Die Zukunft ist erneuerbar! Online-Zeitung der Allianz « Nein zu neuen AKW» Ausgabe 05/2010
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Energie aktuell
Solarenergie: Wirtschaftlich und ökologisch nachhaltig Krisenresistent: Die Investitionen in die Solarenergie sind 2010 weltweit massiv gestiegen. Die Schweiz weist ebenfalls ein hohes Wachstum aus und die Zukunftsprognosen stimmen optimistisch. Dieses Bild zeichnet eine neue Studie der Bank Sarasin. Laut der Studie erreicht die globale PhotovoltaikIndustrie im Jahr 2010 eine Zuwachsrate von 87% – © istockphoto.com/foto-ruhrgebiet dies bei der neu installierten PV-Leistung. Diese Steigerung geht auf Kostensenkungen und Effizienzsteigerungen zurück. Bis 2015 prognostiziert die Studie der Branche eine jährliche Wachstumsrate von 33%. Zugpferde sind Länder wie Frankreich, Italien, Spanien, USA, Kanada, China, Indien und Japan. Auch die Schweiz weist ein beeindruckendes Wachstum auf, allein 2009 wuchs die neu installierte PV-Leistung im Vergleich zum Vorjahr um 120%. Nachhaltigkeitsstudie der Bank Sarasin zur Solarindustrie
Bern und St.Gallen beschliessen Atomausstieg Nach Basel und Zürich haben im November zwei weitere Schweizer Städte ein klares Signal ausgesandt: Schweizer Wirtschaftsstandorte setzen in Zukunft auf erneuerbare Energien! Ende November sprach sich die Stadtberner Stimmbevölkerung mit über 60 Prozent dafür aus, dass das städtische Energieunternehmen Energie Wasser Bern (EWB) bis Ende 2039 die Beteiligungen an © istockphoto.com/GuyErwood bestehenden Atomkraftwerken auslaufen lässt und ausschliesslich Strom aus erneuerbaren Energien produziert, kauft und verkauft. Die Stadt St.Gallen hat am selben Tag den Atomausstieg beschlossen und die Förderung von Energieeffizienz und erneuerbaren Energien in der Gemeindeordnung verankert. Darüber hinaus sagten über 80% der Stimmenden Ja zum Bau eines GeothermieKraftwerks. Nebst Geothermie setzt St.Gallen in Zukunft auf einen Energiemix aus Kleinwasserkraftwerken, Photovoltaikanlagen und Wärme-Kraft-Koppelungsanlagen. Stellungnahme Energie Wasser Bern Stellungnahme des St.Galler Stadtrats mehr zum St.Galler Geothermie-Projekt
Sparpotenzial bei Elektroheizungen Stromfresser: In den Wintermonaten verbrauchen die 230 000 Elektroheizungen in Schweizer Haushalten 15 bis 20% des Schweizer Stroms. Erneuerbare Alternativen bieten ein riesiges Sparpotenzial.
Weniger Mädchen wegen AKW? Nebst den bekannten Gefahren im Falle eines schweren AKW-Unfalls häufen sich die Indizien für Risiken beim Normalbetrieb. Eine neue Studie aus Deutschland wirft Fragen zum Einfluss von AKW auf die Geburtenrate von Mädchen auf.
Die Umwandlung von Strom in Wärme gilt als ineffizient, denn Energie geht gleich doppelt verloren: bei der Produktion von Strom und bei der Rückumwandlung in Wärme. Zusammen mit Elektroboilern © Greenpeace verheizen die Energie-Schleudern rund ein Siebtel des landesweiten Stromverbrauchs. Entsprechend gross ist das Sparpotenzial: mit effizienten und erneuerbaren Technologien könnte der Stromverbrauch um mindestens 50% reduziert werden. Die meist eingesetzten Alternativen zu Elektroheizungen sind Wärmepumpen, die verbesserte Dämmung von Gebäuden, Holz- und Pelletsheizungen. Elektroboiler können durch den breiten Einsatz von Warmwasserkollektoren oder die Koppelung an das Heizsystem unnötig gemacht werden.
Die Wissenschaftler Ralf Kusmierz, Hagen Scherb und Kristina Voigt des Helmholtz Zentrums München – dem Deutschen Forschungszentrums für Gesundheit © www.tagesschau.sf.tv und Umwelt – kommen in einer kürzlich veröffentlichten Studie zum Schluss, dass in der Nähe von Atomkraftwerken weniger Mädchen geboren werden als im Durchschnitt der übrigen Bevölkerung. Laut der statistischen Analyse kam es in den vergangenen 40 Jahren im Umkreis von 35 Kilometern von Atomkraftwerken in Deutschland und in der Schweiz zu einem Verlust von 10 000 bis 20 000 Lebendgeburten bei Mädchen. In der Sendung Einstein vom 2. Dezember 2010 äussern sich verschiedene Experten zu den Ergebnissen.
zum Forschungsbericht Elektroheizungen der Schweizerischen Agentur für Energieeffizienz S.A.F.E. Ratgeber zum Ersatz von Elektroheizungen (PDF)
Sendung «Einstein» vom 2.Dezember 2010 Studie «Is the human sex odds at birth distorted in the vicinity of nuclear power plants (NP)?» (PDF)
Liberalisierter Strommarkt: Neue AKW nicht konkurrenzfähig
Rahmenbewilligungsverfahren: ENSI verspielt Vertrauen
Der US-Energieriese Exelon verzichtet wegen mangelnder Gewinnaussichten auf ein AKWProjekt in Texas. Auch Europa zweifelt an der Konkurrenzfähigkeit der Atomkraft. Exelon ist kein Einzelfall, denn auch in Maryland (USA), in Kanada und in Tschechien wurden Pläne für AKW sistiert. Die IEA rechnet zwar in den nächsten 20 Jahren mit Billioneninvestitionen in Kraftwerke – vier © istockphoto.com/fredericprochasson Fünftel davon werden aber auf Erneuerbare Energien entfallen. Eine neue Studie über Frankreich zeigt, dass der Bau neuer Kernkraftwerke immer teurer wird. Dies obwohl die Wirtschaftslehre normalerweise von einer Lernkurve ausgeht – d.h. geringere Kosten, wenn bereits erprobte Technologien angewendet werden. Jüngstes Beispiel ist der Meiler, der im finnischen Olkiluto gebaut wird. Dort betragen die Kostenüberschreitungen bereits 77%. Auch in der Schweiz wurde der Strommarkt geöffnet. Die Vermutung liegt nahe, dass auch hierzulande neue Atomkraftwerke nicht rentabel zu betreiben sind. Schon gar nicht wenn sie die Sicherheits- und Entsorgungskosten voll tragen müssten. zur Studie «The costs of the french nuclear scale-up: a case of negative learning by doing» Die Zukunft ist erneuerbar! Online-Zeitung der Allianz «Nein zu neuen AKW» Ausgabe 05/2010
Das Eidgenössische Nuklearsicherheitsinspektorat ENSI hat Mitte November ihre Gutachten zu den drei Rahmenbewilligungsgesuchen (RBG) von Alpiq, Axpo und BKW präsentiert und alle drei Standorte gutgeheissen. Dabei sind zentrale Aspekte noch ungeklärt. Alle drei Standorte seien für den Neubau von AKW geeignet, die Sicherheit gewährleistet. Mit diesem vor© Allianz «Nein zu neuen AKW» eiligen Persilschein für neue Atomkraftwerke verspielt das ENSI einmal mehr sein Vertrauen. Denn zentrale Sicherheits-Aspekte sind noch gar nicht geklärt: «Wie will die Sicherheitsbehörde den Schutz von Mensch und Umwelt garantieren, wenn sie noch nicht einmal weiss, welcher Reaktortyp und welche Kontrollsysteme verwendet werden sollen?», so Jürg Buri, Geschäftsführer der Schweizerischen Energie-Stiftung SES und Präsident der Allianz «Nein zu neuen AKW». Stellungnahme der Allianz «Nein zu neuen AKW» zu den Gutachten des ENSI
Im Fokus
Photovoltaik in der Schweiz: Netzparität für 2018 erwartet
Mit dem Erreichen der Netzparität wird auch die Anzahl PhotovoltaikAnlagen in der Schweiz zunehmen. © Jenni Energietechnik AG
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Laut einer Studie wird Deutschland 2012 die Netzparität für Solarstrom erreichen. Dies wegen sinkender Preise für PV-Module und Rohstoffe sowie steigender Preise für herkömmlichen Strom. Wie aber sieht die Situation in der Schweiz aus? Wir haben nachgefragt – und Positives erfahren.
Jahr erarbeiten. Da die Strompreise hierzulande tiefer sind, rechnen Brancheninsider mit einer Verzögerung von mindestens fünf Jahren im Vergleich zum Nachbarland.
Komplexer Strommarkt – Solarmodule werden billiger Genauere Prognosen sind aber aufgrund der Komplexität des Strommarktes schwierig. So ist für die Schweizer Privathaushalte die Strommarktliberalisierung für 2014 geplant. Noch ist aber unklar, ob dagegen das Referendum ergriffen wird. Auch ist der Strompreis vom internationalen Marktpreis der fossilen Energien Erdöl und –gas abhängig. Dieser ist momentan tief, dürfte bei anhaltender Konjunktur aber wieder steigen.
Die Studie der Landesbank Baden-Württemberg kommt zum Ergebnis, dass Strom aus Photovoltaikanlagen für Privathaushalte in Deutschland ab 2012 preismässig mit herkömmlichem Strom aus Atom- oder Kohlekraft gleichziehen wird. Für die deutsche Industrie rechnet man ab 2019 mit der Netzparität. Ist diese erreicht, sind staatliche Subventionen für die Photovoltaik nicht mehr nötig und Solarstrom definitiv konkurrenzfähig. Für die Schweiz existieren noch keine genauen Prognosen zur Netzparität von Photovoltaik-Strom. Laut Sprecherin Marianne Zünd wird das Bundesamt für Energie solche erst nächstes
Branche ist optimistisch Momentan liegt der regional stark schwankende Strompreis für Privatkunden in der Schweiz im Durchschnitt bei 25 Rappen pro Kilowattstunde (kWh), während Solarstrom mit ungefähr 48 Rappen pro kWh zu Buche schlägt. Der allgemeine Strompreis ist im Steigen begriffen, während die Einspeisevergütung für Solarstrom jährlich um etwa 10 Prozent sinkt – Solarstrom wird also billiger. «Ich rechne damit, dass die Netzparität für Photovoltaik in der Schweiz etwa im Jahr 2018 erreicht wird», erklärt David Stickelberger von Swissolar. Eine ähnliche Prognose wagt Stefan Nowak, Programmleiter Photovoltaik beim Bundesamt für Energie und Geschäftsführer der Nowak Energie & Technologie AG: «Im besten Fall erreichen wir die Netzparität 2018, sonst 2020».
Die Zukunft ist erneuerbar! Online-Zeitung der Allianz «Nein zu neuen AKW» Ausgabe 05/2010
Der grösste Kostenfaktor für Strom von der Sonne sind jedoch nach wie vor die Photovoltaikmodule. Die sinkenden Preise für solche Module und für die Rohstoffe, welche für die Fabrikation verwendet werden, sind der Hauptgrund für die neue Konkurrenzfähigkeit der Photovoltaik. «Selbst die nicht von der Sonne verwöhnte Schweiz kann mittelfristig Strom mittels Photovoltaik zu marktüblichen Kosten nachhaltig erzeugen», erklärt dazu
Im Fokus
Kolumne
Werner Buchholz von Meyer Burger Technology, dem Marktführer für Systemlösungen in der Solarindustrie. «Der Unterschied zu den konventionellen Energieerzeugungen ist, dass der grösste Teil der Wertschöpfung dabei in der Schweiz verbleibt.» Die Netzparität ist ein wichtiger Schritt für die Wettbewerbsfähigkeit der Photovoltaik. Um das ganze Potenzial der erneuerbaren Sonnenenergie auszuschöpfen, sind jedoch noch weitere Kostensenkungen nötig. Diese Kostensenkungen gelten als sicher. Während die Preise für Solaranlagen stetig sinken, zeichnet sich bei der Atomkraft ein anderes Bild. Dazu Rolf Wüstenhagen, Professor für das Management Erneuerbarer Energien an der Universität St. Gallen: «Beim Vergleich der beiden Technologien fällt auf, dass die anfänglich hohen Kosten des Solarstroms durch Lernkurveneffekte in den letzten Jahren deutlich gesunken sind, während bei der Kernenergie in Frankreich und den USA negative Lernkurven festzustellen sind, das heisst je mehr Kraftwerke gebaut wurden, desto höher stiegen die Kosten.»
Atomausstieg im Interesse der Bauern
Die Preise für Photovoltaik sind weltweit am sinken. Diese Grafik illustriert die Zahlen aus Deutschland.
© SOLARGRAFIK.de
Fritz Burkhalter, SVP Mitglied, BNPO Schweiz, Jegenstorf
Der Ausstieg aus der Atomenergie ist im Interesse der Bauern. Der Kanton Bern könnte hier beispielhaft voraus gehen, doch ihr Interessenvertreter die LOBAG (Landwirtschaftliche Organisation Bern und angrenzende Gebiete) und ihre politische Vertretung die SVP und die BDP agieren gegen die Bauern. © zvg
Im Frühjahr 2011 hat das Berner Stimmvolk die Chance, die Weiche Richtung Atomausstieg in Bern zu stellen und den Weg zum Atomausstieg in der Schweiz einzuschlagen. Das sich die Stromkonzerne und ihre Vereinigungen dagegen wehren ist verständlich und legitim, ist doch die Atomstromproduktion für sie ein lukratives Geschäft. Nicht verständlich ist, dass sich die LOBAG, die Interessenvertretung der Berner Bauern und die SVP und BDP, die politische Vertretung der Bauern, nicht für den Atomausstieg einsetzen. Gehört doch die Landwirtschaft wie das Gewerbe zu den Gewinnern eines Atomausstiegs. Die wirtschaftlichen Chancen der Landwirtschaft liegen in der Energieproduktion durch Photovoltaik, Bioenergie und Windkraft-Kleinanlagen, ohne von der Nahrungsmittelproduktion abzurücken. Produktsicherheit, wie bei den qualitativ hochstehenden Nahrungsmittel, so auch beim Strom. Produkte aus der Region, nicht nur für Gemüse, sondern auch für Strom. Atomenergie gefährdet auch die angestrebte Qualitätsstrategie der Landwirtschaft. Die unverkäuflichen Salate der Schweizer Produzenten
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nach der Tschernobylkatastrophe sind der handfeste Beweis. Der grösste gemeinsame Dachflächenbesitz ist in Landwirtschaftshand. Ein Potenzial das mit Photovoltaik zu nutzen und für die Bauern in Wert zu setzen ist. Was fehlt ist der politische Wille. Verständlich, wenn der BDP Präsident gleichzeitig BKW Verwaltungsratspräsident ist und der Präsident der LOBAG sich im Forum pro Mühleberg engagiert? Die Energieversorgungssicherheit ist auch ein Anliegen der Bauern. Die Studie «Stromeffizienz und erneuerbare Energie – wirtschaftliche Alternative zu Grosskraftwerken» von INFRAS und TNC kommt zum Schluss, dass die Stromlücke auch ohne Atomkraftwerke geschlossen werden kann. Mit einem Teil der vorhandenen Dachfläche ist Mühleberg mit Photovoltaik zu ersetzen. Mitsicherer Energie (was der Qualitätsstrategie entspricht) – ohne Strahlungsrisiko und ungelöster Endlagerung. Auf 13 Milliarden Franken wird der Bau eines Atomkraftwerks geschätzt (INFRAS/TNC 2010), ohne laufende Nachrüstungen wie die Erfahrung zeigt (Beobachter 18/08). Eine Investition, mit welcher Photovoltaik wohl konkurrenzfähig würde. Und das dürfte auch das Gewerbe interessieren, denn dezentrale Investitionen mit dem Beschäftigungseffekt sind auch in ihrem Interesse. Impressum Redaktion und Gestaltung: Medienstelle Allianz «Nein zu neuen AKW» Falkenplatz 11, Postfach 5815, CH-3001 Bern medien@nein-zu-neuen-akw.ch www.nein-zu-neuen-akw.ch