnahrungsmittel Unkenntnis und Unwissenheit führten auch dazu, dass die Menschen zuerst die oberirdischen Beeren, die aus den Blüten entstehen, probierten. Doch deren Verzehr führt zu Bauchkrämpfen und manchmal zu tödlichen Vergiftungen, denn die Kartoffel ist ein Nachtschattengewächs. Vor allem ihre Blätter, Beeren und Keimlinge sind giftig. Vom Teufelswerk zum Lebensretter und Grundnahrungsmittel war es ein langer, mühsamer Weg. Noch 200 Jahre
Wer im eigenen Garten Kartoffeln anbaut, erntet sie am besten wie früher mit einer Grabegabel
