DA S MAG A Z IN ZUR RE NGG LI - BAUKULTUR
Ausgabe Juni 2018
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04 Neue Fülle in neuer Hülle Der richtungsweisende Ausbau der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft.
10 Bauen in eigener Sache Renggli-Architekt Lukas Erni und sein tolles Generationenhaus für den familiären Eigenbedarf.
16 Hier gibt’s was aufs Dach Eine Attikawohnung für vorausschauende Bauherren und akkurate Denkmalschützer.
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EDITORIAL
WORLD WIDE WOOD
Zeppelin-Traumlandung in Prag «Ich hätte gerne etwas auf dem Dach; lass uns ein Luftschiff bauen.»
Lösungen finden Auf der grünen Wiese ein eigenes Haus zu bauen, ist für viele Menschen eine wunderbare Vorstellung. Allerdings gehen der kleinen Schweiz
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schnell die grünen Wiesen
G A S T B E I T R AG
Neubauträume verwirklichen
Wie viel Wohnraum braucht der Mensch? Gastautor Simone Pretelli über Suffizienz im Wohnungsbau.
aus, wenn alle Menschen ihre würden. Unsere Architekten und auch viele unserer Kunden finden es oft mindestens so reizvoll, sich mit Bestandesbauten kreativ auseinanderzusetzen. Häuser, die bereits stehen, mögen aus Sicht der Käufer oder Erben Unzulänglichkeiten haben, mögen mitunter sogar Probleme bereiten. Aber sie haben
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Geschichte und Charakter. Sie haben Bedeutung. Oft
WIR SIND RENGGLI
Böden, die man nicht abreissen möchte – sei es, weil es
Schweizer Holzbaukompetenz auf Expansionskurs, national und international
stecken Kindheitserinnerungen zwischen Decken und das eigene Heim war oder das Unternehmen der Eltern und der Grosseltern. In dieser Ausgabe von Faktor Raum zeigen wir Ihnen, wie gestandene Bauten auf neue Anforderungen getrimmt werden. Wie man zum Beispiel mehr Volumen auf gleicher Fläche schafft – Stichwort «Verdichtetes Bauen». So lesen Sie etwa, wie auf einem Kellerfundament eines Einfamilienhauses ein Zweifamilienhaus entstanden ist, das nun als Generationenhaus doppelt so viele Familien erfreut. Sie erfahren, wie schwierig, aber erfolgreich es war, den Estrich eines Gewerbehauses per Dachaufstockung in eine prächtige Attikawohnung zu verwandeln. Und gleich im ersten Artikel berichten wir von einem Minergie-Leuchtturm-Projekt, bei dem kluge Teillösungen in Bestandesbauten dazu geführt haben, mehr Arbeitsraum zu kreieren, ohne die Energiebilanz zu verschlechtern – im Gegenteil. Wir zeigen Ihnen sogar, wie man aus Holz ein Luftschiff baut und sicher auf dem Dach parkiert. Bei allen Beispielen
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gehören die Lorbeeren nicht nur den klugen Planern und versierten Handwerkern, sondern vor allem einem Baustoff, der in kniffligen Situationen oft den Unterschied macht. Wir wünschen Ihnen viel Inspiration beim Lesen.
BILDER Bruno Meier, Sursee Christian Reichenbach, Hausen am Albis Dietrich Schwarz Architekten AG, Zürich Franca Pedrazzetti, Luzern Geschäftsstelle MINERGIE®, Basel
Thomas Andres
Jan Slavík / DOX, Prag
Bereichsleiter Generalunternehmung
Petr Kralik / DOX, Prag
Mitglied der Geschäftsleitung
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FAK TOR R AU M
WSL-SANIERUNG: NEUE FÜLLE IN NEUER HÜLLE Der Ausbau der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL geriet unangemeldet zum Minergie-Leuchtturm-Projekt für die Rundum-Optimierung von Bestandesbauten. Die Gewinner der Ausschreibung schafften nicht nur mehr Platz auf energetisch mustergültige Art, sondern auch formale Ordnung in die Reihen der bestehenden Bauten.
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ie Ausgangslage in Birmensdorf war ein architektonisches Durcheinander von Bauten aus verschiedenen Epochen. Da traf das Betoneinerlei aus den 60er-Jahren auf ein
hölzernes Schrägdach aus den 80er-Jahren; Stahl-undGlas-Gebäude aus den 90er-Jahren kontrastierten mit dem modernen Pflanzenschutzlabor von 2014. Ziel des Projektwettbewerbs war es, mit der Modernisierung der Gebäude mehr Raum für die rund 500 Mitarbeitenden zu schaffen, ohne gleichzeitig den Energieverbrauch zu steigern. Mit der Dietrich Schwarz Architekten AG wählte die WSL einen Partner, der energetische Fragen auch energisch angeht: Dietrich Schwarz ist Professor für Nachhaltiges Bauen an der Universität Liechtenstein und Vorstandsmitglied des Vereins Minergie Schweiz. Holz als energetischer Leistungsträger war naheliegend für eine Forschungsanstalt, die selber schon wichtige Beiträge im Holzbausektor geleistet hat. Die nicht alltägliche Lösung der Dietrich Schwarz Architekten und die besondere Herausforderung für die Renggli-Mitarbeitenden bestanden darin, über die beiden Hauptgebäude eben mal eine neue Hülle zu stülpen. Diese sorgte nicht nur für die angestrebte Dichtigkeit, sondern ganz nebenbei auch für die formale Harmonisierung der Aussenansichten. Dank der Fassadenelemente ab Renggli-Werk mit den bereits eingearbeiteten Fenstern liess sich die Hülle sofort schliessen – ein grosser Vorteil. Aber so gesehen, verfügten die Häuser nun über zwei Fassaden und ein Problem mit der Belüftung.
DIE SUMME VIELER DETAILS. Mit wenig Mehraufwand zur Doppelzertifizierung nach Minergie-P-Eco und Minergie-A-Eco.
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24 cm
Glaswolle liegen auf der ursprünglichen Fassade auf
682 m
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grosse Fotovoltaikanlage
IV-Verglasungen
3-fach
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VORHER
Nach dem Vorsetzen der neuen Hülle war deshalb die Mannschaft der Schreinerei Hochuli am Zug. Sie mit vorgefertigten Leibungselementen Zugang zu den neuen Fenstern geschaffen, inklusive Brüstungskanälen für die Technik. Die ganze Fassade aussen hat die Aussenholzbau GmbH montiert. Mit der 24 Zentimeter dicken Dämmung in den Holze lementen war der Minergie-Standard schon beinahe erreicht. Auch für die Frischluftzufuhr fand sich eine pragmatische Lösung: Sie strömt über ein Rohr in die Zimmer, während die Abluft über Ventile in den
BE STANDE SBAUTEN MIT ENERGETISCHEN SCHWÄCHEN. Eine Ausgangslage, wie sie bei vielen KMU-Bauten anzutreffen ist.
Korridor zurückgeleitet und dort zentral abgesaugt wird. Ein w eiterer Puzzlestein im Energiekonzept ist die flächig integrierte Fotovoltaikanlage auf dem Dach. Ohne entsprechende Vorgaben der Bauherren brillieren diese beiden Bauten nun mit der Doppelzertifizierung nach Minergie-P-Eco und Minergie-A-Eco. Sie beweisen, dass bei Sanierungen von Bestandesbauten im KMUBereich energetische Bestleistungen nicht nur möglich, sondern auch wirtschaftlich attraktiv sind: Das ist die perfekte Botschaft zum 20. Geburtstag des Minergie- Labels, der dieses Jahr gefeiert wird.
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«Wer ökologisch baut, erreicht den Eco-Zusatz automatisch.» PROF. DIETRICH SCHWARZ DIPL . ARCHITEK T ETH/SIA
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20 %
der benötigten Wärme im Haus stammen aus Wärmerückgewinnung
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Bauherrschaft
Eidgenössische Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL
Architektur
Dietrich Schwarz Architekten AG
Holzbau für Gebäudehülle
Renggli AG
Brandschutzingenieur
Josef Kolb
Bauphysik und Nachhaltigkeit
Intep, Integrale Planung
HLKS-Ingenieur
W&P Engineering
Elektroingenieur
Büchler & Partner 1V ORGEHÄNGTE FASSADE . Dichtigkeit zum Überstülpen.
Fensterverkleidungen innen Hochuli Schreinerei GmbH
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Fassadenbauer
AussenHolzBau GmbH
Baustandard
Minergie-P-Eco, Minergie-A-Eco
Gebäudetechnik
Fotovoltaikanlage, Holzschnitzelheizung, Wärme- und Lüftungsanlagen mit Wärmerückgewinnung, Warmwasser dank Abwärme, Ladestation für Elektrofahrzeuge
Baujahr
2015 / 2016
Konstruktion
Massivbau, Holzsystembau
Nutzung
Büroräume/Labore
Baukosten (BKP 1–9)
10,3 Mio. CHF
2H ÖHERER R AUMBEDARF. Mehr Arbeitsplätze ohne höheren Energieverbrauch. 3P R AGMATISCHE S BELÜF TUNGSKONZEPT. Frischluftrohre zu den Zimmern und zentrale Abluftabführung über den Korridor. 4K L ARE S BEKENNTNIS. Holz als bevorzugter Baustoff ist für die Eidgenössische Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft Ehrensache.
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FAK TOR R AU M
JAHRE MINERGIE
MINERGIE: QUALITÄTSGARANTIE SEIT 1998 Minergie, Minergie-P, Minergie-A und der Zusatz Eco sind Qualitätsstandards. Für neue und modernisierte Gebäude; getragen von Bund, Kantonen und Wirtschaft. Die Zertifikate zeichnen besonders energieeffiziente Gebäudekonzepte für ökologisches Bauen aus, also Bauten, die aufgrund ihrer hochdichten, wärmedämmenden
PROF. DIETRICH SCHWARZ Dipl. Architekt ETH/SIA, Verwaltungsrat und Geschäftsführer, Professor, Universität Liechtenstein, Vorstandsmitglied Minergie Schweiz
Gebäudehülle und automatisierten Lufterneuerung den Heizenergieaufwand auf ein Minimum senken.
Seit 2013 sind Sie im Vorstand von Minergie – als ers-
Der im März 2011 eingeführte Baustandard Minergie-A
ter Architekt. Was war Ihre Motivation dazu? Hatten
legt einen zusätzlichen Fokus auf die optimierte Gebäude
Sie einen «Weckruf»? Nein, es lief umgekehrt. Ich durfte
technik. Der Zusatz MQS Bau bietet Bauherren und
anlässlich der Aufrichte unseres damaligen Gross
Planern seit 2016 Qualitätsgarantien für die Bauphase,
projekts in Mellingen, der ersten Minergie-P-A-Eco-
während MQS Betrieb Energieeffizienz und Komfort im
Siedlung der Schweiz, eine Ansprache halten. Offenbar
laufenden Betrieb verspricht. Zu den Mythen des Stan-
hat sie den damaligen Geschäftsführer von Minergie
dards zählt der Irrtum, dass man in Minergie-Häusern
dermassen überzeugt, dass er mich als Architekten für
keine Fenster öffnen darf. Dieser kurze Artikel klärt
den Vorstand vorgeschlagen hat.
auf, wozu die Komfortlüftung und die Fenster gut sind: Was ist Ihr ganz persönliches Ziel, das Sie als Vorstandsmitglied des Vereins Minergie erreichen wollen?
bit.ly/Minergie-Fenster
Einerseits muss man als Architekt alle Themen der Nachhaltigkeit im Überblick behalten. Gleichzeitig soll Minergie als Standard aber ein Label bleiben, welches sich auf die MINERGIE Qualität und Effizienz MINERGIE-P
MQ S BAU
MQ S BETRIEB
Qualität beim Bau
Gebäude optimal nutzen
Mehr Komfort bei bester Effizienz
Aspekte der Energie, der Ressourcen und davon abgeleitet auch des Komforts fokussiert. Ich setze mich immer für eine praktikable Vereinfachung des Standards ein, ins besondere bei den Sanierungen, wie im vorliegenden Fall. Sie sagten damals bei der Wahl, es hätte vor der Lan-
MINERGIE-A
cierung von Minergie in dem Bereich ein ziemliches
Unabhängigkeit durch Eigenproduktion
Durcheinander geherrscht, bei dem höchstens die ECO
Avantgarde durchblickte. Wie sieht das heute aus?
Gesund und ökologisch bauen Planung und Projektierung
Der grösste Verdienst von Minergie ist, dass heute ein Realisierung
Betrieb
Bauherr bei einem nach Minergie zertifizierten Gebäude
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500 Mitarbeitende
DANK DER NEUEN GEBÄUDEHÜLLE sieht das Gebäudeensemble nun einheitlich aus.
eine hohe Sicherheit bezüglich Energieeffizienz und druck entsteht, wird in den Räumen ein Nachströmventil Qualität erhält. Mit anderen Worten, man kauft ein Haus, in die Aussenwand eingebaut, durch das die frische Luft in dem drinsteckt, was draufsteht. Eine nachvollziehbare nachströmen kann. Die alte Luft wird also über die AbDeklaration – das schafft Vertrauen.
luftwärmepumpe abgeführt, dabei wird die Wärme entzogen und die frische Luft gelangt über Öffnungen in der
Wo sehen Sie die Stärken von Minergie? Eine grosse Fassade wieder ins Gebäude. Mit dieser einfachen LöStärke ist sicher nach wie vor die relativ einfache und sung könnte man die Wohnungslüftung mitsanieren, nachvollziehbare Struktur von Minergie. Aber auch, dass ohne L üftungsrohre für die horizontale Luftverteilung in sie dem Namen entsprechend vor allem auf Energieeffi- den Wohnungen verbauen zu müssen. zienz und erneuerbare Energien fokussiert und damit glaubwürdig bleibt. Neu wird ein einfaches Modul Minergie feiert dieses Jahr ihr 20-jähriges Bestehen. «MQS Bau und MQS Betrieb» für die Qualitätssiche- Feiern Sie ebenfalls? Was hat Minergie in dieser Zeit rung angeboten. Sicher ein Element, das Vertrauen und für die Schweizer Bevölkerung und Bauwirtschaft erGlaubwürdigkeit schafft.
reicht? Natürlich feiere ich mit. Feiern sind für eine gesunde Entwicklung wichtig. Man kann innehalten und
«Mit Minergie kauft man ein Haus, in dem drinsteckt, was draufsteht.» PROF. DIETRICH SCHWARZ , DIPL . ARCHITEKT ETH/SIA
sich über das Positive bewusst werden und Energie tanken für die Zukunft. Minergie hat durch ihre Glaub würdigkeit enorm viel Sicherheit für den Bauherrn, die Investoren, aber auch für die Mieter und Konsumenten gebracht. Wie gehen Sie in Ihrem Privatleben mit Nachhaltigkeit um? Sind Sie konsequent? Ich bin mässig konsequent.
Welche Schwächen sehen Sie? Es wird schwierig, wenn Ich lebe in einem Minergie-Haus, wir achten als Familie von einem Standard etwas erwartet wird, das er nicht auf eine Ernährung mit nachhaltigen Produkten. Ich glaube erfüllen kann. Der Minergie-Standard definiert Zielwerte, aber, dass es wichtiger ist, sich für das Richtige einzuaber nicht den Weg, wie diese zu erreichen sind. Man setzen, als darauf zu achten, keine Fehler zu machen. kann nun vorhalten, dass die Zielwerte einschränkend Dies würde jegliche Lebensfreude abwürgen. sind. Oder auf der anderen Seite beklagen, dass die Zielwerte zu wenig auf Qualität ausgerichtet sind.
Wohin geht die Reise von Minergie in Zukunft? Minergie hat in jüngster Vergangenheit eine Krise überstanden.
Was würden Sie auf der Stelle ändern, wenn Sie alleine Mit den MuKEn2014 musste man sich fragen, ob es Mientscheiden könnten? Ich würde in der Sanierung ein- nergie überhaupt noch braucht. Minergie ist zur Überzeufachere Lüftungslösungen mit kontrollierten Abluftwärme gung gekommen, dass es in jeder Zeit eine Avantgarde pumpen zulassen. Diese entziehen dem Raum, dem Haus benötigt, die über den Tellerrand schaut. Als solche sieht bzw. dem Gebäude die Raumluft (20 °C) und nutzen diese sich Minergie und will damit ganz klar die Leadership in Wärme gleich wieder für die Heizung. Damit kein Unter- der Energiedebatte beibehalten.
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FAK TOR R AU M
BAUEN IN EIGENER SACHE Eigentlich planten die Hardeggers, ihr Haus an die nächste Generation abzutreten, sobald sich dort Nachwuchs a nkündigte. Aber als es dann so weit war, zweifelten doch alle Beteiligten, ob das zu diesem Zeitpunkt sinnvoll war. Auch Schwiegersohn Lukas Erni, Architekt bei Renggli. Zum Glück, wie sich später herausstellte.
«Die Herausforderung war, die begrenzte Fläche für zwei Familien optimal zu nutzen.» LUK AS ERNI, ARCHITEK T
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G E N E R ATION E N H AU S . Gut Ding will Weile haben.
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a steht ein Haus in Neuenkirch, zu gross für die Besitzer, deren Kinder längstens ausgezogen sind. Zu klein für zwei Familien, auch wenn sie sich gut vertragen. Die Haus-
besitzer sind bereit, ihr Haus der nächsten Generation zur Verfügung zu stellen, wenn sie für sich selber ein anderes nettes Plätzchen finden. Doch niemand in der Familie kann sich zu diesem Zeitpunkt für diese Lösung erwärmen. Das war die Ausgangslage beim Einfamilienhaus von Margrith und Josef Hardegger. Der ursprüngliche Plan eines Generationenwechsels in ihrem Haus wollte nicht so recht aufgehen. Nach der Geburt ihres Sohnes Andri stand Doris und Lukas Erni-Hardegger der Sinn noch nicht nach einem grossen Umzug. Erst mit dem zweiten Kind wuchs der Wunsch nach mehr und eigenem Wohnraum. Derweil stellten die Eltern von Doris fest, dass es zum Zuhausebleiben keine befriedigende Alternative gab. Aber wäre es denn nicht möglich, mit einem Anbau Platz für beide Familien zu schaffen?
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FAK TOR R AU M
«Es macht mich sehr stolz, dass die Wohnung den Schwiegereltern so gut gefällt.» LUK AS ERNI, RENGGLI AG
Also brüteten die Familien ausgiebig über verschiedene Anbau- und Ausbaupläne. Diese zeigten aber klar, dass im Rahmen der gesetzlichen und örtlichen Gegebenheiten der Raumgewinn eher bescheiden blieb. Auch die Sonne hätte jeden Anbau mit Nichtachtung gestraft. Also war Umdenken angesagt. Statt faule Kompromisse zu schliessen, nutzte Schwiegersohn Lukas die Gelegenheit, sich als einfallsreichen Architekten in Szene zu setzen. Ganz nach dem Motto «Nichts ist mächtiger als eine Idee, deren Zeit gekommen ist» präsentierte er seinen Angehörigen nach der Zeit des Zauderns und Zweifelns Pläne für ein Mehrgenerationenhaus, das sich mit den örtlichen Sachzwängen auf völlig neue Art arrangierte und die beiden Familien begeisterte. Seine Idee sah vor, das alte Haus bis auf den Keller abzubrechen und darauf ein schönes neues Renggli-Haus nach Mass aufzusetzen. Zu den planerischen Herausforderungen gehörten zum Beispiel die unterschiedlichen Bedürfnisse seiner Schwiegereltern und seiner Kinder, was die Lautstärke im Alltag betrifft. Bei aller Freude an Enkelkindern wird ab einem gewissen Alter der Wunsch nach Ruhe und Rückzug laut. Darum liess Lukas die gesamte Decke über dem EG mit 140 Millimeter Kalksplittschüttung ausführen. Damit dringt kaum Schall ins Obergeschoss, das sich die Hardeggers zum Wohnen ausgewählt hatten. Auch innerhalb der Wohnung der Familie Erni sorgt dieser Schallschutz zwischen Eltern- und Kinderräumen für unbelastete Familienverhältnisse. Während die Schwiegereltern also oben ihr Zuhause bezogen haben, trifft man die Jungmannschaft eher unten im Garten an oder beim Spielen auf der ruhigen Quartier strasse. Im Innern haben sich die lange Sitzbank im Essbereich und die Plätze beim Schwedenofen als beliebte Hotspots herausgestellt. Mia andrerseits schätzt den Rückzug in die Ruhe ihres eigenen Zimmers sehr.
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VI E L R AU M . Davon haben nun alle genügend, um ihren Lieblingsbeschäftigungen und -farben zu frönen.
G E M ÜTLIC H K E IT. Grosszügig, hell und mit dem allseits begehrten Sitzfenster.
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FAK TOR R AU M
Bauherrschaft
Familien Hardegger und Erni
Architektur Generalunternehmung Engineering Holzbau
Renggli AG
Baujahr
2017
Nutzung
Zweifamilienhaus/Generationenhaus
Konstruktion UG
Bestehend
Konstruktion EG/OG
Holzsystembau
Fassade
Vertikale Holzschalung aus Tanne in unterschiedlichen Grautönen
Zwischen dem Kellergrundriss unten und dem Schrägdach oben, das der Gestaltungsplan von 1976 vorschreibt, konnte sich die Kreativität von Lukas Erni frei entfalten. Lieber hätte er in der Höhe die berühmte Luft nach oben noch etwas mehr ausgeschöpft, aber Vorschriften sind Vorschriften. Um wenigstens den Eindruck von Höhe zu erzeugen, liess der findige Architekt die Laufrichtung der in verschiedenen Graustufen gehaltenen Verschalung vertikal ausrichten, damit sich das Haus volumetrisch besser präsentiert. Was die Schwiegereltern und die Nachbarn am meisten beeindruckte, war die kurze Montagezeit des Renggli- Hauses. Allerdings kam es bei der Montage zu einer zwar kleinen, aber ungewöhnlichen Verzögerung, da bestimmte Teile an einem Wandelement in der Fabrikationshalle an der falschen Stelle angeschraubt worden waren. Wie sich herausstellte, war es genau jenes Element, bei dem Lukas Erni aus Freude an der Sache in der Werkhalle selber Hand angelegt hatte. Künftig wird er Fertigungsarbeiten wieder ganz den Fachleuten überlassen. Dafür macht es ihm sichtlich Freude, dass seine architektonische Arbeit bei seinen Schwiegereltern und in der
«Die gesamte Bauzeit über hatten wir mit Mia und Andri spannende Diskussionen rund ums Bauen.» DORIS ERNI
F R Ü H Ü B T S IC H was vielleicht mal eine «Hölzige» / ein «Hölziger» werden will.
eigenen Familie sehr gut aufgenommen wurde. Er selber hat noch keinen Grund gefunden, mit sich zu hadern. Die Möglichkeit, den Wohnbereich mit Schiebetüren von der Küche und vom Entrée zu trennen oder eben nicht, hat sich in der Praxis gut bewährt. Auch die verwendeten Materialien, so findet er, passen perfekt zueinander. Besonders gefallen ihm die UV-beschichtete Holzdecke und das Lichtkonzept, das sich einheitlich durch das ganze Haus zieht. Weitere Highlights sind das Sitzfenster im Essbereich und die grosse Fensterfront zur Terrasse. Das Elternzimmer verfügt über ein separates Badezimmer mit vorgelagertem Büro, das wiederum mit einer Schiebetüre vom Essraum getrennt ist. Andri und Mia teilen sich ein eigenes Badezimmer. Alle sind happy. Nun freut sich die ganze Familie auf den ersten Sommer im neuen Heim. Dann wird möglicherweise der Platz am Schwedenofen in der Gunst der Bewohner etwas sinken und dafür der Garten an Zulauf gewinnen, vor allem durch die Kinder. Die Erwachsenen werden womöglich die geschützten Sitznischen vermehrt für ein gemütliches Beisammensein nutzen, während im Obergeschoss die grandiose Aussicht von der Rigi bis zum Pilatus in vollen Zügen ausgekostet werden will.
KÜC H E I M BAU. Offen oder durch Schiebetüren vom Wohnraum abtrennbar.
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Die Aufstockung eines Büro- und Gewerbegebäudes bei laufendem Betrieb ist normalerweise Herausforderung genug. Dabei auch noch einem lärmempfindlichen Städtchen und einem angrenzenden, denkmalgeschützten Gebäude Genüge zu tun, ist schon fast ein Eiertanz.
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ngeborg und Toni Wyss-Hurni hegten den Wunsch, aufs Alter hin eine barrierefreie Wohnung zu beziehen, am liebsten auf dem Dachgeschoss ihres Gewerbegebäudes in Sursee, bloss einen Holz-
scheitwurf von Renggli entfernt. Hier, direkt angrenzend an ein denkmalgeschütztes Gebäude, befindet sich der Sitz ihrer Videoproduktionsfirma und zweier weiterer Firmen in Miete. Raumhohe Fenster und ein grosszügiger Aussenraum schwebten dem Paar vor – ein klarer Fall für eine Dachaufstockung.
TE R R A S S E M IT AU S S IC HT. Und einer der schönsten Plätze im ganzen Städtli Sursee.
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Neben den Vorstellungen und Wünschen der Bauherr- um für die geplante Attikawohnung eine angemessene schaft mussten an dieser Stätte natürlich auch Auflagen Höhe zu erreichen. Gewünscht war zusätzlich ein GEAK, der Denkmalpflege berücksichtigt werden. Zum Beispiel ein offizieller «Gebäudeenergieausweis der Kantone», um die Fassadenfarbe: Sie hatte sich nach den Ziegeln des das energetische Verbesserungspotenzial der Immobilie denkmalgeschützten Gebäudes zu richten, die das zu erfassen und die Aufstockung im Kontext künftiger Spektrum zwischen Orangerot und Dunkelbraun lau- Sanierungen zu realisieren. nisch ausschöpfen. Die farbliche Imitation gelang durch die Kombination zweier Materialien: ein gelochtes Alumi- Dank Holzsystembau konnten die Firmen in den unteren niumprofilblech vorgehängt und eine bunte Fassaden- Stockwerken den Betrieb während der ganzen Bauphase bahn dahinter. Die Vorschriften sagen weiter, dass die aufrechterhalten, und auch die Ruhe der umliegenden bestehende Firsthöhe des historischen Gebäudes vom Stadthäuser bekam keins aufs Dach. Dafür die Bauheraufgestockten Nachbargebäude nicht überboten werden ren, die es nun geniessen, erhabene Blicke über die darf. Für die Planung bedeutete dies: Kampf um jeden Dächer von Sursee und den Martigny-Platz schweifen Zentimeter, der sich bei den Aufbauten einsparen lässt, zu lassen.
«Für die Bauherren war es wichtig, dass die Attikawohnung altersgerecht gebaut wird.» PATRIK STIRNIMANN, LEITER BAUEN IM BE STAND
Bauherrschaft
Ingeborg und Toni Wyss-Hurni
Architektur Generalunternehmung Engineering Holzbau
Renggli AG
Baustandard
Minergie (nicht zertifiziert)
Baujahr
2016
Konstruktion Attikageschoss
Holzsystembau
Fassade
Organischer Verputz, gestrichen, sinusförmiges Fassadenprofil aus Alublech, thermolackiert
FA R B E FF E K T. Lochgitter vor Farbbahnen, damit die Fassade das Farbenspiel der Ziegel aufnimmt.
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AUFSTOCKUNGEN UND ANBAUTEN IN HOLZ – DIE FÜNF WICHTIGSTEN ARGUMENTE Holz ist aufgrund seiner Materialeigenschaften hervorragend für Sanierungen geeignet. Sie sorgen nicht nur für mehr Effizienz auf der Baustelle und in Bezug auf die Energiebilanz, sondern schonen auch den Geldbeutel. G eringes Eigengewicht und hohe Tragfähigkeit ersparen kostspielige Verstärkungen in der Statik. P räzise Vorfertigung verkürzt die Montage vor Ort: geringe Emissionen, kein Betriebsunterbruch, tiefere Kosten. Bauen bei engen Platzverhältnissen und engem Terminplan: kein Problem. Gewinn der maximalen Nutzfläche, da im Holzrahmenbau die Wärmedämmung bereits enthalten ist. Selbstregulierung der Luftfeuchtigkeit, höhere Behaglichkeit, hervorragende Energiebilanz. FI LM Z U M PROJ E K T: AU F S TOC K E N – R AU M SC H A F F E N , WO PL AT Z I S T bit.ly/aufsDach
WORLD WIDE WOOD
ZEPPELINTRAUMLANDUNG IN PRAG Der Direktor des DOX in Prag wandte sich eines Tages an Tomás Kosnar vom Prager Büro Hut’ architektury: «Ich hätte gerne etwas auf dem Dach – lass uns ein Luftschiff bauen.»
Die Idee war abgehoben genug, um auf dem Dach des Ort Zentrums für zeitgenössische Kunst zu landen, wenn
DOX Centre for Contemporary Art in Prag, Tschechei
auch erst nach einigen amtlichen Turbulenzen. Heute Idee und Konzept
Leoš Válka
hängt die «parasitäre» Skulptur wie ein Traumschiff aus Architektur einer anderen Welt über zwei ehemaligen Fabrikgebäu- Konstruktionsdesign
Hut’ architektury Martin Rajniš s.r.o.
den der bodenständigen Art – was für ein poetischer Generalunternehmung Kontrast! In Wahrheit ruht der hölzerne Zeppelin aber Fläche
Stylbau
nicht auf den unsicheren Dächern, sondern auf wandna- Konstruktion hen, subtilen Stahlträgern. Er ist 42 Meter lang, 10 Meter Nutzung
Stahl und Holz
breit und fasst 120 kulturinteressierte Passagiere. Im
Veranstaltungsraum für literarische Lesungen und Diskussionen
Innern ist der zeppelintypisch gerippte Holzbau nämlich Baujahr
2016
ein Vortragssaal, der vor allem für Lesungen und Diskussionen genutzt wird. Namensgeber für das hochfliegende Gefährt ist sinnigerweise Gulliver, der bekannte Vielreisende der fantastischen Literatur. Hoffen wir, dass Gulliver andere Städte ermutigt, im Luftraum über den Dächern einmal etwas zu wagen.
dox.cz/en
Zbyněk Šrůtek – TIMBERDESIGN 200 m2
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GA S TBEITR AG
Simone Pretelli, Architekt SIA /HTL, ruum architekten, Solothurn
SUFFIZIENZ IM WOHNUNGSBAU
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in schonender Umgang mit Ressourcen und nach der Suffizienz geht weiter – zur Reduktion aller Zimdie Reduktion von Material und Fläche im mergrössen und massgeblich darüber hinaus. Nicht die bebauten Raum sind ein wichtiger Bestand- Frage «Wie viel Wohnraum braucht eine Familie?», sonteil der suffizienten Wohnungsentwicklung. dern «Welche Qualität muss der Wohnraum haben?»
Sie gehört zusammen mit Effizienz und Konsistenz zu bildet das Leitbild suffizienten Bauens. den wichtigsten Prinzipien zur Erreichung der 2000Watt-G esellschaft.
Vorbildlich hat das die Wohnbaugenossenschaft Schönheim bei ihrer Siedlung Eyhof Nord in Zürich vorgelebt.
Als Synonyme für Suffizienz gelten Begriffe wie Mässi- Ein Teil der Wohnungen sind sogenannte Budgetwohgung, Bescheidenheit oder Genügsamkeit. Aber auch nungen. Diese sind kompakter, haben aber einen identidie Auseinandersetzung mit der Frage nach dem optima- schen Ausbaustandard. Der Wohnraum wurde in der len oder dem richtigen Mass und der Balance zwischen Planung gekonnt in zwei Bereiche gegliedert. Der suffiQualität und Quantität sind damit verknüpft.
ziente, budgetgerechte Ansatz der Architekten reduziert den Wohnraum auf einen kleineren Bereich und generiert
Die Entwicklung der Wohnungsgrössen ist eine Begleit dadurch einen zusätzlichen, unabhängigen Raum. Ein erscheinung des Wohlstands und hatte vor allem vor den solch haushälterischer Umgang mit der Fläche wirkt sich 1990er-Jahren ihren Höhepunkt. Der heutige Wohnungs- direkt auf die Wohnungsmiete aus und bietet bei gleimarkt hat seither keine wesentlichen Veränderungen in cher Grösse die effizientere Nutzung mit einer höheren der Wohnfläche erfahren und bleibt durch seine rendite- Belegung an. basierten, marktwirtschaftlichen Prinzipien gesteuert. Vor allem im städtischen Bereich ist günstiger Wohn-
ruumarchitekten.ch
raum zunehmend eine Rarität. Wohnbaugenossenschaften verfolgen einen differenzierteren Ansatz. Sie haben den Anspruch, auch im städtischen Raum bezahlbaren Wohnraum anzubieten, welcher die heutigen Anforderungen in Bezug auf Architektur, Ökologie und Energie erfüllt. Wohnbaugenossenschaften wollen mit einem breiten Angebot verschiedener Wohnungsgrössen eine Durchmischung von Alt und Jung, von Einzelpersonen und Familien aus allen sozialen Umfeldern erreichen. Sie schreiben vor, mit welcher Belegung eine entsprechende Wohnung gemietet werden darf. Und steuern somit eine effiziente und wirtschaftliche Nutzung. Die Bewegung des suffizienten Bauens schliesst nahtlos an diese Forderungen an und bietet interessante Denk anstösse in diesem anspruchsvollen Markt. Das beschränkt sich nicht nur auf die Synergien in gemeinsam genutzten Mehrzweck- und Hobbyräumen. Die Suche
AUS 3 ½ MACH 4 ½. Aus einer 3 ½-Zimmer-Wohnung mit offenem Wohn-/Essbereich wird mit einer Trennwand anstelle eines Durchgangs ein weiteres Zimmer und damit eine 4 ½-Zimmer-Wohnung. Und das mit derselben monatlichen Miete.
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WIR SIND RENGGLI
Nach der Westschweiz und dem Tessin ist es an der Zeit, in der schönen Ostschweiz die Renggli-Fahnen zu hissen. An der neuen Geschäftsadresse in Winterthur ist zudem der Sitz der neuen Renggli International AG. Sie bietet nach der Übernahme der SMC Management Contractors SA von hier aus ihre Beratungen und GU/TU-Dienste an für komplexe Projekte mit internationalem Hintergrund. STEPHAN RICKENBACH Leiter Geschäftsstelle Ostschweiz MARCEL EILINGER Technischer Projektberater und -leiter, Geschäftsstelle Ostschweiz
OST
TANJA WIDER Project Manager / BIM Consultant, Renggli International AG (im Mutterschaftsurlaub) ANDRE A LEICHT Commercial Administration, Renggli International AG BET TINA BAGGENSTOS Junior Project Manager, Renggli International AG SOPHIE LIU Business Development Manager, Renggli International AG
HANS PETER Z YSSET Senior Construction Manager, Renggli International AG
«Die Expansion ins Ausland ist ein logischer Schritt für uns. Wir verfügen über eine hohe Produktions- und Fachkompetenz im industriellen Holzbau und über die nötige Neugier und Innovationskraft, um unser Wissen auch im Ausland anzuwenden.» MARTIN JOOS, MANAGING DIRECTOR , RENGGLI INTERNATIONAL AG
INT.
MARTIN GLÖCKL Technical Director, Renggli International AG MARTIN JOOS Managing Director, Renggli International AG
FRONTAL .CH
RENGGLI AG Gläng 16 CH-6247 Schötz T +41 (0)62 748 22 22
RENGGLI AG St. Georgstrasse 2 CH-6210 Sursee T +41 (0)41 925 25 25
RENGGLI SA Route de Chantemerle 1 CH-1763 Granges-Paccot T +41 (0)26 460 30 30
RENGGLI SA Viale Bartolomeo Papio 3 CH-6612 Ascona T +41 (0)91 735 34 20
RENGGLI AG Bürglistrasse 33 CH-8400 Winterthur T +41 (0)52 224 06 70
F +41 (0)41 925 25 26 mail@renggli.swiss www.renggli.swiss