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books – das Magazin der Orell Füssli Buchhandlungen – November 2010

Der Geheimdienst als Spiegel der Welt John Le Carrés «Verräter wie wir»

Bilder statt Buchstaben Literaturverfilmungen

«Ich sage nie: So war’s !» Interview mit Eveline Hasler

Vielfältig wie das Leben selbst Biografien

Mit Wettbewerb !


Das Präsent, Das immer Passt! Mit der Orell Füssli Geschenkkarte bereiten sie zu jedeM anlass eine Freude. Wählen sie aus vier Kartensujets und bestimmen sie den Wert ihres Geschenkes. alle Karten sind wieder aufladbar und werden in einem passenden Umschlag verpackt. erhältlich in jeder Orell Füssli Buchhandlung, bei the Bookshop, rösslitor Bücher und restseller. Oder unter www.books.ch/geschenkkarte

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The message is the message

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Inhalt

© Alice Vollenweider

Liebe Leserin, lieber Leser Das Erzählen ist so alt wie die Menschheit. Das älteste Medium dafür ist die Sprache, doch überliefert wurden Erzählungen zuerst in Bildern: mit Höhlenzeichnungen. Erst viel später wurde die Schrift als vielfältiges Mittel der Überlieferung entwickelt; ihre volle Wirkung konnte sie dann dank der Erfindung des Buchdrucks entfalten.

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4 Notizen 10 Der Geheimdienst als Spiegel der Welt: John Le Carrés «Verräter wie wir» 15 Mein Buch 16 Interview mit Eveline Hasler 20 Vielfältig wie das Leben selbst: Biografien 24 Bilder statt Buchstaben: Literaturverfilmungen 30 Neues von Orell Füssli 32 Fantastisch!: Fantasy-Neuerscheinungen 36 Kaffeepause: Die Buchhändlerinnen-Debatte 40 Interview mit Susanna Schwager 44 Kochbücher: Von den Besten lernen 48 Veranstaltungskalender 49 Kreuzworträtsel 51 Kolumne: So schreibe ich Die nächste Ausgabe von books, dem Magazin der Orell-Füssli-Buchhandlungen, erscheint am 11. März 2011. Sie erhalten books kostenlos in jeder Filiale. Bestellungen nehmen wir gern entgegen über www.books.ch, orders@books.ch und Telefon 0848 849 848. Buchhandlungen von Orell Füssli finden Sie in Bern, Frauenfeld, Luzern, St. Gallen, Winterthur und Zürich.

Impressum Herausgeber: Orell Füssli Buchhandlungs AG Dietzingerstrasse 3 Postfach 8036 Zürich Gesamtherstellung: Media Tune AG, Zürich Redaktion: Die Blattmacher GmbH, Zürich Gestaltung: Strichpunkt GmbH, Winterthur Foto Cover: dpa Picture-Alliance GmbH

Alle so gekennzeichneten Bücher sind auch als eBook auf www.books.ch erhältlich.

Sie fragen sich, weshalb ich in einem Buchmagazin so weit aushole? In dieser Ausgabe von books finden Sie zwar keinen Artikel zur Höhlenmalerei, aber zu Büchern, Literaturverfilmungen, DVDs, eBooks und unserem booksblog. Das zeigt: Nicht mehr das Medium ist entscheidend, sondern der Inhalt – die gute Geschichte und relevante Information. Nicht das Medium ist die Nachricht, wie es geheissen hat («the media ist the message») – sondern die Botschaft bleibt am Ende eben die Botschaft. Für uns Buchhändler ergibt sich daraus die Herausforderung, dass wir zu Medienhändlern werden. Unsere wichtigste Aufgabe ist es heute, Ihnen unabhängig vom Medium das anzubieten, was Sie interessiert. Das gelingt uns nur mit guten Mitarbeitenden und kompetenter Beratung. Ich bin überzeugt: Bei Orell Füssli finden Sie beides.

Ihr András Németh Mitglied der Geschäftsleitung


Notizen Sie lieben Bücher? Vermutlich schon – sonst würden Sie kaum dieses Magazin in den Händen halten. Jetzt gibt es einen neuen Bildband, der Sie ganz explizit anspricht: «Räume für Menschen, die Bücher lieben». Die Fotografin Leslie Geddes-Brown ist überzeugt, dass Bücher zur Raumgestaltung beitragen. Diese These untermauert sie mit eindrücklichen Bildern privater Bibliotheken aus allen Ecken der Welt – von Kenia bis New York. «Jeder Wohnraum braucht seine Portion Bücher», meint die Fotografin – und zeigt, wie die Menschen ihre Küchen, Badezimmer und Flure mit Büchern aufwerten. Der Band bietet viel Inspiration für die eigene Ablage und zahlreiche praktische Tipps, worauf man bei der Einrichtung einer privaten Bibliothek achten soll.

© Annika Marklund

Notizen Weihnachten steht bald vor der Tür, dennoch rücken wir das Fest der Feste in dieser Ausgabe von «books» nicht zu sehr ins Zentrum – denn bald erscheint ja auch noch der Weihnachtsprospekt von Orell Füssli. Aber an einem Weihnachtsbuch führt für uns jetzt kein Weg vorbei: «Mörderische Weihnachten» ist sozusagen eine Quintessenz zweier unserer diesjährigen Hauptthemen, «Skandinavische Krimis» und «Mordende Frauen». Herausgegeben wurde der Sammelband von der supererfolgreichen schwedischen Krimi-Autorin Liza Marklund; er enthält unter anderem Geschichten von Åke Edwardson und Arne Dahl. Und er zeigt, dass es sich gefährlich lebt in den langen dunklen Nächten Skandinaviens – erst recht zur Adventszeit!

4 – books – November 2010

Giorgio von Arb zählt zu den renommiertesten Fotografen der Schweiz. Er arbeitete als Fotojournalist, erhielt dreimal ein Eidgenössisches Stipendium und war zwischen 1980 und 2001 Lehrer für Fotografie an der Schule für Gestaltung in Zürich. Bekannt machten ihn vor allem seine Grossreportagen, die er in Buchform veröffentlichte. Für «Klosterleben» (1993) warf er einen behutsamen Blick hinter die Mauern geschlossener Frauenklöster in der Ostschweiz. In «Meister Tod» (2002) beschäftigte er sich mit der Kulturgeschichte des Sterbens in der Schweiz und in Liechtenstein. Im Bildband «Leute am Grabserberg» (1988) porträtierte er die gesamte, 600 Menschen zählende Bevölkerung am Berghang im Rheintal; 2007 nahm er dieses Projekt wieder auf und liess den Band «Leute am Grabserberg – 20 Jahre danach» folgen. Jetzt ist das neueste Buch von Giorgio von Arb erschienen: «Ein Buch über die Welt. Das Kloster Distenis». Gemeinsam mit dem bekannten Journalisten und Schriftsteller Erwin Koch porträtiert der Fotograf die 30 Mönche, die in der Benediktinerabtei in Graubünden leben. «Wir sind die Quersumme der Gesellschaft», wird der Abt des Klosters im Buch zitiert. «In unserem Kloster sind so ziemlich alle Charaktere vertreten, die menschenmöglich sind.» In unzähligen Besuchen haben sich der Fotograf und der Journalist diesen Charakteren angenähert – und dabei einmalige Einblicke in eine Welt gewonnen, die einem zugleich fremd und vertraut vorkommt.


Graphic Novel – das ist viel mehr als ein Comic: ein illustrierter Roman, eine Bildergeschichte mit höchstem Anspruch. Pionier dieser Stilrichtung war der US-Amerikaner Will Eisner mit seinem herausragenden Buch «Ein Vertrag mit Gott» – diese erste Graphic Novel ist bis heute eine der besten geblieben. Mittlerweile wird mit Graphic Novels immer häufiger versucht, klassische literarische Texte neu aufzubereiten und ihnen damit auch ein neues Publikum zu erschliessen. Zwei Neuerscheinungen zeigen jetzt auf spannende Weise die Möglichkeiten und Grenzen des Genres. Sehr gelungen ist Stephane Heuets Adaption des hochkomplexen psychologischphilosophischen Romans «Auf der Suche nach der verlorenen Zeit» von Marcel Proust. Während der jahrelangen Arbeit an dieser Umsetzung musste Heuet den Inhalt der mehrere tausend Seiten dicken Vorlage notgedrungen massiv reduzieren; es gelang ihm aber, die Atmosphäre des Romans, den er wörtlich und oft sehr ausführlich zitiert, einzufangen und Prousts Erinnerungen mit detailgenauen Zeichnungen aus dem Frankreich des Fin de siècle in Bilder zu fassen. In Frankreich waren sogar die oft eher puritanischen Proustianer begeistert, als vor 14 Jahren der erste Band von Heuets Serie erschien. Das will noch nicht viel heissen, denn in Frankreich zählt man Comics schon

längst zur Kunst – überraschender ist deshalb die Begeisterung, die «Auf der Suche nach der verlorenen Zeit» auch in den USA auslöste: «Wir literarischen Banausen schätzen diese reduzierte Kunst sehr», jubelte die «Washington Post». Jetzt gibt es den schönen, im Tim-und-Struppi-Stil gezeichneten Comic endlich auch auf Deutsch. Etwas andere Gefühle hinterlässt die neue Comic-Version von Franz Kafkas «Die Verwandlung» durch das bewährte Team Eric Corbeyran (Szenario) und Richard Horne (Zeichnungen). Wir erinnern uns: Gregor Samsa wacht eines Tages auf und ist ein riesiges Ungeziefer. Fortan wird er seiner Familie immer mehr zur Plage ... Der Horror von Samsa und seiner Umwelt lässt sich natürlich fabelhaft in düstere Bilder packen, und die Stärke der Comic-Umsetzung liegt denn auch beim Visuellen, das im Stil eines Batman-Comics gehalten ist und mit vielen filmischen Mitteln arbeitet. Die soziale und psychologische Dimension der Vorlage bleibt allerdings weitgehend ausgespart – und das führt dazu, dass die Graphic Novel letztlich doch ganz anders wirkt als die Erzählung von Kafka. Als eigenständiges Werk ist «Die Verwandlung» superb und empfehlenswert, aber sie erspart einem nicht, das geniale Original zu lesen. Gottseidank.

Der Schweizer Autor Urs Faes gewinnt regelmässig bedeutende Preise und stösst in den Feuilletons auf viel Wohlwollen. Jetzt haben die Kritiker – und natürlich auch die Leserschaft – wieder Grund, sich zu freuen, denn Faes’ neuer Roman «Paarbildung» ist erschienen. Der Aargauer erzählt darin die Geschichte des Psychologen Andreas Lüscher, der als Gesprächstherapeut Ärzte und Patienten in der onkologischen Abteilung eines Spitals betreut. Eines Tages liegt auf seinem Pult die Krankenakte einer Patientin, deren Name ihm vertraut ist: Mit Meret Etter verband ihn vor Jahren eine intensive Liebe. Die Wiederbegegnung mit ihr – nach langer Trennung und angesichts einer tödlichen Bedrohung – wirft Fragen nach Lebenssinn und Tod auf. Urs Faes erzählt leise und in schöner Sprache von dieser Begegnung. Handlung gibt es nicht viel – die Geschichte habe damit Raum, ihre emotionale Vielschichtigkeit zu entfalten, schrieb ein begeisterter Kritiker. Und die NZZ urteilte: «Fiktionales Schreiben über Schicksale von Kranken wirkt oftmals prätentiös oder anmassend, aber Faes meistert die Herausforderung mit gutem Gespür für Dramaturgie und einer klaren Sprache ohne jeglichen Pathos.»

DAS GROSSE WAGNIS DER LIEBE

Roman, gebunden, 528 Seiten ISBN 978-3-0369-5572-8, SFr. 35.90

Nach seinem Bestseller Ruf mich bei deinem Namen erzählt André Aciman in seinem zweiten Roman leidenschaftlich und kompromisslos von grossen Gefühlen, unermesslichem Glück und schmerzlichem Verlust.

books – November 2010 – 5

www.keinundaber.ch


Notizen In diesen Wochen können wir gleich eine ganze Reihe von Jubiläen rund um die Literatur feiern. Und gar ein Doppeljubiläum: Am 5. Januar 2011 wäre Friedrich Dürrenmatt genau 90 Jahre alt geworden – wäre er nicht bereits am 14. Dezember 1990, also vor genau 20 Jahren, gestorben. Dürrenmatt war der grösste Dramatiker, den die Schweiz bis jetzt hatte, sieht man einmal von Max Frisch ab. Frisch-Fans haben im nächsten Jahr übrigens auch viel zu feiern, dann jährt sich der Geburtstag des Zürchers zum 100. Mal; zumindest, wenn es um Jubiläen geht, hat Dürrenmatt also die Nase vorn. Wir nehmen an, dass bei Ihnen daheim bereits eine Gesamtausgabe mit den Werken von Dürrenmatt steht, deshalb müssen wir Ihnen hier schon etwas Besonderes empfehlen. Zum Beispiel den Prachtband «Dürrenmatt. Sein Leben in Bildern». Ein Buch fast so kolossal wie der Mensch, der darin vorgestellt wird. Wer es weniger mit Bildern hat, kann sich dafür am neuen Lesebuch «Meine Schweiz» erfreuen. Dürrenmatt gibt sich darin gewohnt kritisch – und gewohnt humorvoll. Ebenfalls ein Doppeljubiläum gab es 2010 bei Mark Twain. In diesem Frühjahr jährte sich sein Todestag zum 100. Mal, am 30. November gibt es auch noch seinen runden Geburtstag zu feiern: Der Schriftsteller, der eigentlich Samuel Langhorne Clemens hiess, kam vor genau 175 Jahren zur Welt. Sein Geburts- und Todesdatum sind übrigens durch eine eigenartige Konstellation miteinander verknüpft: Mark Twain kam zur Welt, nachdem der Halleysche Komet aufgetaucht war, und starb einen Tag nach dessen Wiederkunft. Natürlich wurden dieses Jahr unzählige Bücher von und über Mark Twain publiziert. Zum Abschluss des Twain-Jahrs möchten wir Ihnen noch zwei Neuerscheinungen ans Herz legen. Zuerst einmal das schmale Bändchen «Die schreckliche deutsche Sprache». In diesem neu aufgelegten, erzkomischen Essay spielt Mark Twain alle seine Stärken aus – Beobachtungsgabe, Humor und eine sehr, sehr spitze Feder. Wer sich mit noch mehr regionalen Speisen aus Mark Twains Küche eindecken will, sollte sich zudem das Hörbuch «Bummel durch Europa – Schweiz» herunter laden; Rufus Beck liest Auszüge aus Twains Bericht über seine legendäre Europareise. Aber selbstverständlich ist auch alles andere von Mark Twain empfehlenswert – vor allem der Roman «Die Abenteuer des Huckleberry Finn». Nur Menschen, die keinen Funken Abenteuerlust mehr in sich verspüren, können dieses Opus magnum des grossen Amerikaners als Jugendbuch bezeichnen.

2010 jährte sich nicht nur der 100. Todestag von Mark Twain, sondern auch jener von Leo Tolstoi – der Russe starb am 20. November 82-jährig auf der Flucht vor seiner Frau. Die Gattin war wenig erbaut darüber, dass Tolstoi seinen Nachlass – zum Beispiel die Romane «Krieg und Frieden» oder «Anna Karenina» – dem geliebten russischen Volk und nicht ihr vermachte. Tolstoi war einer der grossen Denker des 19. Jahrhunderts, ein überaus kritischer Zeitgenosse, der sich mit Gott und der Welt – beziehungsweise mit der Kirche und dem Zaren – anlegte und eigentlich jeder Macht gegenüber skeptisch blieb. Dass er ungebrochen lesenswert ist, beweist die Neuauflage von «Die schönsten Erzählungen». Der Aufbau-Verlag hat in diesem Band 18 Geschichten von Tolstoi versammelt, die gleichzeitig amüsant und tiefgründig sind. Oder wie ein Kritiker schrieb: «Die Lektüre von Tolstois Geschichten vermittelt an einem einzigen Leseabend mehr Menschenkenntnis als ein ganzes Jahr an der Liebesfront.»

Jahrestage

Wir bewegen uns hinsichtlich der Jubiläen nun in Richtung Kinderliteratur. Beginnen wir mit einem norwegisch-walisischen Schriftsteller, der für alle Altersgruppen schrieb: Roald Dahl starb am 23. November 1990 in Oxford. Sein Werk könnten wir auch in unserem Artikel über Literaturverfilmungen auf Seite 24 vorstellen, denn viele seiner Bücher kamen ins Kino: «Charlie und die Schokoladenfabrik», «Der fantastische Mister Fox», «James und der Riesenpfirsich» oder «Matilda». Alle diese Bücher sind von einem äusserst skurrilen, oft auch makabren Humor geprägt. Wenn Sie also ein wirklich originelles Buch für Ihre Kleinen oder nicht mehr ganz so Kleinen daheim suchen: Nutzen Sie das DahlJubiläum! Genug der Todestage: Ellis Kaut feiert Geburtstag – sie wird 90 Jahre alt. Sie wissen nicht, wer Ellis Kaut ist? Sicher kennen Sie ihre berühmteste Schöpfung: den rothaarigen Kobold Pumuckl, der wegen eines besonderen Paragraphen im Koboldgesetz an den alten Schreinermeister Eder gebunden ist. Pumuckl können Sie sich bei Orell Füssli gleich multimedial besorgen: Es gibt unzählige Bücher, Hörspiele und Filme. Besonders beliebt – und besonders gelungen – sind die Mundart-Hörspiele mit Jörg Schneider und dem unvergesslichen Paul Bühlmann.

Nun kommen wir jubiläumsmässig bei den Kleinsten an. Eines der schönsten Bilderbücher überhaupt ist wohl «Der Maulwurf Grabowski». Der Österreicher Luis Murschetz, sein Schöpfer, wird dieser Tage 75 Jahre alt. Wir gratulieren – und wünschen vielen Kindern den kleinen Grabowski ins Büchergestell! Bild Pumuckl: © 2010 Buchagentur. «Pumuckl», Geschichten von Ellis Kaut. Lizenz durch: Buchagentur Intermedien-GmbH www.buchagentur.de Pumuckl-Figur: Brian Bagnall, Barbara von Johnson (Originalentwurf)

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Notizen

Was lesen Sie gerade ? Paul Riniker, Regisseur und Produzent, Zürich: «Das hat unsere Liebesbeziehung überdauert: Ich tausche mit meiner Exfrau immer noch Literatur-Tipps aus. Sinnigerweise gab sie mir kürzlich Rafael Yglesias’ ‚Glückliche Ehe’. Ein schönes, starkes Buch, gut geschrieben, dicht, unsentimental und doch berührend – einfach so, dass ich auch ohne Krimiplot gern weiterlese. Es ist die Geschichte einer Liebe, von den wildromantischen Anfängen bis zum Abschied, dem Tod. Auf ein Kapitel aus den Anfängen kommt eines aus dem Ende, was die beiden Lebensphasen stets in einen spannenden Bezug zueinander setzt. Älterwerden und Sterben sind ohnehin Themen, die mich zunehmend beschäftigen, und die Spiegelung mit der Jugend ist ein für mich neuer, packender Ansatz.»

Leute, die das mögen, mögen auch ... Oft ist die letzte Seite eines Buchs jene, die man am wenigsten gern liest – weil man nicht möchte, dass das Buch schon zu Ende ist. Glücklicherweise können einem Fachleute in solchen Momenten weiterhelfen und einem Bücher mit vergleichbaren Qualitäten empfehlen. Heute macht das Susanna Beusch; sie ist seit 33 Jahren Buchhändlerin und arbeitet seit sechs Jahren bei Orell Füssli in Winterthur. «Was kann man einem Bestseller wie ‚Gut gegen Nordwind‘ von Daniel Glattauer entgegensetzen? Ich bin kühn und empfehle ‚Zwei an einem Tag‘ von David Nicholls. Stilistisch sind die beiden Bücher zwar nicht unbedingt miteinander zu vergleichen, inhaltlich aber gibt es Parallelen, die bei mir als Leserin zu ähnlichen Gefühlen führten. Daniel Glattauer erzählt eine Liebesgeschichte zwischen zwei Menschen, die nur per E-Mail miteinander verkehren und einander noch nie gesehen haben. Bei Nicholls sind die Hauptfiguren, die nicht zueinander kommen können, zwei Studierende, die eine schöne Nacht miteinander verbringen, deren Leben danach aber in verschiedene Richtungen gehen. Sie bleiben zwar befreundet, aber ihre Geschichten könnten unterschiedlicher nicht sein. Dexter ist schön, jung und will den Erfolg, Emma will die Welt verbessern und den Sinn des Lebens finden. Die beiden

verbindet aber ein Verständnis auf einer tiefen Ebene. Nicholls erzählt, wie die nächsten 20 Jahre der beiden verlaufen – indem er jeweils den 15. Juli jedes Jahres beschreibt. Man fragt sich beim Lesen ständig: Kriegen die beiden einander? Bei Glattauer lautete die Frage: ‚Wann sehen sich die Hauptfiguren endlich – und kann das gut gehen?’ Und hier: ‚Kommen sie wieder zusammen – und kann das gut gehen?’ ‚Zwei an einem Tag’ ist wie ‚Gut gegen Nordwind’ eine wunderschöne Liebesgeschichte, spannend, geistreich und lebensklug.»

Also gut, noch ein Weihnachtsbuch – diesmal, weil sein Autor aus Zürich stammt. Und weil er Charles Lewinsky heisst. Und weil vielleicht auch Sie zur immer grösseren Fangemeinde dieses vielfältigen Schriftstellers zählen. In seinem neuesten Oeuvre «Der Teufel in der Weihnachtsnacht» erzählt er uns von einem schrecklichen Traum des Papstes vor Weihnachten: Der Teufel steht vor seinem Bett und führt ihn in Versuchung. Doch träumt der Papst das alles nur? Wie so oft brilliert Lewinsky mit Schalk und spitzer Feder.

Seit Menschen schreiben können, halten sie fest, was sie gerade getan haben – zur Erinnerung oder Dokumentation, zur Bewältigung bestimmter Ereignisse oder einfach aus Gewohnheit. Dabei entstehen Tagebücher, die in der Regel nicht zur Veröffentlichung bestimmt sind. Rainer Wieland hat jetzt den enormen Aufwand auf sich genommen, sich durch 180 Tagebücher aus den letzten 500 Jahren zu lesen – und die besten Stellen in der 700-seitigen Sammlung «Das Buch der Tagebücher» zu vereinen. Dabei hat der Sammelband selber die Form eines Tagebuchs erhalten: Die Einträge sind chronologisch übers Jahr geordnet. So können wir lesen, dass Thomas Mann am 31. Januar sehnsüchtig die Wiederkehr seiner Empire-Uhr erwartet, Victor Klemperer die Nazis lachhaft findet, Andy Warhol in einem Theater blossgestellt wird und Marie Valérie von Österreich vom Suizid ihres Bruders erfährt. Man könnte es sich fast zur Gewohnheit machen, jeden Tag die Eintragungen zu diesem Tag zu lesen!

books – November 2010 – 7


Notizen

Die Leseausrüstung: 4. Folge Bücher, die singen? Puzzles, die sprechen? Ein neues Konzept des Ravensburger Verlags macht’s möglich. Es heisst tiptoi und ist ein audiodigitales Lernsystem für Kinder von 4 bis 10 Jahren. Das Prinzip ist kinderleicht: Tippt ein Bube oder Mädchen mit dem tiptoi-Stift auf ein Bild oder einen Text, erklingt ein passendes Geräusch, Sprache oder Musik. Eine intelligente Elektronik ermöglicht Kindern, Bücher und Spiele eigenständig immer wieder neu zu erleben. Der Stift funktioniert mit allen Produkten, die das tiptoi-Logo tragen – gegenwärtig mit vier Büchern aus der Ravensburger-Reihe «Wieso? Weshalb? Warum?», fünf Lernspielen und dem interaktiven Globus-Puzzleball. Dank seiner intelligenten Elektronik ist der tiptoi-Stift zugleich Spielleiter, Geschichtenonkel und Rätseltante.

Aus dem Leben einer Buchhändlerin Kunde: Entschuldigen Sie, haben Sie Office World? Buchhändlerin: Ja, im 3. Stock, bei der EDV. Kunde: Nein, nein, nicht EDV, es geht um Philosophie! Buchhändlerin: Hm, ich schau mal. Office World ... schreibt man das zusammen? Ist es neu? Kunde: Ich weiss auch nicht genau. Es geht um verschiedene Philosophen. Zum Glück kamen unserer ratlosen Buchhändlerin dann zwei Kolleginnen zu Hilfe: Gesucht war «Sofies Welt» von Jostein Gaarder

(Dialoge in dieser Rubrik sind authentisch und wurden in einer Filiale von Orell Füssli geführt.)

tiptoi-Stift

Motiv: © Faschingsplakat von Erwin von Kreibig Ü.: Peter Urban-Halle. 488 Seiten. Geb. mit Lesebändchen. sFr 33,90

CHF 52.00 Ravensburger

8 – books – November 2010

Wer SMILLA mochte, wird TILTE lieben! »Voller Witz und Fabulierfreude verbindet Høeg Familiendrama und Schelmenroman, Religionskritik und Kriminalroman.« Jörg Böckem, KulturSPIEGEL

www.tiltes-insel.de


3 Fragen an Corinna ToepelSievers In ihrem Erstling «Samenklau» erzählt Corinna Toepel-Sievers von der Berlinerin Phoebe, die mit 42 Jahren endlich ein Kind haben möchte. Phoebe geht ins Zürcher Nobelhotel Baur au Lac, um dort potente Erzeuger kennenzulernen. Tatsächlich begegnet sie zwei interessanten Herren. Doch dann nimmt das Unheil seinen Lauf ...

Sie sind gleich alt wie Ihre Hauptfigur Phoebe, haben den gleichen Beruf wie sie – Kieferorthopädin – und sind wie Phoebe eine Deutsche, die nach Zürich gekommen ist. Ist das Buch autobiografisch? Zu etwa 50 Prozent. Es gibt zahlreiche Parallelen zwischen mir und Phoebe, ich habe vor meiner Heirat vieles erlebt, was ins Buch einfloss. Aber verraten Sie das nicht meinem Mann. Meine beiden Kinder sind allerdings keine Samenklau-Kinder. Und alles in allem bin ich wohl etwas solider als Phoebe.

WettbewerbsGewinner In der letzten Ausgabe von books verlosten wir Büchergutscheine. Gewonnen haben: 1. Preis: Doris Geiger, Zürich 2. Preis: Michael Enzler, Riggisberg 3. Preis: Eva Horvath, Winterthur

Herzliche Gratulation! Die Gewinnerinnen und Gewinner der Preise 4 bis 10 werden schriftlich benachrichtigt.

Alle Notizen von Marius Leutenegger

Was hat Sie zum Thema inspiriert? Ein Problem, das mich beschäftigt hat: Als berufstätige Frau, die Karriere machen will, hat man keine Zeit, um Kinder zu bekommen, man schiebt die Familiengründung auf – bis der Zug abgefahren ist. Im Unterschied zu Phoebe hatte ich aber immerhin einen wunderbaren Mann, mit dem ich am Ende doch noch eine Familie gründen konnte. Für Phoebe gibt es kein direktes Vorbild, aber ich habe mehrere studierte Freundinnen, die das Problem der tickenden Uhr kennen – und es ist auch schon vorgekommen, dass Bekannte von mir ihre Männer etwas unkritischer wählten, weil sie einfach schwanger werden wollten. Letztlich inspirierte mich aber ein Traum zu «Samenklau» – ich träumte die ganze Handlung und schrieb sie danach von Hand auf. Phoebes Experiment endet in einer Katastrophe. Möchten Sie damit den Frauen ein warnendes Beispiel geben? Im Gegenteil. Ich finde, Frauen sollten ihre Karriere nicht zurückstellen, um möglichst früh Kinder zu bekommen. Ich würde den meisten Frauen raten, sich bis 35 auf die Karriere zu konzentrieren – sonst werden sie von den Männern abgehängt, die ohne

© Laura J Gerlach

Notizen

Unterbrechung im Berufsleben stehen. Aus eigener Erfahrung weiss ich allerdings, dass es eine grosse Herausforderung ist, danach alles unter einen Hut zu bringen. Ich würde also sagen: Macht erst Karriere und gründet dann eine Familie, aber leicht ist das nicht. Und ich habe auch Verständnis dafür, dass man sich wie Phoebe die besten Gene holen will, wenn es ausschliesslich um Fortpflanzung geht.

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Wenn man wissen möchte, wie unterhaltsam das «Literarische Quartett» war, die legendäre Literatursendung des ZDF, kann man sich auf Youtube die Sendung vom Juni 2000 anschauen. Behandelt wurde damals der Roman «Gefährliche Geliebte» des Japaners Haruki Murakami – herrlich, wie da die Kritiker aufeinander losgehen, allen voran natürlich der stets leicht cholerische Marcel Reich-Ranicki. Die Sendung machte Murakami bei uns schlagartig berühmt. Seine hiesige Fangemeinde wurde noch grösser, als 2004 sein Roman «Kafka am Strand» auf Deutsch erschien. Jetzt gibt es einen neuen Roman des medienscheuen Japaners: «1Q84». Der Titel erinnert nicht von ungefähr an George Orwells «1984», nur ist es diesmal keine Gedankenpolizei, die das Schicksal der Menschen prägt, sondern eine Gruppe kleiner Wesen, die aus dem Maul eines toten Schafs kriecht und aus einer Parallelwelt stammt. Die Geschichte, die sich über mehr als 1000 Seiten erstreckt, ist ein raffiniert gebauter «Roman im Roman», eine Allegorie über Spiritualität und eine düstere, ja gerade apokalyptische Liebesgeschichte. Murakami gilt als Schriftsteller der Single-Generation, seine Figuren sind stets einsam und glücklos. Sex ist bei ihm immer ein wichtiges Thema – er war Anlass für den Streit im «Literarischen Quartett» –, diesmal koppelt ihn Murakami auch noch mit dem Todesmotiv. Die Kombination von Lustprinzip und Todestrieb riecht natürlich stark nach Carl Gustav Jung und Sigmund Freud. Wem das jetzt alles zu kompliziert klingt, dem sei gesagt: So viel Substanz das Buch hat, so schlicht ist es geschrieben. Murakami ist ein Meister des Minimalismus, schnörkellos liefert er einen Denkanstoss am anderen – wäre der Vergleich nicht so abgeschmackt, man müsste wohl von Zen zwischen zwei Buchdeckeln sprechen. books – November 2010 – 9


Schwerpunkt Text: Hanspeter Künzler – Foto: White Hare Productions Limited

Der Geheimdienst als Spiegel der Welt John Le Carré ist einer der bedeutendsten englischsprachigen Autoren der Gegenwart. Seine Spionageromane sind nicht nur spannend, sie zeichnen auch ein präzises Bild von den Schattenseiten unserer Zeit. Das ist bei Le Carrés neuestem Roman «Verräter wie wir» nicht anders. 10 – books – November 2010


Schwerpunkt Der Literaturexperte Peregrine «Perry» Makepiece und seine Verlobte Gail Perkins fliegen in John Le Carrés neuem Roman «Verräter wie wir» nach Antigua, um sich mit entspannten Ferien auf den Ernst einer neuen Lebensphase vorzubereiten. Auf dem Tennisplatz begegnen sie dem bärenhaften Russen Dima und seinem rätselhaften Anhang von Leibwächtern, Kindern und vermummten Ehefrauen. Am Anfang wehrt sich das Liebespaar gegen die Annäherungsversuche des protzigen Oligarchen. Schliesslich unterliegen sie aber dessen perfider Mischung von Charme und Zwang doch noch. Dima, so stellt es sich heraus, hat seine Stellung in der Brüderschaft russischer Gangster verloren und befürchtet, jeden Moment umgebracht zu werden. Von der Verbindung mit Perry und Gail verspricht er sich einen Kontakt zum britischen Geheimdienst MI5, der seinen Kopf aus der Schlinge ziehen soll. Im Gegenzug könnte er dem MI5 brisante Informationen liefern über die Verbindung von englischen Lords, Parlamentariern und Geschäftsleuten mit der russischen Unterwelt.

«Menschen, die über die englische Oberschicht wettern, wissen gar nicht, wie schlimm diese wirklich ist. Ihre Vorurteile sind atemberaubend.» Der integere Mensch in einer korrupten Welt Natürlich kann sich Perry der Romantik eines solchen Abenteuers nicht entziehen. Aber von dem Moment an, in dem es ihm tatsächlich gelingt, eine Verbindung zum Geheimdienst herzustellen, sind er und Gail – ganz zu schweigen von Dima – die Marionetten in einem tödlichen Spiel geworden, von dem sie weder die Regeln noch die Mitspieler kennen. Einer der Höhepunkte dieses Spiels ereignet sich während eines Tennismatchs: des French-OpenFinals zwischen Roger Federer und dem Schweden Robin Söderling. Die lustvolle Beschreibung von Federers gloriosem Spiel

einerseits, der zornige Ausbruch von Perry über die zweifelhafte Moral der Leute, welche die Geschicke der Nation leiten, andererseits – diese beiden Passagen stecken die Extreme ab, zwischen denen sich nicht nur die elegante Prosa von John Le Carré bewegt, sondern auch das Denken des Autors. Die Thematik von einem im Grunde integren Menschen, der von Umständen und Institutionen in einen Wirbel amoralischer und korrupter Händel gestürzt wird, aus dem er sich nicht mehr befreien kann, führt wie ein roter Faden durch die 22 Romane von John Le Carré. Diese Thematik hat der Autor, der mit richtigem Namen David Cornwell heisst, aus dem eigenen Leben gegriffen.

«Le Carré sprengt den Rahmen des Genres» Benedict Newbery ist Dichter, Journalist und Le Carré-Fan. Dann und wann unternimmt er eine Führung durch die Welt von George Smiley im Londoner Quartier Hampstead. books : Woher kommt Ihre Faszination für Le Carré und Smiley? Benedict Newbery : Le Carrés Romane beschwören für mich einerseits die Zeit und die Stimmung meiner Kindheit herauf. Andererseits handeln sie von einer mysteriösen Welt, über die ich nichts wusste, die aber ganz zur Struktur des englischen Lebens, des engli-

Unkonventionelle Kinderstube Dank Autoren wie Graham Greene, John Buchan, Joseph Conrad und Eric Ambler stand der Spionageroman als Literaturgattung in voller Blüte, als David Cornwell 1949 für den britischen Geheimdienst rekrutiert wurde. Damals war Cornwell 17 Jahre alt und lebte in Bern, wo er deutsche Sprache und Philosophie studierte. Er habe sich zu dieser Zeit wie ein politischer Flüchtling gefühlt, wird Cornwell später sagen. Geflohen war er vor der englischen Internatkultur, vor der Klassengesellschaft und vor dem Vater. Geboren am 19. Oktober 1931 in Poole an der englischen Südküste, genoss Cornwell eine unkonventionelle Kinderstube. Seine Mutter verliess bei Nacht und Nebel das Haus, als er fünf Jahre alt war. Sein Vater war ein notorischer Betrüger auf hohem Niveau. Er liess sich im Bentley chauffieren, bezahlte das Schulgeld mit Dörrfrüchten aus dem Schwarzmarkt und landete auch mal im Knast. Zudem hegte er grosse soziale Ambitionen für die beiden Söhne und setzte alles daran, dass sie dank einer Internatbildung den Sprung von der unteren in die obere Mittelschicht schafften. Es sei eine «kulturlose Existenz» gewesen im Internat, das Leben sei von der Rute und der Athletik bestimmt worden. Schliesslich weigerte sich der rebellische Teenager, nach den Ferien in die Schule zurückzukehren, und überredete den Vater dazu, ihn nach Bern ziehen zu lassen.

schen Establishments gehört. Was halten Sie als Schriftsteller von Le Carrés Schreibstil? Er ist aussergewöhnlich elegant. Dabei ist besonders sein Umgang mit der Handlung und deren Verwirrungen meisterhaft. Besonders gefällt mir, dass Le Carré den Leser nicht für dumm hält. Er glaubt nicht, ihn am Gängelband führen und jedes Detail ausdeuten zu müssen. Das wurde übrigens bei der Verfilmung von «Dame, König, As, Spion» und «Agent in eigener Sache» von der BBC mit Alec Guinness ausgezeichnet wiedergegeben. Wie unterscheiden sich die Spionageromane von John Le Carré von den anderen Vertretern des Genres? Grosse Kunst spricht uns weit über die Zeit hinaus an, in der sie geschaffen wurde. Und ohne Zweifel tun das die Romane von Le Carré. Es sind Spionageromane, aber sie sprengen den Rahmen des Genres, weil sie so akkurat und eindrücklich aufzeigen, wie der Mensch denkt, was seine Schwächen sind, was ihn motiviert. Dabei besitzt Le Carré die seltene Fähigkeit, die Farbe grau schreiberisch darzustellen. Ich meine das in einem doppelten Sinn. Er vermag es, uns das graue Klima der 1960er- und 1970er-Jahre sehr lebendig vor Augen zu führen. Und es gibt in seinen Büchern selten Situationen, die schwarz oder weiss, Menschen, die gut oder schlecht sind. Seine Menschen sind beides. Er belässt Grauzonen, ohne dass dies aber der Klarheit seiner Aussage abträglich

Lehrer, Diplomat – und Spion

wäre.

Schon nach einem Jahr in Bern trat Cornwell aber in die Armee ein. Er wurde in Österreich stationiert, wo seine Aufgabe books – November 2010 – 11


SCHAUDERND.

560 Seiten | CHF 33.90

Auch als eBook erhältlich.

© FinePic ®, München

© Barnett Cristian

Zwischen Wahn und Wirklichkeit beginnt ein packendes Rennen gegen die Zeit.

12 – books – November 2010

darin bestand, mehr über die Identität der Menschen in den Flüchtlingslagern herauszufinden. Zwei Jahre später trat er ein Studium in Oxford an, danach wurde er Lehrer am nobelsten Nobelinternat von England: Eton. «Es war eine absolut faszinierende Zeit», erklärte er 1980 in einem Interview mit dem englischen Observer: «Ich hatte vorher nie mit der britischen Führungsschicht zu tun gehabt. Diese Zeit hat mein Werk stärker geprägt als irgendeine andere Erfahrung. Menschen, die über die englische Oberschicht wettern, wissen gar nicht, wie schlimm diese wirklich ist. Ihre Vorurteile sind atemberaubend.» Wiederum flüchtete Cornwell – diesmal in den diplomatischen Dienst. Zuerst war er an der britischen Botschaft in Bonn als Sekretär tätig, dann in Hamburg als Konsul. Jahrelang redete Cornwell nur in vagen Tönen von seiner damaligen Arbeit, tönte höchstens an, dass er dabei dem einen oder anderen Spion begegnet sei. Heute kann er offen sein: In Tat und Wahrheit sei er für eine Gruppe von Geheimagenten zuständig gewesen, zudem habe er Verräter verhört und sich um Überläufer gekümmert: «Es war anständige, ehrenhafte Arbeit. Wir sagten den Machthabern die Wahrheit, nicht das,

was sie hören wollten. Sicher gab es eine schmutzige Seite. Unsere Haltung war die: Jemand muss ja die Rinnen putzen.»

Die Eigendynamik der Institutionen Cornwell hatte hart zu beissen an den Dilemmas, mit denen er in dieser Schattenwelt konfrontiert wurde. Seine eigene Geschichte hatte aus ihm einen schwierigen Menschen geformt, der sich auch seinen Nächsten gegenüber nicht öffnen konnte. Zwar entdeckte er im Schreiben neben der Arbeit ein Ventil für seine Frustrationen, doch die erste Ehe blieb dennoch zum Scheitern verurteilt. Weil es nicht anging, dass ein Mitglied des diplomatischen Diensts unter dem eigenen Namen Romane veröffentlichte – dazu noch Spionageromane –, erfand Cornwell das Pseudonym John Le Carré. Schon in seinem Debut-Roman «Schatten von Gestern» taucht die unvergessliche Figur des genialischen Agenten George Smiley auf, noch ist sie allerdings erst ein kleines Zahnrad in der grossen Spionagemaschinerie. Seine wahre Stimme fand Le Carré erst mit dem dritten Roman, der vom Bau der Berliner Mauer 1961 inspiriert wurde: «Der Spion, der aus der Kälte kam». Le Carré hatte einen Spionagero-


Schwerpunkt man schreiben wollen, der keine schrille Märchenwelt vorgaukelte, wie es Ian Fleming mit seinem James Bond tat. Für Le Carré war die Welt der Geheimdienste ein Mikrokosmos, der sich perfekt dazu eignete, die Eigendynamik von Institutionen und der darin gefangenen Menschen aufzuzeigen. Kaum ein anderer Roman führt uns so überzeugend die beklemmende, graue Nachkriegszeit mit dem perfiden SchwarzWeiss-Denken des Kalten Krieges vor Augen wie dieses Buch.

«Jetzt, wo wir den Kommunismus bewältigt haben, besteht unsere Aufgabe darin, gegen die Exzesse des Kapitalismus zu kämpfen.»

Industrie um ihre Marktanteile in Afrika kämpfte. Oder in den Irrungen und Wirrungen der Terroristenbekämpfung.

Schreiben ist sein Leben Und jetzt eben in der Verflechtung der Interessen von russischen Gangstern und westeuropäischen Wirtschaftskreisen in «Verräter wie wir». Heute lebt John Le Carré zurückgezogen in einem labyrinthartigen Haus auf der äussersten westlichen Landspitze von Cornwall. Hier schreibt er seine Manuskripte von Hand nieder, seine langjährige zweite Ehefrau Jane tippt sie für ihn ab. «Schreiben ist mein ganzes Leben geworden», sagte er in seinem letzten TVInterview. «Schreiben ist die imaginäre Welt, in der ich lebe. Ich kann die Hügel rundum mit den Personen bevölkern, die ich geschaffen habe.»

Der Spion, der aus der Kälte kam (1963) 255 Seiten CHF 15.90 Ullstein

Die unvergessliche und traurige Geschichte von Agent Leamas, dem die Liebe im Schatten der Berliner Mauer zum Verhängnis wird. Dame, König, As, Spion (1974) 415 Seiten CHF 17.90 Ullstein

Eine Art Held (1977) 655 Seiten CHF 34.90 Ullstein

Agent in eigener Sache (1979) 511 Seiten CHF 34.90 List Paul

«Der beste englische Roman seit dem Krieg!» Als ihm sein Buchhalter mitteilte, er habe mit seinem dritten Roman 20‘000 Pfund verdient, kehrte Le Carré dem Spionendasein den Rücken, um sich ganz dem Schreiben zu widmen. 14 Monate lang stand «Der Spion, der aus der Kälte kam» an der Spitze der amerikanischen Bestseller-Liste. Le Carré war damit zum literarischen Superstar avanciert. Und – so zeigte es sich bald – er war keine Eintagsfliege. Mit der grossartigen Smiley-Trilogie festigte er seinen Ruf als Autor, dessen Thematik und Bedeutung weit über die üblichen Grenzen des Genres hinausreichen. Über «Ein blendender Spion» (1986) urteilte kein Geringerer als Philip Roth, es sei «der beste englische Roman seit dem Krieg». Und als der kommunistische Osten zerfiel und der Kalte Krieg zu Ende ging, hatte Le Carré sein Pulver noch längst nicht verschossen. «Jetzt, wo wir den Kommunismus bewältigt haben, besteht unsere Aufgabe darin, gegen die Exzesse des Kapitalismus zu kämpfen», liess er George Smiley sagen. Von nun an drehten sich Le Carrés Romane um die vielen anderen Schauplätze auf der Welt, wo er ähnliche Verhaltensweisen zu entdecken glaubte, wie sie die Welt der Spione regiert hatten: in der Art und Weise zum Beispiel, wie die pharmazeutische

Die Romane von John Le Carré – eine Auswahl

In der «Karla»-Trilogie findet Agent George Smiley zu seiner wahren Grösse. Im Londoner Zentrum von MI6, The Circus genannt, hat sich ein Maulwurf eingeschlichen, ein Verräter. Smiley wird aus der Rente zurückbeordert, um diesen auszumachen. Seine überaus raffinierte Gegenspielerin im KGB heisst Karla. Nachdem es Smiley gelungen ist, den Verräter zu identifizieren, wird er beauftragt, den vom KGB ruinierten Geheimdienst neu aufzubauen. Es zeichnen sich schwere Konflikte mit Politikern im eigenen Land und mit den amerikanischen Geheimdiensten ab. Im dritten Band wird Smiley ein letztes Mal aus dem Ruhestand geholt, um den Mord an einem früheren russischen General und englischen Agenten aufzuklären. Marionetten (2008) 368 Seiten CHF 17.90 Ullstein

Als ein mysteriöser Flüchtling aus Tschetschenien in Hamburg erscheint, um an das dubiose Vermögen seines Vaters heranzukommen, reissen sich diverse Geheimdienste im Namen des Kampfes gegen den Terrorismus um ihn – ungeachtet der menschlichen Kosten. Verräter wie wir 416 Seiten CHF 42.90 Ullstein

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Buchtipps

Solar

Dieses goldene Land

Ian McEwan

Barbara Wood

Michael Beard ist Physiker und Nobelpreisträger – und Frauenheld. Gerade ging seine fünfte Ehe in die Brüche, und mit 53 Jahren hat er seine beste Zeit wohl hinter sich. Im Grunde ruht er sich nur noch auf seinen Lorbeeren aus, lebt von seinem guten Namen und ergattert Fördergelder für ein politisches Prestigeobjekt: das Institut für erneuerbare Energien. Doch dann bietet sich die Gelegenheit zu einem Coup, und die geniale Idee eines Rivalen bringt wieder Zündstoff in Michaels Leben. Ein Roman um Sonnen- und kriminelle Energie. Eine gnadenlose und vielschichtige Abrechnung mit der Politik, dem Wissenschaftsbetrieb und einer gewissen Sorte Mann.

Die Arzttochter Hannah flieht aus der bedrückenden Enge des viktorianischen Englands in die ungezähmte Weite Australiens. Auf der Überfahrt begegnet sie dem Naturforscher Neal, der eine Expedition in unbekannte Regionen des fünften Kontinents führen will. Während Neal sich in die mysteriöse Welt der Aborigines begibt, bangt Hannah um seine Rückkehr – und lernt den Bushranger Jamie kennen. Der bringt Hannah dazu, mit ihm und seinen Schatzsuchern zu den Opalfeldern von Coober Pedy zu ziehen. Und plötzlich findet sie sich im Herzen der Wildnis am Scheideweg ihres Lebens wieder. Wohin wird ihr Weg sie führen? Das neue Australienepos von Barbara Wood.

416 Seiten

560 Seiten

CHF 36.90

CHF 33.90

Diogenes

Krueger

ISBN 978-3-257-06765-1

ISBN 978-3-8105-2369-3

Ruhm

Tanze wi ne Schmätterling

Daniel Kehlmann

Pedro Lenz

Ein Schriftsteller mit dem unheilvollen Hang, ihm nahestehende Menschen zu Literatur zu machen; ein verwirrter Internetblogger; ein Abteilungsleiter mit einem Doppelleben; ein berühmter Schauspieler, der viel lieber unbekannt wäre; eine alte Dame auf ihrer Reise in den Tod. Was geschieht, wenn sich die Wege dieser so unterschiedlichen Charaktere kreuzen? Es geschieht Unvorhersehbares, Unberechenbares – wie in einem Spiegelkabinett, das ein Geflecht zwischen Wirklichkeit und Schein webt. Nicht umsonst heisst der Untertitel des Buchs «Ein Roman in neun Geschichten». Ein eleganter, tiefgründiger und komischer Roman vom Autor der «Vermessung der Welt».

1971 kommt Muhammad Ali für einen Boxkampf nach Zürich. Ali tanzt wie ein Schmetterling und sticht wie eine Biene. Regula Giger arbeitet als Coiffeuse in Oerlikon und soll Muhammad Ali die Haare schneiden. „Hei Boxer überhoupt e Frisur?“, fragt Regula. 1971 ist das Jahr, in dem die Schweizer Frauen erstmals abstimmen und wählen dürfen. Kunstvoll verknüpft Pedro Lenz die Geschichten des Boxers aus Louisville, Kentucky, und der Coiffeuse aus Madiswil, Oberaargau. Es geht um Leidenschaft, Selbstbestimmung und Aufbruch. Entstanden ist eine berührende Geschichte über kleine und grosse Träume.

208 Seiten

101 Seiten

CHF 15.90

CHF 25.90

rororo

Cosmos

ISBN 978-3-499-24926-6

ISBN 978-3-305-00426-3

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WINTER «Man erkennt sich wieder» GAST

Mein Buch

Roman

Wir möchten von Orell-Füssli-Kundinnen und Kunden wissen: Welches ist Ihr liebstes Buch? Heute antwortet Michael Gasser aus Urdorf.

ist spannend zu sehen.» Hinzu kommt, dass der Aussendienstler den italienischen Hintergrund aus eigener Erfahrung kennt. «Ich fahre oft mit dem Motorrad nach Italien, und wenn ich dann irgendwo einkehre, kommen mir viele Szenen aus De-CarloRomanen in den Sinn.» «Wenn der Wind dreht» faszinierte Michael Gasser nämlich derart, dass er anschliessend gleich auch die anderen Romane des italienischen Autors verschlang. Behalten hat er die Bücher trotzdem nicht: «Ich gebe gelesene Bücher für gewöhnlich weiter. Ich lese kein Buch zweimal, und so bekommen auch andere Menschen die Chance, eine tolle Leseerfahrung zu machen.»

WINTER GAST

«Ich betrachte mich als Anfänger in Sachen Lesen», gesteht Michael Gasser. Dass er überhaupt zum Buch gefunden hat, verdankt er einer guten Freundin. «Sie arbeitet bei Orell Füssli, ist unglaublich belesen und hat mir eines Tages ein Buch empfohlen.» Diese literarische Symbiose funktioniert auch heute noch perfekt: «Ich lasse mich noch immer von ihr beraten. Denn ehrlich gesagt: Ich hätte sonst nicht die geringste Ahnung, wo ich bei den vielen Büchern in den Regalen anfangen sollte. Und um ständig Buchkritiken zu lesen, fehlen mir die Zeit und die Lust.» Logisch, wenn man beruflich ständig auf Achse ist: Michael Gasser vertreibt im Aussendienst Druck- und Kopierlösungen. «Lesen ist der perfekte Ausgleich zum Alltag», meint Gasser überzeugt. «Ich habe sogar damit angefangen, zugunsten eines guten Buchs weniger fern zu sehen – auch wenn mir das manchmal schwer fällt.»

Roman

DER

Aufzeichnung: Erik Brühlmann

Beim Lesen mag es der 37-Jährige zeitgenössisch. «Michael Theurillats ‚Sechseläuten‘ hat mir zum Beispiel sehr gut gefallen – weil ich die Handlungsorte kenne und mich deshalb gut in die Geschichte hineinversetzen konnte.» Aus ähnlichen Gründen ist Andrea De Carlos «Wenn der Wind dreht» Michael Gassers Lieblingsbuch. Der Roman handelt von vier Mailändern, die mit einem Makler ausziehen, um ein ruhiges Haus auf dem Land zu suchen – fernab der städtischen Hektik. Doch der Makler verirrt sich, und die Städter landen in den umbrischen Wäldern in einer alternativen Wohngemeinschaft, wo es nicht einmal Handyempfang gibt. Die so grundlegend unterschiedlichen Gruppen müssen notgedrungen miteinander auskommen. «Die Charaktere sind so realistisch beschrieben», schwärmt Michael Gasser. «Man erkennt sich selber oder Menschen in seinem Bekanntenkreis in ihnen wieder. Und sie verhalten sich so, wie wir es wohl alle in einer solchen Situation täten: Wenn man uns den Strom und das Handy wegnimmt, sind wir erst einmal völlig aufgeschmissen. Wie sich die Figuren miteinander arrangieren oder auch nicht,

Elisabeth Binder Wenn der Wind dreht Andrea De Carlo 432 Seiten CHF 22.90 Diogenes

www.klett- cotta.de

»Man kann sich in diese zarte Prosa verlieben.« Schweizer Monatshefte Ein Bergdorf an der schweizerischen Grenze zu Italien: Die Bewohner haben sich eingerichtet, mit ihren Erinnerungen und Sehnsüchten. Doch dann stören zwei Neuankömmlinge das gewohnte Leben: ein ausgebrannter junger Großstadt-Künstler und ein Adler ...

Elisabeth Binder: Der Wintergast 192 Seiten, gebunden mit SU, sFr 29,90 ISBN 978-3-608-93890-6

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Interview Text: Marius Leutenegger Fotos: Erik Brühlmann

«Ich sage nie : So war’s !»

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Interview Wie kann man mit Büchern aus historischen Stoffen erfolgreich sein? Die im Tessin wohnhafte Eveline Hasler macht es vor: Indem man ein attraktives Zeitgemälde aufspannt und vor diesem Hintergrund aus dem Leben vielschichtiger Menschen erzählt. Auch Haslers neues Buch «Und werde immer Ihr Freund sein» ist wieder ein Bestseller. Es handelt von der Freundschaft des Schriftstellers Hermann Hesse mit den Dadaisten Hugo Ball und Emmy Hennings – und spricht uns Heutige ganz direkt an. books: Sie haben sich dagegen gewehrt, dass Ihr neues Buch als «Historischer Roman» bezeichnet wird. Wie soll man das Genre, in dem Sie so erfolgreich sind, denn nennen? Biografie? Nicht-fiktive Erzählung? Eveline Hasler: Die Genrebezeichnungen, die wir heute nutzen, existieren seit Ende des 18. Jahrhunderts. Manche davon sind heute nicht mehr gültig, weil es mittlerweile viele fliessende Übergänge zwischen den Genres gibt. Ich schreibe keine Romane – meine Bücher sind sehr genau recherchiert und keine Fiktion. Man könnte vielleicht von einer «behutsamen biografischen Annäherung» sprechen. Letztlich finde ich es aber unnötig, allem eine Bezeichnung zu geben, deshalb wird jetzt auf dem Cover kein Genre mehr genannt. Wie sind Sie zur «behutsamen biografischen Annäherung» gekommen? Ich habe Geschichte studiert und war überzeugt: Ich will nie etwas Historisches schreiben. Ich wollte Schriftstellerin sein und dachte, als solche würde man vor allem den Unterströmen der Gegenwart nachspüren. Das änderte sich dann wegen Anna Göldin. Ich bin im Glarnerland aufgewachsen; dort hörte ich immer wieder von dieser letzten Frau, die in Europa als Hexe hingerichtet wurde. Ich wollte schon als Schülerin meinen Lehrer genauer dazu befragen, doch er verstummte – Anna Göldin war ein Glarner Schandfleck, man sprach dort nicht gern über sie. Nach einigen Jahren fand ich dann: Jetzt will ich es genauer wissen. Ich

ging zum Landesarchiv und las die Dokumente über den Gerichtsfall. Diese Dokumente überliess man mir übrigens ungern. Warum? Man fand es wohl nicht vorteilhaft, dass ich über diesen Justiz-Irrtum schreibe. Ich habe wohl das zweifelhafte Talent, unbequeme Zusammenhänge zu finden. Im neuen Buch thematisiere ich zum Beispiel die lange Zeit verschwiegene zweite Ehe von Hermann Hesse, seine enorme Mühe mit Nähe oder die Tatsache, dass er im Alter von 50 Jahren als Antwort auf seine Lebenskrise ausflippte und sich ins Zürcher Nachtleben stürzte. Das alles könnte für viele am Lack des Dichters kratzen. Stört Sie denn dieser Lack? Die verdrängten Dinge, die dunklen Seiten gehören doch zu einer Person! Die artifizielle Sauberkeit hebt eine Person auf ein Podest – und verhindert, dass wir sie wirklich erfassen und lieben können. Wie sonst, ohne Hesses psychische und physische Schwierigkeiten, wären seine wunderbaren Bücher wie «Demian» und «Steppenwolf» zu verstehen? Ich finde, es gibt nichts Spannenderes als den in Schatten und Licht stehenden Menschen; als zu sehen, wie eine Persönlichkeit an seine Zeit und seine Umstände gebunden ist. Das macht den Kampf gegen die Widerstände erst zur Leistung.

Eveline Hasler Berühmt ist Eveline Hasler für ihre Bücher über historische Frauen und Männer – doch erfolgreich war sie zuerst als Kinderbuch-Autorin. Bekannt sind von ihr zum Beispiel «Komm wieder, Pepino» oder «Die Hexe Lakritze»; für ihre Kinder- und Jugenderzählungen erhielt sie 1978 den Schweizer Jugendbuchpreis. Der erste historische Stoff, den sie für ein Buch aufarbeitete, war «Anna Göldin. Letzte Hexe». Der historisch-biografischen Linie blieb Eveline Hasler seither mit Titeln wie «Der Zeitreisende. Die Visionen des Henri Dunant» treu. Für ihre

Wie kommen Sie eigentlich zu Ihren Stoffen? Vor vielen Jahren sass ich an einer Veranstaltung neben Golo Mann, dem berühmtesten Historiker-Schriftsteller. Ihm wurde genau diese Frage gestellt und er antwortete: «Nicht der Autor kommt zum Stoff, der Stoff kommt zum Autor.» Genau so empfinde ich es. Man begegnet einem Thema, es löst eine gewisse Resonanz aus, dann legt man es wieder zur Seite, man begegnet ihm wieder ... Als ich zum ersten Mal auf das Thema meines neuen Buches stiess, sagte ich: Bloss nicht Hermann Hesse, das ist ein viel zu empfindlicher Stoff – dieser Mann ist eine Legende! Aber die Freundschaft Hesses mit Hugo Ball und Emmy Hennings zeigte mir eine neue, menschliche Seite des Dichters und packte mich.

Werke erhielt sie unter anderem den Buchpreis der Stadt Zürich, den Kulturpreis der Stadt St. Gallen und den Droste-Preis der Stadt Meersburg. Geboren wurde Eveline Hasler in den 1930erJahren in Glarus. Sie studierte Psychologie und Geschichte in Paris und Fribourg, bevor sie in Zug und St. Gallen unterrichtete. Ihre drei Kinder wuchsen in St.Gallen auf. Seit bald zwei Jahrzehnten lebt und schreibt sie im Tessin.

Wieso? Freundschaft finde ich essentiell – sie kann für unser Leben mindestens so wichtig sein wie die erotische Liebe. Meist hält sie ja books – November 2010 – 17


Interview länger, und in der Freundschaft respektiert man auch die Andersartigkeit des Gegenübers eher. Fasziniert hat mich auch der Hintergrund, vor dem sich diese Begegnung abspielt: ein Tessiner Dorf vor 80 Jahren. Ich lebe seit 17 Jahren im Tessin, die Winter sind, so hat es Hermann Hesse ausgedrückt, hier schlechter als ihr Ruf. Vom Januar an dringt die Kälte durch die Mauern bis in die Knochen. Hesse sass damals am Schreibtisch in einem vergammelten Palazzo ohne Heizung. Zu seiner Zeit fuhr man noch nicht Auto, man musste lange Fussmärsche unternehmen, um Freunde zu besuchen oder Besorgungen zu machen. Hesse und das Ehepaar Ball-Hennings lebten sehr einfach und isoliert, als sie einander 1920 begegneten. Was interessiert Sie grundsätzlich an einem Menschen, damit Sie ihn zum Buchthema machen können? Er muss menschlich sein, also Schattierungen aufweisen. Henry Dunant fand ich als Stoff lange Zeit völlig uninteressant – bis ich durch die Ausstellung «Visionäre Schweiz» von Harald Szeemann begriff, dass Dunant viel mehr gemacht hat als nur das Rote Kreuz zu gründen. Er setzte sich zum Beispiel dafür ein, dass Frauen gleich viel verdienen wie Männer, und das bereits 1890! Er fand, die Grösse einer Nation zeige sich an der Art, wie sie Frauen behandle. Das sind Aspekte, die bis in unsere Gegenwart relevant sind. Welche Epochen interessieren Sie am meisten?

Meine Bücher spielen meist im 18. Jahrhundert oder zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Das sind Epochen des Aufbruchs, in der viele Menschen mit den Traditionen einer verkalkten Generation brachen und neue Wege suchten. Diese Aufbruchstimmung spricht mich an, denn ich bin überzeugt, wir alle möchten aufbrechen und fragen uns oft: Ist da nicht noch mehr? Was könnten wir mit unserem Leben noch bewirken? Wir alle haben gewissermassen einen verdrängten Zwilling in uns, der aber der Umstände wegen nicht immer ans Licht kommt. Wenn jemand, wie viele unserer Ahnen, sich hauptsächlich mit der Nahrungsbeschaffung befassen musste, war keine Energie da für Neues. Doch das Bedürfnis nach neuen Horizonten schlummert in uns allen. Wie sieht das bei Ihnen aus? Sie haben bisher ja ein recht geordnetes Leben geführt, sind seit 40 Jahren mit dem gleichen Mann verheiratet, haben drei Kinder grossgezogen ... Ich breche wahrscheinlich aus, indem ich schreibe! Bücher verhelfen uns zu wunderbaren Reisen und Ausbrüchen. Meine Mutter, in Aarau geboren, überwand die glarnerische Enge während der Kriegszeit mit Bücherlesen. Jeden Monat liess sie sich drei Bücher aus der Stadtbibliothek Aarau kommen. Das beeindruckte mich schon als Kind und ich verschlang ebenfalls ein Buch nach dem anderen. Doch für mich ist auch eine gewisse Stabilität im Leben wichtig, denn ohne sie könnte ich mich nicht auf meine Arbeit konzentrieren.

Ein Kritiker hat einmal geschrieben, Sie würden mit ihren Biografien keine Museen für grosse Individuen schaffen, sondern immer eine Brücke zur Gegenwart bauen. Welcher Art ist diese Brücke bei Ihrem neuen Buch? Das neue Buch kommt unseren eigenen Fussstapfen sehr nahe, denn es behandelt eine Zeit, die unsere Eltern oder Grosseltern erlebt haben: Dada in Zürich, Arbeitslosigkeit, die Südschweiz vor dem Tourismus. Vieles ist auch zeitlos – zum Beispiel, wenn Hugo Ball seine Überzeugung ausdrückt, wir würden durch verschiedene Ich-Stadien gehen und hätten oft Angst, uns von einem Ich zum nächsten zu bewegen. Wenn Sie sich für einen Stoff definitiv entschieden haben, wie gehen Sie vor? Das läuft immer gleich ab: Es dauert eineinhalb Jahre, bis ich einen Faktenteppich zusammengetragen habe, auf dem ich dann abheben kann. Der Schreibprozess nimmt noch einmal eineinhalb Jahre in Anspruch. Hilft Ihnen Ihr Geschichtsstudium bei Ihren aufwändigen Recherchen? Indirekt auf jeden Fall. Ich weiss, wo ich die richtigen Quellen finde, und ich kann zum Beispiel alte Schriften entziffern. Sie haben eingangs gesagt, Ihre Bücher seien keine Fiktion. Sie enthalten aber trotzdem viele Stellen, die Sie in gewissem Sinne erfunden haben: In Ihrem neuen Buch zum Beispiel führen Hermann Hesse und Hugo Ball ein Kaminfeuer-Gespräch über Psychotherapie, das nicht dokumentiert ist.

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Interview Aber ich weiss genau, was die beiden über die Psychotherapie dachten! Hesse war begeistert von C.G. Jung und von den therapeutischen Vorschlägen des Luzerner Psychiaters Josef Bernhard Lang, und Hugo Ball zitierte im Gegenzug die Wüstenväter, die schon im 4. Jahrhundert depressive Verstimmungen zu heilen versuchten. Ich weiss also, wie meine Protagonisten formulierten und argumentierten: So hätte sich dieses Gespräch zutragen können. Ob sie sich bei diesem Gespräch auch ein Glas Merlot genehmigten, das ist natürlich eine Frage der Inszenierung. Warum halten Sie sich denn nicht einfach exakt an das, was sich erwiesenermassen zugetragen hat? Ich will eine Menschengeschichte erzählen, und die soll Fleisch und Blut haben. Die Historie wirkt nur in gewissen Büchern staubtrocken, in Wirklichkeit waren es gelebte Geschichten, voll von prallem Leben. Will man in 500 Jahren erklären, was einmal Brot war, kann man hinter Glasscheiben ein paar Brosamen zeigen. Man kann aber auch einen Dichter holen, der beschreibt, wie Brot roch, welches Geräusch entstand, wenn man einen Brotleib durchschnitt, wie sich Brot anfühlte und wie es schmeckte, wenn man hineinbiss. So kann Literatur eine Atmosphäre schaffen, uns hineintragen in eine Zeit und diese mit Farbe und Emotionen auffüllen. Bei Hugo Ball und Hermann Hesse können Sie sich auf viele Fakten abstützen, im Fall einer unbekannten Frau aus dem 18. Jahrhundert bleiben Sie stärker auf Interpretationen angewiesen. Fürchten Sie nie, falsch zu liegen oder einfach Ihr eigenes Ich in diese Person hineinzuinterpretieren? Der grösste Teil meiner Arbeit ist das auf Fakten gestützte Nachspüren. Ich frage mich zum Beispiel: Was löst es in einer Frau im 18 Jahrhundert aus, wenn sie dauernd schwanger ist und dann ein Kind nach dem anderen verliert? Im Buch «Tells Tochter» habe ich versucht, mich den Gefühlen von Julie Bondelis Mutter, einer Berner Patrizierin, vorsichtig anzunähern. Einfühlungsvermögen ist eine Eigenschaft, die zu unserem Menschsein gehört. Ich sage aber nie: So war’s! Was ich aufgrund meines Faktenteppichs und meiner psychologischen Empathie in eine Person hineininterpretiere, ist immer nur ein Vorschlag.

Oft haben Sie keine Gelegenheit, mit Leuten zu reden, welche die von Ihnen interpretierten Menschen kannten. Im Fall von Hermann Hesse war das anders: Sein 2003 verstorbener Sohn Heiner war Ihr Nachbar im Tessin. Ja, diese Freundschaft war mir eine grosse Hilfe. Wir haben viel diskutiert miteinander. Nach der Lektüre Ihres Buchs setzte ich mich ans Internet, weil ich mehr über die drei Hauptfiguren erfahren wollte. Ist das eine Bankrotterklärung für eine Biographin – dass ihr Buch nicht alle Fragen beantwortet hat? Keineswegs. Im Gegenteil: Ich hoffe doch sehr, dass es nicht alles beantwortet! Wenn Leserinnen und Leser nachher noch mehr über die Personen erfahren möchten, zeigt das, dass ihnen diese Menschen durch die Lektüre nicht verleidet sind. Dann ist es meinem Buch gelungen, Fenster und Türen in eine Wirklichkeit zu öffnen. Woran arbeiten Sie jetzt? Ist der nächste Stoff schon bei Ihnen angekommen? Ach, es gibt 257 000 Möglichkeiten, noch bin ich unentschieden. Zudem ist ein neuer Stoff immer mein Geheimnis! Macht es Sie nicht nervös, wenn Sie noch unentschieden sind? Überhaupt nicht. Niemand befiehlt mir weiter zu schreiben. Ein neues Buch mit seinen Recherchen und seinem Schreibprozess ist für mich ein Geschenk des Lebens. Ich will nicht gerade sagen, dass das Schreiben für mich eine Droge ist – aber eine Erweiterung meines eigenen Ichs ist es auf jeden Fall.

Weitere Bücher von Eveline Hasler Anna Göldin. Letzte Hexe (1982) 224 Seiten CHF 14.90 dtv

Die unrühmliche und packende Geschichte des letzten Hexenprozesses in Europa. Die Wachsflügelfrau (1991) 457 Seiten CHF 14.90 dtv

Emily Kempin-Spyri darf in Zürich doktorieren, aber nicht Anwältin werden. Die Geschichte der ersten Juristin Europas. Der Zeitreisende. Die Visionen des Henry Dunant (1994) 208 Seiten CHF 16.90 dtv

Dunant, der sich um Kriegsversehrte kümmert und das Rote Kreuz begründet, erlebt auch die Schattenseiten des Lebens. Die Vogelmacherin (1997) 203 Seiten CHF 14.90 dtv

Ein Mädchen ist Mittel zum Zweck, um aufrührerische Bauern zur Räson zu bringen, und wird offiziell wegen Hexerei hingerichtet. Aline und die Erfindung der Liebe (2000) 234 Seiten CHF 14.90 dtv

Muse, Künstlerfreundin, Enfant terrible: Das aufregende Leben der Aline Valangin. Tells Tochter (2004) 253 Seiten CHF 16.90 dtv

Julie Bondeli ist eine Revolutionärin. Im Bern des 18. Jahrhunderts mischt sie sich in die Politik der Männer ein und missachtet die Regeln für das weibliche Geschlecht. Stein bedeutet Liebe (2007) 176 Seiten CHF 36.90 Nagel + Kimche

Und werde immer Ihr Freund sein

Die Geschichte von Regine Ullmann und Otto Gross: Eine ungewöhnliche Frau und eine tragische Liebe im brodelnden München um die Jahrhundertwende.

219 Seiten CHF 29.90 Nagel & Kimche

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Biografien morvollen Frau, die vor allem eines wollte: geliebt werden. Die leidenschaftlichen und selbstironischen Zeugnisse geben den Blick frei auf den Menschen hinter dem Star. Gleiches lässt sich auch über eine Biografie eines Zeitgenossen von Marilyn sagen: «Alfred Hitchcock». Der französische Dokumentarfilmer und Autor Laurent Bouzereau hat bisher unveröffentlichtes Bildmaterial zusammengetragen und präsentiert ein Buch, das alle Hitchcock-Fans begeistern wird. Der 174 Seiten dicke und grossformatige Band enthält nämlich zahlreiche separate Faksimiles. Wer einmal die Geburtsurkunde des Meisters, ein handschriftlich verfasstes Drehbuch oder eine Postkarte von Anthony Perkins in den Händen halten will, kommt voll und ganz auf seine Rechnung. Die «Dokumente» vermitteln das besondere Gefühl, in Hitchcocks Leben und Schaffen stöbern zu dürfen.

Eine besondere Biografie einer besonderen Frau: «Tapfer lieben» präsentiert persönliche Texte von Marilyn Monroe, der Ehefrau des US-Dramatikers Arthur Miller.

Vielfältig wie das Leben selbst Biografien sind schillernde literarische Erzeugnisse. Ihre riesige Zahl wächst diesen Bücherherbst weiter an – deshalb werfen wir einen Blick auf die alte literarische Gattung. Text: Benjamin Gygax

Möchten Sie die Biografie von Daniel Küblböck lesen? Das Buch über den Gewinner einer deutschen Castingshow wurde vor einigen Jahren auf den Markt geworfen, als Küblböck gerade einmal 18 Jahre alt war. Oder interessieren Sie sich nur für Persönlichkeiten vom Format eines Nelson Mandela? So unterschiedlich die beiden Menschen sind, eines verbindet sie: Ihr mehr oder weniger interessantes Leben ist zwischen Buchdeckeln festgehalten. Biografien werden aus den unterschiedlichsten Gründen verfasst: Aus Interesse an einer Person oder Zeit, um den Prominentenstatus zu festigen, aus Angst vor dem Vergessenwerden oder schlicht aus Langeweile am Lebensabend. Nicht weniger vielfältig sind die Motive, mit denen wir Biografien lesen, 20 – books – November 2010

zum Beispiel Neugier, Verehrung oder Abscheu. Zudem sind Lebensgeschichten oft ein lebendiger und informativer Zugang zu einer Epoche und zur damals herrschenden Mentalität.

Die Autorenschaft ist unerheblich – meistens Die neuen Bücher über Marilyn und Hitch weisen auf eine Besonderheit hin, die Biografien von den meisten anderen Büchern unterscheiden: Unser Interesse gilt allein dem Inhalt, wer das Buch verfasst hat, ist dagegen in der Regel zweitrangig. Doch es gibt Ausnahmen: Manchmal ist der Autor oder die Autorin selbst eine schillernde Figur oder steht in einem interessanten Verhältnis zur porträtierten Person. Schreibt zum Beispiel die ebenso streitbare wie scharfsinnige Publizistin Alice Schwarzer die Lebensgeschichte von Marion Gräfin Dönhoff, der Chefredakteurin und Mitherausgeberin der Wochenzeitung «Die Zeit», so will man auch die Haltung der Schreibenden kennen lernen. Und der Autor einer Biografie interessiert natürlich auch dann, wenn Verfasser, Erzähler und Protagonist ein und dieselbe Person sind – bei der Autobiografie.

Auf Tuchfühlung mit dem Meister Manchmal will es der Zufall, dass wir durch eine Biografie sogar eine neue Sicht auf Berühmtheiten gewinnen, zu denen schon alles gesagt schien. Zum Beispiel auf Marilyn Monroe. Vor einiger Zeit tauchten unerwartet Notizhefte, Briefe und Gedichte auf, die sie zwischen 1943 und ihrem Tod 1962 verfasst hatte. Jetzt wurden diese Dokumente unter dem Titel «Tapfer lieben» veröffentlicht. Sie zeichnen das Bild einer belesenen, warmherzigen, klugen und hu-

Si non è vero ... «Am 28. August 1749, mittags mit dem Glockenschlage zwölf, kam ich in Frankfurt am Main auf die Welt.» So einfach und naheliegend beginnt die wohl bekannteste Autobiografie deutscher Sprache. Johann Wolfgang von Goethe schrieb von 1808 bis kurz vor seinem Tod 1832 an «Dichtung und Wahrheit». Die Autobiografie des berühmten «Dichterfürsten» zeigt auch gleich ein offensichtliches Problem dieser


Biografien Algerien verfasste ums Jahr 400 eine Lebensbeschreibung, die für Jahrhunderte Vorbildcharakter hatte. Sie ist nicht nur ein Selbstporträt, sondern eine kontinuierliche Darstellung seines Lebens in seinem historischen Zusammenhang. An diesem grossen Vorbild hat sich der deutsche Verleger von Nelson Mandelas Autobiografie offenbar orientiert: Sein Buch erscheint unter dem Titel «Bekenntnisse». Dafür folgt es einem ganz anderen Ziel als die meisten Autobiografien, die ihr Objekt in der Regel überhöhen und unsterblich machen sollen. Mandela durchforstete sein privates Archiv und veröffentlichte Briefe, Dokumente, Notizen und Tagebucheintragungen mit dem erklärten Ziel, nicht als «Heiliger» in Erinnerung zu bleiben. «Eines der Probleme, die mich im Gefängnis tief beschäftigt haben, war das falsche Bild, das ohne meinen Willen in der ganzen Welt auf mich projiziert wurde», schreibt der erste schwarze Präsident

Südafrikas. «Man sah in mir einen Heiligen. Ich bin das nie gewesen.»

«Der Mensch in seinen Zeitverhältnissen» In seiner Einleitung zu «Dichtung und Wahrheit» schreibt Goethe: «Denn dies scheint die Hauptaufgabe der Biografie zu sein, den Menschen in seinen Zeitverhältnissen darzustellen, und zu zeigen, inwiefern ihm das Ganze widerstrebt, inwiefern es ihn begünstigt, wie er sich seine Weltund Menschenansicht daraus gebildet und wie er sie, wenn er Künstler, Dichter, Schriftsteller ist, wieder nach aussen abgespiegelt.» Nicht nur Künstler spiegeln ihre Weltsicht in die Welt zurück, sondern sehr direkt und wirkungsvoll auch Politiker, für die das Verfassen einer (Auto-) Biografie heute offenbar selbstverständlich ist. Tony Blair war während 18 ereignisreichen Jahren an der Regierung. Nach sei-

Schrieb 24 Jahre lang an seiner Autobiografie: Johann Wolfgang von Goethe.

Gattung. Goethe beschreibt seine Jugend heiter und ausführlich, endet seine Erzählung aber 1775, weil er keine lebenden Personen verärgern will. Autobiografien erlauben zwar besonders intensive Einblicke ins Leben einer Person, doch der Lesende erkauft sie sich mit einem offenkundig wenig objektiven Erzähler. Anschauungsmaterial für diese Problematik bietet auch die neu erschienene Autobiografie von Keith Richards. Der heute 67-jährige Gitarrist der Rolling Stones beschreibt in «Life» seine musikalischen Anfänge, die Höhen und Tiefen mit den Rolling Stones und seine Suchtprobleme. Ob wir in «Life» die ganze Wahrheit und nichts als die Wahrheit über Richards’ mysteriöse Stürze in der Bibliothek und von Palmen erfahren werden, bleibt das Geheimnis des Rockstars. Immerhin hatte Richards auch schon zugegeben, dass die «Glimmer Twins», Mick Jagger und er, gern Märchen über ihr wildes Leben erzählten, um an der Legende zu bauen. Si non è vero ... Unterhaltend ist die Biografie allemal.

Die Geschichte der Biografie bgy. Was gibt es Grundlegenderes, als das

das Wohl der Menschen nicht von der Trefflich-

Leben eines Menschen zu erzählen – von der

keit der Gesetze und Institutionen abhing wie in

Geburt bis zu seinem Tod? Man könnte daher

der älteren griechischen Staatstheorie, sondern

annehmen, dass Biografien die «erste Literatur-

von den persönlichen Qualitäten und Fähigkei-

gattung» sind. Doch ob sie diese Bezeichnung

ten des Kaisers.

wirklich verdienen, bleibt offen. Tatsächlich setzt

Die mittelalterlichen Biografien sind zum gröss-

die Biografie nämlich ein Verständnis von Indivi-

ten Teil so genannte Hagiografien. Die Lebens-

dualität voraus, das sich erst im 5. Jahrhundert

berichte Heiliger erzählen vom Streben nach

vor Christus in Athen bildete. Damals begannen

christlicher Vollkommenheit. Ihr Leben folgte

sich Individuen von der fixen Ordnung zu eman-

unumstösslichen Regeln einer christlichen Welt-

zipieren.

und Wertordnung. Heute sind es dagegen nicht

Rund 500 Jahre später schrieb der Grieche

Regelgetreue, sondern eher Nonkonformisten,

Plutarch seine Biografien bedeutender Römer

deren Biografie wir lesen wollen.

und Griechen. Seine Lebensberichte gehörten

Seit dem Mittelalter erfuhr die Biografie wei-

bis ins 19. Jahrhundert zum Bildungskanon.

tere

Plutarch verstand sie nicht als Geschichts-

Figuren nahmen ab, und im 18. Jahrhundert

schreibung, sondern als Charakterstudien. In

schrieb Johann Gottfried Herder mit «Denkmal

seiner Alexander-Biografie schreibt er: «Oft wirft

Johann Winkelmanns» erstmals die Biografie

eine unbedeutende Handlung, ein Wort oder ein

eines bürgerlichen Helden. Nach dem 2. Welt-

Scherz ein schärferes Licht auf den Charakter

krieg schliesslich entstanden aus historischem

als Schlachten mit zahllosen Gefallenen, Zu-

Interesse Lebensbeschreibungen gänzlich un-

sammenstösse der grössten Heere und Belage-

bekannter Personen. Nicht das Einmalige einer

rungskriege um die grössten Städte.»

grossen historischen Gestalt interessierte, son-

Dagegen verfolgten die Biografien der zwölf Kai-

dern der typische und auswechselbare Lebens-

Bekenntnis oder Beschönigung des Lebens?

ser von Julius Cäsar bis Domitian des Römers

weg, der die Angehörigen einer sozialen Gruppe

Sueton viel klarer eine politische und historiogra-

in einer bestimmten Epoche verbindet.

Eine der frühesten und einflussreichsten Autobiografien der Weltliteratur sind die «Bekenntnisse» von Augustinus. Der spätantike Kirchengelehrte aus dem heutigen

fische Zielsetzung. Die Römische Republik war

zeittypische

Veränderungen:

Religiöse

zum Imperium geworden, das politische Denken hatte sich verändert: Man war überzeugt, dass

books – November 2010 – 21


Corinna T. Sievers

SAMENKLAU Roman

„Glauben Sie, dass eine Frau Schicksal spielen darf? Oder zahlt sie einen Preis dafür? Das Buch ist sexy, komisch und tragisch. Unmöglich, es aus der Hand zu legen.“ URSULA KARVEN

Samenklau Roman

frankfurter verlagsanstalt

320 Seiten • Schön gebunden Farbiges Vorsatzpapier CHF 33,90 • ISBN 978-3-627-00166-7

Corinna T. Sievers

Phoebe, 42, ist Ärztin und Single. Sie hat alles – außer einem Privatleben. Doch jetzt will sie ein Kind und begeht Samenklau. Als sie schwanger ist, glaubt sie sich im Glück. Aber das Leben meint es anders …

„Eine fesselnde Geschichte.“ ZÜRICHSEE-ZEITUNG „Das Buch ist mit viel Witz und reichhaltigen Lebenserkenntnissen gespickt. Corinna T. Sievers weiß wovon sie schreibt. Ihr erster Roman ist absolut lesenswert.“ ELLE

nem Abgang mit Misstönen präsentiert der Erneuerer der Labour Party jetzt seine politische und private Autobiographie: «Mein Weg». Hintergrundinformationen zur internationalen Politik und die offene Auseinandersetzung mit Erfolgen, Enttäuschungen und Konflikten zeigen, wie komplex Weltpolitik ist und welche grossen Herausforderungen ein Regierungsamt mit sich bringt. Ob Klosterleben, Politik oder Spitzensport: Wann immer uns eine Epoche oder ein Milieu verschlossen sind, erlauben uns Biografien zumindest einen Blick durchs Schlüsselloch.

Neu oder bewährt: Lesenswerte Biografien Tapfer lieben Marilyn Monroe 272 Seiten CHF 36.90 S. Fischer

Alfred Hitchcock Laurent Bouzereau 174 Seiten CHF 80.00 Knesebeck

Life Keith Richards 736 Seiten CHF 46.90 Heyne

Marion Dönhoff Alice Schwarzer 359 Seiten CHF 15.90 Kiepenheuer & Witsch

Dichtung und Wahrheit Johann Wolfgang Goethe 832 Seiten CHF 28.90 Fischer

Bekenntnisse – Confessiones Aurelius Augustinus 619 Seiten CHF 19.90 Insel

Bekenntnisse Nelson Mandela 336 Seiten CHF 35.90 Piper

22 – books – November 2010

Mein Weg Tony Blair 800 Seiten CHF 49.90 Bertelsmann

Grosse Griechen und Römer Plutarch 2818 Seiten CHF 122.00 Artemis & Winkler

Leben und Taten der römischen Kaiser Sueton 464 Seiten CHF 10.90 Anaconda

3096 Tage Natascha Kampusch 288 Seiten CHF 29.90 List

Die drei Leben der Ri Koran Ian Buruma 397 Seiten CHF 38.90 Hanser

Ich fliege über dunkle Täler Maximilian Schell 400 Seiten CHF 35.90 Hoffmann und Campe

Jane Goodall – Mein Leben für Tiere und Natur Jane Goodall 144 Seiten CHF 34.90 Bassermann

Marie Curie Barbara Goldsmith 255 Seiten CHF 31.90 Piper

So schön wie hier kann’s im Himmel gar nicht sein! Christoph Schlingensief 254 Seiten CHF 17.90 Kiepenheuer & Witsch

Victoria Ocampo – Mein Leben ist mein Werk Victoria Ocampo 339 Seiten CHF 38.90 Aufbau


Buchtipps

Mordsweihnachten

Das achte Paradies

Jan Costin Wagner (Hrsg.)

Ulrich Wickert

Stille Nacht, tödliche Nacht? Die schönste Zeit des Jahres naht und hält unter der romantischen Schneedecke so manche Überraschung bereit. Wenn sich die Familien zu Weihnachten treffen, werden die Messer manchmal nicht nur zum Tranchieren des Truthahns gewetzt! Gibt es denn etwas Schöneres, als im Kreise der «Liebsten» einander das Leben schwer zu machen? Nein!, sagen die beliebtesten Krimi-Autoren und -Autorinnen Deutschlands und steuern insgesamt 24 Kurzgeschichten zu diesem Buch bei. Oliver Bottini, Anne Chaplet, Heinrich Steinfest, Andrea Maria Schenkel und viele andere mehr sorgen dafür, dass es diesmal unter dem Tannenbaum heisst: Friede? Freude? Pustekuchen!

Eigentlich wollte Jacques Ricou, der Richter aus Paris, zum Urlaubmachen an die Côte d’Azur. Doch plötzlich verschwindet ein hoch bezahltes Model – die Cousine seiner Freundin Margaux. Ricous Interesse ist geweckt, denn es stellt sich die Frage, ob das Verschwinden mit Margaux’ Recherchen in den Kreisen der georgischen Mafia zusammenhängt. Je weiter der Richter in diesen Fall eintaucht, desto tiefer werden die Abgründe, die sich ihm auftun. Ein Familiendrama, internationale Geldwäsche, die georgische Mafia und so manches Geheimnis mehr lassen Ricou nicht zur Ruhe kommen. Der neue, spannende Roman des beliebten «Tagesthemen»-Moderators.

320 Seiten

332 Seiten

CHF 15.90

CHF 31.90

rororo

Piper

ISBN 978-3-499-25554-0

ISBN 978-3-492-05022-7

Du

Eternity

Zoran Drvenkar

Meg Cabot

Da ist ein Mann, der durch ganz Deutschland reist und keine Gnade kennt. Wo er hinkommt, erlischt das Leben. Alles Leben. Er ist «der Reisende». Da sind fünf Freundinnen, die erst dem Chaos die Tür öffnen und dann die Flucht ergreifen. Mit fünf Kilo Heroin und einer Waffe im Gepäck. Sie sind «die süssen Schlampen». Und da ist ein Vater, der von den Schatten seiner Vergangenheit verfolgt wird. Doch was ihn noch viel mehr stört: Sein Heroin ist verschwunden. Er ist «der Logist». Was passiert, wenn sich der Reisende, die Schlampen und der Logist aufeinander zu bewegen, voller Rache und ahnungslos, dass du sie beobachtest?

Vampire? Darauf kann Meena gut und gern verzichten! Vor allem auch deshalb, weil sie eine solche Kreatur in ihre erfolgreiche Soap «Eternity» reinschreiben soll. Doch beim Schreiben bleibt es nicht, denn plötzlich geschehen sehr seltsame Dinge: Ihr Hund wird beim nächtlichen Spaziergang von einem sexy Fremden vor einem Fledermausangriff gerettet; ein anderer Unbekannter besucht sie in ihrer Wohnung und behauptet, ein Vampirjäger zu sein. Und das alles mitten in New York City! Meena ahnt nicht, was noch alles auf sie zukommen wird ... Ein düster-romantisches Abenteuer im «Big Apple» von der Autorin der «PlötzlichPrinzessin»-Romane.

576 Seiten

512 Seiten

CHF 33.90

CHF 27.90

Ullstein

Blanvalet

ISBN 978-3-550-08773-8

ISBN 978-3-7645-0377-2

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Saison

Die handlungsreichen Bücher von Martin Suter sind als Filmvorlagen äusserst beliebt – «Lila, Lila» ist nur eine von vielen Suter-Verfilmungen.

Bilder statt Buchstaben «Harry Potter und die Heiligtümer des Todes 1» ist der erfolgreichste Film dieses Herbsts – und wie jeder zweite Streifen, der ins Kino kommt, eine Literaturverfilmung. Warum ist Literatur für die Filmemacher so wichtig? Und was braucht es, damit der Medientransfer vom Buch zum Film gelingt? Text: Marius Leutenegger

Die Bilder hatten gerade laufen gelernt und standen auf noch sehr wackligen Beinen – doch bereits wagten sich die Gebrüder Lumière an einen der bekanntesten Stoffe überhaupt: 1896 zeigten sie ihrem staunenden Publikum eine ultrakurze Version von Goethes «Faust». Was die Erfinder der Cinématographie veranlasste, ausgerechnet dieses hochreflexive und action-arme Theaterstück zur Vorlage eines Stummfilms zu machen, bleibt wohl für immer ihr Geheimnis. Sie begründeten damit aber eine Kino-Tradition: die Verfilmung von Literatur.

Bewährt und mit Fan-Gemeinde «Faust» ist seither Dutzende Male verfilmt worden – demnächst wird eine neue Version 24 – books – November 2010

mit Moritz Bleibtreu als Mephisto gedreht. In den Anfangszeiten des Kinos konnten Regisseure etwas gegen das Schmuddelimage des Films tun, wenn sie Goethes Drama verfilmten. Eine ähnliche Motivation trieb vermutlich auch Richard Burton zu seinem Film «Doktor Faustus» an, mit dem er seine Gattin Elizabeth Taylor ins beste Licht rückte. Bei den meisten Literaturverfilmungen steht aber wohl kaum im Vordergrund, dass sich die Filmer als besonders kultiviert darstellen möchten. Die Verfilmung eines Buchs bietet viele andere gewichtige Vorteile. Erstens hat sich der Stoff in Buchform bereits bewährt; die Filmemacher wissen, dass die Geschichte «funktioniert», und sie gehen daher kein besonderes Risiko ein. Zweitens garantiert

Die erfolgreichste Buch- ist auch die erfolgreichste Filmserie: Die sechs ersten Harry-Potter-Streifen spielten weit über 5 Milliarden Franken ein.

der Erfolg eines Buchs dem Film eine grosse Aufmerksamkeit und ein zuweilen riesiges Fanpublikum – siehe Harry Potter. Drittens ist der Bedarf der Filmindustrie an Geschichten so immens, dass jeder gute Stoff sofort die Aufmerksamkeit von Regisseuren auf sich zieht.

Jeden Tag eine Literaturverfilmung Man schätzt, dass rund die Hälfte aller Filme auf bereits publizierten Büchern basiert. Literaturverfilmungen sind eine derartige Selbstverständlichkeit, dass es bei den Oscar-Verleihungen jeweils zwei Drehbuch-Preise zu gewinnen gibt: den Oscar für das beste Originaldrehbuch, das auf keiner zuvor veröffentlichten Publikation basiert, und den Oscar für das Drehbuch nach einer literarischen Vorlage. 2010 gewann «The Hurt Locker» als bestes Originaldrehbuch, «Precious» galt als beste Adaption – das Drehbuch basierte auf dem Roman «Push» der US-Autorin Sapphire. Schaut man, welche Drehbücher in den letzten Jahren als beste Adaptionen ausgezeichnet wurden, erkennt man, wie wichtig die Literatur fürs Kino ist: «Slumdog Millionaire», «Brokeback Mountain», «A Beautiful Mind», sie alle sind Literaturverfilmungen. Doch so verbreitet der Medientransfer


Saison vom Buch zum Film auch ist – er bleibt keineswegs ohne Risiken und Nebenwirkungen. «Das Buch hat mir aber besser gefallen!» ist vermutlich jener Satz, den man am meisten hört, wenn man ein Kino verlässt.

Das Kino – kein Ort für Fantasie? Die Schwierigkeiten und Chancen von Buchverfilmungen lassen sich besonders gut am Beispiel des Fantasy-Epos’ «Der Herr der Ringe» aufzeigen. Der in den 1950er-Jahren erschienene Roman von J.R.R. Tolkien ist eines der wenigen literarischen Werke, das die Bezeichnung «Kultbuch» tatsächlich verdient – es soll das meistgelesene Buch nach der Bibel sein und wird von seiner weltweiten Fangemeinde geradezu andächtig verehrt. Tolkien war einer Verfilmung seines Werks nicht abgeneigt; vom Drehbuch, das ihm bereits in 1960er-Jahren vorgelegt wurde, wandte er sich aber mit Grausen ab. «Das Drama ist der natürliche Feind der Fantasie», befand er. «Fantasie kann innerhalb der dramatischen Darstellung kaum bestehen, wenn die Geschehnisse, so wie es das Drama verlangt, szenisch umgesetzt werden.» Tolkien sah keine Möglichkeit, wie das üppige Wortgemälde, das er von seiner Fantasy-Welt Mittelerde entworfen hatte, fürs Kino aufbereitet werden könnte. 1978 kam aber doch ein Zeichentrickfilm nach den ersten eineinhalb Bänden der Ringe-Trilogie auf die Leinwände. Die Kommentare in den einschlägigen Fan-Foren dokumentieren, warum die geplante Fortsetzung seinerzeit nicht zustande kam: Sie sind vernichtend. Produzenten liessen die Hände danach lange vom Stoff, weil sie sich mit ihrem wichtigsten Zielpubli-

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kum, den Fans, nicht anlegen wollten. Doch dann eröffnete der Computer dem Film ganz neue Möglichkeiten – und plötzlich schien es eben doch denkbar, Tolkiens Panoptikum aus stämmigen Zwergen, spazierenden Bäumen oder fiesen Orks aus den Köpfen auf die Leinwand zu bringen.

Vom Fan für Fans Als sich Peter Jackson Ende der 1990er-Jahre daran machte, den «Herr der Ringe» als Dreiteiler zu verfilmen, wusste er genau, dass er vor allem die Fans zufrieden stellen musste. An akribische Werktreue war aber nicht zu denken – zum einen ist das Buch etwa 1300 Seiten dick, zum anderen funktionieren Film und Literatur zu unterschiedlich. Im Buch wird die Handlung verbal vorangetrieben, im Film visuell. Deshalb ist der Begriff «Verfilmung» eigentlich falsch, man sollte eher von Adaption sprechen, von «Anpassung». Das Buch dient dabei nur als Vorlage. Peter Jackson hielt sich in seinem Fall an diese Vorlage – aber nicht im Detail, sondern im Prinzip. Jackson wusste, dass Stimmungen, Gefühle, Handlungsbögen nicht an bestimmte Medien gebunden sind – und konzentrierte sich deshalb auf diese Aspekte. Es gelang ihm, den Geist der Geschichte zu erfassen und in sein Medium zu übertragen. Die Fans nahmen ihm nicht übel, dass er einiges aus filmdramaturgischen Gründen veränderte und wichtige Passagen wegliess; dazu war er trotz einer Filmdauer von insgesamt neun Stunden gezwungen. Überraschenderweise zeigten die Fans viel Verständnis für die Andersartigkeit des Mediums Film, und am Ende akzeptierten sie den Regisseur sozusagen als einen der

Ihren: als einen Tolkien-Freund, der begriffen hatte, worum es im Roman ging.

Viele grauenvolle Bespiele ... Das Beispiel von «Der Herr der Ringe» zeigt: Ob eine Verfilmung gelingt oder nicht, hängt vor allem davon ab, ob der Film die Atmosphäre eines Romans aufnehmen kann. Planen kann man so etwas nur bedingt – manchmal reichen schon Details wie die falsche Besetzung einer Rolle oder eine unpassende Musik, um die Stimmung zu ruinieren. Es braucht viel, damit ein Film gut wird, aber nur wenig für einen Flop. Der beste Beweis dafür ist die weiterhin sehr lange Liste missratener Verfilmungen. Ein paar Beispiele gefällig? «Eat Pray Love» nach dem Bestseller von Elizabeth Gilbert ist zu glatt geraten. «Tintenherz» wurde ein viel zu berechnender Abklatsch der Cornelia-Funke-Trilogie und liess jede Leidenschaft für den Stoff vermissen. In «Das Parfum», eine der enttäuschendsten Verfilmungen überhaupt, verharmlost Regisseur Tom Twyker die Hauptfigur Grenouille und versucht Liebesgefühle in den Film einzuflechten, die es im Buch nicht gibt und die auch nicht passen – Twyker begründete dies mit den Vorlieben des Publikums. Er hätte sich indessen gescheiter eines anderen Stoffs angenommen, wenn er der Kraft von Patrick Süskinds Roman derart misstraute.

... aber auch viele geglückte Glücklicherweise gibt es auch viele sehr unterschiedliche Beispiele für höchst gelungene Adaptionen: «Stolz und Vorurteil» mit Keira Knightley nach dem Roman von Jane Austen, «High Fidelity» nach Nick Hornby,

Der Unbestechliche unter den Restaurant- und Hotelführern

Ausgabe 2011, jetzt in Ihrer Orell Füssli Buchhandlung

books – November 2010 – 25


Saison Peter Jackson ist es gelungen, in seiner Verfilmung von «Der Herr der Ringe» den Geist der Geschichte zu erfassen und in sein Medium zu übertragen. Die Fans nahmen ihm nicht übel, dass er einiges aus filmdramaturgischen Gründen veränderte und wichtige Passagen weglassen musste.

«Der Name der Rose» nach Umberto Eco, «Das Schweigen der Lämmer» nach Thomas Harris, «Gottes Werk und Teufels Beitrag» nach John Irving, «Der Teufel trägt Prada» nach Lauren Weisberger – die Liste liesse sich beliebig fortsetzen. Häufig verfilmt wurde auch John Le Carré, dem wir einen Beitrag in diesem Heft widmen (ab Seite 10); die jüngste Adaption stammt vom brasilianischen Regisseur Fernando Meirelles und heisst «Der ewige Gärtner». Und zu erwähnen ist sicher auch «Romeo + Juliet» von Baz Luhrmann mit Leonardo di Caprio und Claire Danes aus dem Jahr 1996. Luhrmann gelang der Spagat, Shakespeares Stück ins Hier und Jetzt zu übertragen, es in eine Reflexion über Gewalt und moderne Medienkultur zu modifizieren – und trotzdem kein Jota daran zu ändern. Das war schon fast genial.

aber wohl der legendäre Monumentalschinken «Vom Winde verweht». Die 1000-seitige Vorlage von Margaret Mitchell gewann zwar 1937 den Pulitzer-Preis – doch erst der Film liess die Üppigkeit der Geschichte wirklich aufleben, erst die schöne Schauspielerin Vivien Leigh machte die Hauptfigur Scarlett unsterblich.

Manchmal ist der Film gar besser! Natürlich ist Luhrmanns Film nicht besser als Shakespeares Stück, und es ist anzunehmen, dass man in 500 Jahren noch immer das Original spielen wird, während der Film wohl vergessen ist. Manchmal gelingt Regisseuren jedoch das Kunststück, dass ein Film viel mehr hält, als das Buch versprochen hat – und eher in unseren Kulturkanon eingehen wird als die Vorlage. Die Bond-Romane von Ian Fleming sind sicher nicht schlecht; kaum jemand wird aber bestreiten, dass die Verfilmungen mehr Wirkung entfalten. Das Gleiche gilt bei Terry Gilliams Adaption des Romans «Fear and Loathing in Las Vegas» von Hunter S. Thompson. Dass «Forrest Gump» mit Tom Hanks auf einem Roman von Winston Groom basiert, weiss wohl niemand. Und wer hat schon das Buch «Nothing Lasts Forever» von Roderick Thorp gelesen! John McTiernan machte daraus den hochspannenden Actionfilm «Die Hard», der für vier Oscars nominiert wurde. Das beste Beispiel für einen gewaltigen Sprung nach vorn, den ein Stoff durch die Verfilmung machte, ist 26 – books – November 2010

Vom Film zum Buch Wenn man vom Zusammenspiel von Buch und Film spricht, muss man auch in die andere Richtung schauen – denn das Buch hat nicht nur Auswirkungen aufs Kino, der Film sorgt auch für Neuerscheinungen im Buchmarkt. Zu jedem Blockbuster erscheint mindestens ein «Buch zum Film», oft wird nachträglich noch ein Roman produziert, wenn der Film auf einem Originaldrehbuch basierte. Und manchmal inspiriert ein Filmer auch einen Schriftsteller zu einem neuen Text. So geschehen beim aktuellen Werk von Tim Krohn (von dem Sie übrigens einen exklusiven Text auf Seite 51 dieses Magazins finden): Er schrieb ein Textfragment für ein Hotelmagazin, ein Regisseur wurde während seiner Ferien darauf aufmerksam und bat Krohn, die Geschichte für einen Film vollends auszuspinnen. Das Resultat ist das schöne schmale Bändchen «Der Geist am Berg»; die Filmrechte an diesem modernen Märchen über eine Grenzgängerin zwischen Alp und Tal sind bereits verkauft.

Wenig Geld, viel Publizität Tim Krohns Verleger Wolfgang Hörner vom Galiani-Verlag in Berlin relativiert übrigens die weit verbreitete Vorstellung, als Autor könne man mit Filmrechten reich werden: «Es ist wie immer: Wer hat, dem wird gegeben. War das Buch schon richtig erfolgreich, wird auch der Filmabschluss gut sein. Andernfalls fliessen meist eher kleine Summen.» Selbst bei bescheidenen Tantiemen könne ein Autor aber nur gewinnen, wenn sein Buch verfilmt werde. «Erstens bekommt er einen finanziellen Bonus, ohne dass er dafür etwas tun muss. Zweitens erhalten das Buch und der Autor zusätzliche Publizität.» Ob die Verfilmung gut oder schlecht ausfalle, spiele dabei keine grosse Rolle, meint Hörner. «Ist der Film schlecht, sagen die Leute: Aber das Buch ist gut! Und wenn der Film gut ist, finden sie: Wie toll ist erst das Buch!» Es sei allerdings schwierig zu sagen, welchen effektiven Einfluss eine Verfilmung auf den Absatz eines Buchs habe. Immerhin weiss Hörner ein Beispiel für ein Taschenbuch, dessen Verkauf durch eine Verfilmung stark angekurbelt wurde: «’Herr Lehmann’ von Sven Regener – da beflügelte der Film den Buchabsatz spürbar.» Und was, meint der Verleger, ist nun eine gute Buchverfilmung? Wolfgang Hörner muss nicht lange überlegen: «Wenn der Film die Stimmung, die Haltung des Buchs hinüberbringt. Dann ist die Übersetzungsarbeit geglückt!»


Interaktive Bücher

Aktuelle Verfilmungen Alles, was wir geben mussten Kazuo Ishiguro

Milliardär per Zufall Ben Mezrich

352 Seiten CHF 17.90 btb

278 Seiten CHF 29.90 Redline Wirtschaft

Die Verfilmung seines Romans «Was vom Tage übrig bleibt» war ein Grosserfolg – von der Adaption von Kazuo Ishiguros Bestseller «Alles, was wir geben mussten» erhoffen sich die Produzenten ebenfalls volle Kassen. Die Besetzung klingt schon einmal sehr verlockend: Neben Keira Knightley und Carey Mulligan spielen Andrew Garfield und Sally Hawkins. Die dunkle Seite des Mondes Martin Suter 320 Seiten CHF 18.90 Diogenes

Die handlungsreichen Bücher von Martin Suter sind als Filmvorlagen äusserst beliebt – gerade war «Lila, Lila» im Kino, «Small World» wird mit Gérard Depardieu in der Hauptrolle verfilmt, und Oliver Hirschbiegel, Regisseur von «Der Untergang», hat auf 2012 die Verfilmung von «Die dunkle Seite des Mondes» angekündigt. Veronika beschliesst zu sterben Paulo Coelho 223 Seiten CHF 16.90 Diogenes

Die Geschichte einer unglücklichen jungen Frau; in der Hauptrolle ist Sarah Michelle Gellar zu sehen, die man bei uns aus der Fernsehserie «Buffy – Im Bann der Dämonen» kennt. Der Film lief im September bei uns an. Oskar und die Dame in Rosa Eric-Emmanuel Schmitt 112 Seiten CHF 11.90 Fischer

Eric-Emmanuel Schmitt ist auch Regisseur und hat sein Buch deshalb gleich selber verfilmt. In einer der Hauptrollen der grosse Max von Sydow.

Hinter dem hochgejubelten Film «The Social Network» steckt Mezrichs Beschreibung vom Aufstieg des Internet-Netzwerks Facebook und seiner beiden Gründer. Wie durch ein Wunder Ben Sherwood 319 Seiten CHF 17.90 Heyne

Charlie kommt nur schwer über den Tod seines jüngeren Bruders hinweg. Doch dann lernt es Tess kennen … verfilmt mit Zac Efron («High School Musical»), Kim Basinger und Ray Liotta.

»Wie die Entdeckung von Montaigne ist die von Stevenson eine der dauerhaftesten Seligkeiten, die uns die Literatur schenken kann.« Jorge Luis Borges »Hervorragend übersetzt und ganz herrlich ausgestattet – so sollten Bücher aussehen.« Roger Willemsen

Wir sind die Nacht Wolfgang Hohlbein 608 Seiten CHF 34.90 Heyne

Seit einigen Wochen ist die Verfilmung von Hohlbeins Vampir-Geschichte zu sehen – mit Nina Hoss und Karoline Herfurth in den Hauptrollen. Die Chroniken von Narnia C.S. Lewis 1308 Seiten CHF 80.00 Carl Ueberreuther

Nach den wenig überzeugenden ersten beiden Narnia-Filmen kommt nun der nächste Band der Serie ins Kino: «Die Reise auf der Morgenröte.» Die Legende der Wächter 01: Die Entführung Kathryn Lasky 288 Seiten CHF 29.90 Ravensburger

15 Bände umfasst die Reihe «Die Legende der Wächter» mittlerweile – die ersten drei Bücher wurden jetzt als 3D-Spektakel verfilmt.

336 Seiten, Leinenband mit Lesebändchen, im Schuber, CHF 48,90; ISBN 978-3-86648-120-6, www.mare.de

mare

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Buchtipps

Das Wörterbuch der Liebenden David Levithan

Thesen über die Existenz der Liebe Torben Guldberg

Hast du gemerkt, dass ich mich im Internet-Profil zwei Jahre jünger gemacht habe? Welche Seligkeit, den Küchentisch unter den bestirnten Himmel zu stellen! Ob es eine gute Idee ist, zusammenzuziehen? Du wirst doch nicht etwa Doisneaus Kuss aufhängen! Ich will es nicht wissen, wenn du mir sagst, du hättest mir etwas zu sagen ... Ein Wörterbuch der anderen Art: Jeder Eintrag erzählt einen Schritt der Annäherung, aber damit auch der Verletzlichkeit. Literarisch raffiniert und romantisch fängt das Buch die fast alltäglichen Gefühlsstürme der Liebe ein: Momente des Glücks, des Genervtseins, der Erwartungen und Ernüchterungen – und der Gewissheit, dass Liebe flüchtig ist.

Die Liebe ist die grösste Kraft – doch was genau ist sie? Die Suche nach der Antwort aller Antworten treibt den Erzähler durch fünf Jahrhunderte, rund um die Welt. Er sammelt in Amsterdam, Berlin und New York Liebesgeschichten: leidenschaftliche, zärtliche, zerstörerische, rebellische. Er versucht sogar, die Liebe mit einem gigantischen Fernrohr zu bündeln – und macht mit seinem wahnwitzigen Experiment eine ganze Stadt dem Erdboden gleich. Die Liebe ist eben nicht fassbar, nicht ergründbar, nicht kontrollierbar. Sie ist ein allumfassendes Gefühl, wie eine Vibration im Weltall. Ein Gefühl, von dem der Mensch nie aufhören wird zu erzählen ...

211 Seiten

464 Seiten

CHF 29.90

CHF 33.90

Graf

S. Fischer

ISBN 978-3-86220-004-7

ISBN 978-3-10-027038-2

Die ’Ndrangheta

Auge um Auge

Gudrun Dietz

Ameneh Bahrami

Die ’Ndrangheta ist die Mafia Kalabriens. Aber mit der Mafia, wie man sie aus unzähligen Gangsterfilmen kennt, hat sie wenig gemein. Es gibt keinen grossen Paten, der das Sagen hat, und sie legt keinen Wert auf dekadenten Glanz. Die ’Ndrangheta ist einfach «nur» ein Zusammenschluss vieler kleiner Gruppen – eine Art kriminelle Interessengemeinschaft, von der man annimmt, dass sie im Jahr bis zu 44 Milliarden Euro umsetzt. Das Buch stellt diese Organisation vor und beschreibt, wie sie auch in Deutschland Fuss fassen konnte und seither ihren Einfluss stetig ausbaute. Die äusserst spannende Geschichte einer lange Zeit unterschätzten kriminellen Organisation.

Die junge und hübsche Ameneh Bahrami besucht die Universität in Teheran, um Elektrotechnikerin zu werden. Ein Kommilitone verliebt sich in sie, bedrängt sie. Nachdem sie ihm klargemacht hat, dass seine Avancen sinnlos sind, schüttet er ihr Säure ins Gesicht. Die junge Frau erblindet. Sie kämpft, um gegen ihren Peiniger jene Strafe zu erwirken, welche die Scharia vorsieht: Sie darf dem Mann ebenfalls Säure in die Augen träufeln – Auge um Auge. Die Strafe hat sie noch nicht vollzogen. Ihr Peiniger sitzt im Gefängnis und wartet darauf, dass der Urteilsspruch in die Tat umgesetzt wird. Die blinde Frau erzählt die Geschichte in ihren eigenen Worten, die sie auf Kassette gesprochen hat. Eine Geschichte, die unter die Haut geht.

304 Seiten

256 Seiten

CHF 29.90

CHF 33.90

Wiley VCH

MVG

ISBN 978-3-52750-455-8

ISBN 978-3-86882-155-0

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Buchtipps

Das Verhängnis

Bullet Catcher

Joy Fielding

Roxanne St. Claire

Suzy und Dave Bigelow sind vor kurzem nach Miami Beach gezogen, denn Dave hat dort eine Stelle als Arzt in einer renommierten Klink bekommen. Doch statt eine glückliche Ehe zu führen, leidet Suzy darunter, dass sich ihr Mann zunehmend als Choleriker entpuppt. Eines Abend beschliesst sie, der heimischen Hölle für einen Moment zu entfliehen und in einer Bar einen Drink zu nehmen. Schnell zieht sie die Aufmerksamkeit von drei Männern auf sich – und wird unversehens zum Objekt einer Wette: Wer aus der Männerrunde schafft es, Suzy noch am gleichen Abend zu verführen? Aus der Wette wird schnell eine Gratwanderung und schliesslich eine wahre Katastrophe.

Privatdetektivin Jasmine Adams kommt nach Miami Beach – aber nicht, um die Sonne zu geniessen, sondern um ihre Zwillingsschwester Jessica zu suchen, die spurlos verschwunden ist. Zwar hatte die Schwester einen Bodyguard engagiert, um sich vor dem Unbekannten zu schützen, der es auf sie abgesehen hatte. Doch es war zu spät. Alex Romero, der Bodyguard, bietet Jasmine seine Hilfe bei dem Fall an. Schnell merkt die Ermittlerin, dass sie ohne Romeros Fähigkeiten in höchster Gefahr schwebt. Und sie muss auch feststellen, dass er ihr alles andere als gleichgültig ist ... Mitreissend, erotisch und hochspannend. Wer Linda Howard und Sandra Brown liebt, wird begeistert sein.

413 Seiten

380 Seiten

CHF 34.90

CHF 16.90

Goldmann

Egmont LYX

ISBN 978-3-442-31205-4

ISBN 978-3-8025-8348-3

Spiral

Sieh mir beim Sterben zu

Paul McEuen

P. J. Tracy

Der Mikrobiologe Liam Connor besitzt einen Pilz, der jeden Menschen in eine tödliche Waffe verwandeln kann – tausendmal schlimmer als jedes Virus! Denn der Pilz wächst in seinem Wirt, unbemerkt, bis es zu spät ist. Als man Connor grausam zugerichtet auffindet, wird die Gefahr akut, denn vom Todespilz fehlt jede Spur. Wer hat den Pilz an sich gebracht? Und welche Ziele verfolgt er? Wird der Pilz sich unkontrolliert ausbreiten und die Menschheit vernichten? Für Liams Assistent Jake beginnt ein tödlicher Wettlauf gegen die Uhr, denn er muss mit allen Mitteln verhindern, dass der Todespilz auf die Menschheit losgelassen wird. Ein atemberaubender Thriller, der unter die Haut geht.

Ist es nur eine makabere Inszenierung oder wird die Braut tatsächlich vor laufender Kamera ertränkt? Der Mord ist echt. Das merken Leo Magozzi und Gino Rolseth, als sie von der Minnesota Police zum Tatort gerufen werden. Doch die Braut ist keine Braut, sondern ein Mann, der Brautkleider trägt. Leo und Gino sind ebenso ratlos wie das FBI. Deshalb holen sie die Monkeewrench-Crew ins Boot – und diese entdeckt in den Tiefen des Internets Abgründe, wie sie tiefer kaum sein können. Das Filmchen mit der ertränkten Braut ist nämlich nur eines von vielen ... Einmal mehr hat das Autorenteam von Mutter und Tochter unter dem Pseudonym P. J. Tracy einen packenden Thriller geschaffen.

400 Seiten

384 Seiten

CHF 29.90

CHF 33.90

Scherz

Wunderlich

ISBN 978-3-502-10218-2

ISBN 978-3-8052-0859-8

books – November 2010 – 29


Orell Füssli

Ein Päckli von der Mütterhilfe Beim Kramhof steht auch in diesem Dezember wieder das Päckli-Zelt, in dem gekaufte Bücher gratis als Geschenk eingepackt werden. Gleichzeitig sammelt Orell Füssli Spenden für eine gemeinnützige Organisation – dieses Jahr für die Mütterhilfe.

Bei Orell Füssli können sich Kundinnen und Kunden die gekauften Bücher als Geschenk einpacken lassen – kostenlos. Besonders vor Weihnachten findet dieser Service einen so regen Anklang, dass die Mitarbeitenden der Filiale Kramhof seit einigen Jahren in ein Päckli-Zelt im Innenhof ausweichen müssen, um die rund 20’000 Geschenkverpackungen zu bewältigen. Seit drei Jahren sucht sich Orell Füssli für das

Päckli-Zelt jeweils einen gemeinnützigen Partner. Dieses Jahr beteiligt sich die Stiftung Mütterhilfe an der Aktion. Das bedeutet: Die Hälfte der flinken Hände, die vom 4. bis zum 24. Dezember Bücher einwickeln und Pakete schnüren, gehört den Mitarbeitenden von Orell Füssli, die andere Hälfte Freiwilligen von der Mütterhilfe. Sie opfern einen Teil ihrer Freizeit in der Vorweihnachtszeit. Als Gegenleistung ste-

hen in allen Filialen von Orell Füssli Kässeli für Spenden der Kundinnen und Kunden. «Wir sind eine kleine Organisation und froh um jeden Spendenfranken», sagt Urs Schäfer von der Mütterhilfe, «aber ebenso wertvoll ist es für uns, dass wir unsere Arbeit einem grossen Publikum vorstellen dürfen.» Auf die Frage, ob die Freiwilligen der Mütterhilfe schon geübt hätten, meint Urs Schäfer lachend: «Orell Füssli organisiert noch einen Nachmittag, an dem wir über alles informiert werden und bereits etwas üben können.»

Die Mütterhilfe Ein Paar ist mit seinem Baby überfordert? Eine Frau wird in der Schwangerschaft von ihrem Partner verlassen? Seit 1932 unterstützt die Mütterhilfe Mütter, Väter und Paare in der ganzen Deutschschweiz. Die konfessionell und politisch unabhängige Stiftung bietet mit elf Mitarbeitenden Sozialberatungen, Elternschaftstherapien, Familieneinsätze, Weiterbildungen und materielle Hilfe für Eltern – von der Schwangerschaft bis zum Zeitpunkt, wenn ihr jüngstes Kind drei Jahre alt ist. Der grösste Teil der Mittel stammt aus Spenden und Legaten, Subventionen bezieht die Mütterhilfe nicht.

Leider vergriffen …

14’000 Franken für Pakistan Im Januar spendeten Kundinnen und Kunden von Orell Füssli mit Unterstützung der Buchhandlung für den Wiederaufbau in Haiti; in diesem Sommer veranlasste uns eine weitere Katastrophe, erneut zugunsten der Schweizer Glückskette zu sammeln – diesmal für die Flutopfer in Pakistan. Und wieder liessen unsere Kundinnen und Kunden die Sammelboxen bei den Kassen aller Filialen von Orell Füssli nicht leer. Ihre grosszügigen Spenden stockte Orell Füssli auch dieses Mal um 20 Prozent auf. Auf diese Weise kamen insgesamt 14’000 Franken zusammen, die wir der Glückskette für ihre Hilfe in Pakistan überweisen konnten. Alle Beiträge von Benjamin Gygax 30 – books – November 2010

Sie erhalten einen Lesetipp oder finden einen Verweis auf ein Buch, das Sie interessieren würde – doch dieses ist vergriffen. Jetzt müssen Sie nicht mehr endlos in den Weiten des Internets fischen, um das gewünschte Buch zu finden. Das Kundenservicecenter von Orell Füssli nimmt jetzt auch antiquarische Bestellungen entgegen. Sie erreichen das Servicecenter von Montag bis Freitag zwischen 9 und 18.30 Uhr sowie am Samstag von 8.30 bis 17.00 Uhr – auf folgenden Wegen: Telefon 0848 849 848, Fax 044 455 56 20, orders@books.ch oder schriftlich an:

Orell Füssli Buchhandlungs AG Kundenservicecenter Dietzingerstrasse 3 Postfach 8036 Zürich


Orell Füssli

Fortsetzung folgt – auf booksblog.ch ! Milena Moser, Sibylle Berg, Pedro Lenz, Charles Lewinsky und Katja Alves schreiben für Orell Füssli eine weihnachtliche Fortsetzungsgeschichte, die exklusiv auf booksblog.ch zu lesen sein wird.

«Keine vier Wochen mehr bis Weihnachten, dachte Clara, und alle drehen durch.» Mit diesem Satz eröffnet Milena Moser die Fortsetzungsgeschichte, die sie mit ihren Kolleginnen und Kollegen Sibylle Berg, Pedro Lenz, Charles Lewinsky und Katja Alves exklusiv für Orell Füssli schreibt. Wie Recht die Buchhändlerin Clara mit ihrer Einschätzung hat, erfahren wir schon wenige Zeilen später, als ein Kunde durchdreht: «Es war der Mann mit dem zu grossen Mantel. Er trat zwischen den Regalen hervor und breitete die Arme aus.» Was danach geschieht, können Sie in der ersten Folge der Fortsetzungsgeschichte ab Sonntag, dem 28. November 2010, auf books-

blog.ch lesen. Wie es weiter geht, wissen nicht einmal die Autorinnen und Autoren. Orell Füssli ist Schweizer Schriftstellerinnen und Schriftstellern besonders verbunden und hat deshalb fünf der prominentesten gebeten, für die Kundinnen und Kunden eine exklusive Geschichte zu verfassen. Die Spielregeln sind denkbar einfach: Die Beteiligten schreiben abwechselnd eine kurze Folge der Geschichte, alle kommen zweimal zum Zug. Dabei haben sie eine Carte Blanche. Der nachfolgenden Person geben sie ein einzelnes Wort mit, das in der nächsten Folge vorkommen muss. Jede Woche wird eine Folge publiziert – wir wissen also

Ende Januar 2011, wie die Geschichte ausgeht. So einfach die Regeln, so schwierig die Aufgabe! Hoffentlich verfolgen Sie mit gleich viel Genuss wie wir, wie diese Geschichte entsteht und wie sich das Schicksal von Clara entwickelt. Wenn Sie dabei auch noch unseren neuen booksblog schätzen lernen, dann ist das für uns wie Weihnachten und Neujahr zugleich.

booksblog.ch – das interaktive Portal von Orell Füssli Jede und jeder liest in der Regel für sich selbst. Doch Bücher waren schon immer auch eine soziale Sache. Der neue booksblog öffnet diesbezüglich eine neue Dimension. Auf der neuen Seite booksblog.ch finden Sie Videos mit Buchpräsentationen und Autoreninterviews, Lese-Empfehlungen der booksblog-Redaktion und einen Link zu Facebook, wo sich Nutzerinnen und Nutzer von booksblog.ch über ihre Lektüre austauschen können.

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Fantastisch!

Ein junger Mitarbeiter von Orell Füssli präsentiert Neuerscheinungen und Geheimtipps aus dem Fantasy-Genre: Bücher für alle, die sich gern in fremde Welten entführen lassen. Aufzeichnung: Marius Leutenegger

«Heute stellen wir in dieser Rubrik einmal etwas härtere Sachen vor – keine Geschichten über verliebte Vampire oder unglückliche Engel, sondern Bücher, die eine schöne Endzeit-Stimmung verbreiten. ‚Die Stadt & die Stadt’ von China Miéville ist ein Krimi, der in einer osteuropäisch angehauchten Stadt der Zukunft spielt. Die Atmosphäre erinnert ungefähr an jene im Film ,The Blade Runner’. Auch wenn dieses Buch im Science-fiction-Regal zu finden ist, handelt es sich nicht um eine so genannte ’Space Opera’, man muss nicht mit Raumschiffen rechnen; die beschriebene Welt ist nicht viel anders als unsere. Ort der Handlung sind zwei Städte, die ineinander verwachsen, aber trotzdem streng getrennt sind. Ich fühlte mich zuerst an Ber32 – books – November 2010

lin zur Zeit der Mauer erinnert, aber hier gibt es keine Mauer; die Bewohner der beiden Städte sind einfach dazu erzogen worden, die anderen zu ignorieren. Es darf zwar niemand die andere Stadt betreten, aber es kommt dennoch zu Begegnungen. Die Hauptfigur des Romans zum Beispiel, Kommissar Borlú, wohnt an der Grenze zwischen den beiden Städten und sieht die Menschen der anderen Stadt im Zug vorbeifahren, er muss sie aber ignorieren – es gibt sie sozusagen nicht. Dann wird in einem Skaterpark beim Rotlichtviertel die Leiche einer schönen jungen Frau gefunden. Kommissar Borlú findet schnell heraus, dass die Frau aus der anderen Stadt stammt. Nun hat er ein echtes Problem: Darf er überhaupt ermitteln, da er die Leiche ja gar nicht wahrnehmen darf? Offenbar wurde die Frau an einer anderen Stelle getötet und beim Skaterpark abgelegt. Borlú tappt im Dunkeln. Doch eines Tages erhält er einen Anruf aus der anderen Stadt. Der geheimnisvolle Anrufer will Borlú auf die richtige Fährte stossen, weil er befürchtet, selber ein Op-

fer des Mörders zu werden. Die Fährte führt Borlú zu den ‚Radikalen’: zu Menschen, die über die Grenze gehen und Kontakte mit Menschen der anderen Stadt pflegen ... Faszinierend an diesem Buch finde ich die Atmosphäre. Der englische Erfolgs-Autor China Miéville hat sich auf eine Mischung aus Fantasy, Science-fiction und Horror spezialisiert. Sein Stil wirkt etwas melancholisch, aber es zieht einen schnell in den Roman hinein. Es gibt keine überflüssige Parallelhandlung, es wird nicht lange um den heissen Brei herum geredet – im Unterschied zu vielen anderen Krimis, die eher ins Romanartige hineingehen und bei denen zum Beispiel das Privatleben des Kommissars ausführlich beschrieben wird. Hier gibt es keine Ablenkung, Miévielle verliert sich nicht in Kleinigkeiten. Der Ablauf ist simpel, aber attraktiv – ich wurde jedenfalls sofort von der Geschichte in Bann geschlagen. Ich denke aber, dieses Buch eignet sich eher für ältere Jugendliche oder für junge Erwachsene – und eher für Männer als für Frauen.


Fantastisch!

Amos König Amos König, 18, arbeitet im dritten Lehrjahr in der Filiale Kramhof Zürich. Er wuchs in Zürich

wenige Zombies in der Pariser Kanalisation, ansonsten ist die Erde wieder zombiefrei. Ein Reporter macht sich nun auf den Weg und interviewt überall Überlebende. Das Buch ist eine Ansammlung fiktiver Reportagen und zahlreicher Episoden vom Krieg gegen die Zombies. Man erfährt, wie die versprengte Menschheit in den USA viele kleine Staaten gründete, wie Kuba zur Grossmacht aufstieg, weil die Insel eine zombiefreie Zone war, wie in Indien ein Pass gesprengt wurde, um die Zombies fernzuhalten – und wie dreckig die Menschen miteinander umgingen, um nicht unterzugehen. Wie man aus dieser Vielfalt einen zusammenhängenden Film macht, ist mir zwar schleierhaft, aber ich bin natürlich gespannt, was Marc Forster mit der Vorlage anfangen wird.

gur ist der 13-jährige Henry, der im heutigen England lebt. Er findet einen Elfenprinzen, der einem delikaten Geheimnis auf der Spur ist und sich deshalb in unsere Welt geflüchtet hat. Henry hilft dem Prinzen, in seine Welt zurückzukehren. Er ist kein auserwählter Bube, kein Harry Potter, er hat eine Familie und typische Probleme damit – und muss jetzt nebenher und rein zufällig noch ein FantasyReich retten. Ich habe schnell den Zugang zu diesem Buch gefunden, die Geschichte ist nicht überkompliziert, aber sehr humorvoll. Interessant wird sie durch die Schnittstelle zwischen der realen und der fantastischen Welt. Erzählt wird sie aus Sicht des Buben – daher ist dieses Buch auch für ein jüngeres Publikum durchaus empfehlenswert!»

auf und lebt jetzt in Adliswil. «Meine Mutter ist Buchhändlerin bei Orell Füssli in Luzern», erzählt er, «deshalb waren Bücher bei uns daheim ein Dauerthema.» Erst habe er vor allem historische Kinderromane gelesen, nachher sei er durch die unvermeidliche Harry-PotterPhase gegangen. «Danach war für eine gewisse Zeit Schluss mit Fantasy – bis mir meine Mutter einen Roman von Raymond Feist brachte. Da hat es mich gepackt; seither habe ich 24 Feist-Romane gelesen.» Ihm gefallen an Fantasy-Büchern vor allem die mittelalterliche Atmosphäre und die Tatsache, dass die Autorinnen und Autoren eine ganze Welt nach ihrem Gusto gestalten können. «Es gibt keinen

Mit hat am Buch vor allem die unterschwellige Selbstironie gefallen. Die Zombiewelt wird ad absurdum geführt. Alles ist extrem überzogen, abstrus und skurril, der Autor versucht gar nicht erst, realistisch zu klingen. Natürlich verzichtet er nicht auf die splattermässige Brutalität, die zu jedem ZombieWerk gehört, deshalb ist das Buch eher etwas für Leute mit starken Nerven. Mir gefällt auch das Episodenhafte; so kann man immer wieder mal ein Stückchen lesen und das Buch dann wieder weglegen. Für mich ist ‚Operation Zombie’ die ideale Zugfahrt- und Pausenliteratur.

vorgegebenen Rahmen – der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt!»

Das zweite Buch, das ich empfehle, ist zwar etwas älter, hat aber soeben wieder an Aktualität gewonnen: Der Schweizer HollywoodRegisseur Marc Foster hat bekannt gegeben, dass er es mit Brad Pitt in der Hauptrolle bis 2012 verfilmt. Es handelt sich um ‚Operation Zombie’ – den englischen Originaltitel «World War Z: An Oral History of the Zombie War» finde ich aber viel besser. Autor ist Max Brooks, Sohn des Regisseurs Mel Brooks und der Schauspielerin Anne Bancroft. Das Buch erzählt von der grossen Zombiekatastrophe, wie sie in vielen Filmen dargestellt wird: Die Untoten erobern die Erde und drängen die Menschheit an den Rand der Vernichtung. Auf der ganzen Welt bricht das Chaos aus. Nur an wenigen Orten überleben die Menschen. Sie organisieren den Widerstand und erobern Gebiet um Gebiet von den Zombies zurück. Am Ende hausen nur noch

Nun noch schnell zwei Kurz-Tipps. Meine Begeisterung für Fantasy-Romane wurde ausgelöst, als ich ein Buch von Raymond Feist in die Finger bekam. Er schreibt klassische Fantasy in der Nachfolge der Genre-Pioniere J.R.R. Tolkien und C.S. Lewis. Feists Welt heisst Midkemia. Kennenlernen kann man sie am besten mit dem Roman ‚Die Brücke’. Er handelt vom Krieg zwischen zwei völlig verschiedenen Kulturen. Zwei verloren gegangene Einheiten – von jeder Kultur eine – müssen sich zusammentun, um sich gegen eine Bedrohung zu schützen. Es kommt zu einem eigentlichen Kulturcrash; auf der einen Seite steht eine mittelalterlich angehauchte Fantasy-Kultur im Stile von «Der Herr der Ringe», auf der anderen ein Volk, das an die Japaner und Azteken erinnert. ‚Die Brücke’ ist der ideale Einstieg für alle, die herausfinden möchten, ob ihnen der Autor zusagt. Nicht weniger gelungen finde ich ‚Das Elfenportal’ von Herbie Brennan. Hauptfi-

Die Stadt & die Stadt China Miéville 427 Seiten CHF 15.90 Lübbe

Operation Zombie Max Brooks 448 Seiten CHF 17.90 Goldmann

Das Elfenportal Herbie Brennan 355 Seiten CHF 16.90 dtv

Die Brücke Raymond Feist 447 Seiten CHF 18.90 Blanvalet

books – November 2010 – 33


Fantastisch! Junge Mitarbeitende von Orell Füssli geben weitere Tipps:

Janine Dübendorfer, 17, arbeitet im zweiten Lehrjahr in der Filiale Zürich Bellevue. Sie lebt in Zürich und liest regelmässig FantasyBücher, weil «mir erfundene Welten und Geschöpfe Abwechslung zum Alltag bieten». Ihr Tipp: «Flüsterndes Gold» von Carrie Jones. «Als Zara ins kalte, verschneite Maine zu ihrer Grossmutter zieht, verliebt sie sich augenblicklich in Nick. Nur wird ihr schnell klar, dass hier nicht alle die sind, die sie zu sein scheinen. Denn zusammen mit ihren neu gewonnenen Freunden stösst Zara auf ein übernatürliches und unheimliches Geheimnis, das ein ganz neues Licht auf ihr bisheriges Leben wirft ... Dieses Buch hat mich mit seinem flüsternden Frohlocken derart verführt, dass ich es nur so verschlungen habe.»

Flüsterndes Gold Carrie Jones 350 Seiten CHF 27.90 Bertelsmann

Katharina Iten, 23, arbeitet am Kundendienst bei Orell Füssli Kramhof an der Zürcher Bahnhofstrasse. Sie lebt in Dübendorf. FantasyBücher liebt sie, weil «die Geschichten in einer anderen Welt spielen, aber meistens sehr realistisch klingen – und weil sie fast immer ein Happyend haben». Ihr Tipp: «Die Tribute von Panem» von Suzanne Collins. «Mit der Trilogie ‘Die Tribute von Panem’ ist der US-amerikanischen Autorin ein echtes Highlight gelungen. Die Geschichte: Nach einem zerstörerischen Krieg gibt es die USA nicht mehr. Geblieben sind 12 Distrikte, die vom Kapitol unterdrückt und ausgebeutet werden. Alle Jahre gipfelt diese Unterdrückung in einer öffentlichen Darbietung, welche Hungerspiele genannt wird. Aus jedem Distrikt werden zwei Personen ausgelost und als so genannte Tribute in eine Arena geschickt. Um ihre kleine Schwester vor diesem grausamen Schicksal zu bewahren, meldet sich Katniss freiwillig ... Die ersten beiden Bände der Trilogie haben meine Erwartungen bei Weitem übertroffen, schon lange habe ich keine Bücher mehr gelesen, die so voller Spannung, Hoffnung, Trauer und Liebe sind. Ich lege diese Reihe allen ans Herz. Und noch eine gute Nachricht für alle, die schon von ‚Panem’ infiziert sind: Bald hat unser Leiden ein Ende, der dritte Band erscheint im März 2011!»

Die Tribute von Panem. Tödliche Spiele. Suzanne Collins 414 Seiten CHF 29.90 Oetinger

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Tim Lenny George, 16, pendelt täglich von Bern nach Zürich, wo er bei Orell Füssli das erste Jahr seiner Buchhändler-Lehre absolviert. An Fantasy-Romanen liebt er, dass «sie mich in eine andere Welt eintauchen lassen, aber trotzdem einen Bezug zur Wirklichkeit haben – denn sie vermitteln einem viele Lebensweisheiten». Sein Tipp: «Reckless» von Cornelia Funke. «Bereits seit Jahren besucht Jacob Reckless die Welt hinter dem Spiegel – und bis jetzt hat er sie vor seinem kleinen Bruder Will immer geheim halten können. Doch dieses Mal folgt ihm Will in das geheimnisvolle Reich. Dort wird er prompt von einem Goyl, einem Steinmenschen, gebissen. Von da an ist seine Haut von Jade durchzogen, sein Fleisch wird zu Stein. Eine furiose und märchenhafte Hetzjagd nach einem Heilmittel für Will beginnt. Wird Jacob es schaffen, seinen kleinen Bruder vor dem ‘Steinernen Fleisch’ zu retten? Ein spannendes und liebvoll illustriertes All-Age FantasyWerk von Cornelia Funke – das sollte man gelesen haben!»

Reckless Cornelia Funke 346 Seiten CHF 33.90 Egmont


Buchtipps

Hasret

Starchild Terry II: Melinda

Roger Kappeler

Roger Kappeler

Dies ist die bewegende Liebesgeschichte der zauberhaften Hasret. Sie wird als Baby adoptiert; das arabische Waisenkind wächst wohlbehütet in einer gutbürgerlichen Familie in der Schweiz auf. Sie lebt ein ganz normales Leben, wie andere Mädchen in ihrem Alter eben auch. Doch dann stellt die grosse Liebe ihr Leben auf den Kopf. Das bildhübsche Mädchen begibt sich mit knapp zwanzig Jahren auf eine Odyssee, die sie rund um den Globus führt. Und es zeigt sich: Es gibt da auch noch ein dunkles Geheimnis um ihre wahren Familienverhältnisse. Die schier unglaubliche und bewegende Lebensgeschichte eines arabischen Waisenkinds auf der Suche nach sich selbst und ihren Wurzeln.

Starchild Terry und seine verrückte Rasselbande sind zurück! Und wieder bestreiten sie gemeinsam fantastische, noch nie dagewesene Abenteuer. Diesmal geht es um Melinda, die auf eine dramatische und witzige Reise vom sogenannten Jenseits in ihre neue Inkarnation geht. Leben und Tod sind im Endeffekt eben nur zwei Seiten von einer und derselben Medaille. Doch Melindas Leben auf «dieser» Seite verläuft weder sonderlich normal noch ausgemacht langweilig. Sie übernachtet in gerade entstehenden Kornkreisen, erlebt das scheinbare Ende der Welt mit und reist durchs Weltall in die Heimat der Sternenkinder. Langeweile? Fehlanzeige!

138 Seiten

141 Seiten

CHF 14.90

CHF 16.90

Wagner

Wagner

ISBN 978-3-86683-765-2

ISBN 978-3-86683-800-0

Böse Dinge geschehen

Die Unperfekten

Harry Dolan

Tom Rachman

David Loogan ist Redakteur bei einem amerikanischen Krimi-Magazin. Wie passend, dass eines Tages sein Boss und Freund Tom mit einer höchst ungewöhnlichen Bitte an ihn herantritt: Loogan soll Tom helfen, eine Leiche zu vergraben – ein Gefallen unter Freunden, sozusagen. Loogan willigt ein, doch ehe er sich versieht, ist auch sein Boss tot! Im beschaulichen Ann Arbor scheinen wirklich seltsame Dinge vorzugehen, denn die Leichen häufen sich: Ein Kollege von Loogan nach dem anderen segnet das Zeitliche. Klar, dass David sich auf eigene Faust an den Ermittlungen beteiligt, auch wenn das der zuständigen Ermittlerin ganz und gar nicht in den Kram passt.

Was passiert, wenn ein Zeitungserbe seinem Basset mehr Aufmerksamkeit widmet als dem Schicksal seines Blattes? Was wird aus Ruby, die noch immer auf der Suche nach dem Mann fürs Leben ist? Oder aus Ed, der gefeuert wird und sich dafür an der zuständigen Sachbearbeiterin rächt? Oder aus der Chefredaktorin Kathleen, die mit einem Weichei verheiratet ist und einen anderen liebt? Oder aus dem einsamen Lloyd, der aus purer Not eine Story erfindet und dabei erwischt wird? Rachman erschafft einen hintergründigen, komisch-ernsten Gesellschaftsroman, der nicht nur die spannende Geschichte über eine Tageszeitung in Rom erzählt, sondern auch ein Panoptikum unserer Zeit ist.

416 Seiten

394 Seiten

CHF 23.90

CHF 23.90

dtv

dtv

ISBN 978-3-423-24812-9

ISBN 978-3-423-24821-1

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Kaffeepause

2 Frauen und

3 Bücher Was machen zwei Buchhändlerinnen in der Kaffeepause? Sie trinken Kaffee – und plaudern über Bücher. books hat sich im «Starbucks» der Filiale Kramhof zu den Orell-Füssli-Mitarbeiterinnen Patrizia Melaugh und Irene Döös gesetzt. Aufzeichnung: Marius Leutenegger

books: Das erste Buch hat Patrizia in unsere Diskussionsrunde eingebracht: «Das amerikanische Hospital» von Michael Kleeberg. Worum geht’s? Patrizia Melaugh (P.M.): Die Geschichte spielt in Paris. Eine junge Frau betritt das amerikanische Hospital, um sich einer Behandlung für eine künstliche Befruchtung zu unterziehen. Im Eingangsbereich des Hospitals bricht vor ihren Füssen ein Mann zusammen. Er erweist sich als amerikanischer Soldat, der im ersten Irakkrieg kämpfte und davon schwer traumatisiert ist. Die beiden begegnen einander fortan immer wieder im Spital; die Frau geht dorthin wegen der künstlichen Befruchtung, der Mann, weil er wegen seines Traumas behandelt werden muss. Zwischen den beiden entwi36 – books – November 2010

ckelt sich eine Freundschaft. Spannend finde ich, dass das Buch zwei ganz gegensätzliche Themen behandelt: einerseits die künstliche Befruchtung, die für das Leben steht, andererseits den Krieg und den Tod. In gewissem Sinne steht die Frau aber auch im Krieg – mit ihrem eigenen Körper. Die aufwändigen und zeitraubenden Behandlungen werden zu ihrem ganzen Lebensinhalt. Der Soldat seinerseits berichtet über seine Erlebnisse, und da werden einem Bilder vermittelt, die lange hängen bleiben. books: Entwickelt sich zwischen den beiden Protagonisten denn auch eine Liebesgeschichte? P.M.: Nein, es ist die Geschichte einer Freundschaft. Irene Döös (I.D.): Ich fände es sogar schade, käme die Liebe ins Spiel. Im Zentrum stehen diese zwei leidenden Menschen und ihre seelischen Qualen. Der Soldat hat Angst, kann nicht mehr allein auf die Strasse – und was er erzählt, geht einem tatsächlich nicht so schnell aus dem Kopf. Diese Geschichte mit den Kindern ... P.M.: ... er erzählt, wie er im Kriegsgebiet Süssigkeiten an Kinder verteilt und wie plötzlich eine Bombe hochgeht – und alle tötet.

I.D.: Und die junge Frau hört ihm zu. Dabei ist sie selber im Elend. Sie ist vollgepumpt mit Hormonen, und trotzdem klappt es nie mit der Schwangerschaft – das führt zu einer gewissen Selbstentfremdung. Wie die beiden Personen und ihr Schicksal dargestellt werden, finde ich wahnsinnig stark. Darüber hinaus gefällt mir der melancholische Grundton des Romans, auch Paris wird sehr atmosphärisch dargestellt. Der Autor ist ein renommierter Übersetzer – und, wie das von Übersetzern verlangt wird, sehr genau in seiner Wortwahl. P.M.: Ja, die Sprache ist aussergewöhnlich präzis. Und gleichzeitig zurückhaltend: Die Kriegsszenen hätte man noch viel emotionaler beschreiben können, aber Kleeberg bauscht sie nicht auf. I.D.: Manchmal fürchtete ich: Jetzt wird es etwas zu dramatisch. Aber dann nimmt sich der Autor im genau richtigen Moment zurück – er hat das voll im Griff. books: Alles in allem klingt eure Beschreibung aber nicht nach einem sehr aufbauenden Lesevergnügen. Warum liest man ein solches Buch? P.M.: Weil man darin erfährt, was Freundschaft und Zuwendung bewirken können. Weil die Balance von äusseren Ereignissen und inneren Prozessen hochinteressant ist. Die beiden Figuren machen auch eine Entwicklung durch. Ich denke zum Beispiel an eine Szene während eines Streiks – der ganze Verkehr ist zusammengebrochen, die beiden kämpfen sich zu Fuss durch die Stadt, und im ganzen Chaos merkt der Soldat plötzlich: Jetzt komme ich mit dem Leben wieder zurecht. I.D.: Aber auch das wird nur angedeutet. Das finde ich auch das Gute an diesem Buch: Kleeberg überlässt mir als Leserin immer viel Spielraum. Ich finde das Buch übrigens überhaupt nicht bedrückend; die Sprache ist schön und führt einen leicht durch die Geschichte. books: Für welche Leserinnen und Leser eignet sich «Das amerikanische Hospital»? P.M.: Für alle, die gern gute Literatur haben und die ein ernsthaftes Buch suchen. I.D.: Aber klar: Dieser Roman ist nicht so unterhaltsam wie das neue Buch von Ian McEwan. P.M.: Ach, das kann man doch gar nicht miteinander vergleichen! I.D.: Wobei ich natürlich nichts gegen Ian


Kaffeepause Das amerikanische Hospital Michael Kleeberg 232 Seiten CHF 34.90 dva

Solar Ian McEwan 405 Seiten CHF 36.90 Diogenes

Zehn Franka Potente 164 Seiten CHF 26.90 Piper

Patrizia Melaugh, 58, lebt in Schaffhausen und arbeitet in der Abteilung Belletristik der Filiale Kramhof. Sie mag vor allem Bücher aus dem englischen Sprachraum. Ihre zwei Kinder sind bereits erwachsen.

Irene Döös, 42, lebt in Zürich und arbeitet in der Abteilung Belletristik der Filiale Kramhof. Sie liest viel deutschsprachige Literatur, aber auch amerikanische oder japanische Autorinnen und Autoren. Ihre zwei Buben sind neun und vier Jahre alt.

McEwan gesagt haben möchte. Sein Roman «Abbitte» ist unvergesslich, und so viel ich weiss, schwärmst du auch für seine Bücher. P.M.: McEwan ist sogar einer meiner Lieblingsautoren! Aber sein neues Buch finde ich nicht sein bestes.

ruht sich auf seinen Lorbeeren aus. Er steht kurz vor dem körperlichen Kollaps. Doch dann findet er einen Ausweg aus seiner Misere. Bei diesem Ausweg geht es um den Klimawandel und um erneuerbare Energien ... das Buch ist spannend und sehr lustig. Die Hauptfigur gerät in unzählige komische Situationen, die schon fast an Slapstick grenzen. Man hat das Gefühl, der Autor nimmt seine Hauptfigur nicht immer sehr ernst. P.M.: Dieser Beard ist dermassen unattraktiv, man kann gar nicht verstehen, dass er ständig Affären hat. Er ist unsympathisch, skrupellos ...

books: Damit sind wir schon beim zweiten der drei Bücher gelandet, über die wir heute reden: «Solar» von Ian McEwan. I.D.: Es erzählt vom Physik-Nobelpreisträger Michael Beard, der in einer Krise steckt. Er ist übergewichtig, hat eine Glatze bekommen, seine fünfte Ehe steht vor dem Aus, er hält stets die gleichen Vorträge und

I.D.: ... egozentrisch und stillos. Ständig will er wissen, ob er noch Chancen bei den Frauen hat. P.M.: Aber wie McEwan ihn beschreibt, das ist manchmal derart lustig ... ich weiss nicht, ob ich beim Lesen eines Buchs schon einmal so viel gelacht habe. Ich denke da zum Beispiel an die Szene, wie die Forscher zum Polarkreis fahren, um von dort aus die Welt zu retten – und wie in dem Raum, in dem sie ihre Stiefel deponieren, schon bald das grösste Chaos ausbricht. I.D.: Oder wie McEwan den Neid der anderen Wissenschaftler auf Michael Beard beschreibt – das ist schon sehr gut.

Reclam Bibliothek. Schöner Lesen Die Reclam Bibliothek bietet Klassiker in edler Ausstattung: in Leinen gebunden mit Schutzumschlag, Fadenheftung, Kapital- und Leseband. »Allen Kindles und iPads zum Trotz: Solange sich Verlage wie Reclam so viel Mühe machen und ihre Bücher so gestalten, kaufen wir die.« ZEIT MAGAZIN über die Reclam Bibliothek

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Viel mehr als Klassiker in Gelb.

books – November 2010 – 37


Kaffeepause books: Patrizia, du sagst, «Solar» sei nicht dein liebstes Buch von McEwan – und jetzt lobst du es trotzdem über den Klee. Was gefällt dir denn nicht daran? P.M.: Ich sage keineswegs, dass mir dieses Buch nicht gefällt – es ist amüsant und unterhaltsam, aber ich finde, es fehlt ihm die Tiefe der Vorgänger. I.D.: Es gibt längere Abhandlungen über Mathematik und Physik; diese Passagen waren mir zu technisch. Ich hätte lieber gehabt, McEwan hätte seine Figuren etwas feiner gezeichnet. Ja, der technische Teil nimmt zu viel Raum ein auf Kosten der Figuren. P.M.: Mir kommt es sogar fast vor, als hätte er sich hier einen Spass geleistet: einmal so richtig böse und zynisch zu schreiben! I.D.: Nun, McEwan darf auch einmal etwas Satirisches schreiben, wir haben ihn trotzdem gern. Dieses Buch kann man auf jeden Fall gut empfehlen. P.M.: Aber es ist nicht so gut wie «Abbitte» oder «Am Strand» – und wenn jemand einmal etwas von McEwan lesen möchte, würde ich zuerst diese früheren Romane empfehlen. books: Kommen wir zum dritten Buch, «Zehn» – ausgesucht von Irene. Die Autorin Franka Potente hat man bis jetzt als Schauspielerin gekannt, sie spielte zum Beispiel die Hauptrolle in «Lola rennt». I.D.: In ihrem Erstling vereint Franka Potente zehn Geschichten, die uns Einblick in den Alltag Japans geben. Ihr Blick auf Japan ist der Blick einer Europäerin; sie schaut sehr genau hin, und weil sie von aus-

sen kommt, aus unserem Kulturkreis, kann man ihr gut folgen. Die zehn Geschichten habe ich jedenfalls alle sehr gern gelesen. P.M.: Sie illustrieren auf eindrückliche Weise, worin sich Japan von Europa unterscheidet. I.D.: Da gibt es zum Beispiel ein Rendezvous zwischen einem Japaner und einer Schwedin – die beiden verstehen einander einfach nicht, die Frau umarmt den Mann zur Begrüssung, und der kann das nicht einordnen. Eindrücklich ist auch die Geschichte der schwangeren Frau, die mit ihrem Mann und den Schwiegereltern ein umfassendes Bildungsprogramm für das Ungeborene erstellt. Sie liest laut die richtigen Bücher, hört nur noch klassische Musik, damit das Kind später bessere Chancen hat. Man spürt den Druck, der auf allen lastet. P.M.: Mir hat auch die Geschichte über eine Frau, die Fächer verkauft, sehr gut gefallen. Sie ist berührend und fein. Oder die Geschichte über den alten Mann, der immer japanisches Wrestling schaut und sich auf den Tod vorbereitet. Franka Potente hat mir jedenfalls das Japanische auf eine gute Art näher gebracht – ich erfahre hier viel über den sozialen Druck, der in dieser Gesellschaft herrscht, aber auch über die Höflichkeit und die Zurückhaltung der Menschen.

books: Den Titel des Buchs kann man auf mehrere Weisen interpretieren – man kann zum Beispiel auch den Begriff «Zen» hineinlesen. Ist das Buch zenmässig geschrieben, also reduziert auf das Wesentliche? I.D.: Ja, Franke Potente schreibt in einer sehr klaren, fast schon spröden Sprache. P.M.: Das Buch liest sich jedenfalls sehr einfach. I.D.: Es ist leicht zugänglich – und man kann es gut verschenken. Ich bin sicher, diese Erzählungen gefallen vielen. books: Hat das Buch auch Schwächen? Hat man zum Beispiel nach acht Geschichten aus Japan nicht allmählich genug? I.D.: Nein, wirklich nicht, Franka Potente hat einen guten Erstling abgeliefert – ich war selber überrascht, wie gut mir das alles gefiel. P.M.: Ich finde sogar angenehm, dass alle Geschichten am gleichen Ort spielen. Man muss sich nicht immer neu orientieren!

books: Beschreibt Franka Potente eigene Erlebnisse? I.D.: «Zehn» ist Literatur und kein Erlebnisbericht, das Buch ist nicht in der IchForm geschrieben. Aber ich nehme schon an, dass sie von eigenen Erlebnissen zum Buch inspiriert wurde.

GINGERBREAD LATTE EGG NOG LATTE

TOFFEE NUT LATTE

wEIhNAchTlIchER

gEnuss. Eine Empfehlung der starbucks Coffeehouses in den Orell Füssli Buchhandlungen im Westside (Bern), im Kramhof und am stadelhofen (Zürich).

38 – books – November 2010 © 2010 Starbucks Coffee Company. All rights reserved. Printed in Germany.

Hausgemacht mit unserem 100% Fairtrade zertifizierten Espresso Roast.


Buchtipps

Tapfer lieben Marilyn Monroe

Max Frisch: Sein Leben, seine Bücher Volker Weidermann

Marilyn Monroe in ihren eigenen Worten – eine Sensation! Ein Zufallsfund brachte Notizhefte, Briefe und Gedichte ans Licht, die Marilyn Monroe zwischen 1943 und ihrem Tod 1962 selbst verfasste. Das Buch zeigt diese Texte im Original und in der deutschen Übersetzung. Es lässt eine Marilyn entstehen, die belesen, witzig, warmherzig und klug ist. Und es wird deutlich, dass sie vor allem eines wollte: geliebt werden. Dabei war sie sich auch immer ihrer Grenzen bewusst und reflektierte erstaunlich schonungslos über die negativen Seiten ihres Lebens. Abgerundet wird der spannende Band mit aussergewöhnlichen Fotos und Faksimiles. Ein Muss für Fans und alle, die es werden wollen.

Am 15. Mai 2011 würde Max Frisch seinen 100. Geburtstag feiern – Grund genug, dem Leben und Werk des grossen Schriftstellers eine Retrospektive zu widmen. «Ich liebe seine Bücher», gesteht Volker Weidermann, und diese Liebe durchzieht die Biografie wie ein roter Faden. Weidermann hat Archive durchstöbert, Weggefährten Frischs getroffen und unzählige Gespräche geführt. Das Resultat ist eine Biografie, die Max Frisch in seinem ganzen Facettenreichtum zeigt, kritisch, lebendig und anschaulich. Dem unsicheren jungen Frisch, der weder Geld noch Erfolg hat, begegnet man ebenso wie dem geistigen Landesverteidiger und dem Ich-suchenden Weltschriftsteller, den man heute so schätzt.

272 Seiten

432 Seiten

CHF 36.90

CHF 38.90

S. Fischer

Kiepenheuer und Witsch

ISBN 978-3-10-043702-0

ISBN 978-3-462-04227-6

Life

Der Schmetterlingskoffer

Keith Richards

Hanna Zeckau & Hanns Zischler

Die Rolling Stones sind wohl die berühmteste noch aktive Band der Erde. Über Mick Jagger und sein Privatleben wurde schon viel geschrieben – jetzt ist es an der Zeit, dass Gitarrist Keith Richards die Schatztruhe seines Lebens öffnet. Wie man ihn kennt, tut er das offen und frei heraus. Er erzählt von der Entstehung legendärer Songs wie «Jumpin‘ Jack Flash», vom frühen Ruhm und den damit verbundenen Ausschweifungen, von Drogenrazzien, Beziehungen, Sucht, Steuerflucht und natürlich von den unzähligen Konzerten und Tourneen. Richards äussert aber auch seine Meinung zu «rebellenuntypischen» Themen wie Heirat und Familie – und zur Frage, was am Ende seines Lebens bleibt.

Als die Grafikerin Hanna Zeckau und der Autor und Schauspieler Hanns Zischler vor vier Jahren im Berliner Naturkundemuseum recherchierten, stiessen sie auf einen spannenden Fund: einen alten Überseekoffer, randvoll mit Schmetterlingen! Es stellte sich heraus, dass die rund 18’000 Falter aus dem kolumbianischen Hochland das Vermächtnis des Forschungsreisenden Arnold Schultze waren. Schultze erforschte in den 1920erund 1930er-Jahren Lateinamerika, doch seine gesamten Sammlungen und Forschungserträge wurden 1939 bei der Heimreise nach Deutschland versenkt – bis auf diesen Koffer. Das vierfarbige Buch mit über 150 Illustrationen stellt einen erstaunlichen Forscher, Schriftsteller und Neugierigen vor.

736 Seiten

256 Seiten

CHF 46.90

CHF 59.00

Heyne

Galiani

ISBN 978-3-453-16303-4

ISBN 978-3-86971-024-2

books – November 2010 – 39


Schwager Notbehelf, weil man die Dinge irgendwo ablegen muss. «Ida» passt in viele Schubladen, und dennoch ist jede irgendwie zu eng. Man könnte das Buch vielleicht als eine Auseinandersetzung mit dem Rätsel der Liebe sehen – anhand von Geschichten, Stoffen, die mir erzählt wurden. Es geht auch um die katholische Kirche, um Mann und Frau, um Himmel und Hölle. Ich nenne meine Bücher dokumentarische Literatur. Die Geschichte erzählt dennoch von Ihrer wirklichen Familie. Erkennen sich Ihre Verwandten in den Figuren wieder? Ich weiss nicht, ob sie wirklich von meiner Familie erzählt. Es ist ein Buch, Literatur, Sprache. Ich denke, dass die Menschen, die dazu beigetragen haben, ihre Geschichten wiederfinden. Die Leserschaft trifft auch auf Figuren aus meinen anderen Büchern. Die Figuren sind meine Figuren, mit denen ich so ehrlich umgehe, wie ich nur kann. Die echten Ida und Johann leben nicht mehr, da kann ich nur hoffen, dass sie sich nicht im Grab umdrehen müssen, dass sie mein Buch mit der Gelassenheit und Grösse der Ahnen nehmen. Die anderen beiden Hauptfiguren haben das Buch gelesen und in dieser Form abgesegnet. Ich denke, es ist ein Buch, mit dem sie leben können.

«Schubladen mag ich nicht besonders» Monatelang war Susanna Schwagers Buch «Das volle Leben» auf den Bestsellerlisten. Ende November erscheint mit «Ida» ein neues Buch, das wie Schwagers frühere Werke «Fleisch und Blut» und «Die Frau des Metzgers» eine persönlichere, zuweilen auch autobiografische Note hat. Interview: Erik Brühlmann Fotos: Alice Vollenweider

books: Weshalb heisst Ihr Buch «Ida»? Die Grossmutter dieses Namens ist ja nicht die alleinige Hauptfigur. Susanna Schwager: Der Titel bezieht sich nicht ausschliesslich auf die Figur der Ida, in diesem uralten Namen stecken viele Bedeutungen. Die ursprüngliche Idee für das Buch ging aber von der Person Ida aus, die existiert hat. Trotzdem ist der Titel im Grunde ungerecht, da andere Personen, zum Beispiel der Mann an Idas Seite, eine ebenso wichtige Rolle spielen. Darum heisst der Untertitel «Eine Liebesgeschichte». 40 – books – November 2010

All diese Personen, das betonen Sie im Nachwort, sind nicht ihre wirklichen Verwandten. Eine Familienchronik ist «Ida» demnach nicht – in welchem Regal müssen Leser das Buch also suchen? Schubladen mag ich nicht besonders. Weder beim Schreiben noch im Leben. Sie täuschen Ordnung meistens nur vor, sind eng und dunkel. Meine Bücher erscheinen manchmal unter «Belletristik», manchmal bei den Sachbüchern. Offensichtlich ist es nicht so einfach, sie einzuordnen. Das empfinde ich nicht als Beleidigung. Schubladen sind ja nur ein

Und es ist eine Geschichte, in der scheinbar ein grosses Körnchen Wahrheit steckt ... Mit der Wahrheit ist es immer so eine Sache. Ich glaube, die ganze Wahrheit gibt es nicht. Wahrheit ist immer eine Frage des Standpunkts, der Sichtweise, der Brennweite. Die Geschichte in meinem Buch ist «meine Wahrheit», wie ich sie gehört und verarbeitet habe. Sie ist das, was ich «sah». Es ist wie bei einem Bild, einer Fotografie, die etwas ganz anders abbilden kann, als ich sehe. Die Wahrheit verändert sich gern, sogar während des Schreibens. Inwiefern? Sophie und Albert – die Liebenden aus Oerlikon – kamen anfangs nur als Nebenfiguren vor. Mit der Zeit wurden sie aber immer wichtiger, weil mir das Buch sonst rabenschwarz geraten wäre. Da stimmte einfach etwas nicht. Die Schwärze und die Enge fingen an, mich richtig zu stören, sie langweilten mich und raubten mir trotzdem den Schlaf. Da tauchten Sophie und Albert auf und nahmen plötzlich mehr Platz ein.


Schwager Die Schwärze kommt auch davon, dass die katholische Kirche in «Ida» allgegenwärtig ist und zumeist einen negativen Einfluss auf das Geschehen nimmt. Sehen Sie die Kirche so?

«Man könnte das Buch vielleicht als eine Auseinandersetzung mit dem Rätsel der Liebe sehen – anhand von Geschichten, Stoffen, die mir erzählt wurden.» Auch die Kirche hielt Einzug in mein Buch, ob ich wollte oder nicht. Ich selbst bin zwar nicht gläubig – dazu fehlt mir jede Begabung –, aber ich halte die Religion für eine grossartige Erfindung der Menschheit, weil sie grundmenschliche Regeln sehr einfach formuliert, Kraft und Halt gibt, Wurzeln und altüberlieferte Rituale. Ich habe kein Problem mit Gott, aber ein grosses Problem mit der Kirche. Das Machtgebäude, den Glaubenskonzern, den die Kirche seit Jahrtausenden darstellt, finde ich schlimm. Die offizielle katholische Kirche hat zudem ein Problem mit ihrer eigenen Geschichte, auch mit der Weiblichkeit, der Libido, mit der Leiblichkeit, die zum Menschen gehört wie die Seele. Das ist nicht nur schade, ich halte es für gefährlich. Sie sind nicht gläubig – ganz im Gegensatz zu Ida ... Ja, sie hat ein nicht zu unterschätzendes Erbe weitergegeben. Grossmütter werden gern unterschätzt. Dieses Erbe und seine Auswirkungen ist eines der grossen Themen des Buches. War das von Anfang an beabsichtigt? Es hat sich immer mehr so ergeben. Meine Grossmutter Ida fand ich schon immer etwas unheimlich, rätselhaft und faszinierend. Sie roch auch so seltsam, murmelte ständig etwas. Dann begann ich die Geschichten zu suchen, und wenn man erst einmal den Vorhang hebt, weiss man halt nie, was man findet. Manchmal kommen Dinge hervor, die schwärzer sind, als einem lieb ist. Aber auch glitzernder, berührender.

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Hörbuch ISBN 978-3-7857-4400-0 | sFr 49,90 Buch ISBN 978-3-7857-2406-4 | sFr 37,90books – November www.luebbe.de 2010 – 41


Buchtipps

Dein Herz Dietrich Grönemeyer

Einfach mal die Klappe halten Cornelia Topf

Der bekannte Arzt und Autor Prof. Dr. Dietrich Grönemeyer beschäftigt sich mit einem der häufigsten Volksleiden: den Herz- und Kreislaufkrankheiten. Anschaulich und fundiert beschreibt er die Funktionsweise eines gesunden Herzens und informiert über Herzkrankheiten von Bluthochdruck bis zum Infarkt. Natürlich kommen auch praktische Tipps zur Prävention nicht zu kurz. Doch Grönemeyer wäre nicht er selbst, ginge er nicht über die Grenzen eines Medizinratgebers hinaus. So schlägt der Arzt auch den Bogen zur Literatur, zur Poesie, zum Wissen alter Kulturen – und er erzählt aus seiner eigenen Erfahrung als Patient.

Überall wird gequasselt. Ständig. Ob im TV, am Handy, mit Kollegen, Kunden, der Familie. Pausen gibt es nur zum Luftholen. Das Problem ist: Je mehr gequasselt wird, desto weniger wird zugehört. Alles versiegt in einem Strom von Lauten, denen niemand mehr Bedeutung zumisst. Dabei wäre weniger mehr, viel mehr. Denn wer seine Worte mit Bedacht wählt und sparsam damit umgeht, dem wird in aller Regel auch zugehört. Wie man weniger redet, wann man einfach mal die Klappe halten sollte und wie man seinen Worten Gewicht verleiht, zeigt dieses Buch. Übungen und Hinweise schärfen das Gespür für die richtige Wortmenge und helfen dabei, das Gelesene auch in die Tat umzusetzen.

384 Seiten

256 Seiten

CHF 38.90

CHF 33.90

S. Fischer

GABAL

ISBN 978-3-10-027305-5

ISBN 978-3-86936-113-0

Die Frau im Haifischbecken Sonja A. Buholzer

Das Happiness-Projekt

Auf ihren vielen Tauchgängen mit Haien hat Sonja A. Buholzer eines gelernt: wie klein der Mensch ist und wie lächerlich seine Anmassung, sich die Welt untertan machen zu wollen. Ethisches Handeln, Demut und emotionale Intelligenz sind gefordert, um unsere Welt lebenswert zu erhalten – denn die wahren Topräuber leben über Wasser. Buholzer hält die Frauen dazu an, positiven Einfluss zu nehmen, und mahnt die Männer, dies auch zuzulassen. Und Buholzer zeigt anhand von Fallbeispielen auf, wie es anders gehen könnte und gehen muss. Denn wenn Gier und Eigennutz weiterhin das Nonplusultra der Geschäftswelt bleiben, hat der Hai bald eine weitere Spezies überlebt.

Gretchen Rubin geht es eigentlich gut. Unzufrieden ist sie trotzdem. Also startet sie einen Selbstversuch: Das Happiness-Projekt. Sie studiert die Glücksforschung und legt sich einen Jahresplan zurecht, aufgeteilt in 12 Portionen. Jeden Monat widmet sie einem anderen Bereich ihres Lebens, vom eigenen Körper über Freundschaft, Familie, Liebe und Beruf. Und das Resultat – dieses Buch – ist so einfach wie einleuchtend und für jedermann nachvollziehbar. Nulldiäten und HauruckMethoden waren gestern; Gretchen Rubin serviert den Weg zu einem zufriedeneren Leben häppchenweise. Happiness ist machbar, und dieses Buch ist die Anleitung dazu.

253 Seiten

384 Seiten

CHF 36.90

CHF 29.90

WOA

Scherz

ISBN 978-3-95232-808-8

ISBN 978-3-502-15196-8

42 – books – November 2010

Gretchen Rubin


Daniel Ammann King of Oil Marc Rich – Vom mächtigsten Rohstoffhändler der Welt zum Gejagten der USA

Macht das Recherchieren fast mehr Spass als das Schreiben? Schreiben ist halt recht einsam, braucht Disziplin. Es ist kein reiner Spaziergang. Man spielt, man ringt mit Wörtern, stellt den Text dauernd in Frage, weiss nicht, ob etwas daraus wird. Recherchieren ist lustvoller. Man ist noch leicht und frei – auch wenn ich es nicht auf eine journalistische Art mache. Wie meinen Sie das? Alle Geschichten, die ich in «Ida» verarbeitet habe, sind dokumentarisch. Das heisst, sie wurden mir erzählt, und ich habe sie nicht verändert. Sie sind mündliche Überlieferungen, wie das auch Märchen sind. Ob sich diese Episoden wirklich so zugetragen haben, weiss ich nicht. Sie sind aber wahrscheinlich. Ich will anhand meiner Bücher etwas vom Leben und seinen unendlichen Facetten erzählen. Ich möchte Lesende und mich selbst unterhalten. Ich will schreibend etwas verbinden und etwas verstehen, was ich vorher nicht verstanden habe. Es geht mir auch nicht darum, etwas zu enthüllen, mich über meine Figuren zu stellen oder jemanden blosszustellen. Für mich gibt es ausser den imaginären Figuren Gott und Teufel «das Gute» und «das Böse» im Leben nicht. Es gibt Menschen mit Stärken und Schwächen, Glück und Pech, Fügungen, für alle. Und es gibt die Sprache, ein Mittel, uns auszutauschen und zueinander zu finden. Wir stolpern und spazieren und bemühen uns alle allein in einem unendlich komplexen System – in Geschichten, die wahrscheinlich nie anfingen. Und nie aufhören. Dass sie nicht aufhören, hoffe ich zumindest.

320 S., geb., Fr. 34.90 ISBN 978-3-280-05396-6

Felicitas Heyne, Marcel Heyne-Guillén In 90 Tagen zum Traummann So fischen Sie Mr. Right aus dem Netz 188 S., brosch., Fr. 34.90 ISBN 978-3-280-05393-5

Susanna Schwager Geboren 1959 in Zürich Oerlikon, lebte Susanna Schwager einige Jahre in Mexiko. Von dort brachte sie auch die Faszination für erzählte Geschichte mit, die sie in ihren Büchern auslebt. Ihre ersten beiden dokumentarischen Romane «Fleisch und Blut» und «Die Frau des

Sita Mazumder Das Geschäft mit dem Terror Wie sich al-Kaida und Co. finanzieren und was uns ihre Taten kosten 158 S., geb., Fr. 37.90 ISBN 978-3-280-05369-0

Metzgers» wurden ebenso überraschend zu Bestsellern wie «Das volle Leben».

Thomas Prünte Vom Sinn schlechter Laune Warum es gut tut, sich schlecht zu fühlen 192 S., geb., Fr. 34.90 ISBN 978-3-280-05401-7

Willi Wottreng Zigeunerhäuptling Vom Kind der Landstrasse zum Sprecher der Fahrenden: Das Schicksal des Robert Huber

Es klingt, als sei es schwieriger, ein Buch wie «Ida» zu schreiben, als eines wie «Das volle Leben». «Das volle Leben» war eine sehr schöne, berührende Arbeit. «Ida» und ihre unmögliche Liebe hatten mich jedoch seit langem gepackt und irgendwie umgekrempelt.

224 S., geb., Fr. 39.90 ISBN 978-3-280-06121-3

Urs Frauchiger damals ganz zuerst am anfang

«Ida» – die Buchvernissage

152 S., geb. mit Schutzuschlag, Fotografien, Fr. 36.90 ISBN 978-3-7193-1555-9

Am 29. November um 18.30 Uhr findet die Buchvernissage von «Ida» im Zürcher «Mascotte» statt. «Ich weiss, dieser Ort passt ganz und gar nicht zu ‚Ida‘ – aber genau deswegen

Ida. Eine Liebesgeschichte

passt er sehr gut!», sagt Susanna Schwager.

224 Seiten CHF 37.90 Wörterseh

books – November 2010 – 43


Kochbücher

Von den Besten lernen Die einen geben sich zufrieden, wenn sie dank Kochbüchlein mit Ringheftung in vernünftiger Zeit eine essbare Mahlzeit auf den Tisch bringen – routinierte und ambitionierte Köchinnen und Köche interessieren sich hingegen für das Handwerk und für die Kunst des Kochens. Für sie gibt es jetzt ein paar bemerkenswerte neue Kochbücher. Text: Benjamin Gygax

Wer sich nicht nur für einfache Mahlzeiten, sondern für besondere Zutaten und aufwändige Kochtechniken interessiert, greift zum Kochbuch eines arrivierten Küchenkünstlers. Mit Hilfe eines solchen Wälzers für gehobene Ansprüche entstehen dann ebensolche Menüs, zum Beispiel für die kommenden Festtage. Wer in der Küche weniger geübt ist, aber einen passionierten Hobbykoch kennt, kann die vorgestellten Bücher auch zu Weihnachten verschenken – und darauf hoffen, bald einmal eingeladen zu werden. Kochen ist Handwerk und Kunst zugleich. Die Kunst kann man sich vielleicht nur bedingt aneignen. Doch das Handwerk lässt sich erlernen: mit einer ausführlichen und gut illustrierten Kochschule. Das soeben erschienene Kochbuch von Hubert Delorme und Vincent Boué heisst «Die Kochschule» und erfüllt diese Voraussetzungen. Im Buch sind 200 Küchentechniken ausführlich beschrieben und anschaulich bebildert: Handgriffe vom Filetieren von Fischen bis zum Schlagen eines perfekten Eischnees ebenso wie Koch- und Garmethoden vom Niedertemperaturgaren bis zum Kandieren. Die beiliegende 90-minütige DVD zeigt viele Techniken besonders anschaulich im Film. Alle Techniken können an 250 Rezepten gleich ausprobiert werden. Delorme und Boué haben die Lieblingsrezepte von neun französischen Meisterköchen in ihrem Buch vereint – die Auswahl reicht von Mürbteig bis Macarons, von Gemüsefond bis Bouillabaisse, von Omelette mit Champignons bis zu gratinierten Austern, von Tagliatelle mit Lachs bis Wolfs44 – books – November 2010

barsch in der Salzkruste. «Die Kochschule» wurde von der international renommierten Schule für Profiköche Le Cordon Bleu mit einem Sonderpreis bei den GourmandCookbook-Awards ausgezeichnet, denn «sie enthält alles, was angehende Profiköche wissen wollen». Wem in dieser traditionellen französischen Küche trotzdem etwas fehlt – nämlich vielfältige fleischlose Gerichte –, kann jetzt zu einer umfassenden vegetarischen Kochschule greifen. Die bekannte Köchin Christel Kurz führt in Bischofswiesen eines der besten fleischlosen Restaurants Deutschlands und hat diesen Herbst «Die vegetarische Kochschule» veröffentlicht. Das Buch erklärt auch die exotischsten Lebensmittel und beschreibt 250 schöne Rezepte. Schritt für Schritt erklären Fotos und Texte, wie zum Beispiel ein Dim-Sum-Teig hergestellt wird oder was beim Karamelisieren von Gemüse zu beachten ist. Kaum eine Frage zur vegetarischen Küche bleibt unbeantwortet: Wie bereitet man Artischocken oder Schwarzwurzeln küchenfertig vor? Wie stellt man selbst Gemüsefond her? Gibt es vegetarische Alternativen zu Gelatine? Gleich drei berühmte Schweizer Köche haben in diesem Herbst ihre besten Rezepte zusammengetragen und in Büchern veröffentlicht. Seit drei Jahrzehnten gehört André Jaeger zu den besten Köchen der Schweiz. Sein Restaurant «Fischerzunft» liegt in Schaffhausen direkt am Rhein und hält seit Jahren seine 19 Gault-MillauPunkte. In seinem Buch «Die Fischerzunft»

gewährt er uns Einblick in sein aktuelles Schaffen und präsentiert neue, ebenso harmonische wie spannende Küchenkreationen zwischen Ost und West. Feinschmecker pilgern seit Jahren ins Engadiner Restaurant des «Königs des Safran»: Daniel Bumann. Seine Chesa Pirani in La Punt ist mit zwei Guide-Michelin-Sternen ausgezeichnet; dort verwöhnt Bumann seine Gäste mit einem Menü aus delikaten Safrankombinationen – das verwendete Gewürz stammt aus einer Walliser Berggemeinde. Wer sich gern selbst an den frischen und natürlichen Genüssen Bumanns versuchen möchte, greift zu «Bumann – Das Kochbuch». Die dritte Neuerscheinung eines Schweizer Spitzenkochs heisst «Maagische Momente» und stammt von Thuri Maag. Der kreative Koch präsentiert 60 Rezepte für das romantische Tête-à-Tête. Egal, ob man an die aphrodisierende Wirkung von Speisen glaubt oder nicht, Thuri Maag zeigt, wie man mit Liebe die richtigen Lebensmittel kombiniert – damit der oder die Liebste die sprichwörtlichen Schmetterlinge im Bauch spürt.

Die Kochschule Hubert Delorme, Vincent Boué 511 Seiten CHF 77.00 Christian

Die vegetarische Kochschule Christel Kurz 352 Seiten CHF 59.00 Christian

Fischerzunft André Jaeger, Rudolf Trefzer 220 Seiten CHF 101.00 AT

Das Kochbuch Daniel Bumann 320 Seiten CHF 88.00 Rolf Heyne

Maagische Momente Thuri Maag 176 Seiten CHF 49.90 Werd


Kleine Gärten Das große Ideenbuch

59,- CHF Peter Janke eröffnet in diesem Ideenbuch auf mannigfaltige Weise, welche verblüffenden Mechanismen und welche erfolgreichen Grundlagen sich hinter der gekonnten Gestaltung selbst kleinster Gartenräume verbergen. 160 Seiten, 30 x 34 cm, 74 Fotos, gebunden, SU, März 2010, ISBN 978-3-938100-29-5

Für Sie probiert : Rinderfilet im Teigmantel (Rezept aus dem links besprochenen Band «Die Kochschule» von Hubert Delorme und Vincent Boué.)

Für 6 Personen : Zubereitung: 45 Minuten Ruhezeit: 1 Stunde 55 Minuten Garzeit: 30 Minuten Zutaten: 900 g Rinderfilet 40 ml Öl 100 g Semmelbrösel 1⁄4 Bund Petersilie 1⁄4 Bund Kerbel 50 ml Olivenöl 1 Ei 30 g geklärte Butter Salz, frisch gemahlener Pfeffer Für den Briocheteig: 25 g frische Hefe 220 g Mehl 15 g Zucker 2 Eier 110 g Butter Für den Briocheteig die Hefe in 30 ml Wasser auflösen. Das Mehl in eine Schüssel sieben, in die Mitte eine Mulde drücken und die Hefe hineingiessen. Den Mehlrand mit Salz und Zucker bestreuen (sie dürfen nicht mit der Hefe in Berührung kommen). Die verquirlten Eier

unterrühren und den Teig – am besten mit den Knethaken des Handmixers – kräftig durcharbeiten, bis er elastisch ist. Die weiche Butter unterkneten, den Teig in eine Schüssel legen, mit Frischhaltefolie abdecken und 30 bis 40 Minuten bei 28 bis 30 °C gehen lassen. Wenn er sein Volumen verdoppelt hat, den Teig abschlagen, noch einmal kräftig durchkneten und danach 45 Minuten im Kühlschrank ruhen lassen, damit er fest wird. Das Filet parieren, mit Salz und Pfeffer würzen, bei starker Hitze im Öl braten und auf Küchenpapier abtropfen lassen. Die Semmelbrösel mit den fein gehackten Kräutern und dem Olivenöl vermengen und mit Salz und Pfeffer würzen. Den Briocheteig zu einem 5 bis 6 Millimeter dicken Rechteck ausrollen, die Kräutermischung darauf verstreichen, das Filet drauflegen und in den Teig einschlagen. Aus Teigresten kleine Motive ausstechen und den Teig damit verzieren. Nochmals 30 Minuten bei 28 bis 30 °C gehen lassen, bis der Teig sein Volumen fast verdoppelt hat. Den Teig mit dem verquirlten Ei bepinseln und das Filet etwa 30 Minuten im 190 °C heissen Backofen garen (Umluft 170 °C). Mit der geklärten Butter überglänzen und auf einer Platte servieren.

schöner kochen „„Nur u kochen“ oc e war a ge gestern!

je 39,90

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schöner kochen – Die Kunst der perfekten Zubereitung Sie glauben, dass das Thema Kochbuch langsam erschöpft ist? Keineswegs. Hier kommen zwei druckfrische Kochbücher, die jeden ambitionierten Kochfan schon beim ersten Blättern zu neuen kreativen Höhenflügen animieren. Jeweils ca. 190 Seiten, 24,5 x 24,5 cm, 150 Fotos, gebunden, SU, Sept. 2010 Kalte Küche: ISBN 978-3-938100-58-5 Warme Küche: ISBN 978-3-938100-59-2 Bestellungen unter Tel. +49 (0) 21 03-9 07 88-0 Fax +49 (0) 21 03-9 07 88-28 E-Mail cb@bjvv.de books – November 2010 – 45 www.bjvv.de


DVD 2 4

3 1

7 5 6

46 46– –books books– –November November2010 2010

8


Twilight – Eclipse

Going Postal

Knight and Day

Sex and the City 2

Fantasy

Komödie

Actionkomödie

Komödie

1

2

3

4

Im dritten Teil der Vampirsaga müssen Vampire und Werwölfe einen Pakt schliessen, denn Seattle wird von einer Reihe brutaler Morde heimgesucht. Victoria, eine blutrünstige Vampirin, treibt ihr Unwesen – und sie hat eine ganze Armee von neugeborenen Vampiren geschaffen, die sie dabei unterstützen. Und Bella? Sie ist immer noch hin- und hergerissen zwischen dem Vampir Edward und dem Werwolf Jacob ... Noch mehr Action und Romantik als in den ersten beiden Filmen!

Feucht von Lipwig steht vor einer höchst unerfreulichen Wahl: Entweder akzeptiert er das Angebot von Lord Vetinari, dem Herrscher von Ankh-Morpork, und wird Postmeister – oder er lässt sich hinrichten. Das klingt nach einer einfachen Entscheidung, doch von Lipwig ahnt, dass die Post vollgestopft ist mit alten Briefen und Taubenmist. Und dann ist da auch noch das Personal ... Die Verfilmung des gleichnamigen ScheibenweltRomans von Terry Pratchett.

Als June Havens (Cameron Diaz) während eines Flugs Roy Miller (Tom Cruise) begegnet, geht die Post ab: Roy legt einen auf ihn angesetzten Killer um, notlandet die Maschine und entführt June. Wer ist dieser Roy? Und ist June wirklich nur eine unschuldige Automechanikerin aus einer Kleinstadt? Fragen über Fragen, die es auf der rasanten und gefährlichen Flucht vor FBI, CIA und einem Waffenhändler zu beantworten gilt.

Wenn man «Ja» sagt – wie geht es dann eigentlich weiter? Carrie (Sarah Jessica Parker) jedenfalls fürchtet, dass ihre Ehe nach zwei Jahren an Spannung verliert. Miranda (Cynthia Nixon) hingegen betreibt gezielten Spannungsabbau durch einen Berufswechsel, während Charlotte (Kristin Davis) misstrauisch ihre Nanny und deren Tun beobachtet. Und Samantha (Kim Cattrall)? Die ist wieder ganz entspannt im Singleleben angekommen. Der «Weiberspass» geht weiter!

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Ab 12 Jahren

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Die Säulen der Erde – Special Edition

Vincent will meer

Nanga Parbat

Komödie

Drama

Jeremias Gotthelfs Meisterwerke

Drama

6

5

7

Schweizer Film

8

England, 1123 bis 1173. Es ist eine Zeit blutiger Auseinandersetzungen zwischen dem Adel, dem Klerus und dem einfachen Volk. Der junge Prior Philip träumt den Traum vom Frieden: Er will eine Kathedrale gegen die Mächte des Bösen errichten. Doch bevor die Säulen der Erde in den Himmel ragen können, müssen er und seine Gefährten einen Kampf auf Leben und Tod austragen. Die grandiose Verfilmung des Erfolgsromans von Ken Follett.

Der letzte Wunsch von Vincents Mutter war es, noch einmal das Meer zu sehen. Doch jetzt ist sie tot, und ihre Asche befindet sich in einer Bonbondose unter seinem Bett. Trotzdem will Vincent ihr ihren Wunsch erfüllen, auch wenn er unter dem Tourette-Syndrom leidet. Einziges Problem: Er muss zuerst aus dem Heim ausbrechen. Gemeinsam mit der magersüchtigen Marie, dem zwanghaften Alexander und einem geklauten Auto macht er sich auf den Weg nach Italien ...

Als Kinder setzen sich die Brüder Reinhold und Günther Messner das Ziel, gemeinsam den Nanga Parbat – den «nackten Berg» im Himalaya – zu besteigen. 1970 ist es so weit: Eine Elite internationaler Bergsteiger will den Gipfel erobern. Trotz Schlechtwetterwarnung entscheidet sich Reinhold unterwegs, den Berg allein zu bezwingen. Und Günther, der weniger Erfahrung hat, folgt ihm. Es wird ein Kampf ums nackte Überleben am «nackten Berg» ...

Eine Box für Liebhaber des Schweizer Films: Die sechs DVDs vereinen die schönsten Verfilmungen von Jeremias-GotthelfErzählungen. «Anne-Bäbi Jowäger 1 und 2», «Ueli der Knecht», «Ueli der Pächter», «Die Käserei in der Vehfreude» und «Geld und Geist» sind Standardwerke der Schweizer Literatur und des Schweizer Films. Endlich gibt es ein Wiedersehen mit Margrit Winter, Hannes Schmidhauser, Liselotte Pulver, Ruedi Walter und vielen anderen!

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Veranstaltungen

Veranstaltungen von Orell Füssli British Cheese @ The Bookshop Taste and buy delicious British Cheese Samstag, 20. November 2010, ab 11 h Orell Füssli The Bookshop, Bahnhofstrasse 70, 8001 Zürich

Käpt’n Sharky kommt zu Besuch Die beliebte Kinderbuch-Figur live erleben! Samstag, 20. November 2010, ab 14 h Orell Füssli Kramhof, Füsslistrasse 4, 8022 Zürich

Lesung von Lukas Hartmann: «Finsteres Glück»

«Jimmy-Flitz, die Schweizermaus» Lesung mit Gitarre von Roland Zoss für Kinder ab 5 Jahren Samstag, 27. November 2010, 14 bis 15 h Orell Füssli Kramhof, Füsslistrasse 4, 8022 Zürich

Märlistunde in Luzern für Kinder ab 3 Jahren Samstag, 27. November 2010, 11 h Orell Füssli Luzern, Frankenstrasse 7-9, 6003 Luzern

Märlistunde in Frauenfeld

in Zusammenarbeit mit der Kellerbühne St. Gallen Montag, 22. November 2010, 20 h Kellerbühne St. Gallen, St. Georgen-Strasse 3, 9000 St. Gallen Eintritt: CHF 20.-

für Kinder ab 3 Jahren Samstag, 27. November 2010, 10.30 h Orell Füssli Frauenfeld, Bahnhofstrasse 70/72, 8500 Frauenfeld

Lern dein Haustier besser kennen

veranstaltet von Orell Füssli am Bellevue Montag, 29. November 2010, 18.30 Uhr Mascotte, Theaterstrasse 10, 8001 Zürich Eintritt: CHF 15.- / CHF 7.50 für bookpointsMembers

in Zusammenarbeit mit Krax (Kinder schützen Tiere), ab 5 Jahren Mittwoch, 24. November 2010, 14 bis 17 h Orell Füssli Kramhof, Füsslistrasse 4, 8022 Zürich

Buchpräsentation «Frauen ohne Maske» Mit Regula Stämpfli (Politologin), Josef Riegger (Fotograf) und Porträtierten Donnerstag, 25. November 2010, 19 bis 21 h Orell Füssli Frauenfeld, Bahnhofstrasse 70/72, 8500 Frauenfeld

Buchvernissage: «Ida» von Susanna Schwager

Lebkuchen verzieren für Kinder ab 3 Jahren Samstag, 4. Dezember 2010, 14 bis 16 h Orell Füssli Frauenfeld, Bahnhofstrasse 70/72, 8500 Frauenfeld

Santa @ The Bookshop Join us for an hour full of fun, stories and activities! Samstag, 4. Dezember 2010, 10 bis 11 h Orell Füssli The Bookshop, Bahnhofstrasse 70, 8001 Zürich

Samichlaus und Schmutzli sind im ganzen Haus unterwegs Sonntag, 5. Dezember 2010, 14 bis 17 h Orell Füssli Kramhof, Füsslistrasse 4, 8022 Zürich

Lebkuchen verzieren für alle Kinder Samstag, 12. Dezember 2010, 11 bis 16 h Orell Füssli Luzern, Frankenstrasse 7-9, 6003 Luzern

Adventsbasteln mit Sarah für Kinder ab 5 Jahren Mittwoch, 1. Dezember 2010, 14 bis 16 h Orell Füssli Kramhof, Füsslistrasse 4, 8022 Zürich

Junge Leserinnen und Leser erzählen aus ihren Lieblingsbüchern für Kinder ab 9 Jahren Samstag, 4. Dezember 2010, ab 14 bis 16 h Orell Füssli Kramhof, Füsslistrasse 4, 8022 Zürich

Mehr Veranstaltungen und Informationen finden Sie auf www.books.ch/veranstaltungen 48 – books – November 2010 48 – books – November 2010


Wettbewerb

Das Literatur-Kreuzworträtsel Unter den richtigen Lösungen verlosen wir Bücher-Gutscheine: 1. Preis: Fr. 200.–, 2. Preis: Fr. 100.–, 3. Preis: Fr. 50.–, 4. bis 10. Preis: je Fr. 20.–

✁ Lösungswort: Vorname / Name Adresse

Bis am 15. November 2010 in einer der Orell-Füssli-Filialen in Zürich, Bern, Luzern, Winterthur, Frauenfeld oder bei Rösslitor Bücher in St. Gallen abgeben oder per E-Mail an: books@books.ch. Über den Wettbewerb wird keine Korrespondenz geführt.

PLZ / Ort E-Mail

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Kolumne Manche Geschichten fallen mir in den Schoss wie reife Äpfel. Ich wundere mich etwas, drehe und wende sie, poliere sie ein wenig und reiche sie weiter. Doch das ist selten. In meiner Wohnung stehen zwei Schränke. Im einen lagere ich Stoffe, die einmal Geschichten werden könnten, im anderen angefangene Projekte – Geschichten, die noch im Werden begriffen sind. Denn das Schreiben, also der physische Akt an der Tastatur, kommt bei mir oft sehr, sehr spät. Für meine letzten beiden Bücher, den Roman «Ans Meer» und die kleine Erzählung «Der Geist am Berg», brauchte ich je zehn Jahre. Oft ist da erst ein Keim, gibt es ein, zwei Figuren, die mich interessieren, vielleicht ein sonderbares Ereignis. In «Ans Meer» ist es Jens, ein elfjähriger Junge, dessen alleinerziehende Mutter unvermittelt stirbt und der versucht, mit seinem alkoholkranken Vater

gefasst machte aufzugeben, mich in eben tausend Abzweigungen, Einzelschicksalen und Widersprüchen verheddert glaubte – öffnet sich wie eine bislang verborgene Tür eine ganz neue Dimension, aus der heraus ganz vieles Sinn ergibt, sich vieles fügt – vieles, nicht alles. Das Übrige fällt dafür nun ganz leicht ab; Kleinigkeiten, an die ich mich geklammert hatte und die mir für meine Geschichte so unverzichtbar schienen, kann ich plötzlich mit einer Leichtigkeit streichen, die mich schon wieder amüsiert. Denn nun weiss ich, wovon meine Geschichte handelt, was ihr grundlegendes Thema ist, um das sich alles dreht – denn ja, widme ich mich lange genug einer Geschichte, offenbart jede zuletzt einen sehr einfachen Kern. In «Ans Meer» ist es die Frage des Verzeihens; jede meiner Figuren, entdecke ich plötzlich, leidet unter der Unmöglichkeit, gewisse Dinge zu verzeihen, sich selbst

Schreiben nochmals fast von vorn. Nun kann ich die Leserinnen und Leser durch die Geschichte führen, wie man Fremde durch ein geliebtes Land führt, auf kleinen Umwegen, doch immer zielgerichtet, auf Pfaden, die so breit und klar angelegt sind, dass die Wandernden nicht immer nur auf ihre Füsse schauen, in Furcht, die Richtung zu verlieren, sondern den Blick heben, links und rechts sehen, die Schönheit der Menschen bewundern, die ihnen begegnen, die sonderbaren Wendungen begleiten, die deren Leben prägen, mit ihnen leiden, wachsen, und die hoffentlich gewinnen, was sie suchten – dies oder etwas noch Schöneres, von dem sie nicht zu träumen wagten. Wenn das gelingt, bin ich zufrieden, vorher nicht.

Schweizer Autorinnen und Autoren erzählen in books, wie sie schreiben. Heute: Tim Krohn ein neues Zuhause aufzubauen, in «Der Geist am Berg» der Moment, in dem die menschenscheue Ziegenhirtin Stine, die bis dahin das Tal hasste und sich nur auf den obersten Gipfeln zuhause fühlte, sich ausgerechnet in einen Städter verliebt. Solche Geschichten lassen sich wunderbar träumen, doch kaum beginne ich sie niederzuschreiben, zerfallen sie allzu leicht in tausend Splitter. Vieles funktioniert als Gefühl, doch nicht auf Papier, plötzlich gerät die Figur aus den Fugen, ihre Bedürfnisse sperren sich gegen den Lauf, den die Handlung nehmen wollte, und will ich die Menschen nicht verbiegen, bleibt mir nichts übrig, als ihnen sehr geduldig zuzuhören, manchen Irrweg mit ihnen zu gehen und zu versuchen, sie sanft auf ein Trassee zu leiten, auf dem sie eine gute Richtung einschlagen können. «Gut» heisst längst nicht immer, dass sie den Weg gehen, der mir vorschwebte. Immer wieder muss ich alles neu denken, ich reife mit meinen Figuren, sie führen mich zu einem immer tieferen, grundlegenderen Verständnis ihrer Welt. Und irgendwann – oft gerade dann, wenn ich mich schon darauf

oder anderen, und diese Unversöhnlichkeit gebiert alles Leiden. In «Der Geist am Berg» ist es die Frage «Wer bin ich? Wie kann ich meine wahre Gestalt finden, und wie verändert das meinen Zugang zu den Menschen?» Und endlich klärt sich auch der Schluss, zehn oder zwanzig Varianten hatte ich bereits geschrieben oder angedacht und wieder verworfen, jetzt erst kann ich den richtigen erkennen, es ist der, der eben diese grundlegende Frage beantwortet. In «Ans Meer» gelingt es Jens, seiner Mutter zu verzeihen, dadurch löst er einen Bann, der seine Familie über drei Generationen in Unversöhnlichkeit gefangen hielt. In «Der Geist am Berg» war es etwas anders, mir war das Schlussbild lange klar, es schwebte mir so zweifelsfrei vor Augen, nur hatte ich keine Ahnung, wie ich es motivieren kann – ich kannte meine Geschichte, ohne sie zu begreifen. Die Stine wandelt sich, wird Wassergeist und setzt in dieser neuen Gestalt endlich spielerisch die Kräfte frei, die sie zuvor, als Mensch, nur in Zerstörung äussern konnte. So, und mit diesem neuen Blick beginnt das

Tim Krohn, 45, wuchs in Glarus auf und lebt heute in Zürich. Er schreibt Theaterstücke, Hörspiele und Prosatexte. Sein neuestes Buch ist diesen Sommer erschienen: Der Geist am Berg 76 Seiten CHF 24.90 Galiani

books – November 2010 – 51


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