Pharma marketing
Markenstrategie
Die Marke als Wachstumstreiber Autoren: Michael Dumigan und Wes Wilkes
Pharmaunternehmen sind stark in der Forschung, aber schwach in der Markenführung. Eine Konzentration auf die Marke kann Umsatz und Wert des Unternehmens steigern. Dazu bedarf es aber einer neuen Markenarchitektur. Eine Marke ist nicht nur ein Symbol, ein Slogan oder ein Warenzeichen. Sie verkörpert viel mehr als nur ein Logo oder eine visuelle Identität. Marken sind immaterielle Vermögenswerte, die über alle Marken-Berührungspunkte hinweg zum Leben erweckt werden, sofern sie richtig konzipiert und geführt sind. Marken begründen Identität, sorgen für Differenzierung und steigern vor allem den wirtschaftlichen Wert eines Unternehmens. Die Pharmabranche verkauft Produkte und Dienstleistungen, die die Verbraucher eigentlich gar nicht kaufen wollen. Diese Produkte konfrontieren sie mit Krankheit und der eigenen Sterblichkeit. Daher besteht die Rolle der Marke in dieser Branche nicht darin, einfach nur ein bestimmtes Produkt oder eine bestimmte Dienstleistung zu kennzeichnen, sondern vielmehr darin, die Einstellung der Verbraucher gegenüber der angebotenen Behandlung zu verändern. Die Marken müssen positive Assoziationen bei ihnen Hervorrufen, in vielen Fällen sogar ein Gefühl von Hoffnung vermitteln und schaffen es, Herz und Verstand in Einklang zu bringen. 16
pharma marketing journal 2/2011
Marken sind in der Lage, Patienten, Pf legepersonal und alle mit der Gesundheitsfürsorge Befassten zu überzeugen und für sich einzunehmen, indem sie für die nötige Klarheit sorgen und ihnen einen Anreiz bieten, Produkte und Dienstleistungen nicht nur abhängig von ärztlicher Verordnung zu nutzen. Eine gut geführte Marke fungiert als Bindeglied zwischen rationaler und emotionaler Reaktion des Patienten. Bei der Auswahl von Produkten und Dienstleistungen müssen Patienten und Ärzte tiefgreifende und in manchen Fällen auch lebensverändernde Entscheidungen treffen. In diesem emotionalen und oft schwierigen Entscheidungsprozess können Marken eine wichtige und nützliche Rolle spielen. Vor dem Hintergrund dieser Erkenntnis zur Bedeutung von Marken muss sich die Rolle der Marke in der Gesundheits- und Life-Science-Industrie weiterentwickeln. Eine Marke darf nicht länger als reines Werbe- und Kommunikationsinstrument betrachtet werden, sondern als der eigentliche Motor des Kerngeschäfts, der die Unternehmensstrategie des Herstellers direkt und von Anfang an beeinf lusst. Die Marke
muss den Kunden auf der emotionalen Ebene ansprechen, um langfristig Markentreue aufzubauen und Erträge zu sichern. Im Mittelpunkt dieses Wandels stehen dabei die vielschichtigen, grundverschiedenen und sehr anspruchsvollen Kundengruppen der Gesundheitsbranche: die Krankenkassen, die Leistungserbringer und die Verbraucher (siehe dazu Grafik auf Seite 17). Die Krankenkassen bemühen sich, die Kosten zu senken, während von den Leistungserbringern erwartet wird, dass sie sich mittels besserer klinischer Ergebnisse direkter an den Bedürfnissen der Verbraucher orientieren. Erschwerend kommt hinzu, dass die Verbraucher die Angebote der Gesundheitsindustrie trotz besserer Informationsmöglichkeiten oft zurückweisen, wenn sie eine gesundheitliche Entscheidung treffen müssen. Die Branche ist in jüngster Zeit geprägt von Fusionen und Übernahmen, dem Abbau von Arbeitsplätzen sowie Eingliederungen und Diversifizierungen von Geschäftsbereichen. In den nächsten Jahren laufen bei den Pharmaunternehmen viele Patente aus, sodass sie die Alleinstellung bei einer ganzen Reihe von Blockbuster-Präparaten verlieren, die in den vergangenen Jahrzehnten für satte Gewinne sorgten. Die Endverbraucher werden verstärkt nach gezielten Therapien verlangen, sodass bei den Pharmaunternehmen die Nachfrage nach potenziellen Blockbuster-Medikamenten immer weiter