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books – das Magazin der Orell Füssli Buchhandlungen – Oktober 09

Yangzom Brauen

Eine starke Frau mit viel Geschichte Peter Stamm

Interview mit dem Chronist des alltäglichen Wahnsinns

Krimis, die das Leben schrieb

Missgeschicke, Zufälle, schwere Fehler

books – Oktober 09 – 1


Wenig dran viel drin digitale Bücher bei Orell Füssli

• über 160 Bücher immer dabei • variable Schriftgrössen • über 6000 Seiten ohne Unterbruch • tausende eBooks auf books.ch

e reader

2 – books – Oktober 09


Die schönste Liebesgeschichte seit langem!

Engagement und Talent Liebe Leserin, lieber Leser Engagement und Talent zeichnen Yangzom Brauen aus. Die Schweizer Schauspielerin hat ein eindrückliches Buch geschrieben: Die Geschichte ihrer Grossmutter, wie sie aus Tibet flüchtete, die Geschichte ihrer Mutter, wie sie sich in Indien in einen Schweizer verliebte, ihre eigene Geschichte, die sie vor die Kameras in Hollywood gebracht hat. Wenn an der Frankfurter Buchmesse wiederum tausende von Büchern vorgestellt werden, stehen dieses Jahr chinesische besonders im Zentrum der Aufmerksamkeit. Denn China ist Ehrengast in Frankfurt. Deshalb nehmen wir die Gelegenheit wahr, auf einige herausragende chinesische Autoren hinzuweisen, lassen es uns aber nicht nehmen, auch auf

die problematische politische Situation zu zeigen. Yangzom Brauen ist uns dabei ein Vorbild, wie man hartnäckig, aber fair für eine bessere Welt kämpfen kann. Dazu gehören auch Bücher und der uneingeschränkte Zugang zu ihnen. Verlässliche Informationen und ein von Zensur befreiter Zugang zu Meinungen sind die Grundlage für eine prosperierende Gesellschaft, hier ebenso wie in China oder sonst wo auf der Welt. Ihr András Németh Mitglied der Geschäftsleitung

Die nächste Ausgabe von books, dem Magazin der Orell Füssli Buchhandlungen, erscheint Mitte November 2009. Sie bekommen books kostenlos in jeder Filiale. Bestellungen nehmen wir gerne entgegen über www.books.ch, orders@books.ch und Telefon 0848 849 848. Orell Füssli Buchhandlungen finden Sie in Bern, Frauenfeld, Luzern, St. Gallen, Winterthur und Zürich.

560 Seiten, geb. | ISBN 978-3-0369-5542-1 | SFr. 35.90

Am 15. Juli 1988, Emma und Dexter sind noch zwanzig, verbringen sie die erste gemeinsame Nacht. Wo werden sie an genau diesem Tag ein Jahr später stehen? Und wo in den zwanzig darauffolgenden Jahren? Werden sie sich weiterhin immer gerade knapp verpassen? »Großartig, packend, klug und unwahrscheinlich lesenswert!« Nick Hornby

Impressum Herausgeber: Orell Füssli Buchhandlungs AG, Dietzingerstrasse 3, Postfach, 8036 Zürich Gesamtherstellung: Media Tune AG, Zürich Redaktion: Walkwerk GmbH, Zürich Gestaltung: Strichpunkt GmbH, Winterthur Foto Cover: Alexander Egger, www.eggerx.ch

books – Oktober 09 – 3 www.keinundaber.ch


I

Inhalt

Seite 16 Peter Stamm Mit «Sieben Jahre» wagt sich Peter Stamm einmal mehr in die Keimzelle des gesellschaftlichen Lebens vor, dort wo Beziehungen zwischen Frauen und Männern unterdrückte Sehnsüchte und Widersprüche auslösen. Ein Interview.

Seite 8 Schwerpunkt

Menschen

8

20 Schweizer Buchpreis.

Yangzom Brauen und die Geschichte dreier Frauen aus Tibet. In «Eisenvogel» erzählt die Schauspielerin, wie ihre Grossmutter aus Tibet flüchtete, wie sich ihre Mutter in Indien in einen Schweizer verliebte und wie sie selbst als Schauspielerin in Hollywood erfolgreich Filme dreht.

14 China ist Ehrengast an der Frankfurter Buchmesse. Alice Grünfelder erklärt, warum chinesische Literatur unter die Haut geht und spricht von den verhängnisvollen Verstri- ckungen des Einzelnen mit dem Staat.

4 – books – Oktober 09

Alle fünf nominierten Bücher dieses Jahres. 23 Wie Margrit Schriber der «Hässlichsten Frau der Welt» Gerechtigkeit widerfahren lässt. 50 Kolumne: Milena Moser und die lesenden Männer.


Seite 24

Seite 46

Margaret Atwood

Die Schreibschule

Auf den Mars fliegen, durch die Jahrhun-

Jeder kann schreiben. Milena Moser,

derte reisen oder einem anderen Menschen

Sibylle Berg und Anne Wieser sind

ins Leben blicken: In der Literatur ist das

«Die Schreibschule» und bieten Kurse

möglich. Margaret Atwoods neuer Roman

an für alle, die gerne schreiben.

HUZ 4LLY

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«Das Jahr der Flut» zeigt die Welt nach einer Pandemie … Tim Krohn, Ans Meer. Roman Verlag Galiani Berlin 304 Seiten, ISBN 978-3-86971-002-0 19,95 Euro ( D ) / 36,90 sFr

Leben

Bücherwelt

31 Rettet die Schweizer!

42 Die Schweiz von Gotthelf bis Suter. Die

Über die schwierigen Beziehungen

Orell Füssli Filiale im Zürcher Nieder-

zwischen Deutschen und Schweizern.

dorf setzt einen neuen Fokus auf Bücher aus und über die Schweiz.

32 Eifersucht, Gier, Verzweiflung und Leidenschaft sind die klassischen Mordmo-

43 Die liebsten Bücher von Salomé Mangles.

tive in einem Krimi. Im wahren Leben führen dagegen die unglaublichsten Wege in die Illegalität. Kenner der

44 Wenig dran – viel drin. Ein Überblick über die aktuellsten E-Reader.

Unterwelt erzählen. 48 Von Margaret Atwood bis Yangzom 36 20 Jahre Mauerfall. Linus Reichlin hat

Brauen: Der OF-Veranstaltungskalender.

sich in Berlin auf Spurensuche gemacht. 49 Das books-Kreuzworträtsel. 40 Stilvoll geniessen? Bars und Drinks sind wieder in. Wir sagen, was es zu beachten gibt und verlosen Eintritte für die «Lange Nacht der Hotelbars».

»Eine Art Schweizer Abbitte« Tages-Anzeiger

»Vor Erzählkunst und Sprachwitz sprühend« Die NZZ über Tim Krohn In ihrer Jugend hat Anna, eine junge Psychologin, durch eine Dummheit die Familie ihrer besten Freundin Josefa zerstört. Als beide sich zwölf Jahre später treffen und Josefa kurz darauf unerwartet stirbt, kommen alte Schuldgefühle wieder hoch. Zudem hinterlässt Josefa einen zehnjährigen Sohn. Anna bemüht sich, den Jungen für sich zu gewinnen. Ein Roman über Fehler und Verzeihen, Neubeginn, Träume und Hoffnungen.

www.galiani.de books – Oktober 09 – 5


F

Faits divers

Chronik der Krise Wo geht das Geld hin, wenn es verschwindet? Dieser Frage geht Peter Schneider in einem klugen Essay nach. Sein «Versuch über die Finanzkrise und die Wirklichkeit der Realität» wird begleitet von 49 Zeichnungen von Noyau zur Finanzkrise. Böse, aber treffende Momente einer globalen Empörung von Madoff bis zu den Banker-Boni. Die Zeichnungen von Noyau sind noch bis Mitte Oktober bei Orell Füssli im Kramhof in Zürich ausgestellt. Die Chronik der Krise, CHF 25.90, Walde+Graf, ISBN 978-3-03774-000-2

BuchhandelsVokabular

Blindband Hörbücher kann man hören – und Blindbände? Die kann man füllen, denn ein Blindband ist nichts anderes als ein leeres Buch. Das heisst, eigentlich nur fast. Denn als Blindband wird auch ein Dummy bezeichnet, ein Buch also, das zwar bereits einen richtigen Umschlag hat, innen aber noch leer ist. Blindbände werden häufig an Messen ausgestellt – und deutlich weniger geklaut als richtige Bücher. Die wohl bekanntesten Blindbände oder – ganz profan – Notizbücher sind jene von Moleskine, sie berufen sich auf eine lange Reihe von Schriftstellern, die sie benutzt haben. Eine grosse Auswahl davon finden Sie in allen Orell Füssli-Filialen.

Hotlist.

Unabhängige deutschsprachige Verlage haben ihre eigene «Hotlist» der besten Bücher lanciert. Dies als Gegenvorschlag zur offiziellen Longlist für den deutschen Buchpreis. Orell Füssli unterstützt die Initiative. Mehr dazu auf www.books.ch.

And the winner is…

Herzlichen Glückwunsch! In der zweiten Ausgabe von books haben wir Gutscheine verlost. Das sind die Gewinner: 1. Preis: Verena Lukas, Winterthur 2. Preis: Isabel Müller, Bern 3. Preis: Willy Hew, Zürich Die Gewinner der Preise 4–10 werden schriftlich benachrichtigt.

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Namen Dan Brown Am 14. Oktober erscheint der neue Thriller von Dan Brown, «Das verlorene Symbol», auf Deutsch. Die englische Ausgabe ist bereits am 15. September erschienen. Erst dann aber haben die insgesamt 46 lizenznehmenden Länder das Original-Manuskript erhalten. Um die deutsche Übersetzung termingerecht auf den Markt zu bringen, werden im Verlagshaus Lübbe zeitgleich sechs Übersetzer die rund 600 Seiten des Original-Manuskriptes übersetzen; parallel wird lektoriert. Die Startauflage von 800’000 Exemplaren wird gleichzeitig auf mehrere Druckereien verteilt; in einem logistischen Kraftakt erfolgt dann die Auslieferung zum 14. Oktober 2009.

Träume von Flüssen und Meeren Der neue Roman von Tim Parks

Boris Zatko Er kann nicht nur zeichnen, sondern auch schreiben. Der Books-Cartoonist Boris Zatko legt mit «Anna Fink. Die Fanfare des Königs» den ersten Teil einer Fantasy-Trilogie vor. Es geht um das Rätsel einer geheimnisvollen Erbschaft, die Anna und ihre Mutter antreten. Schon bald ahnt Anna, dass sie in eine dunkle Verschwörung geraten sein muss. Als sie den merkwürdigen Ereignissen auf den Grund geht, wird ihr Verstand auf eine harte Probe gestellt.

Asterix. Beim Teutates! Asterix feiert seinen 50. Geburtstag. Am 22. Oktober erscheint zu diesem festlichen Anlass das neue Asterix-Album, es ist der Band 34. Am 29.Oktober 1959 warf Asterix seinen ersten Blick aus einem Comicpanel in der französischen Zeitschrift Pilote, und in den folgenden Jahren wurde er zu einer der populärsten Comicfiguren der Welt. Das erste Album «Astérix le Gaulois» ist 1961 in Frankreich mit einer Startauflage von 6000 Exemplaren erschienen. 1979 erscheint mit dem Band «Asterix bei den Belgiern» (Astérix chez les Belges) die letzte gemeinsame Arbeit von Albert Uderzo und René Goscinny; Goscinny ist zwei Jahre zuvor gestorben. Ein Jahr später erscheint «Der grosse Graben», das erste Album, bei dem Albert Uderzo sowohl für Text als auch Bilder verantwortlich zeichnet. Bis heute wurden weltweit über 310 Millionen Asterix-Bände verkauft. Die Asterix-Abenteuer wurden in mehr als 100 Sprachen und Dialekte übersetzt. Troubadix übrigens heisst in Frankreich Assurancetourix und in Holland Kakofonix.

»Kraftvoll, unerhört intelligent: ein doppelbödiger Roman, der einen nicht mehr loslässt.« The Times

512 S., SFr 45,90; 978-3-88897-579-0

verlag antje

books books – Oktober – April 09 – 7 kunstmann www.kunstmann.de


S

Schwerpunkt Text: Martin Walker – Fotos: Alexander Egger

Drei starke Frauen Die Schweizer Schauspielerin Yangzom Brauen bewegt sich leicht zwischen den Welten, ist international bekannt und politisch aktiv. In «Eisenvogel» erzählt sie die Geschichte dreier Frauen, die von Tibet über die Schweiz bis nach Hollywood führt. Es ist ihre Geschichte, die ihrer Grossmutter und ihrer Mutter. 8 – books – Oktober 09


Es war eine beschwerliche Reise, die Kunsang Wangmo mit ihrem Mann und ihren zwei Töchtern unternommen hat: zu Fuss von Tibet über den Himalaja nach Indien. China war 1950 in Tibet eingefallen. Der Dalai Lama flüchtete 1959, Kunsang Wangmo tat es ihm nach reiflicher Überlegung gleich. Sie war Nonne, ihr Mann war Mönch – sie machten sich auf in eine ungewisse Zukunft. Eine Zukunft, die ihr Mann und die jüngere Tochter nicht mehr erleben konnten. Eine Zukunft aber auch, die sie – wie viele Tibeter – schliesslich in die Schweiz führen sollte. Allerdings nicht, wie bei tausend anderen durch Vermittlung des Roten Kreuzes, sondern durch die Liebe ihrer Tochter Sonam zum jungen Schweizer Ethnologen Martin Brauen, der sie in Indien kennen und lieben gelernt hat. «Ich wollte schon seit langem die Geschichte meiner Grossmutter und meiner Mutter festhalten», erklärt Yangzom Brauen. Konkret wurde es erst letztes Jahr, als am 10. März 2008 die Unruhen in Tibet ausbrachen und Yangzom durch ihr politisches Engagement für Tibet zu Talk Shows und Interviews eingeladen wurde. «Da wusste ich, dass es die richtige Zeit ist, ein Buch über drei Generationen tibetischer Frauen zu schreiben. Ein Buch über das alte Tibet, das sich zu einem neuen verändert hat, richtigerweise müsste ich sagen: zwei neuen Tibets, denn da ist einmal das eigentliche Tibet ‚auf dem Dach der Welt’, andererseits das Tibet der Exilierten. Anhand von drei Generationen werden Tradition und Wandel unter Tibeterinnen und Tibetern sichtbar gemacht.» Das Projekt «Eisenvogel» war ein Teamwork mit der ganzen Familie. Besonders die Gespräche mit der Grossmutter seien intensiv gewesen, da sie auf keinen Fall etwas falsch verstehen und wiedergeben wollte, erinnert sich Yangzom. Einige wenige Dinge, habe Mola (das ist tibetisch für Grossmutter) für sich behalten, gewisse Meditationen, die sie in der Einsiedelei praktizierte. «Das respektiere ich», sagt die Enkelin, «diese Dinge werden wohl immer ein Geheimnis bleiben.» Aber auch ihre Mutter Sonam habe anfangs etwas Angst, aber auch Respekt vor dem Riesenprojekt gezeigt, Angst ihr Inneres nach aussen zu drehen. Letztlich aber war die ganze Familie von der Notwendigkeit des Buches überzeugt.

Vom Taka-Tuka-Land aufs Dach der Welt Yangzom Brauen, 1980 geboren, verlebte, wie sie selber sagt, eine unbeschwerte «Pippi-Langstrumpf-Kindheit» in der Ostschweiz, später in Bern. Tibet war jedoch immer präsent: Ihre Grossmutter kam auch in der Schweiz täglich ihren Verpflichtungen als buddhistische Nonne nach. Für sie ist es unverzichtbar, dass ihre Tradition in Yangzom weiterlebte, sie hält es für essenziell für das Karma ihrer En-

kelin, dass diese traditionelle tibetische Gebete beherrscht und in den alten heiligen Schriften lesen kann. Aber auch Mutter Sonam pflegte ihre tibetischen Wurzeln und wurde zu einer erfolgreichen Unternehmerin – «Sonam’s Tsampa», die traditionelle tibetische Speise aus geröstetem Weizenmehl, wird international vertrieben. Heute ist sie Künstlerin, lebt in New York, wo Martin Brauen als Chefkurator des Rubin Museum of Art arbeitet. In den Achtzigerjahren, als die chinesischen Behörden der «Autonomen Region Tibet» die Einreisebestimmungen für Touristen und Exiltibeter lockerten, gab es kein Halten mehr und das ferne Tibet sollte auch für Yangzom Wirklichkeit werden. Gemeinsam unternimmt die Familie Brauen eine Reise nach Tibet, besucht Molas Heimatdorf

«Anhand von drei Generationen werden Tradition und Wandel unter Tibeterinnen und Tibetern sichtbar gemacht.» Pang. Eine aufregende, abenteuerliche neue Erfahrung für die kleine Yangzom und ihren Bruder Tashi. «Diese Zeit in Tibet war auch für uns Kinder gross und bedeutsam, weil wir das erste Mal spürten, dass es die Kultur, von der wir immer gehört hatten, und die Sprache, die wir immer lernen sollten, wirklich gab», schreibt sie in «Eisenvogel» und lässt die Leser teilhaben an der Wiedersehensfreude, aber auch am Leid in Anbetracht der Bekannten und Verwandten, die nicht mehr sind.

Politisch aktiv Yangzom Brauen setzt sich aktiv für die Sache der Tibeter ein. Auch wenn die Auftritte nicht mehr so spektakulär sind wie derjenige in Moskau, wo sie als Präsidentin der «Tibeter Jugend in Europa» verhaftet wurde, als sie gegen die Olympischen Spiele in Peking protestierte. Die Hoffnung, dass die Spiele zu einer Verbesserung der Lage in China führen würden, hat sich zerschlagen. Die Situation in Tibet könne sich nur entwickeln, meint Yangzom Brauen, wenn die Regierung Chinas sich ändere und eine wahrhafte Demokratie entstehe. «Dies ist bestimmt ein langer Weg, der auch Tibet Vorteile brächte.» Allerdings geben die momentanen Vorkommnisse wenig Grund zur Hoffnung. Yangzom weiss: «Die Grenzgebiete zu China sind am schlimmsten betroffen, auch sind Kontakte zu Verwandten im Ausland nicht ohne Konsequenzen, die Telefongespräche werden überwacht. Im Moment haben wir keinen Kontakt zu Familienangehörigen.»

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Schwerpunkt «Eisenvogel». Ein Rückgriff, den Yangzom Brauen auch tief in die Zukunft führt. So spielte sie in der HollywoodProduktion «Æon Flux», in «Salomaybe» unter der Regie von Al Pacino und ist jetzt gerade im ersten Schweizer Sciencefiction-Film «Cargo» zu sehen. Seit September läuft «Cargo» in den Schweizer Kinos. Warum soll man hingehen? «Ich finde es genial, dass die Schweiz ihren ersten Sciencefiction-Film produziert. Nicht nur Amerika kann dies, sondern auch die kleine Schweiz mit ihren vielen Talenten. Und davon sollen sich möglichst viele selbst überzeugen!» Sie haben zum einen Bezug zu einer uralten Religion und vielen Leben, zum anderen spielen Sie auch in Filmen, die in der Zukunft spielen. Wie behalten Sie den Überblick? «Ich liebe Gegensätze, Unterschiede und die Vielfalt. Dadurch verliere ich den Überblick nicht, es bereichert mich und lässt meiner Fantasie freien Lauf.»

Yangzoms persönliche Zukunft freilich hält weiterhin spannende Projekte bereit. Und wer weiss, vielleicht bleibt es nicht nur bei einem Buch, obwohl Yangzom noch nicht daran denkt. «Zuerst bin ich gespannt wie den Lesern mein erstes Buch gefällt und wie die Feedbacks sind. Ich kann mir grundsätzlich etwas Neues vorstellen, vielleicht ein Drehbuch?» Was wünscht sich Yangzom von ihren Leserinnen und Lesern? «Erstens dass sie sich auf die drei verschiedenen Generationen einlassen, zweitens dass sie sehen, dass man auch nach grossen Schicksalsschlägen bis ins hohe Alter ein durch und durch positiver Mensch bleiben kann, und drittens dass ihnen mein Buch etwas auf ihrem eigenen Weg mitgibt.»

«Ich liebe Gegensätze, Unterschiede und die Vielfalt» Yangzom Brauen entwickelte bereits als Kind einen Hang zum Theater – der Gang an die Schauspielschule in Bern war fast ein zwangsläufiger. Aber erst nach dem Abschluss, nach Engagements in Deutschland und in Hollywood, erkannte Yangzom Brauen, dass ihre Schauspielerei auch etwas mit ihren Wurzeln zu tun hat. «Ich musste mit meinen Gefühlen eine Generation zurückgehen, auf meinen tibetischen Teil zurückgreifen», schreibt sie in ihrem Buch

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Sie schreiben mit Bezug auf Filmrollen, Sie seien im Westen zu östlich und im Osten zu westlich, wie gehen Sie damit um? «Zu Beginn meiner Laufbahn als Schauspielerin war dies nicht einfach, da ich mich weder in der Schweiz noch in Deutschland als Ausländerin sah. Doch langsam musste ich einsehen, dass ich offenbar zu exotisch bin. Ich bin in meinem eigenen Heimatland eine Fremde. Mir fällt auch auf, dass es im Schweizer Fernsehen keine schwarze oder farbige Nachrichtenmoderatoren gibt, und anders aussehende Menschen sind im TV eine Ausnahme. Es wird wohl noch ein paar Jahre dauern, bis sich dies verändert. In Amerika ist dies schon ganz normal und nicht wegzudenken. Mit Obama als erstem (halb)schwarzen Präsidenten können wir etwas von den Amerikanern lernen.» Wie unterscheidet sich Kino in der Schweiz von Kino in Hollywood? «Die Hirarchie ist in Amerika viel stärker ausgeprägt und somit sind die Arbeiter eingeschüchterter und ängstlicher. Die Studios in Hollywood sind riesig, die Crews in Amerika sind meist siebenmal grösser als in der Schweiz. Das Catering am Set ist sehr vielfältig, von fettloser Milch über Reismilch, von Vitamin C bis zu Aspirin, von Veganerkost bis zu Steaks gibt es alles. Dies habe ich nur bei amerikanischen Sets miterlebt.» Buddhismus ist en vogue, auch unter Schauspielerkollegen. Stört Sie das oder freut Sie das? «Scheinbar hilft es den Menschen im Westen, weshalb sollte mich das stören? Manchmal erscheint mir das als allzu esoterisch, doch ich sage mir immer, solange es nie-


Tibet im Überblick

Sibylle Berg »Eine Liebesgeschichte zwischen besserem Wissen, Lebenserfahrung und Hoffnung. Zynisch, melancholisch und zart, ein brutal ehrlicher Roman.« Felicitas von Lovenberg Frankfurter Allgemeine Zeitung

312 Seiten. Gebunden. sFr 34,90* www.hanser-literaturverlage.de

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Foto: © Katja Hoffman. * unverb. Preisempfehlung des Verlags

«Für uns Kinder war Lhasa nicht enttäuschend oder traurig, sondern eine aufregende neue Erfahrung.» (aus «Eisenvogel»)

1935 Geburt von Tenzin Gyatso, des 14. Dalai Lama. 1949 Gründung der Volksrepublik China unter Mao Zedong. 1950 Chinesische Invasion Osttibets. Der 15-jährige Dalai Lama wird vorzeitig ins Amt gesetzt. 1951 Unterzeichnung des «17-Punkte-Abkommen» zur friedlichen Befreiung Tibets. 1954 Der 14. Dalai Lama lässt sich in Peking zum Stellvertretenden Vorsitzenden des Ständigen Ausschusses des Nationalen Volkskongresses wählen. 1956 In den osttibetischen Provinzen Kham und Amdo kämpfen tibetische Rebellen gegen die chinesische Besatzung; die Militärpräsenz wird verstärkt. 1959 Am 10. März bricht in Lhasa ein Aufstand der Tibeter gegen die chinesische Besatzung los. Zehntausende Tibeter sterben. Der Dalai Lama flüchtet am 17. März nach Indien. 1965 Formelle Gründung der Autonomen Region Tibet innerhalb der Volksrepublik China. 1967–1976 Während der Kulturrevolution werden gegen 6000 buddhistische Klöster und Tempel zerstört. Hunderttausende Tibeter sterben oder verschwinden. 1979–1989 Liberalisierungswelle unter Deng Xiaoping. Religiöse Freiheiten werden wieder eingeführt, Klöster renoviert und Mönche ausgebildet. 1989 Der 14. Dalai Lama erhält den Friedensnobelpreis. 2001 Protest der Tibeter Jugend in Moskau gegen die Vergabe der Olympischen Spiele nach Peking. 2007 Die neue Eisenbahnlinie Peking–Lhasa nimmt den Betrieb auf. 2008 Demonstrationen anlässlich des 49. Jahrestages des Aufstands von 1959 in Lhasa.


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Schwerpunkt mandem was zu Leide tut, kann der Mensch glauben und praktizieren, was er für sich gut findet. Sobald Menschen psychisch oder körperlich verletzt werden, dann jedoch ist die Grenze der Toleranz überschritten.» Welche Rolle spielt denn Religion in Ihrem Leben? «Ich schaue den Buddhismus mehr als eine Philosophie an. Ich bin mit dem Buddhismus gross geworden, doch bin ich keine praktizierende Buddhistin in dem Sinne, dass ich in ‚Retreats’ gehe oder mich jeden Morgen für eine halbe Stunde hinsetze und meditiere. Meine Praxis sieht anders

Ich schaue den Buddhismus mehr als eine Philosophie an. aus. Ich versuche sie in meinem Alltag einzubauen, meine Gedanken kontrolliere, analysiere und positiv umzusetzen versuche, wenn sie ins Negative zu stürzen drohen, alles Dinge welche zu meistern schwierig sind, auch wenn dies einfach tönt. Das ist meine alltägliche Religion.» Wie sehen Ihre weiteren Filmpläne aus? «Ich habe eine Websoap produziert wo ich selber auch mitwirke. ‚Hallo Hollywood’ heisst sie. Darin gebe ich sechs Schweizer SchauspielerInnen die Chance ein halbes Jahr nach Hollywood zu kommen und ihren Traum zu verfolgen. Der Zuschauer wird in dieser Reality Show das wirkliche Hollywood erleben. Auch drehe ich für Lang Film unter der Regie von Lorenz Keiser und Jean-Luc Wey den Kinofilm »Länger Leben», und dann gibt es noch ein paar andere Projekte, die noch nicht spruchreif sind.»

Drei Frauen im Interview auf www.books.ch/brauen Mehr von Yangzom Brauen finden Sie im Internet auf www.books.ch. Ein exklusives Interview mit den drei Frauen aus Tibet und ein Film-Mitschnitt einer Lesung. Erleben Sie Yangzom Brauen live: Lesung am 24. Oktober, Orell Füssli Kramhof, Füsslistrasse 4, 19 Uhr, Eintritt frei.

Eisenvogel . Drei Frauen aus Tibet – die Geschichte meiner Familie Yangzom Brauen CHF 36.90 Heyne ISBN 978-3-453-16404-8 12 – books – Oktober 09

Yangzom Brauens Buchtipps «Woeser ist eine mutige tibetische Schriftstellerin und Bloggerin, die in China lebt und deren Werke in China verboten sind. Doch sie fährt damit fort, von ihrem kleinen Appartement in Beijing aus Gedichte, Aufsätze und Berichte über die derzeitige Situation in Tibet zu verfassen. Sie steht unter ständiger Aufsicht durch die Polizei. Etliche von Woesers Gedichten, die ursprünglich auf Chinesisch verfasst wurden, sind nun in englischer Übersetzung in einem Buch mit dem Titel «Tibet’s True Heart» (Ragged Banner Press) erhältlich. Und wer sich für die faszinierende Welt des Mandala interessiert, dem empfehle ich das Buch «Mandala», das von meinem Vater geschrieben wurde … Er ist eben mein grosses Vorbild.» Exil Schweiz. Tibeter auf der Flucht. 12 Lebensgeschichten Christian Schmidt (Text) und Manuel Bauer (Fotografien) CHF 44.90 Limmat Verlag ISBN 978-3-85791-574-1 Mandala – Sacred Circle in Tibetan Buddhism Viele per Computer erstellte Modelle beschreiben den Aufbau von Mandalas und ihre Struktur und veranschaulichen in verständlicher Weise diese komplexe Form der tantrischen Praxis. Martin Brauen CHF 65.00 Arnoldsche, Hardcover mit Text in Englisch. ISBN 978-3-89790-305-0


Buchtipps

B

Die Erfindung des Lebens

Herr Adamson

Hanns-Josef Ortheil

Urs Widmer

In seinem autobiographisch inspirierten Roman erzählt Hanns-Josef

Es ist Freitag, der 22. Mai 2032. Einen Tag nach seinem 94 Geburtstag

Ortheil die Geschichte eines jahrelang stummen Kindes, dessen Eltern im

sitzt ein Mann in einem üppig blühenden Garten – es ist der Paradiesgar-

Krieg und in der Nachkriegszeit vier Söhne verloren haben. Zusammen

ten seiner Kindheit – und spricht seine Geschichte mit Herrn Adamson

mit der ebenfalls stummen Mutter wächst es in einer künstlichen Schutz-

auf Band. Er erzählt sie uns, aber vor allem Annie, seiner Enkelin. Und

zone auf, aus der es sich erst langsam

er wartet – auf ebendiesen Herrn Adam-

durch das Klavierspiel und den unor-

son, den er seit seinem achten Lebens-

thodoxen Sprachunterricht des Vaters

jahr nicht mehr gesehen hat. Es war

befreien kann. Doch die Befreiung ist

eine seltsame Begegnung. Ein Blick in

schmerzhaft. Sie führt den Jungen auf

Bereiche, die den Lebenden sonst ver-

lange, einsame Reisen durch Deutsch-

borgen bleiben. Ein grandioses Buch,

land und schliesslich nach Rom. Nach

das mit seiner Vitalität und Lebensfreu-

der Rückkehr nach Deutschland macht

de zu bannen weiss, was der Skandal

ihm ein früherer Lehrer den faszinieren-

eines jeden Lebens ist: der Tod.

den Vorschlag, es mit dem Schreiben zu versuchen.

CHF 41.90

R

592 Seiten

CHF 34.90

R

208 Seiten

Luchterhand Literaturverlag

Diogenes Verlag

ISBN 978-3-630-87296-4

ISBN 978-3-257-06718-7

War meine Zeit meine Zeit

Die Karte meiner Träume

Hugo Loetscher

Reif Larsen

Ein Junge sitzt an einem Fluss und lässt ein Holzschiffchen zu Wasser,

T. S. Spivet ist zwölf Jahre alt und ein genialer Kartograph. Denn er weiss

ein rasch davontreibender Bote, der ankündigt: Einer kommt nach. Der

genau, dass nichts von Dauer ist. Der Whiskykonsum seines Vaters wird

Junge ist zum Mann und zum Schriftsteller geworden. Und er ist nach-

ebenso in Diagrammen festgehalten wie die Anatomie von Glühwürm-

gekommen: Auf den Spuren des Schiffchens verschlug es ihn von der

chen. Inmitten seiner merkwürdigen Familie lebt er auf einer Ranch in ei-

Zürcher Sihl bis zum Nil, zum Amazo-

nem flachen Tal in Montana. Doch eines

nas oder zum Yangtse. Geblieben ist

Nachts begibt sich T. S. auf die Reise

ihm das Staunen über die Vielgestal-

nach Washington und damit in ein un-

tigkeit der Welt, gepaart mit dem Blick

glaubliches Abenteuer. Ein witziger und

für das überraschend Gemeinsame in

sehr bewegender Roman über Freund-

dieser Vielfalt. In seinem letzten Werk

schaft, Kindheit, Schuld und über Zu-

zieht Hugo Loetscher Bilanz. Die Stoffe

hausesein, mit dem sanften Schimmer

und Themen seines Lebens und seines

eines alten Hollywood-Films und doch

Werks entfaltet er zu einer weltumspan-

auf einzigartige Weise neu.

nenden Autogeographie, der Entwicklungsgeschichte eines globalen Bewusstseins.

CHF 39.90

R

416 Seiten

CHF 41.90 460 Seiten

Diogenes Verlag

S. Fischer Verlag

ISBN 978-3-257-06716-3

ISBN 978-3-10-044811-8

S = Sachbuch

R = Roman

D = DVD

K = Kinderbuch

R

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S

Schwerpunkt

Verhängnisvolle Verstrickungen Chinesische Literatur geht unter die Haut. Dies soll keineswegs als Floskel vorweg geschickt werden, sondern auf die Vehemenz vorbereiten, mit der hier Schicksale beschrieben werden – oder vielmehr die verhängnisvollen Verstrickungen des Einzelnen mit dem Staat. Text: Alice Grünfelder Foto: istockphoto

Der chinesische Staat ordnete 1966 unter Mao die Kulturrevolution an, der unzählige Menschen zum Opfer fielen. So auch der Vater in «Brüder» von Yu Hua. Zunächst wird aus der Perspektive der beiden Kinder erzählt, wie der Vater die Familie mit seinem Humor zusammenhält, später aber wegen einer unbedachten Äusserung seines Sohnes verhaftet, gefoltert und schliesslich auf dem Vorplatz

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des Busbahnhofs wie ein Stück Vieh totgeschlagen wird. Solcherart Grausamkeiten prägten ganze Generationen und hebelten sämtliche moralischen Grundwerte aus. Und nur so lässt sich der zweite Teil des Romans verstehen, wo der Autor mit einem Zerrbild Chinas aufwartet. Die Verrohung der chinesischen Gesellschaft ist nur eine Folge dieser politischen Tragödie in den Sechzigerjahren. Die in Berlin lebende und mit dem Adelbert-von-ChamissoPreis ausgezeichnete Autorin Luo Lingyuan weiss darüber in ihrem Œuvre facettenreich und eindringlich zu berichten. Angefangen bei «Du fliegst jetzt für meinen Sohn aus dem fünften Stock» bis hin zu «Die Sterne von Shenzhen» zeichnet sie ein schillerndes Kaleidoskop der chinesischen Gesellschaft. Wenngleich die Kulturrevolution mit

ihren Folgen in vielen Werken, die zur diesjährigen Buchmesse vorgelegt werden, ein immer wiederkehrendes Motiv ist – wie beispielsweise in «Von Mao zu Bach» von der Pianistin Zhu Xiao-Mei oder in «Die Sterblichen»

Die Verrohung der chinesischen Gesellschaft ist nur eine Folge dieser politischen Tragödie in den Sechzigerjahren. von Li Yiyun –, so begannen die politischen Drangsale doch schon viel früher. Eileen Chang, hierzulande bekannt durch die Verfilmung ihrer Erzählung «Lust und Begierde» von Ang


Lee, beschreibt in «Das Reispflanzerlied» wie sich die Landreform in den Fünfzigerjahren ausgewirkt hatte. Kommunale Abgaben wurden brutal durchgesetzt, und dumme Beamtenwillkür führte dazu, dass unzählige Intellektuelle in Arbeitslagern verschwanden. Nur wenige überlebten, wie Yang Xianhui in «Die Rechtsabweichler von Jiabiangou» zu erzählen weiss. Er suchte die letzten Überlebenden eines Arbeitslagers im Nord-

die hygienische Vorsichtsmassnahmen vollkommen vernachlässigten. Der Grossvater, einst zum Dorfchef ernannt, ist ratlos. Zumal sein eigener Sohn mit dem Bluthandel – und später mit dem illegalen Geschäft mit Särgen – zu unbeschreiblichem Reichtum gelangt. Schliesslich infiziert sich der andere Sohn, dem aber noch eine zärtliche Liebe mit einer ebenfalls kranken Frau beschieden ist. Wieder ist es die Liebe, die die Passivität

Wieder ist es die Liebe, die die Passivität und Hörigkeit der Dorfgemeinschaft überstrahlt. westen Chinas auf und tarnte deren Berichte als Kurzgeschichten, um sie an der Zensur vorbeizuschmuggeln. Ist es Starrköpfigkeit oder blinder Optimismus, der den Einzelnen angesichts solcher Ungerechtigkeiten nicht verzweifeln lässt? Diese Frage drängt sich vor allem auf beim Roman «Die Knoblauchrevolte» von Mo Yan, einem der bedeutendsten Autoren Chinas. Bauern werden um ihre Ernte gebracht, sie revoltieren gegen korrupte Beamte, und schliesslich geht eine Kreisbehörde in Flammen auf – vor diesem Hintergrund entwickelt sich die wohl stärkste Liebesgeschichte der Weltliteratur. Nicht die Schläge ihrer Brüder, nicht die Misshandlung durch die Eltern können den Bauern Gao Ma und die Tochter eines brutalen Wüstlings auseinanderbringen. Zäh halten sie an ihrem kleinen Glück fest. Yan Lianke beschreibt in «Der Traum meines Grossvaters» – einem auf Tatsachen basierenden Roman über einen Aids-Skandal in den Neunzigerjahren, der in China vertuscht wird – die skandalösen Auswüchse des Bluthandels. Das Fieber, das sich bald als Aids herausstellte und ein ganzes Dorf heimsuchte, wurde von raffgierigen Bluthändlern verursacht,

und Hörigkeit der Dorfgemeinschaft überstrahlt. Der Grossvater hingegen befreit sich durch einen Mord von der unseligen Verstrickung mit seinem Sohn. So viel Aktionismus ist allerdings eher selten. Und erneut steht man vor der Frage, wie viel Menschen eigentlich aushalten können? Nie geht es um den Kampf des Einzelnen gegen die Übermacht des Kollektivs, vielmehr geht es darum, wie man sich arrangieren kann, um zu überleben – wenngleich mit wechselndem Erfolg. Und nie sind die Figuren völlig verzagt, immer flammt irgendwo ein Fünkchen Hoffnung auf, das sie am Leben hält. Und dieses Geheimnis der chinesischen Literatur gilt es zu entdecken.

Buchtipps zum Thema Die chinesische Delegation CHF 25.90 ISBN 978-3-423-24565-4 Du fliegst jetzt für meinen Sohn aus dem fünften Stock CHF 24.90 ISBN 978-3-423-24451-0 Nachtschwimmen im Rhein CHF 24.90 ISBN 978-3-423-24629-3 Die Sterne von Shenzhen CHF 25.90 ISBN 978-3-423-24689-7 Luo Lingyuan Alle bei dtv als Taschenbuch Die Knoblauchrevolte Mo Yan CHF 22.90, ISBN 978-3-293-20454-6 Unionsverlag Dramatische Ereignisse in einem Dorf spitzen sich zu, wo bleibt die Gerechtigkeit? Der Traum meines Grossvaters Yan Lianke CHF 41.90, ISBN 978-3-550-08749-3 Ullstein Verlag Roman über einen Aids-Skandal, der bis heute vertuscht wird. Die Rechtsabweichler von Jiabiangou Yang Xianhui, ISBN 978-3-518-12591-5 CHF 30.90 Edition Suhrkamp Brüder Yu Hua CHF 45.90, ISBN 978-3-100-95803-7 S. Fischer Verlag Brückenschlag von der Kulturrevolution zum modernen China Die Sterblichen Li Yiyun CHF 37.90, ISBN 978-3-446-23421-5 Hanser Verlag

Das Reispflanzerlied Eileen Chang CHF 36.90 Claassen Verlag

Von Mao zu Bach Zhu Xiao-Mei CHF 36.90, ISBN 978-3-888-97557-8 Kunstmann Verlag

books – Oktober 09 – 15


M Menschen Interview: Regula Lienin – Foto: Peter Peitsch / peitschphoto.com

Peter Stamm – der Chronist des alltäglichen Wahnsinns Er hat sich die Gunst von Publikum und Kritik erschrieben. Seine Literatur ist ebenso nüchtern und minimalistisch wie sie dem Alltag verpflichtet sind. Seine Geschichten spielen häufig in der Keimzelle des gesellschaftlichen Lebens, dort wo Beziehungen zwischen Frauen und Männern unterdrückte Sehnsüchte und Widersprüche auslösen. 16 – books – Oktober 09


Die wütende Stimme einer Frau, die lautstark ein paar Gäste beschimpft, lässt unser Gespräch stocken. Minutenlang steigert sie sich in repetitivem Wortlaut in eine absurde Anschuldigung, bis sie aus dem Café gewiesen wird. Peter Stamm kennt ähnliche Situationen aus seiner Praktikumszeit in psychiatrischen Kliniken. Sein Studium der Anglistik, Psychologie und Psychopathologie hat er indes nie abgeschlossen, sondern zugunsten des Schreibens aufgegeben. Der 46-jährige Thurgauer hat seit seinem Romandebüt «Agnes» im Jahr 1998 beinahe jährlich ein neues Buch veröffentlicht. Er hat es geschafft, sich gleichermassen in die Gunst des Lesepublikums und der Kritiker zu schreiben. Nebst seinem Erfolg fallen zwei weitere Konstanten auf: Obwohl sich sein Stil weiterentwickelt hat, ist seine Sprache nüchtern und minimalistisch geblieben. Seine Erzählungen und Romane sind fest im Alltag verhaftet und spielen in der Keimzelle gesellschaftlichen Lebens. Es geht fast immer um Beziehungen zwischen Frauen und Männern. Beziehungen, in denen er unterdrückte Sehnsüchte und Widersprüche auslotet. Im neuen Roman «Sieben Jahre» schildert Stamm eine Dreiecksgeschichte. Sie ist raffiniert in eine Rahmenhandlung eingebettet, in welcher der Protagonist von seiner Ehe mit Sonja und seiner Affäre mit Iwona erzählt. Die beiden Frauen könnten unterschiedlicher nicht sein: die eine intelligent und aus gutem Hause, die andere unauffällig

rigkeiten. Was heisst das denn überhaupt? Was wir als Hässlichkeit empfinden, ist oft weniger das Physische, sondern die Haltung einer Person. Iwona ist langweilig, desinteressiert, sie pflegt sich nicht. Das macht sie hässlich.

Wichtig ist für mich beim Schreiben, dass ich Mitgefühl habe mit der Figur.

Was liegt Ihnen eigentlich mehr: Das Schreiben von Erzählungen oder Romanen? Es hat beides seine Vor- und Nachteile. Die Erzählung hat den Vorteil, dass man viel genauer arbeiten kann, weil es ein viel kürzerer Text ist. Bei einem grossen Text gibt es viel mehr technische Probleme zu lösen – da muss man manchmal Kompromisse machen. Andererseits ist es schön, eine lange Geschichte zu erzählen, wo man Platz hat. Ich mache beides gern.

und wenig anziehend. Zunächst ist alles im Lot. Alex baut mit Sonja eine bürgerliche Existenz auf, mit Haus und eigenem Architekturbüro. Bis es nach ein paar Jahren zu einem folgenreichen Wiedersehen mit Iwona kommt. Woher stammt die Idee zur Geschichte, die Sie in «Sieben Jahre» erzählen? Der Ausgangspunkt war das Theaterstück «Iwona, die Burgunder Prinzessin» von Witold Gombrowicz. Darin nimmt sich ein Prinz die hässlichste Frau, weil er eigentlich jede Frau haben kann. Diese Frau liebt ihn, und er wird sie nicht mehr los. Darüber hinaus sind aber auch eigene Erfahrungen und Beobachtungen eingeflossen. Es gibt eine starke Polarität zwischen den weiblichen Hauptfiguren. So ist beispielsweise die eine schön, die andere hässlich. Worin besteht für Sie das Hässliche? Das Hässliche zu beschreiben war eine der grossen Schwie-

Alex ist – wie übrigens auch schon Andreas in «An einem Tag wie diesem» – nicht gerade ein Sympathieträger. Wie reagieren Leser auf diese Figur? Für die einen ist er ein «Tubel», die anderen finden ihn sympathisch. Ein realer Mensch ist nun mal komplex. Meine Figuren sind keine Kunstfiguren. Es sind Menschen wie wir: Sie machen Fehler, haben aber auch liebenswerte Seiten. Die Leute scheinen sich in meinen Büchern zu erkennen. Wichtig ist für mich beim Schreiben, dass ich Mitgefühl habe mit der Figur. Ich kann keine Figur beschreiben, die mir gleichgültig ist. Das erging mir mit den Figuren in «Sieben Jahre» auch so. Sie sind ja alle eine Art Opfer. Apropos Opfer: Iwona könnte die Beziehung zu Alexander beenden. Stattdessen erträgt sie ihre Liebe klaglos und weckt so Assoziationen mit einer Heiligenfigur … Heilige sind Figuren, die mich seit langem interessieren. Nicht die katholischen Heiligen im Speziellen, sondern die Lebenshaltung an sich. Es gibt sie, diese Hingabe an etwas Aussichtsloses, an etwas, das nie eingelöst werden kann. Das fasziniert mich.

Wie autobiografisch sind Ihre Bücher? Grundsätzlich sind sie nicht autobiografisch. Vielleicht sind die Leute in Lebenssituationen, die sich nicht völlig von meinen unterscheiden. Es geht meistens um kreative Leute, die oft unterwegs sind. Ich habe spät angefangen, Auto zu fahren, aber seit ich es kann, fahren auch meine Figuren Auto. Einfach, weil ich das persönlich auch kenne. In meinen früheren Texten kommen fast keine Kinder vor. «Ungefähre Landschaft» ist erschienen, kurz bevor meine Kinder auf die Welt gekommen sind. Wie dort die Frau mit ihrem Kind umgeht, würde ich heute vermutlich anders beschreiben.

books – Oktober 09 – 17


M Menschen Weshalb sind in Ihren Büchern historische Bezüge so rar? In «Sieben Jahre» dienen die Erwähnung des TiananmenMassakers und die VPM-Aktivitäten in erster Linie der zeitlichen Verortung. Ich kann nur über Welten schreiben, die ich kenne. Man kann vieles weiterdenken. Aber das Grundgefühl für etwas muss da sein. Ich würde mich deshalb nie getrauen, über den zweiten Weltkrieg zu schreiben, weil ich nichts auch nur annähernd Vergleichbares erlebt habe. Und wenn einer so tut als ob, wie der junge Amerikaner mit der Nazizeit (Anm. d. Red.: «Die Wohlgesinnten» von Jonathan Littell), dann interessiert mich das eben nicht. Der weiss ja nicht, wie es gewesen ist. Weshalb soll ich das lesen? Aber klar, ich schreibe auch aus der Sicht von Frauen und bin nie eine gewesen … Politik spielt in Ihren Büchern keine Rolle. Oder wie sehen Sie das? Die Tagespolitik ist tatsächlich kein Thema. Aber letztlich geht es schon um Politik – das behaupte ich zumindest immer. Es geht nicht darum, ob ich die Sozialdemokraten wähle, sondern um die Beziehungen zwischen Menschen.

Ich würde mich nie getrauen, über den zweiten Weltkrieg zu schreiben. Die Unterscheidung von Fiktion und Realität ist ein hochpolitisches Thema. Es gibt Leute, die nach den Lesungen auf mich zukommen – da ist beispielsweise diese Frau, die gesagt hat, sie hätte sich von ihrem Mann getrennt, weil sie durch mein Buch erfahren habe, was überhaupt in ihrer Beziehung passiert. In einem gewissen Sinn ist das auch politisch.

Peter Stamm Peter Stamm, 1963 geboren, ist einer der erfolgreichsten Schweizer Schriftsteller der Gegenwart. Er lebt mit seiner Lebenspartnerin und seinen zwei Kindern in Winterthur. «Sieben Jahre» ist sein vierter Roman. Privat liest er vor allem zeitgenössische Literatur, aktuell gerade Judith Hermann und Klaus Merz – und sparsam, aber immer wieder: Werke von Thomas Bernhard.

Mehr von Peter Stamm Wir fliegen. Erzählungen CHF 16.90 Fischer Verlag ISBN 978-3-596-17803-2 War nominiert für den Schweizer Buchpreis 2008 Heidi. Bilderbuch mit Illustrationen von Hannes Binder Hannes Binder CHF 30.90 Nagel & Kimche Verlag 2008 ISBN 978-3-312-00982-4 An einem Tag wie diesem CHF 34.90 Fischer Verlag ISBN 978-3-596-51048-1 Agnes CHF 16.90 Fischer Taschenbuch ISBN 978-3-596-17912-1 Stamms gefeiertes Debüt! In fremden Gärten CHF 14.90 BTB Goldmann ISBN 978-3-442-73244-9 Der Kuss des Kohaku CHF 26.90 Arche Verlag ISBN 978-3-7160-2335-8 Drei Stücke von Peter Stamm Ungefähre Landschaft CHF 15.90 BTB Goldmann ISBN 978-3-442-72995-1

Sieben Jahre Peter Stamm CHF 34.90 Roman, Fischer Verlag ISBN 978-3-10-075126-3

18 – books – Oktober 09

Blitzeis CHF 13.90 BTB Goldmann ISBN 978-3-442-72750-6 Momentaufnahmen einer Generation


Buchtipps

B

Mein Leben ohne Gestern

Die grosse Welt

Lisa Genova

Colum McCann

Alice ist mit ihrem Leben zufrieden. Sie ist glücklich verheiratet, hat drei

1974: Am Morgen eines schönen Augustsommertags starren die Passan-

erwachsene Kinder und beruflich hat sie als Professorin in Harvard Kar-

ten in Lower Manhattan ungläubig zu den Twin Towers hinauf. Fast einen

riere gemacht. Doch plötzlich beginnt sie Termine zu vergessen, verlegt

halben Kilometer über ihnen läuft, springt und tanzt ein Hochseilartist _–

Sachen und verläuft sich beim Joggen. Ein beängstigender Verdacht

ein schwebender Moment von absoluter Freiheit und künstlerischem Tri-

schleicht sich in ihr Leben. Alice erfährt,

umph in einer Stadt des ewigen Überle-

dass sie an einer frühzeitigen Form der

benskampfes. Seine Magie lässt unten

Alzheimer-Krankheit leidet. Machtlos

auf den Strassen in den gewöhnlichen

muss sie zusehen, wie ihre Erinne-

Existenzen das Besondere hervortre-

rungen ihr mehr und mehr entgleiten.

ten. Etwa in Corrigan, dem verrückten,

Bevor es zu spät ist, fasst Alice einen

aufopferungsvollen Iren, der sein Leben

Entschluss ...

den Strassenhuren in der Bronx widmet. Er hat in seinem Kleinbus vor dem Zentralgericht am World Trade Center übernachtet, um zweien seiner Schutzbefohlenen vor Gericht beizustehen.

CHF 32.90

R

320 Seiten

CHF 36.90

R

544 Seiten

Lübbe Verlag

Rowohlt

ISBN 978-3-7857-6016-1

ISBN 978-3-498-04511-1

Emma

Zwischen den Attentaten

Maria Barbal

Aravind Adiga

Emma bricht aus ihrem Leben mit Mann, Tochter, Job und geregelten

Als würde man an einer Erkundung der Stadt Kittur und ihrer Beson-

Verhältnissen aus und lebt fortan auf der Strasse als Grossstadt-Noma-

derheiten teilnehmen, so führt Aravind Adiga in seinem Zyklus von Ge-

din. Sie denkt an den Mann, mit dem sie verheiratet ist, ein Anwalt mit

schichten den Leser durch diese brodelnde fiktive Stadt, die Züge Ban-

politischen Ambitionen, der ihre Affäre mit einem Liebhaber nur unter

galores trägt. Hier werden mit Witz und Furor, Mitgefühl und Humor, Mut

dem Aspekt sieht, ob sie seiner Karrie-

und Leidenschaft Geschichten erzählt,

re schaden könnte. Ihr neues Leben ist

in denen die Gegensätze und der Über-

eine Flucht aus Enttäuschungen, Routi-

lebenswille im heutigen Indien plastisch

ne und Angepasstheit und gleichzeitig

werden. Da ist der zwölfjährige Ziaud-

ein Sprung in einen radikalen Neube-

din, der in einem Teehaus aushilft und

ginn. Die Zeit, die sie jetzt im Überfluss

einen grossen Fehler macht. Da ist ein

hat zum Nachdenken und Schreiben,

Schuljunge, der aus Protest gegen das

öffnet ihr die Augen für die Ursachen ih-

Kastenwesen Sprengstoff zündet. Und

rer Wut und Zweifel ebenso wie für das

da ist George D’Souza, der sich bei der

immense und manchmal zerreissende

reizenden Mrs Gomes zum Gärtner und

Verlangen nach Würde und Glück.

dann zum Chauffeur hocharbeitet.

CHF 32.90

R

156 Seiten

CHF 34.90 384 Seiten

: Transit Buchverlag

C.H. Beck

ISBN 978-3-88747-240-5

ISBN 978-3-406-59270-6

S = Sachbuch

R = Roman

D = DVD

K = Kinderbuch

R

books – Oktober 09 – 19


M Menschen

Schweizer Buchpreis – das sind die Nominierten Wer gewinnt den diesjährigen

Menschen, der aus dem geordneten

senschaftler, experimentiert nicht nur vir-

Schweizer Buchpreis? Wir stel-

Rahmen unserer modernen Gesellschaft

tuos mit Sprache und Stil, er ist auch ein

len die fünf von einer Kritikerju-

fällt – und auf hartem Boden landet.

Meister der Beobachtung: «Hast du die

ry nominierten Bücher und ihre

Denn Anderssein bedeutet immer auch

Beerdigung der Königinmutter gesehen?

Ausgeschlossensein. In «Muster aus

Prinz Philip schnitt eine Grimasse, als

Hans» versteht die in Zürich lebende

müsse er Pferdeurin trinken, während sein

Autorin es einmal mehr, uns eine neue,

Sohn Charles weinte, dass ihm die Tränen

fremde Welt zu eröffnen, die ganz eige-

über die abstehenden Ohren flossen.»

Autoren vor. Eine Shortlist, die es in sich hat. Wer den Schweizer Buchpreis 2009 erhält, wird am 15. November bekanntgegeben.

nen Regeln folgt.

Texte: Alice Werner & Regula Lienin

Eigene Regeln

Muster aus Hans. Ein Bericht.

Mail-Diskurs

Depeschen nach Mailland

Transit

Flughafenfische Angelika Overath CHF 34.90

Jürg Laederach

176 Seiten

CHF 34.90

Luchterhand Literaturverlag

CHF 34.90

187 Seiten

ISBN 978-3-630-87307-7

120 Seiten

Herausgegeben von Michel Mettler

Die Fotografin Elis streift unruhig durch

Literaturverlag Droschl

Suhrkamp ISBN 978-3-518-42059-1

die Abflughallen, ihr Anschlussflug hat

ISBN 978-3-854-20749-8

Hans führt kein Durchschnittsleben,

Zwei Autoren, Jürg Laederach und Mi-

Aquarium im Transit-Bereich, wie er es

auch wenn er einen Allerweltsnamen

chel Mettler, unterhalten sich 2002 in ei-

jeden Nachmittag tut. Und nebenan,

trägt. Er duscht, wenn er es für richtig

ner Radiosendung so angeregt über Mu-

im Raucherfoyer, ertränkt der alternde

hält, spricht nur in Notfällen und agiert

sik, dass sie ihr Gespräch anschliessend

Biochemiker seine gescheiterte Ehe im

auch sonst nach seiner Façon. Die

in einer regen E-Mail-Kommunikation

Alkohol. Ausgerechnet am Flughafen,

soziale Wirklichkeit ist für den jungen

weiterführen. Schnell entwickelt sich ein

diesem sterilen Ort der Durchreise,

Mann in seiner Gesamtheit nicht zu

intensiver Diskurs über das Leben im All-

kreuzen sich diese drei Lebenswege

begreifen. Nur einzelne Puzzleteilchen,

gemeinen. Michel Mettler hat einen Teil

schicksalhaft. In ihrem zweiten Roman

das nette Lächeln der Kellnerin etwa,

der notierten Gedanken nun als Buch he-

hält Angelika Overath, in Karlsruhe ge-

dringen in sein Innerstes vor. Mit seinem

rausgebracht: eine Sammlung amüsan-

boren und mittlerweile in Graubünden zu

bärtigen Gesicht und seinem eigenar-

ter Skizzen, improvisierter Mitschriften

Hause, das hektische Gewimmel eines

tigen Benehmen erscheint Hans seiner

und schräger Miniaturberichte über die

touristischen Massenbetriebs in minutiö-

Umwelt verdächtig anders. Eleonore

Absurditäten des Alltags. Laederach, in

sen Bildern fest. Die Autorin und Repor-

Frey, selbst Mutter eines autistischen

Basel geboren und geblieben, studierter

terin lässt ihren scharfen Blick über den

Sohnes, erzählt das Schicksal eines

Mathematiker, Romanist und Musikwis-

Strom der Passanten schweifen, führt

Eleonore Frey

20 – books – Oktober 09

sich verschoben. Tobias reinigt das


Menschen zusammen, trennt sie wieder,

Integration gestaltet sich schwierig, sie

Eine temporeiche und schräge Parabel

schickt jeden auf einen anderen Flug ins

fühlt sich fremd. Beim Lesen und Musi-

über den Tod. Ein Greis namens Horst er-

Leben. Und erzählt dabei so beiläufig

zieren findet die wissbegierige Ilma Kraft

innert sich an die prägendste Begegnung

wie berührend von den Untiefen des

und schafft sich dort ihre eigene Welt.

seines Lebens: Als Achtjähriger lernt er

zwischenmenschlichen Auseinander-

Nach dem Gymnasium zieht es sie nach

im Nachbarsgarten Herrn Adamson ken-

und Zusammenlebens.

Paris, dann, der «innern Kompassnadel»

nen. Sie spielen und singen zusammen

folgend, in die damalige Tschechoslowa-

und erkundigen eine Ruine, wo sie einen

kei und in die Sowjetunion. Zürich bleibt

geheimnisvollen Koffer finden.

Lebensmittelpunkt; hier studiert die Au-

Herr Adamson, stellt sich heraus, ist

torin, hier arbeitet sie hauptsächlich und

kein normaler Freund, sondern ein toter

hier legt sie ihre umfangreiche Bibliothek

Mann. Und: Herr Adamson ist am 21. Mai

an. Doch ob Basis oder Durchgangsort,

1938 (dem Geburtsdatum von Urs Wid-

eines ist ihnen gemeinsam: sie sind alle-

mer!) gestorben, im selben Augenblick,

samt sind Orte der Erinnerung. Wie Puzz-

als Horst geboren wurde. Als charmanter

leteilchen fügen sich die «Erinnerungs-

«Vortoter» lotst er den Jungen durch das

passagen» zu einem stimmigen Ganzen.

Totenreich, aus dem sie wunderlicher-

Lebenswege

weise in Griechenland entsteigen. Horst kehrt wohlbehalten nach Hause zurück

Rückblick

Mehr Meer Ilma Rakusa

und wird dort zu einem Fall für den Psychiater. Doch erst bei der dritten Begegnung wird sich der inzwischen 94-Jährige

CHF 41.90

der Welt des Herrn Adamson nicht mehr

176 Seiten

entziehen können.

Luchterhand Literaturverlag

Urs Widmer, 71, hat zahlreiche Roma-

ISBN 978-3-630-87307-7

ne,

In kurzen Sequenzen erzählt Ilma Rakusa

geschrieben, unter anderen «Der blaue

aus ihrem bewegten (Innen-)Leben, das

Siphon», «Der Geliebte der Mutter» und

von Aufbruch, Reise und Ankunft ge-

«Topdogs».

kennzeichnet ist. Es ist das Leben einer Intellektuellen, die 1946 als Tochter eines Slowenen und einer Ungarin geboren wird. Sie verbringt die ersten Lebensjahre in Budapest, Ljubljana und Triest und zieht als Fünfjährige nach Zürich, wo sie

Erzählungen

und

Theaterstücke

Herr Adamson Urs Widmer CHF 34.90 208 Seiten Diogenes Verlag ISBN 978-3-257-06718-7

ihre vierte Sprache – Deutsch – lernt. Die

Neu von Gioconda Belli Auf einmal ist er da und weiß nicht, woher er kam: Adam beginnt sein Leben als zufriedener Mensch. Erst Eva bringt Fragen mit, Neugier und die fatale Sehnsucht nach mehr. Und plötzlich ist alles anders. Wie fühlt es sich an, die Schönheit und den Schmerz der Welt völlig neu zu entdecken – und auch das Begehren zwischen Mann und Frau? Kühn, poetisch und sinnlich fühlt Gioconda Belli sich ins Drama des ersten Paares ein und setzt der Schöpfungsgeschichte einen neuen Anfang.

304 S. | SBN 978-3-426-19852-0 | CHF 32,90

Der lang erwartete neue Roman einer der größten Autorinnen Lateinamerikas!

books – Oktober 09 – 21


B

Buchtipps

Das Mädchen und die magische Blume Alfonso Pecorelli

Das Herz der Nacht

Marie ist ein schwerkrankens schwarzes Mädchen. Kurz bevor sie stirbt,

Als die mittellose Kay 1936 als Gesellschafterin für die 16-jährige Emig-

beantwortet sie ihrem Grossvater die Frage aller Fragen. Sie ist der ein-

rantentochter Miranda eingestellt wird, nimmt eine wunderbare Freund-

zige Mensch, der diese Frage richtig beantworten kann. Deshalb er-

schaft ihren Lauf. Als Miranda sich in den Filmemacher Olivier verliebt,

wacht sie in einer Zwischenwelt jenseits von Zeit und Raum. Dort trifft

hilft Kay den beiden, sich heimlich zu treffen – und wird fristlos entlassen.

sie einen Aborigine, der sie auf eine

Während Kay nach London zurückkehrt

Reise durch die Zeiten schickt. Marie

und energisch versucht, wieder Fuss

muss jemanden finden, der die Frage

zu fassen, lernt Miranda den ostpreus-

richtig beantwortet, denn sonst ist die

sischen Grafen Friedrich von Kahlberg

Menschheit verloren. Sie trifft berühmte

kennen. An seiner Seite findet sie auf

Philosophen und Wissenschaftler ihrer

Gut Sommerfeld in Masuren ein Zuhau-

Zeit. Was ist sie, die Antwort auf die

se – und kann doch Olivier nicht verges-

Frage, und kann einer der grossen Den-

sen. Erst in den Wirren der Nachkriegs-

ker sie beantworten? Eine zauberhafte,

zeit gelingt es ihr, sich auf ihre alte Liebe

tiefgründige Geschichte für alle, die an

zu besinnen – und auf ihre Freundschaft

das Leben glauben.

zu Kay.

CHF 29.90

Judith Lennox

R

176 Seiten

CHF 35.90

R

560 Seiten

WOA Verlag

Piper Verlag

ISBN 978-3-952-32804-0

ISBN 978-3-86612-244-4

Das Vermächtnis des Martí Barbany

Das Zeichen des Sieges Bernard Cornwell

Chufo Lorréns

Barcelona, 1052: Der 18-jährige Martí steht vor den Toren der mittelal-

England, 1415: Nicholas Hook, der Sohn eines Schäfers, gilt als un­

terlichen Stadt, um dort das Erbe seines verstorbenen Vaters anzutreten

verbesserlicher Nichtsnutz. Allerdings ist er als Schütze unübertroffen,

und in der verheissungsvollen Metropole ein neues Leben zu beginnen.

und so nehmen ihn die Langbogenschützen König Henrys V. auf. Nick

Schon bald hat er sich zu einem respektierten Handelspartner hochge-

zieht mit ihnen in den Kampf gegen die Franzosen. Als in Frankreichs

arbeitet. Nur Bernard Montcusí, Finanz-

Norden schliesslich eine Handvoll Eng-

berater des Grafen, bekämpft den Neu-

länder einer Armee hochgerüsteter

ankömmling hinterhältig. Doch Martí ist

französischer Ritter gegenübersteht,

von seiner Gunst abhängig, denn er hat

scheint die Lage aussichtslos. Doch

sich in dessen Stieftochter Laia verliebt.

dann lassen Nick und seine Kameraden

Opulent und spannend zeichnet Chufo

ihre Pfeile auf den Feind regnen. Die Le-

Lloréns ein farbenprächtiges Panorama

gende von Azincourt ist geboren. Denn

der mittelalterlichen Gesellschaft und

sie suchten den Sieg und fanden die

beschreibt den Aufstieg Barcelonas zu

Unsterblichkeit …

einem der bedeutendsten Handelszentren am Mittelmeer.

CHF 41.90 704 Seiten

R

CHF 36.90

R

560 Seiten

C. Bertelsmann

Wunderlich Verlag

ISBN 978-3-570-01067-9

ISBN 978-3-8052-0878-9

22 – books – Oktober 09

S = Sachbuch

R = Roman

D = DVD

K = Kinderbuch


Menschen M «Ich kenne kaum eine Schriftstellerin, die ein so hohes Arbeitsethos hat, wie Margrit Schriber», sagt ihr Lektor Dirk Vaihinger.

Gerechtigkeit für Julia Wie Margrit Schriber das Schicksal der hässlichsten Frau der Welt mit Rösli aus Morschach verknüpft. Text: Martin Walker Foto: Yvonne Böhler

Stoffe begleiten eine Autorin bisweilen über lange Zeit, treten in den Hintergrund, nur um am richtigen Ort wieder an die Oberfläche zu treiben. Das weiss keiner besser als Margrit Schribers Lektor Dirk Vaihinger. Den Stoff für ihren neuesten Roman «Die hässlichste Frau der Welt» trug sie schon Jahre mit sich herum. «Mit ihrem ersten historischen Roman ‘Das Lachen der Hexe’ merkte Margrit Schriber, dass ihr dieses Genre liegt», erinnert sich Vaihinger, der den Verlag Nagel & Kimche leitet, in dem Schribers Romane erscheinen. Während der Recherche über Anna Maria Gwerder, die unter der Folter im Gefängnis von Schwyz umgekommen ist, wurde Margrit Schriber auf Anna

Maria Inderbitzin aufmerksam, eine junge Rebellin und gewitzte Hochstaplerin, die dem Tod nur deshalb entkommt, weil sie vom Galgen weg geheiratet wird. Mit Julia Pastrana, der hässlichsten Frau der Welt, haben weder Anna Maria Gwerder noch Anna Maria Inderbitzin etwas zu tun. Aber insbesondere die junge Rebellin hat Margrit Schriber als Vorlage für die Figur der jungen Rösli aus Morschach gedient. Eine Gegenfigur zur Pastrana, die durchaus gelebt haben könnte. Die hässlichste Frau der Welt! Man stelle sich das vor, heute, in unserer von Political Correctness geprägten Welt. Damals, in der Mitte des 19. Jahrhunderts, hatte ein windiger Impressario, Theodor Fairchild Lent, Julia Pastrana gekauft und tingelte mit ihr durch ganz Europa. «Ein Europa, in dem nicht zuletzt durch die Entdeckungen von Charles Darwin ein Wissenschafts-Boom herrschte, den Lent geschickt ausgenützt hat»,

ergänzt Vaihinger. «Margrit Schriber wollte dem Schicksal der Pastrana, die nicht nur vorgeführt und untersucht, sondern sogar noch als mumifizierte Leiche ausgestellt worden ist, Gerechtigkeit widerfahren lassen.» Jetzt konnte Margrit Schriber auf ihre früheren Recherchen zurückgreifen. Und so begleiten wir Rösli auf ihrem Trek nach Amerika – wie es damals viele taten–, nur um sie in London stranden zu sehen. «Verehrter Herr Waisenvater! Ich bin jetzt die Begleitung einer Sensation», schreibt Rösli nach Morschach. «Ich mache allerhand Sachen. Lerne das Schaugeschäft und Englisch. Vielleicht wird aus mir etwas Grosses.» Als Rosie La Belle wird sie zur Freundin von Julia Pastrana und zum Sprachrohr von Margrit Schriber, die es mit diesem literarischhistorischen Kniff schafft, Julia nicht nur als Freak zu zeigen, sondern als sensible Frau, die derbste Demütigungen ertragen muss. Aus dem Rösli ist nichts Grosses geworden, eine etwas halbseidene Tänzerin. Als sie aber, betagt und weltgewandt, plötzlich in Morschach auftaucht und – keck Zigarre rauchend – ihr verbrieftes Recht auf Asyl einfordert, staunen die Morschächler nicht schlecht.

Die hässlichste Frau der Welt Margrit Schriber 190 Seiten CHF 34.90 Nagel & Kimche ISBN 978-3-312-00446-1

books – Oktober 09 – 23


L

Leben

Zukunftsmusik mit Dissonanzen Auf den Mars fliegen, durch die Jahrhunderte reisen oder einem anderen Menschen ins Leben blicken: In der Literatur ist das möglich. Margaret Atwoods neuer Roman «Das Jahr der Flut» zeigt die Welt nach einer Pandemie. Das Beunruhigende an dieser Zukunftsvision: Sie ist gar nicht so unwahrscheinlich. Text: Regula Fuchs Foto: Copyright: Isolde Ohlbaum www.ohlbaum.de

«Darf ich euch daran erinnern, wie wichtig es ist, sich so oft wie möglich die Hände zu waschen, mindestens sieben Mal am Tag, sowie nach jeder Begegnung mit einem fremden Menschen. Es ist nie zu früh, diese lebenswichtige Schutzmassnahme zu ergrei-

24 – books – Oktober 09

fen. Meidet jeden, der niest.» Diese Worte stammen nicht aus einer aktuellen Pandemiewarnung, sondern aus dem neuen Roman der kanadischen Autorin Margaret Atwood. In «Das Jahr der Flut» bereitet sich eine Sekte von Öko-Christen auf die «wasserlose Flut» vor – eine weltweite Epidemie, welche die Menschheit praktisch auslöschen wird. Es ist diese Ähnlichkeit mit der Gegenwart, die die literarischen Zukunftsvisionen von Margaret Atwood so beunruhigend macht. So bezeichnet die 70-jährige Autorin aus Ottawa ihre Werke denn auch nicht als Science-Fiction, sondern als spekulative Fiktion: «In Science-Fiction kommen Monster und Raumschiffe vor; spekulative Fiktion könnte wirklich ge-

schehen.» Natürlich sind die Grenzen fliessend, doch in ihrem Roman «Der Report der Magd» von 1987 stellte Atwood bereits ein beachtliches visionäres Talent unter Beweis, indem sie das Bild eines neuen Fundamentalismus entwarf, das sich heute wie eine Prophezeiung liest.

«Liebe Mitsäugetiere und Mitsterbliche» Mit «Oryx und Crake» erschien 2003 eine weitere düstere Zukunftsvision Atwoods. Von diesem Buch übernimmt sie nun in «Das Jahr der Flut» das Setting und einen Teil des Personals. Die weiblichen Hauptfiguren, Toby und Ren, gehören zu den wenigen Menschen, die die «wasserlose Flut» überlebt haben – beide wa-


Margaret Atwood

ren vorher Mitglieder der öko-christlichen Sekte der «Gottesgärtner». Die Gärtner haben sich, wie einst Noah, schon während Jahren auf die Auslöschung der Menschheit vorbereitet: Inmitten einer Welt am Rande des

Welt, die zweigeteilt ist in die aseptischen Komplexe der Konzerne, wo die Privilegierten wohnen, und das «Plebsland» voller Filz, Dreck und Kriminalität. Das Gesundheitssystem wird von einem Pharma-Unternehmen kontrolliert, das seine Patienten gerne als Versuchskaninchen benützt, und die öffentliche Sicherheit obliegt einer ehemaligen Sicherheitsfirma. Verurteilte Häftlinge werden in die «Painball-Arena» gesteckt, wo sie als lebendige Protagonisten bei Kriegsspielen der allgemeinen Belus-

Es ist diese Ähnlichkeit mit der Gegenwart, die die literarischen Zukunfts­ visionen von Margaret Atwood so beunruhigend macht. ökologischen Kollapses haben sie ihr eigenes Gemüse gezüchtet, Vorräte angelegt, Makramee geknüpft und eine vegetarische Bio-Religion gepflegt, in der Wissenschaft und Theologie verschmolzen sind. Atwood beschreibt das Tun der Gärtner nicht ohne Ironie: So wendet sich etwa deren Oberhaupt salbungsvoll an seine lieben «Mitsäugetiere und Mitsterblichen», und die Gärtner werden von ihrer Umwelt wohl nicht zu Unrecht als verschrobene Fanatiker bezeichnet, «die Nahrungsextremismus mit fehlendem Modebewusstsein und puritanischer Antikonsumhaltung verbinden».

Painball und Doppelorganschweine Dafür erscheint das, was die Gärtner als «Aussenhölle» bezeichnen, also die Welt jenseits ihres idyllischen Gartens Eden, umso verstörender – eine Welt, in der private Konzerne den Staat ausgedünnt haben; eine

tigung dienen. Eigens designte Doppelorganschweine sind medizinische Ersatzteillager, und auf Mo’HairSchafen wächst menschliches Haar für Perücken. Atwoods oft unschöne neue Welt steckt voller bunter Einzelheiten, die wohl weniger skurril sind, als sie zunächst anmuten: Denn die Autorin recherchiert dafür ausgiebig in wissenschaftlichen Fachpublikationen, bläst ihre Funde monströs auf und staffiert ihre Romanwelt mit jeder Menge Details aus, so dass sie in sich authentisch wirkt.

Menschen M Neues Denken, neue Chancen Was können wir wissen? Was sollen wir tun? Was dürfen wir hoffen? Hans-Peter Dürr, Kernphysiker und Träger des Alternativen Nobelpreises, gibt neue Antworten auf alte Fragen. Er zeigt, dass die Verwerfungen unserer Zeit – Kriege, Klimawandel oder die Krise der Ökonomie – fatale Folgen alten Denkens und eines überkommenen Weltbildes sind. In diesem Buch fasst er sein Lebenswissen zusammen – das intellektuelle Vermächtnis eines der bedeutendsten Vordenker unserer Zeit. Hans-Peter Dürr

Warum es ums Ganze geht Neues Denken für eine Welt im Umbruch 189 Seiten, mit zahlreichen Fotos und Abbildungen, Hardcover mit Schutzumschlag, CHF 36,90; EUR 19,90 ISBN 978-3-86581-173-8

www.oekom.de

Die Geister, die wir riefen Utopie, Anti-Utopie, Science-Fiction, spekulative Fiktion: Die Literaturgeschichte ist voller Versuche, neue, andere Welten zu gestalten. Doch während die Gesellschaftsutopie, also die Konstruktion eines idealen Staats, heute kein literarischer Topos mehr ist, blüht das Genre der Science-Fiction. Natürlich ist deren Motor nicht mehr jene fortschrittsgläubige Tech-

books – Oktober 09 – 25


L

Leben nikeuphorie, die das Schreiben von Autoren wie Jules Verne oder H.G. Wells noch prägte. Heute öffnet sich Science-Fiction auf der einen Seite, vor allem im Bereich der Triviallitera-

möglichen Konsequenzen aktueller Entwicklungen vor Augen. Margaret Atwood sprach in einem Artikel im «Guardian» in diesem Zusammenhang von Variationen des «Zauber-

Heute öffnet sich Science-Fiction auf der einen Seite, vor allem im Bereich der Trivial­literatur, vermehrt gegenüber dem Fantasy-Roman. tur, vermehrt gegenüber dem FantasyRoman. Auf der anderen Seite aber stehen jene ernsthaften Werke, jene spekulative Fiktion eben, die fragt, welche Auswirkungen die neuen technologischen Möglichkeiten auf den Menschen haben. So skizzierte die deutsche Autorin Juli Zeh jüngst mit «Corpus Delicti» die Folgen einer Gesundheitsdiktatur, oder der in England lebende Japaner Kazuo Ishiguro malte sich 2005 in «Alles, was wir geben mussten» das Innenleben von geklonten Menschen aus, deren einziger Daseinszweck das Organspenden ist. Diese Werke führen bildhaft die

lehrlings» – die Menschheit muss mit den Geistern leben, die sie rief. Auch Atwoods eigener neuer Roman durchforstet die Räume der Vorstellungskraft, macht das Neue, Andere erfahrbar und erlebbar – etwas, das Literatur ja eigentlich immer tut, egal ob sie ihre Leser ins Mittelalter, auf ferne Kontinente, den Mars oder nur in den Alltag eines anderen Menschen entführt. Atwoods Anliegen ist aber noch ein weiteres. Sie, die als Tochter eines umweltbewussten Biologenpaars aufwuchs, unterstützt diverse Umweltorganisationen und listet auf ihrer Homepage detailliert auf, wie

sie in ihrem Büro den Ressourcenverbrauch gering hält. Es ist wohl nicht ganz falsch, sich Atwood als eine Art moderner Kassandra vorzustellen, die ihrer Leserschaft die unangenehmen Konsequenzen ihres Tuns demonstriert – und zwar auf eine literarisch fesselnde Art, mit der sie weltweit ein grosses Publikum erreicht.

Das Jahr der Flut Margaret Atwood „Margaret Atwood ist die Queen der kanadischen Literatur.“ (Literarische Welt) Margaret Atwood liest am 21. Oktober in Zürich (siehe S. 48). CHF 40.90 410 Seiten Berlin Verlag ISBN 978-3-8270-0884-8

Buchtipps zum Thema Oryx und Crake Margaret Atwood Crake und Jimmy sind Freunde, und sie lieben dieselbe Frau: die rätselhafte Oryx. Sie leben in einer ständig von Klimakatastrophen bedrohten Welt in einer gar nicht so fernen Zukunft. Crake, ein Genie genetischer Manipulation, ist Wissenschaftler und arbeitet an der Entwicklung neuer Medikamente, die die Menschen gegen Epidemien im Gefolge der Umweltkatastrophen immunisieren sollen, aber er verfolgt darüber hinaus ganz eigene Pläne … CHF 18.90 380 Seiten Berliner Taschenbuch Verlag ISBN 978-3-833-3013-9

26 – books – Oktober 09

Corpus Delicti Juli Zeh Juli Zeh entwirft in Corpus Delicti das Science-Fiction-Szenario einer Gesundheitsdiktatur irgendwann im 21. Jahrhundert. Sie zeichnet ein System, das alle und alles kontrolliert. Gesundheit ist zur höchsten Bürgerpflicht geworden, ein festes Sportpensum muss täglich absolviert werden, regelmässig müssen Schlaf- und Ernährungsberichte abgegeben werden. CHF 36.90 272 Seiten Schöffling & Co

Alles, was wir geben mussten Kazuo Ishiguro Ein grosser Sportplatz, freundliche Klassenzimmer und getrennte Schlafsäle für Jungen und Mädchen. Auf den ersten Blick scheint Hailsham ein ganz gewöhnliches englisches Internat zu sein. Aber die Lehrer, so engagiert und freundlich sie auch sind, heissen hier Aufseher, und sie lassen die Kinder früh spüren, dass sie für eine besondere Zukunft ausersehen sind. CHF 16.90 352 Seiten Btb

ISBN 978-3-89561-434-7

ISBN 978-3-442-73610-2


Buchtipps

B

Was das Herz weiss

Das andere Kind

Kay Langdale

Charlotte Link

Jane und Nick sind seit zwölf Jahren verheiratet, kinderlos – und glück-

In der beschaulichen nordenglischen Küstenstadt Scarborough wird eine

lich. Bis eines Tages Evie, eine alleinerziehende Mutter, ins Nachbarhaus

Studentin erschlagen aufgefunden. Monatelang tappen die Ermittler im

einzieht. Die zarte, schöne Frau verkörpert ein ganz anderes Lebensmo-

Dunkeln – dann geschieht ein ähnliches Verbrechen. Ein Zusammenhang

dell. Und während Jane sich immer mehr um ihre kranke Mutter kümmern

zwischen den beiden Opfern ist dennoch kaum herzustellen. Die ehr-

muss, sucht Nick den Kontakt zu Evie.

geizige Polizistin Valerie Almond klam-

Er muss sich eingestehen, dass ihre Art

mert sich an das allzu Offensichtliche:

zu leben eine grössere Faszination auf

an ein Zerwürfnis innerhalb der Familie

ihn ausübt, als ihm lieb ist. Doch dann

des zweiten Opfers. Lange Zeit ist ihr

bringt ein Schicksalsschlag das Leben

der Blick jedoch verstellt für das Gift,

aller Beteiligten ins Wanken. Ein Roman

das in dieser Familie wirkt, und dessen

über die Zerbrechlichkeit des Glücks

Ursprung sie bis weit in die Vergangen-

und die Kraft der Liebe. Eine Geschich-

heit hinein zurückverfolgen müsste. Bis

te über die Ehe. Und über die positive

in die Jahre des Zweiten Weltkriegs, als

Kraft, die entsteht, wenn man im Leben

ein Kind auf geheimnisvolle Weise ver-

etwas wagt.

schwand.

CHF 36.90

R

288 Seiten

CHF 45.90

R

672 Seiten

Kindler Verlag

Blanvalet

ISBN 978-3-463-40540-7

ISBN 978-3-7645-0279-9

Baumriesen der Schweiz

Coffee to stay

Michel Brunner

Barbara Sternthal, Harald Eisenberger

Wussten Sie, dass in der Schweiz die mächtigsten Arven, Lärchen und

Kaffee gehört – egal, ob er nun Espresso oder Melange heisst – in äs-

Fichten der Welt stehen? Hätten Sie gedacht, dass der älteste Baum,

thetisch stilvollem Ambiente und in anständigen, dickwandigen Porzel-

eine Eibe, bereits 2500 Jahre alt sein könnte? Warum ist eine der ein-

lantassen serviert. Wer denkt, das Kaffeehaus sei pure Nostalgie, der

druckvollsten Eschen Europas unbekannt geblieben, obschon sie ne-

irrt: Das Café lebt! 30 Kaffeehäuser in europäischen Metropolen fanden

ben einem Schweizer Bahnhof steht?

Eingang in diesen opulenten Bildband: Klassiker mit Plüschbänken,

Von über 1000 untersuchten Baumrie-

Thonetstühlen und Marmortischen existieren elegant und zeitlos neben

sen werden in diesem Pionierwerk die

modernem Design mit Sichtbe-

mächtigsten, ältesten, schönsten und

ton und dunklem Holz, strahlen-

kuriosesten Bäume und Sträucher der

de Kristalllüster neben aktuellen

Schweiz vorgestellt. In Bild und Text

Lichtlösungen,

erfahren Sie von Mythos und Kult über

ben Steinflächen. Das Café als

Historie bis zu Forst alles, was Sie über

Spielplatz innenarchitektonischer

Bäume wissen möchten, und lernen die

Kreativität zwischen Rom und Ve-

«sanften Giganten» von einer neuen,

nedig, Paris und Prag, Wien und

faszinierenden Seite kennen.

Amsterdam.

CHF 60.–

S

240 Seiten

Holzböden

CHF 49.90 192 Seiten

Werd Verlag

Christian Brandstätter Verlag

ISBN 978-3-85932-629-3

ISBN 978-3-85033-202-6

S = Sachbuch

R = Roman

D = DVD

K = Kinderbuch

ne-

S

books – Oktober 09 – 27


D

DVD 2

4 3

1

7 5

6 8

28 – books – Oktober 09

S = Sachbuch

R = Roman

D = DVD

K = Krimi


Der Junge im gestreiften Pyjama Drama

1

Der Knochenmann Komödie

Die Standesbeamtin 2

Schweizer Film

Feuerherz 3

4

Drama

Bruno ist der achtjährige Sohn ei-

Die Last der Welt drückt ihn, die

Rahel hat sich mit ihrem Leben als

Das zehnjährige Mädchen Awet

nes Offiziers im Dritten Reich. Als

pekuniären Sorgen ohnehin, so

Standesbeamtin in einem Schwei-

wird von ihrer älteren Schwes-

der Vater als Aufseher eines Ver-

arbeitet Brenner für Kumpel Ber-

zer Bergdorf arrangiert. Sie hat ei-

ter aus der Kloster-Schule geholt

nichtungslagers aufs Land versetzt

ti und macht sich auf die Suche

nen schulpflichtigen Sohn aus der

und nach Hause, ins eritreische

wird, muss ihm die Familie folgen.

nach einem gewissen Horvath. In

Ehe mit Thomas, der sie betrügt.

Rebellengebiet

Bruno fühlt sich einsam. Auf sei-

der Hendl-Gaststätte «Löschen-

Da taucht ihr Ex aus der Versen-

übergibt der grossmäulige Vater

nen verbotenen Streifzügen durch

kohl» kann oder will ihm aber nie-

kung auf und sorgt für Turbulen-

die beiden der Befreiungsarmee.

die Wälder gelangt er an den Zaun

mand Auskunft über den Verbleib

zen. Denn er will die egozentrische

Während Awet erst nur ein Holz-

des Arbeitslagers. Dort lernt er

des Herrn geben. Dafür verdreht

Schauspielerin Tinka heiraten und

gewehr in die Hand bekommt,

den Shmuel kennen und zwischen

ihm die fesche Küchenchefin den

Rahel soll sie trauen und noch

darf die Schwester von Anfang an

den ungleichen Jungen entsteht

Kopf … Dritte kongeniale Adapti-

dazu die Feier vorbereiten. Rahel

mit geladener Waffe in den Kampf

eine enge, aber auch gefährliche

on eines Kultkrimis von Wolf Haas

verliebt sich wieder neu in ihren

ziehen. Nach dem Bestseller der

Freundschaft.

um den gebeutelten Privatdetektiv

ehemaligen Geliebten.

deutsch-eritreischen Sängerin Se-

Brenner. CHF 33.90 ab 12 Jahren

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gebracht.

nait G. Mehari.

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EAN 7640120992248

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Flug in die Nacht

Frost / Nixon

Hannah Montana – Der Film Kinderfilm

Illuminati

Drama

5

Drama

Dort

6

7

8

Thriller

Super-Gau im Lotsenzentrum des

Nach seinem Rücktritt als Präsi-

Miley Cyrus ist nach aussen hin

Im Nachfolgefilm zu «The Da Vinci

Flughafens Kloten: In der Nacht

dent der USA hüllt sich Richard

ein

Highschool-

Code – Sakrileg» folgt der Experte

vom 1. Juli 2002 gehen auf dem

M. Nixon drei Jahre in Schweigen.

Mädchen – mit dem Unterschied,

für Symbolik Robert Langdon alten

Monitor des Lotsen Johann Len-

Im Sommer 1977 gewährt er dem

dass sie abends als Sängerin Han-

Hinweisen, um auf einer Schnitzel-

ders zwei Flugzeuge auf Kollisi-

Journalisten David Frost ein Inter-

nah Montana Ruhm erntet. Dafür

jagd durch Rom die vom Geheim-

onskurs. Weil Wartungsarbeiten

view. Nixon ist sich gewiss, den

verkleidet sie sich stets aufs Neue.

bund der Illuminaten entführten

Hauptradar und Telefon lahmle-

als nicht zu schlagfertig bekann-

Nur wenige wissen von ihrem

Kardinäle zu finden. Mit dem Le-

gen kann Lenders nicht mehr ein-

ten Frost mühelos zu beherrschen.

Doppelleben. Als sie eine Auszeit

ben der Kardinäle in Gefahr und

greifen. Flug 2937 der Bashkirian

Doch als die Kameras laufen,

benötigt, fährt ihr Vater kurzerhand

einem um Hilfe bittenden Camer-

Airlines und eine Frachtmaschine

überrascht ein blendend aufgeleg-

mit ihr in ihre Heimat Tennessee,

lengo beginnt ein Wettlauf gegen

stossen zusammen. 71 Menschen

ter und bestens vorbereiteter Frost

weg vom Medienrummel, hinein in

die Zeit durch versiegelte Krypten,

sterben. Traumatisiert vom Tod

sein Gegenüber – ein erbitterter

die Idylle. Dort verliebt sich Miley

Katakomben und das geheimnis-

seiner Familie sinnt Yuri Balkajew

Kampf folgt.

in den Nachbarsjungen.

vollste Grabgewölbe der Welt!

gewöhnliches

auf Vergeltung. CHF 32.90 ab 12 Jahren

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EAN 5050582707038

EAN 8717418212049

EAN 4030521474048

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Nicht verfügbar

5050582707052

8717418212056

Nicht verfügbar

books – Oktober 09 – 29


Liebe auf den zweiten Blick Komödie

Nachts im Museum 2 9

Slumdog Millionaire 10

Komödie

Abenteuer

The Fall 11

Drama

12

Harvey ist um die 60, komponiert

Kaum hat sich Museumswärter

Bis zur 14. Frage ist Jamal bei der

Los Angeles, 1915. Roy liegt nach

Werbejingles und ist schwer unter

Larry an seine chaotischen Nächte

indischen Version von «Wer wird

einem Unfall im Krankenhaus.

Druck. Er muss nach London zur

mit den zum Leben erwachten Fi-

Millionär?» bereits gekommen –

Schlimmer als die gebrochenen

Hochzeit seiner Tochter. Im Flug-

guren und Tieren gewöhnt, als er

am nächsten Tag soll die letzte

Beine schmerzt ihn der Verlust

hafenrestaurant trifft er auf Kate.

sich auch schon wieder aus dem

Frage gestellt werden. Die Produ-

seiner grossen Liebe. Roy trifft auf

Sie geht auf die 50 zu, macht

Beruf verabschieden muss. Die

zenten glauben nicht, dass der aus

die Alexandria. Er beginnt, dem

Passagierumfragen und wird von

Ausstellungsstücke sollen verlegt

ärmsten Verhältnissen stammende

Mädchen eine phantastische Ge-

ihrer Mutter via Handy terrorisiert.

werden. Doch einen Tag später er-

Junge die Antworten tatsächlich

schichte zu erzählen – die Gren-

Er zwingt ihr ein Gespräch auf.

hält Larry einen Anruf von einer der

selbst gewusst hat, und lassen ihn

zen zwischen Fiktion und Realität

Trotzdem sehen sie sich wieder.

Museumsfiguren. Am neuen Ort

von der Polizei verhören. Aber jede

verschwimmen. Doch Roy will die

Aus dem Zufallstreffen wird Liebe

ist das Chaos ausgebrochen, und

Frage hatte etwas mit seiner Le-

Geschichte nicht zu Ende bringen

auf den zweiten Blick. Mit Emma

Larry muss für Ordnung sorgen.

bensgeschichte zu tun. Bollywood

– es sei denn, Alexandria stiehlt

Thompson und Dustin Hoffman.

Mit Ben Stiller und Robin Williams.

made in the West.

ihm eine tödliche Dosis Morphium.

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EAN 8712626999720

EAN 7321921098307

EAN 4042564086584

Blu-Ray-Daten:

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871262699706

79219210

4042564086607

11 9

10 12

30 – books – Oktober 09

S = Sachbuch

R = Roman

D = DVD

K = Krimi


Leben

L

Untergang der Swissair, die BeinaheKatastrophe der grössten Schweizer Bank, des UBS-Konzerns, das Eindringen südafrikanischer, russischer, ja, auch deutscher Unternehmer, welche die Kontrolle über die Schweizer Wirtschaft übernommen haben. So paaren sich alter Eigenwille mit neuer Sorge. Ich sage «Schützt die Schweizer!», denn sie sind die letzten freien Europäer. *Klaus J. Stöhlker ist Unternehmensberater für Öffentlichkeitsarbeit in Zollikon/ZH und Berlin.

Buchtips

Schützt die Schweizer! Über die Tiefen des Schweizer Unterbewusstseins Text: Klaus J. Stöhlker Foto: istockphoto

Weil kaum ein junger Deutscher, der in die Schweiz zuwandert, deren grosse Geschichte erfahren hat, kennt er auch die Tiefen des Schweizer Unterbewusstseins nicht, das letztlich über seinen Erfolg oder Misserfolg im Land der Eidgenossen entscheidet. Schweizer Männer wie Frauen waren nie Leibeigene, wie viele Deutsche bis ins 19. Jahrhundert. Sie haben ihren Rücken nie vor Königen und Fürsten gebeugt, sondern ihre Manneskraft lange Zeit den europäischen Kaisern, Königen und Fürsten gegen «Cash» und Grafentitel geliehen. Die Schweizer Freiheit von jedem äusseren und inneren Druck hat das Volk geprägt. Das oberste Gesetz der Schweiz, die unsichtbare Sichel über den Köpfen, heisst Kompromiss. Die Menschen

leben in derart vielen und oft über Jahrhunderte stabilen Verknüpfungen, wie es Burgerschaften und Zünfte sind, dass sich bei aller bäuerlichen Grobheit, die immer noch eine Konstituante des täglichen Umgangs ist, die Tonalität in der zwischenmenschlichen Begegnung immer mehr verfeinert hat. Jede «strube» Bemerkung, jedes zu rasche Urteil, das nicht der Bestandspflege dient, kann den direkten beruflichen Untergang oder ein stilles Aussenseitertum zur Folge haben. Ein Schweizer vergisst nicht und vergibt auch nicht gerne. Es sind liebenswerte Menschen von grossem Eigensinn, der in den Bergtälern gewachsen ist, wo viele den Geröllhaldenblick ihrer alpinen Vergangenheit beibehalten haben, eine grosse Zahl aber über die Pässe gestiegen ist, um die Welt zu erobern. Heute ist das Volk empfindlicher als vor 30 Jahren; es unterliegt einem neuen Selbstbild, das auch Niederlagen kennt: den

Exgüsi Sandra Willmeroth/ Fredy Hämmerli Überleben in der Schweiz – eine Gebrauchsanleitung. Dieser Knigge für Deutsche und Schweizer bietet auf unterhaltsame Art und Weise Hilfe bei der Vermeidung grober Missverständnisse. Praxisnah mit beispielhaften Dialogen, die durchaus auch zum Schmunzeln verleiten. 188 Seiten CHF 35.90 Orell Füssli Verlag ISBN 978-3-280-05353-9 Fondue Oper Von Schweizern und Deutschen Beim Fondue-Essen begegnen sich eine deutsche Kochbuchautorin, die lieber Schweizerin wäre, ein Schweizer Lehrer, der lieber Standardsprache spricht, ein deutscher Aussendienstmitarbeiter, der seine Schweizer Geliebte, die anwesende Kellnerin, im Internet kennen gelernt hat und kein Wort Schweizerdeutsch versteht sowie eine schweizerisch-europäische Weltmusikerin, für die das alles überhaupt kein Thema ist… Vorurteile werden in dieser Sprech-Oper in Hochdeutsch und in Schweizer Mundart bestätigt und widerlegt. Hörspiel in Hochdeutsch und Schweizer Mundart CHF 19.90 Orell Füssli Verlag ISBN: 978-3-85616-423-2

books – Oktober 09 – 31


L

Leben Text: Alice Werner – Fotos: Stadtpolizei Zürich, Kriminalmuseum KP Zürich

Die besten Krimis schreibt das Leben Eifersucht, Gier, Verzweiflung und Leidenschaft sind die klassischen Mordmotive in einem Kriminalroman. Im wahren Leben führen dagegen die unglaublichsten Wege in die Illegalität. Kenner der Unterwelt – Journalisten, Anwälte und Strafverteidiger – erzählen nun reale Fallgeschichten über unglückliche Missgeschicke, absurde Zufälle und schwerwiegende Fehler. 32 – books – Oktober 09


1. Juli 1917: Morgens gegen zwei Uhr werden Nachbarn von weiblichen Hilferufen geweckt. Als die Polizei eintrifft, ist die Frau längst tot. «Im Blute schwimmend», mit offenem Hals und aufgeschlitztem Bauch, bietet sich den Ermittlern ein Bild des Schreckens. «Mord in Zürich 6» titelt die NZZ am nächsten Tag und verrät: Beim Opfer handelt es sich um Olga Alexandrine Malvine de Poiré, eine Lebedame mit regem Männerverkehr. Der spektakuläre Lustmord wird zum gefundenen Fressen für die Tagesmedien. An der Faszination für wahre Verbrechen hat sich seitdem nichts geändert. Zahlreiche TV-Formate locken mit Gerichtsreportagen, Dokumentationen und nachgestellten Serien zu Themen wie «Ungelöste Kriminalfälle» oder «Wenn Frauen töten». Auch im Buchmarkt hält das ‚reale Böse‘ verstärkt Einzug: «True crimes» haben sich in der Krimiwelt erfolgreich als Subgenre etabliert. Vier Neuerscheinungen sollen nun Aufschluss darüber geben, was eigentlich so faszinierend ist am wahren Mord im Buch. In erster Linie ist es sicherlich der Reiz des Authentischen, der für wohliges Schaudern sorgt. Allein das Bewusstsein, von echten Tätern und Opfern zu lesen, lässt den Pulsschlag höher schlagen. Wie unheimlich, wenn man gar einzelne Schauplätze wiedererkennt! Mit diesem besonderen Grusel spielt Willi Wottreng, Redaktor und Buchautor in Zürich: «Verbrechen in der Grossstadt» schildert die spektakulärsten Kriminalfälle der Limmatmetropole. «Als Vorbereitung habe ich Quellenmaterial vom ersten Weltkrieg bis zur Gegenwart nach exemplarischen Fällen durchforstet», erklärt Wottreng im Gespräch. Herausgekommen ist ein Stadtspaziergang, der es in sich hat: Sprengstoffzünder am Hauptbahnhof, Kindstötung im Niederdorf, ein inszenierter Töffunfall in Albisrieden und Mord am Zolli-

kerberg – Zürich erscheint als attraktives Pflaster für Gangster, Diebe und Verbrecher. Der Blick hinter die Gardinen der Nachbarschaft ist aber auch in anderer Hinsicht reizvoll: Er befriedigt die voyeuristische Neugier aller Krimileser. Wer seine Nase in die kriminalistischen Milieustudien des Autors steckt, bekommt tragische Schicksale, seelische Abgründe und allerhand pikante Details auf dem Silbertablett serviert. – Nicht nur für Zürcher von sozialgeschichtlichem Interesse!

Der Mörder in uns Ist die fiktionale Distanz erst einmal aufgehoben, rückt das Verbrechen erschreckend nah: Plötzlich erscheint es ungeheuerlich, ja geradezu bedrohlich, dass Straftäter aus den eigenen Reihen, der gleichen gesellschaftlichen Gemeinschaft, stammen – und man erkennt: es kann eigentlich jeden treffen. «Sich selbst ausschliesslich als Opfer zu sehen, ist typisch», meint der Zürcher Anwalt und Strafverteidiger Valentin Landmann. «Dabei kann gerade diese Selbstgewissheit, nie auf Glatteis zu geraten, gefährlich werden. Im Vertrauen auf die eigene Integrität werden oft entscheidende Fehler begangen.» Wie leicht man auf

Komplizin einer libanesischen Untergrundorganisation wiederfindet und den Geschäftsmann James, der auch dann noch an seinen Million-DollarDeal glaubt, als er längst «ein totes Pferd reitet». Landmanns sechzehn Fälle aus der Praxis berichten vom Pech, zur falschen Zeit am falschen Ort zu sein, verraten aber auch viel über die fast kindliche Lust, ein gesellschaftliches oder moralisches Tabu zu brechen. Ist dies für den Autor auch der Grund für die Faszination des Menschen am Bösen? «Ja, ich wette darauf», antwortet Valentin Landmann und lacht, «dass in jedem von uns ein kleiner Verbrecher schlummert.»

Spannender als jeder Krimi Während man beim Rätseln um das «Whodunit» im Krimi schon mal einen Volltreffer landen kann, kommt es im Leben immer anders, als man denkt. Ein Bankräuber, der von der deutschen Justiz freigesprochen wird, weil er gute Gründe für die Tat vorweisen kann; ein Museumswärter, der nach dreiundzwanzig Jahren Dienst die zu bewachende Büste zertrümmert, weil der Künstler das ausschlaggebende Detail vergessen hat; eine libanesische Familiensippe

Ist die fiktionale Distanz erst einmal aufgehoben, rückt das Verbrechen erschreckend nah. die Einbahnstrasse ins Unrecht gerät, erzählt Landmann in seinem Buch «Dünnes Eis». Da ist der fröhliche Silvesterbesucher, der im Toilettenhäuschen auf schlechtgelaunte «Kapuzenpullis im Ghettolook» trifft; oder Rosmarie, die Urschweizerin, die aufgrund mangelnder Alternativen mit ihrer Hausfrauenmafia Karriere im Kokainhandel macht; wir erleben die missbrauchte und frustrierte junge Frau, die sich unversehens als

in apfelgrünen T-Shirts, die sich zum Verwechseln ähnlich sieht – und der man aus diesem Grund keine Straftat nachweisen kann: Im Roman wären diese Geschichten völlig unglaubwürdig. Und dennoch sind sie tatsächlich so passiert. Die elf, «Stories» die der Berliner Strafverteidiger Ferdinand von Schirach in seinem ersten Erzählband «Verbrechen» präsentiert, sind so unwahrscheinlich, hinterhältig, fantastisch und krass, dass sie wirk-

books – Oktober 09 – 33


L

Leben Was aussieht wie ein normaler Töffunfall, entpuppte sich als hinterhältiger Mord aus Leidenschaft (1935). An der Fasnacht lernt die verheiratete Dora Keller einen anderen kennen. Die beiden träumen davon, dass ihr Mann einen Töffunfall erleiden könnte. Diesem Traum haben sie mit Hilfe des Bruder des Geliebten und einem eisernen Ablaufrohr nachgeholfen.

lich nur wahr sein können. Gegen die Absurditäten des Lebens kommt selbst die beste Krimihandlung nicht an!

Aktenzeichen ungelöst Wer auf reale Verbrecherjagd gehen möchte, kann dies mit Martin Leidenfrost tun. Der österreichische Schriftsteller protokolliert mit «Die Tote im Fluss» seine monatelange,

les Machtkartell hineingeraten», teilt Leidenfrost den Medien mit. Wie auch immer die Wahrheit aussehen mag, der Tatsachenbericht über den ungeklärten Fall Denisa S. weckt unser moralisches und psychologisches Interesse – und lässt (nicht zuletzt um der persönlichen Sicherheit willen) unser instinktives Alarmsystem aufheulen: Fasst den Mörder und stellt die alte Ordnung wieder her! – Mal

In erster Linie ist es sicherlich der Reiz des Authentischen, der für wohliges Schaudern sorgt. bisher ergebnislose Spurensuche im mysteriösen Mordfall Denisa S.: Die junge Pflegekraft aus der Slowakei wurde am 19. Januar 2008 tot aus einem Fluss geborgen. Während die österreichische Polizei auf Selbstmord tippt und die Ermittlungen umgehend einstellt, ergibt die in der Slowakei durchgeführte Obduktion Spuren von mechanischer Gewaltanwendung und Medikamentenmissbrauch. In Österreich stösst der Autor auf eine bedrohliche Mauer des Schweigens, auf Lügen und bösartigen Tratsch. «Ich bin da offenbar in ein regiona-

34 – books – Oktober 09

ehrlich: Welcher Kriminalroman hat Sie schon so auf Ihre evolutionären Wurzeln zurückgeworfen? Fazit aller vier Neuerscheinungen ist die Erkenntnis, dass Erziehung, Bildung, soziale Stellung und spiessige Unauffälligkeit nicht vor Mord und Totschlag schützen.

Buchtipps zum Thema Verbrechen in der Grossstadt Willi Wottreng CHF 39.90 272 Seiten Orell Füssli Verlag ISBN 978-3-280-06118-3 Dünnes Eis Valentin Landmann CHF 35.90 192 Seiten Orell Füssli Verlag ISBN 978-3-280-05333-1 Verbrechen Ferdinand von Schirach CHF 32.90 205 Seiten Piper ISBN 978-3-492-05362-4 Die Tote im Fluss Martin Leidenfrost CHF 28.90 143 Seiten Residenz ISBN 978-3-701-73128-2


Ihre Lieblingsbücher immer dabei Der Reader™: Ihre Bibliothek im Taschenformat Auf dem schlanken und leichten Reader™ PRS-600 finden Ihre Lieblingsbücher spielend Platz. Und mit einer riesigen Auswahl an elektronischen Büchern, einer Akkulaufzeit für 6800 Seiten und dem revolutionären E-Ink-Bildschirm können Sie immer und überall genau das lesen, worauf Sie gerade Lust haben. Wollen Sie mehr lesen? www.sony.ch/reader

books – Oktober 09 – 35


L

Leben

Zwangsehe mit der Vergangenheit Vor 20 Jahren ist die Berliner Mauer gefallen. Der in Berlin lebende Schweizer Schriftsteller Linus Reichlin begegnet ihr aber immer noch beim Joggen. Text: Linus Reichlin Fotos: Dominique de Rivaz

Auf meiner Jogging-Strecke in BerlinMitte erreiche ich nach circa fünf Minuten eine kleine, in den Asphalt eingelassene Gedenktafel, auf der die Buchstaben auf dem Kopf stehen. Eine halbe Stunde später renne ich auf dem Rückweg erneut über diese Gedenktafel, und jetzt stehen die Buchstaben aufrecht: «Berliner Mauer 1961 bis 1989». Wenn ich joggen gehe, breche ich also im ehemaligen Osten der Stadt auf, erreiche nach fünf Minuten den Westteil und kehre schliesslich wieder in den Osten zu-

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rück, und dabei ärgere ich mich über die Busfahrer, die bei der Haltestelle Nordbahnhof, die direkt auf dem früheren Mauerverlauf steht, eine Zigarette rauchen, den Motor ihres Buses aber laufenlassen, damit ich den Dieselruss einatmen kann. Noch kein einziges Mal habe ich beim Joggen über die ehemalige Grenze an etwas anderes gedacht als an diese Busfahrer oder die nordische Körpergrösse mancher Berlinerinnen, deren Köpfe am Himmel über mir vorbeiziehen. Die Menschen, die an dieser Mauer erschossen worden sind, bleiben unvergessen, an sie denke ich manchmal, aber diese Art Erinnerung empfinde ich nicht als Last. Kürzlich war ich an einem Fest in einer schönen alten Villa am Wannsee, und irgendwann flüsterte mir jemand ins Ohr: «Wenn man bedenkt, dass wir uns hier am

Ort der Wannseekonferenz besaufen ...» Es war aber, wie sich herausstellte, gar nicht die ehemalige KonferenzVilla sondern eine historisch völlig unbescholtene. Aber das empfinde ich als Last: Dass man in Berlin dauernd von dunklen Erinnerungen belauert wird, ein ewiges Memento Hitler, Memento Geteilte Stadt, eine Zwangsehe mit der Vergangenheit. Diese Ehe wird allerdings vor allem auch von den Touristen arrangiert. Sie sind es, die von Berlin Vergangenheit und deren Zeugen verlangen, weil die Vergangenheit nun mal die berühmteste Berliner Spezialität ist, wie die Sachertorte in Wien, das Geschnetzelte in Zürich. Als Italiener, Spanier oder Amerikaner will man nicht heimkehren, ohne die Mauer gesehen zu haben, und deswegen hat die Stadtverwaltung beispielsweise in der


Bild links: Das Gebiet des neuen, fünf Hektar grossen Parks am Nordbahnhof war 28 Jahre lang Niemandsland. Die Topografie der historischen Schichten ist erhalten geblieben. Stadtpark Nordbahnhof. Bild rechts: In 103 Metern Höhe,die über den schnellsten Aufzug Europas erklommen werden, fällt der Blick auf die Geschichte: die Geschichte von heute, von gestern und von morgen. Potsdamer Platz, Kollhoff-Tower und Mauerrest.

Bernauer Strasse drei Laufmeter davon stehen lassen. Beim Joggen sehe ich manchmal Touristen zerbröckelnden Beton fotografieren, und ich habe tatsächlich auch schon Leute gesehen, die die Friedhofsmauer an der Gartenstrasse ablichteten. Auch Freunde

Bronze giessen, polieren, die Mauerreste für teures Geld sanieren? Die Mauer ist weg, basta, und wer froh darüber ist, braucht keine Reste von ihr, um sich zu erinnern. Eine beliebte Frage lautet, ob sie aber nicht noch in den Köpfen existiert. Es

Die Mauer ist weg, basta, und wer froh darüber ist, braucht keine Reste von ihr, um sich zu erinnern. aus der Schweiz, die mich in Berlin besuchen, möchten die lokale Spezialität geniessen, und die meisten beklagen sich darüber, dass nicht mehr davon angeboten wird, dass man den Palast der Republik abgerissen hat und man kaum noch sieht, wo der ehemalige Todesstreifen verlief. Wenn man aber in dieser Stadt lebt, ist man dankbar dafür, dass die Vergangenheit nur in homöopathischer Dosis sichtbar bleibt oder sogar ins Künstliche verzerrt wird, wie beispielsweise beim Checkpoint Charlie, der fast lächerlich wirkt durch die Sandsäcke und die Strassenschauspieler, die sich für ein paar Euro in amerikanischen Uniformen fotografieren lassen. Das Brandenburger Tor ist Schauplatz ähnlicher würdeloser Spektakel. Aber die Vergangenheit war eben würdelos, warum sollte man sie jetzt, da sie überwunden ist, liebevoll pflegen, in

gibt tatsächlich mindestens zwei sehr dicke und hohe Mauern in Berlin. Die eine verläuft zwischen Sandmann und Sandmännchen. Wer mit dem Ulbrichtbärtchen des Sandmanns aufgewachsen ist, wird jemanden, den das marktwirtschaftliche Sandmännchen ins Bett geschickt hat, nie von Herzen verstehen, und umgekehrt. Zu unterschiedlich war der Sand, der einem in die Augen gestreut wurde, vor allem die Mengen waren beim Sandmann deutlich grösser, was oft auch heute noch ein bisschen nachwirkt. Die zweite noch existierende Berliner Mauer ist die zwischen zwei Schweizer Schriftstellern, die sich bei einer Buchpremiere in Mitte oder Prenzlauerberg zufällig begegnen und nun einen Abend lang so tun, als würden sie sich nicht kennen. Denn in welcher Sprache sollten sie miteinander reden, etwa in Mundart? Das ist an

Endlosschleife – der Berliner Mauerweg Die Fotos auf diesen drei Seiten stammen von der Schweizer Filmemacherin Dominique de Rivaz. Von November 2006 bis Januar 2007 folgte sie dem einstigen Ring der Berliner Mauer und fotografierte Orte seines ursprünglichen Verlaufs, sowohl in der Stadt als auch in Brandenburg. 155 Kilometer lang ist der ehemalige Mauerring. «Wer sich vorgenommen hat, die Strecke über die gesamte Länge zu Fuss abzugehen, zwischen Stadt und Land, zwischen Vergangenheit und Zukunft, der muss nur an einer beliebigen Stelle in diesen Kreis hineingehen, um irgendwann wieder an seinem Ausgangspunkt anzukommen. Ein paar Tage, ein paar Wochen, oder ein paar Monate später.» Dominique de Rivaz hat den Weg im Winter abgelaufen, die winterliche Kargheit ermögliche darüber hinauszublicken, sie lege frei, was einst die Mauer in ihrer gesamten Präzision war. Einmal nur ist sie zurück gekehrt im April – um die von Japan geschenkten Kirschbäume in ihrer Blüte zu fotografieren.

books – Oktober 09 – 37


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Leben Die doppelte Pflastersteinreihe zeichnet den Verlauf der Hauptmauer nach. Alte Jakobstrasse.

einer Berliner Buchpremiere schwierig, man will ja nicht, dass die anwesenden Berliner ethnologische Überlegungen anstellen. Hochdeutsch? Das wirkt unter Schweizern gekünstelt. Das Dilemma ist unlösbar, es wird, im Gegensatz zum Todesstreifen, nie verschwinden, hier wird es nie ein 1989 geben und keiner skandiert: «Mier sind au es Volk!» Der Schweizer Schriftsteller Linus Reichlin lebt in Berlin, letztes Jahr wurde er für sein Buch «Die Sehnsucht der Atome» mit dem renommierten Deutschen Krimipreis ausgezeichnet. Sein neuester Krimi ist soeben erschienen und heisst «Assistent der Sterne».

Endlosschleife Der Berliner Mauerweg Dominique de Rivaz CHF 59.– Benteli Verlag ISBN 978-3-7165-1580-8

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Mehr Bücher zum Mauerfall Deutschland, Deutschland. Stefan Aust Das neue Buch von Stefan Aust: eine faszinierende Chronik des größten Umbruchs, den die Bundesrepublik durchlebte. Aust war direkt vor Ort: beim Mauerfall und in den Wirren der Jahre nach der »zweiten Stunde null«. Ein Buch im Stil einer Livereportage und eine journalistische Abenteuergeschichte, die die Ereignisse der Wendezeit unmittelbar vor Augen führt. CHF 36.90 Hoffmann und Campe ISBN 978-3-455-50132-2

Die Insel. Eine Geschichte West­Berlins. 1948-1990. Wilfried Rott Als vor zwanzig Jahren die Mauer fiel, waren nicht nur die Tage der DDR gezählt. Auch die Zeit West-Berlins ging zu Ende. 40 Jahre lang hat die halbierte Stadt inmitten des ostdeutschen Territoriums existiert und sich zu einem Biotop mit ganz spezifischen Lebensformen entwickelt. Mehrfach stand sie im Zentrum der Weltpolitik. Wilfried Rott legt nun die erste Gesamtdarstellung ihrer ebenso dramatischen wie bizarren Geschichte vor. CHF 43.90 C.H.Beck ISBN 978-3-406-59133-4

Berlin 1989 / 2009 Cees Nooteboom Als Aussenstehender und anteilnehmender Augenzeuge zugleich erlebt Cees Nooteboom das Jahr 1989 in Berlin. Seinen Bericht «Berliner Notizen» über diese Zeit, in der aus zwei deutschen Staaten einer wurde, rühmt Die Zeit als einen «schön erbarmungslosen Spiegel Deutschlands». Ende der Neunziger besucht der Autor erneut die nun nicht mehr geteilte Stadt. Und zehn Jahre später inspiziert er die Berliner Verhältnisse ein weiteres Mal. Zwanzig Jahre bewegter Geschichte spiegeln sich in dieser Zusammenstellung von Essays, die von den Deutschen und ihrer Hauptstadt erzählen, klug, unprätentiös und sinnlich. CHF 18.90 Suhrkamp ISBN 978-3-518-46118-1


Buchtipps

Wo die Zitronen blühen

B

Massimo Carlotto / Marco Videtta

Denn niemand hört dein Rufen Mary Higgins Clark

Ein Thriller vom Tod einer Braut, den Abgründen des Familienlebens und

Die Juristin Emily Wallace bekommt den Fall ihres Lebens übertragen:

der kriminellen Kehrseite des Kapitalismus. Im Nordosten Italiens wer-

Sie darf die Anklage gegen Gregg Aldrich führen, der unter Mordverdacht

den die Kleinstädte von wenigen Industriellenclans dominiert. Francesco

steht. Seine Frau, eine berühmte Schauspielerin, wollte sich von ihm

Visentin ist Spross einer wohlhabenden Anwaltsfamilie. Wenige Tage be-

trennen. Heimlich verfolgte er sie auf Schritt und Tritt. Als sie ermordet

vor er heiratet, wird seine geliebte Braut

aufgefunden wird, weisen die Umstän-

tot aufgefunden – brutal ermordet. Die

de eindeutig auf Aldrich, doch kann lan-

Suche nach dem Mörder offenbart die

ge kein Beweis für seine Tat vorgelegt

skrupellosen und mafiösen Praktiken

werden. Emily ist überzeugt von seiner

der Geschäftswelt – Menschenhandel,

Schuld – und sie hat einen Trumpf im

Erpressung, Ökokriminalität und Mord.

Ärmel: Ein Zeuge ist aufgetaucht, der

Ein Porträt der neuen Kriminalität in der

gegen ihn aussagen will. Mit seiner Hil-

Grauzone von Legalität und Verbre-

fe baut Emily die perfekte Anklage auf,

chen. Carlotto und Videtta erzählen die

sie arbeitet Tag und Nacht an dem Fall.

bittere Wahrheit über unsere korrupte

Dabei merkt sie gar nicht, dass jemand

Gesellschaft.

sie überwacht.

CHF 34.90

R

215 Seiten

CHF 36.90 416 Seiten

R

Tropen

Heyne

ISBN 978-3-608-50203-9

ISBN 978-3-453-26607-0

Im Koma

Totengleich

Joy Fielding

Tana French

Die 32-jährige Casey Marshall lebt in Philadelphia und ist eine ebenso er-

Als die junge Polizistin Cassie Maddox in ein verfallenes Cottage aus-

folgreiche wie glückliche Frau: Soeben haben sie und ihr Ehemann Warren

serhalb von Dublin gerufen wird, schaut sie ins Gesicht des Todes wie

beschlossen, ein Baby zu bekommen. Da ereignet sich ein unfassbarer

in einen Spiegel: Die Ermordete gleicht ihr tatsächlich bis aufs Haar. Wer

Vorfall: Casey ist im Begriff, in einer Tiefgarage in ihren Wagen zu steigen,

ist wohl diese Frau? Wer hat sie niedergestochen? Und hätte eigent-

als aus dem Nichts ein Auto auftaucht

lich Cassie selbst sterben sollen? Keine

und auf sie zusteuert. Als Casey im

Spuren und Hinweise sind zu finden. Da

Krankenhaus das Bewusstsein wieder

nimmt eine unheimliche Idee Gestalt an:

erlangt, ist sie völlig orientierungslos:

Kann Cassie Maddox in der Rolle der

Mit zunehmender Panik entnimmt sie

Toten in deren abgeschlossene, von den

den Gesprächen der Ärzte, dass sie

Dorfbewohnern misstrauisch beäugten

mehrere Wochen im Koma lag. Und: Sie

Welt eindringen, um den Mörder ihrer

ist einem gezielten Mordanschlag zum

Doppelgängerin zu finden? Ein unge-

Opfer gefallen. Sehr bald weiss sie: Der

heuerliches, gefährliches Spiel beginnt.

Mörder ist in ihrer Nähe …

CHF 36.90

R

432 Seiten

CHF 32.90 784 Seiten

Goldmann Verlag

Scherz Verlag

ISBN 978-3-442-31204-7

ISBN 978-3-502-10192-5

S = Sachbuch

R = Roman

D = DVD

K = Kinderbuch

R

books – Oktober 09 – 39


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Leben

Sour macht lustig Hotelbars verströmen den Duft der weiten Welt, sind die Bühne für Romanzen, Tragödien und fröhliche Stunden. Und sie bieten Cocktail-Kultur auf höchster Ebene. Gelegenheit, Hotelbars kennen (und lieben) zu lernen, bietet die Lange Nacht der Hotelbars. Bar-Kenner Carlo Bernasconi über Dos and Don’ts an der Bar. Text: Carlo Bernasconi

Bars sind Begegnungsorte unterschiedlichster Charakteren – männlichen und weiblichen – mit unterschiedlichsten Absichten und ebenso vielen Wünschen und Launen. Letztere geben Sie am besten an der Garderobe ab (falls Sie ganz schlecht drauf sind), Sie hindern sich selbst daran, die vom Barkeeper (der im Englischen immer auch weiblich ist) vor Ihren Augen gemixten Cocktails in schärfster Kürze (Thai Martini) oder lieblicher Län-

Vorname, Name:

ge (Ladykiller) zu geniessen. Gehen Sie nie angetrunken in eine Bar, das macht «brutta figura». Besserwisser haben ebenso wenig verloren, weil Sie mit ihrem Halbwissen dem Keeper die Arbeit vermiesen. Sauer sollten wirklich nur die Sours sein. Die Finger gehören nicht ins Glas, sondern führen es sanft zum Mund. Was indes erlaubt und gerne gehört wird: Beschreiben Sie dem Barkeeper kurz Ihre Stimmung, und er wird Ihnen einen Drink mixen, der Ihre Gefühlslage verlängert (euphorisch) oder rapide verkürzt (miesepetrig). Trinken Sie Ihren Cocktail mit Verstand. Wenn er gut gemixt worden ist, werden Sie sowieso einen «Refill» bestellen – und punkten damit beim Barkeeper. Wählen Sie Worte mit Bedacht und seien Sie höflich zu Damen (und Herren), wenn Sie angesprochen werden (kommt vor). Und geben Sie dem Barkeeper immer ausreichend Drink-Geld …

Buchtipps Kronenhalle Bar Carlo Bernasconi/Peter Roth Die besten Cocktails der Kronenhalle Bar und die Geschichten dazu – Geschichten von der Entstehung der Drinks und von den illustren Gästen, die sich daran erfreuten. CHF 49.90 224 Seiten Orell Füssli Verlag ISBN 978-3-280-05364-5 Zürich geht aus 2009/2010 Restaurants, Hotels, Bars – der ultimative Führer durch die Zürcher Gastroszene. CHF 24.90 Gourmedia ISBN 978-3-9523491-1-3

Wettbewerb – Gratis an die Lange der Nacht der Hotelbars Gewinnen Sie zwei Tickets für die Lange Nacht der Hotelbars!

Adresse:

Beantworten Sie einfach folgende Frage:

Wieviele Hotels machen an der 6. Langen Nacht der Hotelbars Zürich am Samstag, 14. November 2009 mit?

Ort: E-Mail:

Den Talon können Sie in jeder OF-Filiale abgeben. Abgabeschluss ist der 10. November 2009. 40 – books – Oktober 09

Lust auf eine Tour de Bar? Wir verlosen unter den Books-Leserinnen und -Lesern Tickets für die Lange Nacht der Hotelbars im Wert von je 44 Franken. Um 21 Uhr am 14. November startet die 6. Lange Nacht der Hotelbars in Zürich: Ein vergnüglicher Rundgang (es gibt einen kostenlosen Shuttle-Service) durch elf renommierte Hotelbars – Alden Hotel Splügenschloss, Plattenhof Designhotel, Hotel Ascot, Hotel St. Gotthard, The Dolder Grand, Sorell Hotel Zürichberg, Eden Au Lac, Steigenberger Bellerive au Lac, Four Points by Sheraton, Hotel zum Storchen, Zürich Marriott Hotel. Eigens für diesen Abend kreieren alle Chefs de Bar viele leckere Cocktails und um Mitternacht überraschen die Hotelküchen mit köstlichen Amuse Bouches. Mehr Infos und Ticketbestellungen: www.langenachtderhotelbars.ch.


Buchtipps

Kälteschlaf

B

Arnaldur Indriðason

Rauhnacht– Kluftingers neuer Fall Volker Klüpfel/Michael Kobr

An einem kalten Herbstabend wird an Islands geschichtsträchtigem See

Eigentlich sollte es für die Kluftingers ein erholsamer Kurzurlaub werden,

von Þingvellir die Leiche einer jungen Frau gefunden. Auf den ersten Blick

auch wenn das Ehepaar Langhammer mit von der Partie ist: ein Winter-

ein Selbstmord, doch Kommissar Erlendur wird misstrauisch, als ihm der

wochenende in einem schönen Berghotel samt einem Live-Kriminalspiel.

Mitschnitt einer Séance zugespielt wird. Kurz vor ihrem Tod hatte sich

Doch aus dem Spiel wird blutiger Ernst, als ein Hotelgast unfreiwillig das

die Frau an ein Medium gewandt. Trotz

Zeitliche segnet. Kluftinger steht vor ei-

seiner tiefen Skepsis gegenüber spiri-

nem Rätsel: Die Leiche befindet sich in

tistischen Praktiken geht Erlendur den

einem von innen verschlossenen Raum.

Hinweisen nach und rührt dabei an ein

Und über Nacht löst ein Schneesturm

gut gehütetes Familiengeheimnis, das

höchste Lawinenwarnstufe aus und

die Jugend dieser Frau überschattet

schneidet das Hotel von der Aussen-

hat. Kann Erlendur ohne die Hilfe von

welt ab. Kommissar Kluftinger ist ganz

Sigurdur Óli und Elinborg herausfinden,

auf sich allein gestellt. Das heisst: fast.

weshalb das Leben der Frau ein so tra-

Denn ein aufgekratzter Doktor Lang-

gisches und abruptes Ende nahm? Der

hammer mischt bei den Ermittlungen

achte Fall mit Kommissar Erlendur.

kräftig mit.

CHF 34.90

R

384 Seiten

CHF 34.90 368 Seiten

R

Lübbe Verlag

Piper Verlag

ISBN 978-3-7857-2361-6

ISBN 978-3-492-05204-7

Kalter Süden

Zerstört

Liza Marklund

Karin Slaughter

Der Tod des Eishockeystars Sebastian Söderström schlägt hohe Wellen.

Der sechste Thriller mit Gerichtsmedizinerin Sara Linton und Chief Jef-

Er und seine Familie sind einem Giftgasanschlag zum Opfer gefallen.

frey Tolliver! Was nur hat Lena Adams veranlasst in ihre Heimatstadt Ree-

Annika Bengtzon fliegt ins spanische Marbella und recherchiert in der

se zurückzukehren? Sara Linton ist wütend. Ihr Mann, Chief Tolliver, lässt

Welt der Superreichen, die zurückgezogen hinter hohen Mauern und

alles stehen und liegen, um Lena, seiner besten, aber gefährlich labilen

umgeben von den teuersten Alarmein-

Mitarbeiterin, die als Hauptverdächtige

richtungen ein Leben in scheinbarer

eines bizarren Mordes in Reese verhört

Sicherheit führen. In diesem Kosmos

wird, aus der Patsche zu helfen. Dabei

der glatten Oberflächen und gekühlten

hätte Sara selbst jede Unterstützung

Räume ist Schweigen Gold, und Ge-

nötig. Doch sie begleitet den Chief in

heimnisse werden über Generationen

eine Stadt, in der Gewalt, Drogen und

bewahrt. Die spanische Polizei gibt den

Lügen so alltäglich sind, dass es selbst

Fall schon bald resigniert auf. Doch An-

die beiden Ermittler schockiert. Und ei-

nika Bengtzon lässt sich nicht so leicht

ner scheint hinter den Kulissen die Fä-

abweisen und bleibt hartnäckig an dem

den zu ziehen: Lenas Ex-Freund Ethan

Fall dran.

Green.

CHF 36.90

R

517 Seiten

CHF 36.90 512 Seiten

Ullstein Verlag

Blanvalet

ISBN 978-3-550-08751-6

ISBN 978-3-7645-0265-2

S = Sachbuch

R = Roman

D = DVD

K = Kinderbuch

R

books – Oktober 09 – 41


B

Bücherwelt

Die Schweiz von Gotthelf bis Suter Orell Füssli Krauthammer im Zürcher Niederdorf setzt einen neuen Fokus auf Bücher aus und über die Schweiz. Die traditionellen «Krauthammer-Gebiete», von Architektur bis Design, haben dafür mehr Platz bekommen. Und auch die französische Abteilung bleibt stark. Text: Martin Walker Foto: Orell Füssli

Es sitzt sich formidabel im Niederdorf, hier an der neuen Bar im ersten Stock von Orell Füssli Krauthammer. Der Blick geht auf die Münster- und die Marktgasse hinaus, der Lavazza-Kaffee duftet. Gerade wurde die Buchhandlung komplett umgestellt, um die Bedürfnisse der Kundschaft besser abzudecken und das anspruchsvolle Sortiment grosszügiger präsentieren zu können. Das zeigt sich etwa im ersten Stock, wo die Bereiche Architektur, Fotografie und Mode, Kunst und Design mehr Platz bekommen haben. Ein grosser Holztisch lädt dazu ein, die üppigen Bildbände bequem und in

42 – books – Oktober 09

Ruhe zu studieren. «Wir bieten die grösste Auswahl in diesen Bereichen in Zürich an», erklärt Filialleiterin Salomé Mangles. «Mit dem Umzug in den ersten Stock schaffen wir ein eigentliches Kompetenzzentrum für Architekten und Designer, wo sie sich ungestört informieren können.» Dafür ist die französische Abteilung ins Parterre gerückt. Es ist ein ausgesuchtes Sortiment an französischen Büchern: Romane, Politik und Geisteswissenschaften, Bilder- und Kinderbücher. «Unser französisches Personal garantiert Authentizität, Aktualität und ‘des coups de cœur’», verspricht Salomé Mangles.

Mehr Swissness im Niederdorf Die grosse Neuigkeit aber heisst «Schweiz total». «Wir sind die erste Buchhandlung, die ein so grosses und vollständiges Sortiment an Büchern aus und über die Schweiz an einem Ort anbietet.» Romane, Koch- und Wanderbücher, Geschichte, Politik, Bildbände, Biografien, Kinderbücher, ausgesuchte Schweizer Filme. «Ein Leckerbissen für Leserinnen wie auch für uns Buchhändlerinnen», gesteht

Salomé Mangles. Besonders angetan ist sie vom grossen Autorenalphabet, wo Klassiker neben Modernem stehen, Krimis neben Lyrik, Westschweizer Autoren im Original neben Deutschschweizern. Kurz: «Wir zeigen eine moderne, selbstbewusste Schweiz von A bis Z.» Natürlich wird auch weiterhin allgemeine Belletristik präsentiert, bis hin zu den gelben Reclam-Bändchen, Trouvaillen und Leckerbissen. Auch das ausgesuchte Angebot an Nonbooks im «Highend-Bereich» (etwa die originelle Legelampe), geschmackvolle Postkarten und eine kleine, aber feine Auswahl an Studiofilmen sind erhältlich. Neu gibt es die Abteilung «Gay Life» mit schwuler und lesbischer Literatur. Salomé Mangles ist überzeugt, dass eine Buchhandlung mehr ist, als ein Laden, der Bücher verkauft. «Was gibt es schöneres, als gemütlich im Dörfli zu flanieren, bei uns in Büchern zu schmökern und anderen Menschen zu begegnen, die sich auch für Bücher interessieren.» Der eine oder die andere haben tatsächlich schon die Zeit vergessen auf den Sofas …


Geschichten und Begegnungen Persönliche Lesetipps von Salomé Mangles

Salomé Mangles Orell Füssli

Die Begeisterung, die Salomé Mangles versprüht ist ansteckend. Die gelernte Buchhändlerin leitet seit etwas mehr als einem Jahr die Buchhandlung im Niederdorf. Für sie ist das ein mehr als passendes Umfeld, bringt sie doch auch einige Jahre Erfahrung in der Werbung mit und spricht perfekt Französisch. Aufgewachsen in St. Margrethen, wo jeder Zug halte und sowohl das Ankommen als glücklicherweise auch das Wegkommen einfach mache, hat sie sich immer mehr gen Westen orientiert, nach Frankreich und über den Atlantik bis nach Venezuela, wo ihr Mann einen Teil seiner Wurzeln hat. Die Liebe und Begegnungen mit Menschen sind ihr das Wichtigste im Leben. Musik mag sie, und zwar Hip Hop, Electro, Soul, Dub und Jazz. Vinyasa Yoga betreibt sie täglich. Vor allem aber sind es Bücher, die sie liebt, Geschichten. Geschichten, die sie mit anderen teilen, austauschen und diskutieren will. Zum Beispiel die folgenden Lieblingsbücher von Salomé Mangles:

Shantaram Gregory David Roberts «Australia‘s most wanted» bricht aus einem Hochsicherheitsgefängnis aus, um in Bombay seine Karten neu zu mischen. Dieser Roman hat alles, was es braucht, um eine grosse Geschichte zu erzählen. Der Sog lässt nie nach und nach der letzten des über 1000 Seiten starken Buches wünscht man sich, es nicht so schnell gelesen zu haben. Eines der besten Bücher, die bis anhin meinen Weg gekreuzt haben. CHF 45.90, Goldmann, ISBN 978-3-442-31153-8 Nach Hause schwimmen Rolf Lappert Wilbur mag nicht wachsen und bleibt klein. Seine Taten bewegen hingegen Grosses in den Menschen, denen er begegnet. Lapperts Stil erinnert stark an die grossen amerikanischen Erzähler. Ich liebe gut erzählte Geschichten. Diese hat mich besonders überrascht, da der Autor weit reist, um uns seinen Hauptcharakter nahe zu bringen. CHF 37.90, Hanser, ISBN 978-3-446-20992-3 Die Stimmen von Marrakesch Elias Canetti Auch wenn man noch nie in Marrakesch war, schafft es Canetti, einem die Stadt anhand kleiner Anekdoten nahe zu bringen. Liebeserklärung an einen Mikrokosmos. CHF 25.90, Hanser, ISBN 978-3-446-20209-2

Das neue Werk der »Königin des historischen Romans« WELT AM SONNTAG

ISBN 978-3-7857-4182-5

ISBN 978-3-431-03791-3

M

it einer Schar anderer Jungen und Männer lebt Losian eingesperrt in einer Inselfestung vor der Küste Yorkshires. Als eine Laune der Natur ihnen den Weg in die Freiheit öffnet, wagen sie die Flucht zurück aufs Festland. Ein Abenteuer beginnt und als Losian einer Frau begegnet, mit der ein Neuanfang möglich scheint, beginnt er zu ahnen, dass er die Schuld an dem Krieg trägt, der England zugrunde zu richten droht ...

books – Oktober 09 – 43


B

Bücherwelt

Wenig dran – viel drin Die neue Art des Lesens – eReader machen mobil und werden immer komfortabler in der Benützung. Die kleinen Geräte sind die perfekten Begleiter für Vielleser, Pendler und Reisende. Bei Orell Füssli sind die aktuellsten Modelle erhältlich. Text: Annette Bernath Foto: Sony

Sie werden immer besser, die E-Reader, mit denen sich Bücher, aber auch Dokumente bequem lesen lassen, ohne dass man stapelweise Bücher und Papier mit sich herumtragen muss. Die Vorteile der elektronischen Geräte liegen auf der Hand: • Sie sind leicht, bieten aber dennoch viel Speicherplatz für Bücher und Dokumente • Die Schrift ist individuell skalierbar und somit leichter lesbar • Das flimmerfreie Display schont die Augen und beugt Ermüdung vor • Die Bedienung ist einfach und intuitiv, z. T. mit Touchscreen • Verschiedene Dateiformate, auch Audio-Files, werden unterstützt • Sehr lange Akkulaufzeit – über 6000 Seiten lesen ohne auf­laden

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Mit der Erfindung der eInk-Technologie hat die Entwicklung der elektronischen Lesegeräte eignen gewaltigen Schub bekommen. Denn die üblichen Bildschirme eignen sich nicht besonders für längeres Lesen, eInk, die elektronische Tinte, aber ist vollkommen flimmerfrei. Wie funktioniert das? Zwischen zwei Elektroden befinden sich mikroskopisch kleine Kapseln mit positiv geladenen weissen Pigmenten und negativ geladenen schwarzen Pigmenten. Je nach angelegter Spannung wandern die weissen oder schwarzen Pigmentteilchen nach oben. Dies ergibt ein gestochen scharfes Schriftbild, wie man es von herkömmlich gedruckten Seiten gewohnt ist. Dazu kommt aber noch ein grosser Vorteil, den besonders ältere Menschen zu schätzen wissen: Die Schriftgrösse ist individuell einstellbar, wobei der Text (je nach verwendetem Dateiformat) automatisch neu umbrochen wird. Orell Füssli hält in seinen Filialen immer die aktuellste Auswahl an

E-Readern bereit, denn nicht zuletzt spielt auch das Design und die Haptik eine Rolle. Nehmen Sie mal einen iLiad* in die Hand – der grosse Bildschirm eignet sich besonders gut für Studenten und Geschäftleute, die oft grossformatige Dokumente, mit Grafiken etwa, lesen müssen. Oder testen Sie den neuen Sony Reader PRS-600: ein schickes Teil, das neu mit Touchscreen und Druckstift daherkommt, um das man Sie beneiden wird. Der Sony Reader ist das ideale Gerät für Vielleser, egal ob im Zug oder am Strand. So viele Bücher hatten noch nie Platz in einer Handtasche. Das Angebot an eBooks, der elektronischen Ausgabe von Büchern also, wird immer grösser. Egal ob Romane oder Fachbücher. Neben dem Umstand, dass eBooks keinen Platz brauchen (abgesehen vom Speicherplatz), haben eBooks auch den Vorteil, dass sie in der Regel rund 20 Prozent günstiger sind als gedruckte Bücher. Orell Füssli macht den Einstieg leicht: auf www.books.ch finden Sie eine riesige Auswahl an eBooks zum Download bereit. Das bedeutet auch, dass Sie eBooks jederzeit und von überall her kaufen können, unabhängig von Ladenöffnungszeiten. Kaufen Sie jetzt einen eReader bei Orell Füssli und wir schenken Ihnen einen Gutschein von 20 Franken, den Sie beim Kauf eines eBooks auf www.books.ch anrechnen können. * nur in den grösseren Filialen oder online über books.ch erhältlich


Cybook Gen 3 Plus

Sony PRS-505S

Sony PRS-600 BC

iLiad Book Edition

iLiad 2nd Edition

iRex DR 1000S

174

260

286

435

435

570

Diagonale

6 Zoll

6 Zoll

6 Zoll

8,1 Zoll

8,1 Zoll

10,2 Zoll

Toucscreen

Nein

Nein

Ja

Ja

Ja

Ja

Notizen

Nein

Nein

Ja

Ja

Ja

Ja

Unterstützte Systeme

Mac/Windows

Windows

Mac/Windows

Windows

Windows

Windows

Sprachen

D/E/F/ES/NL

D

D/E/F/NL

D/E/F/ES/NL

D/E/F/ES/NL

D/E/F/ES/NL

ePub

Nein

Ja

Ja

Nein

Nein

Nein

Mobipocket

Ja

Nein

Nein

Ja

Ja

Ja

PDF

Ja

Ja

Ja

Ja

Ja

Ja

Audio

Ja

Ja

Ja

Nein

Nein

Nein

USB

Nein

Nein

Nein

Ja

Ja

Nein

Mini-USB

Ja

Ja

Ja

Nein

Nein

Ja

W-LAN

Nein

Nein

Nein

Nein

Ja

Nein

Speicherkapazität

512 MB

192 MB

380 MB

128 MB

128 MB

128 MB

USB-Stick

Nein

Nein

Nein

Ja

Ja

Nein

Memory-Stick Pro Duo

Nein

Ja

Ja

Nein

Nein

Nein

SD-Karten

Ja

Ja

Ja

Ja

Ja

Ja

Preis CHF

550.–

379.–

449.–

850.–

890.–

990.–

Gewicht in gr Bildschirm

Wichtigste Formate

EIN WEG, DER HILFT, DIE UMWELT ZU SCHONEN UND ENERGIE ZU SPAREN:: Wenn Sie bei Ihrer nächsten Bestellung Ihr Getränk in Ihrem Tumbler mitnehmen, schenken wir Ihnen 50 Rappen.

Eine Empfehlung der Starbucks Coffeehouses in den Orell Füssli Buchhandlungen im Westside (Bern), im Kramhof und am Stadelhofen (Zürich). Gültig in allen Starbucks Coffeehouses in der Schweiz. books – Oktober 09 – 45

© 2009 Starbucks Coffee Company. All rights reserved. Printed in Germany.

Anschlüsse


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Orell Füssli

Jeder kann schreiben Die Autorinnen Milena Moser und Sibylle Berg und die Agentin Anne Wieser sind «Die Schreibschule». Bookpoints-Mitglieder profitieren von günstigeren Preisen für die Schreibkurse. Text: Martin Walker Foto: Lozza für Annabelle

«Bringt es was?», wird Milena Moser häufig gefragt, wenn es um ihr «Fliegendes Klassenzimmer» geht. «Kommt darauf an, was Sie wollen», antwortet sie jeweils. Schreiben kann jeder, ist sie überzeugt. Aber ein bisschen Anleitung schadet keinem. Den Nobelpreis für Literatur aber verspricht sie nicht. Es geht vielmehr darum, die schlummernden

46 – books – Oktober 09

Schreibfähigkeiten zu wecken und Mut zu machen. Dies alles in einem ungezwungenen Rahmen, in kleinen Gruppen, die sich in Milena Mosers Schreibatelier in Aarau treffen. Hat man den ersten Kurs hinter sich, bietet sich die Fortsetzung an: Ein ganzes Wochenende steht zur Verfügung, um eine Hauptfigur für einen Roman zu entwickeln und die Handlung zu entwerfen. Milena Moser hilft, einen realistischen Arbeitsplan aufzustellen, ohne das ganze Leben dabei umkrempeln zu müssen. Im dritten Kurs dann werden auf spielerische Weise verschiedene Literaturformen ausprobiert, um so zum eigenen Schreibstil zu finden – oder ihn zu verfeinern. Wer intensive Betreuung wünscht,

Sibylle Berg, Milena Moser, Anne Wieser (von links nach rechts)

wählt «Die harte Schule»: Die Online-Seminare mit Sibylle Berg. Der Austausch erfolgt per E-Mail. Text

Ein bisschen Anleitung schadet keinem schicken – und Sibylle Berg versieht ihn mit Kommentaren und Fragen. Der Vorteil: Die Kurse sind ortsunabhängig und terminlich flexibel zu gestalten. «Seit ich selber Menschen mit ihren Texten helfe, verstehe ich auch


meine eigenen Lektoren besser», versichert Sibylle Berg. Hat man die Arbeit endlich geschafft und ein fertiges Manuskript vorliegen, dann beginnt «Der Ernst des Lebens» mit Anne Wieser. Die Literaturagentin, unter anderem betreut sie Sibylle Berg und Milena Moser, führt kenntnisreich in Verlagswesen und Buchmarkt ein. Am Anfang steht das Exposé, ohne das man kein Manuskript an den Verlag bringt. «Beim Schreiben des Exposés entdecken die Schreibenden häufig noch Unstimmigkeiten, merken, wo sie ihr Manuskript nochmals überarbeiten müssen», weiss Anne Wieser aus Erfahrung.

Viele Wiederholungstäter «Unter den Kursteilnehmerinnen und -teilnehmern sind alle Alters- und Berufsgruppen vertreten», weiss Anne Wieser. «In der Schreibschule treffen sich Menschen mit ganz unterschiedlichem Hintergrund, die aber eines gemeinsam haben: die Lust zum Schreiben – und hier mit professioneller Unterstützung weiterkommen wollen. Bis jetzt haben rund 170 Schreibende die Angebote genützt. «Und die Reaktionen waren durchwegs positiv», freut sich Anne Wieser. «Nicht wenige haben sich nach einem ersten zu einem zweien oder gar dritten Kurs angemeldet.» Gute Nachrichten gibt es übrigens auch für jene, die Milena Moser vor allem lesen möchten: Im nächsten Frühjahr wird ihr neuer Roman erscheinen. Und der neue Roman von Sibylle Berg, «Der Mann schläft», ist gerade im Hanser Verlag erschienen. Es ist eine zarte, aber auch verstörende Liebesgeschichte. Eine Annäherung zweier Menschen, die – raffiniert konstruiert – in einem plötzlichen Verschwinden gipfelt. Allerdings nicht ohne einen Hoffnungsschimmer am Horizont.

Die Schreibschule Sonderangebot für bookpoints-Mitglieder Weitere Informationen zu den einzelnen Kursen und Anmeldung unter www.die-schreibschule.com oder hermesbaby@hispeed.ch Tel. 044 212 78 12 bookpoints-Mitglieder erhalten einen Sonderpreis auf die Einführungskurse.

Die Kursdaten Milena Moser: Anfangen! (1 Tag): 7.11.09, 21.11.09, 22.11.09, 9.1.2010 und 10.1.2010. CHF 400.– für bookpoints-Mitglieder nur CHF 350.– Loslegen! (2 Tage): 14/15.11.09 und 16./17.1.2010. CHF 800.– Dranbleiben (4 Abende), November 09: 11./18./25./2.12.09, Februar 2010: 8./15./22.2 und 1.3.2010. CHF 800.– Sibylle Berg: Bitte bei der Anmeldung den gewünschten Starttermin für das Online-Seminar angeben. Schreiben perfektionieren. Dauer: 2 Monate. CHF 1500.– für bookpoints -Mitglieder nur CHF 1400.– Der Intensivkurs – an einem vorhandenen Text arbeiten. Dauer: 1 Woche. CHF 1500.– Worüber schreiben? Ein Thema für den nächsten Roman/Die nächste Erzählung finden. Dauer: 1 Woche. CHF 1000.– Anne Wieser: Am Anfang ist das Exposé (1 Tag): 28.11.2009 und 23.1.2010. CHF 400.– für bookpoints -Mitglieder nur CHF 350.– Ich suche einen Verlag für mein Manuskript (Wochenendseminar): 16./17.1.2010

Das neue Buch von Sibylle Berg:

Der Mann schläft Sibylle Berg CHF 34.90 Hanser Verlag ISBN 978-3-446-23388-1

Sehen Sie den Video-Clip mit Sibylle Berg auf www.books.ch/berg

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V

Veranstaltungen

Begegnungen bei Orell Füssli Interessante Menschen, spannende Bücher, belebende Begegnungen – der Veranstaltungskalender der Orell Füssli Buchhandlungen.

Michelle Obama

Yangzom Brauen

– Ein amerikanischer Traum. Der Biograph Christoph von Marschall gibt uns Einblicke in das Leben dieser faszinierenden Frau. (ermässigte Preise für Bookpointsmitglieder). Dienstag, 13. Oktober 2009, Kaufleuten, Pelikanplatz, 8001 Zürich, 20 Uhr.

Die Schauspielerin liest aus «Eisenvogel, drei Frauen aus Tibet – die Geschichte meiner Familie». Samstag, 24.Oktober 2009, Orell Füssli Buchhandlung, Kramhof, Füsslistr. 4, 8022 Zürich, 19 Uhr, Eintritt frei.

Lesung von Margaret Atwood Die Orell Füssli Buchhandlung, das Kaufleuten und der Tages-Anzeiger präsentieren im Rahmen der L-Reihe die Lesung von Margaret Atwood. Deutscher Text: Graziella Rossi, Moderation: Thomas Bodmer. Tickets erhältlich in der Orell Füssli Filiale Kramhof an der Füsslistrasse 4, im Kaufleuten oder per E-Mail auf orders@books.ch Mittwoch, 21. Oktober 2009, Kaufleuten, Pelikanplatz, 8001 Zürich, 20 Uhr.

Annemarie Schwarzenbach Der unbekannte Zwilling – Annemarie Schwarzenbach im Spiegel der Fotografien. Bettina Augustin unternimmt eine Annäherung an die Annemarie Schwarzenbach in der Betrachtung und Reflexion von 20 Fotografien. Freitag, 23. Oktober 2009, Orell Füssli Krauthammer, Marktgasse 12, 8001 Zürich, 19 Uhr.

Kurzgeschichten mit «Miss Universum» Michèle Roten, Journalistin und Autorin der bekannten Kolumne im «Magazin» des Tages-Anzeigers liest aus ihrem Buch «Miss Universum». Orell Füssli Buchhandlung, Marktgasse 3, 8400 Winterthur, 1. Untergeschoss. Reservationen unter 052 269 09 42. Freitag, 23. Oktober 2009, 19 Uhr.

Ü70-Schreibwettbewerb: Varianten meiner Biografie. Ü70 heisst ein Schreibwettbewerb, der gezielt auf ältere Menschen zugeschnitten ist. Das Prinzip des Wettbewerbs ist einfach: Schreiberinnen und Schreiber mit Jahrgang 1939 und älter können je einen Text zu einem vorgegebenen Thema einreichen. Die acht Siegerinnen und Sieger des diesjährigen Wettbewerbs machen in Zürich Station und lesen aus ihren Texten zum Wettbewerbsthema «Frei erfunden – Varianten meiner Biografie». Moderation: Richard Reich. Orell Füssli Buchhandlung am Bellevue, Theaterstrasse 8, 8001 Zürich. Freitag, 23. Oktober 2009, 19.30 Uhr.

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Asia-Woche mit asiatischer Degustation. Samstag, 24.Oktober 2009, Orell Füssli Buchhandlungs AG, Einkaufszentrum Passage, 8500 Frauenfeld, 11 Uhr, Eintritt frei.

Gespräch Ein Gespräch zum Buch «Das volle Leben» von Susanna Schwager. Drei sehr unterschiedliche Männer öffnen die Schatzkammer ihrer Erinnerungen und lassen uns auf wunderbare Geschichten blicken. Moderator Röbi Koller spricht mit dem Politiker und Hotelier Walther A. Hegglin, dem Bankkassier und Blumenforscher Hans Horn und dem Architekten und Biologen Eduard Neuschwander. Samstag, 24.Oktober 2009, Orell Füssli Buchhandlung, Kramhof, Füsslistr. 4, 8022 Zürich, 14 Uhr, Eintritt frei.

Lebensgeschichte eines Weines Madeleine Gay, Önologin und Winzerin des Jahres 2008, und Chandra Kurt, Wein-Autorin, erzählen aus dem Leben des Maître de Chais. Wir laden Sie herzlich ein, diesen mehrfach prämierten Wein aus dem Wallis zu degustieren. Orell Füssli Buchhandlung am Bellevue, Theaterstrasse 8, 8001 Zürich. Samstag, 24. Oktober 2009, 16 Uhr.

Lass dich mit Globi fotografieren! Globi und das Team Wendolina freuen sich auf dich und warten mit einer besonderen Überraschung: Lass dich zusammen mit Globi fotografieren und hol dir eine Globi-Autogrammkarte mit persönlicher Widmung! Mittwoch 4. November 2009, Orell Füssli Buchhandlungs AG, Einkaufszentrum Westside, Gilberte-de-CourgenayPlatz 4, 3027 Bern, 14 bis 17 Uhr, Eintritt frei.


Wettbewerb W

Das Literatur-Kreuzworträtsel Unter den richtigen Lösungen verlosen wir Bücher-Gutscheine: 1. Preis: Fr. 200.–, 2. Preis: Fr. 100.–, 3. Preis: Fr. 50.–, 4. bis 10. Preis: je Fr. 20.–

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Bis am 30. November 2009 in einer der Orell Füssli Filialen in Zürich, Bern, Luzern, Winterthur, Frauenfeld oder bei Rösslitor Bücher in St. Gallen abgeben oder per E-Mail an: books@books.ch. Über den Wettbewerb wird keine Korrespondenz geführt.

PLZ / Ort E-Mail

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K Kolumne Foto: Thomas Kern

Der Mann und das Buch Eine Kolumne von Milena Moser

Milena Mosers aktueller Roman heisst «Stutenbiss», zuletzt erschien von ihr «Flowers in your hair – Wie man in San Francisco glücklich wird». Die Website von Milena Moser: www.milenamoser.com

«Was, du hast ein Buch dabei?», sagt der Teenager im Zug zu seinem Vater. «Willst du etwa darin lesen? Voll peinlich!» Der Junge hat keine Ahnung. Nichts ist anziehender, als ein Mann, der liest. Ein Blick auf den Schutzumschlag verrät mehr als drei verkrampfte Gespräche über halbvollen Kaffeetassen. Ob einem ein potenzieller Seelenverwandter im überfüllten Pendlerexpress gegenüber sitzt, erkennt man am untrüglichsten daran, ob er «Die Gesetze der Gewinner» liest oder «Ein Handbrevier für Hochstapler und solche, die es werden wollen». Wenn man es genau wissen will, kann man am nächsten Morgen mit «Die Tigerin» kontern und hat, ohne ein Wort zu verlieren, bereits alles gesagt. Das wird der Junge im Zug hoffentlich noch lernen. Denn einem lesenden Mann ist nur schwer zu widerstehen. Nur schon deshalb, weil er in freier Wildbahn eher selten ist. Oder zumindest hört man das immer: Männer lesen nicht. Sie gehen nicht in Buchhandlungen, sie kaufen keine Bücher und besuchen auch keine Lesungen, ausser, sie werden dazu gezwungen. Meiner Erfahrung entspricht das allerdings nicht. Ich bin in einem Haus aufgewachsen, in dem Schriftsteller ein und aus gingen, sich zur Begrüssung küssten und leidenschaftlich über Bücher diskutierten, die eigenen, aber noch lieber über die von Abwesenden, nächtelang. Später lebte ich mit drei Männern zusammen. Das klingt nun allerdings aufregender, als es wirklich war: Wir waren Buchhändlerlehrlinge, die sich die Miete teilten, und die Leidenschaft, die uns verband, galt der Entdeckung, dass man Dünndruckausgaben klas-

50 – books – Oktober 09

sischer Literatur billig in der damaligen DDR bestellen konnte, und dass die Krimis von Kinky Friedman bald einer nach dem anderen im Haffmans Verlag erscheinen würden. Die einzelnen Bände der Boris Vian-Gesamtausgabe reichten wir uns weiter wie begehrte Schmuggelware. Wir legten unsere Regale zusammen und hatten bald die schönste Bibliothek unserer Generation. Wir behandelten die Bücher der anderen, als seien sie unsere eigenen, schlugen sie im züchtigen 45-Grad-Winkel auf, um die zarten Rücken nicht zu brechen, und bevor wir ein Buch in die Tasche steckten, nahmen wir seinen Schutzumschlag ab. Und ja, es wurden durchaus Blicke über Buchränder hinweg getauscht, und Diskussionen darüber geführt, ob man eine ernsthafte Beziehung mit einer Frau eingehen könne, die Taschenbücher der Reihe «neue frau» auf dem Nachttisch liegen habe. Ich meinerseits konnte mich rückhaltlos in einen Mann verlieben, wenn ich seine Wohnung betrat und gleich von den vertrauten gelb-schwarzen Rücken der Diogenes-Kriminalromane begrüsst wurde, die seine Wände bedeckten. Heute versorgt mich mein belesener Schwiegervater mit neuer Schweizer Literatur. «Hier, lies mal Zora del Buono!» Wenn es wirklich Männer gibt, die nicht lesen, dann habe ich sie bis heute nicht getroffen. Ich halte sie für ein bösartiges Gerücht. Der Teenager im Zug vergräbt sich in ein Manga – auch ein Buch –, und sein Vater lacht. Er liest Don Quijote, die neue Übersetzung. Kaum zu übertreffen, ich weiss: Ich habe sie ihm zum Geburtstag geschenkt.


Frankfurter Buchmesse, Halle 4.1 A106

Bücher von Montabella

BOOKS Vertretung Schweiz: Baumgartner Bücher AG, c/o AVA, Centralweg 16, 8910 Affoltern am Albis Telefon 044 7624280, Fax 044 7624285, baumgartner@ava.ch

Dieser Bildband ist Kult Max Weiss

Das grosse Buch vom Engadin 48 Panorama-Aufnahmen zum Teil doppelseitig (96 cm lang) der schönsten Gegend der Alpen 4. Auflage mit 14 neuen Fotografien Grossbildband 49x22.5 cm, gebunden, 96 Seiten. ISBN 978-3-907067-37-6, CHF 98.–/EUR 64.–

Auslieferung DE/A Herold Auslieferung & Service GmbH, Raiffeisenallee 10, D-82041 Oberhaching Telefon 089 6138710, Fax 089 61387120, herold@herold-va.de

Das Original von Montabella

Luzius Gessler

Die Stumme

Constance Hotz

Geschichten aus dem Engadin In einer stürmischen Winternacht sucht eine verstörte junge Frau Zuflucht bei einem schweigsamem Brüderpaar. Wer ist die rätselhafte Frau, um die alle sieben Erzählungen sich drehen? Spannende, sagenhafte Erzählungen farbig illustriert von Manette Fusenig Loderer. 15 x 23 cm, 144 Seiten, gebunden, Schutzumschlag. ISBN 978-3-907067-39-0, CHF 27.– / EUR 18.–

V I E R TAG E I M M Ä R Z Roman

ankommen

Salome

suchen Schnee Stille Geheimnis

Müstair

NEU

Marcella Maier

Constance Hotz

A. Lareida /B. Connell

Das grüne Seidentuch

Vier Tage im März

Das verliebte Kätzchen

Eine spannende Familiensaga vor dem Hintergrund der Entwicklung zweier Bergtäler zu bekannten Ferienzielen. 15x23 cm, 224 Seiten, 18 Abb., gebunden, Schutzumschlag. ISBN 978-3-907067-21-5 CHF 29.50/EUR 19.80

Ein Roman vom Suchen und Finden – spannend, poetisch und unterhaltsam. Der erste Roman der deutschen Autorin mit Bezug zur Schweiz ist eine Entdeckung. 15x23 cm, 196 Seiten, gebunden, Schutzumschlag. ISBN 978-3-907067-35-2 CHF 29.50/EUR 19.80

Bilderbuch, dt., ital., engl. für Kinder ab 6 Jahren. Das Buch weckt Freude am Erzählen, Lesen und Interesse an Fremdsprachen. Ideal für Familien aus verschiedenen Kulturkreisen. 19.5x27.5 cm, 56 Seiten, 24 Illustrationen, gebunden. ISBN 978-3-907067-33-8 CHF 29.80/EUR 19.80

P. A. Bloch / F. Rödiger

Engadin –

Merisio/Vannuccini

Merisio/Lisignoli

Merisio/Bottonelli

Luca Merisio

Sinnlichkeit der Jahreszeiten Einzigartige Dokumentation mit 112 Farbfotos und 20-Min.-Film auf DVD der schönsten Alpenregion. Bildband 21x30 cm, mit DVD, gebunden, 96 Seiten. ISBN 978-3-907067-28-4 CHF 35.–/EUR 24.–

Bernina

Giganten aus Granit

Dolomiten – Winterzauber

Engadin –

Viertausender zwischen der Schweiz und Italien. Bildband 24.5x33 cm, gebunden, 176 Seiten, 177 Farbfotos. ISBN 978-3-907067-10-9 CHF 88.–/EUR 59.–

Die Kletterberge im Bergell und Valmasino. Bildband 24.5x33 cm, gebunden, 176 Seiten, 128 Farbfotos. ISBN 978-3-907067-15-4 CHF 89.–/EUR 59.50

Grossartige Aufnahmen, interessante Texte in Deutsch und Italienisch. Bildband 25x33 cm, gebunden, 160 Seiten. ISBN 978-3-907067-22-2 CHF 78.–/EUR 53.–

Ursina Vinzens Künstlerportrait einer der grossen eigenständigen Malerinnen unserer Zeit. Textbeiträge von Iso Camartin, Beat Stutzer u. a., Bildband 28x22.5 cm, 144 Seiten, gebunden. ISBN 978-3-907067-27-7 CHF 49.50/EUR 34.–

Mengia Spreiter-Gallin

Liebe und Leidenschaft Familiensaga von Clara Koller-Marbach und dem St. Moritzer Hotelarchitekten Karl Koller Ein Buch von Aufbruchstimmung, Pioniergeist und architektonischer Kühnheit. Ein ergreifendes Zeugnis der Lebenssituation zu Beginn des letzten Jahrhunderts. Reich illustriert, spannende Tagebuchaufzeichnungen, historische Bilder, 17 x 24 cm, 220 Seiten, 118 Fotos, Gewebeeinband mit Schutzumschlag, ISBN 978-3-907067-38-3, CHF 39.– / EUR 26.–

Ceretti/Lautenberg

Paul Emanuel Müller

Engadin – Engadine – Engadina – Engiadina

Bitte, lass mich nicht allein

30 zauberhafte Aquarelle, ausgewählte Texte in Deutsch, Italienisch, Französisch, Romanisch von weltweit bekannten Persönlichkeiten. 24x22 cm, 108 Seiten. ISBN 978-3-907067-20-8 CHF 48.50/EUR 32.50

Christliches Gebet im Wandel der Zeit Ein Buch der Liebe, ein Geschenk. 30 Fotos von Stephan Jungck, gebunden, 144 Seiten. ISBN 978-3-907067-26-0 CHF 39.50/EUR 26.50

MONTABELLA VERLAG, ST. MORITZ

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Die schönsten Wanderungen Kompetent, schönster Reise führer mit Informationen über Sport, Kunst, Kultur, Erholung. 300 Fotos, 15 Karten, 17 x 24 cm, 224 Seiten, Broschur. CHF 38.–/ EUR 25.50 Deutsch: ISBN 978-3-907067-23-9 Italienisch: ISBN 978-3-907067-24-6 Englisch: ISBN 978-3-907067-25-3 Französisch: ISBN 978-3-907067-32-1 books – Oktober 09 – 51


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