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books – das Magazin der Orell Füssli Buchhandlungen – Juni 09

Serientäterin

Donna Leon im Gespräch Paparazzo des Regenwalds Thomas Marent auf der Fotojagd nach Fröschen und Schmetterlingen

Woodstock

Der Erfolg eines legendären Missverständnisses

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10x 4 Tage

Abenteuer New York (für je 2 Personen) gewinnen!

ACTIO N

-TOUR

2009

Teilnahmeschluss: 31.07.2009 Teilnehmen dürfen alle Personen ab 18 Jahre mit Wohnsitz in D/A/CH. Die Gewinner werden (unter Ausschluss des Rechtswegs) per Los ermittelt.

Ab nach New Yor k!

Jetzt mitmachen unter: www.marcopolo.de/actiontour2009

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KEIN & ABER

Frischprodukte ohne Ablaufdatum

Eine abenteuerliche Reise durch das Universum der Mathematik

Liebe Leserin, lieber Leser Wir Buchhändler freuen uns darüber, dass Bücher immer Saison haben. Denn der Satz stimmt auf mehreren Ebenen. Zuerst und überhaupt sind Bücher seit Jahrhunderten unverzichtbares Medium des Wissens und der Wissensverbreitung, sind Unterhaltung und Menschheitsgedächtnis – lesen kann man immer und überall. Daran ändert auch ein eBook wenig, denn im Vordergrund stehen immer die Inhalte. Dann sind Bücher aber auch Frischprodukte, die saisongerecht auf den Markt kommen. Im Gegensatz zu Tomaten etwa, haben Bücher bzw. ihre Autoren und Autorinnen allerdings kein Ablaufdatum. Denken Sie an Joseph Roth beispielsweise,

der heute, siebzig Jahre nach seinem Tod, geradezu einen Boom erlebt. (Falls Sie aber gerade noch mit einer Tomatenschwemme kämpfen, haben wir auch dafür eine Lösung parat.) In unserem Magazin stellen wir Ihnen wiederum eine Auswahl von Büchern und Themen vor, die Sie begeistern sollen, interessieren und unterhalten. Viel Vergnügen bei der Lektüre wünscht

Ihr András Németh Mitglied der Geschäftsleitung Halbleinen | ca. 320 Seiten | ISBN 978-3-0369-5544-5  19.90, SFr. 32.90

Die nächste Ausgabe von books, dem Magazin der Orell Füssli Buchhandlungen, erscheint Anfang Oktober 2009. Sie bekommen books kostenlos in jeder Filiale. Bestellungen nehmen wir gerne entgegen über www.books.ch, orders@books.ch und Telefon 0848 849 848. Orell Füssli Buchhandlungen finden Sie in Bern, Frauenfeld, Luzern, St. Gallen, Winterthur und Zürich.

Impressum Herausgeber: Orell Füssli Buchhandlungs AG, Dietzingerstrasse 3, Postfach, 8036 Zürich Gesamtherstellung: Media Tune AG, Zürich Redaktion: Walkwerk GmbH, Zürich Grafisches Konzept: Type’n more, Zürich Gestaltung: Strichpunkt GmbH, Winterthur Foto Cover: Isolde Ohlbaum

»Diese Geschichten haben mir geholfen, das bekannteste meiner Bücher, Der Alchimist, zu schreiben.« Paulo Coelho

books – Juni 09 – 3 www.keinundaber.ch


I

Inhalt

Menschen

Das Gute siegt Interview mit Donna Leon und eine Hommage an 17 Brunetti-Fälle. Seite 8

Vater–Tochter .................................................................................................... Seite 13 Ursula Priess und der Schritt aus dem Schatten ihres Vaters Max Frisch Ein Zuhause für die Welt ....................................................................... Seite 25 Der Zürcher Unionsverlag und sein Verleger Lucien Leitess

© Regine Mosimann, Diogenes Verlag

Joseph Roth ........................................................................................................ Seite 27 Der Krisenexperte Milena Moser ...................................................................................................... Seite 50 Ode an die Buchhändlerin

Ereignisse Begegnungen bei Orell Füssli . ........................................................ Seite 26 Veranstaltungen für Gross und Klein Woodstock ........................................................................................................... Seite 48 Drei Tage und Nächte lang Friede, Freiheit, Rock’n’Roll

Leben draussen und drinnen

Silja Walter zum Neunzigsten

Shopping . .............................................................................................................. Seite 20 Ich shoppe, also bin ich

Ein Besuch im Kloster Fahr bei Schwester Hedwig – ein Leben für Gott und die Poesie. Seite 16

Schlafen Sie gut ............................................................................................... Seite 38 Geschichten aus der Welt des Schlafs. Mit Wettbewerb: Gewinnen Sie eine neue Matratze von Bico

Faszination Regenwald .......................................................................... Seite 28 Die wunderbaren Fotografien des Thomas Marent

Bücherwelt Faits divers .............................................................................................................. Seite 6 Kurznachrichten aus der Welt der Bücher eBooks ...................................................................................................................... Seite 19 Ein Überblick über die neuen E-Reader Persönliche Lesetipps .............................................................................. Seite 23 Ernst Schipper stellt seine Lieblingsbücher vor Kreuz & Wort . ..................................................................................................... Seite 37 Das literarische Kreuzworträtsel mit schönen Preisen Neue Krimis ............................................................................................... Seite 12, 22 Neue Romane ........................................................................ Seite 14, 18, 24, 26 Neue Sachbücher . ....................................................................... Seite 30, 34, 42 Neue Filme auf DVD ..................................................................................... Seite 46

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_

premium

40 Jahre Mondlandung Armstrong und die modifizierte Haushaltfolie. Was uns Apollo gebracht hat.

Das Jenseits kann warten!

Seite 41

Alles Gemüse Nachrichten vom Schrebergarten – und wie Rolf Hiltl der Gemüse­orgie Herr wird. Mit Rezept für eine geheime Tomaten-Orangen-Suppe

Seite 34

Feldversuch Was blüht denn da? Spaziergang mit Bestimmungsbüchern.

Seite 32

Logenplatz im «Westside» Die OF-Filiale im neuen Shoppingcenter in Bern Brünnen.

Deutsche Erstausgabe _ premium Deutsch von Britta Mümmler 368 Seiten sFr 25,90 (unverb. Preisempf.) ISBN 978-3-423-24725-2

Molly schwebt als Geist über ihrem eigenen Begräbnis und ist gar nicht zufrieden. Ein bisschen idyllischer und erbaulicher hätte es schon sein dürfen! Und Molly will noch nicht ins Jenseits verschwinden. Sie muss doch wissen, was aus ihrer kleinen Tochter wird, aus ihrer lebensuntüchtigen Schwester, ihrem untreuen Ehemann – und ihrem Geliebten. Außerdem kann sie sich nicht an die Umstände ihres Todes erinnern. Wie kam es zu dem Fahrradunfall? »Witzig und herzzerreißend.« Publishers Weekly

Seite 44

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www.dtv.de


F

Faits divers

Boris Vian –

Skandalautor, Jazzmusiker 1920 wurde Vian in ein reiches Elternhaus geboren, das Vermögen allerdings ging in der Wirtschaftskrise der Dreissigerjahre verlustig. Den Vater kümmerte es wenig, er ging arbeiten und hat – wie es Vian-Biograf Klaus Völker formuliert hat – seine Kinder vorbildlich erzogen und sie Armee, Kirche und Kapital gründlich verachten gelehrt. Ingenieur und Multitalent Boris Vian war nicht nur ein Jazzmusiker, sondern auch ein höchst erfolgreicher Autor. «Ich werde auf eure Gräber spucken» schrieb Vian im August 1946 in nur zwei Wochen – und gewann eine Wette damit. Erschienen ist der für die damalige Zeit sehr freizügige Roman unter dem Namen Vernon Sullivan, angeblich ein schwarzer Amerikaner. Der Skandal, aber auch der Erfolg der Story, war beachtlich, die Auflage betrug mehr als 100000 Exemplare – nicht zuletzt, weil das Buch im Juli 1949 verboten wurde. Der Prozess ging noch über mehrere Instanzen; Vian wurde freigesprochen, dann zu einer Geldstrafe, schliesslich zu zwei Wochen Haft verurteilt, die er aber nicht antreten musste. Später erschienen noch zwei weitere Sullivan-Stories, und auch einige Romane unter Vians richtigem Namen. Zwischen 1946 und 1950 verdiente Vian mit seinen Büchern rund viereinhalb Millionen Francs, das heisst: Sullivan verdiente soviel Geld, die Vian-Romane («Herbst in Peking», «Die Ameisen») brachten kaum etwas ein. Erneute Lektüre lohnt sich auf jeden Fall und eine Portion Nachhilfe in Sachen Pataphysik schadet nie. Eine grosse Auswahl an Büchern von Boris Vian im Original finden Sie bei Payot chez Orell Füssli, Marktgasse 12, 8001 Zürich

And the winner is…

100 Bücher zum Glück

Bildlegende (v.l.): Sabine Faust, Ruth Riechsteiner, Dani Landolf (Geschäftsführer Schweizer Buchhändler- und Verlegerverband).

Ruth Riechsteiner aus Thörishaus hat anlässlich der Aktion «Schenk ein Buch!» zum Welttag des Buches 100 Bücher gewonnen. Den Gutschein dafür hat ihr Sabine Faust, Filialleiterin OF- Westside, übergeben. Dort deckt sich Ruth Riechsteiner regelmässig mit Lesestoff ein, und dort hat sie auch am 23. April ein Buch gekauft, verschenkt und damit am Wettbewerb teilgenommen.

Herzlichen Glückwünsch! In der ersten Ausgabe von books haben wir Gutscheine verlost. Das sind die Gewinner: 1. Preis: Andreas Hug Egli, Wil SG, 2. Preis: Sibylle Rau, Zürich, 3. Preis: Tim-Niklas Zimmer, Bad Vilbel DE Die Gewinner der Preise 4 - 10 werden schriftlich benachrichtigt.

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_ und Orell Füssli Innert weniger Jahre hat sich die 1999 gegründete Luzerner Firma getAbstract zum weltweit führenden Anbieter von Businessbuch-Zusammenfassungen entwickelt. Mehr als vier Millionen Kunden profitieren von den ausgesuchten Hinweisen auf neue Wirtschaftsbücher. Über 5000 Titel sind auf der getAbstract-Datenbank zusammengefasst – die Kernidee eines Buches ist so in wenigen Minuten erfassbar. Ein unschätzbarer Vorteil in einer schnelllebigen Zeit. Mit getAbstract halten Sie sich auf dem Laufenden und bekommen taugliche Entscheidungshilfen, welche Bücher für Sie wichtig sind und Ihnen zum entscheidenden Wissensvorsprung verhelfen können. Die Orell Füssli Buchhandlungen und getAbstract haben eine Zusammenarbeit vereinbart. Ab Juni 2009 erhalten Sie bei OF für begrenzte Zeit ein getAbstractSchnupperangebot für nur 49 Franken. Damit bekommen Sie einen Zugangscode zu den Zusammenfassungen der zehn besten Wirtschaftsbücher in Deutsch und in Englisch. Die Abstracts können Sie in verschiedenen Formaten downloaden: PDF, MP3 Audio, Blackberry, Palm, Pocket PC, Kindle. Neu sind die Zusammenfassungen auch via iPhone zu lesen oder zu hören. (www.getabstract.ch/of)

Von gescheiterten Aufbrüchen und Helden, die keine sind

Buchhandels-Vokabular

Der Nackenbeisser Wissen Sie, was ein Nackenbeisser ist? Nun, es ist kein Tierchen, kein Ausschlag, keine Zerrung und auch kein verwirrter Vampir. Wobei wir hier der Wahrheit doch schon ein bisschen näher kommen. Nackenbeisser heisst im Buchhändler-Slang eine Gattung von Liebesromanen, die fast ausnahmslos im Taschenbuch erscheinen, häufig von Frauen gelesen werden und auf dem Cover immer eine hübsche Frau mit grosszügigem Décolleté und freien Schultern zeigen. Hinter ihr – und jetzt kommt es – steht ein Mann mit langem, dunklem Haar, gerne auch mit freiem Oberkörper und beugt sich in taumelnder Liebe ihrem Hals entgegen, um sie zärtlich zu küssen. Der Furor der Liebe erweckt allerdings auf den ersten und vagen Blick den Eindruck, er wolle sie in den Nacken beissen. Daher der Ausdruck. Ein Verleger hat übrigens mal gesagt, Nackenbeisser für Männer, das seien die Managementbücher.

Namen Der neue Dan Brown

Doch noch ein Wallander

Dan Brown-Freunde aufgepasst! Der neue Roman des Bestsellerautors erscheint am 15. September in den USA und in Grossbritannien. Die deutsche Ausgabe von «The Lost Symbol» soll so schnell wie möglich, ebenfalls diesen Herbst erscheinen, wie der Lübbe Verlag mitteilt.

Henning Mankell hat gesagt, es sei Schluss mit Kurt Wallander. Nun soll im August (erstmal auf Schwedisch) doch noch ein letztes Buch über den Fahnder erscheinen. In «Der unruhige Mann» will Mankell erzählen, wer Wallander wirklich ist.

Roman 416 Seiten sFr 17,90 (unverb. Preisempf.) ISBN 978-3-423-13813-0

Tyler ist Manager einer Londoner Rockband, die kurz vor dem Durchbruch steht. Als der exzentrische Sänger der Band nach Los Angeles verschwindet, macht Tyler sich auf die Suche. Ein Roman von gescheiterten Aufbrüchen und der beharrlichen Überlebenskraft einiger Helden, die keine sind. »Ein origineller, mit großem Atem und melancholischem Ton geschriebener Roman, der sich einreiht in die bedeutenden Amerikabücher schweizerischer Provenienz.« Norbert Straub in der ›NZZ‹ books – April 09 – 7

www.dtv.de


T

Titelgeschichte Interview: Manuela Ziegler – Foto: Peter Peitsch

Wo das Gute siegt Gerade hat Commissario Brunetti seinen 17. Fall abgeschlossen. Der Kriminologe kämpft unermüdlich gegen Korruption und Verbrechen. Einer muss es tun, meint die Krimiautorin Donna Leon. 8 – books – Juni 09


Donna Leon, Sie zählen zu den auflagenstärksten Krimiautorinnen. Ihre Krimis wurden in mehr als 32 Sprachen übersetzt. Wie erklären Sie sich Ihren Erfolg? Ich denke, verschiedene Faktoren spielen eine Rolle. Einmal ist es der Handlungsort Venedig, tatsächlich nichts als eine Kleinstadt, die vielen Menschen in ihrer Überschaubarkeit vertraut sein dürfte. Ausserdem sind meine Bücher in einer klaren, leichten Prosa geschrieben und behandeln soziale Themen. Das kommt gut an. Und dann gibt es bei vielen Lesern eine grosse Sympathie für Italien, für das berühmte «la dolce vita» – die charakteristische Lebensart der Italiener, es sich gut gehen zu lassen. Und nicht zuletzt offenbaren meine Kriminalromane etwas über das Land. Denn viele möchten nur zu gern verstehen, warum die Italiener ihrer Regierung und der Kirche gegenüber so feindlich gesinnt sind, warum viele von ihnen sogar glauben, dass das öffentliche Leben durchwegs korrupt ist. Manche Kritiker behaupten, Ihre Romane blieben im Stereotyp «guter Brunetti gegen böse Mafia» verhaftet. Wie sehen Sie das? Ich schreibe Kriminalromane und keine literarischen Romane wie Leo Tolstoi. Erstere folgen dem Muster, dass gute Personen mit schlechten Personen oder Institutionen aneinandergeraten. Es gehört zum Wesen des Krimis, dass er die schlechten Dinge auf den Punkt bringt. Und ich vergesse dabei die guten Italiener nicht. Sollte ich stattdessen vielleicht über einen bösen Brunetti und eine gute Mafia schreiben? Wie wurde der gute Brunetti geboren? Brunetti wurde geboren als ich das erste Kapitel des ersten Buches schrieb. Er sollte als Kommissar einen Universitätsabschluss haben, am besten in Rechtswissenschaft, und ein Mann in den besten Jahren sein. Und natürlich ist typischerweise ein Italiener seines Standes verheiratet und hat ein oder zwei Kinder. Wie die meisten unserer Generation, die studiert haben, hat Brunetti seine Partnerin an der Universität kennengelernt und sie auch geheiratet – soweit zum ersten Entwurf von Brunetti und seiner Familie. Sie sagten einmal, Sie hätten kein Handlungsschema im Kopf, bevor sie mit dem Schreiben begännen. Wie können Sie da Ihre Figuren über einen so langen Zeitraum von 17 Jahren weiter entwickeln? Ich habe nach wie vor keinen Plot im Kopf, wenn ich beginne – nur eine vage Idee von der Einstiegsszene. Das kurbelt meine Fantasie an, und ich warte ab, was weiter passiert. Ich habe lange genug über die Figuren geschrie-

ben, um instinktiv zu wissen, wie jede von ihnen auf eine Bemerkung oder unter bestimmten Umständen reagiert. Es genügt also, mir das vorzustellen, um zu wissen, was die Figuren tun werden. Und wie sieht Ihr Arbeitstag aus? Wenn ich frei bin, um zu arbeiten – und das bedeutet, dass ich eine Woche frei haben muss, sonst macht es keinen Sinn, überhaupt mit der Arbeit zu beginnen – sitze ich am Computer und lese das letzte Kapitel. So sehe ich, wie die Handlung weitergehen könnte. Dann greife ich die Handlungsfäden auf und arbeite den ganzen Tag daran Doch freue ich mich immer, wenn jemand anruft und mich auf einen Kaffee treffen will.

Wer könnte seinem Charme schon widerstehen? Wie sehr sind Ihnen die Figuren ans Herz gewachsen? Würden Sie beispielsweise mit Paola tauschen wollen? Nein, ich denke, Brunetti ist bei Paola gut aufgehoben. Ich stelle es mir schwierig vor, mit einem Menschen zusammen zu sein, der einen Job wie Brunetti hat. Ständig müsste man sich darauf gefasst machen, dass er entweder von seinem Vorgesetzten bestraft oder einem Verbrechen zum Opfer fallen würde. Ausserdem müsste ich mich ihm gegenüber mit Kommentaren zurückhalten, aus Angst vor den Konsequenzen, die sie haben könnten. Ganz anders verhält es sich hingegen mit Brunettis Vorgesetztem Patta. Ihn finde ich unwiderstehlich. Wer könnte seinem Charme schon widerstehen? Die Tatsache, dass viele Menschen für jemanden wie Patta arbeiten, legt nahe, dass Typen wie er es schaffen, in vielen und ganz unterschiedlichen Lebensbereichen zu triumphieren. Ich selber habe im Laufe meines Lebens für einige Menschen eines solchen Schlages gearbeitet. Bei Brunetti liegt der Fall anders. Er kämpft sozusagen ständig gegen Windmühlen. Denkt er nicht allmählich ans Aufhören, gerade jetzt wo Berlusconi in Italien auf der Höhe seiner Macht ist? Nein, ich glaube nicht, dass Brunetti seinen Job aufgeben würde. Denn er hat tatsächlich nichts anderes gelernt. Ausserdem teilen viele seiner (und meiner) Freunde seine Hoffnungslosigkeit angesichts der Zustände in Italien. In einem der Bücher sagt Brunetti, dass irgendjemand versuchen muss, daran etwas zu ändern. Warum also, soll nicht er derjenige sein? Lesen Sie das ganze Exklusiv-Interview auf www.books.ch.

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R Report Text: Manuela Ziegler

Was Brunetti so beliebt macht

Italien als Sehnsuchtsort und Commissario Brunettis Lebensnähe – die Ingredienzen eines weltumspannenden Erfolgs. Eine Annäherung an eine der beliebtesten Krimiautorinnen der Gegenwart. Seit 17 Jahren kämpft Commissario Brunetti unter Federführung seiner Schöpferin Donna Leon gegen Verbrechen in der Serenissima. Mit schöner Regelmässigkeit erscheint jährlich ein neuer Fall für die Brunetti-Fans. Den Stoff liest die US-Amerikanerin Leon buchstäblich auf der Strasse auf. Im Klatsch mit Passanten und aus den Zeitungen erfährt sie über kriminelle Delikte in der Lagunenstadt. Verbrechen wird es auch dort wohl immer geben und Leon also der Stoff nicht ausgehen. Aber das allein erklärt beileibe nicht den dauerhaften Erfolg der Bestsellerautorin.

nicht nur Gesellschaftskritiker fühlen sich angesprochen vom grundguten Kriminologen. Auch Kulturliebhaber und Genussmenschen kommen voll auf ihre Kosten. Einmal folgt er einer heissen Spur in Dantes «Göttlicher Komödie», ein anderes Mal lauscht er den Klängen von «La Traviata» oder schaut sich Glaskunst auf Murano an. Kultur ist jedoch nicht nur das

Italien ist eine Projektionsfläche für das leichte Leben.

Kleine Sittengemälde Inzwischen sind die Brunetti-Krimis in 32 Sprachen übersetzt, als Hörspiele und Hörbücher vertont, und für Kino und Fernsehen verfilmt. Der sympathische Guido Brunetti, seine kluge Frau Paola und die beiden Kinder haben das Herz von Millionen Lesern erobert – bei weitem sind es nicht nur Krimifans. Leon trifft den Nerv der Zeit. Die konservative Familie Brunetti ist ein Bollwerk in der Brandung des Wertezerfalls, wo Jugendkriminalität, Menschenhandel, Intrigen und Finanzschiebereien zum Alltag des modernen Menschen gehören. Aber

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Sahnehäubchen in Brunettis Kampf gegen gesellschaftliche Brandherde. Sie ist ein wesentlicher Bestandteil von Leons kleinen soziologischen Venedigstudien, die den Kriminalroman aus seinem Genre heraustreten lassen. Dazu gehören auch die lukullischen Verführungen. Denn gutes Essen gehört wie selbstverständlich zum Lebensstil der Italiener. Ein kleine Pasta gefällig, ein Schuss Olivenöl, ein gut gebratenes Fleisch und dazu einen kräftigen Rotwein – die Ingredienzien von Leons Werken sind nicht nur sinnhaft, sondern auch sinnlich. Die

blühenden Mandelsträucher auf dem Arbeitsweg Brunettis vom Campo San Polo zur Questura, eine speckige Tischdecke in einer kleinen Kneipe, Leon setzt mit liebevollen Details, Baustein um Baustein, den italienischen Alltag zusammen. Die Kritik nennt den lebensnahen, gewieften Commissario Brunetti in einem Atemzug mit Georges Simenons Maigret. In der Tat webt Leon mit ihm ein Sittengemälde Italiens, das nicht wenige Leser zur Italienreise inspirieren dürfte. Wer weiss, wie viele von ihnen mittlerweile auf Brunettis Spuren Venedig entdecken, mithilfe eines Stadtplans mit Originalschauplätzen auf der Internetseite der Autorin.

Auf den Spuren eines Paradox Die Wirklichkeitsnähe und Authentizität mag also ein Grund für den weltweiten Erfolg einer der meistgelesenen Krimiautorinnen der Gegenwart sein. Und Authentizität führt zurück zur Autorin selbst. Ein Schlüssel zu ihrem Werk könnte Leons tiefe Leidenschaft für Italien sein. Bereits mit 23 Jahren verliess die US-Amerikanerin New Jersey, um in Perugia und Siena Englische Literatur zu studieren. Die Liebe zum Land, genauer zu seinen Menschen, ihren Freunden, führte


Leon auch von anderen Schauplätzen der Welt immer wieder zurück nach Italien. «Es gab eine Zeit in meinem Leben, da verbrachte ich jedes Jahr auf einem anderen Kontinent», sagte sie einmal. In Iran, in China und in Saudi-Arabien arbeitete sie als Lehrerin an amerikanischen Schulen. Neugier und Abenteuerlust trieben sie fort, die politischen Verhältnisse in jenen Ländern zwangen sie zur Rückkehr nach Italien, wo sie 1981 sesshaft wurde. Dort fand sie ihre Ersatzfamilie und endlich so etwas wie eine berührende Heimat. «Die Italiener haben sich trotz Korruption ihre Menschlichkeit bewahrt», sagt Leon. Ein inspirierendes Paradox. Denn mit Brunetti fand die Krimi-Autorin zu ihrem Genre. Sie zeichnet diesen Menschentyp, bei dem Herzenswärme und die Bereitschaft zum Verbrechen nah beieinander liegen, aufs Feinste nach. Es ist das Paradox des Italieners, das Leon in ihren Romanen ergründet. «Ich spreche immer Leute auf der Strasse an, rede mit ihnen und höre ihnen zu. Das ist eine phantastische Art und Weise, speziell an venezianische Informationen heranzukommen. Insbesondere in Italien ist das wichtig, denn man kann weder der Regierung noch den Zeitungen, den Zeitschriften oder dem Radio oder dem Fernsehen glauben.» Vor allem die deutschsprachigen Leser sind fasziniert von den venezianischen Kriminalfällen. Das mag mit der traditionellen Italiensehnsucht zu tun haben, die schon Goethe in das Land zog, «wo die Zitronen blühen». Auch in der jüngeren Vergangenheit war Italien zum gelobten Land geworden. Die Nachkriegsgeneration sehnte sich mit Schlagern wie «Wenn auf Capri die rote Sonne im Meer versinkt …» heraus aus dem Schutt und hin zur mediterranen Lebenslust. Italien ist eine Projektionsfläche für

das leichte Leben. Umso neugieriger mag den deutschsprachigen Leser der Bruch in der italienischen Identität machen. Leon liefert bewusst eine Antwort auf die fremdartige, doppelbödige und unterminierende Seite der italienischen Kultur. «Aus meiner Sicht interessiert sich der Leser weit mehr dafür, warum eine Tat begangen wird, als für die Tat selbst», so die Philosophie der Autorin. Und damit sind wir direkt mittendrin im Leben, das so spannend ist wie ein Brunetti-Krimi.

Arbeit am Mythos Leons Bücher sind zu einem Symbol für die Lagunenstadt schlechthin geworden. Seit 1981 lebt sie in Venedig. Davor arbeitete die 1942 geborene US-Amerikanerin als Reiseführerin in Rom, als Werbetexterin in London und lehrte in der Schweiz, in Iran, in China und in Saudi-Arabien an amerikanischen Schulen. Lesen und schreiben gehören für die Autorin zu den schönsten Nebensachen der Welt. Sie widmet sich ihnen, wenn ihr voller Terminkalender es zulässt. Denn die passionierte Musikliebhaberin begleitet das Barockorchester «Il complesso barocco» bei seinen Auftritten. Das Mädchen seiner Träume. Commissario Brunettis siebzehnter Fall Ein Mädchen treibt tot im Canal Grande und wird von niemandem vermisst. Brunetti aber geht die Elfjährige bis in die Träume nach. Aus einem venezianischen Palazzo kommt sie wohl nicht, wohl aber aus einer Wagenburg auf dem Festland. Donna Leon, CHF 39.90 Diogenes, ISBN 978-3-257-06695-1

400 Seiten CHF 32,90

Der neue Bestseller von Deutschlands Psychothriller-Star Nr. 1 »Fitzek schreibt klar, beklemmend, mit Tiefgang. Seine Romane hallen nach, lang nachdem man die letzte Seite gelesen hat.« John Katzenbach

About Face Der neueste Brunetti-Fall, bis jetzt nur auf Englisch. Im Zentrum der Ermittlungen: die Abfall-Mafia. Donna Leon, CHF 39.90 Random House, Sprache: Englisch ISBN 978-0-434-01943-4

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B

Buchtipps

Narrentod

Bruno, Chef de police

Stefan Haenni

Martin Walker

Thun, am Rande des Berner Oberlandes. Ein grausamer Mord droht den

In Saint-Denis ist Bruno Courrèges der einzige Polizist. Zudem ist er

Frieden der Stadt zu zerstören: Ausgerechnet der «Fulehung», die Leit-

Hobbykoch, Rugbytrainer und der begehrteste Junggeselle des Ortes.

figur des jährlichen Stadtfestes, wird tot in einer Schule aufgefunden.

Dann geschieht ein Mord in dem sonst so friedlichen Städtchen. Ein

Erschlagen mit dem eigenen «Schyt» – dem hölzernen Schlagstock der

Immigrant, Kriegsveteran aus dem Algerienkrieg, dessen Kinder in der

beliebten Narrenfigur.

Ortschaft wohnen, ist tot aufgefunden

Um einen Skandal zu verhindern und

worden. Da das Verbrechen offenbar

die Hintergründe der Bluttat möglichst

rassistische Hintergründe hat, werden

unauffällig aufzuklären, wird Privatde-

auch nationale Polizeibehörden einge-

tektiv Hanspeter Feller mit dem Fall

schaltet, die Bruno von den Ermittlun-

betraut. Der verfolgt bereits eine heiße

gen ausschliessen wollen. Doch der

Spur, als es einen weiteren mysteriösen

nutzt seine Ortskenntnisse und Bezie-

Todesfall zu beklagen gibt …

hungen, ermittelt auf eigene Faust. Der erste Fall von Bruno, Chef de police – angesiedelt in einer der schönsten Ecken Frankreichs.

CHF 18.90 228 Seiten

K

CHF 36.90

K

352 Seiten

Gmeiner

Diogenes

ISBN 978-3-89977-799-4

ISBN 978-3-257-06699-9

Grabkammer

Der deutsche Freund

Tess Gerritsen

Christian Dorph, Simon Pasternak

Dr. Maura Isles soll der Untersuchung eines sensationellen Fundes bei-

Kopenhagen, Sonntag, 28. Oktober 1979: Der dänische Finanzminister

wohnen: im Keller eines Bostoner Museums ist zufällig eine ägyptische

Knud Heisen tritt von seinem Posten zurück. In den Nachrichten erklärt

Mumie entdeckt worden. Doch bald wird klar, dass die einbalsamierte

er, dass sich Dänemark auf dem Weg in den Abgrund befinde. Einige

Tote erst kürzlich ermordet worden ist – und in ihrem Mund verbirgt sich

Stunden später wird der Grossunternehmer Keld Borch tot in der Sauna

eine Goldmünze mit einer Botschaft.

des Kopenhagener Men’s Club aufge-

Schnell gerät die Archäologin Josephi-

funden. Ole Larsen und seine Ermittler

ne Pucillo ins Visier der Ermittlungen

nehmen eine Spur auf, die sie in das

von Detective Jane Rizzoli. Als die jun-

Netzwerk eines geheimen Männerbun-

ge Frau aber spurlos verschwindet und

des und in die höchsten politischen

in ihrem Auto eine Moorleiche entdeckt

Kreise führt. Eine dramatische Verfol-

wird, befürchten Jane und Maura das

gungsjagd beginnt – von Kopenhagen

Schlimmste. Ein teuflisches Gespinst

nach Ostberlin, von Ostberlin nach

aus Besessenheit und alten Familien-

Danzig. Sie endet mit der Begegnung

geheimnissen legt sich um sie.

mit einem Totgeglaubten in der dänischen Provinz.

CHF 36.90 416 Seiten

K

CHF 18.90

K

463 Seiten

Limes

Suhrkamp Taschenbuch

ISBN 978-3-8090-2540-5

ISBN 978-3-518-46089-4

12 – books – Juni 09

S = Sachbuch

R = Roman

D = DVD

K = Krimi


Literatur

L

Text: Regula Fuchs – Foto: Isolde Ohlbaum

Schritt aus dem Schatten Ursula Priess ist die Tochter von Max Frisch – eines Autors, der sein Leben in Literatur verwandelte. Die Autorin versucht in der berührenden und respektvollen Collage «Sturz durch alle Spiegel», sich und ihrem Vater auf die Spur zu kommen.

Schwierig ist sie ja so häufig, die Beziehung zwischen einem Vater und einer Tochter, geprägt von Distanz und der Unfähigkeit, sich zu sagen, dass man sich liebt. Darüber berichtet auch Ursula Priess in ihrem Buch «Sturz durch alle Spiegel». «15 Jahre sind es seit Deinem Tod! Warum suche ich Dich noch immer?», richtet sie sich fragend an ihren Vater. Ursula Priess ist die Tochter des Schriftstellers Max Frisch. Ihr Buch bezeichnet die Heilpädagogin, die schon früh aus der Schweiz wegzogen ist und heute in Deutschland lebt, als «Bestandsaufnahme»; es ist der Versuch, die wechselvolle

Beziehung zu ihrem Vater zu verstehen, in Form einer Collage aus Tagebuchaufzeichnungen, Erinnerungen und Reflexionen.

Nah und doch fern Die 1943 geborene Ursula Priess ist Max Frischs erstes Kind aus der Ehe mit Gertrude Anna Constanze von Meyenburg. Sie erinnert sich, wie sie einst, im Garten spielend, das Klappern von seiner Schreibmaschine aus dem offenen Mansardenfenster hörte – der Vater war zwar örtlich nahe, aber dennoch unerreichbar. Nah und doch fern, das sind sich Max Frisch und seine Tochter ihr ganzes Leben lang, ständig bauen die beiden Brü-

cken zueinander und brechen sie wieder nieder, bis zu seinem Tod. Obwohl Frisch schon früh von seiner Familie getrennt lebt, steht er seiner Tochter immer wieder im Weg, auch noch nach seinem Tod. Denn für die Menschen, die Priess kennenlernt, ist sie zunächst immer nur eines: Frischs Tochter. Sein Schatten verstellt den Blick auf ihre eigene Person. Ausgerechnet ihr widerfährt dies, der Tochter jenes Autors, der sich in seinem literarischen Schaffen immer wieder mit dem Problem der Identität auseinandergesetzt hat und nicht nur in «Andorra» verlangte, dass man sich von einem anderen Menschen kein Bild mache.

books – Juni 09 – 13


B

Buchtipps

Die Târ meines Vaters

Alice

Yasmine Ghata

Judith Hermann

Nach dem Tod seines Vaters Weissbart erhält Hussein die Târ, die in der

Alice ist die Heldin dieser fünf Geschichten, alle erzählen von ihr – und

Familie seit Generationen an den ältesten Sohn weitergegeben wird.

davon, wie das Leben ist und das Lieben, wenn Menschen nicht mehr

Doch unter Husseins Fingern will die doppelbauchige Laute ihre mysti-

da sind. Wenn jemand geht, der einem nahe ist, ändert sich das ganze

schen Akkorde nicht preisgeben. Hussein und sein Bruder Nur machen

Leben, es ändert sich, ob man will oder nicht. Alles wird anders. Wenn

sich auf den Weg ins Dorf des legen-

jemand fort ist, kann man nicht mehr

dären Lautenspielers Mohsen, der mit

sagen, wie er ausgesehen hat, wie er

seinem Instrument eine solche Magie

gesprochen, geflucht, gelächelt hat.

entfalten konnte, dass ihr Vater ihn aus

Auch wenn man ihn plötzlich zu sehen

Eifersucht erschlug. Die Brüder ahnen

glaubt, auf der Rolltreppe, in der abfah-

nicht, dass die Geschichte der Târ,

renden Strassenbahn. Judith Hermann

noch sehr viel weiter zurückreicht …

erzählt von den Zeiten des Übergangs, des Wartens, des Festhaltens und

„Erzählt mit der Eindringlichkeit einer

Loslassens – und davon, wie klar und

alten Legende - von Ekstase und Tran-

leuchtend diese Tage sein können.

ce und von der Göttlichkeit der Musik.“ Focus

CHF 30.90 128 Seiten

R

CHF 34.90

R

192 Seiten

Ammann, Meridiane 133

S.Fischer Verlag

ISBN 978-3-250-60133-3

ISBN 978-3-10-033182-3

Mängelexemplar

Als ich ein Kunstwerk war

Sarah Kuttner

Eric-Emmanuel Schmitt

Karo lebt schnell und flexibel. Sie ist das Musterexemplar unserer Zeit:

Der junge Tazio Firelli hält sich für unattraktiv und gewöhnlich. Er will sei-

intelligent, liebenswert und aggressiv, überdreht und erschöpft. Als sie

ne verhasste Existenz hinter sich lassen. Da kommt ihm der berüchtigte

ihren Job verliert und mutig ihre Beziehung beendet, helfen auch die cle-

Agent provocateur Zeus-Peter Lama mit einem verlockenden Angebot in

versten Selbsttäuschungen nicht mehr. Plötzlich ist diese Angst da. Sie

die Quere und verspricht ihm alles, was er sich ersehnt: Schönheit, Ruhm

verliert den Boden unter den Füssen.

und Einmaligkeit. Der Lebensmüde geht

Dem Wahnwitz unserer Gegenwart

diesen Pakt ein. Dazu muss er sich aber

zwischen Partylaune und Panikattacke

dem Künstler voll und ganz ausliefern

gibt Sarah Kuttner in ihrem Debütroman

und sich mit Hilfe eines Chirurgen zu ei-

eine Stimme: vom Augenzwinkern zum

nem Kunstwerk umwandeln lassen. Als

bitteren Ernst, vom launigen Plaudern

«Adam zwei» löst er Begeisterungsstür-

zur Selbstkritik. Lustig und tieftraurig,

me aus. Einzig die stille Fiona bemerkt,

radikal und leidenschaftlich erzählt sie

dass sich hinter dem Kunstwerk noch

von dem Riss, der sich plötzlich durch

immer Tazio verbirgt.

das Leben zieht. „Eine mit leichter Hand hingetuschte satirische Parabel.“ Süddeutsche Zeitung CHF 28.90 256 Seiten

R

CHF 36.90

R

240 Seiten

S. Fischer Verlag

Ammann, MERIDIANE 129

ISBN 978-3-10-042205-7

ISBN 978-3-250-60129-6

14 – books – Juni 09

S = Sachbuch

R = Roman

D = DVD

K = Krimi


Literatur

L

Text: Regula Fuchs

Festgeschriebenes Bild Der Anlass für Ursula Priess, diese Recherche in eigener Sache zu betreiben, ist ein Treffen mit einem Herrn in Venedig, das im Buch in Bruchstücken beschrieben wird. Priess, die sonst in der Ich-Form schreibt, redet in diesen Abschnitten von sich selber

zum Verhängnis wurde: der fatalen Beziehung mit der Dichterin Ingeborg Bachmann. Aber nicht nur die realen Verstrickungen Frischs sind problematisch für Priess, auch das literarische Bild, das er von ihr und seinem Umfeld zeichnet. «Von Spiegeln umstellt»:

Spiegel» ist der Versuch einer Korrektur – und vor allem der Versuch von Ursula Priess, ihre eigene Geschichte zu verstehen. Es ist berührend, dass sie einen lesend daran teilhaben lässt.

«15 Jahre sind es seit Deinem Tod! Warum suche ich Dich noch immer?» in der dritten Person, so, als werde sie sich selber zur literarischen Figur. Die sich anbahnende Romanze mit dem geheimnisvollen Mann wird zerbrechen, noch bevor es sie überhaupt gibt, und zwar an Max Frisch und jener Liebe, die dem Autor selber

So beschreibt Priess ihre Ohnmacht diesen literarischen Festsetzungen gegenüber. Sie schreibt: «…das Bild, das von dir entworfen oder eben festgeschrieben wird – du kannst es nicht mitbestimmen und nicht korrigieren.» Nichtsdestotrotz – «Sturz durch alle

Sturz durch alle Spiegel Ursula Priess CHF 34.90 Ammann, Meridiane 131 ISBN 978-3-250-60131-9

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15

. 8. eg 2009 Der Rechtsw

ist

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Va rga s der Verbotene o rt

d e r n e u e ro m a n

423 Seiten. ISBN 978-3-351-03256-2. CHF 34,90 Auch als Hörbuch: 6 CDs. ISBN 978-3-89813-854-3

books – April 09 – 15


P

Portrait Text: Regula Lienin – Foto: Liliane Géraud

Ein Leben für Gott – und die Poesie Zwei Erfahrungen unter einem Spannungsbogen macht Silja Walter in ihrem Leben aus. Ein Besuch im Kloster Fahr bei der 90-jährigen Ordensfrau und unermüdlichen Schriftstellerin.

«Warten Sie einen Moment, ich suche Schwester Hedwig», sagt die Frau am anderen Ende der Leitung. Schritte hallen durch einen Gang. Eine Türklinke wird betätigt und dann noch eine. Die Stimme der 90-jährigen Ordensfrau, die nun am Hörer ist, klingt wach und lebendig. Ohne Umschweife ist ein Besuchsdatum fixiert. Klein und schmal sitzt sie da. «Der Eintritt ins Kloster ist für mich eine wunderbare Fügung gewesen.» Mehr möchte Schwester Maria Hedwig alias Silja Walter über diesen Lebensabschnitt nicht preisgeben und verweist auf ihr neuestes Buch: «Lesen Sie es.» In «Das dreifarbene Meer – Meine Heilsgeschichte» setzt sich Silja Walter mit ihrer Berufung auseinander. Dazu gehörten auch innere Kämpfe, über die zu reden ihr zu persönlich ist. Die literarische Bearbeitung sei eine andere Sache, weil sie hier das Mittel der Verfremdung einsetzen könne. Die Anfrage für den Text kam vom

16 – books – Juni 09

Paulusverlag. Entstanden ist er innert kürzester Zeit: «Ich habe im Januar angefangen zu schreiben und war im April fertig damit. Das geschah wie in einem Guss.» Silja Walter wurde am 23. April 1919 als zweites von neun Kindern im Solothurnischen geboren. Das grossbürgerliche Milieu, in dem sie aufgewachsen ist, war katholisch geprägt. Die Affinität zur Literatur lag nahe: Der Vater war Verleger und schrieb. Ein Onkel verfasste Theaterstücke. Und auch das jüngste ihrer Geschwister, Otto F. Walter, sollte später als Romanschriftsteller bekannt werden. Der 1991 erstmals erschienene autobiografische Roman «Der Wolkenbaum» handelt von ihrer Kindheit. Aus der Perspektive der sechsjährigen Cécile schildert die Erzählerin die letzten Monate im «alten Haus» der Grossmutter, bevor die Familie in ein neues Haus zieht. «Du wirst sehen, du gehst noch ins Kloster, wenn du gross bist», sagt die Köchin zur kleinen Protagonistin. Mit vierzehn Jahren trat Silja Walter in das von Nonnen geführte Seminar Menzingen ein. Danach hatte sie andere Pläne. Sie fühlte sich zum Theater hingezogen und studierte Literatur in Freiburg i.Ü. In dieser Zeit sei sie drei Jahre lang krank gewesen, nicht am Stück, aber immer wieder.

Vielfältiges Schaffen «Das hat eine neue Situation ergeben.» Im Arbeits- und Besucherzimmer der Ordensfrau steht ein Computer. Bald wird sie von hier aus über das Internet mit der Aussenwelt in Kontakt treten. «Ich habe mir das zum 90. Geburtstag gewünscht.» Doch sie will den Austausch per Mail begrenzt halten und keine Unruhe einziehen lassen. Obwohl sie in einem sogenannt geschlossenen Kloster lebt, ist der Kontakt mit der Aussenwelt rege. Sie empfängt regelmässig Besuch von Menschen, die sich mit einem persönlichen


Anliegen an sie wenden. Man spreche über religiöse Erfahrungen, über Probleme mit der Familie oder der Kirche, manchmal auch über eines ihrer Bücher. «Immer wieder werde ich auf den ‹Wolkenbaum› angesprochen.» Sicher ist, dass sie das Kloster nicht mehr verlassen wird. Immer noch erhält sie Anfragen für kleine Auftritte, so wie letzt-

«Der Eintritt ins Kloster ist für mich eine wunderbare Fügung gewesen.» hin, als sie anlässlich eines Passionsspiels hätte Texte lesen sollen. Daraus wurde nichts. «Wenn jemand etwas von mir will, muss er zu mir kommen.» Seit über sechzig Jahren lebt sie im Kloster Fahr, seit Jahrzehnten ist sie schriftstellerisch tätig. Kamen sich diese beiden Bereiche, der Glaube und das Schreiben nie in die Quere, will ich wissen. «Nein, es ist kein Konflikt, es sind zwei Erfahrungen unter einem Spannungsbogen.» Ganz so einfach miteinander zu vereinbaren waren die beiden Bedürfnisse vielleicht doch nicht immer. Denn während der ersten drei Jahre im Kloster schrieb Silja Walter nichts. Bis eines Tages eine Anfrage für ein Singspiel kam und sich etwas von innen heraus geöffnet habe. «Von da an ist fast jedes Jahr ein neuer Band entstanden.» Inzwischen gibt der Paulusverlag eine Gesamtausgabe ihrer Werke heraus. Bis heute sind zehn Bände erschienen. Es ist ein vielfältiges Schaffen – von Lyrik, Prosa und Drama über religiöse Schriften und Mysterienspiele. Der Alltag im benediktinischen Kloster ist klar strukturiert. Von morgens um 5 Uhr bis abends um 20.30 Uhr wechseln sich nach einem fixen Ablauf Gebet, Erholung und Arbeit. Dieser Tagesablauf gilt für alle Nonnen. «Ich bin genau so eingespannt wie die anderen. Einzig von der Chorpflicht sind die älteren Nonnen normalerweise ausgenommen.» Dass sie heute drei Stunden Gebetszeit zur Verfügung hat, erachtet sie als Privileg. In dieser Zeit widmet sie sich intensiv der Gottesfrage und dem Gebet. «Wir beten für die Welt. Gibt es irgendwo in der Schöpfung ein geistliches Loch, dann füllen wir das.» Sie ist überzeugt, dass das geordnete Leben im Kloster den Menschen verändert. Während sechs Stunden am Tag geht jede Schwester in Fahr einer Arbeit nach, die ihren Fähigkeiten entspricht. Silja Walter nutzt diese Zeit vor allem zum Schreiben. Momentan arbeitet sie an einem neuen Buch, an einer universalen Familiengeschichte. Es ist kein Zufall, dass die kleine Cécile im «Wolkenbaum» sagt: «Wenn ich gross

bin, werde ich alles denken, was es zu denken gibt auf der Welt. Alles, von Anfang an.» Es sind die grossen Fragen der Theologie – wie jene nach dem Wesen Gottes – welche die Ordensfrau umtreiben und am Leben halten. Was mit dem Papst sei? Mit der Rolle der Frau in der katholischen Kirche? «Das Papsttum wird von uns Katholiken nicht in Frage gestellt», sie klopft mit dem Zeigefinger auf den Tisch, «sein menschliches Verhalten hingegen kann diskutiert werden.» Silja Walter glaubt, dass sich auch die Stellung der Frau innerhalb der Kirche längerfristig ändern wird, aber: «Sie braucht Zeit dafür.» Eigentlich äussere sie sich nur ungern zu solchen Themen. «Viele Leute sehen die Kirche als Politikum. Dabei geht es um Jesus Christus.» Zum Schluss möchte ich wissen, ob Silja Walter zeitgenössische Literatur lese. Sie schüttelt den Kopf. «Das einzige Buch, in dem ich regelmässig lese, ist die Bibel. Sie ist meine Quelle.» Richtig entdeckt habe sie diese erst im Kloster. Mit einer solchen Vehemenz, dass seither kein anderes Buch mehr an das Buch der Bücher heranreiche. «Wenn Gott jemanden ergreift, dann ist es wie eine Liebesgeschichte.» Während ihrer Meditationszeit im Garten, zwischen Lauch und Bohnen wandelnd, habe sie zu Gott schon gesagt: «Du faszinierst mich, und dabei kann ich dich nicht haben.» Das sei auch eine Art Kampf. Dennoch ist sie sich sicher: «Er liebt mich. Er liebt jeden Menschen.»

Silja Walter im Paulusverlag (eine Auswahl) Das dreifarbene Meer Meine Heilsgeschichte CHF 32.90 ISBN 978-3-7228-0760-7 Er pflückte sie vom Lebensbaum Ein benediktinisches Tagebuch CHF 30.90 ISBN 978-3-722-80747-8 Der Wolkenbaum Meine Kindheit im alten Haus CHF 30.90 ISBN 978-3-7228-0723-2 Leben im Kloster Fahr Mit Fotografien von Liliane Géraud und Texten von Abt Martin Werlen, Susann Bosshard-Kälin, Josef Rennhard, Silja Walter. CHF 48.90 ISBN 978-3-722-80719-5

books – Juni 09 – 17


B

Buchtipps

Die letzte Flut

Aqua TM

Stephen Baxter

Jean-Marc Ligny

Im Jahre 2015 steht die Menschheit vor ihrer grössten Herausforderung:

2030: Tornados, Überschwemmungen, Hitze – die Klimakatastrophe ist

Der Meeresspiegel steigt und steigt, nicht nur einige Meter, sondern

Wirklichkeit. Noch dazu begeht eine Sekte mörderische Attentate. Bei

Hunderte von Metern! Zahllose Städte werden überschwemmt, ganze

der Sprengung eines Damms sterben Hunderttausende, auch Rudy ver-

Staaten verschwinden, Millionen von Menschen versuchen sich in höher

liert Frau und Kind. Verzweifelt als Flüchtling in einem Auffanglager nimmt

gelegene Regionen zu retten. Durch die

er das Angebot an, als Fahrer für eine

Entwicklung von schwimmenden Habi-

Hilfsorganisation zu arbeiten. In Afrika,

taten und die Verlegung von Teilen der

das unter einer tödlichen Dürre leidet,

Zivilisation ins Weltall soll die Mensch-

ist ein riesiges Wasserreservoir entdeckt

heit vor dem völligen Untergang bewahrt

worden, auf das ein amerikanisches

werden. Aber nichts scheint die verhee-

Unternehmen Anspruch erhebt. Die

rende Flut aufhalten zu können. Bis die

Hilfsorganisation eilt dem afrikanischen

Klimaforscherin Thandie Jones eine

Land zu Hilfe. Es beginnt ein Wettlauf

atemberaubende Entdeckung macht

gegen die Zeit, um das Lebenselixier für

und der Wettlauf mit der Zeit beginnt.

alle zu sichern …

CHF 36.90

R

752 Seiten

CHF 45.90

R

813 Seiten

Heyne

Gustav Lübbe Verlag

ISBN 978-3-453-26630-8

ISBN 978-3-7857-2358-6

Magie Trudi Canavan

Die Geschichte von Yuri Balodis ... Pauls Toutonghi

Tessia wächst als Tochter eines Dorfheilers in Kyralia auf. Nichts wünscht

In den sechziger Jahren sind Yuris Eltern aus Lettland emigriert und wollen

sie sich mehr, als selber Heilerin zu werden. Als Tessia aber in der Burg

um jeden Preis im öden Brauereinest Milwaukee heimisch werden. Yuris

ihres Lehnsherrn, des Magiers Lord Dakon, einen Verletzten versorgt,

Vater ist schon mal von Wodka auf Bourbon umgestiegen, seine Mutter

nimmt das Leben der jungen Frau eine dramatische Wendung! Einen

pflastert die Wände mit Werbeanzeigen, beide sprechen ausschliesslich

brutalen

eines

Englisch, wenn auch ein recht zweifel-

sachakanischen Zauberers wehrt Tes-

haftes. 
Nur Yuri scheint aus der Art zu

sia nämlich instinktiv mit Magie ab. So

schlagen. Seit er sich in die Jungkom-

blickt sie plötzlich einer völlig neuen Zu-

munistin Hannah verliebt hat, zitiert er

kunft als Novizin von Lord Dakon ent-

beim Essen Marx und Lenin. Trotzdem

gegen. Doch als ein verheerender Krieg

lassen die Eltern den Sohn seine eige-

zwischen Kryalia und Sachaka am Ho-

nen Erfahrungen machen, bis er merkt,

rizont aufzieht, muss Tessia ihre Magie

dass das Leben tatsächlich so irre ist,

schneller zu beherrschen lernen als je

wie in den melancholischen Lügenge-

eine Novizin vor ihr!

schichten seines Vaters.

Annäherungsversuch

CHF 36.90 736 Seiten

R

CHF 28.90

R

368 Seiten

Penhaligon

Rowohlt

ISBN 978-3-7645-3037-2

ISBN 978-3-87134-634-7

18 – books – Juni 09

S = Sachbuch

R = Roman

D = DVD

K = Kinderbuch


eBooks

E

Text: Annette Bernath

Geladene Bücher Hat dem traditionellen Buch die letzte Stunde geschlagen? Sicher nicht, aber eBooks haben schon auch was für sich.

Ein neues Medium verdrängt ein altes nie gänzlich, sagt die Theorie und die Erfahrung. Das wird auch mit eBooks so sein. Es ist, salopp gesagt, einfach ein neuer Schlauch für alte Inhalte – die aber auch ganz aktuell sein können. eBooks haben es an sich, dass sie ein Lesegerät (eReader; PC, PDA etc.) brauchen, damit man sie lesen kann. Eine MP3-Datei schliesslich ist ohne einen entsprechenden Player auch nur eine (unnütze) Datei. eBook-Reader sind mittlerweile verschiedene im Angebot, vor einigen Wochen erst wurde in der Schweiz der Sony Reader PRS 505 lanciert. eReader haben im Vergleich mit dem traditionellen Buch einige Vorteile. Die Schriftgrösse beispielsweise ist verstellbar, die eBooks, also die Texte, sind online – zum Beispiel über www.books.ch – rund um die Uhr und von überall her sofort erhältlich und dies meist zu günstigeren Preisen als die gedruckten Bücher. Die Reader sind handlich und bieten dennoch

Platz für unzählige Bücher, dabei ist die Bildqualität der eInk-Technologie flimmerfrei und extrem Strom sparend – allerdings sind noch keine Farbbildschirme erhältlich. Dagegen fehlen beim Lesen eines eBooks das typische Rascheln beim Umblättern, die persönlichen Widmungen und zur Betrachtung von Bildbänden ist der schwarzweisse Bildschirm keine Alternative zur Papierversion.

Welchen E-Reader für welche Bedürfnisse Die verschiedenen Geräte unterscheiden sich hauptsächlich in der Bildschirmgrösse, den verschiedenen Formaten, die sie lesen können und in der Art, wie die eBooks auf das Gerät überspielt werden (via Wireless-Internet und/oder via einen Computer). Die Eingabefunktionen bzw. die Möglichkeit, Notizen zu machen, ist sicher für jene Leser und Leserinnen notwendig, die eBooks (oder auch geschäftliche PDF-Dokumente) zum

Arbeiten brauchen. Während der Genussleser eher auf Handlichkeit achten wird – und vielleicht auch aufs Design … eBooks sind nicht nur für Leserinnen und Leser etwas neues, sondern auch für Verlage. Diese allerdings bereiten mit grosser Energie ihre Bücher für die verschiedenen Formate auf. Ein Blick auf www.books.ch zeigt, dass nicht nur die wichtigsten literarischen Bestseller bereits als eBooks erhältlich sind – etwa Romane von Glattauer, Mankell, Follet, Larsson –, sondern auch Sachbücher aus allen Bereichen von Wirtschaft bis Lebenshilfe. Annette Bernath ist Projektleiterin eBooks bei der Orell Füssli Buchhandlungs AG.

books – Juni 09 – 19


S

Shopping Text: Kathrin Roth

Der «Gruen-Effekt» macht

volle Taschen Shoppingcenter spriessen auf der grünen Wiese und sind auch zu einem literarischen Topos geworden.

Shoppingcenter Westside

Fussballergattinen lieben es, Miss-Anwärterinnen ebenso, und manch ein Single gibt es auf der Datingplattform als Hobby an: Shopping. Eine Umfrage des Institutes für Demoskopie Allensbach aus dem Jahre 2007 ging der Frage nach «Wie häufig gehen Sie in Ihrer Freizeit shoppen?» – rund ein Drittel der Befragten antworteten mit «häufig». Kein Wunder hat dieses Thema auch in der Literatur längst einen festen Platz. Vom Schnäppchenführer über Selbsthilfebücher bis hin zu einer Fülle von Romanen. Die britische Autorin Sophie Kinsella thematisiert dies in der Buchreihe «Die Schnäppchenjägerin». Kaum eine Frau, die sich nicht in irgendeiner Form in der Hauptperson Rebecca wieder erkennt, die mit kreativen Ausreden all ihre unnötigen Ausgaben rechtfertigt. Sehr amüsant, wie sie sogar beim Sparen Geld ausgibt: Sie kauft eine elektrische Kaffeemühle und eine schicke Tragtasse für den «Coffee to go», ein Kochbuch, um sich das Essengehen zu sparen

20 – books – Juni 09

und so weiter. Sie legitimiert solche Anschaffungen, indem sie diese unter «Investition» und nicht unter «shopping» verbucht. Eine Aussage, die aus weiblicher Sicht auch bei Taschen, Schuhen, Seidenkleidern und Kaschmirpullovern bestens funktioniert, wie eigene Feldversuche (natürlich im Namen der Recherche) beweisen. Nur das männliche Verständnis ist ausbaufähig. Dabei liegt die «Schnäppchenjägerin» Rebecca gar nicht so falsch. Das lustvolle «shopping» ist zu trennen vom pragmatisch orientierten Einkaufen, worunter – je nach Standpunkt – auch gewisse Investitionen fallen können. Der Stadtplaner und Architekt Victor Gruen wies bereits in den Sechzigerjahren auf den Unterschied zwischen «buying» (dem gezielten Einkauf) und «shopping» (den spontanen und ungeplanten Impulseinkäufen) hin. Ein Mann, der genau wusste, wovon er redet. Schliesslich gilt Victor Gruen als Erfinder der Shoppingcenter. Bei diesen geht es – Nomen est omen – um die zweite Kategorie des Einkaufens.

Nur eine Tube Zahnpasta Nur dort, wo sich die Menschen wohl fühlen, sind sie auch geneigt, mehr Geld auszugeben als ursprünglich vorgesehen. Oder anders ausgedrückt: Stimmt die Atmosphäre, fallen auch Kunden mit klaren Kaufabsichten unverhofft ins Shoppingdelirium. Das nennt sich «Gruen-Effekt» und ist die perfekte Entschuldigung für alle, die nach einem Einkaufsbummel mit prallen Tüten nach Hause kommen, obwohl eigentlich nur eine Tube Zahnpasta, ein Buch und Wattestäbchen auf der Einkaufsliste standen. Eine einkaufsfreundliche Stimmung entsteht, wenn sich die Kunden rundum wohl fühlen. Das wiederum erreicht man, indem den Kunden das Leben im Shoppingcenter so


www.rowohlt.de

einfach wie möglich gestaltet wird. Sie müssen sich immer und überall zurechtfinden. Darum ist jedes Shoppingcenter ähnlich angelegt, mit einer «Hauptstrasse» an deren Enden je ein grosses Warenhaus, die sogenannten «Mag­ net Stores», locken. Die Hauptstrasse ist gesäumt von kleineren Boutiquen. Kerstin Dörhöfer, Professorin für Architektur/Urbanistik umschreibt dieses Prinzip mit «big stores, small stores, circulation». Dabei ist die Anreihung der kleineren Geschäfte an der Hauptstrasse eine bewusste und wissenschaftlich erforschte. Synergieeffekte werden ausgenutzt. Dörhöfer nennt als Beispiel Zoohandlungen, die sich häufig neben Lebensmittelgeschäften befinden, «weil Singles dann einfällt, gleich etwas für ihr Haustier mitzunehmen». Genügend und bequem erreichbare Parkplätze sind eine weitere Voraussetzung für ein gut funktionierendes Shoppingcenter.

Gelernt ist gelernt: In Eastwick wird weitergehext.

Abgerundetes Einkaufserlebnis Die Kür aber sind die Extras, mit denen die Kunden ge­ hätschelt werden. So gibt es im Shoppingcenter Westside in Bern neben den rund 55 Geschäften diverse Zusatzservices wie einen Kinderhütedienst, eine Post mit Heimlieferservice, Schliessfächer, gratis WLAN, eine Schneiderei, und eine Tankstelle. Daneben locken das Erlebnisbad sowie ein Kino. Und wenn der kleine Hunger zwickt, stehen im Food Court auf rund 3‘000 m2 zehn Restaurants und Bars/Lounges zur Verfügung. Und tatsächlich: «Wir wollten uns das einfach mal anschauen», sagt eine rüstige Bernerin. Normalerweise mache sie ihre Einkäufe im Wohnquartier, aber sie habe Besuch dabei und da habe man sich mal dieses neue Shoppingcenter ansehen wollen. Auch das Mutter-Tochter-Duo an der Saftbar gibt «Sightseeing» als Grund an für den Besuch im Westside. Zwei Stunden später verlassen die beiden das Shoppingcenter wieder – mit mehreren Einkaufstüten. Die zufriedenen Gesichter sprechen für sich – das Konzept ist aufgegangen. Skeptischen Gemütern, die in diesem Zusammenhang von unnötigem Konsum reden, setzen wir die Aussage der «Schnäppchenjägerin» Sophie Kinsella entgegen: «Shopping kann aufmuntern, wie eine Tasse Kaffee, oder ein Fussballspiel für Männer. Es macht Spass und hält das Rad der Wirtschaft am Laufen.»

Die Fortsetzung des Riesenerfolgs aus den 80ern.

Shopaholic Sophie Kinsella, CHF 16.90 Goldmann, ISBN 978-3-442-47043-3

© corbis

Was mit Kate geschah Catherine O‘Flynn, CHF 36.90 Atrium, ISBN 978-3-85535-580-8 416 Seiten. Gebunden. 36,90 books –sFr. Juni 09 – 21


B

Buchtipps

Pacific Private

Septagon

Don Winslow

Richard Montanari

Boone Daniels war Polizist, jetzt lebt er, um zu surfen. Nebenbei über-

In einer heruntergekommenen Gegend Philadelphias wird die Leiche ei-

nimmt er als Privatdetektiv ein paar Jobs, doch nie so viel, um nicht recht-

nes Mädchens entdeckt.
Ein mysteriöser Hinweis führt Kevin Byrne und

zeitig bei Tagesanbruch am Strand zu sein, wo er mit seinen Kumpels

Jessica Balzano, Sonderermittler der Polizei von Philadelphia, zu einer

die grossen Wellen erwartet. Doch gerade als Riesenbrecher auf Pacific

exzentrischen älteren Dame, die sie in die Kunst des Tangrams, eines

Beach, Kalifornien, zurollen, wie sie nur

Legespiels aus geometrischen Formen,

alle paar Jahre vorkommen, wird er von

einführt. Kurz darauf nimmt sie sich das

einer Anwältin engagiert, um eine ver-

Leben und hinterlässt eine geheimnis-

misste Stripperin zu finden. Als Boone

volle Botschaft.
Die rätselhaften Morde

auf eine tote Frau im Motel-Pool stößt,

häufen sich, und allmählich fügt sich ein

die bedeckt ist mit den Dokumenten

grausiges Puzzle zusammen. Den De-

der verschwundenen Stripperin, findet

tectives wird klar, dass hier ein Serien-

er sich in einem Fall wieder, der auch ein

killer am Werk ist: Seine Spielzeuge sind

dunkles Kapitel seiner Vergangenheit

Unschuldige, seine Spielfiguren sind

betrifft.

Byrne und Balzano.

CHF 18.90
 396 Seiten

K

CHF 36.90

K

461 Seiten

Suhrkamp Taschenbuch

Gustav Lübbe Verlag

ISBN 978-3-518-46096-2

ISBN 978-3-7857-2365-4

Menschenhafen 
 John Ajvide Lindqvist

Das Geheimnis der toten Köchin Ben Kayser

«Papa, was ist das? Da drüben auf dem Eis?» Ein strahlend schö-

Louise Roth ist der Star der Schweizer Kochszene. Besser gesagt, sie war

ner Wintertag. Anders steht mit seiner sechsjährigen Tochter Maja im

es. Denn kurz vor dem Finale der TV-Sendung «Supermenü» wird die jun-

Leuchtturm der Insel Gåvasten und schaut aufs Meer hinaus. Eis, überall

ge Köchin tot in der Küche des «Basler Hof» aufgefunden. Ermordet. Bei

nichts als Eis. Und Schnee. Was hat seine Tochter in der Ferne erspäht?

ihren Ermittlungen stellt Kommissarin Nora Linder fest, dass Roth zahl-

Anders kann nichts sehen. Kurz darauf

reiche Männerbekanntschaften in der

läuft Maja aus dem Leuchtturm, um

Basler Gesellschaft unterhielt und aus

nachzusehen und der Albtraum beginnt.

diesen Kreisen wiederholt hohe Geldbe-

Obwohl sie auf der freien Eisfläche gar

träge auf ihr Konto flossen. Und da ist

nicht verschwinden kann, passiert ge-

auch noch der sonderbare Ex-Freund.

nau das. Plötzlich ist sie weg. Spurlos

Linder beschliesst, das Finale von «Su-

verschwunden. Anders und seine Frau

permenü» im Studio zu verfolgen. Dort

haben kein Kind mehr ... Jahre später

bricht Yves Perrin, Roths einstiger Lehr-

aber erreichen Anders mysteriöse Bot-

meister, bewusstlos zusammen. Der Fall

schaften. Lebt Maja etwa noch?

fängt an zu kochen …

CHF 28.90
 556 Seiten

K

CHF 30.90

luebbe

F. Reinhardt

ISBN 978-3-7857-6006-2

ISBN 978-3-7245-1593-7

22 – books – Juni 09

K

264 Seiten

S = Sachbuch

R = Roman

D = DVD

K = Krimi


Unbedingt lesen! Persönliche Lesetipps von Ernst Schipper

In einem ländlichen Vorort Berlins verschwindet eines Nachmittags ein kleiner Junge. Im Zuge der subtil geschilderten Ereignisse in Silvio Huonders «Dicht am Wasser» tun sich Risse in der idyllischen Dorfgemeinschaft auf, und es brodelt unter der glatten Oberfläche. Meisterhaft versteht es Huonder, Spannungsbögen auf verschiedenen Ebenen zu erzeugen. Mein persönliches Highlight in diesem Frühling. Dicht am Wasser, Silvio Huonder CHF 32.90, Nagel & Kimche ISBN 978-3-312-00430-0

Lorenz Langeneggers Debütroman «Hier im Regen» schildert auf ruhige Art den dreitägigen Ausbruch eines Berner Steuerbeamten aus seinem täglichen Leben. In einer knappen, sehr klaren Sprache, mit viel Sinn für schrägen Humor und einem pointierten Blick für Kleinigkeiten lässt der Autor seinen gewöhnlichen Protagonisten ein aussergewöhnliches Wochenende erleben. Ein vermeintlich unscheinbares Buch mit grosser Sogwirkung.

Foto: © Thomas Rabsch

Orell Füssli Westside

T.C. BOYLE

Hier im Regen, Lorenz Langenegger CHF 35.90, Jung & Jung ISBN 978-3-902-49750-5

«Jakob schläft» machte Klaus Merz einem breiteren Publikum bekannt. Zu Recht, versteht es Merz doch wie kaum ein Zweiter mit wenigen Pinselstrichen mächtige Bilder zu erzeugen. Sprachlich verdichtet wie in «Der Argentinier» schildert Merz das Leben einer Familie in den fünfziger Jahren, die von gesundheitlichen Schicksalsschlägen gebeutelt wird. Dies wird nicht mit Pathos, sondern mit viel Lakonie und leiser Komik erzählt. Jakob schläft, Klaus Merz CHF 16.90, S. Fischer ISBN 978-3-596-16907-8

»Sex & Crime, Genie und Größenwahn: Das Leben des Architekten Frank Lloyd Wright hat praktisch darauf gewartet, in einen Roman verwandelt zu werden. Ein höllischer Spaß.« Sven Boedecker, SonntagsZeitung Zürich

Aus dem Amerikanischen von Kathrin Razum und Dirk van Gunsteren 560 Seiten. Gebunden. sFr 45,90. www.tc-boyle.de

books – April 09 – 23


B

Buchtipps

Brautflug

Für immer der Deine

Marieke van der Pol

Nicholas Sparks

Nach langer Zeit treffen sich auf einem Weingut in Neuseeland drei Frau-

Auf der Schwelle zwischen Leben und Tod findet Logan Thibault einen

en wieder – zu einer Beerdigung. Vor Jahren sind sie mit dem «Brautflug»

Glücksbringer: das Foto einer schönen Frau. Er nimmt es an sich und

auf die Inseln am anderen Ende der Welt ausgewandert. Die lebensfrohe

fühlt sich von diesem Moment an auf wunderbare Weise beschützt. Un-

Marjorie, die sich nach einer Zukunft voll Liebe und Sonne sehnt. Die

versehrt kehrt er aus dem Krieg zurück und macht sich auf die Suche

sinnliche Ada aus der gottesfürchtigen

nach der lächelnden Frau. In einem

Familie, über die sie Schande gebracht

kleinen Örtchen in North Carolina steht

hat. Und die rätselhafte, elegante Jüdin

er dann plötzlich Elizabeth gegenüber.

Esther, die niemals mehr zurückblicken

Er lässt sich als Aushilfe in der Hunde-

will. Jede mit ihrem eigenen Schicksal im

zucht ihrer Grossmutter einstellen und

Gepäck und ihren eigenen Hoffnungen.

ist schon bald hoffnungslos verliebt. Sie

Und mit dem geheimnisvollen Frank in

öffnet sich ihm jedoch nur langsam –

ihrer Mitte. Noch ahnen sie nicht, dass

und Logan beginnt zu erahnen, dass die

der Flug sie für immer aneinander bin-

Schatten der Vergangenheit ihre aufkei-

den wird …

mende Liebe zerstören könnten.

CHF 36.90
 512 Seiten

R

CHF 36.90

R

464 Seiten

Krüger Verlag

Heyne

ISBN 978-3-8105-1580-3

ISBN 978-3-453-26553-0

Liebe macht lustig

Die Mondschwimmerin

Kate Saunders

Brunonia Barry

Beths Ehemann Charlie hat Urlaub in Frankreich geplant – allerdings mit

Nur widerwillig kehrt die junge Towner Whitney nach fünfzehn Jahren in

seiner attraktiven Kollegin Clare. Das findet Beth nicht lustig und sorgt

ihre Heimatstadt Salem, Neuengland, zurück. Ihre geliebte Grosstante

dafür, dass Charlie umbucht. Clare fällt aus allen Wolken, als Charlie mit

Eva, der man hellseherische Fähigkeiten nachsagt, wird vermisst – we-

seiner Frau und zwei schlechtgelaunten Teenager-Töchtern auftaucht.

nige Tage später wird ihre Leiche entdeckt. Die Leute in Salem, allen

Das Hotel ist ein halbverfallenes Cha-

voran die Frauen des Whitney-Clans

teau mit undichtem Dach, einer betrun-

und Detective Rafferty, glauben nicht an

kenen Köchin und wackligen Betten. Die

einen natürlichen Tod. Tatsächlich folgt

anderen Gäste scheinen einer schrägen

eine Reihe unheilvoller Geschehnisse,

Casting-Show entsprungen zu sein.

die Towner dazu zwingen, sich längst

Zwischen Traumurlaub und Albtraum

verdrängten Tragödien zu stellen. Nach

verstricken sich Charlie, Beth und Clare

und nach gelingt es ihr, die Bruchstücke

in einen köstlichen Sommernachtsver-

ihrer Erinnerungen zusammenzusetzen

wechslungstraum, in dem schliesslich

und die sorgsam gehüteten Familienge-

doch die Liebe erwacht.

heimnisse aufzudecken.

CHF 28.90
 384 Seiten

R

CHF 36.90

Krüger Verlag

btb

ISBN 978-3-8105-1935-1

ISBN 978-3-442-75215-7

24 – books – Juni 09

R

480 Seiten

S = Sachbuch

R = Roman

D = DVD

K = Krimi


Portrait

P

Text: Martin Walker – Foto: Unionsverlag

Geist, Seele und

Erinnerung Beim Unionsverlag ist die ganze Welt zuhause. Verleger Lucien Leitess erschliesst vermeintlich weisse Flecken auf der Karte der Weltliteratur dem deutschsprachigen Publikum. spür und langer Atem doch zum Erfolg führen können. Zwischen 1985 und 1988 hat der Unionsverlag 300 Bücher von ihm verkauft, dann innert drei Minuten 30000: Nagib Machfus hatte den Nobelpreis erhalten. Eine innige Beziehung pflegte Leitess auch zu Tschingis Aitmatov, hat ihn sogar auf Einladung der kirgisischen Regierung auf seiner letzten Reise in die Heimat begleitet und an den Trauerfeierlichkeiten teilgenommen.

Hellleuchtende Sonnen Das Verlagsteam – Lucien Leitess ist ganz rechts im Bild

Der wohl internationalste Verlag der Schweiz sitzt seit 34 Jahren in Zürich. Der Unionsverlag pflegt Literaturen der ganzen Welt, ohne dabei die Schweiz zu vernachlässigen. Aber die höchsten Auflagen beim Unionsverlag erzielen grosse internationale Autoren: Tschingis Aitmatov, Yasar Kemal, Nagib Machfus, Assia Djebar, um nur einige zu nennen. Erzählt Verleger Lucien Leitess von den Begegnungen mit seinen Autoren, meint man dabeizusitzen im Café Ali Baba in Kairo etwa, wo er – etwas bang – Nagib Machfus zum ersten Mal getroffen hat. Machfus zeigt, wie Ge-

Wie erhält sich Leitess die Neugier, immer wieder neue Bücher an Land zu ziehen? «Jeder Beruf hat seinen Motor. Der Chemiker sucht neue Moleküle, der Börsianer unterbewertete Aktien, der Astronom unbekannte Sterne», erklärt der Verleger. «Der Büchermacher sucht neue Autoren, am liebsten hellleuchtende Sonnen. Vielleicht sind das am Anfang nur graue Pünktchen in weiter Ferne, aber wenn die dann auf unserem Planeten einschlagen ... Das macht richtig Spass.» Wie ist der Fokus auf diese «unbekannten» Literaturen entstanden? Lucien Leitess lüpft die Schultern. «Vielleicht weil bei Gründung des Verlags Böll, Grass, Roth, Dürrenmatt und die anderen Grossen der

westlichen Literatur schon in festen Händen waren? Oder weil die Autoren Asiens, Afrikas, Lateinamerikas und der arabischen Welt die Literatur unserer Epoche erneuert haben? Oder weil sie in diesen Jahrzehnten die aufregenden Geschichten schreiben? Jedenfalls ist es schön zu sehen, dass diese ‹unbekannten› Literaturen inzwischen selbstverständlich dazugehören.» Wenn China dieses Jahr Gast der Frankfurter Buchmesse ist, hält der Unionsverlag auch hier ein breites Spektrum bereit, von einem der erfolgreichsten Autoren Chinas, Alai, über «Reise nach China. Kulturkompass fürs Handgepäck» bis zu Nury Vittachi und seinem «Fengshui-Detektiven». Was uns zu noch einer Seite des Unionsverlags bringt. Die hört auf den Namen metro und versammelt Spannungsliteratur unter ihrem Dach. Jean-Claude Izzo, Garry Disher oder Leonardo Padura erscheinen da, aber auch Friedrich Glauser und Petra Ivanov. Lucien Leitess ist auch ein politisch denkender Mensch und setzt sich seit Jahren für Lese-, Literatur- und Verlagsförderung ein. Ohne Verlage keine Bücher – und ohne Bücher verlöre die moderne Gesellschaft Geist, Seele und Erinnerung. Davon ist Lucien Leitess überzeugt.

books – Juni 09 – 25


V

Veranstaltungen

Begegnungen bei Orell Füssli Ferne Welten 11.6.2009, 18.30 bis 21 Uhr Orell Füssli Buchhandlung im Krompholz, Spitalgasse 28, 3001 Bern Musik mit Omri Hason und Antonello Messina, Roger Richter zeigt Fotos aus Bangladesch, Fingerfood mit Ali Biçer (Restaurant Ali Baba) und eine Lesung mit Elham Manea. Mit Apéro. 12.6.2009, 19 bis 21.30 Uhr Orell Füssli Buchhandlung, Bern Westside, Gilberte-de-Courgenay-Platz 4, 3027 Bern Fingerfood mit Ali Biçer, Reisen und Bücher mit Gisela Treichler, orientalische Musik mit Omri Hason und Christian Moser, Apéro und Buffet.

Märlistunde 27.6.2009, 25.7.2009, 29.8.2009, 26.9.2009. Orell Füssli Buchhandlung, Einkaufszentrum Passage, 8500 Frauenfeld. 27.6.2009, 25.7.2009, 29.8.2009, 26.9.2009. Orell Füssli Buchhandlung, Frankenstrasse 7-9, 6003 Luzern.

Bücherwurm Buchhändlerin Simone Taylor erzählt live die besten Geschichten aus neuen Kinderbüchern. 24.6.2009 und 26.8.2009, jeweils 15.00 –16.00 Uhr. Orell Füssli Buchhandlung, Krompholz, Spitalgasse 28, 3001 Bern.

Kindernachmittag 26.8.2009, 2.9.2009, 9.9.2009, 16.9.2009. Orell Füssli Buchhandlung, Marktgasse 3, 8400 Winterthur

Sommerzeit bei Orell Füssli: Mit Schatzsuche und Glücksrad 4.7.2009 Orell Füssli Buchhandlung, Marktgasse 3, 8400 Winterthur.

Zeit für Kinder: Glücksrad für Kinder mit Sofort-Preisen, ein Geschenk für JEDES Kind, fröhliches Basteln 22.8.2009 Orell Füssli Buchhandlung Marktgasse 3, 8400 Winterthur.

Workshop mit Markus Pfister: Entstehung eines Bilderbuchs 2.9.2009, 15.00 Uhr. Orell Füssli Buchhandlung, Einkaufszentrum Westside, Gilberte-de-Courgenay-Platz 4, 3027 Bern.

Dein Wille geschehe

Der grosse Durst

Michael Robotham

Dominik Bernet

Der renommierte Psychotherapeut Joe O’Loughlin wird zu einem er-

Der Vater ein Superman? Ein Slapstickstar? Ein Westernheld? Wenn der

schreckenden Vorfall gerufen: Im strömenden Regen steht eine Frau

Vater meist alles andere als er selbst ist, kann ihn der Sohn umso leich-

nackt auf der Clifton Bridge in Bristol, High Heels an den Füssen und ein

ter so gestalten, wie er ihn in seinen Lieblingsfilmen zu sehen glaubt.

Handy am Ohr. Auf Joes beschwichtigende Worte reagiert sie nicht, son-

Schliesslich hat ein Neunjähriger noch wenig Ahnung davon, was ein

dern springt direkt in den Tod. Als weni-

Alkoholiker ist. Und seine Familie setzt

ge Tage später die Geschäftspartnerin

alles daran, dass das vorerst so bleibt.

der Toten erfroren aufgefunden wird, an

Die Sicht des Sohnes auf eine hoff-

einen Baum gekettet, unbekleidet und

nungslose

mit einem Handy zu ihren Füssen, hat

oft grotesk-komische Züge an. Sein

Joe Gewissheit: Hier ist ein gefährlicher

Optimismus aber ist unerschütterlich.

Psychopath am Werk, ein Experte für

Er kann nicht anders, als die Exzesse

Menschenmanipulation. Joe bittet sei-

seines Vaters als sorgfältig geplante

nen Freund, den pensionierten Detecti-

Kapitel einer noch geheimen Erfolgsge-

ve Vincent Ruiz, um Hilfe.

schichte zu verstehen.

CHF 36.90 576 Seiten

R

Verfallsgeschichte

CHF 29.90

R

128 Seiten

Goldmann

Cosmos Verlag

ISBN 978-3-442-31178-1

ISBN 978-3-305-00421-8

26 – books – Juni 09

nimmt

S = Sachbuch

R = Roman

D = DVD

K = Kinderbuch


Literatur

L

Text: Esther Hürlimann – Foto: Kiepenheuer & Witsch GmbH

Joseph Roth

der Krisenexperte Der jüdische Autor erlebt siebzig Jahre nach seinem Tod geradezu einen Boom. Von einem Aussenseiter aus Ostgalizien wird er zum Literaten mit Weltruhm, der als verlorener Trinker im Pariser Exil stirbt.

Sein Werk ist eine Hommage an das Vergangene, ein Gesang auf die untergegangene Welt, und doch scheint Joseph Roth ein Schriftsteller mit Zukunft zu sein, der alle paar Jahre wieder ins Gespräch kommt. Eben ist eine neue Biografie über ihn erschienen, und am Theater am Neumarkt wird sein Roman «Hiob» dramatisch aufbereitet. Es lässt sich nicht nur einfach einem geschickten Verlagsmarketing zuschreiben, dass die Wiederkehr seines Todestages am 27. Mai 2009 so viel publizistische Zuwendung erfährt. Obwohl von der Literaturwissenschaft eher verschmäht, geniesst Joseph Roth nicht nur unter den Be-

rufslesern oder den literatur-affinen Theatermachern eine konstante Fangemeinde. Immer wieder fällt auf, dass Prominente in ihrem persön­ lichen Ranking an Lieblingsbüchern ein Werk von Roth aufführen. Marlene Dietrich gehörte genauso dazu wie heutzutage die Schweizer Schriftstellerin Zoe Jenny oder die Zürcher Stadträtin Kathrin Martelli. Sogar der peruanische Schriftsteller und Politiker Mario Vargas Llosa bezeichnet Joseph Roth neben Thomas Mann als seinen deutschsprachigen Lieblingsautor. Und die Kritikerlegende Marcel Reich-Ranicki empfiehlt Roths berühmtesten Roman «Radetzkymarsch» in seinem Literatur-Kanon aus zwanzig Büchern zur Lektüre. Was aber macht diesen Schriftsteller, der am 2. September 1894 in der galizischen Provinzstadt Brody geboren wurde, auch fast hundert Jahre nach dem Untergang des Habsburger Kaiserreiches, dessen Zerfall er in seinem ganzen Werk so wunderbar beschrieb und mystifizierte, so aktuell? Das deutsche Nachrichtenmagazin «Der Spiegel» publizierte kürzlich einen Artikel mit dem Titel «Der Sehnsuchtsexperte» eine spannende Antwort auf diese Frage. Roth wird dar-

in als Zeuge eines Epochenumbruchs dargestellt, dessen Glanz und Elend er in seinen Romanen, aber auch seinem journalistischen Werk bis ins letzte Detail ausgekostet hat. In der Beschwörung der Vergangenheit lässt er dem Untergehenden seine Würde – was auch heute eine geeignete Bewältigungsstrategie im Umgang mit Krisenzeiten sein könnte, wo «immer neues Schlechtes das gute Alte davon jagt». In die Richtung dieser stark psychologisierenden Botschaft des «Spiegels» geht auch ein Artikel in der «Zeit» vor ein paar Monaten mit dem Titel «Können Bücher trösten?», worin selbstverständlich auch von Joseph Roth die Rede ist. Joseph Roth ist zweifellos ein einzigartiger Darsteller von Krisen- und Sehnsuchtsmomenten, der Leserinnen und Leser vielleicht auch heute zu trösten vermag. Doch ihm selber hat diese «Expertensicht» nichts genützt. Er starb als schwerkranker Alkoholiker kurz vor dem Ausbruch des Zweiten Weltkrieges in Paris. Wilhelm von Sternburg Joseph Roth. Eine Biografie. CHF 41.90 Kiepenheuer & Witsch, Köln ISBN 978-3-462-05555-9

books – Juni 09 – 27


N Natur Text: Martin Walker – Bilder: Thomas Marent

Aug in Aug

mit dem Rotaugen-Laubfrosch Mit 16 kaufte er seine erste Kamera, mit 23 erforschte er seinen ersten Regenwald in Australien, heute mit 43 Jahren ist der Schweizer Thomas Marent einer der international erfolgreichsten Naturfotografen. 28 – books – Juni 09


Bild links: Rotaugen-Laubfrosch: Ein Rotaugenlaubfrosch (Agalychnis callidryas) setzt seine langen Beine mit den beweglichen Zehen und den Haftscheiben geschickt ein, um im Cahuita National Park, Costa Rica, einen Ast entlangzulaufen. Die leuchtend blauen und gelben Streifen auf den Flanken können möglicherweise einen Angreifer verwirren, während der Frosch davon­ springt. Zudem verschläft er den Tag mit geschlossenen Augen und unter den Körper geschlagenen Beinen in einem Baum. Bei Gefahr reisst er die riesigen Augen auf, verwirrt damit den Angreifer für einen Sekundenbruchteil und springt davon. Bild rechts: Bronzenatter (Denerelaphis formosus) «Dies ist eins meiner Lieblingsfotos. Ich folgte einem kleinen Waldweg, als ich plötzlich etwas Rotes im umgebenden Grün aufblitzen sah. Ich blieb stehen und schaute noch einmal hin – es war die Zunge einer wunderschönen Schlange. Ich befürchtete, dass sie verängstigt fliehen würde, bevor ich die Gelegenheit zum Fotografieren hätte, doch sie schien genauso neugierig wie ich selber zu sein. Fünf Minuten lang züngelte sie, offensichtlich verwirrt von meinem Geruch. Zum Glück sind Bronzenattern nicht giftig, sodass ich nah genug an sie herankommen konnte.» Thomas Marent

Man kann sich nicht sattsehen an den Formen und Farben. Die Natur geht verschwenderisch um damit – und Thomas Marent, geboren und wohnhaft in Baden, hat sie eingefangen. Es sind Bilder von faszinierender Nähe und überraschender Vielfalt – und hört man dabei die akustischen Impressionen aus verschiedenen Regenwäldern dieser Welt (dem Buch liegt eine CD bei), wähnt man sich fast mit Marent auf Fotojagd. Dabei ist er sich seiner Verantwortung bewusst: «Für mich sind Regenwälder die wertvollsten Schätze der Welt, und es wäre schade, sie zu verlieren, gerade jetzt, wo wir ihren Wert langsam erkennen. Wir haben nicht nur die Macht, diese wunderschönen und wichtigen Habitate zu zerstören, wir haben auch die Macht und die Verpflichtung, sie zu schützen und zu erhalten.» Thomas Marents drei Fotobücher – Regenwald, Schmetterlinge, Frösche und Amphibien – sind der beste Beweis dafür. Marent sucht und zeigt das Bekannte, solange er es noch finden kann, und setzt sich aktiv für den Schutz ein. «Der Regenwald», sagt Marent im Interview, «ist der Lebensraum, der die grösste Artenvielfalt der Welt beherbergt. Also eine Hülle von Motiven, aber sie leben versteckt und sind

schwierig zu finden.» Die fotografischen Bedingungen im Regenwald sind tatsächlich eine Herausforderung, auch für einen Profifotografen. Kommt dazu, dass die Motive nicht einfach gutmütig hinhalten wie ein Model: Sie fliegen, rennen oder kriechen davon, wenn man sich ihnen zu schnell nähert. Allerdings kennt Thomas Marent mittlerweile ein paar Tricks: «Schmetterlinge sind früh morgens und bei kalter Witterung weniger aktiv und nicht so scheu, also einfacher zum Fotografieren. Man kann Schmetterlinge auch mit starken Gerüchen anlocken. Frösche sind während der Paarungszeit einfacher zu finden und weniger scheu.» Biologische Kenntnisse vom Verhalten der Tiere, sagt er, seien bei der Tierfotografie notwendig – oder zumindest sehr hilfreich. Welche Gattung ist denn «einfacher» zu fotografieren, Schmetterlinge oder doch die Frösche? Die Antwort fällt auch hier nicht leicht: «Es ist schwieriger, sich einem Schmetterling zu nähern, um ihn dann fotografieren zu können. Aber bei den Fröschen sind viele nachtaktiv, und das macht es auch nicht so einfach, sie zu finden und dann abzulichten.» Auf einem Bild sieht man Marent, wie er auf Madagaskar in einer Pfütze kniet, um einen kaum sicht-

books – Juni 09 – 29


B

Buchtipps

Der grosse Kosmos-Naturführer Tiere und Pflanzen

Gartenreisen

Ob Erdmaus, Ziegenmelker oder Bienenwolf, ob Zirbelkiefer, Prachtnelke

Neben den bekannten Gärten und botanischen Sammlungen werden in

oder Streifenfarn – der «Grosse Kosmos-Naturführer Tiere und Pflanzen»

diesem Band auch Kleinode der schweizerischen Gartenkultur vorge-

bringt die Fülle der Natur ins Haus. Der Führer bietet mit 1900 Tieren und

stellt, die in den üblichen Gartenführern nicht zu finden sind. Das Ziel des

Pflanzen auf über 2800 Farbfotos eine unerreichte Artenvielfalt. Geziel-

Führers ist es, Garteninteressierte auf die Reise zu schicken, um Gärten

te Informationen zu Kennzeichen, Vor-

als Quelle von bereichernden und

kommen und Wissenswertem helfen

beglückenden Erlebnissen zu ent-

Einsteigern unter den Naturfreunden,

decken und darüber hinaus ange-

einfach und sicher die wichtigsten Tie-

regt zu werden, selbst Blumen und

re und Pflanzen Mitteleuropas zu be-

Gemüse zu ziehen. Angehenden

stimmen und besser kennen zu lernen.

Fachleuten der grünen Berufe em­

Gleichzeitig ist dieser Doppelband zum

pfehlen sich die Gärten zudem als

Spitzenpreis aber auch ein fundiertes

permanente

Nachschlagewerk für alle an Tieren und

um auf neue Ideen und Anregungen

Pflanzen Interessierten.

zu stossen. Sämtliche in dem Buch

Elsbeth Dupont-Looser und Verena Gysling-Looser

Weiterbildungsstätte,

vorgestellten Gärten sind öffentlich zugänglich.

CHF 28.90 895 Seiten

S

CHF 30.90

S

180 Seiten

Kosmos Verlag

F. Reinhardt

ISBN 978-3-440-11657-9

ISBN 978-3-7245-1552-4

Schweizer Bergsagen Felix Ruhl

Wandern mit dem GA und Halbtax-Abonnement

Sagen sind bedeutende kulturhistorische Dokumente. In ihnen artikulie-

Hugo Eichenberger

ren sich kollektive Vorstellungen und Erklärungsversuche der Menschen

Der erprobte Wanderer Hugo Eichenberger stellt 25 Tageswanderungen

über Zusammenhänge der Natur und des gesellschaftlichen Lebens in ih-

auf kaum bekannten Routen vor: vom Genfer- bis zum Walensee, im

rem jeweiligen Lebensumfeld. Der historische Kern von Sagen wird aller-

Jura, in den Voralpen und im Mittelland. Die Wanderungen sind ausführ-

dings im Laufe ihrer mündlichen Über-

lich beschrieben, Routenskizzen helfen

lieferungen häufig mit Fantastischem

bei der Orientierung. Die Ausgangsorte

und Übersinnlichem ausgeschmückt.

der Wanderrouten sind von überall her

Auf die Schweizer Bergsagen trifft dies

problemlos mit öffentlichen Verkehrs-

in besonderem Masse zu, stehen die

mitteln zu erreichen. Ob mit Zug, Bus

Alpen doch im Zentrum der Schweizer

oder Schiff. Hinweise auf kulturelle und

Identität. Der Autor greift die volkstüm-

kunsthistorische

lichen Geschichten und uralten Mythen

laden zu kleinen Abstechern ein. Das

aus der Schweizer Bergwelt auf und er-

Buch ermöglicht insbesondere Abon-

zählt sie in zeitgemässer Sprache neu.

nementsbesitzern, ihre Ausflüge in die

Sehenswürdigkeiten

Natur optimal an die Möglichkeiten des öffentlichen Verkehrs anzupassen.

CHF 38.90 215 Seiten

S

CHF 30.90

S

168 Seiten

F. Reinhardt

F. Reinhardt

ISBN 978-3-7245-1554-8

ISBN 978-3-7245-1555-5

30 – books – Juni 09

S = Sachbuch

R = Roman

D = DVD

K = Kinderbuch


Natur N Text: Martin Walker – Bilder: Thomas Marent

baren Afrikanischen Ochsenfrosch im Schlamm zu fotografieren. Das sieht nicht gefährlich aus, nur schlammig. Doch man kann sich vorstellen, dass es andere, gefährlichere Situationen gibt. Wie weit geht Tier-Paparazzo Marent für ein gutes Bild? «Ich gehe kein allzu grosses Risiko ein. Meistens suche ich mir einen kundigen Führer aus der Region. Die gefährlichste Tierart ist nach wie vor noch der Mensch.»

Wer ständig in entlegenen Regionen auf der Suche nach bestimmten Tieren ist, muss auch etwas von einem Entdecker in sich haben. Und tatsächlich hat Marent in Costa Rica schon einmal eine neue Heuschreckenart gefunden. «Da ich aber kein Belegexemplar mitgenommen habe, konnte sie nie beschrieben werden.» Wer weiss, vielleicht hat er bald Mal mehr Glück. Die nächste Fotoreise bringt

ihn ins brasilianische Pantanal, das grösste Sumpfgebiet der Welt – ein UNESCO Welterbe und akut gefährdet. Für interessierte Hobbyfotografen: Thomas Marent benützt folgende Ausrüstung: Nikon D3, D300, SB 800 Blitzgerät, 105mm Makro, 200mm Makro, 24-70mm, 70-200mm, 200400mm, 1,4 und 1,7 Konverter, Gitzo Stativ mit Arca Swiss Kugelkopf.

Bücher von Thomas Marent

Frösche und andere Amphibien CHF 54.–, Dorling Kindersley Verlag ISBN 978-3-8310-1356-2

Regenwald CHF 67.–, mit Audio-CD. Dorling Kindersley Verlag ISBN 978-3-8310-0929-9

Bild oben: Streifenlaubfrosch Frösche wie dieser Streifenlaubfrosch (Hyla fasciata) im Tambopata Reserve, Peru, treten im Regenwald in unvorstellbarer Vielfalt auf. In Teilen Perus leben über 80 unterschiedliche Arten in Hörund Sichtweite voneinander.

Bild unten: Raupe des Wolfsmilchschwärmers Nach ihrer letzten Häutung leuchtet die Raupe des Wolfsmilchschwärmers (Hyles euphorbiae) in einem bestürzenden Rot und Schwarz. Diese lebhafte Färbung warnt Fressfeinde: Im Körper der Raupe sind Giftstoffe aus den Blättern der Wolfsmilch gespeichert.

Schmetterlinge Die faszinierendsten Arten der Welt. CHF 49.90, Dorling Kindersley Verlag ISBN 978-3-8310-1080-6

books – Juni 09 – 31


R Report Text: Mathias Plüss

Die kuriosen Gewächse von Olten

Wir sind noch keine zweihundert Meter vom Bahnhof Olten entfernt, da sehen wir auf dem Waldboden einen lustigen roten Stängel mit einer Art Chicorée-Blatt drumherum. Ein paar Minuten später wissen wir: Es handelt sich um den «wohl ungewöhnlichsten Vertreter der mitteleuropäischen Flora». Kein schlechter Anfang! Die Bestimmung ist indes nicht ohne Tücken. Die drei Pflanzenführer, die wir dabeihaben, sind alle nach Blütenfar-

«Was ist hier die Blüte?» be geordnet – alles andere ist für Uneingeweihte zu anspruchsvoll. Doch was ist hier die Blüte? Der rote Stängel? Unter «rot» finden wir nichts. Schliesslich entdecken wir unser Pflänzchen bei den Grünblütlern: Es ist der Gefleckte Aronstab. Die Blüte ist tatsächlich grün, aber sie befindet sich unsichtbar unten am Stängel, wo das Chicoréeblatt eng zusammengerollt ist. Dorthin lockt der Aronstab kleine Mücken und hält sie so lange gefangen, bis sie die Blüte bestäubt

32 – books – Juni 09

v.l.n.r.: Vielblütige Weisswurz, Aronstab, Gundermann

Wer ist wer?

© Kristian Peters

© Franz Xaver

Drei Pflanzenbestimmungsbücher im Praxis-Test.

haben. Diese aufregende Geschichte erzählen uns zwei der drei Pflanzenbücher. Das dritte, der kurzatmige BLV-Führer, hat keinen Platz für Anekdoten. Auf dem Aussichtspunkt oben auf dem Hügel sehen wir neben leeren Bierflaschen eine längliche Pflanze mit dunkelgrünen Blättern, die treppenartig angeordnet sind. An der Unterseite hängen an feinen Fäden grünlichweisse Blüten. Recht schnell finden wir heraus, dass wir entweder das Salomonssiegel oder die Vielblütige Weisswurz vor uns haben. Doch welches von beiden ist es? Die Beschreibung im BLV-Führer fängt so an: «St. scharfkantig; bogig überhängend; B. br.-elliptisch, 2zeilig». Das mag exakt sein, aber uns ist es zu knapp und zu hoch. Der Kosmos-Naturführer hat einen anderen Makel: Die Fotos zeigen hier Details, ergeben aber keinen Gesamteindruck der Pflanze. Um den Informationsgehalt einer einzigen guten Zeichnung zu ersetzen, bräuchte es drei oder vier Fotos. Eindeutig am meisten überzeugt uns das Buch «Was blüht denn da?»: Sehr übersichtlich, keine Abkürzungen bei den Beschrei-

bungen, das Wichtigste dennoch auf den Punkt gebracht. Besonders gut ist die Idee, die entscheidenden Bestimmungsmerkmale direkt in den Zeichnungen anzuschreiben. «Büschel mit 2–5 Blüten» heisst es bei der Vielblütigen Weisswurz. «Blüten meist einzeln» beim Salomonssiegel. Alles klar, unser Kandidat ist eine Vielblütige Weisswurz. Das Urteil bestätigt sich mehrfach. Den Gundermann, eines von Dutzenden kleinen blauen Blümchen, können wir nur dank dem Hinweis aus «Was blüht denn da?» sicher bestimmen, die Pflanze enthalte ätherische Öle. In den beiden anderen Büchern fehlt diese Information. Das Fazit ist eindeutig: «Was blüht denn da» schwingt obenaus. Das hat auch seinen Preis. Der BLV-Führer ist dafür mit über tausend Pflanzen umfassender als die anderen. Der für einen Feldversuch etwas unhandliche und gewichtige Kosmos-Führer schliesslich kommt für denjenigen in Frage, der Pflanzen und Tiere in einem Band haben will. Vorsicht: der sehr rudimentäre Pilz-Teil dieses Buches ist für Pilzsammler nicht geeignet – dazu braucht man einen richtigen Pilzführer.


Die getesteten Bücher:

Was blüht denn da?

Der BLV Pflanzenführer für unterwegs

Ein nach Blütenfarben eingeteilter Pflanzenführer, der auch Merkmale wie Blütenform, Standort, Blütenzeit und Grösse berücksichtigt. Unter «Verwechslungsart» sind die ähnlichsten Arten und die entscheidenden Unterscheidungsmerkmale aufgelistet.

Das vollständigste populäre PflanzenBestimmungsbuch nach Blütenfarben, mit 1600 präzisen und detailgenauen Farbzeichnungen und Fakten zu Gräsern, Bäumen und Sträuchern. Mit Piktogrammen, die über Standort, Wuchshöhe und Blütezeit informieren.

Margot und Roland Spohn, Marianne Golte-Bechtle, Dietmar Aichele, CHF 34.90, Kosmos, Zeichnungen, 492 Seiten, 870 Pflanzen. ISBN 978-3-440-11379-0

Thomas Schauer, Claus Caspari CHF 24.90, blv, Zeichnungen, 496 Seiten, 1150 Pflanzen. ISBN 978-3-835-40354-3

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30.04.2009

11:38 Uhr

Der grosse Kosmos-Naturführer Tiere und Pflanzen

Gezielte Informationen zu Kennzeichen, Vorkommen und Wissenswertem helfen Einsteigern unter den Naturfreunden, einfach und sicher die wichtigsten Tiere und Pflanzen Mitteleuropas zu bestimmen und besser kennen zu lernen. Ursula Stichmann-Marny, Prof. Dr. Wilfried Stichmann, Dr. Erich Kretzschmar, CHF 28.90, Kosmos, 896 Seiten, 2800 Farbfotos, 900 Tiere, 1000 Pflanzen. ISBN 978-3-440-11657-9

Seite 1

Jetzt raus ins Grüne: Garten und Natur erleben

sFr 54,– 408 Seiten, 450 Farbfotos ISBN 978-3-8354-0484-7

sFr 28,90 160 Seiten, 140 Farbfotos ISBN 978-3-8354-0468-7

sFr 14,90 96 Seiten, 160 Zeichnungen ISBN 978-3-8354-0434-2

sFr 18,90 96 Seiten, 80 Farbfotos ISBN 978-3-8354-0466-3

Bücher fürs Leben. books – Juni 09 – 33


G

Gemüse Text: Martin Walker

Alles Gemüse Gemüseschwemme im Schrebergarten. Und was Rolf Hiltl in einem solchen Fall rät.

Und dann ist sie eben da: die Schwemme. Und soll keiner sagen, man hätte ihn nicht gewarnt. Nur schon ein ˇ Blick in Karel Capeks «Gartenjahr» hätte genügt: «Nach einer gewissen Zeit stellte sich heraus, dass ich täglich hundertzwanzig Radieschen hätte essen müssen, da sie zu Hause keiner mehr wollte; eine Woche später versank ich wieder in Kohl, worauf die Orgien der Kohlrabi folgten, die bereits holzig waren. Es gab Wochen, wo ich dreimal am Tag gezwungen war, Salat zu essen, um ihn nicht verderben zu lassen.» Jedes Jahr dasselbe: Mit den Samenkatalogen fängt die Planwirtschaft an. Mischkultur

und Fruchtfolge wollen beachtet sein – und geht doch nie wirklich auf. Die Pflänzchen auf der Fensterbank recken bleiche Stängelchen, der Rhabarber pumpt sich auf und wartet auf die ersten warmen Tage. Gerade eben sah der Garten noch leer aus, dann so richtig parat und schon ist er zur grünen Hölle verkommen. Mein Nachbar im Schrebergarten hat die Konsequenzen gezogen: Alles Gemüse raus und Stauden rein. Ich halte ˇ mich noch ein bisschen an Capeks: «Ich möchte auf keinen Fall den Gemüsezüchtern die Freude nehmen; aber was sie sich einbrocken, mögen sie auch auslöffeln.» Am besten, wir

fragen mal Rolf Hiltl, was er in einem solchen Fall macht. Herr Hiltl, im Garten wuchert’s und macht’s, und alles ist zur gleichen Zeit reif. Was tun? Da gibt es nur eines: vegetarisch essen! Da war Ihre Familie ja gewissermassen Stil bildend. Ich glaube schon, dass man behaupten kann, Hiltl habe in der Deutschschweiz vegetarisches Essen vom Körnlipicker-Image befreit. Aber das hat auch über hundert Jahre gedauert. Wichtig ist aber auch, dass sich das

Fantastico! Gino D’Acampo Gino D’Acampo ist ein Meister der italienischen Küche. Er liebt es, auf einfache, überzeugende Weise, seine Gäste zu verwöhnen: Denn es braucht nicht zahlreiche Zutaten und komplizierte Techniken, um ein fantastisches Gericht zu zaubern. Das vorliegende Kochbuch ist Ginos Antwort auf die vielen Fragen, die man sich rund um die italienische Küche stellt. Es präsentiert 100 Rezepte der modernen italienischen Esskultur und bietet viele verblüffend einfache Tipps. Die elf verschiedenen Kapitel des Buches führen durch die sinnliche Welt Italiens und verbinden mit Leichtigkeit kulinarische Tradition und Moderne. CHF 34.90 176 Seiten | Werd Verlag | ISBN 978-3-85932-595-1

34 – books – Juni 09

S


Gesundheitsbewusstsein geändert hat, körperliche Arbeit hat abgenommen. Vielen, besonders jungen Frauen, ist der Tierschutz ein wichtiges Anliegen. Aber es stimmt schon, gute Gastronomen müssen heute auch ein richtiges vegetarisches Menü anbieten. Sie geben auch Kochkurse, gibt es so etwas wie die Angst des Kochs vor dem Gemüse? Es gibt eher die Angst vor dem Aufwand. Ein Wienerli zu wärmen und mit etwas Senf garnieren, ist definitiv schneller und einfacher als vegetarisch kochen. Vor allem der Rüstaufwand ist nicht zu unterschätzen. Man muss die Grundzubereitungsarten kennen und auch richtig anwenden. Man sollte die vier Geschmacksrichtungen passend einsetzen können und dabei auch das Bauchgefühl nicht vergessen. Aber es gibt eigentlich nur zwei Haupt-Fehler, die man machen kann: Gemüse verkochen oder zu wenig lange kochen. Letzteres ist gerade z.B. bei Kartoffeln fatal, weil sie dann kaum zu verdauen sind. Wie entstehen neue Gerichte bei Hiltl? Wir bekommen Inputs von unseren Gästen. Dann bringen unsere MitarbeiterInnen (aus 40 Nationen) immer mal wieder Gerichte ihrer Mütter (die besten Köchinnen überhaupt) mit. Schliesslich sieht man auch auf Reisen immer wieder neue Gerichte. Die probieren wir dann zuerst im kleinen Kreis aus, modifizieren sie vielleicht ein wenig und bieten sie dann auf dem Tageszettel oder am Buffet an – und wenn die Gäste zufrieden sind, nehmen wir sie in unser Angebot auf. Es gibt Religionen, wie den Jainismus etwa, die Pflanzen, also auch Gemüsen, eine Seele zugestehen. Können Sie dieser Ansicht etwas abgewinnen?

Uns Menschen ist die Erde zur Verwaltung gegeben, wir dürfen die Schöpfung und was sie uns gibt geniessen, müssen sie aber auch pflegen und respektvoll mit ihr umgehen. Massentierhaltung beispielsweise passt nicht in dieses Bild. Aber ich persönlich muss dem Gemüse eine Seele absprechen, sonst müsste ich ja auch unser Restaurant schliessen. Aber, das ist ganz wichtig, ich urteile nicht über die Essgewohnheiten anderer Menschen. Gewürze spielen in der Hiltl-Küche eine wichtige Rolle. Was macht für Sie die Würze des Lebens aus? Lebensfreude und Optimismus. Zufrieden sein, mit dem, was man hat, und nicht undankbar sein für Dinge, die man eben nicht hat. Und die Wertschätzung gegenüber des und dem Anderen. Wenn Sie sich selber als Gemüse beschreiben müssten, was wären Sie und wie würden Sie sich zubereiten? Ich wäre eine schöne rote Tomate und würde mich als Suppe zubereiten. Martin Walker ist Journalist und beackert seit Jahren einen Schrebergarten – genau zwischen Kläranlage und Autobahn.

Rolf Hiltl: Hiltl. Vegetarisch. Die Welt zu Gast. CHF 65.–, Orell Füssli Verlag, ISBN 978-3-280-05342-3 ˇ Karel Capek, Das Jahr des Gärtners, CHF13.90, Aufbau, ISBN 978-3-746-61712-1

Tomaten-Orangen-Suppe (Pascals Geheimrezept)

Zutaten für vier Portionen: 500 g Tomaten 15 g Kochbutter 1 Zwiebel, gehackt 2 EL Tomatenpüree 2 EL Mehl 3 Zweige frischer Basilikum 1 l Gemüsebouillon 4 dl Orangensaft, frisch gepresst 2 EL Rohzucker 2 Lorbeerblätter 2 Nelken 10 schwarze Pfefferkörner, ganz 1 Zimstange 2,5 dl Rahm Meersalz, Pfeffer aus der Mühle Zubereitung Die Tomaten kreuzweise einschneiden, kurz in kochendes Wasser tauchen und schälen, in Würfel schneiden. Die Butter erhitzen, Zwiebeln dazugeben, anziehen. Tomatenpüree dazugeben, weitere 5 Minuten anziehen. Die Tomatenwürfel beigeben und wieder 5 Minuten anziehen. Mit Mehl bestäuben, die Basilikumzweige dazugeben und mit der Bouillon ablöschen. Die Suppe unter Rühren aufkochen, 15 Minuten köcheln lassen. Den Orangensaft mit Zucker und Gewürzen in einer separaten Pfanne aufkochen und bei kleiner Hitze auf ca. die Hälfte reduzieren, die Zimstange nach 10 Minuten Kochzeit entfernen. Die Reduktion durch ein Sieb zur Suppe geben, alles mit dem Stabmixer pürieren, den Rahm beigeben und nochmals vors Kochen bringen. Mit Salz und Pfeffer abschmecken. Tipp: Die Suppe mit einer ZimtschaumHaube servieren. Dafür 3 dl Milch auf 69°C erhitzen und 2 Minuten aufmixen. Die Suppe anrichten, den Milchschaum auf die Suppe verteilen und mit wenig gemahlenem Zimt bestäuben.

books – Juni 09 – 35


rt Für Spo it in e z i e r F und weiz h c S r e d Wanderkarten-Serie 1:50 000 My Switzerland Die Schweiz in ihrer schönsten Form Das perfekte Geschenk für alle Gäste oder Kunden aus dem Ausland – und für sich selber: Die wichtigsten und schönsten Eindrücke unseres Landes in einem kompakten Bildband. Über 150 eindrückliche Farbbilder zeigen in 10 Regionen aufgeteilt die Highlights der Schweiz. Zur einfachen geografischen Zuordnung helfen eingedruckte Übersichtskarten. Die eingebundene Bildlegende gibt Auskunft in den 12 Sprachen: Deutsch, Englisch, Spanisch, Italienisch, Französisch, Portugiesisch, Russisch, Japanisch, Chinesisch, Arabisch, Indisch (Hindi) und Holländisch. 192 Seiten, Übersichtskarten mit Eintragung der Orte Format: 14,5 x 14,5 cm, ISBN 978-3-8283-0673-8

Globis Velokarte Schweiz Sonnenzeit ist Velozeit – richtig schön wird es erst mit Globis Velokarte

Mit den signalisierten Wanderrouten, vielen regionalen Informationen, Sehenswürdigkeiten, Restaurants und Hütten, Autobuslinien und Index. GPS-tauglich. Absolut wasserfest, reissfest und farbecht! Top-Regionen erhältlich in dieser Reihe: Nr. 1 Nr. 2 Nr. 3 Nr. 4 Nr. 5 Nr. 6 Nr. 7 Nr. 8 Nr. 9 Nr. 10 Nr. 11 Nr. 12 Nr. 13 Nr. 14 Nr 15 Nr. 16 Nr. 17 Nr. 18 Nr. 19 Nr. 20

Valsertal 978-3-8283-0646-2 Chasseral/ Bielersee 978-3-8283-0641-7 Appenzell/ Alpstein 978-3-8283-0640-0 Vierwaldstättersee 978-3-8283-0647-9 Haslital 978-3-8283-0642-4 Montreux/ Rochers de Naye 978-3-8283-0644-8 Adelboden/ Lenk/ Kandersteg 978-3-8283-0639-4 St. Moritz 978-3-8283-0645-5 Zermatt 978-3-8283-0648-6 Lago di Lugano 978-3-8283-0643-1 Baselland 978-3-8283-0660-8 Franches-Montagnes 978-3-8283-0661-5 Zürichsee 978-3-8283-0662-2 Heidiland-Sarganserland 978-3-8283-0663-9 Arosa-Chur 978-3-8283-0664-6 Nationalpark 978-3-8283-0665-3 Grindelwald/ Wengen/ Mürren 978-3-8283-0666-0 Lötschberg 978-3-8283-0667-7 4 Vallées/ Verbier/ Nendaz 978-3-8283-0668-4 Locarno/ Val Verzasca 978-3-8283-0669-1

Globi weiss, dass Velofahren Spass macht und gesund ist. Er ist mit den HallwagKartografen zusammen gesessen und hat ihnen viele Geheimnisse über seine 100 tollsten Velorouten verraten. Zusammen mit wichtigen Details sind sie auf einer strapazierfähigen, praktischen und übersichtlichen Schweizerkarte eingezeichnet. Spielerisch verrät Globi zudem Tipps und Tricks zum einfachen Unterhalt des fahrbaren Untersatzes und zu den wichtigsten Verkehrsregeln. Die Globi Velokarte Schweiz gibt’s auch als Poster im Format von 99 x 69 cm. Schweizer Karte mit 100 Velotouren für die ganze Familie. Verkehrsregeln und Pflegetipps, Globi-Figuren zum Ausmalen. Karte in Plastikhülle mit Farbstiften. Format 13 x 25 cm, ISBN 978-3-828-30658-5 Hallwag

CHF 16.90

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Poster (beidseitig) Format 99 x 69 cm, ISBN 978-3-8283-0600-4 Hallwag

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Die beliebten VCS-Velokarten vermitteln alle wichtigen Informationen wie Steigungen, Höhendifferenzen, Strassenbeläge und Sehenswürdigkeiten. Kantonale und nationale Velowege und Mountainbike-Strecken sind speziell gekennzeichnet. Karten mit Index und Anfahrtskarte der Region, wasser- und reissfest.

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Die schönsten Wander- und Tourengebiete der Schweiz in 32 Blättern im Massstab 1:60 000. Die Wanderungen sind unterteilt in «Wanderweg», «Bergweg» und «Alpine Route». Jede Karte mit nützlichen Zusatzinformationen: Unterkunft, Verpflegung, Autobuslinien mit Haltestellen, Sport, Freizeit… Karten mit Index und Anfahrtskarte der Region, wasser- und reissfest.

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CHF 19.90 Top-Regionen u.a. erhältlich in dieser Reihe: Basel/Aarau, Jura, Neuchâtel, Oberengadin, Tessin Sopraceneri, Tessin Sottoceneri, Unterengadin, Zürich.

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Wettbewerb W

Das Literatur-Kreuzworträtsel Unter den richtigen Lösungen verlosen wir Bücher-Gutscheine: 1. Preis: Fr. 200.–, 2. Preis: Fr. 100.–, 3. Preis: Fr. 50.–, 4. bis 10. Preis: je Fr. 25.–

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Bis am 31. Juli 2009 in einer der Orell Füssli Filialen in Zürich, Bern, Luzern, Winterthur, Frauenfeld oder bei Rösslitor Bücher in St. Gallen abgeben oder per E-Mail an: books@books.ch. Über den Wettbewerb wird keine Korrespondenz geführt.

PLZ / Ort E-Mail

books – April 09 – 37


R Report Text: Martin Walker – Foto: Ruth Erdt, NZZ Libro

Aktiv schlafen Reportagen und Geschichten aus der Welt des Schlafes.

Dieses daunenweiche Glücksgefühl!, ruft Ursula Eichenberger wohlig aus und hat sich aufgemacht, dem Phänomen Schlaf auf die Spur zu kommen. Sie beleuchtet in ihrem neuen Buch das Thema interdisziplinär und aus verschiedenen Perspektiven, lässt Wissenschaftler ebenso zu Wort kommen wie Kinder. Tatsächlich verbringen wir doch gegen ein Drittel unserer Lebenszeit mit geschlos­ senen Augen, aber offenen Ohren, schlafend. Warum schlafen wir überhaupt? «Die ehrlichste Antwort ist», entgegnet Professor Claudio L. Bassetti von der neurologischen Uniklinik in Zürich, «dass man es nicht weiss.» Als Laie könnte man sagen, ich schlafe, weil ich müde bin. Dem ist auch so, bestätigt Bassetti. Körperliche Erholung ist sicher eine der Grundfunktionen, jedoch: «Wir wissen heute aber auch, dass ein guter Prozentsatz des Schlafs fürs Gehirn elementar ist.» Schlafen ist ein aktiver Prozess des Gehirns, und damit ist nicht das Schäfchenzählen gemeint, wenn sich der Schlaf eben mal nicht einstellt wie geplant. Denn was zum einen Segen ist – eben das daunenweiche Glücksgefühl, das Absinken ins Vergessen, in Träume, die einen noch tagelang verfolgen können, kann auch Dimitri, Clown, 73-jährig zu einer Belastung führen. «Die Erinnerung an diese Tage ist in Nebel gehüllt. Es schien als gehörte ich nicht mehr zum Rest der Welt», erinnert sich Ursula Eichenberger an eine schlaflose Phase in ihrem Leben. Andere wiederum plagt die nächtliche Unruhe in Form des Schlafwandelns, das ganz schön gefährlich sein kann. Von einem ganz anderen Problem berichtet ein Narko-

leptiker, der mit den Jahren gelernt hat, mit der Schlafsucht umzugehen. Und auch seine nähere Umgebung, erklärt er, habe sich an seine plötzlichen Abwesenheiten gewöhnt, daran, dass sein Kopf plötzlich auf die Seite kippe, nach vorn falle oder auf der Tischplatte aufschlage. Wie wohltuend sind da die Fotos von selig schlafenden Kindern, die die Fotokünstlerin Ruth Erdt dem Buch beigesteuert hat. «Das schlafende Gesicht, der schlafende Körper liessen mich nicht mehr los, und ich begann über die Jahre, andere Menschen im Schlaf zu fotografieren», kommentiert sie ihre Bilder. Es sind berührend intime Momente, die sie eingefangen hat. Als Betrachter fühlt man sich fast ein wenig als Voyeur angesichts dieser schutzlosen Menschen, die sich gerade in einer ganz anderen Welt befinden. Geschlafen wird nicht überall gleich, wie die Sozialan­ thropologin Brigitte Stieger in einem der vielen Interviews im Buch erklärt. In den Industrienationen soll Schlaf möglichst effizient sein und helfen, fit zu sein. «Wenn die Zeit mit Geld berechnet wird, kann man während der Arbeit weniger schlafen. Wird demgegenüber das Ergebnis honoriert, ist es einfacher, zwischendurch zu schlafen.» Auch klimatische und biologische Faktoren beeinflussen das Schlafen. Soziale Umstände spielen mit: Arbeitslose schlafen mehr, Verliebte dagegen brauchen weniger Schlaf – was auch zum Tod führen kann. Wir erinnern uns an Robert Schneiders Roman «Schlafes Bruder», wo Johannes Elias Alders Wunsch zum Wachbleiben schliesslich – via Tollkirschen – zum ewigen Schlaf führt.

«Einschlafen ist für mich jeden Abend ein bisschen sterben, aber ein wunderschönes Sterben.»

38 – books – Juni 09


Ursula Eichenberger bringt also Licht in diese dunkle Angelegenheit Schlaf, sie lässt Menschen aller Altersgruppen über ihre Schlaferfahrungen berichten, besucht ein Schlaflabor und porträtiert einen Matratzenhersteller, befragt Expertinnen und Experten zum Thema. Kein Buch für Schlafmützen also.

Tim, Schüler, 13-jährig «Ich finde es nicht so einfach, über etwas zu sprechen, das man gar nicht mitbekommt. Wenn ich schlafe, schlafe ich. Dann weiss ich ja nicht, was mit mir passiert. Aber gut, ich probiere es. Also: Wenn ich am nächsten Tag Schule habe, muss ich um halb zehn im Bett sein. Oft stinkt mir das, weil ich meistens nicht müde bin. Manchmal lese ich dann noch etwas, am liebsten einen Krimi oder einen Comic, und am allerliebsten Eurosoccer. Donald Duck kenne ich alle auswendig. Um zehn Uhr ist «Augen zu» angesagt. Es kann aber auch mal Viertel nach zehn werden. Mami kommt immer um halb zehn, um mir gute Nacht zu sagen und mir einen Gutenachtkuss zu geben. Es ist schön, dass sie immer kommt. Danach kommt niemand mehr, um zu kontrollieren, ob ich schlafe. Aber sie würden schon merken, wenn ich Licht anhätte.»

Für ä tüüfä gsundä Schlaaf Gewinnen Sie mit books und Bico eine neue Matratze! Auch ein Matratzenleben ist endlich. Der Bettinhalt sollte alle zehn Jahre ersetzt werden – für ä tüüfä gsundä Schlaaf, wie das Schweizer Traditionsunternehmen Bico in legendären Werbespots der Schweiz erklärt. Ergänzen Sie den untenstehenden Satz und gewinnen Sie mit etwas Glück einen Einkaufsgutschein* von Bico im Wert von 3000 Franken. Unter den originellsten Einsendungen verlosen wir zusätzlich fünf Exemplare des Buches «Aus der Welt des Schlafs» aus dem Verlag der Neuen Zürcher Zeitung. *Der Gutschein ist nicht auszahlbar und einzulösen bis Ende 2009

Dimitri, Clown, 73-jährig «Einschlafen ist für mich jeden Abend ein bisschen sterben, aber ein wunderschönes Sterben. Man taucht in eine andere Welt ein, schaltet das Bewusstsein aus, ein anderes Bewusstsein schaltet sich an, wir dürfen uns entspannen und ausruhen. Das alles kommt mir vor wie ein lebenslanges Training auf den Moment hin, wo wir wirklich sterben müssen.»

Wenn ich nicht schlafen kann …

Vorname / Name: Adresse: PLZ / Ort:

Aus der Welt des Schlafs Ursula Eichenberger CHF 48.90,Verlag Neue Zürcher Zeitung, ISBN 978-3-03823-489-0

E-Mail Bis am 30. Juni 2009 in einer der Orell Füssli Filialen in Zürich, Bern, Luzern, Winterthur, Frauenfeld oder bei Rösslitor Bücher in St. Gallen abgeben oder online teilnehmen unter www.books.ch/wettbewerb.

books – Juni 09 – 39


Aktuelle Sachbücher & Ratgeber fürs

Leben

Mit einem Vorwort von Steven C. Hayes. Aus dem Englischen übersetzt von Matthias Wengenroth. 2009. 219 S., 2 Abb., 7 Tab., Kt Verkaufspreis bei Orell Füssli CHF 34.90 ISBN 978-3-456-84685-9

2009. 128 S., Abb., Tab., Kt Verkaufspreis bei Orell Füssli CHF 25.90 ISBN 978-3-456-84724-5

Georg H. Eifert / Matthew McKay / John P. Forsyth

Guy Bodenmann

Der achtsame Weg in ein friedliches Leben

Hintergründe und Hilfen

Mit Ärger und Wut umgehen Lassen Sie Ihre Aggressionen los – und werden Sie endlich Herr im Hause Ihres eigenen Lebens!

Depression und Partnerschaft Das Buch gibt einen unentbehrlichen Einblick in die Zusammenhänge zwischen Depression und Partnerschaft und gibt auf dem neusten Forschungsstand wertvolle Hinweise darauf, wie der depressive Partner angemessen unterstützt werden kann.

Aus dem Englischen von Dr. Gabriele Kreutzner. Deutschsprachige Ausgabe herausgegeben von Christian Müller-Hergl und Dr. med. Christoph Gerhard. 2009. Etwa 304 S., 18 Abb., Kt Verkaufspreis bei Orell Füssli CHF 45.90 ISBN 978-3-456-84690-3

2009. 331 S., 1 Tab., Kt Verkaufspreis bei Orell Füssli CHF 42.90 ISBN 978-3-456-84672-9

Peter J. Whitehouse / Daniel George

Brigitte Vetter

Was Sie schon immer über Alzheimer wissen wollten, Ihnen aber nicht gesagt wurde

Sexualpräferenzstörungen – 100 Fragen 100 Antworten

Mythos Alzheimer

Gestützt auf aktuelle Forschungen, bietet «Mythos Alzheimer» zahlreiche Informationen, die zeigen wie man am besten mit Gedächtnisverlusten umgeht, in Weisheit altert und seine Lebensqualität erhält oder gar verbessert.

Pervers, oder?

Ursachen, Symptomatik, Behandlung

Um sich für dieses Buch zu interessieren, brauchen Sie nicht «pervers» zu sein. Vielleicht haben Sie nur Fragen, weil Sie Betroffene kennen oder weil Sie beruflich damit beschäftigt sind oder aus ganz anderen Gründen mehr erfahren möchten.

www.verlag-hanshuber.com


Wissenschaft W Text: Herbert Cerutti – Foto: NASA

Was hat uns

Apollo gebracht? Vor 40 Jahren landeten die ersten Menschen auf dem Mond.

Am 20. Juli 1969 um 21.18 Uhr (MEZ) landete die amerikanische Mondfähre «Eagle» im Mare Tranquillitatis. Und um 03.56 Uhr am nächsten Morgen setzte Neil Armstrong seinen linken Fuss in den Mondsand. Der Mensch hatte erstmals seinen Heimatplaneten verlassen und einen fremden Himmelskörper besucht. Die Mondlandung von Apollo 11 war die Krönung eines acht Jahre langen Kraftaktes, der sich im Falle der USA höchstens mit dem Bau des Panamakanals vergleichen lässt. Mit einem Budget von 25 Milliarden Dollar arbeiteten 20’000 Firmen und Institute mit einer Belegschaft von insgesamt um die 400’000 Personen am ehrgeizigen Ziel. Auslöser des Apollo-Vision war eine tiefe nationale Verunsicherung. Am 4. Oktober 1957 hatte die Sow­ jetunion mit Sputnik 1 den ersten künstlichen Satelliten in eine Erdumlaufbahn gebracht. Knapp vier Jahre später, am 12. April 1961, umkreiste der Sowjetbürger Juri Gagarin als erster Mensch im Raumschiff die Erde. Diese Schlappen der westlichen Weltmacht verlangten nach einer fulminanten Antwort. Am 25. Mai 1961 erklärte der amerikanische Präsident John F. Kennedy vor dem Kongress,

dass sich die Nation das Ziel setzen solle, noch im laufenden Jahrzehnt einen Menschen auf dem Mond landen zu lassen und ihn wieder heil zur Erde zurück zu bringen. Das gigantische Vorhaben hatte ein ausgesprochen politisches Ziel; von Wissenschaft war kaum die Rede.

Bild oben: Sonnenwindsegel von Apollo 11. Neil ist gerade an Buzz vorbeigegangen. Die «modifizierte Haushaltfolie» ist rechts im Bild.

Die modifizierte Haushaltfolie

artige Formen von Kooperation und Management generiert. Und indem als Zulieferanten die verschiedensten Firmen aus der Luftfahrt, der Autoindustrie, der Datenverarbeitung und Telekommunikation im Apollo-Programm involviert waren, hat das gewonnene Fachwissen

Nach dem Riesenerfolg der ersten Mondlandung erfolgten bis Dezember 1972 fünf weitere Mondlandungen mit immer längeren Aufenthalten. Die drei letzten Missionen, Apollo 15, 16 und 17, führten sogar ein Mondauto mit, was die Astronauten zu

Das gigantische Vorhaben hatte ein ausgesprochen politisches Ziel. ausgedehnten Spritztouren animierte. Was hat Apollo, ausser dem Prestigegewinn für die USA, der Menschheit insgesamt gebracht? Es sind vor allem technische und logistische Fortschritte, die heute als Hauptnutzen ins Feld geführt werden. Die Notwendigkeit ein Projekt von bisher noch nie gesehener Komplexität innert relativ kurzer Zeit zu planen, zu organisieren und auszuführen, hat ganz neu-

auch der Entwicklung zahlreicher irdischer Applikationen gedient. Trotz ihrer anfänglichen Nebenrolle hat auch die Wissenschaft von den Besuchen auf dem Mond enorm profitiert. Für Apollo 11 wurden aus einer langen Liste schliesslich drei Experimente ausgewählt, die für die Astronauten möglichst einfach und rasch zu bedienen waren. Neben einem Laserlichtreflektor für Distanz-

books – Juni 09 – 41


B

Buchtipps

George Soros

Der Mond

Robert Slater

Ralf Jaumann, Ulrich Köhler

Keiner ist in der Finanzwelt so umstritten wie George Soros: US-ame-

Am 20. Juli 1969 setzt die Landefähre von Apollo 11 auf dem Mond

rikanischer Investmentbanker ungarischer Herkunft, Philanthrop, Autor

auf. Neil Armstrong und Buzz Aldrin betreten als erste Menschen den

und politisches Enfant terrible. Die einen preisen ihn als demokratischen

Mond. Mit dieser Landung verändert sich das kollektive Bewusstsein

Motor, der nicht müde wird, sich für seine Open-Society-Idee in aller Welt

der Menschheit, und die Raumfahrt revolutioniert unser Wissen über den

einzusetzen. Die anderen halten ihn für

Mond, seine Entstehung und Bedeu-

einen skrupellosen Börsenspekulanten,

tung. Zum 40. Jahrestag haben Profes-

dessen riskante Finanztransaktionen

sor Ralf Jaumann und Ulrich Köhler vom

mutmasslich mehrere Währungen, ja

Institut für Planetenforschung in Berlin

ganze Volkswirtschaften ruiniert haben.

nun ein unvergleichliches Porträt des

Der renommierte Finanzjournalist Ro-

Mondes geschaffen und den aktuellen

bert Slater zeichnet in dieser Biografie

Erkenntnisstand der Wissenschaft vom

ein objektives und ungewöhnlich aus-

Mond aufgearbeitet. Zudem befragt

gewogenes Bild der schillernden Per-

mit Thomas Reiter erstmals ein euro-

sönlichkeit des Grossspekulanten.

päischer Astronaut den «Moonwalker» Buzz Aldrin.

CHF 49.90 500 Seiten

S

CHF 83.–

S

320 Seiten, 400 Abbildungen

Finanzbuch Verlag

Fackelträger Verlag GmbH

ISBN 978-3-89879-473-2

ISBN 978-3-7716-4387-4

In der Gewalt der Mudschaheddin Reto Walther

Mondlandung

Es sollte für die vier Schweizer eigentlich eine unvergessliche Ferienreise

Juli 1969: Eines der grössten Abenteuer der Menschheit begeistert Milli-

durch die algerische Sahara werden. Doch dann werden sie 2003 zusam-

onen: 
Mit den Worten «Ein kleiner Schritt für einen Menschen, ein gros-

men mit elf weiteren europäischen Touristen von einer fundamentalisti-

ser Schritt für die Menschheit» betritt Neil Armstrong als erster Mensch

schen Terrorgruppe entführt. Um dem Wahnsinn für Momente zu entflie-

den Mond. Es war der Höhepunkt eines der grössten Abenteuer in der

hen, schreibt Reto Walther die Eindrücke

Geschichte der Menschheit. Aktuell zu dem 40-jährigen Jubiläum die-

und Erlebnisse in Tagebuchform nieder.

ses Ereignisses entstand dieses Pop-up-Buch mit sensationellen Pop-

Neben der Beschreibung des Alltägli-

up-Elementen, dazu grossartige

chen dokumentiert sein chronologisch

Fotos, übersichtliche Grafiken und

aufgebauter Bericht die permanenten

alle wissenswerten Informationen

Konfrontationen zwischen den Geiseln

zu diesem Ereignis. Richard Platt

und den Entführern und skizziert ein-

schreibt für Kinder und legt dabei

drücklich die enormen Unterschiede

grossen Wert auf lebendige Darstel-

zwischen den ultra-islamischen und

lung und sorgfältige Recherche.

Richard Platt

den europäischen Wertesystemen.

CHF 35.90 302 Seiten, 34 farbige Abbildungen

S

CHF 45.90

F. Reinhardt

Carlsen Verlag

ISBN 978-3-7245-1556-2

ISBN 978-3-551-18537-2

42 – books – Juni 09

S

24 Seiten, ab 6 Jahren

S = Sachbuch

R = Roman

D = DVD

K = Krimi


Wissenschaft W Text: Herbert Cerutti

messungen Erde-Mond sowie einem Seismographen kam als einziges nicht­amerikanisches Experiment das vom Physikalischen Institut der Universität Bern, unter der Leitung von Johannes Geiss, in Zusammenarbeit mit dem Institut für Kristallographie und Petrographie der ETH Zürich entwickelte Sonnenwindsegel zum Zug. Mit einer modifizierten Haushaltfolie aus Aluminium wollte man den Sonnenwind, einen von der Sonne in den Weltraum abgestrahlten Ionenstrom (elektrisch geladene Atome), einfangen und die Folie am Schluss der Mondmission für die Analyse zurück auf die Erde bringen. Das Gewicht von lediglich 430 Gramm und die simple Handhabung durch die Astronauten lobte die Fachwelt mit dem Prädikat «most science per pound». Das SWC (Solar Wind Composition)Experiment blieb 77 Minuten dem Sonnenwind ausgesetzt. Dies erlaubte den Forschern in Bern mit ihren hochempfindlichen Massenspektro­ metern, die Edelgase Helium und Neon und deren Isotope (Atome des gleichen Elements, aber mit unterschiedlicher Neutronenzahl und daher unterschiedlicher Masse) zu messen. Das überzeugende Konzept bewog die NASA, das Berner Experiment bei weiteren vier ApolloMondlandungen einzusetzen, was dank immer längeren Expositionszeiten auch das Messen von Argon erlaubte. Die Ergebnisse der SWCExperimente haben gezeigt, dass der Sonnenwind ungestört die Mondoberfläche erreicht, was das Fehlen eines lokalen Magnetfeldes wie auch einer Atmosphäre bestätigt. Auch ergaben sich wichtige Erkenntnisse, wie die Ionen in der Sonnenkorona beschleunigt werden sowie über die Zusammensetzung der Materie zur Zeit der Entstehung des Sonnensystems.

Entdeckung des blauen Planeten Von grösster wissenschaftlicher Bedeutung waren die insgesamt 382 Kilogramm Steine und Sand, die von den Apollo-Astronauten auf dem Mond an den sechs verschiedenen Landeplätzen gesammelt wurden. Die Mondproben zeigen, dass es auf dem Mond kein Leben gibt und auch nie gegeben hat. Auch fehlt Wasser. Ebenfalls geklärt werden konnte der Ursprung des Mondes. Der Erdtrabant ist weder ein vom Schwerefeld der Erde eingefangener Vagabund noch hat er sich von der ursprünglich schnell rotierenden Erde abgespalten. Als einzig plausibles Szenarium bleibt der «Giant Impact», der Rieseneinschlag eines marsgrossen Himmelskörpers im flachen Winkel auf die noch junge Erde vor 4,6 Milliarden Jahren. Dies generierte eine gewaltige Wolke aus gasförmigem und flüssigem Material, das im Weltraum schliesslich zu einem neuen Himmelskörper kondensierte – unserem Mond. So eindrücklich die technische und wissenschaftliche Ausbeute der Apollo-Missionen auch gewesen sein mag, eine scheinbar nebensächliche Beobachtung hatte globale Wirkung. An Weihnachten 1968 hatte die Besatzung von Apollo 8 die Aufgabe, zum Mond zu fliegen und dort bei einer Umrundung Daten für die spätere Mondlandung zu sammeln. Zum ersten Mal sah jetzt der Mensch seine Heimat aus grosser Distanz. Das Bild des blau schimmernden Planeten, wie er unfassbar schön und verletzlich im unendlichen Schwarz des Alls schwebte, prägte sich dem kollektiven Gedächtnis der Menschheit ein. Dieses Apollo-Dokument hat für das ökologische Gewissen wohl nachhaltiger gewirkt als noch so deutliche Zahlen über Schadstoffe und Klimaveränderungen.

Der Autor ist freischaffender Journalist und lebt in Wolfhausen. Er hat als Doktorand am Berner Sonnenwind­ experiment mitgearbeitet.

Mondbücher Mondlandung Richard Platt, CHF 45.90, Carlsen ISBN 978-3-551-18537-2

Der Mond Ralf Jaumann, CHF 83.–, Fackelträger ISBN 978-3-7716-4387-4

Zurück vor den Urknall Martin Bojowald, CHF 36.90, S. Fischer ISBN 978-3-10-003910-1

Moonwalker Andrew Smith, CHF 41.90, S. Fischer ISBN 978-3-10-077202-2

books – Juni 09 – 43


O

Orell Füssli Text: Manuela Ziegler – Foto: Orell Füssli

Logenplatz im

«Westside» Orell Füssli rückt Richtung Westschweiz vor. Im Oktober 2008 eröffnete im Berner «Westside» nicht irgendeine Filiale, denn die Architektur von Daniel Libeskind zaubert Leuchtkristalle in den Buchtempel.

Freitagmorgen halb elf Uhr im Einkaufszentrum «Westside» in Bern Brünnen. Auf den breiten Fluren ist es noch ruhig, nur wenige Kunden sind um diese Zeit unterwegs. Die Kundschaft aus den umliegenden Agglomerationen findet sich erst gegen die Mittagszeit im modernen Einkaufszentrum ein. Neben 55 Geschäften beherbergt es das Bernaqua Erlebnisbad & Spa, die Cinémas Pathé, das Hotel Holiday Inn und die Altersresidenz SeneCasita. Buchstäblich inmitten der grünen Wiese steht der Gebäudekomplex unter Federführung der Neue Brünnen AG, einer Tochterfirma der Migros AG Aare. Drumherum wächst allmäh-

44 – books – Juni 09

lich ein neuer Stadtteil mit Wohnungen. Dessen Herz, das «Westside», schlägt schon seit vergangenem Herbst für die Bewohner aus dem Berner Umland.

Für Sinnverliebte Eine von ihnen ist Tamara (25). Sie tummelt sich bei Orell Füssli in der DVD-Abteilung. «Die Auswahl an Spielfilmen ist spitze», meint sie. Früher wäre die KV-Gehilfin nie in Buchhandlungen gegangen, hier lockt sie das Zusatzangebot. Das Konzept von Orell Füssli kommt an. «Unser breites Filmangebot spricht jeden Filmliebhaber an», bemerkt die Filialleiterin Sabine Faust. Attraktiv ist nicht

nur das inhaltliche Sortiment, sondern auch die Architektur. Das vom polnisch-amerikanischen Star-Architekten Daniel Libeskind entworfene Gebäude bildet das i-Tüpfelchen für den Sehsinn. Es gibt keine rechtwinklig zulaufenden Wände, dafür viel Schrägen und vor allem Tageslicht. Das bricht sich Bahn durch die sogenannten «Kristalle» des Künstlers, asymmetrische Glasfenster auf dem Dach des Gebäudes. Und das Tageslicht leuchtet hinein bis in die zentral im Eingangsbereich gelegene Orell Füssli-Filiale. Auch in deren Innerem setzt sich Libeskinds dekonstruktivistische Architektur fort. «Jedes der drei versetzt übereinander liegenden


«Unser Angebot auf den Kunden aus­zurichten, ist eine Investition in die Zukunft und die Pionierarbeit macht mir viel Spass.»

Stockwerke variiert im Zuschnitt seiner Grundfläche», erklärt die Filialleiterin. Die neue Orell FüssliLadengestaltung bildet dazu einen spannungsreichen Kontrast. Es sind anthrazitfarbene Regale mit dunkelroten Beschriftungen – sie symbolisieren den Beginn einer neuen Ära.

etwa ein Viertel der Besucher des Einkaufszentrum französischsprachig», so die Filialleiterin. Wer angesichts der fremdsprachigen Literatur Reiselust bekommt, sollte in der benachbarten Reisebuchabteilung gleich das passende Kartenmaterial für einen Urlaubstrip aussuchen gehen.

Für Frankophone

Für jeden etwas dabei

Die Marke Orell Füssli wird künftig auch durch einheitliche Ladengestaltung für den Kunden sofort erkennbar sein. Die «Westside»-Filiale war der erste Meilenstein auf diesem Weg. Die Zusammenarbeit mit dem Musikhaus Krompholz in der Berner Innenstadt und die Neueröffnung von Rösslitor in St. Gallen setzen dieses Konzept fort. Was bleibt, ist die bewährte Qualität: fachkundige Beratung durch 18 BuchhändlerInnen und ein Vollsortiment auf 1500 Quadratmetern. «Im Erdgeschoss präsentieren wir, was den Buchhandel ausmacht – Belletristik», sagt Faust. Sie führt auf der Wendeltreppe, ebenfalls ein wiederkehrendes Element der neuen Ladengestaltung, in den ersten Stock. Dort steigt Kaffeeduft in die Nase. In Zusammenarbeit mit dem angrenzenden Kaffeeröster «Starbucks» bietet Orell Füssli dem Büchermensch hier Nahrung fürs leibliche Wohl. Einladend winken die knallroten Sessel. Darin sitzend kann der Blick über den Laden schweifen und wird auf das integrierte Sortiment des französischen Buchfilialisten «Payot Libraire» aufmerksam. «Dieses Angebot findet regen Zuspruch, sind doch

Statusorientierte und Experimentalisten, ebenso wie die bürgerliche Mitte und Postmaterielle sind das Zielpublikum des «Westside». Fausts Besucherbilanz nach einem halben Geschäftsjahr: «Die gute Mischung macht’s.» Architekturpilger und Trendbewusste, Jugendliche, Familien und Senioren gehen inzwischen ein und aus. Die kommen vor allem bequem per S-Bahn. In gerade mal acht Minuten bringt sie die Shopper vom Hauptbahnhof Bern gen «Westside», wo sich ihnen eine breite Angebotspalette eröffnet. «Wir haben für jeden etwas», meint die Filialleiterin. Ästhetische Ansprüche von Architekturpilgern befriedigt im dritten Stock sicher das 12 Meter lange rote Ledersofa vor einer voll verglasten Fensterseite mit Blick auf das Innenleben im «Westside». Gestresste Eltern können hier Platz nehmen, während der Nachwuchs auf dem Klettergerüst spielt oder sich ein Buch aussucht. Ob Kinder- oder Gesundheitsbuch, Psychologie- oder Erziehungsratgeber: Im dritten Stock steht alles im Zeichen Familie. Einmal monatlich dürfen die Kleinen auch basteln, sich schminken lassen oder Globi zuhören.

«Es freut mich besonders, dass sich zahlreiche, zufriedene Kunden persönlich für unseren Service bedanken», sagt Faust. Das sei eine neue Erfahrung für das junge Team und ein grosser Ansporn dazu. «Die Berner sind spezielle Kunden mit anderen Bedürfnissen als beispielsweise die Zürcher», weiss die Filialleiterin aus ihrer Erfahrung in der Schweizer Metro­pole. So symbolisiere die bekannte Berner Bedächtigkeit ein Stück Lebens­qualität schlechthin. Deren literarischen Früchten räumt Orell Füssli mit Büchern in Berndeutscher Mundart und weiterer regionaler Literatur einen entsprechend grossen Stellenwert im Sortiment ein.

Für Visionäre Laden und Einkaufszentrum sind noch in der Aufbauphase. Aber die Gesamtbesucherzahlen können sich mit knapp 3 Millionen sehen lassen. Soviel hatte man erst nach Ablauf eines Jahres erwartet. Bis dahin wird bei Orell Füssli an den langen Freitagen bis 22 Uhr noch einiges geboten. Frei nach dem Motto «Literarisch geniessen» lädt das Team vierteljährlich zu literarischen Themenabenden mit kulinarischen Ausflügen ein. Auch Synergien mit den anderen Geschäften wollen genutzt sein. «Unser Angebot auf den Kunden auszurichten, ist eine Investition in die Zukunft, und die Pionierarbeit macht mir viel Spass», sagt Faust. Sogar soviel Spass, dass ihr das eigene fensterlose Büro im Backoffice gar nichts ausmacht.

books – Juni 09 – 45


D

DVD 2

4 3

1

Erhältlich

ab 02.04.

2009

7 5

6 8

46 – books – Juni 09

S = Sachbuch

R = Roman

D = DVD

K = Krimi


Twilight – Biss zum Morgengrauen Fantasy 1 Bella war schon immer ein wenig anders als ihre gleichaltrigen Mitschüler. Als ihre Mutter erneut heiratet, zieht sie zu ihrem Vater nach Forks, einer langweiligen, verregneten Kleinstadt im Staat Washington. Ihre Erwartungen an ihr neues Leben sind gering, doch dann begegnet sie in der Schule dem geheimnisvollen und äusserst attraktiven Edward … Nach dem Erfolgsroman von Stephenie

Zeiten des Aufruhrs Drama

Sieben Leben 2

ab 12 Jahren

3

4

Zeichentrick

Mitte der 50-Jahre ist das Ehepaar

In dem sensiblen Drama arbeitet

Penny und den verspielten Vier-

Wheeler in der Realität angekom-

Will Smith erneut mit Regisseur

beiner Bolt verbindet eine Freund-

men. Ihre Träume, anders zu leben

Gabriele Muccino und den Pro-

schaft fürs Leben. Bis Pennys

als im genormten Vorstadtglück,

duzenten von «Das Streben nach

Vater vom Superverbrecher Dr.

haben sich nicht erfüllt. Frank ist

Glück» zusammen. Smith spielt

Calico – einem niederträchtigen

frustriert, die ambitionierte Schau-

den von Selbstzweifeln geplagten

Wissenschaftler mit einem grünen

spielerin April unglücklich darüber,

Ben Thomas, den ein schicksal-

Auge und einer Vorliebe für fiese

sich nur als Mutter zweier Kinder

haftes Geheimnis umgibt. Er bricht

Katzen – entführt wird. Aber Bolts

zu definieren. Mit dem Vorschlag,

auf zu einer aussergewöhnlichen

Laserblick und sein vernichten-

den Trott hinter sich zu lassen und

Reise, auf der Suche nach Wie-

des Supergebell hält die Feinde

nach Paris zu ziehen, kommt neu-

dergutmachung – an deren Ende

in Schach. Nach einer actiongela-

es Leben in die Ehe.

sich sein Leben und das von sie-

denen Verfolgungsjagd liegen die

ben Fremden für immer verändern

Schufte am Boden.

Meyer.

CHF 30.90

Drama

Bolt – ein Hund für alle Fälle

wird.

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CHF 30.90 ab 12 Jahren

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ab 6 Jahren

EAN 7613059303348

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4030521716841

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Lark Rise to Candleford 2

Der seltsame Fall Vicky Cristina des Benjamin Barcelona 6 7 Komödie Button Drama

Australia

England, Ende des 19. Jahrhun-

Ein Mann kommt als über 80-jäh-

Am Anfang steht ein unmora-

Kurz vor Ausbruch des Zweiten

derts. Die Bewohner des armen

riger Greis auf die Welt und wird

lisches Angebot. In Barcelona

Weltkriegs reist Lady Sarah Ashley

Lark Rise und des wohlhabenden

immer jünger. In New Orleans

treffen Vicky (Rebecca Hall) und

(Nicole Kidman) nach Australien.

Candleford sind nicht gut aufein-

werden wir Zeugen seiner Lebens-

Cristina (Scarlett Johansson) den

Dort verbündet sie sich mit einem

ander zu sprechen. Das Bindeglied

geschichte vom Ende des Ersten

Maler Juan Antonio (Javier Bar-

Viehtreiber (Hugh Jackman), um

zwischen den Städtchen ist Laura

Weltkriegs bis ins 21. Jahrhundert,

dem), der die beiden zu einem Lie-

die Farm ihres Mannes, die sie ge-

aus Lark Rise, die in Candleford

in der er Lebensfreude und Todes-

besabenteuer überreden möchte.

erbt hat, zu retten. Ihr Abenteuer

eine Post-Lehre macht. Weitere

trauer erfährt und lernt, was von

Vicky ist empört, und Cristina von

führt sie durchs unwegsame Out-

spannende Episoden: Lady Ade-

zeitloser Bedeutung ist. Regie:

seiner Ausstrahlung fasziniert. Das

back. Die Lage spitzt sich zu, als

laide möchte ein Kind adoptieren,

David Finchers. In den Hauptrol-

romantische Wochenende gerät

sie die Bombardierung von Darwin

ein gewalttätiger Ehemann wird

len: Brad Pitt und Cate Blanchett.

ins Stolpern, als Juans heissblü-

durch die Japaner erleben, die

angezeigt und Zillahs jährliche Ge-

Nach einer Kurzgeschichte von F.

tige Ex (Penélope Cruz) auftaucht.

zuvor Pearl Harbor angegriffen

burtstagfeier steht bevor.

Scott Fitzgerald.

Regie: Woody Allen.

haben.

Klassiker

CHF 73.00 ab 6 Jahren

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books – Juni 09 – 47


M Musik Text: Christian Gasser

Im Schlamm sind alle gleich Vom 15.–17. August 1969 fand das legendärste Open-Air-Festival aller Zeiten statt: Woodstock. Drei Tage und Nächte lang Friede, Freiheit, Rock’n’Roll – trotz heftiger Regengüsse, Stromunterbrüchen, Lebens­ mittelknappheit und langer Schlangen vor den Toiletten …

Eigentlich war Woodstock ein grandioses Missverständnis. Ein spektakuläres Fiasko. Mehr noch: Genau genommen fand Woodstock gar nicht statt. Jedenfalls nicht im idyllischen Künstlerkaff Woodstock selber, dem Wohnort von so illustren Musikern wie Bob Dylan, The Band und Tim Hardin, sondern auf einem Farmgelände im gut 70 Kilometer entfernten Bethel. Der Name Woodstock wurde gewählt, weil der Ort dank seiner prominenten Bewohner einen weitherum wohlklingenden Namen hatte, der die Hippies aus dem nahen New York aufs Land locken sollte. Und sie kamen, die Hippies, in Massen und von überall her, und das war

48 – books – Juni 09

der Beginn einer drei Tage währenden Katastrophe, bei der so gut wie alles schief ging, was an einem Festival schief gehen kann. Statt der erwarteten 60000 Leute machten sich eine gute Million auf den Weg, über die Hälfte blieb glücklicherweise auf den verstopften Zufahrtsstrassen stecken, und die 400000 Glücklichen, die das Gelände erreichten, mussten mangels genügend Kassenhäuschen gratis eingelassen werden. Die Infra­struktur war dem Ansturm nicht gewachsen: Die Warteschlangen vor den nur 600, bald schon grässlich stinkenden Toiletten waren endlos, und auch Trinkwasser und Lebensmittel mussten notfallmässig von den Bau-

ern und einer Hippiekommune aus der Umgebung (und von der Armee per Hubschrauber) geliefert werden, um eine humanitäre Katastrophe zu verhindern. Besonders berühmt sind die starken Regengüsse, die viele Konzerte unterbrachen und für Verzögerung sorgten – und die legendären Schlammschlachten erlaubten. Wieviele Besucher wieviel von den Auftritten von Joan Baez, Canned Heat, The Band, Janis Joplin, Sly and the Family Stone, Jefferson Airplane, The Who, Jimi Hendrix, Grateful Dead, Tim Hardin, Crosby, Stills, Nash & Young etc. mitkriegten, ist angesichts einer auf ein viel kleineres Publikum ausgerichteten Verstärker-


anlage auch fraglich. Wobei dies vielleicht gar nicht so schlimm war – etliche Musiker, so etwa Creedence Clearwater Revival oder Johnny Winter, untersagten die Verwendung der Aufnahmen für den Film und das Dreifach-Album, weil sie ihre Auftritte zu schwach für die Ewigkeit fanden …

Gegenkulturelle Illusionen Und doch ist Woodstock der unbestrittene Inbegriff des Open-AirFestivals. Dabei gab es vor und nach Woodstock bedeutendere und interessantere Anlässe. Das erste grosse Rockfestival hatte zwei Jahre zuvor, im Juni 1967, im kalifornischen Monterey stattgefunden. Monterey war der Moment, wo der Underground seine Unschuld verlor und die Hippiekultur zum Mainstream wurde. Nach Monterey erhielten so gut wie alle auftretenden Bands – zum Teil die gleichen, die auch in Woodstock zu sehen waren – dicke Plattenverträge und wurden in der Folge von grossen Musikkonzernen wie CBS in die internationalen Charts gepusht. Im August 1969 hatte die Hippieszene nicht nur ihre Unschuld verloren, sondern auch den Zenith ihrer gesellschaftlichen Mobilisierungskraft überschritten. Wenig später, im Dezember 1969, mutierte die «Friede, Freude und Freiheit»-Idylle am Altamont Free Concert zum Albtraum, als ein Hells Angel während des Konzertes der Rolling Stones vor der Bühne einen Zuschauer erstach. Bald setzte auch das grosse Sterben der Hippieikonen ein (Jimi Hendrix, Janis Joplin und Jim Morrison), und der hoffnungsvolle Aufbruch verirrte sich, zugespitzt formuliert, auf dem langen Marsch durch die Institutionen. Im August 1969 war es aber noch möglich, sich der Illusion einer heilen Gegenwelt hinzugeben, in

der man sich gegen das böse Establishment verschwörte und sich stark und zahlreich genug wähnte, um die bessere Welt von morgen zu schaffen.

stock wach. Aus dem Schlamm stammen wir, im Schlamm sind wir alle gleich. Und in der Warteschlange vor den Toiletten.

Chaos und Mythos

Christian Gasser ist freier Schriftsteller und Journalist. Der 1963 geborene Pop-Besessene Gasser hat nicht nur Woodstock verpasst, sondern macht bis heute um so gut wie jedes OpenAir-Festival einen weiten Bogen. Letzte Buchveröffentlichung: «Blam! Blam! Und Du bist tot!» (Edition Tiamat, Berlin).

Woodstock wurde aber auch aus anderen Gründen zum Mythos. Die Musik spielt dabei – wie bei allen Open-Air-Festivals – eine untergeordnete Rolle. Das Programm von Woodstock war für die damalige Zeit nicht einfallsreicher als es Sankt Gallen und das Gurtenfestival heute sind. Es spielten die Bands, die man an so einem Anlass erwarten durfte. Nein, Woodstock wurde zum Mythos, weil Woodstock eine Kata­ strophe war. Nicht die berechenbaren und durchgerechneten Erfolge werden zu Legenden – wirklich interessant ist vielmehr das Unvorhergesehene, das Ungeplante, das Chaos, die Katastrophe, in der etwas entsteht, das grösser ist und bedeutender, als man es sich hätte träumen lassen. Aus diesem Grund steht Woodstock (und nicht das musikalisch weit relevantere Monterey) sinnbildlich für den Zeitgeist jener Generation. Wer hätte es noch wenige Jahre zuvor für möglich gehalten, dass Millionen Menschen friedlich gegen den Vietnamkrieg auf die Strasse gehen und sich für die Bürgerrechte einsetzen würden? Wer hätte gedacht, dass aus den Hippies eine Massenbewegung würde? Deshalb hat seit Woodstock kein Festival, egal wie gross es ist, eine vergleichbare Symbolkraft entfalten können. Die genau kalkulierten und von Sponsoren abgesicherten Sommerfestivals von heute haben mit Woodstock so wenig gemein wie der Musikantenstadl mit einer Stubete im Schächental. Nur wenn es regnet, ruft die obligate Schlammrutschete den viel beschworenen Geist von Wood-

Woodstock lesen Woodstock – Wunder oder Waterloo Zur Frage des Mythos Woodstock kommen Dutzende der Akteure zu Wort: Musiker, Manager, Plattenfirmen-Leute und Teilnehmer. Jörg Gülden, CHF 28.90, Hannibal, ISBN 978-3-85445-299-7 Woodstock ’69 – die Legende In Woodstock feierte die Gegenkultur ihr letztes grosses Fest, und das im Angesicht Vietnams. Woodstock ist der legendäre Kulminationspunkt der Hippiebewegung und zugleich ihre grösstmögliche Verdichtung. Frank Schäfer, CHF 34.90, Residenz, ISBN 978-3-7017-3138-1 Making Woodstock Fünf Jahre nach dem Organisationsund Finanzdisaster namens Woodstock schrieben Rosenman und Roberts, die das Risikokapital in das Unternehmen Woodstock eingebracht haben, ihre Erinnerungen an das Projekt auf. Joel Rosenman, CHF 36.90, Wolfbach, ISBN 978-3-936086-42-3

books – Juni 09 – 49


K Kolumne Foto: Thomas Kern

Ode an die Buchhändlerin Eine Kolumne von Milena Moser

Milena Mosers aktueller Roman heisst «Stutenbiss», zuletzt erschien von ihr «Flowers in your hair – Wie man in San Francisco glücklich wird». Die Website von Milena Moser: www.milenamoser.com

Was verbindet so unterschiedliche Autorinnen wie Tania Kummer, Susy Schmid, Katja Alves und mich? Wir sind alle gelernte Buchhändlerinnen. Keine von uns wird man je dabei erwischen, wie sie mit hochgestelltem Mantelkragen und Sonnenbrille auf der Nase eine Buchhandlung betritt und nach ihren eigenen Titeln fragt. Wir erinnern uns nur zu gut daran, wie wir damals mit solchen Wichtigtuern umgegangen sind: «Moser? Und wie buchstabiert man das?» Buchhändlerin war mein zweiter Traumberuf. Den ersten, Schriftstellerin, wagte ich damals noch nicht auszusprechen. Lesen und Schreiben gehören aber bekanntlich zusammen, deshalb war die Buchhändlerlehre der logische nächstbeste Schritt. Ausserdem kann man diesen Beruf im Gegensatz zu Schriftstellerin, lernen. Jedenfalls war es damals so. Heute würde ich diesen Umweg vielleicht nicht mehr machen, und es wäre schade. Es würde mir etwas fehlen. Von meinem zweiten Traumberuf hatte ich, wie die meisten Berufsanwärterinnen, höchst romantische Vorstellungen: Zwischen raumhohen Regalen voller Bücher, von denen ich jedes einzelne gelesen hätte, würde ich lustwandeln, damit ich jeden potentiellen Leser mit dem für ihn richtigen Buch verkuppeln konnte. Dem Buch, das sein Leben verändern würde. Denn Buchhändlerin wird man aus Leidenschaft. Die Realität sieht allerdings etwas anders aus: lange Arbeitszeiten, niedriger Lohn, kaum Aufstiegschancen – was erklärt, warum die meisten Buchhändler Buchhändlerinnen sind. Zum Lesen bleibt einem definitiv weniger Zeit als in den meisten anderen

50 – books – Juni 09

Berufen. Buchhändlerin bleibt man aus Leidenschaft. Ich selber war leider eine lausige Buchhändlerin. Ich kam fast jeden Tag zu spät, ich liess schwere Kunstbände auf ihre Ecken fallen, und als ein Kunde nach einem Buch über Dali fragte, bat ich ihn, den Namen des Künstlers zu buchstabieren, den ich in seiner korrekten spanischen Aussprache nicht verstanden hatte. D-A-L – ach so! Was soll ich sagen, ich war in Gedanken meist woanders. Bei meinem ersten Roman. Geblieben sind mir ein paar Grundregeln: Man spricht eine Buchhändlerin nicht mit Frollein an, schon gar nicht mit: «Frollein, ich hätte gern ein Buch!» Das kommt gar nicht so selten vor. «Ein Buch! Ja, da sind Sie schon mal richtig», denkt dann die Buchhändlerin und aktiviert den inneren Meditationsgong. Es ist hilfreich, wenn man sich entweder an den Namen des Autors oder an den Titel des Buches erinnert, im Notfall kann die Buchhändlerin auch mit «das Titelbild ist rot» etwas anfangen. Oder mit «es war in der Zeitung». Das dauert dann allerdings einen Moment. Am besten aber lässt man sich beraten. Das genau richtige Buch für den richtigen Leser im richtigen Moment seines Lebens zu finden, das ist schliesslich die Leidenschaft der Buchhändlerin. Das kann sie. Geblieben ist mir der Respekt vor der Buchhändlerin. Selbst vor der, die gelangweilt grummelt: «Max Frisch? Schauen Sie doch mal unter F!» Denn die ist vielleicht in Gedanken einfach woanders. Bei ihrem ersten Roman.


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