Museen

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Colori compositi

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La Basilica zur Cattedrale di Rimini und Kultur Reisewege Kunst, Geschichte

Museen in der Provinz Rimini

I - 47900 Rimini, piazza Malatesta 28 tel. +39 0541 716371 - fax +39 0541 783808

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Provincia di Rimini Assessorato alla Cultura Assessorato al Turismo

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edizione tedesca

Riviera di Rimini Travel Notes


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Cattolica Museum der Regina Gemmano Naturkundliches Museum des Naturschutzgebietes von Onferno Mondaino Die Museen Mondainos Montegridolfo Museum der Gotenlinie Montescudo Ethnografisches Museum von Valliano Riccione Galerie für Moderne und Zeitgenössische Kunst, Villa Franceschi Gebietsmuseum

Colori compositi

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Rimini Stadtmuseum Museum Fellini Museum der Blicke, Ethnografische Sammlungen Museum der Kleinen Fischerei und der Muscheln Saludecio Museum Saludecios und des Seligen Amato Santarcangelos di Romagna Museum für Geschichte und Archäologie Museum der Sitten und Gebräuche der Menschen in der Romagna Verucchio Archäologisches Stadtmuseum

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Provincia di Rimini Assessorato alla Cultura Assessorato al Turismo Agenzia marketing turistico Riviera di Rimini

Pier Giorgio Pasini Museen in der Provinz Rimini Reisewege zur Kunst, Geschichte und Kultur

Koordination: Valerio Lessi, Sonia Vico, Marino Campana Grafik: Relè - Tassinari/Vetta Fotos: Fotoarchiv des Assessorats für Tourismus der Provinz Rimini L. Bottaro, S. Di Bartolo, T. Mosconi; Fotoarchive der in diesem Führer vorgestellten Museen Übersetzung: Erich Czichy Link-Up, Rimini Video-Layout Litoincisa87, Rimini Licia Romani Erste Auflage 2007 Neudruck 2008


Inhalt

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Museen in der Provinz

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1. Die Welt der Natur - Mondaino: Musei di Mondaino (Die Museen Mondainos), Paläontologische Abteilung - Gemmano: Museo Naturalistico della Riserva Naturale Orientata di Onferno (Naturkundliches Museum des Naturschutzgebietes von Onferno)

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2. Die Welt der Archäologie - Riccione: Museo del Territorio (Gebietsmuseum) - Verucchio: Museo Civico Archelogico (Archäologisches Stadtmuseum) - Rimini: Museo della Città (Stadtmuseum), Archäologische Abteilung - Cattolica: Museo della Regina (Museum der Regina), Archäologische Abteilung - Santarcangelo: Museo Storico Archeologico MUSAS (Museum für Geschichte und Archäologie), Archäologische Abteilung

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3. Kunst und Geschichte - Rimini: Museo della Città (Stadtmuseum), Kunstgeschichtliche Abteilung - Saludecio: Museo di Saludecio e del Beato Amato (Museum Saludecios und des Seligen Amato) - Santarcangelo: Museo Storico Archeologico MUSAS (Museum für Geschichte und Archäologie), Kunstgeschichtliche Abteilung - Mondaino: Musei di Mondaino (Die Museen Mondainos), Abteilung der Majoliken

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4. Das Leben im Gebiet - Santarcangelo: Musei degli Usi e Costumi della Gente di Romagna (Museum der Sitten und Gebräuche der Menschen in der Romagna) - Montescudo: Museo Etnografico di Valliano (Ethnografisches Museum von Valliano) - Cattolica: Museo della Regina (Museum der Regina), Marine-Abteilung - Viserbella di Rimini: Museo della Piccola Pesca e delle Conchiglie (Museum der Kleinen Fischerei und der Muscheln)


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5. Die moderne Welt - Montegridolfo: Museo della Linea dei Goti (Museum der Gotenlinie) - Riccione: Galleria d’Arte Moderna e Contemporanea Villa Franceschi (Galerie für Moderne und Zeitgenössische Kunst, Villa Franceschi) - Rimini: Museum Fellini - Rimini: Museo degli Sguardi (Museum der Blicke), Ethnografische Sammlungen

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Museen in der Provinz

Rimini, Stadtmuseum, Majolikaofen mit der Darstellung der Dexterarum junctio, Anfang XIX. Jahrhundert. 5

Die Geschichte hat viele Zeichen, viele Spuren im rimineser Gebiet hinterlassen: in Gebäuden, Straßenzügen, der Urbanistik und der Kunst ebenso, wie in Gebräuchen, der Sprache, der Literatur und den landwirtschaftlichen Kulturen. Die verstreuten und nunmehr kontextlosen Zeugnisse jener Geschichte sind mit Geduld und Liebe in zahlreichen großen und kleinen Museen alten oder jüngeren Datums gesammelt worden. Sie wollen nicht als schlichte Anthologien „schöner“ oder kurioser Dinge gelten - und sind es auch nicht - sondern als Zeugnissammlungen der Kultur, des Lebens, der menschlichen Geschicke in diesem äußersten Zipfel der Romagna und der verschiedenen Rollen, die man hier die Zeitläufe hindurch zu bewahren verstand; und sie zeigen seinen hohen Zivilisationsgrad, belegen seine relative Originalität, erläutern seinen offenen und gastfreundlichen Charakter. Das rimineser Gebiet verdankt seiner geografischen Position eine reichhaltige und komplexe Geschichte. Wie wohlbekannt und leicht überprüfbar ist, stellt es quasi ein Scharnier zwischen dem durch die große Poebene charakterisierten Norden und dem durch die Höhenzüge des Apennins charakterisierten Zentrum Italiens dar. Es bildet eine Art Verbindungs-„Terminal“ zwischen dem Norden und dem Zentrum der Halbinsel und gleichzeitig einen Durchgangsplatz für den maritimen Verkehr mit den Ländern an der Adria und im mediterranen Osten. So beginnen denn auch in Rimini, der Hauptstadt dieses Gebiets, die Straßen hin zur Lombardei und nach Venetien, nach Apulien und zur Toskana, nach Umbrien und Rom; und aus seinem Hafen an der Mündung des Marecchia führten die Routen nach Dalmatien und Griechenland. Die maritimen Wege wurden von Händlern und Piraten benutzt, jene an Land haben den Durchzug der Händler gesehen, die über die Bernsteinstraße aus dem Baltikum herabkamen, und der Etrusker, die neue Kontakte anstrebten; der römischen Legionen bei der Invasion der Poebene zur Ausweitung des römischen Reiches; der Barbarenscharen, die sich zur Eroberung Italiens in den Kampf gegen die „Römer“ aus Byzanz warfen; und dann der nach neuem Land gierenden Langobarden und der deutschen Herrscher, die ihre Rechte zu bekräftigen trachteten, die denen des Papsttums entgegenstanden; der Söldnerscharen bei der Suche nach einer festen Bleibe; und so weiter... bis hin zu den kämpfenden Heeren während des letzten schrecklichen Weltkriegs, die genau hier, bei diesen Orten im Endbereich der Gotenlinie, eine der letzten großen Schlachten des „ItalienFeldzugs“ ausfochten. Das rimineser Gebiet ist zur Poebene hin offen, im übrigen


vom Meer und den ersten Erhebungen des Apennins mit dem Monte Titano begrenzt, gewiss keinen undurchlässigen Grenzbarrieren; dennoch zwingen sie zu einem Halt und einem Schrittwechsel, stellen also immerhin eine Grenze und einen Filter dar, weshalb dieses Gebiet nicht nur ein Durchgangsort, sondern auch ein Platz der Erwartungen und des Streits ist, allerdings in der Lage, Kultur- und Zivilisationsfragmente zurückzubehalten, die sich dann im Laufe der Zeit ablagern und vermischen. Es gibt viele von ihrem Ursprungsort entfernte materielle Zeugnisse und Kunstgegenstände im rimineser Gebiet, die nun zum großen Teil in 15 lokalen Museen gehütet werden, welche durch ein von der Provinz installiertes „System“ miteinander vernetzt sind, das sie unterstützt und fördert und ihnen vor allem erlaubt, sich beim Anbieten von Gelegenheiten und Anregungen zum Kennenlernen des Territoriums und seiner Kultur wechselseitig zu ergänzen. In diesem kurzen Führer sind sie typologisch gruppiert: zunächst die Museen, welche die geologische Herausbildung erläutern, die Beschaffenheit und die Natur des Gebiets; dann die, die sich mit seiner ersten Besiedlung und seinen antiken Kulturen befassen, vor allem der Villanova- und der römischen Kultur; dann jene, in denen Zeugnisse und Kunstwerke aufbewahrt werden, die zwischen Mittelalter und Moderne geschaffen wurden. Es folgen die Museen, die das Leben des Volkes auf dem Land und am Meer illustrieren, und jene, die das letzte Jahrhundert und den Zweiten Weltkrieg betreffen, der in dieser Zone viele Opfer und beachtliche Schäden hervorgerufen und ihre Geschichte sowie ihr Aussehen stark gezeichnet hat. Diese Art Gruppierung empfiehlt eher Reisewege durch die „lange Zeit“ der Geschichte als durch den Raum; aber der Raum des rimineser Gebiets ist kurz und ist leicht und angenehm zu durchqueren, vor allem im Binnenland, das eine große Vielfalt an Landschaften und ein dichtes Straßennetz bietet. Ein schlichter, vielleicht unnötiger Hinweis sollte noch gegeben werden: da wirklich alle Museen des rimineser Gebiets an ihre Gegend, deren Geschichte und deren Menschen gebunden sind, müssen sie mit Bezug auf die Orte „gelesen“, begriffen und genossen werden, deren „Ausdruck“ sie aufbewahren; dies erhöht ihren Wert, macht sie einzigartig, ursprünglich, konkret.

Rimini, Stadtmuseum, Teilansicht des Saals mit den Wandteppichen aus dem 17. Jahrhundert. 6




1. Die Welt der Natur

Es gibt kein Museum für Naturgeschichte im Bereich der Provinz; aber es gibt ein Naturschutzgebiet und ein Netz von naturkundlichen Zentren, die Beobachtungs- und Studiergelegenheiten bezüglich der Natur des Meeres und des Hügelgebiets bieten sowie eine intensive Umwelterziehung durchführen. Die naturkundlichen Zentren sind zum Teil öffentliche und zum Teil private Stiftungen, werden im Allgemeinen gemischt geführt und von Gemeinden, Freiwilligenvereinigungen und Gemeinnützigen Organisationen (ONLUS) gefördert. Was das mittlere Marecchia-Talgebiet angeht, sei an das Naturkundliche Observatorium Valmarecchia erinnert, das sich in der Nähe des Schutzgebietes für die Fauna von Torriana Montebello befindet, ebenfalls an den Ableger des Umwelterziehungszentrums des WWF Rimini, das Schutzgebiet Ca’ Brigida bei Verucchio; was das Talgebiet des Conca angeht, an das Naturschutzgebiet von Onferno in der Gemeinde Gemmano. Was das Meer angeht, so seien die Cetacea-Stiftung von Riccione, das kommunale Umweltobservatorium von Cattolica und der Park Le Navi, ebenfalls Cattolica, hervorgehoben. Der Herausbildung und Beschaffenheit des Territoriums widmen sich die Museen von Mondaino und Gemmano (Onferno), aber Anmerkungen zu diesen Themen kann man auch in den Museen finden, deren Hauptthema die Archäologie ist. Für einen allgemeinen Überblick lässt sich insbesondere das Museum von Riccione nutzen, das hier im Kapitel bezüglich der Archäologie besprochen wird. Paläontologisches Material (mit einer schönen Fossiliensammlung aus dem Marecchia), das noch auf seine geordnete Unterbringung in einer eigenen Abteilung wartet, besitzt auch das Stadtmuseum in Rimini. Weiteres Material wird in der Burg von Montefiore aufbewahrt und ausgestellt, allerdings unter ungünstigen Bedingungen und in der Erwartung, neu geordnet zu werden. Eine wichtige Sammlung von Muscheln aus dem Mittelmeer befindet sich im Museum von Viserbella (siehe dort), eine weitere im Turm von Bellaria.

Gemmano, Jugendliche bei der Besichtigung des Naturschutzgebiets von Onferno. 9



Mondaino: Die Museen Mondainos, Paläontologische Abteilung

Mondaino Musei di Mondaino piazza Maggiore, 1 Tel. 0541 981674 Fax 0541 982060 cedmondaino@mondaino.com • Öffnungszeiten im Sommer (vom 1. Juni bis 15. September): Montag bis Samstag 9:00-12:00; Sonntag 17:00-21:00; Dienstag geschlossen • Öffnungszeiten im Winter (vom 16. September bis 31. Mai): Montag bis Samstag 9:00-12:00; Sonntag 10:0013:00/15:00-18:00; Dienstag geschlossen • Eintritt kostenlos

Fossile Überreste eines Fisches und von Blättern im Kieselgur von Mondaino. 11

Die Spezialität dieser Abteilung sind Fossilien, besonders die im Gemeindebereich von Mondaino aufgefundenen Ichthyolithen; aber es gibt hier auch didaktisch aufbereitete Einführungen in die älteste Erdgeschichte, in eine lange Epoche, die die Wissenschaftler zwischen dem Miozän und dem Pleistozän ansiedeln, d. h. ins Pliozän (einen in Italien auch „messinianisch“ genannten Zeitabschnitt) vor ungefähr 6 Millionen Jahren. Die Zone Mondainos (wie auch die Nachbarzonen von Montefiore und Saludecio) war damals von einer Art großem Salzwassersee bedeckt, der mindestens hundert bis zweihundert Meter tief war und durch Verdunstung allmählich austrocknete. Jetzt ist sie besonders reich an Fossilien, von denen man bereits im 19. Jahrhundert berichtete, die aber vor allem ab 1983 studiert wurden, nachdem ein Erdrutsch eine regelrechte Ausgrabungskampagne in Gang gebracht hatte. Das Museum stellt, wissenschaftlich klassifiziert, eine große Menge Funde jener Ausgrabungen zusammen mit anderen aus, die bei verschiedenen Gelegenheiten an anderen Stellen des Territoriums aufgefunden wurden: es handelt sich außer um Mollusken, Stachelhäuter und terrestrische Pflanzenelemente vor allem um viele fossile Fische, von denen einige sehr selten sind. Eine hier gefundene Art, die anscheinend keinen Vergleich in anderen Zonen hat, ist die des Ceratoscopoles miocenicus genannten Laternenfischs. Natürlich waren es die besonderen Eigenschaften der durch Verdunstung gebildeten und diesen großen See dann ausfüllenden Sedimente, die die Fossilisation der Reste der Organismen erlaubten, die hier lebten. Neben den bescheiden und klein dimensionierten Fischen gab es im „messinianischen“ Becken auch große Fische, wie den Procacharodon megalodo, einen Riesenhai, der bis zu dreißig Meter lang werden konnte und im Miozän sehr verbreitet war: tatsächlich sind einige Zähne von ihm gefunden worden. Im Museum kann man ihn in einem Diorama der Meereswelt des Pliozäns („messinianische“ Zeit) betrachten. Das Museum ist im Erdgeschoss der Malatesta-Burg aus dem 14. Jahrhundert untergebracht worden, in der sich auch das Rathaus befindet und an die sich eine kleine, herrliche, runde Piazza mit Portiken anschließt, die im 19. Jahrhundert konstruiert wurde. Von dieser Piazza nimmt die geradlinige Hauptstraße des Ortes ihren Ausgang, an der die San Michele Arcangelo gewidmete Pfarrkirche aus dem 18. Jahrhundert und das ehemalige Kloster Santa Chiara aus dem 17. Jahrhundert stehen.



Gemmano: Naturkundliches Museum des Naturschutzgebiets von Onferno

Gemmano Museo Naturalistico della Riserva Naturale Orientata di Onferno via Provinciale Onferno Tel. 0541 854060 Tel/Fax 0541 984694 www.regione.emiliaromagna/parchi/onferno grotte.onferno@libero.it • Öffnungszeiten im Sommer (vom 15. Juni bis 15. September): 9:30-12:30/ 15:00-18:00 • Öffnungszeiten im Winter: Sonntag 15:00-17:30 • Für Gruppen und Schulgruppen Öffnung nach Voranmeldung • Eintritt gegen Bezahlung

Oben: links, Schautafel mit der („messinianischen“) Umwelt des Pliozäns; rechts, Fledermaus (Vespertilio di Blyth, Myotis blythii). Unten: die Grotte von Onferno. 13

Auch dieses Museum, das unlängst (1995) von der Gemeinde Gemmano im Naturschutzgebiet von Onferno (274 ha) neben einer berühmten natürlichen Grotte eingerichtet wurde, die sich unterirdisch mehr als 70 m tief über mehr als 700 m erstreckt, widmet sich zum Teil der Erdgeschichte. Es befindet sich inmitten einer landschaftlich sehr schönen Umwelt in der rekonstruierten und eigens umgebauten alten Pfarrkirche Santa Colomba (dokumentiert seit 1136), die während des letzten Krieges stark beschädigt worden war. Zu Beginn präsentiert das Museum eine Reihe von Felsbrocken, mit besonderem Augenmerk auf die unterschiedlichen Typen des Gipses, der in der Zone häufig schicht- oder bankförmig vorkommt. Neben sehr beredten Grafiken stößt man auf das große plastische Modell eines ungefähr 3500fach vergrößerten Gipsmoleküls. So viel Aufmerksamkeit für dieses Mineral und diesen Fels ist der Tatsache geschuldet, dass das Kastell Onferno, d. h. die kleine mittelalterliche Ansiedlung, in der das Museum seinen Sitz hat, sich genau auf einer großen Gipsbank erhebt, und dass ein unterirdischer Sturzbach in milliardenjahrelanger Arbeit darin eine Grotte aushöhlte, deren wissenschaftliche Erkundung erst 1916 vorgenommen wurde. Von dieser Grotte, die sich unter dem Kastell und Museum befindet, wird ein großes Modell präsentiert, das sich auf die Untersuchungen stützt, die in den sechziger Jahren des vorigen Jahrhunderts durchgeführt wurden. In dem der Grotte zugedachten Museumsteil gibt es zwei Abteilungen: eine widmet sich der Speleologie, die andere den Chiroptera oder auch Fledermäusen. Tatsächlich kolonisieren sieben verschiedene Arten mit ungefähr 6.000 Exemplaren die Grotte: es handelt sich um eine der zahlreichsten und vielfältigsten Fledermauskolonien in Italien. Auch die Illustration der besonderen Flora und Fauna dieser Zone hat im Museum ihren Platz: mit Schaukästen, didaktischen Tafeln und multimedialen Ständen, mit einem Diorama zu den Amphibien-, Reptilien- und größeren Säugetierarten, die immer noch die Zone bevölkern, und mit einer Abteilung zu den Vögeln, die hier nisten (insbesondere Sperlingsvögel und TagesRaubvögel). Der Museumsbesuch sollte das „Vorspiel“ zur Besichtigung des Naturschutzgebietes, des Gartens der Hügelflora und der Grotte sein, die man dann mit dem dafür vorgesehenen Personal unternimmt, das in didaktischer Hinsicht besonders kompetent und erfahren ist und den Problemen der Umwelterziehung viel Beachtung schenkt.



2. Die Welt der Archäologie

Riccione, Gebietsmuseum, Ton-Statuette, 1. Jahrhundert v. Chr. 15

Bereits seit dem Paläolithikum, also seit mehr als zweihunderttausend Jahren, haben Menschen das rimineser Territorium aufgesucht. Ihre Spuren finden sich überall, schwache für die ältesten Zeitabschnitte, häufige und auch „monumentale“ aus der römischen Epoche. Daher verwundert die Anzahl der archäologischen Museen oder der gutbestückten archäologischen Abteilungen in umfassenderen Museen im rimineser Gebiet auch nicht. Das älteste archäologische Museum der Zone ist in Rimini errichtet worden, und zwar dank der Leidenschaft und Kompetenz eines lokalen Gelehrten, der ein bedeutender Historiker war: Luigi Tonini. Ihm ist die 1871 eingerichtete „Archäologische Galerie“ Riminis geschuldet, die das erste wirkliche Museum des gesamten Gebietes war, weil aus dem gesamten Territorium zwischen den Flüssen Uso und Conca Fundstücke und Handarbeiten der Vorgeschichte und Antike hierher gebracht wurden, und weil sie länger als ein Jahrhundert ein echtes Antriebszentrum für archäologische Studien und Forschung gewesen ist. Im letzten Krieg wurde sie zerstört, und derzeit werden unter Mühen die Strukturen wiedererrichtet, die eine optimale Ausstellung und Bewertung der vielen aufbewahrten Fundstücke erlauben werden. Speziell in den letzten Jahrzehnten ist deren Erforschung vertieft und ihre korrekte Bedeutung wieder erschlossen worden. Erst mehr als ein Jahrhundert später sind weitere Museen des rimineser Gebiets entstanden, jedes mit einer archäologischen Abteilung, die Stücke aus begrenzten geografischen Umkreisen aufbewahrt und die besondere und ganz eigene Themen entwickelt und vertieft: die weitest zurückliegende Präsenz von Menschen, die Villanovakultur (Verucchio), die Tonwarenherstellung (Santarcangelo), die Verkehrsanbindung an die großen Straßen des römischen Reichs (Cattolica). Die folgenden Kurzbeschreibungen können nur eine allererste Vorstellung vom Reichtum dieser Museen vermitteln: ihrem Reichtum an Gegenständen, aber auch an Informationen und Anregungen; man hat für einen guten Ausstellungsaufbau gesorgt und sich sorgfältig um kontinuierliche Weiterbildung und Didaktik gekümmert. Kleine Sammlungen von archäologischen Funden werden auch außerhalb der vernetzten Museen der Provinz aufbewahrt: zum Beispiel in den Stadtbibliotheken von San Giovanni in Marignano und Morciano. Außerdem sind in Rimini die Überreste eines römischen Domus mit Mosaikfußböden am Ort museal hergerichtet worden, in der Via Sigismondo in der Handelskammer und in der Via Tempio Malatestiano in der Präfektur.



Riccione: Gebietsmuseum

Riccione Museo del Territorio Centro Culturale della Pesa viale Lazio, 10 Tel. 0541 600113 museo@comune.riccione.rn.it • Öffnungszeiten im Sommer (vom 21. Juni bis 31. August): von Dienstag bis Samstag 9:00-12:00; abends geöffnet am Dienstag, Mittwoch und Freitag 21:00-23:00; jeden Mittwoch 21:00 Laboratorien für Jugendliche und kostenlose geführte Besichtigung (in Fremdsprache nach Mindestbuchung von 10 Personen); Sonntag und Montag geschlossen • Öffnungszeiten im Winter: Dienstag, Mittwoch und Freitag 9:00-12:00/15:0018:00; Donnerstag und Samstag 9:00-12:00; Sonntag und Montag geschlossen • Eintritt kostenlos

Oben: Rekonstruktion eines Pleistozän-Bison-Skeletts (Bison priscus), das im ConcaFluss aufgefunden wurde. Unten: links, Grubengrab aus dem Friedhofsbereich an der Via Flaminia (1. Jahrhundert n. Chr.); rechts, Fragment einer Amphore, kleine Vasen, Tränenkrüge, Öllampen aus derselben Nekropole. 17

Dieses Museum lässt sich gut als erste Etappe einer Tour durch die archäologischen Museen der Provinz empfehlen. Momentan liefert es als einziges die wesentlichen Elemente für die Kenntnis der Evolution des gesamten rimineser Gebiets und insbesondere des Conca-Talgebiets, an dessen Nordrand sich Riccione befindet. Es hat sich dank der Studien- und Forschungsaktivitäten einer Liebhabergruppe in den sechziger Jahren des vorigen Jahrhunderts in der Stadtbibliothek herausgebildet und seine definitive Unterbringung 1990 im Mehrzweckbau des Zentrums „della Pesa“ gefunden. Seit 1998 trägt es den Namen des Archäologen Luigi Ghirotti („Inspektor ehrenhalber“ für Altertümer), eines seiner Hauptgründer. Es bedient sich eines modernen Aufbaus und ist mit beispielhafter didaktischer Klarheit strukturiert. Es gibt sechs Abteilungen mit interessanten paläethnologischen und archäologischen Fundstücken. Einer allgemeinen Einführung in den Ursprung und die Entwicklung der Erde folgt eine Abteilung, die mittels Grafiken und einer Plastik des Conca-Talgebiets und der angrenzenden Bereiche die lokale geologische Situation illustriert. Die komplizierte geologische Geschichte erklärt die aktuelle Beschaffenheit des Territoriums, das vor dutzenden von Millionen Jahren modelliert wurde - durch Überlagerungen von Felsen, die aus dem Meeresgrund hervorkamen, durch deren Verschiebungen auf Tonschichten, durch ihre Brüche und durch den sich wandelnden Verlauf der Flüsse, welche die ungleichmäßige Oberfläche der aufgetauchten Landmassen erodiert und modelliert haben. Muster von Felsen, Mineralien und fossilen Tieren und Pflanzen dokumentieren tausende von Jahren Evolution bis hin zum Auftauchen der großen Säugetiere, des Elefanten (oder Mammuts), von dem einige große Mahlzähne und das Bruchstück eines Stoßzahns aufgetaucht sind, des prähistorischen Bisons, von dem ein Schädelteil, ein Unterkiefer und verschiedene Knochen gefunden wurden, die die Rekonstruktion eines (Halb)Skeletts erlaubt haben, des Riesenhirsches und weiterer kleinerer Tiere (Bär, Rhinozeros, Biber, Maus usw.). Ein Diorama rekonstruiert die Umwelt des Conca-Beckens, wie sie vor 200.000 bis 100.000 Jahren gewesen sein dürfte, charakterisiert durch einen großen See und eine Reihe von Sümpfen, aber schon lange Zeit von Menschen aufgesucht. Archäologische Nachforschungen vor allem an der Erdoberfläche und zufällige Funde haben es erlaubt, die ersten Spuren von Menschen im Territorium schon in der „Altsteinzeit“ zu dokumentieren: zunächst auf sehr rudimentäre Weise zuge-


hauene, später schon mit einer gewissen Fertigkeit abgesplitterte Steine bezeugen die menschliche Anwesenheit in einer Umwelt, die von der heutigen sehr verschieden gewesen sein muss, mit Wasserflächen, Sümpfen und einer dichten wilden Vegetation. Das Museum stellt eine beträchtliche Reihe von Steinfunden der Alt- und der Jungsteinzeit aus, die aus vielen Stellen des Talgebietes kommen (den Gemeinden Riccione, Misano, Morciano und Montefiore). Der Jungsteinzeit, dem Äneolithikum, der Kupfer-, Bronze- und Eisenzeit ist die fünfte Sektion des Museums gewidmet, mit Stein-, Metall- und Keramikfunden (Äxten, Dolchen, Hacken, Pfeilspitzen, großen Nadeln, verschiedenen Töpferwaren), die aus Ansiedlungen stammen, die auf dem Gebiet Ricciones und in der Umgebung lagen. Zeugnisse der Villanovakultur sind eher selten in der Zone, reichlich hingegen im nahen Marecchia-Talgebiet (sie werden im Archäologischen Museum von Verucchio aufbewahrt: siehe dort). Unter den Fundstücken des folgenden Zeitraums ragen aufgrund ihrer Seltenheit einige Bruchstücke griechischer Keramik aus dem 5. Jahrhundert hervor, die aus Morciano und Misano stammen und Kontakte, vielleicht auch Handel mit Griechenland bezeugen; auch Fundstücke aus einem gallischen Grab des 3. Jahrhunderts v. Chr., das in Misano entdeckt worden ist, und „die man mit einem Überleben keltischer Kultur in einer Periode verbinden kann, in der die Romanisierung des Territoriums sich schon behauptet hatte“ (R. Bambini). Die letzte Abteilung des Museums ist denn auch der römischen Eroberung und Kolonisierung des Gebiets gewidmet, und in den Schaukästen befinden sich Zeugnisse, welche die Zeit vom 3. Jahrhundert v. Chr. bis zum 3. Jahrhundert n. Chr. abdecken. Allerdings soll an dieser Stelle präzisiert werden, dass das in der Zone im 19. Jahrhundert gefundene Material (das teilweise durch Fotos dokumentiert ist) in die archäologische Abteilung des Stadtmuseums von Rimini Eingang gefunden hat. Die Römer wandten sich diesem Gebiet nach der Schlacht am Sentino (295 v. Chr.) zu, aber erst nach der Gründung der lateinischen Kolonie Ariminum (268 v. Chr.) und der nachfolgenden Zuweisung des Territoriums an Siedler waren sie in der Lage, den Galliern definitiv standzuhalten. Es handelte sich um ein Grenzgebiet, das bald über die Via Flaminia (220 v. Chr.) versorgt wurde, die Rimini mit Rom verband. Sicherlich wurden im ganzen Gebiet Siedler-Bauernhöfe, Güter und ländliche Villen errichtet, von denen an etwa 50 Stellen Spuren aufgefunden wurden und von denen die hier ausgestellten Materialien stammen: Geschirrfragmente, Teile von Backstein- und Mosaikfußböden, 18


bemalte Verputzstücke, Suspensurae-Elemente (die die Existenz von hauseigenen Thermalbädern bezeugen), mit Herstellerangabe versehene Dachziegel. Zur Unterstützung des lokalen Bauwesens und der Landwirtschaft hatte man zahlreiche kleine und mittlere Brennereien eingerichtet - für Backsteine, Ziegel, Geschirr, Weinamphoren, Öllampen - von denen viele Spuren gefunden wurden. Es scheint, dass die einzige Ansiedlung der Zone mit einer gewissen Beständigkeit sich an der Via Flaminia befand, beim jetzigen Ortsteil San Lorenzo in Strada. Jüngere Grabungen (19952001) haben hier Spuren von Wohnhäusern und Produktionsstätten (deren Überreste am Ort konserviert wurden), von einer Nekropole, einer Brennerei und vielleicht einem Kultgebäude ans Licht gebracht. Aus San Lorenzo in Strada stammen tönerne Schmuckfliesen von großer Schönheit (2.-1. Jahrhundert v. Chr.), die zum Teil im Museum von Rimini aufbewahrt werden, und aus der Nekropole gibt es einige Gräber mit Beigaben, unter denen sich auch Glas- und Knochenobjekte, Münzen und Keramiken befinden. In der Nähe der römischen Ansiedlung und zu ihren Diensten erhob sich bereits in sehr alter Zeit die Pfarrkirche San Lorenzo in Strada (nach dem Krieg wieder aufgebaut), die allerdings erst seit 997 dokumentiert ist. Beim Ausgang aus dem Museum werden einige Karten präsentiert, welche die urbane Entwicklung Ricciones vom 18. Jahrhundert bis heute illustrieren.

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Verucchio: Archäologisches Stadtmuseum

Verucchio Museo Civico Archeologico via Sant’Agostino, 14 Tel. 0541 670222 Fax 0541 673266 www.comunediverucchio.it iat.verucchio@iper.net • Öffnungszeiten AprilSeptember: täglich 9:3012:30/14:30-19:30 • Öffnungszeiten Oktober März: Samstag 14:30-18:30; Sonntag 10:00-13:00/14:3018:00 • Außerhalb dieser Zeiten Öffnung für Gruppen und Schulgruppen nach Vereinbarung • Eintritt gegen Bezahlung

Oben: links, Besucher im Saal „der Ahnen“; rechts Tonhelm mit Kamm. Im Zentrum: links, geschnitzter Holz-„Thron“ aus dem Grab Lippi 89; rechts, Goldfibeln und Ornamente aus Gold und Bernstein. Unten: links, Fächergriff aus geschnitztem Holz; rechts, Doppelkegel-Gebeinurne mit durchbrochenem Henkel. 21

Während das Museum von Riccione es erlaubt, einen Blick auf das Conca-Tal und einen Großteil des rimineser Gebiets von den Ursprüngen bis zur Römerzeit zu werfen, also geografisch und zeitlich sehr weite Räume betrifft, enthält das Museum von Verucchio Fundstücke nur einer einzigen Kultur, die im MarecchiaTalgebiet und vor allem im Bereich von Verucchio während der Eisenzeit in der Zeitspanne zwischen dem 9. und 7. Jahrhundert v. Chr. blühte. Es handelt sich um eine geheimnisvolle und faszinierende Kultur, die seit dem Ende des 19. Jahrhunderts, als man die Fundstücke mit denen verglich, die 1858 in Villanova bei Bologna aufgetaucht waren, „Villanovakultur“ genannt wird. Eine gewisse Neugier hinsichtlich der „sehr antiken“ Stücke, die in der Umgebung von Verucchio ans Licht kamen, wird seit dem 17. Jahrhundert signalisiert. Im 18. und 19. Jahrhundert hatte man bereits einige Sammlungen, oder „Kollektionen“ dieser Materialien gebildet, aber erst seit Ende des 19. Jahrhunderts (1893) fanden erste regelrechte Grabungen statt, die zur Entdeckung zahlreicher Gräber mit reichlichen Beigaben führten (die das Museum von Rimini erwarb). Die Anfang der sechziger Jahre des vergangenen Jahrhundert wieder aufgenommene Untersuchung des Territoriums ist noch nicht abgeschlossen; bis jetzt hat man vier verschiedene Grabzonen an den Hängen und zu Füßen des Hügels ausgemacht, auf dem sich Verucchio erhebt, und es sind mehr als fünfhundert Gräber mit sehr reichen Beigaben ausgegraben worden, wovon einige absolut selten sind. Eine Auswahl wird im Museum aufbewahrt und ausgestellt, das 1985 eingeweiht und 1995 dank des gemeinsamen Einsatzes der Archäologischen Oberintendantur der Emilia und der Gemeindeverwaltung von Verucchio auf Grundlage einer Vereinbarung zwischen Ministerium und Gemeinde aus dem Jahr 1993 neu eingerichtet wurde. Die Villanovakultur ist Ausdruck einer Bevölkerung, die wahrscheinlich etruskischen Ursprungs oder doch stark etruskisch beeinflusst war und die sich im 9. Jahrhundert auf dem Hügel (296 m) des Marecchia-Talgebiets niedergelassen hat, der dem Meer am nächsten liegt: ein leicht zu verteidigender Platz an der Wegführung über den Viamaggio-Pass hin zur Toskana, an der Straße der Bernstein-Händler, die aus dem Baltikum herabkamen, und in Sichtweite des Meeres, das Handelsbeziehungen mit den Küstenorten der Adria und der Ägäis erlaubte. Der genaue Ansiedlungsplatz ist uns noch unbekannt: vielleicht deckt er sich mit dem vom gegenwärtigen Ort besetzten Felsausläufer, der den Unterlauf des Marecchia und die ganze Ebene bis hin zur Adria dominiert.


Teilweise bekannt sind uns hingegen die Begräbnisstätten; und dank der Grabbeigaben können wir uns eine Vorstellung vom Leben dieser antiken Bevölkerung machen, deren Wirtschaft sich auf Landbau, Handwerk und Handel gründete und die das Gebiet zwischen den Flüssen Conca und Uso bis zum Meer hin dominierte. Charakteristischer Begräbnisritus der Villanovakultur ist die Einäscherung. Die Gräber bestehen im Allgemeinen aus kleinen Gruben, die eine (häufig reich verzierte) Doppelkegel-Gebeinurne aus Terrakotta enthalten, die durch eine umgestülpte Schale verschlossen ist, oder aus kleinen Gruben, in denen die Gebeinurne noch von einem großen Dolium mit den Grabbeigaben begleitet wird, oder schließlich aus rechtwinkligen Gruben, in denen eine große Kiste die ummantelte Aschenurne, Geschirr, Möbel, Gebrauchsgegenstände, Waffen und Stoffe enthält. Das Museum in drei Stockwerken eines ehemaligen Augustinerklosters aus dem 17. Jahrhundert beginnt mit einem „Ahnen“-Saal, dessen acht Vitrinen eine Reihe von Grabbeigaben aus dem 9.-8. Jahrhundert v. Chr. enthalten, die zum guten Teil aus dem „Campo del Tesoro“ (Schatzfeld) stammen, der ältesten der verucchieser Nekropolen mit sehr reichen Männer- und Frauengräbern: hier fallen Bronze-Bernstein-Fibeln ins Auge, Geschmeide (auch aus Gold), Eierstäbe und Spulen, Keramikgeschirr. Danach, im Halbsouterrain, kommt man zu den Räumen der „Bewaffneten“ mit Vitrinen von Kriegergräbern, zu deren Beigaben außer Schmuckgegenständen sowie Keramikund Bronzegeschirr auch Kandaren, Schwerter, Lanzenspitzen, Äxte und Messer gehören. Den folgende „Mantel“-Saal charakterisiert eine Vitrine mit einigen kostbaren Stoff-Funden aus verschiedenen Gräbern, darunter einem großen halbrunden Mantel aus Wollgarn. „In Verucchio haben wir es mit dem einzigen Fall von fast gänzlich konservierter Bekleidung aus dem frühgeschichtlichen Italien zu tun, von der wir die Form, das Rohmaterial fürs Garn und für die Färbung und die Webtechniken erkennen können“ (P. von Eles). Die anderen Vitrinen enthalten Werkzeuge fürs Spinnen und Weben, Frauengräber mit stoffumkleideten Gebeinurnen, Geschmeide, Bankettgeschirr, Behälter aus Pflanzenfasern usw. Im ersten Stock fällt besonders der Saal „des Throns“ ins Auge, der von einer großen Vitrine dominiert wird, die das Grab 89 der 1972 ausgegrabenen Nekropole Lippi enthält (die sich unterhalb der Burg befindet). Es besteht aus einem großen Holzkasten mit sehr reichen Beigaben, Stoffen, Waffen (man beachte die zwei Helme, einer hat einen hohen Bronzekamm, der andere einen Borstenkamm), Bronze-, Silber- und Goldnadeln, 22


Holzgegenständen. Auf dem Kastendeckel stand ein Holzthron mit Bronzebeschlägen und vor allem mit Schnitzwerk, das außerordentlich gut konservierte Szenen des Lebens darstellt. Das Grab dürfte „einem der wichtigsten Mitglieder der verucchieser Aristokratie zugehörig sein, einem Mann, der in der Gemeinschaft komplexe Rollen innehatte, einem Krieger, dessen Verantwortung über die militärische Sphäre hinaus in den sozialen und religiösen Raum ragte“ (P. von Eles) und der Ende des 8. Jahrhunderts v. Chr. gelebt hat. Aus derselben Zeit stammt ein Frauengrab, das ebenfalls 1972 in der Nähe ausgegraben wurde (Grab 47) und zu einer ranghohen Frau gehörte, wie aus der Menge und Qualität der Bernsteinfibeln und der Schönheit der Stoffe hervorgeht. Der Beigabenreichtum und die Tatsache, dass die Aschenurne aus Bronze und nicht wie gemeinhin aus Terrakotta besteht, bestätigen diese Hypothese. Schließlich ist noch ein Saal dem Sakralbereich gewidmet, der auf dem „Pian del Monte“ genannten Plateau ausgemacht und 1963 sowie 1971 teilweise ausgegraben wurde. Dort befindet sich ein Brunnen, aus dem Keramik- und Bronzematerialien stammen, die zwischen dem 13. und dem 5. Jahrhundert v. Chr. datierbar sind und unter denen sich Bronzefiguren-Fragmente von hoher Qualität und etruskischer Machart abheben. Aus einer Zone in der Nähe dieses Brunnens stammt schließlich noch eine Gruppe von Bronzeschilden, von denen drei, die übereinander lagen, rekonstruiert wurden. Die regulären Ausgrabungen an den Hängen des Hügels von Verucchio dauern an (in der Begräbnisstätte unter der Burg, seit 2005) und ebenso die Klassifizierung und das Studium des reichlichen Materials, das ans Licht gekommen ist: deshalb ist das Museum in dauernder Entwicklung, damit alles aufgenommen und bei Studientagen, Konferenzen und thematischen Ausstellungen von sehr großem Interesse bewertet wird. Erwähnt seien „Il dono delle Eliadi. Ambre, e oreficerie dei principi etruschi di Verucchio“, 1964; und „Il potere e la morte“, 2006.

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Rimini: Stadtmuseum, Archäologische Abteilung

Rimini Museo della Città via Luigi Tonini, 1 Tel. 0541 21482 Fax 0541 704410 Für didaktische Aktivitäten: Tel. 0541 704421/26 www.comune.rimini.it musei@comune.rimini.it • Öffnungszeiten im Sommer (vom 16. Juni bis 15. September): von Dienstag bis Samstag 10:30-12:30/16:3019:30; abends (Juli-August), Dienstag 21:00-23:00; Sonnund Feiertage 16:30-19:30; Montag geschlossen (falls kein Festtag) • Öffnungszeiten im Winter (vom 16. September bis 15. Juni): von Dienstag bis Samstag 8:30-12:30/17:0019:00; Sonn- und Feiertage 16:00-19:00; Montag geschlossen (falls kein Festtag) • Eintritt gegen Bezahlung; Sonntag Eintritt kostenlos

Oben: links, Ansicht des römischen Lapidariums; rechts, die Sektion der Kulte des römischen Reichs. Unten, Detail des „Mosaiks der Schiffe“. 25

Für einen allgemeinen Überblick über die antike Geschichte und die Archäologie des gesamten Gebiets der Provinz Rimini hat die archäologische Abteilung des Stadtmuseums Rimini (deren vollständige Einrichtung bis 2008 vorgesehen ist) grundlegenden Wert. Tatsächlich verfügt sie über tausende von Fundstücken, die von der Vorgeschichte bis zum spätrömischen Reich reichen und so die Geschicke der Besiedlung und der Zivilisation des Gebiets von der Steinzeit bis zum Mittelalter dokumentieren und illustrieren, indem sie sie „konkret“ machen. Natürlich ist der ganze oder fast der ganze Museumsbestand lokaler Herkunft; dennoch ist er nicht nur von lokalem Interesse, wie der Besucher des bis jetzt schon eingerichteten Teils überprüfen kann, der reich an Skulpturen, Mosaiken und Keramiken ist, die das Stadtleben im 2. und 3. Jahrhundert n. Chr. illustrieren und viele Züge der Kultur, die sich in jener Zeit in der römischen Welt entwickelt hat, rekonstruieren lassen. Das Museum in Rimini ist sehr alt und hat sehr reichhaltige Bestände. Es wurde als „Archäologische Galerie“ vom Historiker und Archäologen Luigi Tonini 1871-72 gegründet und sammelte Funde aus dem gesamten Territorium zwischen Rubikon und Conca. Es war in der linken Loggia des Hofes der Biblioteca Gambalunghiana eingerichtet worden, quasi als Zusatz zur Stadtbibliothek; mit besonderem Augenmerk auf die Funde der Römerzeit hat man es dann 1931 neu eingerichtet und zwar im Erdgeschoss des ehemaligen Franziskanerklosters (neben dem Malatesta-Tempel), das 1943-1944 durch Bomben vollständig zerstört wurde. Glücklicherweise war fast das gesamte Material evakuiert worden und konnte so gerettet werden: derzeit wird es in den Räumen des ehemaligen Jesuitenkollegs geordnet, wo das Stadtmuseum seinen Sitz hat. Es sammelt das gesamte Kunst- und Geschichtserbe, das sich in staatlichem und kommunalem Eigentum befindet. Dank regulärer Forschungen und mehr noch auf Grund der Funde, die der Gebäuderenovierung der Stadt geschuldet sind, die durch die Bombardierungen des Zweiten Weltkriegs fast völlig zerstört worden war, hat sich der archäologische Teil während des letzten halben Jahrhunderts mehr als verdoppelt. Seit der Nachkriegszeit und speziell seit den achtziger Jahren hat das Museum nicht nur provisorische Systematisierungen und temporäre Ausstellungen organisiert, sondern auch eine sehr geschätzte Bildungsarbeit für Dozenten, Unterricht für Schulgruppen, Popularisierung fürs Publikum, Teilnahme an nationalen Ausstellungen entfaltet, was geholfen hat, die Aufmerksamkeit für das rimineser archäologische Erbe wach zu halten.


Seit 1981 ist im Innenhof des Museums das römische Lapidarium für die Öffentlichkeit zugänglich, das über ungefähr siebzig zwischen dem 1 Jahrhundert v. Chr. und dem 5. Jahrhundert n. Chr. datierbare Inschriften verfügt. Es dokumentiert die epigraphischen Kommunikationsformen Riminis in römischer Zeit und informiert über viele Aspekte des öffentlichen und privaten Lebens vom 1. Jahrhundert v. Chr. bis zum 4. Jahrhundert n. Chr. Seit der republikanischen Epoche Roms spielte die 268 v. Chr. als Kolonie lateinischen Rechts gegründete und gegen 90 v. Chr. zum Munizipium beförderte Stadt eine sowohl kommerziell wie militärisch und politisch wirklich wichtige Rolle, was zu Zeiten von Augustus voll anerkannt wurde, wie dies im übrigen durch zwei berühmte und gut bekannte Monumente großen Umfangs und von großer Schönheit dokumentiert wird, dem Augustus-Tor (27 v. Chr.) und der sogenannten Tiberius-Brücke (14-21 n. Chr.), die von den Riminesern immer als emblematisch angesehen wurden und zwar so sehr, dass sie sie seit dem Mittelalter ins Stadtwappen aufnehmen wollten. Was die zivilen Stadtgebäude angeht, so wird deren Reichtum vor allem durch viele und außergewöhnliche Mosaikböden hauptsächlich aus der Kaiserzeit bezeugt, die im Museum gesammelt wurden, großenteils aber noch ihrer Ausstellung harren. Gegenwärtig ist außer dem Lapidarium nur der Sektor zu sehen, der das 2. und 3 Jahrhundert n. Chr. betrifft, das heißt die volle Kaiserzeit (2003 eröffnet). Die Funde (Geschirr aus Keramik und Bronze, Münzen, bemalter Putz und Mosaiken, Marmorstatuen und Bronzestatuetten, Bau- und Skulpturfragmente) stellen interessante Zeugnisse über das Stadtleben und den Handel dar. Sie betreffen das am Strand neben dem Hafen im 2. Jahrhundert n. Chr. erbaute Amphitheater, die Kulte der Kaiserzeit, die Beziehung der Stadt zum Meer. Und vor allem einige herrliche Domus-Beispiele (Stadthäuser): wie jenes des Palazzo Diotallevi, dessen Merkmal ein großes Fußbodenmosaik ist, das im Zentrum Herkules und an einer Seite eine originelle Szene mit drei Booten darstellt, die zum Hafen kommen (Mitte des 2. Jahrhunderts n. Chr.); und wie das sogenannte „Chirurgenhaus“ (2.-3. Jahrhundert n. Chr.), wo jüngste Grabungen unter anderem außergewöhnliche chirurgisch-pharmazeutische Gerätschaften - mehr als 150 Stücke - ans Licht beförderten, „die reichste und vollständigste medizinische Ausstattung, die seit der Römerzeit erhalten blieb“ (J. Ortalli), gänzlich restauriert und ausgestellt. Zu Lehrzwecken sind im Museum die Praxis und das Schlafzimmer des Arztes rekonstruiert worden, der in diesem Haus, das wahrscheinlich durch einen Brand während der ersten Barbareneinfälle (um die Mitte des 3. Jahrhunderts n. Chr.) zerstört 26


wurde, wohnte und arbeitete. Die Überreste des Domus des Chirurgen, einschließlich der Mosaikböden, befinden sich an der Piazza Ferrari, also in der Nachbarschaft des Museums; durch eine eigens geschaffene Struktur angemessen geschützt, kann man sie bald vor Ort besichtigen. Zum Leben, das sich in den römischen Häusern abspielte, bieten die hier gefundenen Kleinmaterialien vielerlei Indizien: von den Armleuchtern für Möbel bis zu Amuletten, von den Öllampen bis zum Terrakotta- und Bronzegeschirr für Speiseraum und Küche, von Amphoren und Glasgegenständen bis hin zum Schmuck für Personen und zu den Bildern der Hausgötter. Was die Religion, vor allem die „private“ angeht, so scheinen in Rimini die dionysischen Kulte mit Dionysos, Eros, Priapus und Silen, von denen einige Bilder gefunden wurden, einen gewissen Erfolg gehabt zu haben. Im ersten und zweiten Stock desselben Gebäudes befinden sich die mittelalterliche und moderne Abteilung des Stadtmuseums (siehe dort).

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Cattolica: Museum der Regina, Archäologische Abteilung

Cattolica Museo della Regina via Pascoli, 23 Tel. 0541 966577 Fax 0541 967803 www.cattolica.net museo@cattolica.net • Öffnungszeiten im Sommer: Dienstag 9:30-12:30; Mittwoch bis Sonntag 16:3019:00/20:30-23:00; Montag geschlossen • Öffnungszeiten im Winter: Dienstag bis Donnerstag 9:30-12:30; Freitag und Samstag 9:30-12:30/15:3019:00; Sonntag 15:30-19:00; Montag geschlossen • Eintritt kostenlos

Oben, die Vitrine mit den im Brunnen der ehemaligen Piazza del Mercato gefundenen Materialien. Unten: links, tönerne Öllampen; rechts, Amphorenfragmente und Amphoren aus dem Meer, weit draußen und Richtung des Kaps von Focara. 29

In Cattolica gab es in römischer Zeit eine Ansiedlung, von der man erst seit kurzem (1966) Spuren ausgemacht hat. Da sie an der Flaminia (römische Straße) lag, genau auf halber Strecke zwischen Rimini und Pesaro, dachte man, es sei eine kleine Häuseransammlung gewesen, die sich um einen Halteplatz, eine Mansio herum entwickelt hat, eine für die Unterbringung von Reisenden und den Pferdewechsel ausgerüstet Art „Poststation“. Die Hypothese ist sehr beeindruckend, auch wenn man an die jüngere Geschichte Cattolicas denkt, das seit dem 16. Jahrhundert als „Gegend mit Tavernen für Wanderer“ (Leandro Alberti) definiert wurde. Die bei den 1966, 1975 sowie 1997-98 durchgeführten Grabungen aufgetauchten Materialien sind in einem neu eingerichteten Museum (2000) zusammengeführt worden, das sehr gut ausgerüstet ist und durch seinen guten Anschauungs- und Didaktikapparat viel vermitteln kann. Eingangs trifft man auf die erforderlichen Erwägungen zur römischen Flaminia und zur Typologie der Mansi. Es werden die Grabungen von Cattolica und die dort gefundenen, chronologisch und typologisch identifizierten Materialien illustriert. Von großem Interesse ist die Ausstellung des Materials aus einem römischen Brunnen, den man 1997-98 im Bereich der Piazza del Mercato erkundet hat. Sie beachtet die archäologischen Schichten und zeigt reichhaltige Gebrauchskeramik aus der Zeit vom 1. Jahrhundert v. Chr. bis zum 9. Jahrhundert n. Chr. sowie einige Münzen. Ein Raum ist dem Domus (römisches Stadthaus) gewidmet und zeigt außer seiner planimetrischen Anlage die Bausysteme und materialien, die Dekoration, die Einrichtung; ein anderer befasst sich mit dem Alltagsleben und der persönlichen Pflege; ein dritter mit dem Warenaustausch. Bemerkenswert sind die Sammlungen von Öllampen und Amphoren, von denen man einige im Meer gefunden hat. Im Meer hat man - 1967 - auch eine homogene Gruppe von Majolikakrügen gefunden, die im 16. und 17. Jahrhundert datierbar sind und Teil der Ladung eines Schiffes waren, das zwischen Gabicce und Cattolica unterging. Der letzte Raum ist Kollektionen gewidmet, die man in jüngerer Zeit erworben hat. Im Unterrichtsteil werden Anmerkungen auch zur jüngeren Geschichte Cattolicas geboten, von der Legende der „versunkenen Stadt“ bis zur Gründung des modernen Ortes (1271), vom Ursprung des gegenwärtigen Ortsnamens bis zu den Tunnelgängen unter der Stadt. Das Obergeschoss des Gebäudes, das ehemals ein Pilgerhospital war (gegründet 1584) und in den dreißiger Jahren des vorigen Jahrhunderts als Carabinieri-Kaserne rekonstruiert wurde, ist der Adria-Seefahrt gewidmet (siehe dort).



Santarcangelo: Museum für Geschichte und Archäologie, Archäologische Abteilung

Santarcangelo di Romagna MUSAS - Museo Storico Archeologico via della Costa, 26 Tel/Fax 0541 625212 www.metweb.org/musas met@metweb.org • Öffnungszeiten im Sommer (Juni - August): von Dienstag bis Sonntag 10:30-12:30/ 16:30-19:00; Montag geschlossen • Öffnungszeiten im Winter: von Dienstag bis Samstag 10:30-12:30; Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sonntag 15:30-17:30; Montag geschlossen • Eintritt gegen Bezahlung

Oben, der Raum der ländlichen Villen. Unten: links, tönerne Öllampen; rechts, Horus-Statuette aus Bronze, 2. Jahrhundert n. Chr. 31

Das Museum ist 2005 eingeweiht worden, also eines der jüngsten in der Provinz Rimini, und der Archäologie und Kunst im Gebietes von Santarcangelo gewidmet. Es entfaltet sich auf den fünf Ebenen eines antiken Gebäudes (Palazzo Ceni), das sich im sehr charakteristischen, malerischen oberen Teil des wunderschönen Historischen Zentrums befindet und in den letzten zwanzig Jahren des vergangenen Jahrhunderts eigens hierzu restauriert wurde. Die Archäologische Abteilung des Museums ist großenteils einer Aktivität gewidmet, die - begünstigt durch ein reiches Tonund Brennholzvorkommen - in dieser Zone zweifellos große Wichtigkeit hatte: der Brennerei; nicht nur und nicht so sehr von Ziegeln, wie von Gefäßen für den Hausgebrauch und vor allem die Landwirtschaft. Römische Brennereien mit Klärbehältern und Brennkammern sind im Südteil des santarcangioleser Territoriums gefunden worden (und werden andauernd gemeldet und freigelegt) und hinterlassen den Eindruck einer ziemlich entwickelten Handwerks- und Arbeitsorganisation, quasi eines „industriellen Pols“ oder eines spezialisierten „Handwerkszentrums“. Daher zeigt das Museum bereits am Anfang ein großes Brennofen-Modell, das einen Konstruktionstyp veranschaulicht, der sich die Jahrhunderte hindurch praktisch unverändert wiederholte, und stellt in den Vitrinen die bedeutsamsten Musterstücke der lokalen Produktion aus, die Dolen, Amphoren, Vasen und Öllampen umfasste; letzteren, „die im 5. und 6. Jahrhundert n. Chr. an der Oberseite ganz und gar originelle Dekorationsformen annahmen“ (M. L. Stoppioni), wird ein eigener Bereich gewidmet. Die santarcangioleser Tonwarenindustrie scheint besonders gut organisiert gewesen zu sein und Verbindung zur lokalen Getreide- und vor allem Weinproduktion gehabt zu haben, die im Niederungs- und Hügelgebiet des intensiv kultivierten und von ländlichen Villen überzogenen unteren Marecchiatals zweifellos üppig war. Aus letzteren stammen verschiedene Fundstücke in den Vitrinen der 2. Etage, die das Alltagsleben, das Haus, die Religion und den Totenkult betreffen. Zweifellos wurde das Territorium auch schon viel früher als während der römischen Kolonisierung bewohnt und kultiviert: und von einer sehr viel früheren Anwesenheit des Menschen sprechen denn auch die zahlreichen, nach Herkunft und Chronologie zusammengestellten Fundstücke in einem kleineren, der Vor- und Frühgeschichte gewidmeten Raum. Die Museumsbesichtigung geht im darüberliegenden Stockwerk mit der Abteilung für das Mittelalter und die Geschichte der Moderne weiter (siehe dort).



3. Kunst und Geschichte

Rimini, Stadtmuseum, malatestianisches Tafelbild mit San Vincenzo Ferreri von Domenico Ghirlandaio und Helfern (1493-96). 33

Bekanntlich hat das lokale Mittelalter seinen hervorragenden Moment gehabt, als die Macht bei der Familie Malatesta lag und unter künstlerischem Gesichtspunkt - als die „Rimineser Schule“ des 14. Jahrhunderts aktiv war. Der Humanismus hat uns mit dem Malatesta-Tempel eines seiner frühesten, komplexesten und herrlichsten Werke hinterlassen, das denn auch den Malatesta zu verdanken ist, die während ihrer zweihundertjährigen Herrschaft (14. und 15. Jahrhundert) praktisch alle Burgen erbaut oder wieder aufgebaut haben, die immer noch die rimineser und teilweise die marchigianischen Hügel dominieren, und die einen Gelehrten-Hof einrichteten, der es mit denen Norditaliens und der Toskana durchaus aufnehmen konnte. Rimini war die Hauptstadt des MalatestaStaates, und das Museum von Rimini besitzt mehrere und seltene Zeugnisse dieses Zeitraums. Sie sind vereint mit den Meisterwerken großer Künstler der folgenden Epoche, lokaler Künstler wie Cagnacci und Centino, bologneser Künstler wie Guercino und Cantarini. In dieser Zone spielte die bologneser Kultur vom 17. bis zum 19. Jahrhundert in der Kunst die Hauptrolle; aber die Vitalität des Territoriums in jenen Jahrhunderten zeigt sich vor allem durch die neuen urbanistischen Anlagen und die Konstruktion vieler Gebäude, vor allem von Kirchen und Theatern, an denen das Gebiet reich ist. Speziell das Mittelalter und das 17. Jahrhundert haben unseren Museen viel Kunstmaterial geliefert, durch das es möglich ist, die kulturelle Atmosphäre zu erschließen und die Gebietsgeschichte bis hin zu unseren Tagen zu durchschreiten. Das reichste und vollständigste Museum mit Meisterwerken aus allen Jahrhunderten ist natürlich das von Rimini. Auch das Museum von Santarcangelo hütet Meisterwerke des Mittelalters und der Renaissance, während das von Saludecio wichtige Malerei des 17. und wertvolle Kirchengeräte des folgenden Jahrhunderts bietet. Der Besuch der drei hier aufgeführten Museen wird weder wegen der Qualität der Arbeiten, noch hinsichtlich des aktualisierten Aufbaus, noch bezüglich der Zuverlässigkeit der Leitung enttäuschen, und er wird für mehr als nur eine Anregung zum umfassenden Erleben dieses Gebiets sorgen. Außerdem soll noch auf die interessante Dauerausstellung von Majoliken in Mondaino (14.-17. Jahrhundert) hingewiesen werden, die 2004 dank des Auffindens von Keramikfragmenten und von Ausschussware aus der lokalen Produktion eingerichtet wurde. Und auch auf die Sammlung von Keramikfunden aus dem Mittelalter und der Renaissance am Sitz der Provinz Rimini, der sich im Bereich des antiken Hospitals „della Misericordia“ befindet, wo eben dieses Material „plötzlich hervorspross“.



Rimini: Stadtmuseum, Kunstgeschichtliche Abteilung

Rimini Museo della Città via Luigi Tonini, 1 Tel. 0541 21482 Fax 0541 704410 Für didaktische Aktivitäten: Tel. 0541 704421/26 www.comune.rimini.it musei@comune.rimini.it • Öffnungszeiten im Sommer (vom 16. Juni bis 15. September): von Dienstag bis Samstag 10:30-12:30/16:3019:30; abends (Juli-August), Dienstag 21:00-23:00; Sonnund Feiertage 16:30-19:30; Montag geschlossen (falls kein Festtag) • Öffnungszeiten im Winter (vom 16. September bis 15. Juni): von Dienstag bis Samstag 8:30-12:30/17:0019:00; Sonn- und Feiertage 16:00-19:00; Montag geschlossen (falls kein Festtag) • Eintritt gegen Bezahlung; Sonntag Eintritt kostenlos

Oben, Giuliano da Rimini, Polyptychon der Krönung der Jungfrau, ungefähr 1315. Unten, Giovanni Bellini, Pietà, ungefähr 1470. 35

Mit ihren über zwei Stockwerke verteilten sechsunddreißig Räumen in einem Palazzo aus dem 18. Jahrhundert, der vormals als Jesuitenkolleg, später als Stadtkrankenhaus diente, stellt die „postklassische“ Abteilung des Museums von Rimini die größte und wichtigste Sammlung von Kunst und Geschichte der Provinz und eine der wichtigsten der Region dar. Hier sind Gemälde und Skulpturen, Keramiken und Münzen, Inschriften und Gebäudefragmente aus der Stadt und ihrem Territorium versammelt. Bereits zu Beginn des 19. Jahrhunderts konnte das Rathaus sich einiger mit Gemälden und Wandteppichen geschmückter Repräsentationsräume rühmen; aber die erste wirkliche Museumseinrichtung gab es erst 1924, im ersten Stock des ehemaligen Klosters San Francesco. Nachdem dieses Gebäude 1943-44 durch Bombenangriffe zerstört worden war und nach verschiedenen provisorischen Unterbringungen von einigen Teilen, hat man das Material am gegenwärtigen Sitz untergebracht, der eigens hierzu erworben und ab 1990 restauriert wurde. Jetzt arbeitet man an der Vervollständigung der Archäologischen (siehe dort) und der Hochmittelalterlichen Abteilung, und man bereitet die Restaurierung eines Nachbargebäudes vor, das der Zeitgenössischen Kunst gewidmet sein wird, während man die definitive Ausstattung der Mittelalter- und Renaissanceabteilungen erwartet. Unterdessen kann man einen großen Teil der Werke entsprechend einer rationalen Verteilung besichtigen, die versucht, die Erfordernisse der Chronologie mit denen der Typologie in Einklang zu bringen. Der Rundgang wird mit einer Reihe von mittelalterlichen Baufragmenten (darunter die eines großen romanischen Portals), Keramiken und Münzen aus der Zeit der Stadtherrschaft sowie einem großen Fresko aus dem 14. Jahrhundert eröffnet, das das Letzte Gericht darstellt. Letzteres ist in einem großen, für Konferenzen ausgerüsteten Saal („Saal des Gerichts“ genannt) untergebracht; es stammt aus der Augustinerkirche San Giovanni Evangelista, wo es die Stirnseite des Schiffes einnahm. Es ist eines der ältesten (ca. 1310) und wichtigsten Werke der „Rimineser Schule des 14. Jahrhunderts“, die während der ersten Hälfte jenes Jahrhunderts in der ganzen Emilia Romagna, den Marken und Venetien tätig war. Sie war vom Beispiel Giottos, der am Ende des 13. Jahrhunderts in Rimini für die Franziskaner gearbeitet hatte, beeinflusst und in einem gewissen Sinne gebildet worden. Er hatte hervorragende Werke produziert, die heute über die Hauptmuseen der Welt verteilt sind (im „Malatesta-Tempel“ gibt es noch ein erhabenes Kruzifix von ihm). Das rimineser Museum besitzt Arbeiten von Giovanni, Giuliano und Pietro da


Rimini, dreien der wichtigsten Maler jener „Schule“. Die Entwicklung der „Rimineser Schule“ fiel mit dem Aufstieg der Malatesta zur Macht zusammen, einer Familie, die vom Beginn des 14. Jahrhunderts bis zum Ende des 15. Jahrhunderts über die Stadt gebot und ihre Herrschaft über die Marken und einen Großteil der Romagna ausdehnte. Wappen und Steininschriften betreffen diese Familie und speziell Sigismondo Pandolfo Malatesta (1417-1468), dem das Kastell („Castel Sismondo“) und der berühmte „Malatesta-Tempel“ zu verdanken sind. Im Museum wird fast die ganze Serie der malatestianischen Medaillen aufbewahrt, die Pisanello und Matteo de’Pasti für ihn gegossen haben und die zu den größten Meisterwerken dieser Kunst gehören, die als eine echte Renaissance-Erfindung angesehen wird; ebenfalls ein Junger Wappenträger von Agostino di Duccio, der aus dem „Malatesta-Tempel“ stammt, wie auch das Tafelbild mit der Pietà von Giovanni Bellini (gegen 1470), das als das wirkliche Juwel des Museums anzusehen ist. Der Familie eines Neffen von Sigismondo, Pandolfo IV Malatesta, des letzten Signore (Herren) Riminis, ist hingegen der Auftrag an Domenico Ghirlandaio für das große Tafelbild mit den Heiligen Vincenzo, Rocco und Sebastiano zu verdanken, die von den Persönlichkeiten der Malatesta-Familie verehrt wurden (1493-96). Es handelt sich um die letzte wichtige Ankunft eines Kunstwerks in der Malatesta-Stadt; von den wenigen anderswo tätigen rimineser Künstlern dieses Jahrhunderts, wie Giovan Francesco und Lattanzio da Rimini, stellt das Museum - zusammen mit Tafelbildern anderer romagnolischer Maler - nur wenige Arbeiten aus. Im 16. Jahrhundert verlor Rimini einen Großteil seines Prestiges und gehörte Valentino und den Venezianern, bevor es wieder unter die direkte Herrschaft des Kirchenstaates geriet (1509). Dennoch sah auch das 16. Jahrhundert die Realisierung einiger wichtiger architektonischer und urbanistischer Arbeiten und die Ankunft von Meisterwerken: von Giorgio Vasari (in der Abtei Scolca und in San Francesco, 1547 und 1548) und von Paolo Veronese (in der Kirche San Giuliano, 1587-88), außerdem von guten kleineren Künstlern wie Marco Marchetti und Nicolò Frangipane (von denen das Museum einige Werke ausstellt). Vom Gesichtspunkt der Kunst her erscheint uns das 17. Jahrhundert interessanter, nicht nur wegen des beachtlichen Imports von Kunstwerken aus Venetien (zwei herrliche kleine Bilder von Francesco Maffei) und Bologna (einige Meisterwerke von Simone Cantarini und Guercino), die jetzt im Museum konserviert werden, sondern wegen der Tätigkeit zweier großer lokaler Maler: Guido Cagnacci (1601-1663) und Giovan Francesco 36


Nagli, der „il Centino“ genannt wurde (ca. 1605-1675). Vom ersten besitzt das Museum beeindruckende Jugendwerke (Sant’Antonio Abate und Die Berufung des Heiligen Matthäus) und einige reife Arbeiten (Cleopatra und ein sehr schönes Portrait eines Mönch-Arztes, beides jüngere Erwerbungen); vom zweiten einige Gemälde mittlerer Größe und einige Tafelbilder, die gut seinen trockenen und andächtigen Stil erkennen lassen. Ins 18. Jahrhundert gehört eine hervorragende Reihe von Wandteppichen, die aus dem Rathaus stammen und deren Gegenstand die Geschichten der Semiramis sind; gewebt um die Jahrhundertmitte im Atelier von Michiel Wouters in Antwerpen. In den Räumen der Wandteppiche wird eine Kollektion von vierundfünfzig Keramiken ausgestellt, Leihgaben der Stiftung der Sparkasse von Rimini, großenteils Stücke aus lokalen Fabriken, die zwischen dem 14. und 19. Jahrhundert datierbar sind. Ein ganzer Saal ist den Stillleben gewidmet. Es sind Gemälde aus dem 17. und 18. Jahrhundert, unter denen die des rimineser Maler-Mönchs Nicola Levoli (1729-1801) und des Faentiners Giovanni Rivalta (1756-1832) herausragen. Das 18. Jahrhundert hat uns viele Arbeiten bologneser und rimineser Künstler hinterlassen: besondere Beachtung verdienen vier Fresken mit Musizierenden Engeln von Vittorio M. Bigari (1722), die 1917 vom Gewölbe des Presbyteriums der Kirche San Giovanni Evangelista, auch Sant’Agostino genannt, abgelöst wurden. Aus dem 19. Jahrhundert bewahrt das Museum Werke des Malers Guglielmo Bilancioni, des Bildhauers Romeo Pazzini und einiger lokaler Künstler auf; und aus dem 20. Jahrhundert stellt es provisorisch eine weite Reihe von Selbstportraits geringerer lokaler Maler aus. Schließlich gibt es noch einen kleineren Raum mit Drucken von Stadtansichten aus dem 17. bis 19. Jahrhundert und zwei große Galerien, die „der Portraits“ und die „der Wappen“. Im Erdgeschoss besitzt das Museum eine Abteilung für temporäre Ausstellungen und Unterrichtsräume, außerdem zwei Räume mit Grafiken und Affiches des berühmten Renè Gruau, was der Künstlername des Riminesers Renato Zavagli Ricciardelli war (1909-2004).

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Saludecio: Museum Saludecios und des Seligen Amato

Saludecio Museo di Saludecio e del Beato Amato piazza Beato Amato, 2 Tel. 0541 982100 • Ganzjährige Öffnungszeit: Sonntag 15:00-19:00 • Eintritt kostenlos

Oben: links, Raum des Seligen Amato; rechts, Guido Cagnacci, Die Prozession des Allerheiligsten Sakraments (1628). Unten: links, das in ein Parament aus dem 18. Jahrhundert gestickte Wappen von Saludecio; rechts, Antonio Trentanove, Pannarone mit Engelchen, Stuck in der Krypta (17981800). 39

Es handelt sich um ein kleines Museum, das aber wegen der Qualität und der Typologie der hier gehüteten Werke von großem Interesse ist. Alle stammen aus der Gegend von Saludecio, und fast alle sind Eigentum der angrenzenden Pfarrkirche, die San Biagio gewidmet ist. Aus einem Vestibül, das einige archäologische Funde bietet, gelangt man in einen Raum, in dem Gemälde, Statuen, Reliquiare, Liturgiegeräte, Laternen und Stäbe ausgestellt sind, die aus der Pfarrkirche und den antiken Laienbruderschaften stammen, die die Religiosität der Zone gut wiedergeben und gleichzeitig die Wichtigkeit des Ortes im Bereich des Conca-Talgebiets im 17. und 18. Jahrhundert verstehen lassen. Von großem Wert sind die vielen Silberkelche und vor allem die Gemälde, von denen einige Meisterwerke Beachtung verdienen: Papst San Sisto und Die Prozession des Allerheiligsten Sakraments von Guido Cagnacci (1628), Die Heiligen Antonio Abate und Antonio da Padova von Giovan Francesco Nagli, genannt „il Centino“ (ca. 1650), Die Enthauptung Johannes des Täufers von Claudio Ridolfi (ca. 1630). Der zweite Raum ist ganz dem Kult um den Schutzpatron des Ortes, den Seligen Amato (13. Jahrhundert) gewidmet, dessen Körper in der großen Kapelle rechts in der Pfarrkirche verehrt wird. Silberwaren aus dem 17. und 18. Jahrhundert, fast alle in Rom hergestellt, charakterisieren die Hauptvitrine dieses Raums, der auch eine große Anzahl „historischer“ Votivbilder enthält. Der dritte Raum besteht aus der Krypta der Pfarrkirche, einem schönen Ambiente im Halb-Souterrain, in dem antike Paramente, faentiner Andachtsstatuen und einige Gemälde ausgestellt werden. Den von Engeln gehaltenen „Pannarone“ (Dekorationselement, siehe Abb.) überm Hauptaltar der Krypta verdankt man dem rimineser Bildhauer Antonio Trentanove, der zwischen 1798 und 1800 allen Stuck der Kirche modelliert hat. Letztere ist ein Werk des cesenater Architekten Giuseppe Achilli und wurde zwischen 1794 und 1803 erbaut. Auch in der Kirche gibt es wichtige Kunstwerke: von San Biagios Martyrium auf dem Hauptaltar, einer dokumentierten Arbeit des Minoritenmönchs Atanasio da Coriano (1800) bis zur Madonna della Misericordia von Claudio Ridolfi (ca. 1620) in der großen Kapelle links, die in eine großartige Barocknische aus vergoldetem Holz eingefügt ist, die aus dem abgeschafften Oratorium „del Rosario“ stammt.



Santarcangelo: Museum für Geschichte und Archäologie, Kunstgeschichtliche Abteilung

Santarcangelo di Romagna MUSAS - Museo Storico Archeologico via della Costa, 26 Tel/Fax 0541 625212 www.metweb.org/musas met@metweb.org • Öffnungszeiten im Sommer (Juni - August): von Dienstag bis Sonntag 10:30-12:30/ 16:30-19:00; Montag geschlossen • Öffnungszeiten im Winter: von Dienstag bis Samstag 10:30-12:30; Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sonntag 15:30-17:30; Montag geschlossen • Eintritt gegen Bezahlung

Oben, Jacobello di Bonomo, Polyptychon (1385). Unten: links, Teilansicht des Raums für Papst Clemente XIV; rechts, Bauelemente aus dem 14. Jahrhundert. 41

Während die Archäologische Abteilung des Museums (siehe dort) das Leben Santarcangelos zur Römerzeit dokumentiert, befasst diese sich vor allem mit dem mittelalterlichen und modernen Santarcangelo, das auf dem Hügel neben einer Befestigung entstand, die seit dem 12. Jahrhundert dokumentiert ist und von den Malatesta ausgebaut wurde, die den Ort lange Zeit als päpstliche Landvögte beherrschten. Beim Eintritt wird das aktuelle Santarcangelo durch ein Modell der Stadt präsentiert, während einige Schautafeln seine Entwicklung und das Territorium illustrieren und andere kurz die wichtigen Monumente vorstellen, von der in der ebenen Zone Richtung Fluss immer noch existierenden Pfarrei aus dem 6. Jahrhundert, bis zur Malatesta-Burg und bis zu den geheimnisvollen und malerischen Tuffsteingrotten, von denen der ganze Hügel unterhöhlt ist. In den fünf folgenden Räumen werden viele Kunstwerke und Gerätschaften lokaler Herkunft ausgestellt, einige von hohem Wert. Es sind „Überlebende“ der zerstörten Kirche San Francesco, eines großen gotischen Bauwerks, das gleich außerhalb der Ansiedlung aufragte. Die zwei Hauptgemälde des Museums stammen dort her: das Polyptychon des Venezianers Jacobello di Bonomo (1385), das auch hinsichtlich seines sehr schönen Rahmenbaus perfekt konserviert ist, und das Tafelbild mit der Madonna mit dem Kind zwischen San Francesco und San Giorgio, 1531 gemalt von Luca Longhi aus Ravenna, der den Auftrag von Antonello Zampeschi erhielt (er war einige Jahre Feudalherr von Santarcangelo und wird in devoter Haltung zu Füßen der Jungfrau dargestellt). Der Raum des 17. Jahrhunderts präsentiert uns Gemälde aus verschiedenen Orten und ein Jugendbild von Guido Cagnacci (geb. 1601 in Santarcangelo und gest. 1663 in Wien), das die Madonna mit dem Kind darstellt, eine jüngere Leihgabe eines Privatsammlers (L. Koelliker, 2006). Es folgt der dem 1705 in Santarcangelo geborenen Papst Clemente XIV gewidmete Raum: hier sieht man, zusammen mit drei Portraits, einige der Geschenke, die er den Konventualen von Santarcangelo machte, darunter einen schönen Kelch aus vergoldetem Silber. Daneben befinden sich das Originalmodell des Torbogens, der zu seinen Ehren in Santarcangelo errichtet wurde (eine Leihgabe des Museums von Imola), und das moderne Model der - nicht realisierten - Piazza, die den Bogen aufnehmen sollte, und die wie der Torbogen vom Kammerarchitekten Cosimo Morelli 1777 entworfen wurde. Der letzte Raum, dessen ursprüngliche Wandverzierung aus dem 19. Jahrhundert noch erhalten ist, enthält Arbeiten und Portraits von Persönlichkeiten Santarcangelos und santarcangioleser Künstlern aus dem 19. Jahrhundert.



Mondaino: Die Museen Mondainos, Abteilung der Majoliken

Mondaino Musei di Mondaino piazza Maggiore, 1 Tel. 0541 981674 Fax 0541 982060 cedmondaino@mondaino.com • Öffnungszeiten im Sommer (vom 1. Juni bis 15. September): Montag bis Samstag 9:00-12:00; Sonntag 17:00-21:00; Dienstag geschlossen • Öffnungszeiten im Winter (vom 16. September bis 31. Mai): Montag bis Samstag 9:00-12:00; Sonntag 10:0013:00/15:00-18:00; Dienstag geschlossen • Eintritt kostenlos

Oben, Rekonstruktion der Werkstatt eines Majolikaherstellers im 16. Jahrhundert. Unten: links, Majoliken und Glasprodukte im 16. Jahrhundert; rechts, Majoliken des 17. Jahrhunderts aus Mondaino. 43

Nach dem Auffinden von Mauerresten eines mittelalterlichen Wachturms wurden 1995 stratigraphische Grabungsarbeiten durchgeführt, bei denen viele Keramikfragmente zum Vorschein kamen; sie erwiesen sich zum großen Teil als „Bearbeitungs- und Brennausschuss von Majoliken, was die Existenz einer Produktion am Ort dokumentierte, die bis dahin nur hypothetisch angenommen wurde“ (M. G. Maioli). Dank der Teilnahme einer Freiwilligengruppe unter der wissenschaftlichen Leitung der Oberintendantur wurden die Nachforschungen vertieft und ausgeweitet und führten zum Auffinden weiteren gleichartigen Materials, alles von guter Qualität. Eine Reihe beispielhafter Stücke befindet sich nun in diesem neuen kleinen Museum (2004). Es werden viele kostbare Majoliken und MajolikenBruchstücke ausgestellt, die alle in Mondaino gefunden wurden, aus der örtlichen Produktion stammen und zwischen dem 14. und 17. Jahrhundert datierbar sind. Außerdem werden mittels Hinzufügung von Ausschussware des ersten und zweiten Brandes zu den „fertigen“ Stücken und durch Schautafeln die Hauptphasen der Majolikaproduktion illustriert. Die Ausstellung des Zubehörs für das Stapeln der Produkte im Ofen (Distanzstücke) und der Instrumente der Keramiker wird schließlich noch begleitet von der beeindruckenden und minuziösen Rekonstruktion der Arbeitsumgebung eines Keramikers im 16. Jahrhundert. Die Keramikproduktion in Mondaino erblühte während des 15. und hatte ihren Höhepunkt im Laufe des folgenden Jahrhunderts. Unter typologischem und stilistischem Gesichtspunkt scheint sie der marchigianischen und in geringerem Maße der romagnolischen Keramik verpflichtet zu sein; die Schalen, Schüsseln und Teller aus Mondaino sind mit warmen und starken Farben dekoriert. „Die Funde bezeugen eine reichliche Majolikaproduktion bis etwa Mitte des 17. Jahrhunderts und erlauben es auch, verschiedene Exemplare in öffentlichen und privaten Kollektionen, die bisher Pesaro, Casteldurante und sogar Venedig zugeschrieben wurden, für Mondaino zu reklamieren“ (S. Nepoti).



4. Das Leben im Gebiet

Der Volkskultur und dem Alltagsleben im rimineser Gebiet sind ganze vier Museen gewidmet, zwei der ländlichen und zwei der maritimen Welt: quasi eine symbolische Einladung, aus einiger Distanz das Leben und die Arbeit der Bauern mit dem Leben und der Arbeit der Fischer, deren Sitten und deren Traditionen zu vergleichen. Diese Museen erlauben uns, einige Ritzen und Spalten über einer größtenteils schon verschwundenen Welt zu öffnen und wenigstens teilweise den Sinn von Gesten und Mühen, von Glauben und Gebräuchen zurückzugewinnen, die bis gestern noch unsere waren, die aber dem modernen Leben nun schon gänzlich fremd sind. Einer Welt, die in unserer Zone tiefgreifend und schnell verändert worden ist, nicht nur durch technologische Innovationen, sondern auch durch die Erschütterungen, die die schnelle Entwicklung der Bade-Industrie in der Wirtschaft, den Sitten und der Mentalität angerichtet hat. Sie hat auch das landwirtschaftliche Gebiet in Mitleidenschaft gezogen, das sich aufgrund der internen Emigration Richtung Küste in der Nachkriegszeit fast entvölkerte. Das größte dieser Museen, auch das älteste und vollständigste, befindet sich in Santarcangelo. Es befasst sich mit dem gesamten landwirtschaftlichen Territorium des rimineser Gebiets und eines Gutteils der Romagna. Aber von großem Interesse sind auch die sonstigen hier besprochenen, verschieden charakterisierten Museen, die sich zum Teil noch in der Aufbauphase befinden. Von einem ethnologischen Museum wie diesen, das sich aber mit fernen, von der unsrigen verschiedenen Welten befasst (Afrika, Ozeanien, Orient und Amerika), das heißt dem „Museum der Blicke“ in Rimini, Ethnografische Sammlungen, wird in dem Kapitel berichtet, das der modernen Welt vorbehalten ist.

Santarcangelo, Museum der Sitten und Gebräuche der Menschen in der Romagna, Sant’Antonio Abate, Detail einer Ochsendecke. 45



Santarcangelo: Museum der Sitten und Gebräuche der Menschen in der Romagna

Santarcangelo di Romagna MET - Museo degli Usi e Costumi della Gente di Romagna via Montevecchi, 41 Tel. 0541 624703 Fax 0541 622074 www.metweb.org/met met@metweb.org • Öffnungszeiten im Sommer (Juni-August): Dienstag bis Sonntag 10:30-12:30/16:3019:00; Montag geschlossen • Öffnungszeiten im Winter: Dienstag bis Samstag 10:3012:30; Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sonntag 15:3017:30; Montag geschlossen • Eintritt gegen Bezahlung

Oben, Spinn- und WebeAbteilung: der Rahmen. Unten: links, alte Pflüge; rechts, die Wand mit den „Caveje“. 47

Es handelt sich um ein ethnografisches Museum, das die Zeugnisse der Menschen in der Romagna, insbesondere der rimineser-cesenater Romagna, sammelt und aufbewahrt. Es ist 1981 nach fast zehnjährige Forschungs- und Vorbereitungsarbeit in einem 1924 als kommunaler Schlachthof errichteten Gebäude eingeweiht worden; sein Aufbau hat 2005 eine Aktualisierung erfahren, er wurde durch neue Materialien und Eindrücke bereichert. Es werden Gegenstände und Instrumente ausgestellt, die mit dem Leben der Bevölkerung und der Arbeitswelt, besonders der Landwirtschaft und dem Handwerk, verbunden sind. Sie sind so geordnet und in Verbindung gesetzt, dass die Zurückgewinnung einer Erinnerung und einer Geschichte der (materiellen und symbolischen) Aktivitäten und Gesten und der traditionellen Kenntnisse möglich ist, die Gefahr laufen, für immer vergessen zu werden. Es ist in zehn Abteilungen unterteilt, die sich mit der Landbearbeitung, dem Getreidezyklus, der Müllerei, dem Weben und Dekorieren von Stoffen, dem Weinbau, dem Bauernhaus und einigen Handwerken befassen, wie der Herstellung der Backformen für die Piada (eine Art Fladenbrot), der Arbeit des Flickschusters/Pantoffelmachers, des Schmieds und des Hufschmieds. Besonders beeindruckend ist die Sammlung von etwa hundert Caveje aus mehreren Epochen (vom 16. bis 20. Jahrhundert): die Cajeva ist ein schmiedeeiserner Pflock, der das Joch der Ochsen an der Deichsel des Wagens blockiert; in der Romagna hat er einen oder zwei Ringe, die bei jeder Bewegung bimmeln, sie werden durch sein „Pagella“ genanntes Oberteil gesteckt, das durch häufig elegante Durchlöcherungen verziert wird. Außer den kleinen oder bescheidenen dimensionierten Gegenständen und Instrumenten, von der Hacke bis zum Pflug, vom Webstuhl bis zu Theaterpuppen, besitzt das Museum große Wagen verschiedenen Typs und große Landmaschinen. Beschriftungen und Fotos, Modelle und grafische Darstellungen begleiten den Besucher und helfen ihm, die Funktion und die Bedeutung der ausgestellten Objekte zu verstehen. Eine gute spezialisierte Bibliothek und ein reichhaltiges Archiv mit wichtigen Fotobeständen vervollständigen das Museum, das über große offene Räume und Flächen für Vorführungen und Anbau-Laboratorien verfügt, die hauptsächlich dem Unterricht dienen, der hier besonders gepflegt wird und reich an originellen Initiativen ist.



Montescudo: Ethnografisches Museum von Valliano

Montescudo Museo Etnografico di Valliano via Valliano, 23 Tel. 0541 864010 Fax 0541 984455 info@comune.montescudo.rn.it • Ganzjährige Öffnungszeiten: Mittwoch und Freitag 9:0012:00; Sonn- und Feiertage 15:00-18:30 • Eintritt kostenlos

Oben: links, Teilansicht des Museums mit dem Backtrog; rechts, Kinderspielzeug. Unten: links, Exvoto für die Jungfrau „del Rosario“, in der ans Museum grenzenden Kirche; rechts, Fresken aus dem 15. Jahrhundert im Presbyterium der Kirche. 49

Dieses unlängst eingerichtete Museum (2003) ist dem bäuerlichen Leben und der Feldarbeit gewidmet. Es ist in dem ehemaligen Pfarrhaus untergebracht, das neben der antiken Kirche liegt, die vormals eine Pfarrkirche war, Santa Maria del Soccorso. Es verdankt seinen Ursprung den Unterrichtserfahrungen einer von Prof. Gino Valerini koordinierten Lehrergruppe der Mittelschule von Montescudo, die in den sechziger Jahren des 20. Jahrhunderts begannen, und der Mitarbeit der von diesen Erfahrungen angespornten Einwohner. Das gesammelte Material stammt gänzlich aus der Gegend von Montescudo und Montecolombo und ist mit besonderem Augenmerk für das Thema des Hauses als dem Mittelpunkt des bäuerlichen Lebens und der verschiedenen Tätigkeiten angeordnet worden, die in ihm ihren Bezugspunkt hatten. Das nach Themen unterteilte Museum ist mit erklärenden Schautafeln ausgestattet. Es wird von Freiwilligen geführt, die die große Vielfalt der Gegenstände und Fotos erläutern. Die Hauptthemen drehen sich also um das Leben im Bauernhaus: sie betreffen die Familie, die Ernährung, das Spinnen und Weben, das Schweineschlachten, den Weinkeller, die Spielsachen und außerdem Handwerksarbeiten, wie die des Töpfers und Tischlers. Darüber hinaus baute man einen Unterstand für große Landmaschinen, der teilweise in den Boden verlegt wurde, um das herrliche ländliche Ambiente, das diesen Ort kennzeichnet, nicht zu beeinträchtigen. Eine starke Öffnung hin zur Bauern- und Volksreligiosität, insbesondere zur Marienfrömmigkeit ergibt sich aus der Kirche, dem das Museum angeschlossen ist. Sie enthält gute Fresken, zum Teil mit Votivcharakter, aus dem 15. Jahrhundert, ein verehrtes Standbild der Jungfrau „del Rosario“, Gemälde aus dem 16. und 17. Jahrhundert und Exvotos.



Cattolica: Museum der Regina, Marine-Abteilung

Cattolica Museo della Regina via Pascoli, 23 Tel. 0541 966577 Fax 0541 967803 www.cattolica.net museo@cattolica.net • Öffnungszeiten im Sommer: Dienstag 9:30-12:30; Mittwoch bis Sonntag 16:3019:00/20:30-23:00; Montag geschlossen • Öffnungszeiten im Winter: Dienstag und Donnerstag 9:30-12:30; Freitag und Samstag 9:30-12:30/15:3019:00; Sonntag 15:30-19:00; Montag geschlossen • Eintritt kostenlos

Oben, Adriabootsmodelle. Unten, der Eingang zur Marine-Abteilung. 51

Während die Museen in Santarcangelo und Valliano Zeugnisse des Lebens auf dem Lande sammeln, beschäftigt dieses sich mit dem auf und in der See, mit besonderem Bezug zum Ort Cattolica. Es hat seinen Ursprung im Jahr 1985, d. h. in einer vom Mehrzweck-Kulturzentrum Cattolica und der IBC organisierten Ausstellung (Boote und Menschen der Adria: 1400-1900). Dem ersten im Mehrzweck-Kulturzentrum aufgebauten Ausstellungskern sind im Laufe der Jahre viele neue Funde, ikonografische Dokumente und Materialien hinzugefügt worden: Fotos und Grafiken, große und kleine Modelle, Instrumente, Bootsteile und Ausrüstung, die im Jahr 2000 ihre optimale Anordnung im zweiten Stock des Museums der Regina gefunden haben, also angrenzend an die Abteilung, die dem römischen Cattolica gewidmet ist (aufgebaut im Geschoss darunter: siehe dort). Von den fünf Räumen dieser Abteilung widmet der erste sich der Illustration des Hafen-Problems: trotz der antiken lokalen Fischereitradition realisierte man den Hafen erst 1853, denn Rimini (in dessen Bezirk sich Cattolica befand) fürchtete die Konkurrenz eines Nachbarhafens und bekämpfte seinen Bau für lange Zeit. Die anderen sind den Adriabooten, ihrer Projektierung und Konstruktion, der Ausrüstung der Werften und der Boote, den verschiedenen Fischfangmethoden mit den Instrumenten, die seit der Motorisierung eingesetzt werden, gewidmet; und natürlich auch den Problemen, die mit dem Fischfang und der Vermarktung verbunden sind, dem Leben der Seeleute und ihrer Frauen, ihrer Religiosität und dem Gemeinschaftsleben - immer mit einem besonderen Bezug zur lokalen Geschichte und Realität.



Viserbella di Rimini: Museum der Kleinen Fischerei und der Muscheln

Viserbella di Rimini Museo della Piccola Pesca e delle Conchiglie via Minguzzi, 7 Tel/Fax 0541 721060 www.escaion.it • Öffnungszeiten im Sommer (1/06-31/08): Dienstag, Freitag und Samstag 21:0023:00 • Öffnungszeiten im Winter: nach Vereinbarung • Eintritt kostenlos

Oben, Ausrüstung für die Kleine Küstenfischerei. Unten: links, Teilansicht des Raumes mit der Muschelkollektion; rechts, Fischnetze und Tauwerk. 53

Dieses Museum verdankt sich der Leidenschaft und dem Einsatz der Mitglieder einer 1995 gegründeten lokalen Kulturvereinigung mit dem Namen E Scaion (Wort aus dem Dialekt, mit dem man ein Werkzeug zum Fischen von Venusmuscheln bezeichnet). Es sammelt Boote und Bootsteile, Fischerei- und Werftausrüstung, Dinge der Bootsbesatzung, Gegenstände des täglichen Gebrauchs, kleine Modelle, Fotos und Filme: also alles, was helfen kann, die Erinnerung der alten Ortsgemeinschaft wach zu halten, deren Lebensunterhalt sich fast bis zum letzten Krieg und zum Aufkommen des Tourismus großenteils auf die Kleine Küstenfischerei gründete. Die Räume des ehemaligen Schulgebäudes, das dieses so zahlreiche und unterschiedliche gesammelte Material beherbergt, erlauben keine organische, ausgebreitete, nach Sektoren differenzierte Ausstellung. Die Erläuterung der Stücke wird vor allem den Freiwilligen überlassen, die das Museum pflegen und ergänzen, und denen es wunderbar gelingt, die Objekte durch leidenschaftliche und faszinierende Erzählungen - häufig mit persönlichen Lebenserinnerungen - wieder ins Leben zu rufen, und die speziell den Jungen zu bedenken geben möchten, dass „das Meer nicht nur Strand und Vergnügen ist“, oder vielmehr es bis zur vergangenen Generation nicht gewesen ist. Das gegenwärtige, seit 1999 bestehende Museum, ist sozusagen „im Werden“; aber es hat bereits sein definiertes und originelles Gesicht, bereichert sich weiterhin mit Fundstücken und Zeugnissen und versucht, Ordnung ins reichhaltige Material zu bringen. Eine wichtige Abteilung des Museums ist die große Muschelkollektion (des Herrn Andrea Capici aus Ancona): es handelt sich um eine Sammlung, die mehr als achttausend Exemplare zählt, einige sind sehr selten, und die viele Muschelarten des gesamten Mittelmeerbeckens umfasst. Die Klassifizierung der Muscheln ist dem Zoologieinstitut der Universität Bologna geschuldet; dank ihrer Verlässlichkeit ist die Kollektion zu einem wichtigen Bezugspunkt für Liebhaber und Wissenschaftler geworden. Einige typische Wasserfahrzeuge der Zone befinden sich außerhalb des Museums: eine „Battana“ (Paddelboot), ein „Battanino“, ein „Beccaccino“ (kleines Segelboot) und ein paar Wasserschlitten.



5. Die moderne Welt

Riccione, Galerie für Moderne und Zeitgenössische Kunst, Villa Franceschi, Detail eines Wandteppich-Entwurfs von Alberto Burri (1986). 55

Wir denken, dieses Kapitel sollte mit dem Museum der Gotenlinie in Montegridolfo beginnen, denn der Zweite Weltkrieg hat das rimineser Gebiet stark gezeichnet und die Stadt Rimini praktisch zerstört. 396 Bombardierungen aus der Luft und von See her demolierten 82% der Gebäude. Der Wiederaufbau vollzog sich verständlicherweise ungestüm und in aller Eile, denn nach dem Durchziehen der Front brauchten die Menschen dringend Unterkunft und Arbeit. Und so sind die Ruinen schleunigst beseitigt worden: ein einziges sichtbares Zeichen verblieb noch in Rimini, das Kommunale Theater aus dem 19. Jahrhundert, das man besser nicht „wie es war und wo es war“ wieder aufbauen sollte, um wenigstens ein beredtes Zeugnis jener tragischen Zeit bestehen zu lassen. Was die moderne Kunst angeht, so sind ihr ab der Nachkriegszeit viele Veranstaltungen und temporäre Ausstellungen auch von nationalem Interesse gewidmet gewesen. Aber das einzige momentan bestehende Museum mit Werken zeitgenössischer Kunst ist die seit kurzem (2005) hierzu genutzte Villa Franceschi in Riccione. In Rimini besitzt das Stadtmuseum zeitgenössische Arbeiten, aber die betreffende Abteilung ist nicht eingerichtet und wird noch einige Jahre auf sich warten lassen; diese Lücke kann weder durch die zwei gänzlich René Gruau (dem Rimineser Renato Zavagli Ricciardelli, 1909-2004) gewidmeten Räume mit Grafiken und Affiches ausgeglichen werden, noch durch den Ausstellungsraum des Museums Fellini in der gleichnamigen Stiftung, die dem großen rimineser Regisseur und - natürlich - dem Kino gewidmet ist. Kleinere Bestände an zeitgenössischer Kunst von einigem Interesse gibt es in den verschiedenen Gemeinden des Gebiets (wie z. B. in Verucchio, besonders überzeugend), aber ohne angemessene Umgebungen, verstreut in Büros oder in Magazinen und Depots gesammelt. In dieses Kapitel - und nicht in das der Ethnografie - haben wir ein besonderes ethnografisches Museum aufgenommen, das einzige von allen, das keine Beziehung zum Territorium hat: das Museum der Blicke in Rimini, eine Neugründung (2005), denn mehr als mit den außereuropäischen Kulturen, aus denen es Materialien ausstellt, beschäftigt es sich damit, wie diese Kulturen von der abendländischen Welt her beobachtet und angesehen worden sind. Bedauerlicherweise ist anzumerken, dass von den vielen Museen der Provinz keines - nicht einmal diejenigen, die sich mit dem Meer befassen (Cattolica und Viserbella) - das Phänomen in Betracht zieht, das in den letzten zwei Jahrhunderten die Geschichte, die Sitten und Gebräuche und die Wirtschaft des ganzen Gebietes (und nicht nur der Küste) hauptsächlich gezeichnet hat: den Badetourismus.



Montegridolfo: Museum der Gotenlinie

Montegridolfo Museo della Linea dei Goti via Roma, 2 Tel. 0541 855054/855320 Fax 0541 855042 montegridolfo@provincia.rimi ni.it • Öffnungszeiten im Sommer: Montag bis Samstag nach Voranmeldung 9:00-12:00; Sonntag 16:00-19:00 • Öffnungszeiten im Winter: nach Voranmeldung; Sonntag 10:00-12:00/15:00-18:00 • Eintritt gegen Bezahlung; Schulgruppen kostenlos • Nach Voranmeldung und vormittags ist die geführte Besichtigung der Schutzräume möglich

Oben, ein Stück deutscher Artillerie; im Hintergrund das Foglia-Talgebiet. Unten: links, deutsche, englische und italienische Waffen, die während des Zweiten Weltkriegs benutzt wurden; rechts, Metallschachteln und - dosen für Zigaretten und Kondensmilch. 57

Bereits 1985 von der Gemeinde Montegridolfo geplant, konnte es doch erst fast zwanzig Jahre später (2002) realisiert werden. Es befindet sich in einem zum großen Teil unterirdischen Lokal aus Stahlbeton, das 1990 außerhalb der Kastellmauer als Imitation eines Bunkers eigens gebaut wurde. Vom Pfad, der zum Museum führt, kann man einen weiten Abschnitt des FogliaTalgebiets sehen, das 1944 Schauplatz heftiger Kämpfe war, und aus dem die englischen Truppen kamen, die Montegridolfo einnahmen (31. August 1944). Zuvor trafen sie auf den heftigen Widerstand deutscher Truppen an der stark befestigten „Gotenlinie“. Das Museum hat eine Abteilung mit Erinnerungsstücken des Krieges, den im Konflikt verwendeten Waffen, und eine sehr reichhaltige zweite Abteilung, die der Kriegspropaganda und der Presse in der Zeit von 1943-1945 vorbehalten ist. Es besitzt eine gute Sammlung mit Fotos zum Kriegsgeschehen im Gebiet von Montegridolfo und außerdem Filme und Videos. Beim Sammeln der Erinnerungsstücke hat die ganze Bevölkerung der Zone mitgemacht, die kleinen Waffenmodelle hingegen kommen aus der Kollektion Malizia und das Pressematerial aus der Kollektion von Terzo Maffei. Das Museum bietet sich an, um die Erinnerung an die Geschehnisse des Zweiten Weltkriegs und den Durchzug der Front im Gebiet von Montegridolfo lebendig zu halten, das zusammen mit dem nahen Gemmano einer der letzten Stützpunkte der Gotenlinie war, es rekonstruiert die schrecklichen Bedingungen des militärischen und zivilen Lebens in der Kriegszeit. Mit Lektionen, Laboratorien und geführten Besichtigungen bietet es einen guten didaktischen Service an. In der Zone (aber in der Gemeinde Montescudo) gibt es noch ein weiteres sehr interessantes und beeindruckendes Zeugnis vom Durchmarsch der Front im Jahr 1944: die durch Granaten zerstörte antike Pfarrkirche von Trarivi, deren Ruine konsolidiert und restauriert worden ist. Hier hat man noch einige Räume angebaut, die neben einigen Andenken zumeist Fotodokumente enthalten. Sie trägt nun den Namen „Friedenskirche“.



Riccione: Galerie für Moderne und Zeitgenössische Kunst, Villa Franceschi

Riccione Galleria d’Arte Moderna e Contemporanea Villa Franceschi via Gorizia, 2 Tel. 0541 693534 www.villafranceschi.it museo@comune.riccione.rn.it • Öffnungszeiten im Sommer (21. Juni bis 31. August): Montag bis Sonntag 20:0023:00; Dienstag und Donnerstag 9:00-12:00 • Öffnungszeiten im Winter: Dienstag und Donnerstag 9:00-12:00/16:00-19:00; Mittwoch und Freitag 9:0012:00; Samstag und Sonntag 16:00-19:00; Montag geschlossen • Eintritt gegen Bezahlung

Oben, ein Raum der Galerie. Unten: links, Enrico Baj, Ohne Titel; rechts, Detail der Villa Franceschi (1910-1920). 59

Diese Galerie ist in den letzten Tagen des Jahres 2005 eröffnet worden. Ihre Bestände gehören zu zwei verschiedenen Gruppen Zeitgenössischer Kunst. Die erste ist Eigentum der Gemeinde Riccione und besteht aus Gemälden, die vor allem dank der Unterstützerprämien des Fremdenverkehrsbüros (zwischen 1947 und 1955) gesammelt wurden, sowie einer Schenkung des forliveser Malers Maceo Casadei (1975). Die zweite ist Eigentum der Region Emilia-Romagna, seit 1998 eine Leihgabe an die Gemeinde Riccione, und sie besteht aus neunundfünfzig Arbeiten, die 1973 erworben wurden (in der Folge einer Ausstellung zur Unterstützung der Stiftung, die den Namen des Schriftstellers Gaetano Arcangeli trägt; zwei Jahre zuvor, in Bologna). Man sieht Gemälde, Skulpturen und Zeichnungen von beachtlichem Interesse, die großenteils von emiliano-romagnolischen Künstlern stammen, wie Carlo Corsi (1948), Andrea Raccagni (1950), Ennio Morlotti (1962), Bruno Saetti (1970), Virgilio Guidi (1970), Mattia Moreni (1970), Enrico Baj (ca. 1995), Alberto Burri (ca. 1986), Alberto Sughi (1969-1985), Maceo casadei (1965-1968), Osvaldo Piraccini (ca. 2000), Renato Birolli (1947), Vittorio Tavernari (1970). Die Arbeiten sind in einer Villa aus den Anfängen des 20. Jahrhunderts untergebracht, die ehemals der bologneser Familie Franceschi gehörte und 1953 durch ein Testament der FranceschiWitwe Clementina Zugno ins Vermögen der Gemeinde Riccione überging. Die Villa ist zwischen 1997 und 2005 sorgfältig restauriert worden, zwar im Hinblick auf ihre Funktion als Galerie, aber unter Respektierung ihrer ursprünglichen Ordnung und Dekoration. Sie ist ein gutes Beispiel des Typs von Gebäuden für die Sommerfrische, wie sie in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts für Riccione kennzeichnend waren. Es handelt sich um einen sehr bürgerlichen und akademisch korrekten „Deco-Stil“ mit den üblichen eklektischen Zementdekorationen. Von der ursprünglichen Ausstattung hat die Villa noch einige Gemälde und Drucke und ein paar Möbelstücke behalten.



Rimini: Museum Fellini

Rimini Museo Fellini via Oberdan, 1 Tel. 0541 50085 Fax 0541 57378 www.federicofellini.it fondazione@federicofellini.it • Ganzjährige Öffnungszeiten: Dienstag bis Freitag 16:3019:30; Samstag und Sonntag 10:00-12:00/16:30-19:30; Montag geschlossen • Eintritt kostenlos

Ausstellungsdetails im Museum Fellini. 61

Das Museum Fellini stellt temporär und in Zyklen Teile des dokumentarischen Bestandes der angeschlossenen FelliniStiftung u./o. von anderen aus: Schriften und Zeichnungen des Regisseurs, Szenenfotos, Foto- und Grafikdokumente, Szenenskizzen, Kostüme usw. In den letzten Jahren wurden hier sehr beeindruckende und gut angenommene Ausstellungen durchgeführt, von denen wenigstens die folgenden erwähnt werden müssen: „Achteinhalb, Fellinis Reise“ (2003), mit Fotos von Gideon Bachmann, „Giulietta, Portrait einer Schauspielerin“ (2004), „Das Papierkino. Fellinis Erbe“ (2004), „Fellini und seine Filme in den Zeichnungen der Kollektion Renzi“ (2004), „Amarcord. Das phantastische Rimini“ (2005), „Die Kunst Fellinis in der Kollektion Gèleng und den Kostümen von D. Donati“ (2005), „Tazio Secchiaroli. G. Mastorna, ein unvollendetes Werk“ (2006). Das Archiv der Stiftung wird ständig erweitert durch Grafik- und Fotodokumente, Filmrollen, Bücher und Andenken. Jüngst (2006) hat es ein berühmtes Original Fellinis erworben, das „Buch der Träume“, das eine zwanzig Jahre umfassende TraumproduktionsDokumentation des Regisseurs enthält, die von ihm selbst mit Texten und Zeichnungen illustriert wurde. Material der Stiftung ist bei verschiedenen Anlässen in Italien und im Ausland (Seattle, New York, Stockholm, Oslo, Barcelona, Kopenhagen, Warschau usw.) ausgestellt worden. Das Museum Fellini befindet sich im Erdgeschoss des FelliniHauses.



Rimini: Museum der Blicke, Ethnografische Sammlungen

Rimini Museo degli Sguardi Raccolte Etnografiche Covignano di Rimini - Villa Alvarado, via delle Grazie, 12 Tel. 0541 751224 Fax 0541 704410 Für didaktische Aktivitäten: Tel. 0541 704421-26 www.comune.rimini.it musei@comune.rimini.it • Ganzjährige Öffnungszeiten: Dienstag bis Freitag 9:0012:00; Samstag, Sonn- und Feiertage 10:00-13:00/16:0019:00; Montag (falls kein Feiertag) geschlossen • Eintritt gegen Bezahlung Sonntag Eintritt kostenlos

Oben, Teilansicht eines der zwei Afrika gewidmeten Räume. Unten: links, Stücke aus Neu Guinea; rechts, die Prunktreppe der Villa Alvarado, Sitz des Museums. 63

Dies Museum hat das ethnografische Material des vom paduaner Reisenden und Entdecker Delfino Dinz Rialto 1972 gegründeten Museums der außereuropäischen Kulturen „Dinz Rialto“ geerbt. Letzteres wurde zwischen 1975 und 1979 von der Gemeinde Rimini erworben, hatte verschiedene Sitze, wurde durch mehrere weitere Kollektionen (von Ugo Canepa aus Biella, Bruno Fusconi aus Cesena und den Minoritenmönchen aus Rimini) angereichert und ist schließlich (Dezember 2005) mit einem neuen Zuschnitt, der den unvermeidlichen Lücken in der durchaus reichlichen Dokumentation (mehr als 3.000 Stücke) Rechnung trägt, erneut eingerichtet worden. Sein Thema sind nicht mehr die außereuropäischen Kulturen, sondern wie der abendländische Mensch auf die außereuropäischen Kulturen sah, mit von Mal zu Mal skandalisierten und erschütterten, überraschten und neugierigen, faszinierten und ästhetisierenden Blicken. Es stellt also eine Einladung zu einer „historischen“ Reflektion modernen Zuschnitts dar, die für ein offenes Verständnis der Welt der „Anderen“, der „unterschiedlichen Kulturen“ hilfreich sein kann, die einstmals fern waren, heute jedoch in unserer Realität sehr wohl präsent sind. Deshalb schien es uns nützlich, dieses Museum in das Kapitel aufzunehmen, das die moderne Welt betrifft, eher als in das EthnografieKapitel. Das Museum hat seinen Sitz in einem eigens hierzu restaurierten kleinen Palazzo aus dem 18. Jahrhundert, der vor dem Sanktuarium der Madonna delle Grazie auf dem Hügel von Covignano das „Missionsmuseum delle Grazie“ beherbergte. In seinen zehn Räumen befinden sich Stücke aus China, Ozeanien, Afrika und Amerika. Herausragend sind ein sehr raffiniertes chinesisches Gemälde (17. Jahrhundert), afrikanische Fetische und Masken, Mayaskulpturen und Stoffe aus dem präkolumbianischen Amerika. Im Erdgeschoss hat man einen Bereich für temporäre Ausstellungen hergerichtet.


Wer mehr wissen möchte... Minimalbibliografie

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