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CHANNING TATUM
hat Adonis’ Body und den Geist von Odysseus, wenn es ums Erreichen neuer Ufer geht. Doch für seinen jüngsten Erfolg musste der Filmstar erst mal auf den Hund kommen.
Interview RÜDIGER STURM
Sein Oberkörper ist immer noch perfekt trainiert. Wer Channing Tatum vor sich sieht, hat keinerlei Problem, in ihm den Actionhelden früherer Tage zu erkennen. Doch der ModelBody ist dem 42-Jährigen nicht mehr so wichtig, er hat sich beruflich neu orientiert. Nach Auftritten bei Regisseuren wie Quentin Tarantino („The Hateful Eight“) oder den Coen-Brüdern („Hail, Caesar!“) will er jetzt selbst als Regisseur durchstarten. Hier erzählt er, was ihn an Hunden inspiriert. Und warum er sich nie mit Mittelmaß zufriedengibt.
the red bulletin: In „Dog“ spielst du einen Soldaten, der mit einem Belgischen Schäferhund durch die Vereinigten Staaten reist. Hattest du schon Erfahrungen mit Hunden?
channing tatum: Ja, ich hatte mehrere Jahre eine Mischlingshündin namens Lulu, die 2020 leider an Krebs gestorben ist. Danach adoptierte ich einen Schäferhund.
Gibt es etwas, was du von Hunden gelernt hast?
Zuhören – auf eine ganz andere Art. Hunde vermitteln dir ihre Gefühle etwa durch die Art, wie sie sich bewegen. Du fragst dich: „Warum ist er heute nicht zur Tür gelaufen? Geht es ihm gut?“ Du stellst dich ganz instinktiv auf das Verhalten des Hundes ein, ohne das rational zu analysieren. Es ist einfach so, als würdest du mit einem stummen, sehr emotionalen Wesen zusammenleben.
Was hatte es für eine Wirkung, als du Lulu verloren hast?
Du lernst loszulassen. Als Lulu schon todkrank war, ging ich mit ihr auf eine letzte Reise, die auch den Film inspiriert hat. Auf diesem Trip wurde mir klar, dass ich an ihrem Sterben nichts ändern konnte. Ich musste das akzeptieren und mich darauf einstellen.
Wie hat das deine Einstellung zum Leben grundsätzlich geprägt?
Ich bin jemand, der seinen Willen durchsetzen will. Wenn ich mit einer Mauer, einer verschlossenen Tür oder einem Nein konfrontiert bin, dann hole ich mir eine Axt. Damit durchbreche ich das Hindernis. Zumindest war diese Sturheit bei mir früher ziemlich ausgeprägt. Jetzt gehe ich sanfter an die Dinge heran. Wenn ich Widerstand spüre, dann mache ich nicht einfach weiter Druck, sondern nehme mir eine Minute und denke: „Ich muss das nicht erzwingen, wenn es jetzt nicht funktioniert.“
Aber mit deiner Willenskraft hast du dich doch in der Branche ziemlich gut behauptet.
Ich habe deshalb nicht meinen Ehrgeiz verloren. Meine Pläne sind vielleicht sogar noch ambitionierter geworden. Das hat auch damit zu tun, dass ich eine achtjährige Tochter habe, für die ich Zeit haben will. Ich drehe keine Filme einfach nur so. Da müssen schon ernsthaftere Absichten dazukommen. Und ich gebe mich nicht mit Mittelmaß zufrieden. Ich will den nächsten Meilenstein.
Welche Meilensteine gibt es denn bereits in deinem Leben?
In meiner Jugend war ich kein guter Sportler, also habe ich so lange trainiert, bis ich einer war. Als ich merkte, dass mich die Schauspielerei allein nicht ausfüllt, habe ich mit einem Partner das Drehbuch zum Film „Magic Mike“ geschrieben. Auch, weil ich nicht davon abhängig sein wollte, dass man mir passende Rollen anbietet. Und indem ich die Regeln des Geschichtenerzählens lernte, wurde ich als Schauspieler besser. Der nächste Schritt war es, Regie zu führen – was ich bei „Dog“ gemacht habe. Ich bin mit dem Erreichten nie zufrieden, sondern sehe zu, dass ich etwas Neues lerne.
Keine Angst vor Überraschungen?
Ich habe einige harte Bewährungsproben im Leben durchgemacht – darauf kann ich verzichten. Aber du musst dich auf das Unbekannte einlassen. Das gilt auch für meine Figur im Film. Dieser Mann begibt sich auf eine Reise mit diesem Hund. Er hat keine Ahnung, wo sie ihn hinführen wird, aber als er sie hinter sich gebracht hat, ist er menschlich um so vieles vorangekommen.
Gibt es denn Eigenschaften von Hunden, die dich inspirieren?
Hunde haben kein Ego, sie sind völlig reine Wesen, die sich ganz und gar auf etwas einlassen, ohne es zu hinterfragen. Sie können voll vertrauen. Das liebe ich an ihnen. Ich selbst bin jemand, der am Anfang Vertrauen in andere Menschen hat, aber dann schaltet sich mein Gehirn ein, und Zweifel kommen hoch. Aber wenn wir es schaffen würden, so wie Hunde zu sein, dann würden wir in einer besseren Welt leben.