7 minute read
Editorial
liebe handballfreunde,
ja, es stehen Veränderungen an. Manche sind offensichtlich – wie eine Namensänderung – und passieren für viele von euch plötzlich von heute auf morgen. Andere Veränderungen sind schleichend und langsam, für die meisten Menschen unsichtbar und trotzdem bahnen sich deutlich größere Zäsuren an als vielen aktiv bewusst sein mag. Ist der Tag, an dem unsere Wölfe den Namen ihres Heimatdorfes aus dem Klubnamen streichen also der Tag, an dem wir unsere Identität verraten haben? Wohl eher nicht. Wissen Sie noch, an welchem Tag aus der ersten Männermannschaft der DJK Rimpar die DJK Rimpar Wölfe GmbH wurde? Nicht? Wir wissen es auch nicht (auswendig). Es war eine zu der damaligen Zeit notwendige Veränderung, vor allem, um den Verein vor den finanziellen Risiken eines Profi-Spielbetriebes zu schützen. Dieses Mal ist wieder ein kategorischer Imperativ für die Wölfe, um sich weiterhin im Haifischbecken des Profi-Handballes durchschlagen zu können. Ja, das schmeckt uns in der Abteilungsleitung auch „bitter“, und natürlich hängen wir unglaublich an unserer Identität als „Dorfverein im Profihandball“. Für viele ist der Status quo der vergangenen Jahre „selbstverständlich“ geworden und trotzdem sollten wir jeden Augenblick unseres zehnten Jahres im Deutschen Unterhaus genießen und gelegentlich einen Blick auf die „guten alten Zeiten“ werfen, um ein bisschen darüber zu fachsimpeln, ob früher in der Rimparer Halle wirklich alles besser war als in der tectake ARENA. Ja, die Dinge verändern sich, und auch wenn die meisten Menschen sich irgendwie immer wünschen, dass alles so bleibt wie es früher war oder zumindest wie man es sich rückwirkend idealisiert hat (an dieser Stelle Vorsicht vor der Status-quo- und der Erinnerungsverzerrung). Veränderungen waren nötig, damit wir aus der Landesliga in die 2. Bundesliga aufsteigen konnten. Veränderungen waren nötig, damit unser Verein diese Geschichte schreiben konnte, und Veränderungen sind noch immer Teil des Prozesses. Veränderungen sind notwendig, um neue Geschichten zu schreiben und zu erzählen. Jede Geschichte besteht doch aus einem Abenteuer, etwas Unbekanntem, in das man sich stürzen kann. Wohin haben uns diese Veränderungen getragen? Unsere erste Männermannschaft gehört zu den vierzig besten Mannschaften in Deutschland. Seit dieser Saison gehört auch unsere A-Jugend zu den besten vierzig Mannschaften in Deutschland. Erstmalig konnten wir uns für die Jugendbundesliga qualifizieren, ein Erfolg, der in den letzten Jahren sehr viele Veränderungen gefordert hat. Veränderungen, die nicht immer ohne Widerstand erfolgt sind. Diese haben trotzdem zu Erfolgen geführt, die uns begeistern, die Augen leuchten lassen, die uns gemeinsam jubeln lassen. Es sind Erfolge, die unsere Vereinsgeschichte prägen und eine Delle hinterlassen, als Zeugnis unserer Veränderung und Entwicklung. Viel wichtiger als ein Name, die Anschrift einer Geschäftsstelle oder auch der Wohnort eines Spielers sind doch gemeinsame Ideale, Ziele und Träume, die wir teilen. Eine Mannschaft spielt keinen tollen Handball, weil sie schon zusammen in der Sandkiste gesessen war, sondern weil sie die gleichen Werte und die gleiche „Idee“ vom Handball teilt. Dieser Gedanke ist doch auch in vielerlei Hinsicht viel stärker als eine gemeinsame Postleitzahl. Viel mehr Aufmerksamkeit als den „Äußerlichkeiten“ wie Name oder Anschrift sollten wir doch den Veränderungen schenken, die die Substanz betreffen. Der Verein ist dabei doch nur eine Hülle, der erst durch die vielen Menschen, die aktiv mitarbeiten und einen Beitrag leisten, Leben eingehaucht wird. Und an dieser Stelle möchte ich allen widersprechen, die behaupten, man entfremdet sich vom eigenen Dorf. Mit Julian Thomann haben die Wölfe einen Glücksgriff gemacht. Super cooler Typ, viel Idealismus, Blick für die Menschen, mit denen er arbeitet, und noch viel wichtiger: Er versucht die Idee des Rimparer Handballs mit Leben zu füllen. Er ist unfassbar nahe dran an unseren Jugendspielern und unserer Reservemannschaft. Er diskutiert, berät und inkludiert den Verein und seine Talente in seine Arbeit. Er fördert und fordert unsere jungen Spieler, ohne dabei die Entwicklung und den sportlichen Erfolg der ersten Mannschaft hintanzustellen. Dieses Konzept dürfen wir nicht nur auf die Homepage schreiben und als
Advertisement
ewiges Mantra predigen, bis es die Leute nicht mehr hören können. Wir müssen Tatsachen und Identität schaffen. Unsere jungen Spieler müssen – und die Zeit werden wir ihnen auch geben müssen – genauso zu Charakterköpfen werden wie die goldene Generation. Der Staffelstab ist endgültig übergeben – an neue und jüngere Spieler. Wir müssen den Karles, Schömigs und Dürrs auch die Chance geben, ihn zu tragen. Nun gut, was verändert sich noch. Wie zu Beginn angedeutet verlaufen viele der Veränderungen im Hintergrund langsam seit Jahren. Noch können wir damit umgehen, aber früher oder später müssen wir in gewissen Bereichen mit einer Zäsur rechnen. Wir haben zwei Entwicklungen innerhalb des Vereins aber auch der Gesellschaft, die eine Herausforderung für uns sind. Trend 1: Es wird alles aufwendiger und größer. Wir haben in diesem Jahr 12 Handballteams im Spielbetrieb (die HSG Pleichach nicht mit eingerechnet). Davon eines in der 2. Bundesliga, eines in der Jugendbundesliga, 3 Bayernliga-Teams, 1 Landesliga-Team und diverse Teams im regionalen Spielbetrieb. Das frisst Ressourcen – finanzieller aber vor allem auch personeller Natur. Wir brauchen immer mehr Menschen, um den Sportbetrieb mit immer höherer Qualität am Laufen zu halten. Trend 2: Es gibt nicht unbedingt mehr Menschen, die sich trotz der positiven sportlichen Entwicklung ehrenamtlich einbringen wollen. Noch rarer gesät sind kompetente Trainer, die im Nachwuchsbereich oder im aktiven Bereich unser Team unterstützen. Die Herausforderung, Menschen zu finden, die sich ehrenamtlich in kleinen Aufgaben, aber auch in Leitungsposition innerhalb der Handballabteilung engagieren, wird die größte Herausforderung der kommenden Jahre werden. Wir brauchen euch. Nicht nur unsere Sportler füllen den Verein mit Leben und Erfolgen, sondern auch die Gemeinschaft, die „drum herum“ den Rahmen für den Sport setzt, ist Teil des Erfolges unseres Vereins. Leider hat sich die Leitung der Handballabteilung in den letzten Jahren zunehmend zu einer Art ungewollter Aristokratie entwickelt, in der die immer gleichen „alten Rimparer Handballfamilien“ über die Gegenwart und Zukunft unseres Vereines entscheiden. Die Jahreshauptversammlungen der Handballabteilung erinnern häufig eher an das Zusammenkommen des römischen Senats in der Kurie in Rom, als an eine demokratische „Wahl“. Kritisch müssen wir uns an der Stelle fragen, ob die immer gleichen, nicht jünger werdenden Menschen unsere Abteilung alleine zukunftsträchtig gestalten können. Beim Abschiedsspiel von Max Brustmann haben wir aber auch viele junge und mitteljunge Menschen gesehen, die extra nur für dieses Spiel gekommen sind. Die „Kernidee“ des Rimparer Handballs scheint also nicht nur die ältere Generation zu begeistern. Parallel sehe ich an diesem Tag viele Emotionen in den sozialen Medien über die Umbenennung der Wölfe. Wir laden euch alle ein: Engagiert euch, bringt eure Ideen ein, arbeitet mit uns daran, die Idee des Rimparer Handballs weiterhin mit Leben zu füllen: Die Jahreshauptversammlung besuchen, beim Heimspieltag helfen, an der Kasse von H2 oder der A-Jugend sitzen, Kameradienst machen, Spielpläne erstellen, Kuchen backen. Auch hier könnt ihr – außerhalb der Spielfeldgrenzen – Teil einer tollen Gemeinschaft sein. Gemeinsam feiern, gemeinsam anfeuern, gemeinsam begeistern lassen. Nicht nur lamentieren – auch Tatsachen schaffen. Niemanden, der sich auf den sozialen Medien über die Umbenennung der Wölfe echauffiert hat, habe ich in den letzten elf Jahren, seitdem ich in der Abteilungsleitung bin, bei einer Jahreshauptversammlung gesehen. Wenn ihr euch darüber beschwert, wie „euer“ Verein jetzt heißt, muss ich ganz provokant fragen: Warum gestaltet ihr ihn dann nicht mit, damit wir die Werte des Vereins und der Wölfe mit Leben füllen? Ja, „die Wölfe“ heißen jetzt anders. Im Namen sind Verein und der Profispielbetrieb getrennt. In der Sache bleiben wir weiterhin vereint. Wir sehen uns in der Trainingshalle. Spieler von Herren 2 helfen bei Herren 1 im Training und auch im Spiel aus, Julian Thomann spielt in unserer zweiten Männermannschaft, wir haben gemeinsam mit Herren 1 ein Handball-Camp im Sommer organisiert, unsere 1. Männermannschaft gehörte zu den ersten Gratulanten, als wir in die Jugendbundesliga aufgestiegen sind. Ist DAS nicht sehr viel mehr wert als ein Name? Jetzt mag sich der eine oder andere Leser wundern, dass es in diesem Editorial mal fast ausschließlich um die Wölfe ging. Nein. Der aufmerksame Leser wird gemerkt haben, dass es um die Idee unseres Vereins ging, egal in welcher Liga wir spielen, und eigentlich auch ein bisschen egal wie die Wölfe heißen. Es ist unsere Idee, die so viele Ehrenamtliche antreibt und begeistert. Es ist die Idee, die uns zusammenbringt jedes Wochenende in der Sporthalle, egal ob bei den Wölfen, unserer 2. Männermannschaft, unserer Jugendbundesliga-A-Jugend, unserer Top-B-Jugend, die dieses Jahr die Bayernliga so richtig aufmischen möchte, beim Kinderhandball oder bei den Superminis, die noch gar nicht am Spielbetrieb teilnehmen. Handball ist das, was uns elektrisiert. Die gemeinsame Idee von Talentförderung, Leistungssport, Begeisterung und Gemeinschaftsgefühl ist das, was uns zusammenbringt – und das kann uns niemand nehmen. Bastian Krenz für die Abteilungsleitung Handball