IMMOBILIEN Special über den Markt des Südens
ZEITGESCHEHEN Was steckt hinter dem Gelbwesten-Phänomen?
MONACO Das Fürstentum greift nach den Sternen
PROVENCE Hier geht’s um die Zukunft der Menschheit
RIVIERA mehr sehen, mehr entdecken, mehr wissen
Nr. 312
MÄRZ / APRIL 2019 4,90 € D A S
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EDITORIAL Von AILA STÖCKMANN
Was wäre die RivieraZeit ohne den Input ihrer freien Mitarbeiter? Sie, die in verschiedensten Winkeln unseres Verbreitungsgebiets zwischen Marseille und Genua leben oder zumindest einen Teil des Jahres hier verbringen, entführen uns regelmäßig in entlegene Landstriche und graben immer wieder neue Geschichten aus, die erzählt werden wollen. Die Kommunikation untereinander geschieht – wie das heute so üblich ist – per E-Mail. Einmal im Jahr allerdings schaffen wir es, uns alle an einem Ort zusammenzufinden und uns live auszutauschen. In ein paar Tagen, sobald dieses Heft im Druck ist, steht unser Treffen wieder ins Haus. Aus der Nähe von Aix, aus Bormes-les-Mimosas, aus der Gegend von Brignoles, aus Ventimiglia, Dolcedo und auch aus Nizza, Antibes und Levens reisen unsere Autoren an. Im Gepäck, akribisch recherchiert und sorgfältig notiert: Ideen für Stoff, den sie in den kommenden Monaten beackern wollen.
Viele unserer freien Mitarbeiter begleiten uns schon seit Jahren, einige seit Jahrzehnten. Ihnen verdankt die RivieraZeit ihre redaktionelle Vielfalt und die Gewissheit, dass das Heft nie mit leeren Seiten herauskommen muss. Manchmal verhält es sich aber auch andersrum: Dann wird aus Beiträgen, die in der RZ erschienen sind, ein Buch! So wie jetzt Hannelore Salingers Werk «Und morgen will ich einen Esel» – mit jenen Anekdoten und «Kurts»-Geschichten aus der Provence, die uns in der Redaktion und hoffentlich auch Sie zu Hause regelmäßig zum Schmunzeln bringen (siehe Seite 8). Und nun viel Spaß bei der Lektüre dieser neuen Ausgabe eines – wie immer – echten Gemeinschaftswerkes!
DAS TEAM
PETRA HALL
CAROLE HEBERT
FRANÇOISE MULLER
PATRICE SAINT-LEGER
BICH LECOURT
VINCENT ARTUS
DOMINIQUE FREULON
DANIEL NARO
Aila Stöckmann (Chefredakteurin) hat das Ruder der RivieraZeit von Gründerin Petra Hall übernommen. Sie lässt die Leser nach mehr als 15 Jahren Côte d’Azur und ebenso langer Zeit in der Redaktion der RZ mit unverminderter Begeisterung teilhaben an ihren Erlebnissen und Begegnungen im Süden. Das Kind des Ruhrpotts könnte nicht mehr ohne – ohne die Sonne, die Natur und die Zeitschrift für alle, denen es genauso geht. Petra Hall (Gründerin) hat vor 26 Jahren die Riviera Côte d’Azur Zeitung aus der Taufe gehoben, die sich unter dem Namen RivieraZeit zu einem attraktiven Magazin gemausert hat. Ihr Ziel von Anfang an: Lesern Spannendes, Informatives und Kurioses vom Mittelmeer in hochwertiger journalistischer Qualität zu liefern. Die gebürtige Hamburgerin ist in der südfranzösischen und monegassischen Medienlandschaft eine Institution. Bich Lecourt (Geschäftsführerin unseres Verlags Riviera Press) wurde in Antibes geboren. Seit der Promovierung nach ihrem Wirtschaftsstudium arbeitet sie in Sophia-Antipolis und kennt sich bestens in der Business-Szene des Technologieparks aus. Sie liebt Architektur und Innendesign und ist immer darauf aus, Neues in ihrer Heimatregion und auf ihren Reisen zu entdecken. Carole Hébert (Sekretärin) ist die gute Seele im Team. Neben Buchhaltung, Abo-Verwaltung und Leser-Anliegen hat die Nordfranzösin mit einem Faible für Zahlen immer im Visier, dass weder Druckerpapier noch Kaffeepulver ausgehen.
Vincent Artus (Art Director) gestaltet, was Sie hier in den Händen halten. Der waschechte Nizzarder hat eine Vorliebe für klare Linien und das Spiel mit weißen Flächen. Das MultiTalent macht auch Fotos und Filme. Françoise Muller (Anzeigen & PR) stammt aus der Senfstadt Dijon. Sie lebt und arbeitet aber bereits seit 1993 an der Côte d’Azur, wohin sie die Liebe verschlug. Seit 14 Jahren arbeitet die Powerfrau mit Begeisterung im Bereich Kommunikation & Marketing. Ihre Hobbys: Literatur und Sport. Dominique Freulon (Vertrieb, PR & Events, Freelance), gebürtige Pariserin und seit 15 Jahren an der Côte d’Azur, arbeitet mit viel Energie und Dynamik in unserer VertriebsAbteilung. Sie liebt den Kontakt mit Menschen und unsere Magazine. Ihre Hobbys: Reisen in ferne Länder, Literatur. Patrice Saint-Léger (Anzeigen & PR) arbeitet seit mehr als zehn Jahren in der Kommunikationsbranche. Nach dem BWL-Studium und einem beruflichen Abstecher nach London hat der gebürtige Cannois seine Passion für Anzeigen entdeckt – ihre kreative Seite und die Wirkung, die sie haben können. In der Freizeit geht ihm neben der Familie nichts über Sport und die Natur. Daniel Naro (Anzeigen & PR) wäre in seiner nordfranzösischen Heimat bei Metz beinahe Profi-Fußballer geworden. Plan B wurde die Versicherungsbranche. 25Jahre später suchte er die Sonne und fand sie an der Côte d’Azur. Hier startete er in den Medien neu durch – jetzt im Team von Riviera Press, wo er die Professionalität und Kollegialität schätzt. MÄRZ / APRIL 2019
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RIVIERA
INHALT
Ausgabe 312
Widerspenstige Provenzalen: Einen Ort kennen sie alle
MEHR SEHEN, MEHR ENTDECKEN, MEHR WISSEN
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Das ist neu Foto Titelseite IMMOBILIEN – WIE DIESE IN DER PROVENCE, INFO: +33 (0) 4 90 72 06 06 – SIND THEMA UNSERES SPECIALS AB SEITE 38 © Michaël Zingraf Christie’s International Real Estate Foto unten DAS HOTEL DE PARIS IN MONACO IST FRISCH SANIERT, SEITE 48 © SBM Monaco
Highlights an der Côte d’Azur, über die Sie Bescheid wissen sollten
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Aktuell
Gelbwesten: Der gefühlte Abstieg
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Ligurien Serge & Beate Klarsfeld in Nizza: Plädoyer für Europa
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Marseille: 100 000 Menschen leben in baufälligen Wohnungen
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Mouans-Sartoux: der Vorzeige-Ort
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Kultur
Lion Feuchtwangers geheime Tagebücher
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Colette – die Frau, die ihre Katzen siezte
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Monaco
Ein Monegasse im Weltall?
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Golf
Wildromantisch: die Domaine du Château de Taulane
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Segeln
Die kleine Schwester der J-Class-Yachten im Aufwind
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Natur
Estérel-Gebirge: Einmal quer durch!
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Gourmet
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Neue Michelin-Sterne: Paukenschlag und lange Gesichter im Süden
Monte-Carlo Masters: Nadal will’s noch mal wissen
Imponiergehabe bei der Wein-Verkostung – ein Kommentar
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Wirtschaft
In der Provence geht es um die Zukunft der Menschheit
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Deutsch-französischer Motor: neue Impulse durch Aachener Vertrag?
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Immobilien
Special rund ums Wohneigentum im Süden
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Menschen
Trauer um die «Lady of Negresco»
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Wandern im Hinterland: Touren für jedes Alter
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Veranstaltungen Feste, Musik, Sport-Events und vieles andere mehr
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Blickpunkt
Einschreibefrist für Europawahl verlängert
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Endspurt Impressum
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DAS IST NEU!
«One Monte-Carlo» EIN NEUES STADTVIERTEL FÜR DAS FÜRSTENTUM
Die Freude der kleinen Prinzessin Gabriella und ihres Bruders, Prinz Jacques, war groß: Sie durften – cool mit Sonnenbrille und in Lederjacke – die Gedenktafeln zur Einweihung des neuen Stadtviertels «One Monte-Carlo» enthüllen. Mama Fürstin Charlène und Papa Fürst Albert mussten sie dafür natürlich auf den Arm nehmen. Aber auch Jean-Luc Biamonti, Président délégué der Bauherrin SBM, war sichtbar froh und erleichtert über den erfolgreichen Abschluss dieses MegaProjektes und dankte Fürst Albert für das grüne Licht, das dieser für die revolutionären vierjährigen Bauarbeiten gegeben hatte. Etwa 400 geladene Gäste – tout Monaco – wohnten der Einweihung von One Monte-Carlo Ende Februar bei. Dort, wo einst das 1932 erbaute Sporting d’Hiver stand, haben nun ein Gebäudekomplex aus 30 Luxus-Apartments, 4500 qm Gewerbe- und 2500 qm Bürofläche, ein Ausstellungszentrum von 800 qm, ein Kino für 200 Zuschauer sowie 3000 qm Konferenzräume das Herz des Fürstentums von Grund auf verändert. Luxusboutiquen reihen sich auf der neu kreierten Promenade Princesse Charlène aneinander. Die Pavillons im Casino-Garten, in denen die Geschäfte vorübergehend untergebracht waren, werden jetzt wieder abgebaut. !
© Monte-Carlo Société des Bains de Mer – Pierre Villard
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DAS IST NEU!
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Schützenswert NATURSTEINMAUERN WERDEN UNESCOKULTURERBE
Ganz so wie die Kunst des ParfümHerstellens in Grasse ist Ende vergangenen Jahres auch das Bauen von Trockenmauern in mehreren südeuropäischen Ländern, darunter Italien und Frankreich, in die Unesco-Liste des «immateriellen Kulturerbes» aufgenommen worden. Die höchste Konzentration dieser ohne Mörtel aus Natursteinen geschichteten Bauwerke, die seit Menschengedenken speziell der Terrassierung abschüssigen Geländes dienen, befindet sich in den ligurischen Cinque Terre. 42 000 Hektar Land, auf dem Wein und Olivenbäume gedeihen, wird dort von etwa 7000 Kilometern Steinmauern befestigt, die die Dörfer überdies vor Naturkatastrophen bewahren. Nehmen wir das Beispiel Vernazza (Foto). «Die Mauern sind überall um uns herum – um uns zu schützen, uns mit Nahrung zu versorgen, uns überhaupt die Möglichkeit zu geben, hier zu leben», erklärt die einheimische Margherita Erminio. «1000 Jahre harter Arbeit stecken dahinter.» Seit der Tourismus in den Cinque Terre die Landwirtschaft als Einkommensquelle abgelöst hat, verfallen die Mauern. Nach einem verheerenden Erdrutsch in Vernazza im Jahr 2011 erkannte die junge Frau die Bedeutung der Bauwerke. Seither packt sie selbst beim Wiederaufbau mit an, wann immer sie kann, und gibt die Praxis außerdem an andere junge Menschen weiter. !
Fest der Sinne CARRIÈRES DE LUMIÈRES ZEIGEN IN DIESEM JAHR VAN GOGH
Die warmen, bunten Farben der Provence, denen Vincent van Gogh während seiner Zeit im Süden verfiel, tauchen seit dem 1. März den ehemaligen Steinbruch in Les Baux-de-Provence in neues Licht. Bis zu 15 Meter hoch sind die Werke des niederländischen Künstlers, in die sich der Besucher der Carrières de Lumières versenken kann. Zwischen den hellen Wänden des Steinbruchs entsteht unter der erfahrenen Regie von Gianfranco Iannuzzi eine Traumwelt à la van Gogh (1853-1890), in der jeder der so charakteristischen Pinselstriche in Übergröße auf die Betrachtenden wirkt. Unter den reproduzierten und mit 100 verschiedenen Projektoren an die Wand geworfenen Bildern befinden sich natürlich auch die berühmtesten Werke des Künstlers – wie die 1889 in SaintRémy-de-Provence entstandene «Sternennacht», van Goghs Schlafzimmer in Arles und seine geliebten Sonnenblumen.
© Culturespaces, Gianfranco Iannuzzi
Besucher können bis Januar 2020 Wand für Wand und zu Musik die äußerst produktiven letzten zehn Jahre von van Goghs kurzer Zeit auf Erden nachempfinden – ein Erlebnis für alle Sinne! ! MÄRZ / APRIL 2019
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DAS IST NEU!
Lesestoff EINE LIEBESERKLÄRUNG AN DIE PROVENCE
Kauzige Bewohner der Provence, Zweibeiner wie Vierbeiner, sind die Helden in Hannelore Salingers Geschichten-Sammlung «Und morgen will ich einen Esel». Mit Liebe zum Detail und trockenem Humor schildert die gebürtige Hessin in ihrem gerade erschienenen und mit farbigen Zeichnungen garnierten Werk Begebenheiten aus ihrer geliebten Wahlheimat. Sie versammelt Monster, Kittelschürzen und Krokodile, erzählt von den Zicken ihrer Haustiere und jenen ihrer Mitmenschen. Da wären Papagei Erwin, der anzüglich älteren Damen nachpfeift, das Schwein Trüffel – denn für den Namen Napoleon hätte es in Frankreich eine Strafe gesetzt – und natürlich die titelgebenden Esel Cigalon und Juliette. Und immer wieder taucht Kurt auf, Pate einer ganz eigenen Literaturgattung: Kurts-Geschichten, in denen die Autorin Eigenheiten der Provenzalen liebevoll aufs Korn nimmt. Aufmerksamen Lesern der RivieraZeit dürfte der eine oder andere Name aus den Texten bekannt vorkommen: So manches ihrer Erlebnisse hat Hannelore Salinger in den vergangenen 15 Jahren bereits in der RZ veröffentlicht. !
Kopfüber PARCOURS DER SINNE ERÖFFNET IN NIZZA «Escape Game» war gestern, jetzt sind alle Sinne gefragt! Nach Marseille und einigen anderen Großstädten hat soeben in Nizza eine Filiale von «Sensas» eröffnet. Bei dem Erlebnis für die ganze Familie dreht sich alles ums Hören, Riechen, Sehen, Schmecken und Tasten. Innerhalb von zwei Stunden ist ein origineller Parcours zu absolvieren, der sich größtenteils im Dunkeln abspielt. Je nach Raum gilt es, im Team seine Ängste zu überwinden und dabei Rätsel zu lösen und Amulette (= Punkte) zu sammeln. Ab sieben Jahre. Lach-Anfälle garantiert! MÄRZ / APRIL 2019
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AKTUELL
Der gefühlte Abstieg RZ-Autorin Annika Joeres auf der Suche nach Erklärungen für das Gelbwesten-Phänomen
Gelbwesten – was genau ist ihr Problem? © De Gérard Bottino / Shutterstock.com
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um Mittagessen hat sie Weingläser aufgetischt und ein Schraubglas mit Cornichons auf die Leinendecke gestellt. Sandra Nussbaum, 82 Jahre alt, Lippenstiftund Nagelfarbe aufeinander abgestimmt, wohnt zwei Gehminuten entfernt vom Meer in Nizza. Sie arbeitet als Sexualtherapeutin, «Sexologin», wie sie sich nennt. «Ob Gelbweste oder Firmenboss, das größte private Problem aller Menschen in meiner Praxis ist der vorzeitige Samenerguss.» Sie lächelt freundlich. Die Gelbwesten haben Frankreich in eine tiefe Krise gestürzt – oder eine tiefe Krise sichtbar gemacht, je nach Perspektive. Zwölf Menschen kamen bei den Protesten bis Februar ums Leben, mehr als 1700 wurden verletzt. Staatspräsident Emmanuel Macron hat einen höheren Mindestlohn und eine gesellschaftliche Debatte angekündigt, er hat das Demonstrationsrecht eingeschränkt und kämpft nun um seine Präsidentschaft. Die Wut der Gelbwesten hatte sich daran entzündet, dass Benzin um drei Cent teurer werden sollte. Es war der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte. Aber die Frage ist: Wieso war das Fass vorher schon so voll? Warum überwirft ein ganzes Land sich wegen einer geringfügigen Preiserhöhung? Die Antworten auf diese große Frage sind vielfältig, aber es filtern sich zwei widerstreitende Sichtweisen auf die Gelbwesten heraus: Haben die Demonstranten ein individuelles Problem, das mit einigen sozialen Projekten gelöst werMÄRZ / APRIL 2019
den kann – oder ist die Bewegung die logische Folge einer neoliberalen Politik, die den Menschen in Frankreich immer weniger zu bieten hat?
Das neue Gemeinschaftsgefühl
Unsere Protagonisten, die elegante ältere Dame Nussbaum, jüdische Radiomoderatorin und Sexologin, und der Feinkosthändler Jean-Claude Giardina, Selbstständiger in einem Bergdorf, vertreten jeweils eine dieser Erklärungen. Und stehen mit ihrer Person für die widerstreitenden Theorien zu den Gelbwesten. Sandra Nussbaum meint, die Aufständischen seien vor allem einsam. «Vorher saßen sie traurig zuhause, jetzt stehen sie zusammen am Kreisverkehr und trinken Kaffee», sagt sie. Über vier Jahrzehnte hat Nussbaum in ihrer Praxis bei Paris Paare therapiert, aus allen Schichten der Gesellschaft. Und immer wieder fiel ihr auf, wie einsam die Menschen seien. «Häufig empfing ich Paare, die für die Arbeit nach Paris gezogen waren und sich immerzu stritten, weil sie nie unter Leute gingen.» Tatsächlich gibt es seit Ausbruch der Proteste ein Thema, das im Reden mit und über die Gelbwesten immer wiederkehrt: das neue Gemeinschaftsgefühl. Viele Demonstranten erzählen, wie sehr sie ihre neuen Freunde am Kreisverkehr oder auf der Samstagsdemo schätzen. Sie entwickeln Gruppentänze am Kreisverkehr, chatten nächtelang über Facebook und nicken
allen Menschen mit Warnweste freundlich zu. Die Bewegung ist für viele das Erleben von Solidarität. Eigentlich aber fingen die Proteste Mitte November an, weil Frankreichs Präsident Emmanuel Macron die Steuer auf Diesel um besagte drei Cent pro Liter erhöhen wollte. Eine Mini-Reform, die Zehntausende auf die Straße brachte. Sie wollen eine Reichensteuer und höheren Mindestlohn und im Prinzip geht es um den historischen Verteilungskampf: Nehmt mehr Geld von den Reichen und gebt es den Armen. Sandra Nussbaum ist überzeugt davon, dass die soziale Ungleichheit ein schwerwiegendes Problem in Frankreich ist, aber sie sagt, dass viele vergeblich in der berühmten «Kaufkraft» ihre Erlösung suchen – Kaufkraft ist derzeit das Zauberwort der französischen Politik. Wenn die Leute mehr Geld zum Einkaufen haben, wird endlich wieder Ruhe einkehren, so die Annahme. Nussbaum sah in den Fernsehnachrichten einen Mann am Kreisverkehr sagen, er wolle nicht 100 Euro mehr Mindestlohn wie von Macron versprochen, sondern 300 Euro. «Und ich schwöre Ihnen», sagt Nussbaum, «mit diesen 300 Euro mehr wäre sein Leben auch nicht viel besser.» Wahrscheinlich habe er einfach Angst, nicht mehr mitzukommen, so ihre Vermutung. Nicht mehr mitzukommen mit einem Präsidenten, der rasend schnell in sein Amt kam, der eine neue Ära in der Politik versprach und vielen Menschen damit Angst einflößte. Angst davor, staatliche Sicherheiten und die Kaufkraft zu verlieren, die eigentlich nur ein verkürztes Symbol für gesellschaftliche Teilhabe ist. Nicht zufällig heißt Kaufkraft wörtlich aus dem Französischen übersetzt sogar «Kauf-Macht». Nussbaum ist im belgischen Antwerpen geboren. Als die Nazis das Land besetzten, war sie drei Jahre alt. Sie und ihre Eltern mussten über die schneebedeckten Alpen von Frankreich in die Schweiz fliehen, vorbei an Menschen, die einfach im Schnee sitzen geblieben und erfroren waren, alle paar Minuten kam das Mädchen an diesen menschlichen Eis-Statuen vorbei, wie sie heute erzählt. In der Schweiz überlebte die Familie ein Arbeitslager und kehrte erst nach dem Krieg wieder nach Belgien zurück. Sie sei nicht belgisch, sondern jüdisch, riefen ihr die Kinder auf dem Pausenhof zu. «Ich schlug dann einfach zu», sagt Nussbaum mit einem gewissen Stolz, sie sei stark gewesen, sagt sie, und sticht ihre Faust mit dem goldenen Armbändchen in die Luft. Nussbaum ist heute erstaunlich wohlwollend gegenüber den Deutschen, ihren frühkindlichen Verfolgern. Nach ihrem Studium in Paris wohnte sie mit ihrem ersten Mann für ein paar Jahre bei Köln, er arbeitete bei Renault. «Die Deutschen sind herzlich und kümmern sich um ihre Nachbarn», sagt Nussbaum. Noch immer telefoniere sie einmal in der Woche mit ihrer früheren Nachbarin. «Ich glaube, die Deutschen haben sich damit abgefunden, selbst für sich und ihre Freunde zu sorgen.» Vielleicht seien sie deswegen zufriedener. Diese Eigenverantwortung ist das Mantra von Macron. Der Aufsteiger mag einen schlanken Staat, fördert Menschen, die ihr Unternehmen gründen wollen und glaubt, wenn es der Elite gut gehe, hätten auch die weniger wohlhabenden Menschen etwas davon. «Der erste am Seil
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zieht alle anderen mit», sagt er, und meint: Nicht der Staat solle alle Bürgerinnen und Bürger mitziehen, sondern eben erfolgreiche Individuen. Jean-Claude Giardina ist Lebensmittelhändler in Levens, eine Busstunde von Nussbaums Wohnung in Nizza entfernt. «Wir sind ein reiches Land, warum haben wir Obdachlose, Arme und Typen ohne Aufgabe?» Giardina hat in wenigen Monaten seine épicerie «Babi» aufgebaut, er verkauft Bio-Brote und bietet einen Mittagstisch an, in den kommenden Monaten will er ein Restaurant in dem 5000-Seelen-Dorf eröffnen. Gäste lädt er abwechselnd zu einem Glas Wein oder Espresso ein, während er sich in der offenen Küche über Pfannen und kniehohe Töpfe beugt. Er sagt: «Wir Franzosen können uns heute nicht mehr auf den Staat verlassen wie früher.»
Nur noch gestresst
Als Nussbaum in den 1970er-Jahren ihre Praxis eröffnete, war Giardina ein zuversichtlicher junger Mann. Als jugendlicher Schulabbrecher tingelte er ein paar Monate durch Indien, arbeitete auf Baustellen und kaufte schließlich ein Bergrestaurant in den französischen Alpen. «Damals konnten wir alles ausprobieren. Die heutigen Jugendlichen sind nur noch gestresst.» Nach drei schneefreien Wintern – es war die Zeit vor den Schneekanonen – zog er um nach Nizza und dann in sein Bergdorf. Giardina steckt all seine Zeit in die hausgemachten Makronen, in die Karamel-Tartelettes, die Wildschwein-Ragouts und den Stockfisch, aber eigentlich ist er ein wenig enttäuscht, dass die Menschen ihm nicht die Bude einrennen. Sie seien an den «Quatsch in den Supermärkten» gewöhnt worden, deshalb komme er nur gerade so eben über die Runden. Dieses Gefühl, von der Gesellschaft enttäuscht und vom Staat verlassen worden zu sein, ist ein typisch französisches. «Ich bin ein Einzelgänger, der andere Menschen braucht», sagt er. Auch Nussbaum war nie einsam in ihrem Leben, vielleicht, weil sie selbst so engagiert lebt, wie sie es von ihren vereinsamten Patienten verlangte: Sie lädt ihre Nachbarn zum Essen ein, sie spielt Theater, lernt Jiddisch und geht zweimal in der Woche ins Fitnessstudio. Wären da nicht die beängstigenden Zahlen über stetig ansteigende antijüdische Gewaltvorfälle in Frankreich, sie hätte wohl ein sorgloses Leben. Erst kürzlich eröffnete Nussbaum eine Holocaust-Ausstellung im deutsch-französischen Kulturzentrum in Nizza mit Schülerinnen und Schülern aus den rechtsnational regierten italienischen Nachbarorten. Nussbaum wirkt so energisch und zuversichtlich wie der halb so alte Macron, und wahrscheinlich würde es ihm auch gefallen, wie sie an die Menschen appelliert, aktiv zu werden. Der Präsident selbst hat in seinem Leben alles im Sprint absolviert, die Eliteschule ENA, seine Zeit bei einer Privatbank, er war jüngster Pariser Wirtschaftsminister und schließlich mit 39 jüngster Präsident Frankreichs. Macron glaubt, die Menschen müssten nicht erwerbslos, arm und ausgeschlossen sein, wenn sie sich genügend anstrengten. Seine unbedachten Äußerungen, die er hinterher relativieren muss, gehen oft in diese Richtung. Einem jungen arbeitslosen Gärtner sagte er im Sommer auf einer Veranstaltung, dieser solle eben als Kellner oder auf dem Bau arbei-
ten. Die Arbeitslosenquote liegt bei 9,1 Prozent, unter den Jungen sogar bei 20 Prozent. «Welche sinnvolle Arbeit wird denn heute noch menschenwürdig bezahlt?», fragt Jean-Claude Giardina. Nichts liege mehr auf der Straße wie früher. Sein Vater habe als Maurer allen vier Kindern eine Wohnung vererbt, das sei undenkbar heute. Eigentlich ist Giardina auch so ein self-madeMan wie Macron, ein Mensch, der mal Pilze im Keller anbauen möchte, mal seine eigenen Cola-Flaschen herausbrachte und dann wieder Nudel-Ateliers mit Schulklassen organisiert, er sprüht vor Ideen und gibt nicht auf. Giardina hat zwei Söhne. Sein drittes Kind, Philippe, ist vor kurzem gestorben. Er wurde durch einen Ärztefehler schwer behindert geboren. In der kurzen Zeit seines siebzehnjährigen Lebens saß er im Rollstuhl und wurde mit einer Sonde ernährt. Giardina hat sich durch alle Instanzen geklagt und schließlich vor dem Pariser Berufungsgericht Recht bekommen. Dass der Gynäkologe einen Fehler beging, steht heute als Präzedenzfall in den französischen Rechtsbüchern. Wenn Giardina auf den Dorffesten seine frische Zuckerwatte anbietet, stehen die Leute lange an, und die sehnsüchtigen Augen der Eltern machen klar: Die Zuckerwatte weckt Erinnerungen an gute Zeiten. «Früher wurde mehr gefeiert», sagt Giardina und stimmt ein viel gesungenes Lied an: Darüber, wie früher karaffenweise Wein in jeder Mittagskantine getrunken wurde, die Menschen mehr zusammenhielten, mehr zusammensaßen.
Verlorene Identität
Vielleicht haben Franzosen andere Ansprüche an ihr Land als die Deutschen an ihres – in Frankreich soll der Staat zusammenhalten und versorgen. Viel stärker als die Deutschen verstehen die Franzosen sich als Wertegemeinschaft, schließlich prangt auch heute noch über jedem Eingang zu einem öffentlichen Gebäude, ob Rathaus oder Kindergarten, die Parole «Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit». Viele beginnen an dieser Losung zu zweifeln. Um nur ein Beispiel zu nennen: Menschen haben es schwer, ihren Beruf frei zu wählen. Der Sohn eines Arbeiters wird zu 50 Prozent selbst Arbeiter, aber nur zu 10 Prozent leitender Angestellter. Bei den leitenden Angestellten ist es genau andersherum. In Umfragen geben auch Geringverdiener und Angestellte – dabei vor allem Frauen – an, schlechter dazustehen als ihre Eltern. Das Gefühl, es gehe persönlich abwärts, ist weit verbreitet. Diese Ungleichheit ist in Frankreich mehr als ein soziales Problem – sie bedeutet, dass ein Teil der französischen Identität verloren geht. Als 1981 der Sozialist François Mitterrand Präsident wurde, feierte Giardina die Nacht mit seinen Freunden in Grenoble durch. Auf die Party folgte der Kater. Mitterrand schaffte zwar die Todesstrafe ab, führte eine Vermögenssteuer ein und verstaatlichte Banken, Pharmafirmen und Baukonzerne, machte kurz darauf aber eine Wende zur Sparpolitik, oder, wie Giardina es ausdrückt, Mitterrand wurde zum Rechten. «Auch Macron wird die unteren Klassen so enttäuschen», befürchtet Giardina. Macron wollte weder rechts noch links sein, sondern eine neue Politik machen. Seine Nähe
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zur Wirtschaft hat in den knapp zwei Jahren seiner Amtszeit aber vor allem den Wohlhabenden genutzt. Er hat die Vermögenssteuer abgeschafft und Steuern für Konzerne gesenkt, zugleich hat er die Wohnungshilfe für Bedürftige gesenkt und Rentner stärker besteuert. «Früher hieß es: Wir holen mehr und mehr Menschen von der Straße, der allgemeine Wohlstand steigt. Das ist vorbei», sagt Giardina. Jedes Jahr gibt es mehr arme Menschen, die Zahl derjenigen, die weniger als 50 Prozent des mittleren Einkommens verdienen, steigt seit zehn Jahren auf zuletzt acht Prozent an.
Bankrott des Systems
Für Giardina ist das ein Bankrott des Systems. Wenn die Gelbwesten über ihre Probleme sprechen, wie sie drei Jobs gleichzeitig erledigen und ihre geringe Rente sie in die Suppenküche treibt, dann sind sie seelisch meilenweit von Macrons Idee der «start-up-Nation» entfernt. Unter seinen Abgeordneten und Wählern finden sich überdurchschnittlich viele Selbstständige, Gründer, man kann wohl sagen, optimistische Menschen, die die Welt einfach noch ein Stückchen weiter in die schon eingeschlagene Richtung drehen wollen. Giardina aber möchte sie wieder zurückdrehen. Er kocht sich mit seiner Frau einen Tee aus selbst gepflückten Kräutern. Ihre Küche, in der sich die vielen frischen Lebensmittel stapeln und leicht abgewetzte Stühle um einen großen Tisch stehen, ist der Mittelpunkt ihres Hauses an einem Berghang. Für ihre Kinder sind sie hier hochgezogen, für Natur und gute Luft. Aber auch hier fahren die Menschen mit Gelbwesten im Auto herum. «Die frühere Sicherheit, in der Not auf staatliche Rücklagen und überhaupt die guten Krankenhäuser und Altenheime setzen zu können, ist dahin», sagt Giardina, und seine Frau, eine Sozialarbeiterin, stimmt zu. Zum Schutz vor ansteckenden Krankheiten seien Einzelzimmer in fast jedem Altenheim zum Standard geworden – aber die Krankenversicherung zahlt sie trotzdem nicht. Für viele alte Menschen ein Schock. Auch eine andere Sicherheit schwindet: Das «livret A», das Sparbuch jedes Franzosen, dessen Zinsen sogar in den Nachrichten verkündet werden, bringt kein Geld mehr ein. «Macron wird uns bald die solidarische Rente nehmen», prophezeit Giardina. Tatsächlich möchte Macron die bislang umlagenfinanzierte Rente umstellen auf ein Punktesystem – und auch private Finanzierer hereinlassen, wie es in Deutschland schon mit der umstrittenen Riester-Rente passierte. Wenn aber die Einsamkeit die Franzosen auf die Straße treibt oder auch das nicht eingelöste Versprechen nach Gleichheit, nach einem glückseligen Wohlstand für alle, so steht Macron vor einer kaum zu lösenden Aufgabe. «Wie soll man so vielen Menschen helfen, Gemeinschaft zu finden?», fragt sich auch Sandra Nussbaum. Ist die Antwort die drastische Umverteilung, wie Giardina sie gefallen würde? Das wiederum ist unter Macron kaum vorstellbar. So ist die Antwort auf die Gelbwesten eben diese: Entweder die Bewegung verpufft und die Enttäuschten ziehen sich wieder von der Straße zurück. Oder sie mobilisieren erfolgreich weiter, bis sich die Politik ändert – und dann wird sich Macron schwer halten können. ! MÄRZ / APRIL 2019
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Plädoyer für Europa Anlass für einen Abend in Nizzas «Volkshochschule» war ihr Engagement als Nazijäger, doch Serge und Beate Klarsfeld lenkten die Publikums-Diskussion bald in die Gegenwart Von AILA STÖCKMANN
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"Foto 1 Gelten zu Recht als moralische Autoritäten, wie sie Anfang Januar in Nizza mit ihrem engagierten Auftritt belegten: Beate (2.v.r. vorn) und Serge Klarsfeld (neben ihr, 3.v.r.) © Ville de Nice
"Foto 2 Das Paar am 23. Oktober 1979 am Tag des Prozess-Auftakts in Köln gegen die mutmaßlichen NS-Verbrecher Kurt Lischka, Martin Hagen und Kölns damaligen Bürgermeister Ernst Heinrichsohn. Die Angeklagten sollten 29 Verhandlungstage später der Beihilfe zum Mord an französischen Juden für schuldig befunden werden. © Picture Alliance
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ine Ausstellung in Nizza, einstige Heimat von Serge Klarsfeld, zeigte kürzlich Dokumente und Gegenstände jener Dekade im vergangenen Jahrhundert (1968-1978), in der das deutsch-französische Ehepaar Klarsfeld weltweit NS-Verbrecher jagte und vor Gericht brachte. «Was irgendwo noch in Archiven über die Greueltaten der Deutschen greifbar war, die Klarsfelds gruben es aus», schrieb 1980 der Spiegel. Zum Abschluss der hoch gelobten Ausstellung kam das Paar Ende Januar in die Hauptstadt der Côte d’Azur – immer noch hellwach, engagiert und voller mahnender Worte. Im gut gefüllten Auditorium des Centre Universitaire Méditerranéen (CUM) an der Promenade des Anglais stellten sie sich nach einer Filmvorführung über ihr Leben den Fragen der Besucher. Eine fast perfekte Veranstaltung – hätten sich bloß ein paar mehr jüngere Leute unter all die aufgeregt erschienenen grauhaarigen Zeitgenossen der Klarsfelds gemischt, wie Moderatorin Hélène France zu Beginn ernüchtert feststellte. Immerhin: Für den Folgetag war ein Treffen des deutsch-französischen Paares mit 250 Schülern in Nizza angesetzt. Der Film «Die Hetzjagd» von 2008 mit Franka Potente als Beate Klarsfeld und Yvan Attal als ihr Mann Serge zeichnet einen Abschnitt genau jener Dekade im Leben des Paares nach, in der die beiden als Nazijäger ihre Berufung gefunden hatten. Im Jahr 1951 war Klaus Barbie, als dortiger GestapoChef von 1942 bis 44 auch als der «Schlächter von Lyon» bekannt, in Bolivien untergetaucht. Barbie war für die Folterung und Ermordung von Mitgliedern der Résistance – unter ihnen Jean Moulin – in Südfrankreich verantwortlich. Serge und Beate Klarsfeld verfolgten in den 1970erJahren seine Spur, die nach La Paz führt – zu einer Zeit, als die Erinnerungen an den Holocaust langsam zu verblassen begannen. Wie sehr sie kämpfen mussten und sich dabei auch selbst in Gefahr brachten, verdeutlichte der Film. «Wir wollten», so Serge
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Klarsfeld an diesem Abend in Nizza, «dass Deutschland ein Gesetz verabschiedet, damit den Verantwortlichen ein Prozess gemacht wird, sie verurteilt werden und ins Gefängnis gehen.» Während des Abspanns gab es stehende Ovationen für das mutige Paar. Dann wurde Geschichte noch greifbarer: Serge Klarsfeld, geboren 1935, erzählte, wie er 1943, als Juden auch in Südfrankreich gefangen genommen und nach Auschwitz deportiert wurden, in Nizza als kleiner Junge in der doppelten Rückwand des Wandschranks der Familie überlebt hatte. Der Vater hingegen stellte sich, um Frau und Kinder zu retten, wurde verschleppt und starb im Konzentrationslager. An Nizza habe Serge dennoch auch gute Erinnerungen, versicherte er den aufmerksamen Zuhörern, ebenso wie seine Mutter, die bei ihrem letzten Besuch der Stadt im Jahr 1981 gestorben sei. Zum 75. Jahrestag der Befreiung von Auschwitz werde im kommenden Jahr am jüdischen Friedhof in Nizza eine Mauer eingeweiht mit den 3485 Namen der im Laufe des Zweiten Weltkriegs von dort Richtung Deutschland und Polen deportierten Juden. Die Namensliste der Deportierten, das erwähnte der heute 83-jährige gelernte Rechtsanwalt an diesem Abend allerdings nicht, geht wiederum auf Recherchearbeiten von Serge Klarsfeld zurück.
«Europa muss verteidigt werden»
Was ihm im Januar 2019 wichtiger war, war die Gegenwart. Er sprach von der Versöhnung zwischen dem deutschen und dem französischen Staat, die seiner Frau und ihm immer ein besonderes Anliegen gewesen sei. Diese Versöhnung «war unabdingbar für Europa». Und dieses Europa, die Europäische Union, so betonte ein flammender Klarsfeld, müsse verteidigt werden. Er rief das Publikum auf, jetzt im Mai an den Europawahlen teilzunehmen (siehe auch Seite 36 und 76) – und sich für eine pro-europäische Partei auszusprechen. «Denn Europa ist unser Schutz», sagte er, bevor erneut Applaus entbrannte, «unser Schutz gegen Antisemitismus und für die Verteidigung der republikanischen Werte. Europa ist absolut unentbehrlich.» !
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Bruchbuden und Trümmerhaufen Marseille: 100 000 Menschen leben in baufälligen Wohnungen ie Türen schließen nicht mehr, im Treppenhaus fallen die ersten Brocken aus der Wand, die Risse in der Küche weiten sich immer bedrohlicher. Der 33-jährige Abdelghani Mazid dreht am Montagmorgen, 5. November 2018, um 8.51 Uhr noch ein letztes Video von der Eingangstür seiner Wohnung im Haus mit der Nummer 65 in der Rue d’Aubagne von Marseille und macht sich damit auf den Weg zum Verwalter. Keine zehn Minuten später fällt das fünfstöckige Haus im Innenstadtviertel Noailles in sich zusammen, im Trümmerhaufen sterben acht Menschen. «Ich hätte aber nie gedacht, dass dieses Gebäude tatsächlich einstürzen könnte», sagt Abdelghani Mazid Mitte Dezember in der Sendung «Envoyé Spécial» des Fernsehsenders France 2. Der Einsturz der Bruchbude hat die ganze Stadt aufgeweckt (die RivieraZeit berichtete). Zwei Monate später, also Mitte Januar, sind nach Angaben der Tageszeitung La Marseillaise insgesamt 243 Gebäude in Marseille wegen akuter Gefahr geräumt. Die Stadt hat seit Anfang November insgesamt 1949 Menschen evakuiert, von denen 1345 Personen in 31 Hotels untergebracht sind. Im Norden der Stadt wird eine ganze Anlage, der Parc Corot, mit 96 Wohnungen wegen Sicherheitsproblemen komplett geräumt. Das ist der Stand nach der Internetseite des Rathauses Mitte Januar.
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Einsturzgefährdete Häuser in jedem Arrondissement
Nach Angaben der Stadt sind mittlerweile 65 Gebäude so saniert und hergerichtet, dass sie wieder bezogen werden können. Gut 400 Menschen sind also wieder zurück in ihrem Viertel. Die Bruchbuden sind beileibe nicht nur im Zentrum links und rechts der einstigen Prachtstraße La Canebière, also zwischen dem Alten Hafen und der Kirche Saint-Vincent-de-Paul, die in Marseille «Les Reformés» genannt wird, zu finden. In jedem der 16 Arrondissements der Stadt gibt es einsturzgefährdete Häuser. Die Parallelen zum Einsturz der Morandi-Autobahnbrücke in Genua Mitte August 2018 (siehe Seite 79) sind unübersehbar. Auch in Marseille ist das Problem bekannt, wissen die Behörden und die politisch Verantwortlichen um die Baufälligkeit von Innenstadthäusern. In den beiden Hafenstädten von Italien und Frankreich verschließt man nicht die Augen, aber begnügt sich mit notdürftigen Reparaturen anstelle von gründlicher Sanierung. Es wird schon gut gehen. Irgendwie. Wenn sich dann unglückliche
Von PETER BAUSCH
Zustände verketten und offenbar der Regen die allerletzten Sicherungen wegspült, kommt es zur Katastrophe: In Genua sterben beim Einsturz über 40, in Marseille acht Menschen. Das Problem ist bekannt. Schon lange. Das Haus mit der Nummer 63 in der Rue d’Aubagne ist schon 2008 als baufällig aufgefallen. Es passiert nichts. 2017 werden die Privatbesitzer enteignet, die Immobilie wird von der Stadt zugemauert. Das Gebäude steht auf der Liste von 500 Häusern, die über den Plan Eradication habitat indigne, also «Ausmerzung von menschenunwürdigen Wohnungen», verschwinden sollen. 2015 wird der Bericht von Christian Nicol im Auftrag der damaligen Wohnungsbauministerin Sylvia Pinel veröffentlicht, nach dem in Marseille 40 000 Wohnungen baufällig seien. Betroffen sind also gut und gerne 100000 Menschen. «Ich habe den Eindruck, dass seit 2015 nichts passiert ist, die betroffenen Beamten machen nicht ihren Job und schieben sich gegenseitig die Verantwortung zu», sagt der ehemalige Generalinspektor im Dezember 2018 der Tageszeitung La Marseillaise.
Drei-Fenster-Häuser – ohne Fundament und tragende Wände
Im Haus mit der Nummer 65 in der Rue d’Aubagne wird Mitte Oktober eine der zehn Wohnungen geräumt, weil der Boden durchgefault ist. Die Expertise nach einer Schnellreparatur gibt keinen Anlass für Warnungen. Die Gebäude, nach dem Prinzip der «Drei-FensterHäuser» aus dem 19. Jahrhundert in Marseille sieben Meter breit, ohne Fundament und ohne tragende Wände gebaut, halten sich gegensei-
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tig aufrecht. Deswegen reißt die einstürzende Nummer 63 das von Abdelghani Mazid gefilmte und bewohnte Nachbarhaus mit ins Verderben. Die Feuerwehr räumt aus Furcht vor dem Domino-Effekt am 5. November sofort das leer stehende Haus mit der Nummer 67.
Politischer Trümmerhaufen
Die eingestürzten Bruchbuden in Marseille hinterlassen einen politischen Trümmerhaufen. Jean-Claude Gaudin, seit 1995 Bürgermeister, ist angeschlagen, weil sich die Hafenstadt als Europas Kulturhauptstadt 2013 mit Museen, dem prestigeträchtigen Umbau des alten Hafens und Einkaufszentren wie Les Terrasses du Port herausgeputzt hat, aber die Innenstadt wie eben das Noailles-Viertel verfallen lässt. Xavier Cachard, einer der Vizepräsidenten der Region, tritt zurück, weil er als Rechtsanwalt und Vermieter der Eigentümergemeinschaft im Haus mit der Nummer 65 in der Rue d’Aubagne aktiv war. Arlette Fructus, die seit 2012 die Probleme in der Rue d’Aubagne kennt, verliert ebenfalls ihre Verantwortlichkeit in der Region, bleibt aber Stadträtin und Präsidentin des stadtnahen Unternehmens Marseille Habitat, das rund 3000 Wohnungen verwaltet. Als Vermieter von menschenunwürdigem Wohnraum haben zudem die ebenfalls konservativen Regionalpolitiker Bernard Jacquier und Thierry Santelli ihre Ehrenämter niedergelegt. Wie in Genua, wo gut 650 Menschen weiter eine neue Bleibe suchen, ist in Marseille guter Rat teuer. Dabei sollen in der französischen Hafenstadt gut 36 000 Wohnungen leer stehen, schreibt die Tageszeitung La Marseillaise, die im Internet den Hashtag #BalanceTonTaudis («Melde deine Bruchbude») gestartet hat und beruft sich dabei auf Angaben der Stiftung Abbé Pierre. Allein in der mit viel Aufwand sanierten Rue de la République sollen gut 1000 Wohnungen nicht belegt sein. Dort sind die ehemaligen Bruchbuden grundlegend saniert, finden wegen hoher Preise aber keine Abnehmer. Ende Januar meldet La Marseillaise, dass das Rathaus zumindest 50 Wohnungen in der Geschäftsstraße, die zum berühmten Café La Samaritaine führt, für die Heimatlosen reserviert. !
Trügerische Idylle im Thiers-Viertel mit den typischen Drei-Fenster-Häusern – ganz ähnlich wie im NoaillesQuartier in unmittelbarer Nachbarschaft © P. Bausch
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Schüler kommen regelmäßig auf den Bio-Hof, um mitzuhelfen © D.R.
Der Bio-Bauernhof Haute Combe in Mouans-Sartoux wird von der Stadt betrieben © D.R.
Der Vorzeige-Ort Stichwort Nachhaltigkeit: Das kleine Mouans-Sartoux zeigt, was auch im Großen funktionieren könnte Liegt es an der bescheidenen Größe des Städtchens? Seiner privilegierten Situation als finanziell und sozial gesunder Gemeinde im Hinterland der Côte d’Azur? Oder am Engagement der Stadtväter? Fakt ist, Mouans-Sartoux lebt den Umweltgedanken – zum Wohle seiner Bürger. Von AILA STÖCKMANN
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achhaltige Entwicklung ist in Mouans-Sartoux nicht nur ein Schlagwort. Umweltschutz wird in dem Städtchen gelebt. Das schönste Beispiel für jene kleinen Unterschiede, die hier gemacht werden, findet sich in seinen Schulen. Andere Initiativen sind Projekte zur Müllvermeidung und zum Wassersparen, öffentliche Kompostbehälter, ein Laden, der ausschließlich unverpackte Lebensmittel anbietet, der Verzicht auf Pestizide in öffentlichen Grünanlagen, in denen übrigens Gemüse wächst statt Blumen, oder die Anstrengungen, den Bürgern Mobilität ohne Auto nahezubringen. Am meisten, auch international, Furore aber machen die Schul-Kantinen der 10 000-Einwohner-Gemeinde: Als erste Stadt FrankMÄRZ / APRIL 2019
reichs bietet Mouans-Sartoux seinem Nachwuchs in Grund- und Vorschulen schon seit Jahren ausschließlich Bio-Kost. Und der Clou an der Sache: Etwa 85 Prozent des Gemüses, das auf die Teller der Schüler kommt, werden vor Ort produziert – auf einem stadteigenen Bio-Hof. «2009 haben wir begonnen, Bio-Produkte in den Speiseplan aufzunehmen. Damals lag die Quote bei einem Viertel. 2010 konnten wir bereits 50 Prozent anbieten, und seit 2012 essen die Schüler bei uns ausschließlich bio», sagt Léa Sturton. Die junge Frau ist seit knapp zwei Jahren für das eigens neu gegründete Ressort «nachhaltige Ernährung» bei der Stadt verantwortlich. Die Diplom-Landwirtin nimmt uns eines Don-
nerstagmittags mit in die Kantine der Grundschule Aimé Legall hinter der Mediathek. Dort wird klar, wie das Prinzip funktioniert, ohne Budgets zu sprengen. Es ist der erste Service an diesem Tag; wie in vielen Schulen werden die Kinder hier in mehreren Etappen verköstigt, erst die Jüngsten, später die Älteren. Die Kleinen stehen in einer Reihe vor der Theke, an der sie sich teils selbst bedienen, teils bedient werden. Es gibt täglich nur ein Menü, und die Kinder sagen genau an, wie viel sie wovon gerne hätten. Wer später noch Hunger hat, kann sich nachholen. Am Schluss gehen die Knirpse mit ihren Tabletts an eine andere Theke in Kinderhöhe, in die vier Eimer eingelassen sind: Dorthinein geben sie ihre Reste – in die entsprechenden Behälter für Fleisch oder Fisch, Gemüse, Vorspeise und Dessert. Viel landet nicht in den Eimern, und das ist bereits fast das ganze Geheimnis hinter der bezahlbaren Bio-Kost: «Wir achten darauf, so wenig wie möglich zu verschwenden», erklärt Léa Sturton. Exakt 36 Gramm werfen die Schüler im Schnitt pro Mahlzeit in den Abfall – ein Bruchteil von dem, was früher weggeschmissen wurde. Dass das klappt, hat verschiedene Gründe: Die Kinder sind für das Thema sensibilisiert worden; sie gehen regelmäßig mit der Klasse auf den Bauernhof, von dem ihr Gemüse stammt, arbeiten dort mit und dürfen probieren. Außerdem hat jede der drei Grundund Vorschulen in Mouans-Sartoux ihre eigene Küche vor Ort, wo jeden Morgen das zubereitet wird, was frisch und köstlich vom Feld um die Ecke angeliefert wurde – für etwa 1000 Mahlzeiten. Andernorts ist es häufig so, dass in externen Großküchen gekocht und die angelieferten Gerichte in den Schulen nur noch mal aufgewärmt werden. Der Weg von Karotte, Kartoffel und Co. beträgt vom Feld auf die Teller in der Grundschule Aimé Legall keine zwei Kilometer.
ALS ERSTE STADT FRANKREICHS ÜBERHAUPT SETZTE MOUANSSARTOUX BEREITS 2012 KOMPLETT AUF BIO-KOST IN GRUND- UND VORSCHULEN
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Diplom-Landwirtin Léa Sturton kümmert sich im Ort um nachhaltige Ernährung © AS
Haute-Combe heißt der städtische Bauernhof unweit des Zentrums. Zunächst vier Hektar Land, 2015 zwei weitere Hektar hat die Gemeinde dort erworben, um ihre Kantinen mit gesundem, lokalem, an den Jahreszeiten orientiertem Bio-Gemüse zu versorgen. Die Idee dazu trieb den damaligen langjährigen Bürgermeister André Aschieri, Vater des heutigen Rathaus-Chefs, schon seit Auftauchen des Rinderwahns Ende der 1990erJahre um. Statt die Kuh komplett vom Speiseplan zu nehmen, sollte auf Bio-Produkte gesetzt werden. Mit ähnlichen Initiativen hat der grüne Ex-Bürgermeister das Leben des kleinen Ortes mehr als 40 Jahre geprägt, bis er sein Amt 2015 aus gesundheitlichen Gründen abgab. «Viele Städte interessieren sich für unsere Kantinen-Initiative», sagt Léa Sturton. Auch, weil dieses Projekt aus Mouans-Sartoux seit 2017 zu einem von europaweit knapp 100 URBACT good practices zählt: Ausgewählt wurden dafür erfolgreiche soziale, wirtschaftliche und Öko-Projekte, deren Konzepte auch auf andere Städte übertragbar sind. «Wenn das hier bei uns klappt, wo es wenig landwirtschaftliche Fläche gibt, dann funktioniert es überall!» ist die junge Frau überzeugt. Nicht nur international, auch lokal macht das Projekt bereits Schule. Die Nachbargemeinde Châteauneuf-de-Grasse etwa hat schon eine städtische Anbaufläche für Gemüse bereitgestellt, Valbonne und Le Rouret bekunden ebenfalls Interesse, sagt Léa. In der Schule führt sie uns unterdessen noch ins Restaurant «Bio Rég’all». In einem ehemaligen Klassenraum werden dort täglich wechselnd einige wenige Kinder bedient wie im Lokal. Die Geräuschkulisse ist eine Wohltat verglichen mit der Hauptkantine, und Erwachsene servieren den Kleinen nach und nach stilecht die einzelnen Gänge. Auch dieses Restaurant, erklärt Léa Sturton, sei eine Initiative mehr, um dem Nachwuchs Respekt fürs Essen und die Fähigkeit zu genießen mit auf den Weg zu geben. In einer regelmäßigen Umfrage unter den Eltern frage die Stadt ab, wie das Essen in der
Schulkantine ankommt. Zu 99 Prozent seien die Mütter und Väter zufrieden, so die Diplom-Landwirtin, und 85 Prozent von ihnen hätten ihre Ess-Gewohnheiten zudem zu Hause verändert. Längst zieht das Kantinen-Projekt auch in Mouans-Sartoux selbst größere Kreise. 2016 wurde die MEAD gegründet, die Maison Education Alimentaire Durable, um die Idee zum Schutz der Gesundheit und der Umwelt weiter zu verbreiten. Hauptquartier ist das alte Bauernhaus auf dem Haute-Combe-Hof, und dort laufen alle Aktionen rund ums nachhaltige Essen zusammen. Hier können sich künftige Landwirte informieren, für die die Stadt mehr und mehr Fläche zur Verfügung stellt, hier wird geforscht, hier werden Workshops und wissenschaftliche Veranstaltungen organisiert. 2017 hat die Stadt zusammen mit der Uni Côte d’Azur einen sechsmonatigen Studiengang ins Leben gerufen, der sich unter anderem an Mitarbeiter von Gemeindeverwaltungen richtet – mit dem Abschluss als «Chef de projet en alimentation durable». Die ersten Absolventen gab es 2018; soeben hat ein neuer Ausbildungszyklus begonnen. Und schließlich läuft ebenfalls seit 2017 das Projekt «Défi Familles à alimentation positive». Zunächst 15, in diesem Schuljahr 21 Familien aus dem Ort lernen dabei in regelmäßigen Treffen mit Experten, wie man sich «bio» ernährt, ohne dabei mehr auszugeben. !
In die Eimer (Foto o.) kommen die – wenigen – Reste der Schüler nach dem Essen; im Schul-Restaurant (Bild u.) wird täglich einigen Kindern die Mittagsmahlzeit serviert wie in einem echten Lokal © D.R.
PROJEKT «BIO FÜR DIE GANZE FAMILIE» www.famillesaalimentationpositive.fr
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DAS SAGT BÜRGERMEISTER PIERRE ASCHIERI «Wir haben unser SchulkantinenProjekt nicht von langer Hand geplant und gleich bis ins Detail ausgearbeitet. Es hat sich vielmehr Stück für Stück entwickelt – im Zuge von Dingen, die damals geschahen, den Erfahrungen, die wir machten, und dem, was wir nach und nach dazulernten. Wir hatten mit zahlreichen Problemen zu kämpfen, angefangen beim Bedarf an Ackerfläche. So suchten wir anfangs Bio-Bauern, die uns beliefern könnten. Aber wir fanden niemanden in der Umgebung, der die Mengen zur Verfügung stellen konnte, die wir für 1000 Mahlzeiten gebraucht hätten. Als ein Teil des Hofes, den wir heute bewirten, zu Bauland werden sollte, kamen wir fast durch Zufall auf die Idee, unser eigenes Gemüse anzubauen. Als Stadt hatten wir die Möglichkeit, den Verkauf zu stoppen und das Land selbst zu erstehen. Wir wussten nicht, wohin das führen würde, aber wir gingen das Wagnis ein. Nach und nach wuchs unsere Anbaufläche – so dass wir heute fast 85 Prozent des Gemüses für die Schulkantinen selbst produzieren. All das war gleichzeitig auch eine Lernerfahrung für die Schüler. Sie essen heute Dinge, die sonst in Schulen gar nicht auf den Tisch kommen: diverse Kürbissorten, Mangold, Pastinake … Wir liefern nicht die Lösung zu all unseren Problemen, aber Nahrung ist für uns ein essentieller Punkt. Die Herstellung von Lebensmitteln muss ein Teil der lokalen Wirtschaft sein. Jeder ist mit unserem Projekt glücklich – die Kinder, die Eltern und wir von der Verwaltung. Die Schüler, die aufs collège kommen, verlangen dort mittlerweile auch besseres Essen. Für die Kantinen an den weiterführenden Schulen ist nämlich das Departement zuständig, nicht die Stadt. Aber ein Umdenken ist auch dort angestoßen.»
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Südfrankreich, abgefüllt in einem Flacon
Zeiten in den Himmel. Comte de Grasse renoviert die alten Gebäude nach und nach von Grund auf und dem Luxus-Image der Marke entsprechend. Gebrannt werden sollen hier neben Gin später auch Rum und schließlich Whiskey. Unternehmensgründer Bhagath Reddy ist ein Experte im Verkauf von Luxusgütern. Als langjähriger begeisterter Whiskey-Kenner träumte der Inder aus Bangalore davon, eine eigene High-End-Destillerie zu eröffnen. Bei der Suche nach dem idealen Standort waren Indien, Großbritannien, die USA und andere Länder im Gespräch. Ein Freund aus dem Bereich der Erdöldestillation riet ihm, sich mit der Parfümindustrie zu befassen – da sie die besten und hochwertigsten Destillationsverfahren nutze. So stieß Reddy auf Grasse. Inspiriert von der Geschichte des Städtchens und der Anziehungskraft der Côte d'Azur, war die Wahl am Ende schnell getroffen.
Der Launch
In der ehemaligen Parfümerie Roure (l.) in Grasse wird heute Gin destilliert © D.R.
Grasse bekommt seinen eigenen Gin Modernste Technologie und Know-how der Parfümindustrie: Mit dem 44°N fließt in Grasse seit Neuestem hochwertiger Gin in Yves-Klein-blaue Flaschen. Wieder ein Geniestreich in einer Stadt, deren Kapital ihr kulturelles Erbe bleibt. Von NICOLE RUSKELL & AILA STÖCKMANN MÄRZ / APRIL 2019
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omte de Grasse, Graf von Grasse, heißt die neue Schnaps-Brennerei unweit des Zentrums. Ihr Werk 44°N, benannt nach dem Breitengrad von Grasse, macht dem Erbe der Parfümstadt alle Ehre: Traditionelle Techniken der Duftgewinnung in Kombination mit moderner Destillationstechnologie fließen hier zusammen zu einem durchaus einzigartigen Getränk. Der Herstellungsprozess selbst ist eine Neuheit in der Spirituosenindustrie. Aufmerken lässt aber auch die Art und Weise, in der das Unternehmen Traditionen achtet, auf Nachhaltigkeit setzt und die lokale Gemeinschaft unterstützt. Marketing-Chefin Joanne Birkitt, Britin mit viel Erfahrung im Business, führt uns durch die Destillerie, die Quartier im 200 Jahre alten Gebäude der einst bedeutenden Parfümerie Roure unterhalb der Altstadt bezogen hat. Lange Zeit waren die Lagerhallen an der Traverse Dupont unbenutzt. Ein hoher, schlanker Ziegelschornstein – der letzte historische Parfümerieschlot der Stadt – reckt sich als Hommage an vergangene
Ende Februar hielt Bürgermeister Jérôme Viaud eine Rede zur offiziellen Einführung des Gins, in der er Bhagath Reddy für dessen Risikobereitschaft und den Mut dankte, sein Unternehmen in Grasse zu eröffnen. Das hier fließende Quellwasser, die Qualität der Parfümkunst und die Möglichkeit, an natürliche Rohstoffe zu gelangen, hätten den Unternehmer überzeugt – neben dem Gebäude und dem offenen Ohr der Stadtväter für sein Vorhaben. Mit Blick zum Kamin fügte Viaud hinzu: «Dieser Schornstein ist ein Wahrzeichen von Grasse, inaktiv seit so vielen Jahren. Ich finde es wunderbar, dass er symbolisch wieder beginnen wird zu rauchen.» Bhagath Reddy selbst erklärte, dass sein Projekt ohne die Unterstützung der Stadt und der Universität Nizza Côte d’Azur – deren Labore im Nachbargebäude man nutzen dürfe – nicht denkbar gewesen wäre. «Als ich loslegte, hieß es, dass es nicht einfach sei, ein Unternehmen in Frankreich zu gründen. Ich muss dem widersprechen. Wir haben großartige Unterstützung erfahren – und das, obwohl ich die Sprache nicht spreche!» Als französisches Unternehmen bezieht Comte de Grasse alle Zutaten, bis hin zur Flasche selbst, aus Grasse, den Alpes-Maritimes oder maximal Frankreich. Kooperationen bestehen mit dem lokalen Ableger der Uni Nizza, Landwirten der Umgebung und der Firma «Renouer», die sich für die Beschäftigung von arbeitslosen und benachteiligten Menschen einsetzt. Über Renouer werden Rohstoffpflücker engagiert. «Etwas an die Gemeinde zurückgeben, ist uns wirklich wichtig», so Joanne Birkitt.
Innovative Destillation
Bhagath Reddy wollte wegen ihres Know-hows in der Getränkeindustrie unbedingt Joanne Birkitt an seiner Seite haben. Ohne sie anfangs persönlich zu kennen, ließ der Geschäftsmann nicht locker, bis sie einwilligte. Gemeinsam haben beide seither zahlreiche Ideen für die Entwicklung einer nachhaltigen, respektvollen und gemeinschaftsorientierten Luxusmarke ersonnen. «Wir haben wirklich alles neu durchdacht», schmunzelt die Britin. Mit im Team ist auch eine Geschmacks- und
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Modernste Destillationstechnik © D.R.
Geruchsexpertin der Universität Nizza. MarieAnne Contamin hat zwanzig Jahre Erfahrung in der Branche, aber dies ist ihr erster Kontakt mit Gin. Ihre Aufgabe war es, ein Rezept zu entwickeln, das von Grasse und seiner Parfümkultur inspiriert ist. Die Zutatenliste liest sich wie die eines kostbaren Duftes: Centifolia-Rose, Verbene, Jasmin,
Iris, Currykraut, Mimose, Lavendel, Grapefruit und Bitterorange. Hinzu kommen die klassischen Wacholderbeeren, aus denen Gin hergestellt wird, mit einem Zusatz von Stech-Wacholder, einer lokalen Sorte mit größeren, leichteren Beeren und einem holzigeren Geschmack. Alle Zutaten werden dann in einer eigens für das Unternehmen gebauten, hochmodernen Maschine mazeriert. Zum Ziel führt – erstmals überhaupt bei der Destillation von Gin – eine Kombination von Ultraschallmazeration, Vakuumdestillation und überkritische CO2-Extraktion. Diese Methode hat sich Comte de Grasse unter dem Namen HYPRX Fat Distillation Procedure als eingetragenes Warenzeichen sichern lassen. Die Ultraschallmazeration ist eine Technik, die hauptsächlich in der Parfüm- und Pharmaindustrie eingesetzt wird. Die Maschine, die die Grasser Gin-Destillerie nutzt, ist die größte der Welt, speziell für 44°N gebaut. Während der normale Mazerationsprozess ein bis zwei Tage dauert, reduziert diese Maschine die Zeit auf 45 Minuten – mit dem Effekt, dass möglichst viel Essenz gewonnen wird und die Aromen der Pflanzenstoffe erhalten bleiben. Die so erlangte Flüssigkeit wird anschließend in ein GlasballonVakuumdestillationsgerät gegeben, wo Temperatur und Alkoholgehalt genau kontrolliert werden. Am Ende des Prozesses steht ein so komplexer wie zarter Gin mit raffiniertem Geschmack und elegantem Abgang.
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Unternehmer Bhagath Reddy © D.R.
Die Côte d’Azur in Flaschen
Die Flasche in Yves-Klein-Blau mit sonnengelben Akzenten ist ein Kunstwerk für sich und wurde – natürlich – eigens für das neue Unternehmen im Stile einer Parfümflasche entworfen. Stellt man sie ins Sonnenlicht, funkelt sie wie das azurblaue Mittelmeer. Südfrankreich, abgefüllt in einem Flacon … Ein Schluck-Gin 44°N kann übrigens pur oder auf Eis genossen werden. Comte de Grasse empfiehlt die Verkostung in drei Schritten: zuerst pur – so können Sie die gesamte Palette der pflanzlichen Inhaltsstoffe herausschmecken, beginnend mit Zitrus- und Holznoten, gefolgt von einem blumigen Geschmack und endend mit dem einer zarten Rose. Der zweite Schritt ist, Eis hinzuzufügen. Dadurch kommt eine pfeffrige Note ins Spiel. Im letzten Schritt wird der Gin mit einem leichten TonicWasser aufgegossen. Ein Besucherzentrum mit Verkostungscafé soll Ende dieses Jahres eröffnen, die komplette Renovierung des Geländes im Juni 2020 abgeschlossen werden. !
PROBIEREN? 44°N kann man bereits in einigen Luxushotels an der Côte d’Azur bestellen, darunter das Martinez in Cannes, oder online über die Website des Unternehmens ordern. Die 500-Milliliter-Flasche kostet 75 Euro. www.comtedegrasse.com
Gin aus Grasse – standesgemäß im Parfüm-Flacon abgefüllt © D.R.
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Feuchtwangers geheime Tagebücher Nachlass offenbart: spiel- und sexsüchtiger Millionenautor ließ in Sanary-sur-Mer nichts anbrennen Von ROLF LIFFERS
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ins hat die noch druckfrische Erstveröffentlichung seiner bisher geheim gehaltenen Tagebücher bereits jetzt bewirkt: Wir sehen in Lion Feuchtwanger (1884-1958) plötzlich nicht mehr allein einen der erfolgreichsten, produktivsten und meistgelesenen deutschen Schriftsteller des vergangenen Jahrhunderts, sondern auch einen zügellosen sex- und spielsüchtigen Zocker. Im südfranzösischen Exil lebte der Erotomane seine Obsessionen aus. In Sanary-sur-Mer – während des Nazi-Regimes «Hauptstadt der deutschen Literatur» – waren seine Frau Marta und er in ihrer feudalen «Villa Valmer» der absolute gesellschaftliche Mittelpunkt der sagenumwobenen Künstlerkolonie. Jetzt – exakt 60 Jahre nach seinem Tod – ist die Katze also aus dem Sack, und man fragt sich: Muss man zur Würdigung seines literarischen Lebenswerks von all den Bettgeschichten des Starautors wissen? Oder ist die Lektüre seiner privaten Aufzeichnungen nicht doch nur ein Leckerbissen für Voyeure? Sagen wir’s mit Rilke: «Auch das geistige Schaffen stammt vom Physischen her, ist eines Wesens mit ihm und nur wie eine leisere Wiederholung leiblicher Wollust. In einem Schöpfergedanken leben tausend vergessene Liebesnächte auf.» Der Oldenburger Literaturhistoriker Klaus Modick verweist in diesem Zusammenhang auf eine Feuchtwanger-Floskel, wonach dessen «ganzes Tun und Lassen, sein Denken, Schreiben und Handeln von seiner Unersättlichkeit durchdrungen und dominiert war». Anders ausgedrückt: Der begnadete Romancier schrieb, weil er geliebt werden wollte, und die Frauen liebten ihn, weil er schrieb. Dabei gab der große Dichter rein äußerlich eine eher bescheidene Erscheinung ab. Er selbst kokettierte damit, «als kleinster und hässlichster Jude Münchens mit Marta die schönste Frau der Stadt erobert» zu haben. Bei allem Bedacht auf Selbstinszenierung hatte der Draufgänger sein Journal intime auf ewig unter Verschluss halten wollen und es daher in der nur schwer zu dechiffrierenden Gabelsberger Kurzschrift abgefasst. Durch Zufall wurden seine Notizen jetzt aber im Nachlass seiner letzten Sekretärin Hilde Waldo entdeckt, die – wie ihre Vorgängerinnen – zuMÄRZ / APRIL 2019
gleich seine Geliebte gewesen war und die schwarzen Hefte daher zeitlebens wie ein Schießhund bewacht hatte. In der Tat muss der Lustmolch, der mit dem Roman «Jud Süß» seinen internationalen Durchbruch schaffte, so ziemlich alles flach gelegt haben, was in seinen Bannkreis geriet. Nirgends besser als im dörflich-übersichtlichen Sanary konnte der triebgesteuerte Hallodri seine Libertinage auskosten. Für die dazu notwendige Struktur im Alltag sorgte seine überaus tolerante wie zupackende Ehefrau, die ebenfalls kein Kind von Traurigkeit war und mit der er eine offene Ehe führte. Die meisten seiner zahlreichen Liebschaften wohnten in Sanary gleich um die Ecke. Zur Ergänzung gab es in seinem erweiterten Jagdrevier zwischen Toulon und Monte-Carlo reichlich Bordelle und Spielcasinos, wo der unersättliche Casanova und unverbesserliche Glücksritter Unsummen verjubelte. Was kostet die Welt! Als von den Heimatverlagen unabhängiger, weil global verbreiteter Auflagenmillionär hatte er – ganz im Unterschied zu den meisten anderen ausgebürgerten Intellektuellen in seiner Umgebung – Geld wie Heu, konnte sich seine Eskapaden also locker leisten. Dass er darob ständig angepumpt wurde, erleichterte ihm – erwünschter Nebeneffekt – zudem den Zugang zu mancher Kemenate. Vom süßen Leben im Paradies, als das er die Côte d’Azur empfand, förmlich geblendet, verschleppte er immer wieder die raren Gelegenheiten, sich vor den Nazis in Sicherheit zu bringen. Ja – der «verbrannte Dichter», der 1933 als einer der ersten seiner Zunft auf Goebbels «Steckbrief» der verfemten Autoren gelandet war, riskierte im Rausch der Leidenschaften immer wieder Kopf und Kragen. Spätestens seit Frankreichs Kriegserklärung an Hitler und der Besetzung des bis dahin wehrmachtsfreien Südens des Generals Pétain wurden alle hier im Exil weilenden Deutschen als «feindliche Ausländer» betrachtet. Feuchtwanger musste also stündlich damit rechnen, einkassiert und deportiert zu werden. 1940 – es war kurz vor zwölf – bequemte sich der geniale Erzähler endlich zur Flucht, die jetzt jedoch unkomfortablerweise nur noch zu Fuß über die Pyrenäen, per Bahn nach Lissabon
Literaturexperten werten die Entdeckung von Feuchtwangers schwarzen Tagebüchern als «Überraschungs- und Sensationsfund». Darin outet sich der Millionenautor als sex- und spielsüchtig. Der Berliner Aufbau-Verlag hat die lange geheim gehaltenen Aufzeichnungen jetzt ans Licht gebracht © Feuchtwanger Memorial Library, University of Southern California
und von dort per Schiff nach Amerika zu bewerkstelligen war. Zurück zu den schwarzen Heften: Im Unterschied zu seinen blumig formulierten Romanen, die in über 20 Sprachen übersetzt wurden, bestehen Feuchtwangers knappe Tagesrapporte nur aus kargen Sätzen, die kaum geeignet sind, den Wortschatz des Lesers zu bereichern. Einziger philologischer Gewinn ist die hübsche Verbkreation «strindbergeln», die der Salonlöwe in Analogie zu Strindbergs ewigen Ehekabbeleien gern verwendete, wenn Marta rumzickte. Die (gefühlt) am häufigsten verwendete Vokabel heißt indes vögeln, bisweilen durch ein paar schmucklose und alles andere als feinsinnige Attribute über den Verlauf der jeweiligen Stands beurteilt («fad gevögelt», «mittel», «nett» oder «furchtbar», «großartig», «sehr«, «ungeheuer», «halb» oder gar «belanglos gevögelt»). Natürlich vögelte der nimmersatte Faun nicht nur in Sanary, wenngleich dort besonders anund ausdauernd, manchmal parallel mit deutlich über zehn verschiedenen Damen, vorzugsweise Künstlerinnen. Selbst Ehefrauen von Dichterkollegen waren vor ihm nicht sicher und gaben sich ihm reihenweise hin. Die Literaturwissenschaftlerin Magali Nieradka-Steiner hat sich der Mühe unterzogen, die an Feuchtwangers Liebesleporello beteiligten Gespielinnen minutiös aufzulisten. Modick ist da diskreter, begnügt sich mit Vornamen und spricht von «permanent wechselndem Verkehr» mit «Marta, Marga oder Mara, Lilo, Lola oder Lily, Sascha oder Sara, Eva B. oder Eva H., Schauspielerin X, Journalistin Y oder Verehrerin Z». Selbstverständlich ließ die
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Niemand sollte von Feuchtwangers intimen Tagebüchern erfahren, weder von ihrer Existenz, geschweige denn von ihrem Inhalt. Daher fasste der Dichter seine Notizen in der nur schwer dechiffrierbaren Gabelsberger Kurzschrift ab © Feuchtwanger Memorial Library, University of Southern California
Omnipotenz auch auf Reisen nichts anbrennen. Ob in den USA, in Paris oder Moskau oder im Urlaub mit seiner Frau: Überall ging es kräftig zur Sache. Und wenn nichts anderes greifbar war, holte er sich schnell «ein Dirnlein». Scheint’s konnten Lion und Marta von Seitensprüngen nicht genug kriegen. Nach Feuchtwangers «Buchhaltung wuchsen den Eheleuten die ménages à trois, quatre oder mehr» (Modick) nur selten über den Kopf. Es gab im Gegenteil Tage, an denen der Womanizer gleich zwei oder drei seiner Haremsdamen beglückte und zum krönenden Tagesabschluss im Puff noch einen draufsetzte. Nur äußerst gelegentlich muss der frauenverschlingende Schwerenöter eingestehen, «für mich heute nicht ganz einfach zwischen den vielen Frauen» oder «Eiertanz zwischen drei Frauen». Auf Dauer und mit zunehmendem Alter leidet seine «hochkomplizierte Beziehungsarchitektur» (Modick) jedoch unter Prostataproblemen und wachsender Angst vor Impotenz. Marta selbst, die mit einigen ihrer Nebenbuhlerinnen noch über den Tod ihres Mannes hinaus befreundet blieb, ging mit den pikanten Details ihres Liebeslebens deutlich haushälterischer um. Nur sehr gelegentlich ließ sie in ihren Erinnerungen etwas durchblicken. Im Übrigen hielt sie sich ihrem Mann stets verfügbar («Ich war seine Frau, und er brauchte mich»). Dazu gehörte auch, ihm den Picknickkorb zu packen, bevor er mit einer seiner Konkubinen ins Wochenende entschwand, oder nachts einen Reifen zu wechseln, derweil er die Taschenlampe hielt. Mit all den pikanten Histörchen wächst Feuchtwangers literarische Kreativität ins schier Unermessliche. In den sieben Jahren von Sanary entstanden laut Nieradka-Steiner unter anderem die Romane «Die Geschwister Oppenheim», «Exil», die «Wartesaal»-Trilogie (2. und 3. Teil), «Die Söhne», die Josephus-Trilogie, «Der falsche Nero», der Erzählband «Marianne in Indien», der Reisebricht «Moskau», sodann autobiografische Aufzeichnungen über seine Internierungen in Les Milles bei Aix-en-Provence und Flucht («Unholdes Frankreich») und
Sieben Jahre genoss das Ehepaar Lion und Marta Feuchtwanger – hier 1934 in der Bibliothek seiner noblen «Villa Valmer» in Sanary-sur-Mer – im südfranzösischen Exil die Freizügigkeit einer offenen Ehe. Lions in den Tagebüchern erklärtem Ziel, «ein möglichst intensives Leben zu führen», kam der Erotomane nie wieder so nahe wie an der Côte d’Azur © Feuchtwanger Memorial Library, University of Southern California
die mit Arnold Zweig verfasste Streitschrift «Die Aufgabe des Judentums». Das dürre Datengerüst der Tagebücher liefert allerdings auch Aufschluss über die vielen persönlichen Begegnungen mit anderen verfolgten Säulenheiligen in Sanary und in den Metropolen der Welt, die ebenso lakonisch kommentiert werden wie seine Schäferstündchen: Einstein, den er in den USA traf, fand er «selbstgefällig» und «furchtbar saturiert», mit Stalin redete er in Moskau drei Stunden lang «ziemlich viel gewundenes Zeug». Chaplin zeigte sich beim Lunch «hingerissen von meinen Ideen über einen Hitlerfilm». Einen Besuch des ebenfalls weltweit erfolgreichen Remarque in Sanary bewertete Feuchtwanger als «recht unbedeutend», den seines späteren engen Freundes «Brecht und der Weigel» als
«nicht sehr ergiebig», ebenfalls «fad» ein Treffen mit seinem Nachbarn Aldous Huxley. Bei so viel Teilnahmslosigkeit wundert es nicht, wie «sehr ruhig» er zur Kenntnis nimmt, «dass mein Haus in Deutschland von S.A.-Truppen besetzt» wurde. Immerhin lassen die Tagebücher ansatzweise erkennen, dass Feuchtwangers nach Geld, literarischer Anerkennung und Gerammel gierender Ehrgeiz auf einige seiner Romanfiguren durchgeschlagen haben. Polithistorische Ereignisse, die sein Leben und Schreiben beeinflussten, bleiben Fußnoten. Krieg und Weltwirtschaftskrise, Aufstieg und Triumph Hitlers scheinen ihm nicht bedeutsamer zu sein als Darmverstimmungen oder Honorarabrechnungen. ! «Lion Feuchtwanger – Ein möglichst intensives Leben», Aufbau Verlag Berlin MÄRZ / APRIL 2019
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Die Frau, die die Katzen siezte Colette und ihre Romane bleiben unvergessen Von ROLF LIFFERS
Vor 65 Jahren starb die Schriftstellerin, Varietékünstlerin und Journalistin Colette. Ein Film und eine RomanNeuauflage feiern die Französin. Mit Saint-Tropez – wie mit ihrem samtigen Vierbeiner – verband sie eine Zeit lang ein inniges Verhältnis.
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ie vielleicht kreativste Phase ihres langen Künstlerlebens verbrachte Sidonie-Gabrielle Colette von 1925 bis 1938 in Saint-Tropez. Die international bekannte Bestsellerautorin – zu Beginn ihrer Karriere als bisexuelle Skandalnudel und Varietétänzerin mit exhibitionistischen Neigungen verschrien – war 1954 die erste Frau, der in Frankreich ein Staatsbegräbnis zuteilwurde. Aktuell wird ihr abenteuerliches Leben in den deutschen und französischen Kinos geschildert. In der Titelrolle der US-Produktion: Keira Knightley (Kick it like Beckham/Fluch der Karibik). Parallel dazu ist im Berliner ebersbach & simonVerlag ihr subtiler Beziehungsroman «Die Katze» (La Chatte) neu erschienen – 86 Jahre nach der überaus erfolgreichen Erstausgabe in entsprechend aktualisierter Fassung und Übersetzung. Schauplatz des zeitlosen Dramas ist weiterhin Colettes Häuschen «La Treille Muscate» an der Baie de Canoubiers hinter Saint-Tropez.
Fatales Dreiecksverhältnis
"Foto 1 Colette mit La Chatte und Bulldogge Souci im Jahr 1932 © wikipedia
"Fotos 2 & 3 In ihrem kleinen Paradies, der «Treille muscate» in SaintTropez, verlebte die Colette bis 1938 unbeschwerte Jahre mit «La Chatte» und dem Juwelenhändler Maurice Goudeket. In dieser zauberhaften Umgebung erreichte ihre Kreativität ihren Höhepunkt. Ihr Roman «Gigi» wurde 1951 als Broadwaykomödie ein Kassenschlager – in der Hauptrolle Audrey Hepburn, die die Autorin zuvor als Gast des monegassischen Fürstenpaars in Grasse entdeckt hatte; die Titelrolle in der Londoner Version übernahm später Leslie Caron © Rolf Liffers
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Die psychologisch-erotisch spannungsreiche Geschichte erzählt von zwei jung verheirateten Menschen, deren Ehe schon bald an Eifersucht zerbricht. Hintergrund ist ihr fatales Dreiecksverhältnis mit der charismatischen Katze Saha, der Alain seine ganze Aufmerksamkeit und Zärtlichkeit schenkt, so dass sich Camille nicht mehr geliebt fühlt. Colettes dritter Ehemann, der wohlhabende Maurice Goudeket, der mit ihr 13 Jahre lang jede freie Stunde in Saint-Tropez verbringt, ihr beim Schreiben zuschaut, erlebt die Story – wenn auch mit umgekehrten Vorzeichen – praktisch am eigenen Leib. Auch er fühlt sich oft unbeachtet, weil seine Partnerin nur noch Augen für die dominante Katze hat, die von ihr respektvoll gesiezt wird und im realen Leben «La Chatte» heißt. «In einer Ehe können Tiere ebenso wie Kinder einen Anlass zu Zwistigkeiten bieten», bemerkt der «Gehörnte» unter Anspielung auf seine Bedeutungslosigkeit im Vergleich mit dem verhätschelten Kartäuserkatzentier. In der Tat empfindet seine Frau eine derart grenzenlose Hingabe für die imperiale Chatte, dass er im Zusammenhang mit ihr bisweilen
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schon «von unserem Kind» spricht. Zwar gibt es da auch noch einen Hund, die Bulldogge Souci. Aber auch die führt in ihrer Hütte am Gartentor ein relatives Schattendasein. Entdeckt hatten die beiden die Mieze im zarten Alter von vier Monaten bei einer Katzenausstellung an der Avenue de Wagram in Paris und waren sofort hin von ihrer klassisch-aristokratischen Haltung. «Sie sah frisch aus wie eine Rose», schwärmte Goudeket, «und in ihrem kurzen dichten Fell und mit den gelben Pupillen war sie einfach nur rührend.» Erst sollte sie nach den grauen polynesischen Perlen «Tahiti» heißen. «Doch darauf reagierte sie ebenso wenig wie auf alle anderen Namen», also blieb es bei «La Chatte». Im offenen Sportwagen «entschwebte sie wie eine entführte Braut» (Goudeket). Danach, in Saint-Tropez, gebärdete sich das eingebildete Tier, als hätte es geahnt, dass es bald Titelheld sein würde in Colettes neuem Roman.
Kleiner, träger Fischerhafen
Colette und Goudeket hatten die archaisch ausgestattete «Treille Muscate» – kein Strom, kein fließend Wasser – erst im Jahr zuvor durch einen Zufall gefunden. Sie jedoch, die aus Burgund stammte und deren Herz im Grunde für die Bretagne schlug, war bei ihrem ersten Urlaub im Süden und dem ersten Bad im Mittelmeer sogleich auf einen Seeigel getreten. Da es in der Nähe ihres damaligen Feriendomizils im winzigen Guerrevieille bei Sainte-Maxime keinen Arzt gab, musste sie zum Stachelziehen auf die andere Seite des Golfs, nach SaintTropez. Trotz des Missgeschicks war sie auf Anhieb entzückt von «dem kleinen trägen Fischerhafen». Noch waren die alten Tartanen nicht von modernen Segelyachten vertrieben. Es gab nur wenige Sommerfrischler. Die meisten Fremden waren zugezogene Maler. Auf dem Kai fuhren noch keine Autos. Während leere Fässer auf die Weinlese warteten, tanzte die Dorfjugend in den urigen Schänken zu den Klängen von Pianolas, nach Geschlechtern getrennt natürlich. So bat die inzwischen 52-jährige Colette ein paar Leute, für sie nach einem kleinen Kotten Ausschau zu halten, und die machten «Tamaris les Pins» ausfindig. Aber weil ihr der Verkäufer erklärte, bei der Weinranke um den Brunnen handele es sich um einen echten Muskateller, taufte sie das bescheidene Haus mit seinen vier Zimmern in «La Treille Muscate» (die MuskatWeinlaube) um. Von nun an wurde Jahr um Jahr gehämmert und gezimmert, bis alles fertig war. Unterdessen hatten sich die beiden Neubürger mit Künstlern wie André Dunoyer de Segonzac, Luc-Albert Moreau und André Villeboeuf angefreundet, die in der Nähe der Kapelle Sainte-Anne ein hübsches Gut
bewohnten. Manchmal kam Jean Cocteau zu Besuch, der mit Goudeket zur Schule gegangen war. Und wenn man sich abends nicht im Garten der Treille versammelte, speiste man deftig im Gasthaus «Bois du Dom» im Hafen. Spezialität: Poisson au coup de pied. Wollten sie vor der Jagdsaison lieber Wild, mussten sie zwei Tage vorher bei ihrem Kontaktmann in der Gendarmerie von Bormes-les-Mimosas anrufen, der alles «organisieren» konnte, ob Rebhühner, Reh oder Hasen. Dass kein anderer als der Polizist selbst der Wilddieb war, galt als offenes Geheimnis. Die Colette war glücklich, die Provence sofort vertraut. Kein Wunder, stammte ihr Vater doch gebürtig aus Mourillon bei Toulon. Tagsüber versuchte sie, in ihrem riesigen Garten die «Wunder der Schöpfung» zu ergründen. Voller Entzücken erforschte sie die mediterranen Pflanzen, nahm Blüten, Blätter, Pilze und Beeren unter die Lupe und studierte das Verhalten der Insekten. Um rauszukriegen, ob Hornissen tatsächlich nicht stechen, wie ihr berichtet worden war, reizte sie ein gefangenes Exemplar so lange, bis ihr das Tierchen eine höchst schmerzhafte Quittung für ihre Wissbegier verpasste. Literarisch war die Colette in jenen Jahren produktiv wie selten. Oft geriet sie über ihren Texten «in einen regelrechten Trancezustand» (Colette über Colette). Sie schrieb unter anderem die in Saint-Tropez spielende «Naissance du Jour» (Tagesanbruch), «La Segonde» (Die Andere), «Ces plaisirs ...» (Diese Freuden), «Duo» (Duett) und «Chéri» (Chéri), in der sie das Schicksal einer Frau schilderte, die – wie sie Goudeket – einen erheblich jüngeren Mann liebte.
Abschied von Saint-Tropez
Doch langsam, aber sicher ändern sich die paradiesischen Verhältnisse in Saint-Tropez. Jahr um Jahr kommen mehr Touristen und mit den Massen die Schlüssellochgucker, Autogrammjäger und Paparazzi, die ihr Grundstück umschleichen. 1931 bricht sich die Colette vor der Haustür ein Bein, und die Ärzte stellen bei der folgenden Untersuchung fest, dass sie an «Arthrose bis hin zur Paralyse» leidet. Auch wirtschaftlich geht es bergab, Goudekets Geschäfte als Perlenhändler laufen schlecht. Daher eröffnet die Colette Kosmetikläden; erst einen in Paris, dann einen zweiten in Saint-Tropez. Erwartungsgemäß schmeicheln sich die Kundinnen, von Madame persönlich geschminkt zu werden. Zudem reizt sie die Möglichkeit, an Bücher mit persönlicher Widmung zu kommen. Doch reicht das alles nicht aus, um die Verluste zu kompensieren. Überdies muss Goudeket um seine Sicherheit fürchten. Wegen seiner jüdischen Herkunft wird er von der Gestapo gesucht. Die deutschen Handlanger der Vichy-Regierung leisten bei
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ihren unentwegten antisemitischen Razzien ganze Arbeit. Goudeket wird verhaftet und erst wieder freigelassen, als die Colette gegenüber einflussreichen Kollaborateuren ihre Beziehungen spielen lässt. Schließlich wird die Treille verkauft, und sie und Goudeket kehren nie wieder zurück, obwohl sie fortan nicht mehr recht wissen, wo sie Urlaub machen sollen. Nach dem Tod von «La Chatte» wird keine neue mehr angeschafft. Nur in Colettes Büchern kommt die Katze noch vor – als «die Letzte». Ihrer dritten Heimat (nach Paris und SaintTropez) Monte-Carlo, wo sie zum Entsetzen des Bürgermeisters schon 1908 im «Traum von Ägypten» halb nackt auftritt, bleibt die Colette länger treu als dem inzwischen überlaufenen Badeort im Var. 1925 wird ihr Buch «Das Kind und der Zauberpark» zum Libretto für Maurice Ravels Oper «L’Enfant et les Sortilèges» umgearbeitet und von den legendären Ballets Russes aufgeführt. In den fünfziger Jahren ist sie zu Gast beim Fürstenpaar in dessen Privatvilla in Grasse. 1951 trifft sie dort auch die junge, in Belgien geborene britisch-niederländische Schauspielerin Audrey Hepburn, der sie die Rolle der Heldin in ihrem Boulevardstück «Gigi» zuspielt. 1953 – ein Jahr vor ihrem Tod – feiert die mittlerweile hochdekorierte Romancière in Monaco ihren 80. Geburtstag. Das Fest gerät zum nationalen Ereignis. Ob die Colette eine Frauenkämpferin war, ist im Zeitalter von #MeToo umstritten. Ihr Alter Ego auf der Filmleinwand, die fußballbegeisterte Keira Knightly, sagte aus Anlass der Filmpremiere jetzt in Marseille, nur zur gern wäre sie ein Beckham geworden, aber leider sei das damals noch unschicklich gewesen. Inzwischen gebe es zwar gottseidank Frauenmannschaften. Von wirklicher Emanzipation aber könne solange keine Rede sein, wie die footballeuses noch so viel schlechter bezahlt würden als ihre männlichen Kameraden. «Normal» sei das nicht! !
LITERATUR !Maurice Goudeket: «Près de Colette», Szolnay Verlag, 1957 !Colette: «Die Katze», ebersbach & simon, 2018
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KULTUR-SPIEGEL
Bank & Kultur-Einrichtung
PARTNERSCHAFT VERLÄNGERT eit 2005 hält Monacos größte Privatbank, die Compagnie Monégasque de Banque (CMB), dem Kultur- und Kongresszentrum des Fürstentums alljährlich die Treue in Form von finanzieller Unterstützung: Im Januar wurde der neue Partnerschaftsvertrag mit dem Grimaldi Forum unterzeichnet. «Wir engagieren uns mit Freude in Partner-
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Kulturzentrum Nizza
FOTOS, FILME, VORTRÄGE
schaften, die das Image des Fürstentums und unseres Hauses fördern», so CMB-Präsident Etienne Franzi. Neben ihrer Kooperation mit dem Grimaldi Forum unterhält die Privatbank auch Partnerschaften mit dem Philharmonie-Orchester Monte-Carlo (seit 2012), mit dem Ozeanografischen Museum sowie seit 2016 mit dem KunstWettbewerb der lokalen Galerie L’Entrepôt, den «Open des Artistes». !
Der Berliner Streetphotographer Martin U. Waltz kommt nach Nizza
as deutsch-französische Kulturzentrum in Nizza (CCFA) lädt in den kommenden Wochen zu verschiedenen Veranstaltungen. Am Dienstag, 19. März, um 19 Uhr besucht Martin U. Waltz, Berlins angesagter Streetphotographer, das Kulturzentrum, um über seine Arbeit zu sprechen und «sein» Berlin zu zeigen. Seine Bilder werfen einen analytischen und gleichzeitig poetischen Blick auf die sich stets wandelnde Stadt. Der Lehrer für Fotografie und Buchautor erforscht die unterschwellige Emotion in Berlin – zwischen existentieller Angst, Langeweile und Freude – und ist dabei ein aufmerksamer Beobachter der Dynamik, Fragilität und Vergänglichkeit der Stadt (Vortrag auf Französisch). Im Rahmen der Serie «CinémAllemand» wird am Samstag, 23. März, um 15 Uhr Sönke Wortmanns Kino-Erfolg «Das Wunder von Bern» gezeigt. Der Film zeichnet ein komplexes Bild der deutschen Nachkriegsgesellschaft. Er verknüpft den unerwarteten WM-Erfolg der westdeutschen Fußballnationalmannschaft mit dem harten Alltagsleben einer zerrissenen Familie im Ruhrpott (Deutsch, mit französischen Untertiteln). Am Dienstag, 26. März, entführt Véronique Thuin-Chaudron in ihrem Vortrag «Auf den Spuren der deutschsprachigen Gemeinschaft in Nizza» auf eine zeithistorische Reise. Während die Spuren der englisch- und russischsprachigen Community in Nizza wohlbekannt sind, ist die Geschichte der deutschsprachigen Gemeinschaft weitestgehend unbeachtet. Und dies, obwohl Letztere im 19. Jahrhundert und in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts einen bemerkenswerten Platz im Leben der Stadt einnahm (Vortrag auf Französisch). Der Schweizer Schriftsteller Lukas Barfuß besucht das Kulturzentrum am Donnerstag, 25. April, um 19 Uhr, um aus seinem Roman «Hagard» zu lesen. Das Buch erzählt von einem plötzlichen und totalen Kontrollverlust. Philip, ein Immobilienentwickler in den Vierzigern, geht einer unbekannten Frau mit pflaumenblauen Ballerinas nach. In 36 Stunden opfert er seine Termine, seine Reisen, seine Assistentin, sein Auto und sein Kind, um sie zu verfolgen. Sind Neugierde oder Verlangen genug, um einen Mann von der realen Welt abzuschneiden? Autor Lukas Bärfuss, geboren 1971, lebt in Zürich. Er ist einer der bekanntesten deutschsprachigen Schritftsteller. Politisch, kämpferisch, in der Tradition der großen deutschen Intellektuellen, kämpft er für eine Welt, in der die Werte des Geistes über denen der Wirtschaft stehen (Lesung auf Deutsch/Französisch; weitere Lesungen: 23. April, 18 Uhr, Salons de la Maison Suisse, Marseille und 24. April, 18 Uhr, Auditorium Bibliothèque Méjanes, Aix-en-Provence). Das Kulturzentrum CCFA befindet sich in der Altstadt von Nizza, 20 Cité du Parc. Es wird jeweils um Anmeldung gebeten. ! Info: www.ccfa-nice.fr
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V.l.: CMB-Generaldirektor Werner Peyer, CMB-Präsident Etienne Franzi, der Präsident des Grimaldi Forums Henri Fissore und die Generaldirektorin der Kultur- und Messeeinrichtung Sylvie Biancheri
Grundsteinlegung
CANNES ERHÄLT NEUEN KINO!KOMPLEX Mit Unterstützung von Filmfestivalchef Thierry Frémaux (l.) und weiteren Honoratioren setzte Bürgermeister David Lisnard (r.) den Grundstein
oher Besuch stand Bürgermeister David Lisnard Ende Februar zur Seite, als er zur Grundsteinlegung für ein lange angekündigtes bombastisches KinoProjekt schritt: Thierry Frémaux, Chef des Filmfestivals von Cannes, und die Schauspieler Marthe Villalonga und Daniel Prevost. Das «Cannes Cineum» entsteht im neuen Kreativzentrum Bastide Rouge in Cannes-La Bocca und wird über zwölf hochmoderne Kinosäle mit insgesamt 2426 Sitzen verfügen. Unter anderem soll hier die größte Leinwand der Côte d’Azur Platz finden – mit einer Breite von 24 Me-
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tern. Im futuristischen, vieleckigen Bau des Architekten Rudy Ricciotti, der unter anderem auch das Musée Jean Cocteau in Menton und das Mucem in Marseille entworfen hat, soll bereits im Mai 2020 der erste Film über die Leinwand laufen. Mit dem Projekt will Cannes sich weiter als Kino-Hauptstadt des Landes profilieren. Außerdem soll der ganz im Westen gelegene Stadtteil La Bocca so an Attraktivität gewinnen. Neben dem Multiplex-Kino entstehen hier ein weiterer Campus der Uni Nizza Côte d’Azur samt Studentenwohnheim und ein Technologiepark rund um die Welt des Films. !
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Monaco Art Week
Mit dem Bus durch 500 Jahre Kunst ie Idee ist verlockend: Die «Monaco Art Week» lädt nun schon zum zweiten Mal zu einer Reise durch 500 Jahre Kunstgeschichte. Per Shuttle-Bus können vom 24. bis zum 28. April zehn Galerien und ein Auktionshaus in Monacos Stadtvierteln Larvotto, MonteCarlo und Condamine besucht werden. Auf dem Programm stehen die laufenden Ausstellungen,
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Goldschmied & Chiari: Untitled View, 2017, Digitaldruck auf Spiegel und Glas, 115 x 150cm, präsentiert von NM Contemporary © G&C
Treffen mit den Künstlern und eine Diskussionsrunde. Es werden Objekte aus fünf Jahrhunderten gezeigt, wobei auch die zeitgenössische Kunst ihren Platz hat. Die Originalität des Parcours «Monaco Art Week» bestehe in dem Dialog zwischen verschiedenen künstlerischen Richtungen eines halben Jahrtausends, so die Veranstalter. Diese Initiative findet in einer Periode statt, die von weiteren kulturellen Veranstaltungen im Fürstentum gekennzeichnet ist wie dem Festival Printemps des Arts, einer neuen Kreation des monegassischen Ballett-Ensembles, den Kunstmessen artmonte-carlo und PAD sowie zahlreichen prestigereichen Auktionen. Die Teilnehmer der Kunstwoche sind: Artcurial, De Jonckheere, G&M Design Gallery, Galerie Grippaldi, Galeries Bartoux, Kamil Art Gallery, M.F. Toninelli Art Moderne, Moretti Fine Art, NM>Contemporary, Sotheby’s und Wannenes Art Contact. www. monacoartweek.com
Serge Poliakoff: Bleublanc rouge, 1962, 130cm x 97cm, präsentiert von der Galerie Grippaldi© D.R.
Eugene Delacroix: Tigre au Aguets, ca. 1850, Öl, präsentiert von Sotheby’s © D.R.
Events rund um Kunst
DIE GALERIE GABEL IN BIOT ORGANISIERT FÜR SIE KUNST-EVENTS ALLER ART:
> Modenschauen in Zusammenarbeit mit Madame Ernest > Kunst-Shows in Hotels, Golfplätzen, Privathäusern > Temporäre Kunst-Ausstellungen > Street Art mit Musik vom DJ > Cocktails > Kinder-Workshops in Zusammenarbeit mit der Agentur Acta Events Modenschau «Défilés Arty» von Madame Ernest in Zusammenarbeit mit der Galerie Gabel
«Arty Show» im Hotel Beachcomber French Riviera und «Nocturnes d'Art de Biot» mit Acta Events
Die Galerie Gabel hat sich einen Namen gemacht mit Events wie der „Arty Show“ im Hotel Beachcomber French Riviera oder der jährlichen Kunst-Reihe in Biot «Nocturnes d’Art». Ausstellung mit Monumental-Skulpturen der Galerie Gabel im Hotel Beachcomber French Riviera noch bis zum 13. April 2019. Donnerstagabends im Juli und August «Nocturnes d’Art» in der Altstadt von Biot.
GALERIE GABEL
27 RUE SAINT-SÉBASTIEN - 06410 BIOT - KONTAKT: VALÉRIE GAIDOZ - +33 (0)6 10 81 47 90 - WWW.GALERIEGABEL.COM
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Monaco greift nach den Sternen Ein Monegasse im Weltall, eine privat finanzierte Raumstation und eine Reise zum Mars waren die Themen, die unlängst von Nasa-Astronauten im Fürstentum diskutiert wurden. Von NICOLE RUSKELL
Amerikanische Astronauten treffen Fürst Albert II. (M.) © Embassy of Monaco Washington DC
60 Jahre Nasa
ASTRONAUTEN FEIERN GEBURTSTAG IM FÜRSTENTUM
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018 hat die Nasa ihren 60. Geburtstag gefeiert. Zu Ehren der 1958 gegründeten zivilen US-Bundesbehörde für Raumfahrt und Flugwissenschaft lud die US-Botschaft in Monaco unter der Schirmherrschaft von Fürst Albert zur zweiten Ausgabe von «PioMÄRZ / APRIL 2019
neers and Innovators of Our Time», einem Treffen von Experten der Luft- und Raumfahrttechnik, ins Fürstentum. Die dreitägige Veranstaltung fand Ende vergangenen Jahres im Auditorium Prince Rainier III statt, wo sich eine Gruppe von
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ein bedeutender Teil dessen, was die Nasa in ihren geowissenschaftlichen Projekten leistet, die zu den zentralen Aufgaben der Behörde zählen.» Die Nasa-Abteilung für Geowissenschaften unterhält Partnerschaften mit über 120 Ländern und mehr als 800 aktiven Abkommen.
Die Internationale Raumstation
Zahlreiche Schulklassen aus dem Fürstentum hatten die Gelegenheit, die Astronauten zu treffen, ihnen Fragen zu stellen und sich mit Info-Material über Raumfahrtprogramme zu versorgen. Außerdem konnten die Schüler sowie die breite Öffentlichkeit den frisch erschienenen Nasa-Dokumentarfilm «Above and beyond» von Rory Kennedy anschauen. © Embassy of Monaco Washington DC
hochkarätigen Astronauten mit Journalisten, Mitgliedern der amerikanischen Community und zahlreichen Schülern traf. Unter den Astronauten befanden sich die Crew der Columbia Space Mission und eine der ersten Frauen im All, Margaret Seddon. Ein beeindruckendes Panel, das sich in einer unterhaltsamen Pressekonferenz den Fragen der Journalisten stellte: Es wurde gescherzt, während die Wissenschaftler wie nebenbei spannende Dinge enthüllten. Gleich mit der ersten Frage zu einer möglichen Mars-Reise begann eine lebhafte Diskussion über die Zukunft der Raumfahrt. «Ich würde gerne zum Mars fliegen», sagte Captain Robert Gibson, ehemaliger US-Marineoffizier, Testpilot, Luftfahrtingenieur und pensionierter Nasa-Astronaut. Er gehörte zur Besatzung der Raumfähren Columbia, Atlantis und Endeavour. «Aber ich glaube, man könnte mir sagen, dass ich zu alt bin», fügte er lachend an. In ernsterem Tonfall fuhr er fort: «Unsere jungen Leute werden die Chance dazu haben. In den nächsten 15 bis 20 Jahren schicken wir jemanden auf den Mars!» Er beugte sich nach vorne und fragte die einzige Frau auf dem Podium, ob sie denn fliegen würde. Dr. Margaret Seddon war eine der ersten weiblichen Astronauten im Raumfahrtprogramm der Nasa und eine von sechs Frauen, die 1985 mit der Columbia ins All geflogen sind. Außerdem ist sie Gibsons Frau. «Nein», antwortete Margaret Seddon nüchtern. «Ich bin sehr glücklich damit, hier auf dem Boden zu bleiben.» Scherze flogen zwischen den Panel-Teilnehmern hin und her. Sie alle sind langjährige Freunde und Shuttle-Crew-Mitglieder. Das Astronautenpaar Gibson-Seddon hat drei Kinder – die einzigen Kinder der Welt, deren zwei Elternteile Astronauten sind. «Ich will zum Mars!» griff Dr. George Nelson, Physiker, Astronom und ebenfalls Mitglied der
Columbia-Mission, das Spiel auf. «Aber in meinem Alter würde ich wohl ein One-Way-Ticket buchen.» Guy Beutelschies, stellvertretender Leiter der Abteilung Commercial and Civil Space beim US-amerikanischen Rüstungs- und Technologiekonzern Lockheed Martin, erklärte trocken: «Ich war noch nie im Weltraum. Aber die Nasa und Lockheed Martin bauen zusammen das nächste Raumschiff, Orion, das weiter fliegen soll, als Astronauten es je getan haben. Zum Mond und schließlich zum Mars und wieder sicher nach Hause. Ich habe das Gefährt gesehen und mir immer gedacht, dass ich mich da einfach reinschleichen und wenigstens so tun sollte, als würde ich mitfliegen!»
Den blauen Planeten retten
Auf die Frage, wie der Weltraum sie verändert habe, antwortete Margaret Seddon, dass der Anblick der Erde vom Weltraum aus unvergleichlich sei. «Wenn man die Erde aus dieser Höhe sieht, erkennt man, wie sehr alles miteinander verbunden ist.» Man entdecke etwa einen Sandsturm in Afrika, und nach einer Erdumrundung befinde sich der Sand über dem Atlantik. Und noch eine Runde später lande Sandstaub auf dem eigenen Auto in Houston, Texas. Auch die Zerstörung sei sichtbar: «Man sieht, was der Mensch dem Planeten angetan hat und dass wir uns besser um ihn kümmern müssen. Man kann Dinge im Meer sehen – etwa, wo Schiffe Öl abgelassen haben; man entdeckt viele solcher Dinge, die nicht gut für die Erde sind. Und es gibt einem das dringende Gefühl, dass wir sie schützen müssen.» Das Panel lobte Monaco für seine Umweltinitiativen zum Schutz des Planeten. General Charles Bolden, ehemaliger Nasa-Administrator, Generalmajor des US Marine Corps und Nasa-Astronaut, sagte: «Es ist wichtig, auf die unerlässliche Rolle hinzuweisen, die Monaco zur Erhaltung des Planeten spielt. Letzteres ist
Seit zwanzig Jahren arbeiten diverse Nationen zusammen, um die International Space Station (ISS) zu unterhalten. Die dauerhaft bewohnte Raumstation bietet Astronauten die Möglichkeit, ausgedehnte Forschungsarbeiten außerhalb der Erdschwerkraft durchzuführen. «Die ISS feierte gerade ihr 20-jähriges Bestehen, und seit 18 Jahren lebt durchgängig jemand an Bord», sagte Captain Michael Lopez-Alegria, dreimaliges Shuttle-MissionBesatzungsmitglied und ISS-Besucher. «Kinder von heute haben noch nie einen Tag ihres Lebens verbracht, ohne dass sich jemand im Weltraum befand!» Er beschrieb die immensen Ausmaße dieser schwebenden Station: Mit 110 mal 100 Metern Länge sei sie größer als ein Fußballplatz, verfüge über fast 1000 Kubikmeter Innenvolumen und wiege 420 Tonnen. Der Bau gehe auf eine friedliche Zusammenarbeit zwischen allen beteiligten Nationen zurück, aber werde in absehbarer Zeit obsolet werden, «wahrscheinlich innerhalb des nächsten Jahrzehnts». Die Nasa gibt aktuell einen großen Teil ihres Budgets für die Unterhaltung der ISS aus, aber man wolle anfangen, über erdnahe Umlaufbahnen hinauszublicken. Michael Lopez-Alegria enthüllte: «Wir fliegen jetzt seit 60 Jahren in den Weltraum und sind ziemlich gut darin. Die Nasa und die anderen Behörden planen, anderen Unternehmen die Möglichkeit zu geben, sich dort anzusiedeln.» Sprich: Die ISS soll an private Investoren gehen. Eine noch größere Ankündigung sollte folgen – bitte umblättern! !
Buzz Aldrin, der zweite Mann auf dem Mond, war Ehrengast in Monaco ©Embassy of Monaco Washington DC
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MONACO AUF DEM WEG INS ALL Erste Weltraumtouristen könnten bald im Fürstentum fit für die Reise gemacht werden Einmal mehr wurde Ende vergangenen Jahres im Fürstentum Geschichte geschrieben: Monacos Space Systems Institute (SSI) unterzeichnete mit Axiom Space (USamerikanisches Startup-Unternehmen für Raumfahrttechnologie, das OrbitalRaumstationen entwickeln will) eine Absichtserklärung, nach der ein Bewohner Monacos zum professionellen Astronauten ausgebildet und mit auf eine Weltraummission genommen werden soll.
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ie bahnbrechende Vereinbarung wurde von Michael Lopez-Alegria (Axiom Space) bekannt gegeben. Der Astronaut dreier NASA-Shuttle-Missionen und einer ISS-Mission sagte vor Journalisten im Fürstentum: «Wir werden die Möglichkeit prüfen, einen Bürger Monacos für Flüge ins All auszubilden, entweder als Fachkraft oder als Tourist auf Missionen, die zehn Tage oder länger dauern. Dies könnte also tatsächlich der Beginn davon sein, die monegassische Flagge ins All zu bringen – was wunderbar wäre.» Laut SSI-Chef Dr. Ilhami Aygun könnte ein monegassischer Astronaut bereits 2025 ins All aufbrechen. Damit wäre das Fürstentum die 19. Nation, die einen Astronauten zur Internationalen Raumstation ISS schickt. Michael T. Suffredini, CEO von Axiom Space und von 2005 bis 2015 Leiter des ISS-Programms der Nasa, sagte, das hochwertige Ausbildungsprogramm von Axiom Space werde Monacos Wunsch beschleunigen, sich an der Weltraumforschung zu beteiligen. Nach der Ausbildung seien die zukünftigen Astronauten aus Monaco fit für einen offiziellen Einsatz bei ISS-Missionen. Die Absichtserklärung beinhaltet zusätzlich die Alternative, dass die Mission zu einer Axiom-Raumstation führt. «Diese Zusammenarbeit ist nicht nur eine
Ehre für unser Unternehmen, sondern auch ein großer Schritt für Monaco, um seine Rolle in der internationalen Raumfahrtgemeinschaft weiter auszubauen», so Ilhami Aygun vom SSI. «An Axiom sind viele jener großartigen Menschen beteiligt, die zum Erfolg der
Foto oben: Die ehemaligen Astronauten während der Podiumsdiskussion in Monaco - Jean François Clervoy, Guy Beutelschies, Charles Bolden, Margaret Seddon, George «Pinky» Nelson und Robert Gibson (v.l.) © Embassy of Monaco Washington DC Foto unten: Einige von ihnen zu ihrer aktiven Zeit, in der Crew der Space Shuttle Mission 61-C © NASA
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ISS-Missionen beigetragen haben, und jetzt, da die bemannte Raumfahrt zu privat ausgebildeten Astronauten tendiert, sind wir stolz darauf, mit der DNA von Monaco an einem so renommierten Projekt teilzuhaben.» Die beiden Unternehmen vereinbarten überdies, die langfristigen Möglichkeiten des «Weltraumtourismus» in Monaco und ein potenzielles Monaco Space Module an der geplanten Axiom-Raumstation zu prüfen, die auf der ISS gebaut und später für den unabhängigen
ZUFÄLLIG ASTRONAUTIN
Dr. Margaret Seddon © Embassy of Monaco Washington DC
Dr. Margaret («Rhea») Seddon war eine der ersten Frauen, die 1977 in das Raumfahrtprogramm der Nasa aufgenommen wurde, eine der ersten Frauen im Weltraum an Bord des Discovery Space Shuttle im Jahr 1985, und sie wurde 1993 Nutzlastkommandantin auf ihrer dritten Mission, Columbia. Die ausgebildete Chirurgin hat mit ihrem medizinischen Fachwissen die physiologischen Auswirkungen der Raumfahrt und der Schwerelosigkeit untersucht. In Monaco sprach sie mit der RZ. Wie gelangten Sie von der Arbeit als Ärztin zum Raumfahrtprogramm? Eines Tages in den Weltraum zu fliegen, war zwar immer ein geheimer Wunsch von mir. Aber natürlich musste man damals ein Mann sein, Testpilot und zwischen 1,67 und 1,77 Meter groß. Ich war nichts davon. Also wählte ich einen anderen Beruf.
Betrieb getrennt werden soll. Die Axiom-Station wäre die weltweit erste kommerzielle Raumstation. Die Erweiterung der Weltraumaktivitäten Monacos auf die menschliche Raumfahrt hat zum Ziel, nutzbringende Experimente und Datenerhebungen im Orbit durchzuführen und das Interesse der Öffentlichkeit für Weltraum, Wissenschaft, Technologie, Ingenieurwesen und Mathematik zu wecken. Ilhami Aygun präzisierte, dass das geplante
Gegen Ende meiner chirurgischen Ausbildung erfuhr ich zufällig, dass sie eine Gruppe von Astronauten mit dem Space Shuttle fliegen lassen wollten, und zum ersten Mal nahmen sie auch Bewerbungen von Frauen und Minderheiten an. 1977 konnte man sich bewerben, und die Ausbildung begann 1978. Also dachte ich: Wenn ich das wirklich tun will, muss ich jetzt handeln. Also war es einfach eine günstige Gelegenheit? Genau! Wenn Sie sich für die Nasa bewerben, werden Sie untersucht und befragt, und Sie erhalten Informationen darüber, was Sie tun werden. Man sagte uns, dass wir 1978 oder 79 anfangen würden zu fliegen, und dass wir 50 Flüge pro Jahr machen würden. Also dachte ich, ich könnte das versuchen, ein paar Shuttle-Flüge machen und dann in meine Praxis zurückkehren. Natürlich flog das Shuttle erst 1985. Ich wollte eigentlich wieder an die Uni gehen, aber dann habe ich einen Astronauten geheiratet: Ich hatte in der Zwischenzeit meinen Mann, Robert Gibson, kennen gelernt, und wir bekamen 1982 unser erstes Kind. Nachdem ich eingangs nur ein paar Jahre bei der Nasa verbringen wollte, wurden es am Ende 19. War die Nasa sofort an Ihrer medizinischen Erfahrung interessiert oder hat sich das erst entwickelt? Als sie die Shuttle-Astronauten auswählten, wussten wir, dass sie uns wegen unserer jeweiligen Fachkenntnisse mitnahmen. Sie konnten nicht garantieren, dass wir ausschließlich bei Flügen
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Monaco-Modul auf der Raumstation vorrangig wissenschaftlichen Zwecken dienen solle. Aber: «Monaco ist das Zentrum des Luxustourismus», sagte er, «deshalb ist es sinnvoll, Monaco als ersten Ort zu wählen, um Reisende in den Weltraum zu schicken. Wir werden sehen, wie es sich entwickelt. Es wird eine tolle Gelegenheit für junge Menschen sein, Kandidat zu werden und eine Ausbildung zum Profi-Astronauten oder Weltraum-Touristen zu absolvieren.» !
dabei wären, bei denen dieses Fachwissen benötigt würde, aber sie wussten, dass es Missionen mit Experimenten auf dem Gebiet der Biowissenschaften geben würde. Es ging darum herauszufinden, wie sich Menschen ans Weltall anpassen und wie sich die Gesundheit der Menschen dort über immer längere Zeit erhalten ließe. Man hat uns alle wegen unserer unterschiedlichen Fachkenntnisse mitgenommen. George Nelson war beispielsweise Astronom, Sally Ride Astrophysikerin und Judy Resnick Ingenieurin. Es gibt aktuell eine Initiative, Mädchen schon in jungen Jahren verstärkt in naturwissenschaftlichen Fächern zu fördern. Wie kann das gelingen? Ich denke, Eltern können das beeinflussen. Mein Vater sagte mir, ich könnte alles werden, was ich will. Es ist sehr wichtig, dass Eltern ihre Kinder ermutigen, zu erforschen, was sie später tun wollen. Ich mag das englische Sprichwort: ‘If you can see one, you can be one.’ Und das ist einer der Gründe, warum ich gerne mit jungen Menschen rede. Weil ich denke, dass gerade kleine Mädchen eine ganz bestimmte Vorstellung von Astronauten haben ... und dann sehen sie mich. Ich kann mich erinnern, dass ich einen meiner Söhne in der dritten oder vierten Klasse auf einen Ausflug begleitet habe, und der Lehrer erklärte den Schülern, dass ich in den Weltraum fliegen würde. Eines der Kinder sagte: «Aber sie sieht doch aus wie eine Mutter.» Ich denke, Kinder haben diese Vorstellung von «ok, das kann ich
nicht», aber wenn sie die Person sehen, die so etwas macht, dann ändert sich das. Halten Sie es für sinnvoll, wenn Menschen wie Sie in Schulen gehen und aus Ihrem Leben erzählen? Auf jeden Fall. Und von den Lehrern ist es wunderbar, wenn sie die Schüler das Gelernte auf etwas anwenden lassen, das sie verstehen – etwa in Form von Experimenten. Es ist der Spaß an der Wissenschaft, der rübergebracht werden muss. Wissenschaft sollte nicht nur etwas sein, worüber man in einem Buch liest. Sie muss praxisnah sein. Wissenschaft kann Spaß machen, und ich denke, wir müssen Mädchen das wissen lassen. Wenn man sich die ersten sechs Astronautinnen ansieht, dann gab es da eine Bandbreite von einer sehr sportlichen Person bis zu mir, einer Südstaatenschönheit. Egal, wer du davon bist: Du kannst eine wunderbare Karriere in der Wissenschaft machen. Ich sage den Menschen gerne, dass man auch Teil des Raumfahrtprogramms sein kann, ohne Astronaut zu sein. An einem Programm sind viele Frauen beteiligt, von Diätassistentinnen bis hin zu Ärzten, Frauen im Mission-Control-Center, die die Motoren oder den Strom überwachen. Es gibt seit langem Frauen, die alle möglichen Dinge für die Nasa tun und die das Gefühl haben, Teil von etwas Größerem zu sein. Die Nasa ist ein großartiger Arbeitsplatz. #Das Gespräch führte Nicole Ruskell
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Nadal will’s noch mal wissen Die besten der Rangliste kommen jedes Jahr zum Monte-Carlo Masters am Rande des Fürstentums, doch als Sieger geht seit mehr als einer Dekade für gewöhnlich derselbe Spieler vom Platz: Rafael Nadal will in diesem Jahr seinen zwölften Titel auf der Asche des Country Clubs Monte-Carlo holen. Mehr denn je werden ihm aber vermutlich die jungen Wilden das Leben schwer machen: Mit Zverev, Thiem, Tsitsipras, Khachanov, Shapovalov oder Coric wartet gleich eine ganze Riege talentierter Newcomer auf ihre Chance gegen den Spanier. «Angst haben die nicht vor den Großen», sagte Turnierdirektor Zeljko Franulovic der RivieraZeit. «Bis die die Weltspitze übernehmen, wird es nicht mehr lange dauern.» Wer genau es ins hochkarätige Teilnehmerfeld schafft, klärt sich am 21. März. Franulovic hofft wie immer auch auf Roger Federer, gesteht dem am Ende seiner einmaligen Karriere stehenden Schweizer aber zu, sich erst kurzfristig anzumelden. Auch am Rande so einer Turnierwoche im Country Club tut sich einiges: Showmatches und Benefizaktionen, die immer freitagabends vor den Halbfinals im Salle des Etoiles veranstaltete Grande Nuit du Tennis (im Beisein zahlreicher Spieler, Ticket: 230 Euro pro Person) – oder auch die Verleihung von Auszeichnungen. 2018 richteten sich zwischenzeitlich alle Augen auf Boris Becker, der auf dem Court Central den Siegelring der Tennis Hall of Fame verliehen bekam. In die Ruhmeshalle 3 war er schon 2003 aufgenommen worden; die Ringe werden den Geehrten bei späterer Gelegenheit an einem für sie bedeutungsvollen Platz überreicht. Monaco ist für Becker mit vielen Erinnerungen verbunden: Der einstige Weltranglistenerste hatte hier als junger Spieler zeitweise seinen Wohnsitz, stand zweimal im Finale des Turniers und kehrte zuletzt mehrmals als Trainer auf die Anlage zurück. Becker nach der Verleihung: «Als junger Mensch bist du dir deiner Leistung gar nicht richtig bewusst. Erst mit der Zeit kannst du das alles einschätzen. Und erst recht, wenn dir eine Ehre zuteil wird wie die Aufnahme in die Hall of Fame.» Übrigens: Wer keine Eintrittskarte (ab um die 20 Euro) mehr ergattern sollte, kann das Turnier erstmals live auf Eurosport im TV verfolgen! !
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WeltklasseTennis über dem Meer Von AILA STÖCKMANN
Für die Spieler ist es ein «Nachhausekommen», für Zuschauer ein einmaliges Sport-Erlebnis: das Monte-Carlo Masters, diesmal vom 13. bis 21. April. s fühle sich an wie «nach Hause kommen», sagen die einen; ihn verbinde eine «Love Story» mit dem Turnier, sagt Rafael Nadal. Doch beileibe nicht nur die Spieler freuen sich Jahr für Jahr auf Europas wichtigstes Masters-1000-Tennisturnier: Auch für Zuschauer bleibt es ein Event wie kein anderes. Unter der frühlingshaft warmen Côte-d’Azur-Sonne, die sich zumeist gnädig zeigt mit den Menschenmengen auf den Tribünen, spielen sich Weltklasse-Matches ab. Trotz ausverkaufter Ränge auf den Plätzen mit Meerblick bleibt das Setting ein familiäres: Die Spieler sind nahbar, geben bereitwillig Autogramme und lassen sich beim Trainieren über die Schulter schauen.
Tickets & Info: montecarlotennismasters.com
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"Foto 1 Rafael Nadal will zum 12. Mal gewinnen © Philippe Fitte/Realis/SMETT
"Foto 2 Boris Becker (l.) bekam den Ring der Tennis Hall of Fame von Fürst Albert verliehen © Realis/SMETT
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!KOMMUNALWAHLEN. Die Vorberei-
tungen für die diesjährigen Kommunalwahlen im Fürstentum haben begonnen. Der erste Wahlgang findet am Sonntag, 17., der zweite am 24. März statt. Weitere Informationen unter www.mairie.mc.
!GEGEN WALDABHOLZUNG. 2011
wurde von der Regierung, der Fondation Prince Albert II und den Vereinen MC2D und IMEDD das Projekt «Monaco engagiert sich gegen Waldrodung» ins Leben gerufen. Im Jahr 2017 engagierten sich 40 lokale Unternehmen, die im Alltag auf einen rücksichtsvollen Umgang mit der Ressource Holz achten, indem sie etwa den Papierverbrauch reduzieren und mit Lieferanten arbeiten, die ihnen zertifizierte Produkte anbieten.
© Stephane Danna, Direction de la Communication Einmal im Jahr empfängt Staatsminister Serge Telle die Erstliga-Basketballer aus Monaco, die in den vergangenen Jahren spielerisch von sich reden machten. In dieser Saison läuft es nicht ganz so optimal für die Profis aus dem Fürstentum, die im Vorjahr Vizemeister in der höchsten französischen Spielklasse wurden. Im Eurocup schafften sie es immerhin unter die besten 16 Teams. Serge Telle: «Glückwunsch zum Erreichen der Top 16 und dass ihr die Farben Monacos durch Europa getragen habt!» Kurz nach Enstehen dieses Foto kündigte sich ein Trainerwechsel an. Der Neue steht nun fest: Es ist der Serbe Sasa Obradovic.
Zum neuen Jahr
!WASSER FÜR BURKINA FASO. Das
monegassische Rote Kreuz hat über die Plattform «Monaco Crowdfunding» Spenden für ein Projekt für Burkina Faso gesammelt: 10220 Euro von 50 Gönnern kamen dabei zusammen. Mit dem Geld soll noch in diesem Jahr in Lemka nach Trinkwasser gebohrt werden, um die Lebensumstände der Bewohner zu verbessern.
STAATSMINISTER EMPFÄNGT JOURNALISTEN
ußerst sympathisch begrüßte im Januar Monacos Staatsminister Serge Telle lokale und regionale Journalisten zum neuen Jahr. In seiner Rede im Yacht Club betonte er seine Hochachtung vor den Vertretern der Medien, deren Aufgabe zunehmend schwierig wie wichtig sei. «Ich bin empört über die heute gängige Journalistenschelte», sagte Telle. «Journalisten leisten eine unverzichtbare Arbeit.» Er versprach, sich auch künftig für einen Dialog zwischen Politik und Medien stark zu machen. Anschließend führte der Staatsminister aus, welche HerausforStaatsminister Serge Telle richtete derungen dem Fürstentum im Jahr 2019 bevorstehen. Eines der wohlwollende Worte an lokale Journalisten, darunter Vertreter der RivieraZeit und der wichtigsten Ziele sei es, den Plan zur Schaffung von Wohnraum Schwester-Zeitschrift Riviera Insider für die nächsten 15 Jahre zu finalisieren. Eine Sorge bleibe die Re©Michael Alesi, Direction de la Communication MC duktion von Lärm und Verkehr im Zuge der Landerweiterungsarbeiten: «Das Leben hier soll nicht nur luxuriös, sondern auch angenehm sein.» Auch Themen wie die Energiewende und Klimaschutz, die Sicherheit der Bevölkerung, Smart City, die Gleichstellung von Frau und Mann oder die Erfindung und Schaffung neuer Jobs blieben auf der Agenda. All dies vor dem Hintergrund eines ausgeglichenen Staatshaushalts, der zur Zufriedenheit aller für 2019 beschlossen worden sei. !
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!IM WELCOME OFFICE des «Clubs für
ausländische Bewohner in Monaco» (Club des Résidents Étrangers de Monaco, CREM) sind neue Bewohner des Fürstentums begrüßt worden. Die Einrichtung dient der Begegnung und bietet praktische Informationen über das Leben in Monaco – etwa über öffentliche Transportmittel oder Krankenkassenangebote.
!NEUES LABOR. Das Krankenhaus
Centre Hospitalier Princesse Grace (CHPG) hat ein neues Labor für Blutuntersuchungen eröffnet, das mehr als 100 Patienten pro Tag empfangen kann. Ebenfalls vollständig erneuert wurde das Zentrum für Bluttransfusionen, das nun jährlich rund 1200 Blutspender aufnimmt. Der Fürst persönlich hat die Räumlichkeiten Ende Januar eingeweiht.
«boot» in Düsseldorf
FÜRST ALBERT VERLÄNGERT PARTNERSCHAFT r ist ein echter Freund der ‚boot‘!» So wurde der Besuch von Fürst Albert II. (Foto) zum 50. Geburtstag der weltgrößten Wassersportmesse im Januar angekündigt. Die langjährige Partnerschaft erhielt 2017 über das gemeinsame Engagement für den Meeresschutz neuen Schwung. Mit der Nachhaltigkeitsoffensive love your ocean setzte die boot 2019 einen zeitgemäßen Schwerpunkt. Parallel zeichneten die Stiftung Prince Albert II, die Deutsche Meeresstiftung und die Messe Düsseldorf die Sieger des diesjährigen «ocean tribute»-Awards aus. Sein Ziel ist es, innovative Projekte zu fördern. Der Fürst schätzt die Breitenwirkung derartiger Flagship-Aktivitäten: «Sie erlauben es, intensiv für unsere Umweltschutzprojekte zu werben, neue Partner und auch Spender zu finden.» Das Publikum der Messe jedenfalls konnte er mit seinem unprätentiösen Auftreten, seinem engagierten Statement und persönlichen Einsatz begeistern. Verliehen wurden Auszeichnungen in drei Gruppen. In der Kategorie «Industrie» gewann Neptu Therm. Rohstoff für das junge Unternehmen sind so genannte Neptun- oder Seegrasbälle, abgestorbene Algenblätter, die an der Mittelmeerküste zuhauf vorkommen. Daraus entsteht ein vollwertiges, biologisches und energieeffizientes Dämm-Material. In der Kategorie «Wissenschaft» landete «The Ocean Race» auf Platz eins. Während der 13. Ausgabe des weltweiten Segelabenteuers haben sieben Teams Daten in den entlegensten Regionen der Ozeane gesammelt. In der Kategorie «Gesellschaft» setzte sich eine Kampagne unter der Flagge des Yacht Clubs von Monaco durch, die «Malizia Ocean Challenge» von Pierre Casiraghi und Boris Herrmann. SAM
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© Susanne Altweger-Minet
!SELBSTBEDIENUNGSBIBLIOTHEK.
Das Amt für die Stadtentwicklung (Direction de l’Aménagement Urbain, DAU) hat eine Selbstbedienungsbibliothek eröffnet. Diese befindet sich innerhalb des Jardin de l’Âne. Ziel ist es, Romanen oder DVDs ein zweites Leben zu geben: Gebrauchte Medien können hier abgelegt und von Interessierten mitgenommen werden. Das Konzept soll noch an weiteren Orten innerhalb des Fürstentums etabliert werden.
!BRAND IM HÔTEL DE PARIS. Der
noch im Bau befindliche Spa-Bereich in der 7. Etage des generalrenovierten Hôtel de Paris in Monte-Carlo hat Ende Januar Feuer gefangen. Verletzt wurde niemand; das Hotel wurde kurzzeitig evakuiert.
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Lagerfeld: Ein Leben für die Katz (Nicht nur) der Côte d’Azur wird es fehlen, das kauzige Original der Modewelt Von ROLF LIFFERS
Karl Lagerfeld starb am 19. Februar 85-jährig in Paris © De Frederic Legrand - COMEO / Shutterstock.com
a weiß man echt nicht, ob man lachen oder weinen soll: Der alte Côte-d’AzurStammgast Karl Lagerfeld ist nicht mehr. In Windeseile ging die Nachricht um die Welt, die er so oft mit seinem schrillen Outfit und ungezählten lockerflockigen, selbstironischen, bisweilen aber auch frechen Sprüchen wechselweise erheitert beziehungsweise verärgert hatte. Nun ist sein Wille geschehen: «Ich sterbe lieber, als ich beerdigt werde.» Folglich wurde der letzte Pariser Modezar schon wenige Tage nach seinem Hinscheiden dem Feuer übereignet, obwohl er lieber «wie ein Urwaldtier» verschwunden wäre. Sein Wort «ich bin der Welt abhandengekommen» erlangte plötzlich neue Aktualität. Was von der sterblichen Hülle des aus Hamburg stammenden großen Couturiers übrig blieb, soll seinem letzten Willen zufolge mit der Asche seiner deutschen Mutter und seines engsten, schon vor dreißig Jahren verstorbenen Freundes Jacques de Bascher vermischt worden sein – zur weiteren Legendenbildung an einem geheimen Ort. Offiziell teilte sein Pariser Modehaus Chanel lediglich mit, es werde «keine öffentliche Zeremonie oder Würdigung» geben. Tatsächlich waren beim sehr privaten Abschied am Krema-
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torium von Nanterre nur enge Vertraute zugegen. Unter ihnen Prinzessin Caroline von Hannover und ihre Tochter Charlotte Casiraghi sowie Lagerfelds rechte Hand und Nachfolgerin bei Chanel, Virginie Viard. Und natürlich die unsägliche Kreatur, die dem Verblichenen von allen Lebewesen am nächsten stand und die er am liebsten geheiratet hätte: seine Hauskatze Choupette («Süße»). Die Birma-Katze, deren Schweif der Designer gern mit Boafedern und ihre blauen Augen mit Sternsaphiren verglichen hatte, lachte sich verschmitzt in die Tatze. Kein Wunder: Testamentarisch erbt «die Süße» schließlich Millionen, sobald alle diesbezüglichen juristischen Fragen geklärt sind. Nach deutschem Recht kein Problem, sofern damit eine Stiftung oder so was verbunden ist, hat «Le Figaro» recherchiert. Was aus den ganzen Luxusappartements ihres einstigen Gebieters in Paris und Monte-Carlo, Rom und New York sowie aus der chanelschen Schickimickiboutique in Saint-Tropez werden soll, ist vielleicht noch ungeklärt. In jedem Fall muss auch entschieden werden, ob Choupette ihren Flieger und all die Domestiken behalten kann, wenn sie demnächst bei dem 39-jährigen US-Dressman Brad Kroenig einziehen sollte, Lagerfelds letzter Muse. Schon 2012 hatte der Modestar geeifersüchtelt, seine Mieze sei inzwischen «berühmter als ich». Doch weil er die 2011 als Guimauve du Blues Daphnée geborene Diva so sehr liebte, bastelte er weiter an ihrem Image der Unnahbarkeit und stilisierte sie systematisch zu einer miauenden Greta Garbo hoch. Lagerfelds Vermögen wird von informierten Kreisen auf rund 400 Millionen Euro, sein Jahreseinkommen zuletzt auf rund 40 Millionen geschätzt. Insofern hatte er gut reden, wenn er prahlte, er gebe sein Geld mit vollen Händen aus. «Denn was bei mir oben zur Tür rausgeht, kommt unten wieder rein.» Nicht nur, dass der Hanseat aus seinem unermüdlichen Schaffen bei Balmin, Patou, Chloé, Fendi, Chanel, Hennes & Mauritz sowie aus seiner eigenen Marke reichlich Kapital schlug. Auch an externen Aufträgen verdiente er üppig, mit seinem SteiffTeddybär und einer Coca-Cola-Flasche beispielsweise und der Zusammenarbeit mit Madonna, Kylie Minogue und Swarowski. 2008 hatte Lagerfeld sein Personal reduziert. Rund um die Uhr standen ihm zuletzt nur noch ein Zimmermädchen, ein Koch und zwei Chauffeure zur Verfügung. Um Choupette, die über Accounts bei Twitter, Instagram und Facebook verfügt, kümmern sich darüber hinaus zwei Dienstmädchen. Die Katzenmenüs werden von ihrem eigenen Hauskoch zubereitet.
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Bei Tisch thronte sie gleichberechtigt neben dem Hausherrn. Zu ihren Leibgerichten gehörte Kaviar. Selbstverständlich hatte Choupette auch einen eigenen Bodygard. Wie Karl war sie gut beschäftigt: Sie warb für Autos und Kosmetika, womit sie allein 2014 rund drei Millionen Euro hinzuverdiente. Zudem trat sie mit Giselle Bündchen und Linda Evangelista als Covermodell auf. Unter den Titeln «Monster Choupette» und «Choupette in Love» entwickelte Lagerfeld für sie eigene Linien für Accessoires wie Socken, Schlüsselanhänger, Taschen und T-Shirts. Aus einem Interview des New York Magazines mit Lagerfeld destillierte die Süddeutsche Zeitung ein fiktives Gespräch mit ihr, in dem Choupette von sich selbst stets in der dritten Person berichtete. Am Mittelmeer, wohin er praktisch jedes Jahr reiste, werden die Lücken, die das hanseatische Original hinterlässt, nur schwer zu schließen sein. Kein hochsommerliches Defilee mehr die Hafenpromenade von Saint-Tropez entlang, kein vergleichbarer Glanz mehr im Hause «La Mistralée» an der nahen Place Blanqui, wo sich Chanel vor rund zehn Jahren etabliert hatte. Kein Renommieren mehr seines Lieblingshotels im Quartier de la Quessine von Ramatuelle, kein Besuch mehr beim internationalen Nachwuchs-Modefestival in der Villa Noailles von Hyères-les-Palmiers, dem Chanel seit Jahren als privilegierter Partner verbunden ist. Und in Monaco schließlich wird kein Lagerfeld mehr den Bal de la Rose ausstaffieren. Frankreichs ehemalige Première Dame, Carla Bruni-Sarkozy, hat schon Recht, wenn sie Karls Tod mit den Worten kommentierte: «Danke für die Schönheit und Leichtigkeit und Farbe, die du in diese so graue und schwermütige Welt getragen hast.» Über sein extrem arbeitsreiches und asketisches Leben sagte der Meister selbst: «Die tägliche Arbeit, in der ich meine Erfüllung gefunden habe, ist für mich wie atmen, daher brauche ich auch keinen Urlaub. Ich rauche nicht, ich trinke nicht und gehe nur selten aus – Leute wie ich langweilen mich zu Tode.» Was das angeht, mag der Kaiser in Frieden ruhen: Die RZ-Redaktion hat sich mit ihm nie gelangweilt. !
Hier war Karl Lagerfeld zwischen 1986 und 2000 regelmäßiger Gast: in der Villa «La Vigie» in Roquebrune-Cap-Martin. Das 1902 erbaute und zur SBM gehörende Haus hatte viele Jahre leer gestanden, bevor der Modedesigner es mietete, renovierte und möblierte © De andersphoto / Shutterstock.com
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giebedarf weltweit. Zählt man die einzelnen Mitgliedsstaaten der EU sowie die Schweiz mit, ziehen hier 35 verschiedene Nationen an einem Strang.
Die ITER-Baustelle. Links das kreisrunde Betongehäuse der Tokamak-Maschine; im Hintergrund das AssemblyBuilding, in dem Teile der Maschine vorinstalliert werden. «Iter» bedeutet auf Lateinisch übrigens «der Weg»; 35 Nationen beschreiten ihn derzeit gemeinsam. © Iter
Eine Maschine wie eine Kathedrale P
asskontrolle! Ich stehe in einer dezent dunkel gehaltenen Schalterhalle, geschmückt mit sieben Flaggen. Die Dame hinter dem Sicherheitsglas prüft meinen Ausweis sowie die Papiere der einladenden Abteilung. Mit dem mir ausgehändigten badge passiere ich ein Drehkreuz; danach geht es einen repräsentativen Arkadengang hoch ins Hauptquartier der ITER Organization. Auch dort in der großen Eingangshalle wieder Flaggen – und ein roter Teppich. Das Ganze hat die Anmutung eines UNO-Hauptquartiers in Klein, und tatsächlich befinde ich mich hier auf dem Gelände einer zwischenstaatlichen Organisation – mitten im Cadarache-Wald, im Herzen der Provence. Seit 2007 entsteht hier in Saint-Paul-lès-Durance, vierzig Minuten nördlich von Aix-en-Provence, der Versuchsreaktor für das bislang größte internationale Forschungsprojekt weltweit. Sieben Partnernationen, darunter die Europäische Union als ein Partner, arbeiten hier gemeinsam an einer der großen Herausforderungen unserer Zeit: der Entwicklung einer sauberen und quasi unbegrenzten Energiequelle auf Basis von Kernfusion. Ein Projekt von Ausmaßen und Dimensionen, die eine internatioVon CHRISTINE HELFRITZ nale Zusammenarbeit unvermeidbar machen – zu teuer, zu groß, zu technisch für eine Nation alleine. Und so kommt es, dass sich hier so gegensätzliche Teilhaber wie Russland, die USA, China, aber auch Japan, Südkorea, Indien und die EU zusammentun. Nicht zufälligerweise Der Phönix von Carin Grudda erhebt sich hoch über dem Meer © D.R. sind dies die Staaten mit dem höchsten Ener-
Der internationaler KernfusionsForschungsreaktor ITER in der Provence
Schon beim Betreten des Geländes fällt auf: Dies ist nicht eine x-beliebige Baustelle. Dies ist ein internationales Forschungsprojekt von besonderem Ausmaß und Charakter. Ein Besuch im International Thermonuclear Experimental Reactor.
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Worum geht es? Die Kernfusion gilt als Hoffnungsträger und Alternative zu den bisher genutzten, den Treibhauseffekt fördernden fossilen Brennstoffen, mit denen sich die Menschheit gerade in eine ökologische Sackgasse manövriert. Und ebenso zur Wind- und Solarenergie mit all ihren unbestreitbaren Vor-, jedoch auch Nachteilen. Das Ziel ist, eine sehr überschaubare und unbegrenzt verfügbare Menge an Brennstoff (nämlich Wasserstoff) mit Hilfe von Kernfusion in eine große Menge Energie umzuwandeln: Der aus 0,5 Liter Wasser gewonnene Brennstoff wäre dann ausreichend, um einen europäischen Einfamilienhaushalt für ein Jahr mit Energie zu versorgen. Das Ganze unter Zurückbleiben eines Minimums an Verbrennungsrückständen und Emissionen sowie ohne die Risiken herkömmlicher Atomkraft. Klingt wie ein Wunschzettel fürs Christkind – hat aber nach Einschätzung der Forschung das Potential, realisierbar zu sein. Angesichts des weltweit steigenden Energiebedarfs (plus 30 Prozent bis 2040 laut IEA, International Energy Agency) sowie drohender Klimakatastrophen besteht dringender Handlungsbedarf. Technisches Vorbild für diese Masse-in-EnergieTransformation ist die Sonne selbst – mit den anderen Sternen des Universums. Es ist ein Traum der Menschheit, die dort ablaufenden gigantischen Vorgänge von Energiefreisetzung auf der Erde in kleineren Dimensionen nachzubilden und zu nutzen. Wie funktioniert das genau? Anders als in der herkömmlichen Atomkraft, die auf Kernteilung basiert, müssen in der Kernfusion zwei Wasserstoffatome dazu gebracht werden, miteinander zu verschmelzen. Ihre jeweils positive Ladung macht dies unter «normalen» Bedingungen unmöglich; erst bei großer Teilchengeschwindigkeit, die durch Temperaturen – für den Laien nicht vorstellbar – von über 100 bis 150 Millionen Grad Celsius erreicht wird, kann dies gelingen. Mit dem Generieren eines sogenannten Hochtemperaturplasmas, eines sehr heißen Gasgemisches, wird die Reaktion angestoßen. Ziel ist es, dieses Plasma über einen längeren Zeitraum für den Prozess der Energiegewinnung aufrecht zu erhalten. Mit Hilfe von starken Magnetfeldern soll es in einer kreisförmigen Laufbahn gehalten werden, damit es nicht die Wände der Brennkammer berührt, die man sich in der Form eines überdimensionalen hohlen Donuts vorstellen muss. Denn dies würde zu einer Abkühlung innerhalb von Sekunden und somit zur unmittelbaren Unterbrechung des Prozesses führen. «Mit diesem Projekt überschreiten wir schon allein durch seine Größe die Grenzen des technisch bisher Entwickelten», erklärt mir Sabina Griffith, Mitarbeiterin der ITER-Öffentlichkeitsarbeit, selbst aus der Naturwissenschaft kommend und zutiefst überzeugt von dem Unterfangen. «Ob es die riesigen Magnetspulen
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Das ITER-Projekt wurde 1985 von den Präsidenten Gorbatschow und Reagan angestoßen und in den darauffolgenden Jahren unter sich ausweitender internationaler Beteiligung in Deutschland, den USA und Japan auf Basis der Tokamak-Technologie entwickelt. Seine Besonderheit: ITER wird die größte je gebaute Fu-
Poloidale Feldspulen – die einzigen Komponenten, die aufgrund ihrer Größe (22 bis 24 Meter Durchmesser) vor Ort hergestellt werden © Iter
sind, die Kühlsysteme, die Heizsysteme – alles wird eine neue Dimension erfahren, die nicht nur für ITER und die Fusion von Vorteil ist. Wir werden sehr beobachtet von allen möglichen neuen Technologierichtungen.» Industrie, Forschung, Medizin – für viele Bereiche können die Neuentwicklungen auf dem Gebiet der Kernfusion interessant sein. Bevor es aber so weit ist, gilt es noch eine Reihe von Aufgaben zu lösen in diesem Verfahren – wie zum Beispiel: die beschriebene Fusionsreaktion in relevanter Größenordnung und insbesondere Dauer herbeizuführen; entsprechend geeignete und haltbare Materialen zu entwickeln für die ungeheuren Kräfte am Werk; am Ende des Prozesses deutlich mehr Energie zurückzugewinnen als zur Zündung bereits aufgeboten werden muss. Allein durch die geplante Dimension der Maschine soll bei ITER zehnmal mehr Energie erzeugt werden als zum Erhitzen des Plasmas erforderlich ist. Aber genau weil die Versuche erstmals in dieser neuen Größenordnung stattfinden werden, wird abzuwarten sein, wie sich die Kräfte der Natur unter den neuen Voraussetzungen verhalten. «Sie wird nicht am Boden bleiben wollen, die große Maschine», vermutet Sabina Griffith, «sie wird versuchen zu rocken.» Riesige Schrauben im Fundament sowie das Kräftegefüge der Magneten sollen dem entgegensteuern. Gelingt das Vorhaben, kann im nächsten Schritt ein erstes kommerzielles Elektrizitätskraftwerk auf der Basis von Kernfusion entwickelt werden – dies dann allerdings wohl nicht mehr im Rahmen einer weltweiten Kooperation. Die Vorbereitungen für ein europäisches Fusionskraftwerk werden bereits jetzt, parallel zur Entstehung von ITER, von Garching bei München aus koordiniert. Die Geschichte der Fusion ist lang Seit den 1920er-Jahren arbeiten Forscher daran, die Energiebildungsprozesse der Sterne auf der Erde zu rekonstruieren. In den 50ern wurde in Russland ein erstes Fusionskonzept vom Typ Tokamak vom russischen Physiker und späteren Friedensnobelpreisträger Andrei Sacharow und seinem Kollegen Igor Tamm entwickelt. Zur gleichen Zeit kam das Thema auch im Westen in Fahrt; weltweit wird mittlerweile in hunderten von kleineren und größeren Fusionsversuchsanlagen an dem Thema gearbeitet.
PRO & CONTRA KERNFUSION Fusionierende Atome setzen annähernd 400Millionen-mal mehr Energie frei als beim Verbrennen von Kohle, Öl oder Gas entsteht und immerhin viermal mehr als beim Prozess der Kernspaltung in herkömmlichen Atomkraftwerken (bei gleicher Masse). Die erforderlichen Rohstoffe sind nahezu unbegrenzt vorhanden. Auch beim Fusionsprozess entstehen radioaktive Abfälle, allerdings viel weniger und mit einer wesentlich geringeren Halbwertszeit, sodass diese sogar auf dem Betriebsgelände gelagert und nach ein paar Jahren wiederverwendet werden können. Das verwendete Material eignet sich nicht für einen Missbrauch wie zur Herstellung nuklearer Waffen; auch eine Kernschmelze wie bei Kernteilungsprozessen kann in der Kernfusion nicht stattfinden. Somit sind nukleare Katastrophen wie etwa 2011 in Fukushima ausgeschlossen. Bei einem Störfall würde das Plasma innerhalb von Sekunden abkühlen und die Reaktion automatisch unterbrochen werden. Andererseits wurde Fusion noch nie in einer derart großen Anlage betrieben – der Reaktor muss nach Fertigstellung zunächst schrittweise hochgefahren werden, um die zu entfesselnden Kräfte der Natur austesten zu können. Kritiker werfen dem Projekt unrealistische Ziele bei immer weiter steigenden Kosten vor. Sie bevorzugen Investitionen in sofort wirkende Maßnahmen gegen den Klimawandel.
sionsanlage sein und ist zugleich das bislang umfangreichste und mit mittlerweile 22 Milliarden Euro Budget auch teuerste multinationale Forschungs- und Technologieprojekt überhaupt. Die inzwischen auf sieben Partner angewachsene ITER-Gemeinschaft repräsentiert über 85 Prozent des Bruttonationaleinkommens weltweit und über die Hälfte der gesamten Weltbevölkerung. Standort Provence 2005 fiel die Entscheidung für Europa als Standort des Versuchsreaktors, genauer gesagt für die südfranzösische Gemeinde Saint-Paul-lèsDurance, denn in ihrem Ortsteil Cadarache befinden sich einer der Standorte des CEA (des französischen Kommissariats für Atomenergie und alternative Energien) und der schon seit
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1988 bestehende Fusionsversuchsreaktor TORE SUPRA. Nach langen Vorbereitungen war 2010 endlich Baubeginn für die ITER-Anlage sowie für das bereits zwei Jahre später fertiggestellte ITER-Hauptquartier des Architekten Rudy Ricciotti (MuCEM Marseille, Musée Cocteau Menton). Für die Region stellt ITER eine Bereicherung dar, nicht nur kulturell durch den Zuzug von Forschern und Ingenieuren mit ihren Familien aus allen Teilen der Welt (so wurde in Manosque 2010 eine internationale Schule gegründet), sondern auch durch die Vergabe zahlreicher Dienstleistungs- und Produktionsaufträge an französische Unternehmen. Die Baustelle Ausgestattet mit Gummistiefeln, Helm, Sicherheitsweste und Brille darf ich die Baustelle besichtigen: Auf einem Gelände von 42 Hektar entsteht die Versuchsanlage. Bisher sind einige Nebengebäude sowie die circa 60 Meter hohe Assembly Hall fertiggestellt – das Gebäude, in dem Teile der Maschine vormontiert werden. Vom wuchtigen Tokamak-Komplex selbst wachsen die ersten Stockwerke massivsten Betons in die Höhe – für das Auge unsichtbar ragt er 13 Meter tief in die Erde, eingebettet in ein gewaltiges, erdbebensicheres Fundament. Nach Fertigstellung wird das Gebäude 60 Meter hoch sein; die Maschine in seinem Inneren wird rund 23000 Tonnen wiegen – dreimal so viel wie der Eiffelturm. Jetzt herrscht hier jedoch noch Baustelle, soweit das Auge blickt. «Viele Mitarbeiter werden das Ende der Bauphase zu Zeiten ihrer Berufstätigkeit gar nicht mehr erleben», vermutet Sabina Griffith. «Sie können es sich so vorstellen wie im Mittelalter, als sich der Bau von Kathedralen über ganze Generationen hinzog.» Momentan werden bereits einzelne Komponenten der Maschine vor Ort zusammengesetzt; in der eigentlichen Maschinen-Konstruktionsphase befindet man sich jedoch noch nicht. Für 2021 ist die Fertigstellung der Gebäude geplant; die Maschine soll spätestens Ende 2025 ihre Arbeit mit der Zündung des ersten Plasmas aufnehmen. Ab dann werden circa zwanzig Jahre lang rund 1000 Wissenschaftler, Ingenieure, Techniker und Angestellte die Versuchsanlage betreiben. Der Herr der Teilchen Jens Reich sitzt in seinem Büro in einem provisorischen Container-Nebengebäude des ITERHauptquartiers. Aus Budgetgründen wird dieses Gebäude wohl auch bis auf Weiteres ein Provisorium bleiben. Im Sommer bei provenzalischen Temperaturen dürfte man sich hier beinahe fühlen wie in der torusförmigen Brennkammer des ITER-Tokamaks. Maschinenbauingenieur Reich ist vor einigen Jahren vom Greifswalder Fusionsreaktor Wendelstein 7-X zu ITER gewechselt und seit eineinhalb Jahren verantwortlich für den AssemblyProzess der Fusionsanlage. Sein Job ist, dafür zu sorgen, dass jedes einzelne Bauteil der gigantischen Maschine in der richtigen Qualität angeliefert und dann termingerecht, fachgerecht und millimetergenau eingebaut wird – MÄRZ / APRIL 2019
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eine Aufgabe, die wahrscheinlich dem Hüten eines Sacks voll Flöhe gleichkommt. Annähernd zehn Millionen einzelne Teile von der 310 Tonnen schweren Magnetspule bis hin zum winzigsten Partikelchen werden für den Bau des Tokamaks benötigt. Vor Ort produziert wird nur der geringste Teil, und auch längst nicht alle baugleichen Teile kommen vom selben Hersteller: Bei ITER werden 80 Prozent der PartnerBeiträge in Form von Sachleistungen erbracht – und da jeder Partner Know-how und Expertise in dieser Zukunftstechnologie erlangen will, werden die erforderlichen Komponenten aus allen Richtungen (konkret: von den drei Kontinenten Europa, Amerika und Asien) zugeliefert. So wird zum Beispiel rund die Hälfte aller Magnetspulen in Japan produziert; der Rest kommt aus Europa. Indien kümmert sich um den Kryostat, die große Metallhülle des Tokamaks. Komponenten für die inneren Wände des Vakuumbehälters, die Blankets, werden aus China, der EU, Korea, Russland und den USA geliefert. Ein Prozess, an dem Tausende beteiligt sind und mitreden – vom großen Industriekonzern bis hin zum kleinen, stark spezialisierten Unternehmen: Baukonsortien, öffentliche und private Forschungszentren, Logistikdienstleister aller Art. «Den Zusammenbau erledigen dann Dienstleister für uns; aber auch die müssen genau überwacht werden, damit der Einbau passgenau vonstatten geht», erläutert Jens Reich. Bereits in der Designphase wurde anhand von 3D-Simulationen im Virtual-Reality-Raum laufend überprüft, ob die zum Teil riesigen Maschinenteile später durch die vorgesehenen Öffnungen in der meterdicken äußere Betonhülle hindurchpassen würden. Die eigentliche Zusammenbauphase, die noch in diesem Jahr beginnt, wird starken Sicherheitskontrollen durch die Aufsichtsbehörden unterliegen. «Da sind dann elektromagnetische Kräfte am Werk, die wir ingenieursmäßig noch nicht gesehen haben», erläutert Sabina Griffith. «Der Central Solenoid zum Beispiel, der große Magnet in der Mitte der Maschine, wird mehr Kraft entwickeln als das Space Shuttle im Moment des Abhebens.»
ITER Itinerary – Schauspiel der Logistik Im Zulieferungsprozess der Bauteile spielt der sogenannte ITER Itinerary eine spektakuläre Rolle – die rund 100 Kilometer lange Route zwischen dem Mittelmeerhafen in Fos-sur-Mer westlich von Marseille und der ITER-Baustelle, auf der die aus aller Welt angelieferten Komponenten mittels Spezialfahrzeugen transportiert werden. Auf den speziell präparierten Landstraßen finden seit 2015 nächtliche Transporte von überdimensionalen und extrem schweren Bauteilen statt – bei einer Geschwindigkeit von lediglich fünf km/h sind manche Transporte bis zu vier Nächte auf den dann gesperrten Straßen unterwegs. Das schwerste zu befördernde Bauteil wird, inklusive Fahrzeug, 900 Tonnen wiegen, das größte mit 10,60 Meter etwa vier Stockwerke hoch sein. Manche werden eine Breite von bis zu neun Metern, andere eine Länge von
bis zu 33 Metern haben. Für diese besondere Form der Logistik besteht bei ITER enger Kontakt zum Flugzeughersteller Airbus, um an der jahrelangen Erfahrung in Sachen Großtransport von Flugzeugbauteilen zwischen dessen Produktionsstandorten Hamburg und Toulouse teilzuhaben. Harte Zeiten Die größte Herausforderung für Jens Reich und den ITER-Assembly-Prozess aber ist der Zeitdruck des Projektes: Wie überall bedeutet Zeitverzögerung auch bei ITER Geldverlust – jedoch mit der Vorgeschichte, dass dieses Projekt in der Vergangenheit bereits viele schmerzhafte Erfahrungen von beidem hinnehmen musste. Beim Start im Jahr 2006 waren die ursprünglichen Bau- und Budgetpläne schon wieder veraltet oder noch gar nicht vollständig. Später sprengte dann eine Reihe von Management-, Koordinations- und Kommunikationsproblemen auf Führungsebene den Termin- und somit auch den Budgetplan und führte das Projekt an den Rand seiner Existenz. Innerhalb von fünf Jahren hatten sich die Kosten verdreifacht – zu Lasten des Steuerzahlers. Die Folge waren Frustration und Abwanderung von Mitarbeitern sowie ernsthafte Verstimmungen bei den Partnern. Die USA als einer der wichtigsten Partner stieg sogar zeitweilig aus dem Programm aus. Seit 2015 hat der neue, charismatische ITERGeneraldirektor Bernard Bigot, der ehemalige Direktor der französischen Atomenergie-Kommission CEA, persönlich ein wachsames Auge auf den Terminplan. Nach der soeben erfolgten Bestätigung im Amt für weitere fünf Jahre wird es seine Aufgabe sein, ITER zeitgerecht zum mittlerweile auf 2025 verschobenen ersten Plasma zu führen. Auch sonst hat Bernard Bigot einige Bälle in der Luft zu halten: Die USA müssen als Wackelkandidat weiterhin auf Linie gehalten werden, und auch innerhalb der europäischen Partnerländer gab es Meinungsverschiedenheiten. Von den Gesamtkosten des Projektes trägt die Europäische Union mit 45 Prozent annähernd die Hälfte; die übrigen Partner steuern jeweils neun Prozent bei. Im Gegenzug werden die von ITER ausgehenden Produktionsaufträge paritä-
Skizze der «Maschine» © Iter
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tisch an die sieben Partner zurückverteilt. An Deutschland als den größten Beitragszahler innerhalb der Union gingen jedoch zunächst so gut wie keine Aufträge. Insbesondere bei MAN hatte man sich Hoffnungen gemacht auf die Order für das große Vakuumgefäß, die dann nach Italien ging. Mittlerweile hat sich die Lage jedoch beruhigt, und MAN führt als Subunternehmer der Inder sämtliche Schweißarbeiten am Kryostat durch. 35 Nationen im Herzen der Provence Zurück im Hauptquartier summt es wie in einem Bienenstock. Es ist gerade Mittagszeit, und in der Kantine treffen sich Mitarbeiter aus mehr als 35 Herkunftsländern. Allein an meinem Tisch zähle ich sieben verschiedene Nationalitäten. Die Kantinenleitung tut ihr Möglichstes, um mit einem breiten Angebot den unterschiedlichen Essgewohnheiten der verschiedenen Nationen und Kulturkreise gerecht zu werden. Spitzt man die Ohren, könnte man den Eindruck eines babylonischen Sprachgewirrs haben, wenn nicht immer wieder auch Englisch als der kleinste gemeinsame Nenner für eine Verständigung untereinander zu hören wäre. Tatsächlich erinnert diese gewaltige Baustelle mit den vielen an ihr herumhämmernden Nationalitäten an den Turmbau zu Babel. Mit dem Unterschied, dass die Erbauer des Turmes damals ein einzelnes Volk waren und eine gemeinsame Sprache sprachen, ehe Gott dem als hochmütig wahrgenommenen Projekt ein unblutiges Ende setzte durch die Verwirrung seiner Sprache und seine Verstreuung in alle Welt. Tausende von Jahren später geht es bei ITER in die entgegengesetzte Richtung: Hier gehen Nationen aufeinander zu, um gemeinsam etwas zu schaffen; es geht darum, ökologische Fehler der Vergangenheit zu korrigieren – und somit auch um den Erhalt der Schöpfung. Das Projekt ITER mit seiner wichtigen Mission, seinem vielleicht sogar friedensstiftenden Charakter und seinen motivierten Mitarbeitern, die wissen, welche Stunde es geschlagen hat – dieses Projekt hat es verdient, beachtet zu werden. Wo könnte Fusion gelingen, wenn nicht hier in der Provence, wo man die ungeheuren Kräfte der Sonne täglich am eigenen Leibe spürt? !
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WIRTSCHAFT
Der «Vertrag von Aachen»
Impulse für den deutschfranzösischen Motor
Von ALEXANDRA SEIDEL-LAUER
Am 22. Januar, dem deutsch-französischen Tag, haben die deutsche Bundeskanzlerin und der französische Präsident einen neuen Freundschaftsvertrag unterschrieben. 56 Jahre nach Unterzeichnung des Élysée-Vertrags wollen Deutschland und Frankreich ihre Beziehung dynamisieren. Der Élysée-Vertrag: Motor der europäischen Einigung
Mit dem Élysée-Vertrag beendeten Bundeskanzler Konrad Adenauer und Frankreichs Präsident Charles de Gaulle am 22. Januar 1963 die sogenannte Erbfeindschaft zwischen Deutschland und Frankreich. Die beiden Länder wurden damit zu den wichtigsten Partnern in Europa und verschrieben sich einer engen Abstimmung: In regelmäßigen Abständen trafen sich Regierungsvertreter beider Länder. Außen-, Europa- und Verteidigungspolitik wurden fortan miteinander abgesprochen. Als konkretes Ergebnis entstand der deutsch-französische Ministerrat, der das Deutsch-Französische Jugendwerk (DFJW, siehe auch Seite 57) gründete. Außerdem werden seither Austauschprogramme und Städtepartnerschaften, gemeinsame Hochschulstudiengänge und bilinguale Kindergärten gefördert. 1988 wird der Vertrag unter Bundeskanzler Helmut Kohl und dem französischen Präsidenten François Mitterand ergänzt. Dabei werden ein gemeinsamer Finanz- und Wirtschaftsrat, ein Umwelt- und Kulturrat sowie ein Verteidigungsund Sicherheitsrat gegründet.
Welche Neuerungen bringt der Vertrag von Aachen?
Im Vorfeld der Europawahl (23. bis 26. Mai 2019 – in Frankreich, Deutschland und Österreich wird am 26. gewählt) ist die Fortschreibung des Élysée-Vertrages ein positives Signal und liefert frische Impulse für den deutsch-französischen Motor. Davon können beide Länder auch wirtschaftlich profitieren. Denn Deutschland ist der mit Abstand größte Handelspartner Frankreichs, und Frankreich ist für Deutschland der zweitgrößte Exportmarkt weltweit. Für die deutschen Unternehmen ist ein gut funktionierender Binnenmarkt von enormer Bedeutung – gerade angesichts der weltweit zunehmenden protektionistischen Tendenzen. Und deutsch-französische Zusammenarbeit ist ein wichtiger Schlüssel für eine stärkere EU. Im Vertrag «über die deutsch-französische Zusammenarbeit und Integration» formulieren Deutschland und Frankreich dazu konkrete Ziele – und Pläne: Deutschland und Frankreich wollen ihre Positionen in Brüssel künftig enger miteinander abstimmen und vor großen europäischen Treffen MÄRZ / APRIL 2019
regelmäßig «Konsultationen auf allen Ebenen» abhalten. Ein wichtiger Punkt ist die Schaffung eines deutsch-französischen Wirtschaftsraums, der bürokratische Hürden zwischen beiden Ländern abbauen soll. Dazu soll ein «Rat der Wirtschaftsexperten» mit unabhängigen Fachleuten entstehen. In einer Umfrage, die die Deutsch-Französische Industrie- und Handelskammer letzten Sommer unter deutschen Unternehmen in Frankreich durchführte, wurde die Harmonisierung des deutschen und französischen Wirtschaftsrechts als wichtigste Maßnahme genannt, um Handels- und Investitionshemmnisse abzubauen. Der Aachener Vertrag schafft nun die Grundlage dafür. Der neue Vertrag stärkt und verankert überdies explizit die Kooperation in der Berufsbildung: Deutsch-französische Exzellenzinstrumente für Forschung, Ausbildung und Berufsbildung sollen ebenso wie integrierte deutsch-französische duale Studiengänge geschaffen werden. Außerdem sollen Schul- und Bildungsabschlüsse künftig leichter anerkannt werden und grenzüberschreitende Mobilität in der Berufsausbildung initiiert werden. Die Deutsch-Französische Industrie- und Handelskammer bietet in diesem Bereich schon Mobilitätsprogramme für Auszubildende an und bringt Schüler und Unternehmen zusammen durch die Internetplattform «Schule-Unternehmen». Bürgerinitiativen und Städtepartnerschaften sollen künftig aus einem gemeinsamen Bürgerfonds gefördert werden. Für Jugendliche soll es zudem mehr Anreize geben, die jeweilige Nachbarsprache zu lernen. Immer weniger deutsche Schüler sprechen heute Französisch und umgekehrt. In den Grenzregionen soll die Zweisprachigkeit besonders gefördert werden. Auch eine engere Zusammenarbeit bei Gesundheitsversorgung und Elektromobilität ist in den Grenzregionen vorgesehen. Die sogenannten «Eurodistrikte» sollen dafür grenzüberschreitend Rechts- und Verwaltungsvorschriften erhalten, die beschleunigte Verfahren in beiden Staaten ermöglichen. Für die grenzüberschreitende Zusammenarbeit soll es einen eigenen Ausschuss geben.
Freundschaftliche Geste zwischen den beiden Staatschefs nach der Unterzeichnung des Vertrags im Krönungssaal des Aachener Rathauses. Angela Merkel bezeichnete den neuen Vertrag als gemeinsame Antwort beider Länder auf erstarkenden Populismus und Nationalismus © Bundesregierung, Bergmann
Wichtig ist auch die angestrebte Zusammenarbeit in den Bereichen Verteidigung und Sicherheit, bei der es in der Vergangenheit immer wieder Unstimmigkeiten gegeben hat. So wollen Deutschland und Frankreich erstmals gemeinsame Regeln für Rüstungsexporte entwickeln. Beide Seiten versichern sich überdies Beistand «im Fall eines bewaffneten Angriffs» auf eines der beiden Länder, auch mit militärischen Mitteln. Deutschland und Frankreich streben außerdem «gemeinsam» einen ständigen deutschen Sitz im Uno-Sicherheitsrat an. Wie dies allerdings konkret aussehen wird, bleibt noch offen.
Wie kam es zum Vertrag von Aachen?
In seiner Rede an der Pariser Universität Sorbonne regte Präsident Emmanuel Macron im September 2017 an, ein neues Abkommen mit Deutschland zu schließen. Es sollte ein Zeichen von Stabilität sein, ein Symbol gegen die Krisen in der EU. Während seiner Präsidentschaft versprach Macron eine «Neugründung Europas» – mit einem deutsch-französischen Motor. !
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WIRTSCHAFT
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FEFA-SUD
RENAISSANCE EINES WIRTSCHAFTSFORUMS or mehr als 20 Jahren gründete eine Gruppe von deutschen Unternehmern an der Côte d’Azur die FEFA, ein deutsch-französisches Wirtschaftsforum unter Leitung von Gerd Ziegenfeuter, Rechtsanwalt und damaliger Honorarkonsul der Bundesrepublik Deutschland in Nizza. Nun soll diese Initiative – mit neuen Prämissen und unter leicht verändertem Namen – eine Renaissance erleben. Wie bisher werden die Förderung der deutschen Wirtschaft und Kultur im Raum Nizza und der Côte d’Azur, der Austausch und
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die Kooperation deutscher und französischer Unternehmen und Start-ups sowie die enge Zusammenarbeit und der Informationsaustausch mit anderen Wirtschaftsclubs zu den Prioritäten zählen. Hilfestellung bei der Ansiedlung von Unternehmen in und aus den Mitgliedsländern soll ebenfalls gewährt werden. Das Forum heißt jetzt FEFA-SUD und hat sich neben kulturellen Aktivitäten auch eine stärkere internationale Öffnung auf die Flagge geschrieben. Wer mehr erfahren möchte: contact@fefa-sud.com !
Deutsch-französischer Preis
HANDELSKAMMER ZEICHNET DESIGNER AUS öbel-Designer Sebastian Herkner ist mit dem «Deutschfranzösischen Preis für Kultur- und Kreativwirtschaft» ausgezeichnet worden. Der Preis wurde anlässlich des 50. Jahrestages des ElyséeVertrags von französischen und deutschen Experten dieses Sektors ins Leben gerufen und wird von der DeutschFranzösischen Industrie- und Handelskammer ausgetragen. Er steht unter der Schirmherrschaft der französischen und deutschen Wirtschafts- und Kulturministerien. Die diesjährige Preisverleihung an einen deutschen Designer hat eine besondere Bedeutung: Frankreich und Deutschland feiern das hundertjährige Jubiläum der wegweisenden Designbewegung «Bauhaus». «Sebastian Herkner führt diese Bewegung weiter. Zudem kommt Design neben den anderen sieben Industrien im Kultursektor eine wichtige wirtschaftliche und kreative Bedeutung zu; Frankreich und
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Deutschland sind in diesem Bereich führend», so Guy Maugis, Präsident der DeutschFranzösischen Industrie- und Handelskammer. Herkner wurde zeitgleich von der De-signermesse Maison & Objet Paris als Designer des Jahres 2019 ausgezeichnet. Jury-Vorsitzender Jérôme Duval-Hamel würdigte Sebastian Herkner, der sein Atelier 2006 in Offenbach am Main gegründet hat, für seine interkulturelle Inspiration und seine Projekte zwischen Moderne und Tradition: «Er beweist uns, dass nützliche Formen schön und schöne Formen nützlich sind.» Der Preis für Kultur- und Kreativwirtschaft fördert deutschfranzösische Initiativen im Bereich der Kulturwirtschaft. «In nur wenigen Jahren hat sich die Kultur- und Kreativwirtschaft zu einem wichtigen Akteur in der Wirtschaft entwickelt. Ihr Mehrwert ist höher als der der Automobilindustrie. Deutschland und Frankreich sind in diesem Bereich füh-
Reederei aus Marseille wechselt Kai
AB ZUR KONKURRENZ
o haben sich Hamburg und Marseille das Festjahr zum 60. Geburtstag ihrer Städtepartnerschaft nicht vorgestellt. CMA CMG, die drittgrößte ContainerReederei der Welt, die im spektakulären Hochhaus der Stararchitektin Zaha Hadid in Joliette-Hafenviertel von Marseille residiert, verlagert ihre Frankreich-Asien-Linie vom Burchardkai der Hamburger
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Guy Maugis (l.), Präsident der Deutsch-Französischen Industrie- und Handelskammer, mit Preisträger Sebastian Herkner © DR
rend, und viele Kooperationen haben sich zwischen Unternehmen aus beiden Ländern entwickelt», so Jérôme DuvalHamel. In Frankreich umfasst dieser Sektor rund 378 000 Unternehmen mit 578 400 Beschäftigten mit einer Wertschöpfung von 44,5 Milliarden Euro. In Deutschland gibt es 253 000 Unternehmen mit 1,1 Millionen Beschäftigten und einer Wertschöpfung von 98,8 Milliarden Euro. !
Hafen und Logistik AG (HHLA) zur Konkurrenz von Eurogate. Die Entscheidung ist 2018 gefallen, obwohl Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher zuvor in Südfrankreich mit Reedereichef Rodolphe Saadé über eine Beteiligung der CMA CMG an einem neuen HHLA-Terminal in der Hansestadt gesprochen hat. Hamburg, mit 68 Prozent der größte HHLA-Aktionär, verliert damit seit Januar 2019 nach Berichten des Hamburger Abendblatts ein Umschlagsvolumen von rund 200 000 Standcontainer pro Jahr. Immerhin: Am Containerterminal Eurogate ist die Hansestadt Bremen beteiligt, die künftig vom größten Einzelkunden des Hamburger Hafens profitiert. peb !
Jean Leonetti © AS
Sophia-Antipolis
AUF DIE NÄCHSTEN 50 JAHRE! iner der größten und wichtigsten Technologie- und Wissenschaftsparks in Europa feiert Geburtstag: Entgegen aller Unkenrufe wird «Sophia-Antipolis» im Herzen des grünen Hinterlands von Antibes 50 Jahre alt. Begangen wird das Fest mit zahlreichen Aktionen, die Unternehmer wie Bewohner des Parks und seiner Umgebung mit einbeziehen sollen. Das kündigte Jean Leonetti, Präsident des Gemeindeverbundes CASA (Communauté d’agglomération Sophia Antipolis), zu Beginn des Jahres an. Der Haupt-Festakt fällt auf den 13. Juni, an dem auch ein neues Logo und eine neue Website für Sophia-Antipolis präsentiert werden sollen. Mit in die Feierlichkeiten einbezogen werden im Juli zudem der 40. Geburtstag der internationalen Schule Centre Internationale de Valbonne sowie die 500-Jahr-Feier der Stadt Valbonne (siehe Seite 78). Bewusst ebenfalls ins Jubiläumsjahr fällt die Einweihung der neuen Bus-Tram, einer Schnellverbindung zwischen Sophia und Antibes, die für September geplant ist. Kaum einer hätte vor 50 Jahren, als Senator Pierre Laffite einen Technologiepark fern jeglicher Infrastruktur in den immergrünen Naturpark zwischen Valbonne, Biot, Mougins und Antibes pflanzte, an dessen nachhaltigen Erfolg geglaubt. Doch (nicht erst) heute gedeihen hier 2500 Unternehmen mit 38 000 Angestellten, die pro Jahr 5,6 Milliarden Euro Umsatz machen – so viel wie die Tourismusbranche der Côte d’Azur. Pro Jahr kommen rund 1000 Arbeitsplätze hinzu, und künftig wird künstliche Intelligenz neues Schwerpunktthema. Ein Erfolgsgeheimnis des Modells Sophia-Antipolis ist von Beginn an sein Zusammenbringen ganz verschiedener Akteure. So finden sich zwischen Bäumen und Spazierwegen Labore und Forschungseinrichtungen Seite an Seite mit Start-ups und Firmen von Weltrang. «Andere reden viel und leisten wenig», sagte Jean Leonetti bei der Präsentation des Festjahres. In Sophia habe man das lange Zeit andersherum gehandhabt. Künftig solle sich nun aber die nationale und internationale Kommunikation verbessern. Lokal freilich habe man sich nichts vorzuwerfen: Schließlich laute hier die Antwort auf die Frage «und wo arbeitest du?» seit eh und je nicht «bei der Firma X oder
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SPECIAL IMMOBILIEN
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Inhalt Alpes-Maritimes Stabile Preise, mehr Transaktionen
40 Departement Var Dynamischer Markt
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Gesunder Markt
Marseille & Umgebung Attraktiver Markt im Aufwärtstrend
Fast eine Million Häuser und Wohnungen haben im vergangenen Jahr frankreichweit den Besitzer gewechselt. Das entspricht einem Plus von 170 000 Transaktionen innerhalb von drei Jahren. Nach der großen Immobilienkrise vor gut einer Dekade haben die niedrigen Zinssätze, die die Banken für Kredite verlangen, ihren Anteil dazu beigetragen, dass der Markt wieder floriert. In unserem Special werfen wir einen Blick auf den Süden des Landes: Wie sieht die Entwicklung in den Departements Var und AlpesMaritimes aus? Wo liegen die Quadratmeterpreise? Was kennzeichnet den Markt in und um die Großstadt Marseille?
Rares Gut Das OIH beobachtet seit 40 Jahren Käufe und Verkäufe
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44 LADIMA Auf deutsche Kunden spezialisiert
45 Stil-Mix Wohnträume nach Maß von Nathalie Ludwig
46 Leibrente Sich selbst beerben
50 Immobilienkauf So machen Sie es richtig!
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BLICK INS DEPARTEMENT ALPES! MARITIMES
In Antibes stiegen die Preise auf dem Altbau-Markt in den vergangenen zwölf Monaten leicht an © DR
STABILE A PREISE, MEHR VERKÄUFE
nlässlich der jährlichen gemeinsamen Pressekonferenz des Observatoire immobilier d’habitat Côte d’Azur (siehe Seite 44), der Industrie- und Handelskammer Nizza Côte d’Azur und einiger Fachverbände wurden die ermutigenden Ergebnisse der Immobilienwirtschaft der Alpes-Maritimes im abgelaufenen Jahr vorgestellt. Insgesamt blieben die Preise stabil; die Zahl der Wiederverkäufe von Wohnungen und Häusern stieg im Vergleich zum Vorjahr um fünf Prozent.
Immobilienwirtschaft präsentiert ermutigende Ergebnisse Von JÖRG LANGER
Der Neubau-Markt
2018 wurden fast 5000 NeubauWohneinheiten verkauft – das beste Ergebnis seit 20 Jahren (gefolgt von 4662 Neubau-Häusern und Wohnungen im Jahr 1999). Das Angebot an neuen Immobilien stieg in denselben zwölf Monaten um beachtliche 29 Prozent. Knapp ein Drittel entfällt auf den sozialen Wohnungsbau. Gebaut werden überwiegend Zwei- und Dreizimmerwohnungen, meist aus Preisgründen: Grund und Boden bleiben unverhältnismäßig teuer. Der Durchschnittspreis pro Quadratmeter beträgt bei Neubauten jetzt 5618 Euro, ein Plus von 4 Prozent zum Vorjahr. Über zehn Jahre betrachtet, ist der Anstieg vergleichsweise gering: 2008 zahlte man für den Quadratmeter bereits 5503 Euro. Dennoch übersteigt dieses Preisniveau vielfach die Kaufkraft der «Aktiven», die auf den Arbeitsmarkt drängen – ein leidiges
Thema auch für viele Arbeitgeber in dieser attraktiven Gegend.
Der Altbau-Markt
Die Durchschnittspreise bei Altbauten fallen geringer aus: 4045 Euro kostete der Quadratmeter im Jahr 2018 gegenüber 4038 Euro im Vorjahr (2008: knapp 4000 Euro). In Städten wie Nizza und Menton fielen die Preise im Vergleich zum Vorjahr, während sie in Cannes/Grasse und Antibes/Cagnes/Vence leicht anstiegen. Die Zahl der Transaktionen steigt seit vier Jahren stetig (9344 im Jahr 2014) und erreicht 2018 beachtliche 13 279.
Der Ausblick
Prognosen für 2019 sind schwierig. Der Aufschwung 2018 ebbte im letzten Quartal ab, und die allgemeine Wirtschaftslage ist nicht rosig. Dennoch rechnen die Experten mit einem ähnlichen Jahrgang wie 2018: Weder sei (dank der weiterhin niedrigen Kreditzinsen) eine Marktabschwächung zu erwarten, noch ein besonderer Preisanstieg. Alle Fachverbände der Immobilienwirtschaft, von Bauunternehmern über Investoren bis zu Maklern, klagen über die zunehmende Flut von Einsprüchen bei Neubauplanungen, über zunehmende Auflagen und die wachsende Zahl von verweigerten Genehmigungen. Das passt schlecht zum erheblichen Wohnungsbedarf. "
Preis-Beispiele für Appartements (Wiederverkauf):
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Durchschnittlicher Preis pro qm (in Euro)
2018
2017
Nizza
4239
4289
Cannes
4976
4971
Antibes
4450
4392
Menton
4668
4707
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Leichter Anstieg der Quadratmeterpreise
Wer 2018 Wohneigentum (Wiederverkauf; ohne Neubauten) im Var erworben hat, musste etwas tiefer in die Tasche greifen als im Vorjahr. Die Anzahl der Transaktionen lag ungefähr auf dem Level von 2017.
Steigende Mietpreise
Eine gute Nachricht für Vermieter: Die Mietpreise steigen seit Ende 2016 leicht an, am stärksten im Jahr 2018 mit einem Anstieg des IRL (Indice de référence des loyers – Mietpreisindex) von 1,25 Prozent. Im Westen des Departements lagen die Quadratmeter-Mietpreise im Schnitt bei 11 bis 13 Euro, im Osten bei 12 bis 14 Euro.
Ausblick auf 2019
Im hübschen Küstenort Bandol ganz im Westen des Var liegen die durchschnittlichen Quadratmeterpreise bei über 5500 Euro, anderswo im Departement kommt man schon mit gut 2000 Euro aus © DR
BLICK INS DEPARTEMENT VAR
DYNAMISCHER MARKT Jedes Jahr wächst das Var um fast 10 000 Einwohner Von AILA STÖCKMANN
David Garavagno, Präsident des Maklerverbandes Fnaim Var
A
n die 10 000 Einwohner gewinnt das Departement Var regelmäßig pro Jahr. Dieser Zuwachs mache den Immobilienmarkt des Var zum dynamischsten der Region Provence-Alpes-Côte d’Azur (PACA bzw. Région Sud), heißt es von Seiten des Immobilienmakler-Verbandes Fnaim (Fédération nationale de l’immobilier). Aktuell leben hier laut Statistikamt Insee 1055821 Menschen, und die brauchen Wohnraum. Deshalb ist die Nachfrage sowohl an
Wohneigentum als auch an Mietwohnungen auf konstant hohem Niveau. Auch mit Blick auf die Vielfalt an Häusern und Appartements sei das Departement reich gesegnet: «Unser Departement bietet ebenso Objekte an der Küste in der Nähe unserer herrlichen Strände wie in der Großstadt Toulon mit einer entsprechenden Anziehungskraft, aber auch Immobilien auf dem Land», sagt David Garavagno, Präsident der Fnaim Var. «Mit anderen Worten: Unser Kundenkreis umfasst Erstkäufer und Investoren ebenso wie Käufer von Zweit- oder Hauptwohnungen.»
Experten erwarten 2019 für das Departement Var einen stabilen Markt – sowohl in Bezug auf die Zahl der Transaktionen als auch auf die Preise. Entscheidend werde die Entwicklung der Zinssätze: Gerechnet wird mit einem langsamen Wiederanstieg. Eine Rolle spiele darüber hinaus das Vertrauen in den Markt und das Beschäftigungsniveau der Haushalte. «Wir bleiben wachsam in Bezug auf die Zinssätze, die sich immer noch auf einem sehr niedrigen Niveau unterhalb der Inflation bewegen», so der Fnaim-Präsident im Var. «Wer Geld von der Bank leiht, gewinnt derzeit Geld.» Das rufe vor allem Investoren auf den Plan: Mehr als jeder fünfte Immobilienverkauf im Var im vergangenen Jahr galt als Investition in ein Objekt zur Vermietung. Garavagno wünscht sich fürs neue Jahr vor allem «gesetzliche Stabilität für eine bessere Markt-Transparenz für unsere Kunden». Blieben alle genannten Elemente stabil, so werde der Immobilienmarkt im Departement «gesund» bleiben – das heißt, im Gleichgewicht zwischen den Ansprüchen der Verkäufer und den Wünschen der Käufer. Ganz loyaler Präsident der Makler-Vereinigung, mag Garavagno keinen Landstrich, keinen Ort im Departement als besonders interessant für den Immobilienkauf hervorheben. Aber, so sagt er: Zwei Städte im Var fallen unter die Anfang 2019 in Kraft getretene Ergänzung des Loi Pinel, das Dispositif Denormandie (siehe Seite 49), das die Renovierung von künftigen Mietobjekten fördert: Brignoles und Draguignan. "
Einige Preis-Beispiele:
Durchschnittlicher Preis pro qm (in Euro)
2018
2017
Bandol
5525
5500
La Londe-les-Maures
3524
3495
Saint-Raphaël
3097
3058
Cogolin
3010
2985
Toulon
2286
2259
Draguignan
2248
2235
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BLICK INS DEPARTEMENT BOUCHES!DU!RHÔNE
ATTRAKTIVER MARKT IM AUFWÄRTSTREND Die Besonderheiten des lokalen Immobilienmarktes erklärt Didier Bertrand, Vorsitzender der Fédération Nationale de l’Immobilier en France et Europe (FNAIM) für das Gebiet Aix-Marseille-Provence, im RZ-Gespräch. Monsieur Bertrand, aus welchen Gründen nimmt der Immobilienmarkt Aix-MarseilleProvence seit ein bis zwei Jahren wieder an Fahrt auf? Seit der Krise von 2008 befanden wir uns in einem Zyklus, der die Umsätze niedrig gehalten hat. Wir haben der Krise jedoch besser widerstanden als andere Gegenden. Seit zwei Jahren geht es bergauf, begünstigt einerseits durch sehr niedrige Zinssätze. Der andere Grund ist die Attraktivität des Territoriums Aix-MarseilleProvence, das auch abgesehen vom guten Wetter in voller Entwicklung begriffen ist: Die reicht von der TGV-Anbindung vor fast zwanzig Jahren über die steigende Bedeutung des Hafens von Marseille auch in der Kreuzfahrt bis hin zur Entwicklung des Tourismus in der Umgebung – Calanques, Aix, Luberon, Alpilles, Arles, Camargue. 2013 war Marseille europäische Kulturhauptstadt, die Stadterneuerungsprojekte Euroméditerranée I und II, die Neukonzeption ganzer Straßenzüge in der Innenstadt und des Vieux-Port und jetzt die Verlängerung der Metro und Tramway, die Neukonzeption der Canebière, der Plaine und des Cours Lieutaud – alles trägt zur Entwicklung der Stadt und ihrer Umgebung bei. Aber auch rundherum tut sich viel: Die Fußgängerzone von Cassis, das Grand Théâtre de Provence und der Pavillon Noir in Aix, die Fondation Luma in Arles – wir befinden uns in einer wirklichen Dynamik.
in Richtung Unsicherheit gedreht – in noch nicht einmal einem Monat. Und auch viele Umgebungsfaktoren sind für uns heute nicht mehr so gut einschätzbar wie zuvor; so müssen wir selbst auf einem attraktiven und sicheren Territorium von einem volatilen Vertrauen in den Markt ausgehen – es fehlt uns für 2019 die Sichtbarkeit. Insgesamt gibt es eine stärkere Nachfrage als Angebote auf dem Markt? Ja, das ist eine neue Entwicklung etwa seit November, die über den Winter angehalten hat: Weniger Angebote bei stark anhaltender Nachfrage. Wir können noch nicht einschätzen, ob die saisonalen Schwankungen einfach nur stärker ausgeprägt sind oder ob dies der Beginn eines echten Angebotsmangels ist. Marseille, Aix, die Provence – das ist ein sehr heterogener Markt? Über Marseille könnte man tagelang sprechen – die Stadt besteht aus 111 Dörfern, die aneinandergewachsen sind – in ihrem Inneren befinden sich die Dorfkerne und innerhalb der Dorfkerne wiederum micro marchés – MikroImmobilienmärkte. Oft ist von einer Straße oder sogar Straßenseite zur nächsten schon wieder alles anders. Das ist ein Markt, der extrem heterogen und komplex ist. Begehrteste Objekte sind diejenigen mit einem Zugang nach draußen, in Meernähe oder mit Meerblick.
Zeigt der Markt eine stabile Entwicklung in Richtung aufwärts? Genau, das ist eine Aufwärtsbewegung in kleinen Schritten, nachhaltig, sicher und ausgereift. Jedoch keine Explosion.
Wie kommen die starken Unterschiede in den Quadratmeterpreisen zwischen Marseille und Aix-en-Provence zustande? Die Zahl der Transaktionen ist in Marseille wesentlich höher als in Aix, und darin sind teure und weniger teure Verkäufe enthalten. Klammern wir die Wohnviertel mit den niedrigsten Preisen in Marseille aus, kommen wir auf einen Durchschnittswert von 2800 bis 3400 Euro pro Quadratmeter. Aix war schon immer teurer – weniger Transaktionen, dafür höher im Wert. In den letzten Jahren sind dort die Preise im Gebrauchtmarkt immer weiter gestiegen und haben sich sogar fast den Preisen für Neuimmobilien angenähert. Mittlerweile ist den Verkäufern in Aix bewusst, dass sie etwas übertrieben haben; die Preise pendeln sich bei einem Unterschied von 20 Prozent zum Neumarkt ein.
Wie genau wird es in Zukunft weitergehen? Ohne Hellseher zu sein, kann man sagen, dass wir alle Trümpfe in der Hand halten. Allerdings hat sich in Frankreich das Marktvertrauen mit dem Auftauchen der gilets jaunes sehr schnell
Wie sieht es in Cassis aus? Das ist ein Mikromarkt, der extrem stabil ist bei wenig Angeboten und starker Nachfrage. Die Preise bei renovierten Objekten liegen um die 3500 Euro pro Quadratmeter, bei hochpreisigen Objekten steigt das auf um die 9000 Euro.
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Wirkt sich die Zusammenlegung von Aix und Marseille zu einer Metropolregion auf den Immobilienmarkt aus? Mit Sicherheit. Betrachtet man die anderen seit einigen Jahren bestehenden Metropolregionen Frankreichs wie Lyon, Grand Paris, Bordeaux, so sieht man, dass sich der Immobilienmarkt dort deutlich gesteigert hat. Unsere Metropole ist noch jung. Sobald der öffentliche Transport voll funktioniert und ich mit der Tramway von Marseille nach Aubagne oder mit dem neuen Aixpress-Bus nach Aix fahren kann, vom Flughafen per Zug nach Aix oder Marseille komme – sobald das funktioniert, wird der Immobilienmarkt viel flüssiger werden. In fünf oder zehn Jahren, wenn dies der Fall ist, wird es eine deutliche Steigerung in der Dynamik des Marktes geben. Können Sie Tipps für Gegenden oder Viertel mit guter Marktentwicklung geben? Ich rate meinen Kunden immer, Entscheidungen nicht in erster Line nach finanztechnischen Gesichtspunkten zu treffen – das Objekt muss auf Sie und Ihre Bedürfnisse zugeschnitten sein. Wichtig ist allerdings, dass es leicht wiederverkäuflich ist. Interessante Viertel in Marseille mit sicheren Werten liegen im 1. Arrondissement rund um den Vieux-Port, im gesamten 6. Arrondissement, im 7. Arrondissement Richtung Meer und im 8. Arrondissement. Aber auch in vielen anderen Vierteln gibt es rund um die kleinen Dorfkerne ebenfalls gute Lagen. Das ist nicht wie in einer kleinen Stadt, wo man nur in einer bestimmten Gegend kaufen darf und keinesfalls da oder dort. Das Gespräch führte Christine Helfritz. "
DER IMMOBILIENMARKT AIX-MARSEILLEPROVENCE IN 2018: >Rund 38 000 Transaktionen (+ 2,8%), davon zwei Drittel Erstwohnsitze, 20 % Investitionsobjekte, 3 bis 5 % Zweitresidenzen >Durchschnittliche Quadratmeterpreise (Vergleich zu 2017): Marseille 2403 € (+ 1,8 %) Aix-en-Provence 3949 € (- 1,1 %) Arles 2343 € (+ 4,5 %) Tarascon 1388 € (- 3,8 %)
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NEUES GESETZ IM WOHNUNGSRECHT
RECHT IN FRANKREICH
Mieten, bauen, kaufen leicht gemacht
EXKLUSIV FÜR DIE RIVIERAZEIT SCHREIBT RECHTSANWÄLTIN MICHAELA SCHREYER
© Isabelle Schmitt
eit dem 25.11.2018 ist ein neues Gesetz «Loi Elan» in Kraft, das verschiedene interessante Neuerungen im Wohnungsrecht mit sich bringt.
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Kurzzeitmiete Ein neuer Mietvertrag «Mobilität» (bail mobilité), ermöglicht es nunmehr, einen Mietvertrag von 1 bis 10 Monaten für eine möblierte Wohnung abzuschließen, auch wenn es sich um den Hauptwohnsitz des Mieters handelt. Bedingung hierfür ist nur, dass es sich um einen Studenten, Auszubildenden, Prakti-
kanten oder um einen zeitlich beschränkten Aufenthalt des Mieters handelt, was belegbar sein muss. Ein solcher Vertrag kann nicht mit demselben Mieter verlängert werden, und eine automatische Verlängerung ist gesetzlich ausgeschlossen. Nur der Mieter kann jederzeit mit einer Kündigungsfrist von einem Monat und ohne Begründung kündigen. Bei diesem neuen Mietvertrag darf keine Sicherheitshinterlegung (Kaution) für die Mietzahlung verlangt werden, die Nebenkosten werden pauschal abgerechnet, eine gemeinsame Haftung zwischen Mietern bei Wohngemeinschaften ist gesetzlich ausgeschlossen. Dies ermöglicht Flexibilität, wo vorher nur der saisonale Mietvertrag (für maximal drei Monate) oder der möblierte Mietvertrag (für mindestens 12 Monate) existierte. Das neue Gesetz sieht mehr Kontrollen und eine Geldstrafe von bis zu 5000 Euro vor bei möblierter touristischer Vermietung ohne entsprechende Anmeldung bei der Gemeinde. Das Gesetz verpflichtet
die klassischen Anbieter, per Internet die möblierte touristische Vermietung des Hauptwohnsitzes für mehr als 120 Tage zu blockieren. Eigentümergemeinschaft Für Miteigentumsgemeinschaften (syndicats de copropriété) wird das Gesetz aus dem Jahr 1965 in vieler Hinsicht modernisiert. So wird zum Beispiel die Möglichkeit einer brieflichen oder elektronischen Stimmabgabe bei der Jahresversammlung geschaffen. Die Ausnahme einer Verjährungsfrist von 10 Jahren wird abgeschafft und auf 5 Jahre verkürzt, was zu besserer Rechtssicherheit beiträgt. Die Hausverwaltungen werden verpflichtet, den Miteigentümern alle relevanten Dokumente online zur Verfügung zu stellen. Energiediagnostik Das neue Gesetz sieht eine Energiediagnostik vor, die ab 01.01.2021 gegenüber dem Vermieter durchsetzbar sein wird. Damit wird Vermietern noch eine letzte Frist zugestanden, um die
notwendigen Renovierungen in Bezug auf energiesparende Maßnahmen durchzuführen. Hausbau Um den Wohnungsbau zu erleichtern, werden die Verfahrensfristen von 24 auf 10 Monate bei Anfechtung einer Baugenehmigung durch Dritte gesenkt. Es werden weiter gesetzlich zusätzliche Strafen für den missbräuchlichen Widerspruch gegen eine Baugenehmigung geschaffen. Ab 2022 soll es möglich werden, eine Baugenehmigung online zu beantragen. Beim Kauf einer Wohnung auf Plan kann der Käufer sich zukünftig gewisse Fertigstellungsarbeiten vorbehalten, um Geld zu sparen. " $Maître Michaela Schreyer 6, avenue Cyrille Besset Le Virginia II 06800 Cagnes-sur-Mer Tel. +33 (0)4 92 02 33 41 +33 (0)4 93 22 90 35 info@mcsavocats.com www.mcsavocats.com
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SPECIAL IMMOBILIEN
DIE ALPES-MARITIMES
Rares Gut Das Observatoire Immobilier d’Habitat beobachtet seit 40 Jahren den Immobilienmarkt
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ohnraum ist ein rares Gut in den Alpes-Maritimes, und das nicht erst in jüngster Zeit. Ein Hauptgrund ist die geografische Situation des Departements, die große, potentiell von Naturkatastrophen bedrohte Flächen unbebaubar macht. Die Nachfrage, die seit langem das Angebot an Wohnraum übersteigt, führt zu hohen Preisen – die das Budget der arbeitenden Bevölkerung regelmäßig übersteigen. Das wiederum bremste die Wirtschaft und Attraktivität des Arbeitsmarktes in den Alpes-Maritimes bereits vor Jahrzehnten derart, dass die Industrie- und Handelskammer der Alpes-Maritimes (CCI) beschloss, etwas dagegen zu unternehmen. So wurde vor mittlerweile genau 40 Jahren das Observatoire Immobilier d’Habitat (OIH) gegründet, um den Immobilienmarkt genauestens unter die Lupe zu nehmen. Dank der Zusammenarbeit verschiedener Partner (Fnaim, BTP, CAF, Banken …) werden seither unter anderem regelmäßig Statistiken, Analysen und Empfehlungen herausgegeben. Mitzuverdanken ist dem OIH beispielsweise die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum exklusiv für die arbeitende Bevölkerung (logements des actifs). Überdies bietet das OIH regelmäßig Vorträge zu Themen wie «Beherrschung der Kosten beim Bau» an. !
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1 082 440
Arbeit
1,7Prozent der
! 27 687 Euro betrug das durchschnitt-liche Jahreshaushaltseinkommen in den A-M 2016 (26 775 in Kontinentalfrankreich) ! 10 Prozent Arbeitslosigkeit im 1. Quartal 2018 (8,9 Prozent in Kontinentalfrankreich) ! 70 Prozent der Haushalte sind sozialwohnungsberechtigt
Menschen leben im Departement Alpes-Maritimes (A-M), das sind
Bevölkerung Frankreichs
Altersstruktur 0-14 Jahre: 16 Prozent 15-29 Jahre: 16 Prozent 30-44 Jahre: 18 Prozent 45-59 Jahre: 20 Prozent 60-74 Jahre: 18 Prozent über 75 Jahre: 12 Prozent Verglichen mit Gesamt-Frankreich ist vor allem der Anteil der über 60-Jährigen in den A-M höher (5 Prozentpunkte) und der der 0- bis 29-Jährigen um 4 Prozentpunkte niedriger.
Quadratmeterpreise Neubau (in Euro, Zahlen von 2017) 5487 4958 4191 4104 4032 4005 3995 3685 3673 3375 3358
Metropole Nizza Ile de France (außer Paris) Metropole Lyon Metropole Aix-Marseille Metropole Bordeaux Metropole Nantes Metropole Montpellier Méditerranée Eurometropole Straßburg Großraum Toulouse Großraum Metz Großraum Lille
Bevölkerungsentwicklung (A-M) 1968-1975 1975-1982 1982-1990 1990-1999 1999-2010 2010-2015
+1,8 Prozent +1,1 Prozent +1,2 Prozent +0,4 Prozent +0,6 Prozent +0,1 Prozent
Während die Bevölkerungszahl zwischen 1990 und 1999 sowohl in der Region PACA (Provence-Alpes-Côte d’Azur), im Departement Alpes-Maritimes und frankreichweit (Kontinentalfrankreich) sachte wuchs und dann bis 2007 jeweils stärker anstieg, änderte sich anschließend die Tendenz. Im Hexagon stieg die Zahl seither um 4,12 Prozent an, in der Region PACA um 2,96 Prozent, aber ging in den Alpes-Maritimes um 0,02 Prozent zurück.
Bedarf an neuem Wohnraum ! 5000 Wohnungen pro Jahr benötigt in den Alpes-Maritimes ! 3400 Wohneinheiten entstehen im Schnitt pro Jahr seit 1999
Quadratmeterpreise (A-M, 2017) 5399 Euro (Neubau) 4038 Euro (Wiederverkauf )
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SPECIAL IMMOBILIEN
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Vermittler statt nur Verkäufer
Von IRA SÖHNGE
Immobilienexperte Andreas Lang Di Maggio ist auf deutsche Kunden spezialisiert
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ch war schon immer ein schlechter Verkäufer», erklärt Immobilienexperte Andreas Lang Di Maggio lächelnd. Eine Aussage, die aus dem Mund eines Maklers zunächst sehr befremdlich wirkt, aber das Erfolgskonzept des Deutschen geworden ist. «Bei der Arbeit sehe ich mich eher als einen Vermittler», sagt er. «Ich will niemandem etwas aufschwatzen, sondern die beste Wohnung oder das perfekte Haus für meine Kunden finden.» Für den gebürtigen Schwaben steht die individuelle Beratung im Vordergrund und nicht das Verkaufen um jeden Preis. Der 51-Jährige lebt mit seiner italienischstämmigen Frau und seinen zwei Kindern seit über 15 Jahren an der Côte d’Azur. Als er vor 30 Jahren das erste Mal bei einem Urlaub an der italienischen Riviera einen Tagesausflug ins Fürstentum Monaco und nach Nizza machte, hätte er es sich noch nicht träumen lassen, eines Tages dort zu leben und ein eigenes Unternehmen zu leiten. Zu jener Zeit arbeitete Andreas, der eine kaufmännische Ausbildung absolviert hatte, noch in der Computerbranche. Auf Anregung eines Freundes wechselte er jedoch 1993 in das Immobilienfach. Er studierte Immobilienökonomie und wurde 2001 Mitglied der Royal Institution of Chartered Surveyors, dem weltweit renommierten Berufsverband der Immobilienfachleute. Im Beruf lief es sehr gut, doch mit jedem Urlaub wuchs der Wunsch auf ein Leben im Süden. «Bevor die Kinder eingeschult wurden, haben wir dann den Schritt gewagt und ein Haus in der Nähe von Nizza gekauft», erinnert sich Andreas Lang Di Maggio. Bevor er sich selbständig machte, arbeitete er für bekannte Agenturen, sammelte umfassende Kenntnisse des regionalen Marktes und absolvierte in Frankreich eine Ausbildung zum Immobilienexperten. So lernte er, dass alle Käufer ihre landesspezifischen Eigenarten haben.
Zeit nehmen für die größte Anschaffung im Leben
«Wir Deutsche gelten in der Branche als schwierige Kunden», sagt er. Viele seiner internationalen Kollegen zeigen sich ihm gegenüber regelmäßig verwundert, dass Deutsche so viele Fragen stellen. «Deine Landsleute wollten immer alles ganz genau wissen», heißt es. Andreas aber kann dieses Verhalten sehr gut verstehen. «Es geht beim Kauf einer Immobilie ja immerhin auch um sehr viel Geld. Da muss man schon in die Tiefe gehen», sagt er und fügt lachend hinzu: «Da kommt dann der Schwabe in mir durch.» Man müsse sich Zeit nehmen und Vertrauen schaffen, erklärt der Makler weiter. Ein Immobilienkauf sei für viele Menschen schließlich die größte Anschaffung in ihrem Leben überhaupt. Da sollte einem das Maximum an Fachkompetenz zur Seite stehen. Neben persönlichen Wünschen geht es natürlich auch um die wirtschaftliche Situation. Gemeinsam sollten also auch eventuell eintretende Risiken besprochen werden. 2007 hat sich der Experte selbständig gemacht und betreibt ein Büro in Berlin sowie in Eze.
Rotwein, ein exzellentes Restaurant oder einen vertrauenswürdigen Zahnarzt an der Riviera gibt. Andreas Lang Di Maggio ist seit vielen Jahren am Markt etabliert und kann eine lange Liste an Referenzen seiner bisherigen Tätigkeit vorweisen. «Viele meiner Kunden sind Freunde geworden. In Deutschland habe ich mittlerweile viele Adressen, wo ich sogar jederzeit übernachten kann», erzählt er.
Andreas Lang Di Maggio ist Makler und Scout für Immobilien an der Côte d’Azur
«Mit den Jahren habe ich beschlossen, mich auch im Süden rein auf das deutschsprachige Klientel zu spezialisieren», berichtet er. Aus seiner Erfahrung kann er sagen, dass seinen deutschsprachigen Kunden Nizza, Menton, Cannes sowie die Gegend um Saint-Paul-de-Vence besonders gut gefallen. Er deckt aber den gesamten Bereich von Menton bis Saint-Tropez ab. «Ich bin offen für alle Kunden und alle Wünsche.» Mit Leidenschaft und einem Blick fürs Detail sucht und findet er passende Immobilien. «Zuletzt habe ich eine kleine Wohnung in Nizza für 70 000 Euro verkauft und fast zeitgleich eine Villa für vier Millionen – beide Käufer waren sehr zugreifend.»
Experte in Sachen «Neubau»
Um den Bedürfnissen seiner Kunden gerecht zu werden, arbeitet er mit ausgesuchten Agenturen und Bauunternehmern an der Riviera zusammen. Neben Gebrauchtimmobilien hat er sich aber vor allem auf Neubauten spezialisiert. Seine Leistungen sind breit gefächert und gehen über die einfache Lage- und Marktanalyse hinaus. Er berät über Fremdfinanzierung, stellt Kontakt zu Anwälten oder Steuerberatern her, begutachtet Grundstücke, Gebäude und analysiert bestehende Mietverträge. Eigentümer können dabei auf seinen Rundumservice vor Ort zählen, egal ob es um Renovierungen oder die Anmeldung von Strom, Wasser oder das Internet geht. Er wirkt wie ein Mann, der sich gerne kümmert. So gibt er auch Tipps, wo es einen besonders guten
Attraktive Preise an der Côte d’Azur
Auf die derzeitige Marktlage angesprochen, meint der Makler, dass die Riviera nichts von ihrer Anziehungskraft verloren habe. Die Nachfrage nach Wohnimmobilien sei immer noch sehr hoch. Allerdings gebe es derzeit sehr viele Objekte auf dem Markt. Der Kauf einer Immobilie bringe aktuell als Investition mehr als jedes Sparbuch und sei sicherer als jede Aktie. «Gerade an der Côte d’Azur lohnt sich der Kauf derzeit zweifellos, da die Immobilienpreise in Teilen der deutschsprachigen Länder viel stärker angestiegen sind als hier.» Während an der Riviera in den letzten Jahren die Preise fast stagnierten, sind sie in vielen deutschen und anderen Metropolen regelrecht explodiert. Ein Kauf einer Immobilie an der Côte d’Azur sei somit teilweise erschwinglicher als ein vergleichbarer Erwerb in Deutschland, der Schweiz oder Österreich. Und die Immobilie sei heute vor allem eines: Kapital. !
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Ein Trend – Investieren in Neubauwohnungen
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SPECIAL IMMOBILIEN
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Stil-Mix
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Edel, klar strukturiert und zeitlos, dennoch modern – mit einem Touch Art Deco: Wo die deutsch-französische Innenarchitektin Nathalie Ludwig am Werk ist, entsteht Wohnraum mit Seele. Einrichtung, die optisch brilliert, in der es sich aber auch leben lässt. Zurück von der jüngsten Deko-Messe «Maison & Objets» in Paris, ist Nathalie Ludwig voller neuer Inspiration für künftige Projekte. Doch nicht nur in der Mode-Hauptstadt findet die dreisprachige Innenarchitektin Anregung, sondern auch bei Reisen um die Welt. In ihrem Showroom in Mougins bei Cannes frappieren gerade großformatige Gemälde des südfranzösischen
Künstlers Olll: Das mit dick aufgetragenen Strichen skizzierte Porträt von Audrey Hepburn etwa zieht jeden Blick auf sich. Auch Tischchen, Lampen und Sitzmöbel findet der Kunde in Nathalie Ludwigs Firmensitz. Exklusiv für die RivieraZeit hat sie einige Stücke ausgewählt, die ihr besonders gefallen – anzuschauen und zu beziehen direkt über Nathalie Ludwig Exclusive Interiors.
Konsole «O Console», Gestell Bronze, lackierte Platte, 1350 x 380 x 80,5 mm, von Porta Romana
Stuhl «Alice», mit schwarzem Perlmutt überzogen, Bezug aus Pferdehaar; von R&Y Augousti
Gemälde «Audrey» von OLL, 1200 x 1200 cm Beistelltisch von Blackwebwood: Douglaskiefer, mit Fuß aus schwarzem Zimbabwe-Granit (Kreation Fabrice Ausset für Philippe Hurel) Türgriff in Schwarz, Guincalux
Kristall-Hängelampe «Moonlight Occhre»
Spiegel «Lily», mit blauem Perlmutt überzogen; von R&Y Augousti
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Lampe «Barbara» von Porta Romana Beistelltische «Bip Bip», 40 x 53 x 87 cm, Gestell aus Bronze, Tischplatte mit Rochenhaut bezogen; Design Romeo Sozzi (Promemoria)
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SPECIAL IMMOBILIEN
Das «One Monte-Carlo» wurde Ende Februar eröffnet © Photorealistische Visualisierung: MCSBM
Die Rotonde mit Dachrestaurant «Le Grill» ©MCSBM
EINE NEUE ÄRA FÜR DAS HÔTEL DE PARIS S eit 1864 steht das weltberühmte Hôtel de Paris Monte-Carlo für Exklusivität und höchsten Luxus. 150 Jahre nach seiner Gründung war das Haus reif für eine umfassende Renovierung: In Etappen wurde das Hotel inmitten des neuen Stadtviertels One Monte-Carlo innerhalb der vergangenen vier Jahre umgebaut, modernisiert und wieder eröffnet. Zum letzten Akt Ende Januar trat Fürst Albert gemeinsam mit seiner Schwester Prinzessin Stéphanie an: Sie weihten die neue, 525m² große Suite Prince Rainier III zu Ehren ihres Vaters auf dem Dach ein. Nun erfüllt die legendäre Adresse einmal mehr das Credo seines Gründers François Blanc, der seinerzeit selbstbewusst feststellte: «Das Hôtel de Paris übertrifft alles bisher Erschaffene.» Die gelungene Metamorphose beginnt mit der Fassade, die ihre Identität der Belle Epoque von 1909 wiedergefunden hat, und setzt sich fort in der Innendekoration der 207 Suiten und Zimmer, den beiden außergewöhnlichen Suiten MÄRZ / APRIL 2019
(neben der namens Rainier III glänzt die Suite Princesse Grace auf 910m² über zwei Etagen) sowie im ebenfalls neu eröffneten DucasseRestaurant Ômer, dem legereren Gegenstück zu seinem Drei-Sterne-Tempel Louis XV. Neu gewandet sind unter anderem auch die Rotonde inklusive Dach-Restaurant Le Grill, die American Bar und die Lobby, in der allerdings das zentrale Bouquet und das glücksbringende Pferd mit seinem blanken Knie unverändert blieben. Ebenfalls auf dem Dach eröffnet im Laufe des Frühjahrs das fast 900 m² große Wellness-Areal für die Gäste. Der Mythos Monte-Carlo entdeckt sich wieder, eine neue Ära beginnt für dieses legendäre Hotel, das wohl alle Stars und Größen dieser Welt zumindest einmal besucht haben.
Place du Casino
Ein neues Gesicht erhält tatsächlich der gesamte Casino-Platz: Neben dem Hôtel de Paris ist mit dem One Monte-Carlo fast zeitgleich ein Komplex mit Luxus-Appartements, Geschäften, Restaurant und Konferenz-Center fertig gestellt worden (siehe auch Seite 6). Damit solle das Viertel, so verspricht es sich die Société des Bains de Mer (SBM), die auch das Hôtel de Paris und das Casino betreibt, zum «europaweit exklusivsten Erlebnis» werden. "
Blick vom Pool der neuen Suite Rainier III ©MCSBM
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SPECIAL IMMOBILIEN
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Dispositif Denormandie
ANREIZ ZUR SANIERUNG
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it dem Ziel, Innenstädte zu beleben, ist Anfang des Jahres die Gesetzes-Ergänzung «Denormandie» zum Loi Pinel in Kraft getreten. Genauer: Privatpersonen sollen einen Anreiz erhalten, in renovierungsbedürftige Wohnungen in einer von frankreichweit 222 Städten zu investieren, sie zu renovieren und zur Vermietung auf den Markt zu bringen. Der Staat will fünf Milliarden Euro in das Programm stecken, das zunächst bis Ende 2021 laufen soll. Wer eine renovierungsbedürftige Altbau-Wohnung oder ein marodes Haus in einer der zum Programm «Action Coeur de Ville» zählenden Städte kauft und mindestens 25 Prozent der Kaufsumme noch einmal für Sanierungsarbeiten ausgibt, erhält dafür Steuerermäßigungen: 12 Prozent bei einer anschließenden Vermietdauer von mindestens sechs Jahren, 18 Prozent bei neun Jahren und 21 Prozent bei zwölf Jahren. Zwölf Städte sind in der Region Provence-Alpes-Côte d’Azur in das Programm aufgenommen worden, je zwei in den Departements Var und Alpes-Maritimes: Bandol und Draguignan sowie Grasse und Vallauris. !
Bail mobilité
KURZZEITMIETE LEICHTER GEMACHT
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or allem an Azubis, Studenten und Praktikanten richtet sich die Neuregelung «Bail mobilité» innerhalb des Gesetzes Loi Elan: Damit können ab sofort möblierte Wohnungen über einen Zeitraum von ein bis zehn Monaten ohne das Hinterlegen einer Kaution gemietet und der Mietvertrag vom Mieter ohne Angabe von Gründen mit einmonatiger Frist gekündigt werden (siehe auch Seite 43). !
Immobilienrecht
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WAS SICH 2019 NOCH ÄNDERT
it Beginn jeden Jahres treten Änderungen im Immobilienrecht in Kraft. 2019 unter anderem folgende: Das Pinel-Gesetz (loi Pinel) zur Vermietung von nicht möbliertem Wohnraum wird verlängert bis 2021. Der Umwelt zuliebe werden CITE und éco-PTZ bis 2021 verlängert. Die Steuervergünstigungen «crédit d’impôt pour la transition écologique» (CITE) greifen bei Renovierungsarbeiten, die ein Haus energiesparender machen. Der éco-prêt à taux zéro (éco-PTZ) dient der Finanzierung von energetischen Sanierungsarbeiten am Wohnraum. Dieses Darlehen kann dem Eigentümer, dem Vermieter oder Bewohner einer alten Wohnung und dem Syndikat der Mitbesitzer gewährt werden. Die Wohnsteuer taxe d’habitation wird gesenkt. Ihr häppchenweises Verschwinden für etwa 80 Prozent der Haushalte hatte bereits mit einem Rückgang um 30 Prozent im Jahr 2018 für diejenigen Steuerzahler begonnen, deren Referenzsteuereinnahmen 27 000 Euro nicht überschritten. Für 2019 wird ein zweiter Rückgang von 65 Prozent erwartet, um die Steuer 2020 für das Gros der Bevölkerung ganz wegfallen zu lassen. ! MÄRZ / APRIL 2019
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SPECIAL IMMOBILIEN
SICH SELBST BEERBEN Immobilienkauf auf Leibrente ist in Frankreich beliebt und gesetzlich besonders geregelt Ein viager, Immobiliengeschäft auf Leibrente, sichert dem Verkäufer eine bessere finanzielle Versorgung im Alter. Für den Käufer hingegen kann dies eine günstige Art sein, ein Domizil im Süden zu erwerben. Von PETRA HALL
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ie Geschichte der Jeanne Calment aus Arles ging 1997 durch die Schlagzeilen, weil Jeanne zu jener Zeit als ältester Mensch der Welt galt. Sie, die acht Jahre alt war, als Edison die Glühbirne erfand, verstarb mit 122 Jahren und 164 Tagen. Es gab aber auch einen anderen Grund, warum die betagte Dame so viel Aufsehen erregte: Mit 90 Jahren hatte sie dem damals 45-jährigen Notar André-François Raffray ihr Häuschen auf Leibrente verkauft – für 2500 Francs pro Monat. Bis zu seinem Tode 1995 – zwei Jahre vor Jeanne Calments Dahinscheiden – hatte Raffray den vielfachen Wert des Hauses gezahlt, von dem er glaubte, der Erwerb sei angesichts des hohen Alters der Besitzerin ein echtes Schnäppchen. Pech gehabt! Genau darin liegt das Risiko dieser Form von Immobiliengeschäft. Entsprechend gehört ein solcher Vertrag zu den contrats aléatoires wie auch Versicherungen, Wetten und Glücksspiel – sie alle hängen von einem unvorhersehbaren Ereignis ab. Sie gewähren aber beiden Parteien auch die Freiheit, die Konditionen nach eigenem Gutdünken auszuhandeln. Die verlockende Aussicht, bei frühzeitigem Ableben des oft kinderlosen Verkäufers für wenig Geld an eine Immobilie zu kommen, mag makaber erscheinen. Die Vorteile für den Verkäufer: Für ihn stellt der viager eine Möglichkeit dar, seine Lebensqualität durch zusätzliche monatliche Einnahmen und oft auch eine auszuhandelnde Anzahlungssumme – bouquet wie es auf Französisch so schön blumig heißt – zu verbessern. Gleichzeitig kann der Betroffene meist bis zu seinem Lebensende unbeschwert in seinen eigenen vier Wänden wohnen bleiben.
Viager – ideal für Kinderlose Beim viager ist eine Beratung durch spezialisierte Agenturen und einen Notar vor Ort besonders wichtig. Wir sprachen in Nizza mit MÄRZ / APRIL 2019
Viager – bis zu seinem Lebensende unbeschwert in seinen eigenen vier Wänden wohnen bleiben © D.R.
Hervé Odent, seit 2003 Präsident des auf viagers spezialisierten, 1980 gegründeten Unternehmens Etude Lodel mit 20 Filialen in ganz Frankreich, sechs davon im Süden und eine in Monaco. Gegründet wurde es ursprünglich nach dem zweiten Weltkrieg von Notaren, die übrigens oft auch selbst eine solche Immobilie kaufen. Laut Odent werden drei Viertel der viagers in Paris und an der Côte d’Azur getätigt: «Hier leben viele alte Menschen und auch potenzielle Käufer», sagt der Experte. «Der viager ist beispielsweise ideal für Kinderlose, die über eine niedrige Rente verfügen und vom Leben noch etwas haben möchten. Sie beerben sich sozusagen selbst. 95 Prozent unserer zurzeit im Angebot befindlichen Objekte sind belegt, die Eigentümer leben also bei sich zu Hause.» In den letzten 15 Jahren hat sich der viagerMarkt stark verändert. Hatte die Etude Lodel 2003 nur 50 Immobilien im Angebot, sind es heute 400. Nicht verwunderlich bei einer ständig steigenden Lebenserwartung und
einer oft unsicheren Rentensituation. Die Anzahl der Investoren ist hingegen gesunken. Dabei stellt ein viager eine sichere Anlage dar und der Käufer braucht keinen Bankkredit in Anspruch zu nehmen. «Das Risiko für den Verkäufer ist ebenfalls begrenzt», so Odent. Zur Absicherung vor allem der Renten- und Wohnberechtigten hat der französische Staat zahlreiche Gesetze verabschiedet. So müssen die Rechte des Verkäufers transparent im Grundbuch eingetragen sein, und auch sonst ist eine Reihe von Schutzmaßnahmen vorgesehen. Verstirbt ein Ehepartner, geht die monatliche Zahlung ohne weitere Kosten an den Hinterbliebenen über.
Vente à terme – mit festgeschriebenem Ende «Ein wenig sollte man jedoch das Spiel mit Schnäppchen mögen. Manche sagen, der viager sei eine Wette mit dem Tod. Aber es gibt auch andere Formen wie zum Beispiel den
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Vente à terme: ein kostenloser Kredit des Verkäufers an den Käufer © D.R.
vente à terme», erklärt Odent. In diesem Fall wird der Vertrag nicht durch das Ableben des Verkäufers beendet, sondern durch eine gegenseitige Abmachung, die auf einer begrenzten Anzahl von Jahren beruht. Verstirbt der Verkäufer vor Ende des Vertrags, fließt die Zahlung der monatlichen, steuerfreien Raten an die Erben. Der vente à terme ist genau genommen ein kostenloser Kredit des Verkäufers an den Käufer. Auch hier gibt es mehrere Optionen: Das Objekt kann sofort frei, aber auch für eine gewisse Zeit oder lebenslang besetzt sein. Im letzten Fall bleibt der Verkäu-
fer bis zu seinem Ableben in seiner gewohnten Umgebung, die Rentenzahlung endet jedoch vorher – je nachdem, was ausgehandelt wurde. Beim viager hingegen ist die steuerliche Situation nicht so günstig: Über 70-Jährige müssen 30 Prozent der monatlichen Zahlungen versteuern. «Ein viager macht nur für Verkäufer von über 70 Jahren Sinn, vorher langt das Finanzamt stärker zu», sagt Hervé Odent und unterstreicht: «Welche Option für den Verkäufer in Frage kommt, muss von Fall zu Fall entschieden werden. Wir nehmen uns viel Zeit, die jeweilige finanzielle und familiäre Situation des Interessenten zu analysieren, wobei oft Feingefühl, Geduld und Psychologie gefordert sind. Viele unserer Kunden sind Ausländer, da ist eine besonders ausführliche Beratung notwendig, denn der viager ist sehr spezifisch für Frankreich und im übrigen Europa wenig bekannt.» Dass die verschiedenen Vertragsformen rund um den viager auch für den Käufer interessant sind, zeigt allein schon die Tatsache, dass Notare oft die ersten sind, die die Gelegenheit ergreifen, eine solche Immobilie zu erwerben. «Und», schmunzelt Odent, «fast alle französischen Präsidenten haben so eine Wohnung oder ein Haus gekauft. Wie zum Beispiel François Hollande, der bei uns auf diese Weise eine Villa in Mougins erstanden hat.» "
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© Mipim
30 JAHRE MIPIM Die jeden Frühling in Cannes veranstaltete, weltweit größte Immobilien-Messe Mipim feiert ihren 30. Geburtstag. Vom 12. bis 15. März wird es in diesem Jahr stärker denn je um die Zukunft des Immobiliensektors gehen.
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ie sehen die kommenden 30 Jahre der Immobilienwirtschaft aus? Vor dem Hintergrund des Schlagwortes Nachhaltigkeit wird dies die zentrale Frage der Messe, die im März wie gewohnt im Festival-Palais stattfindet. Vier Tage lang wird Cannes dann zum Treffpunkt der einflussreichsten Akteure aus allen Bereichen der internationalen Immobilienwirtschaft und bietet eine Plattform für Networking sowie Diskussionen im Rahmen zahlreicher Vorträge und Ausstellungen. Es werden mehr als 26 000 Teilnehmer und rund 5400 Investoren erwartet. Die Eröffnungsrede hält 2019 niemand Geringeres als Ban Ki-moon, ehemaliger General-
«Woodie» heißt dieses Wohnhaus im Hamburg, das in Cannes für einen Mipim-Award nominiert ist © Götz Wrage, Jan Bitter
sekretär der Vereinten Nationen: Am 12. März um 14 Uhr wird der Koreaner im Palais des Festivals sprechen. «Für die 30. Mipim haben wir als zentrales Thema ‚Engaging the Future‘ gewählt, und dies beinhaltet die Frage, wie kommende Generationen in einer zunehmend dichter bevölkerten städtischen Umgebung leben und arbeiten werden. Ban Ki-moon setzt sich für nachhaltige Entwicklung ein, und seine Eröffnungsrede wird voraussichtlich das Leitthema dieser ganz besonderen Mipim vorgeben», so Mipim-Direktor Ronan Vaspart. In bewährter Tradition werden am Donnerstag, 14. März, um 18.30 Uhr die begehrten Mipim-Awards an die Erschaffer einiger der aufregendsten neuen Immobilien-Projekte
Ebenfalls preisverdächtig ist die nach altem Vorbild restaurierte Altstadt von Frankfurt am Main © DomRöùer GmbH
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der Welt vergeben. In insgesamt elf Kategorien sind je vier oder fünf Gebäude nominiert, darunter wie gewohnt diverse Projekte im deutschsprachigen Raum: das Bürgenstock Hotel & Resort in Luzern (Kategorie «Bestes Hotel- und Tourismus-Resort»), die neue Messehalle Nr. 12 in Frankfurt am Main («Beste Industrie- und Logistik-Entwicklung»), das Merck Innovation Center in Darmstadt («Bestes Bürogebäude»), Woodie Hamburg («Bestes Wohngebäude»), Bikini Berlin mit Kantini-Markt («Bestes Einkaufszentrum») und die erneuerte Altstadt von Frankfurt am Main («Bestes städtisches Wiederaufbau-Projekt»). Insgesamt waren mehr als 200 Projekte aus 58 Ländern eingereicht worden. !
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Immobilienkauf in jungen Jahren Die eigenen vier Wände zählen nach wie vor zu den großen Lebenszielen vieler junger Menschen. Lohnt sich solch eine Investition auf lange Sicht? Sollte man jetzt oder lieber später kaufen? Wie wird das Immobilieninvestment zur rentablen Finanzentscheidung? Dazu unterhielten wir uns mit Marie-Claire Sangouard (Foto), Geschäftsführerin der Immobilienagentur Engel & Völkers Côte d’Azur. Was raten Sie jungen Menschen, die von einer Immobilie träumen? Auch für junge Anleger steht und fällt der Traum vom Eigenheim mit dem Startkapital. Vielleicht haben Sie bereits etwas Geld zur Seite gelegt. Falls nicht, sollten Sie jetzt mit dem Sparen beginnen. Bestimmen Sie, welcher Anteil Ihres Einkommens jeden Monat auf ein separates Konto für den Hauskauf fließen soll. Dann ist Disziplin gefragt! Schrauben Sie Ihre Ausgaben so weit wie möglich zurück, um den Sparprozess zu beschleunigen. Anfangs empfinden Sie diese Einschränkungen im Alltag vielleicht als belastend. Doch Durchhalten lohnt sich. Denn schon bald werden Sie über ein ordentliches Finanzpolster verfügen.
Hinzu kommt, dass Sie als junger Anleger noch am Beginn Ihrer beruflichen Laufbahn stehen. Aller Wahrscheinlichkeit nach werden Sie also im Laufe der Zeit mehr verdienen, und Ihre finanzielle Lage wird sich zusehends entspannen. Warum lohnt es sich, früh zu investieren? Der Vorteil eines frühen Immobilieninvestments liegt darin, dass Ihre monatliche Hypothekenrate auch bei höherem Einkommen unverändert bleibt. Dadurch stehen Ihnen rosigere Zeiten bevor. Bedenken Sie außerdem, dass neben Ihrem Gehalt auch der Wert Ihres Eigenheims steigt. Halten Sie lange genug an Ihrer Immobilie fest und nutzen die Markttrends geschickt
H A M B U R G H A M B U R G H A M B U R G
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aus, stehen Ihnen wahrscheinlich attraktive Gewinne ins Haus. Heute ist mehr denn je geografische Flexibilität gefragt. Trotzdem empfehlen Sie zu kaufen? Natürlich müssen Sie jetzt noch nicht entscheiden, wo Sie den Rest Ihres Lebens verbringen möchten. Wer in eine Immobilie investiert, könnte jedoch darüber nachdenken, zumindest für einen gewissen Zeitraum am jeweiligen Standort leben zu wollen. So wären Sie in der Lage, Mietkosten einzusparen und stattdessen erste Teile Ihres Kredits abzuzahlen, bevor Sie verkaufen und an einen neuen Wohnort ziehen. Natürlich haben Sie immer auch die Option auf zusätzliche Einnahmen durch Vermietung. Diese Möglichkeit steht Immobilienbesitzern, die ihr Objekt nicht selbst nutzen, von Beginn an offen. Was sind die Hauptvorteile, wenn man jung kauft? Sobald Sie eine eigene Hypothek für den Hauskauf aufnehmen, fließt Ihr Geld nicht länger in die Tasche eines anderen Immobilienbesitzers. Denn als Mieter geben Sie jeden Monat eine gewisse Summe aus, ohne dieses Geld für einen späteren Nutzen zu investieren. Natürlich ist auch eine Hypothek mit monatlichen Zahlungen verbunden, doch damit bauen Sie ausschließlich Ihr privates Kapital aus. All diese Faktoren, gepaart mit dem wahrscheinlichen Anstieg des Immobilienwerts, schaffen hervorragende Grundvoraussetzungen für junge Anleger, die den Kauf eines Objekts in Betracht ziehen. "
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C A N N E S
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BESTEUERUNG BEIM IMMOBILIENVERKAUF (PLUS-VALUE) «COMME ÇI» UND AUCH MAL «COMME ÇA»
Unter Berücksichtigung des am 1. Januar 2019 in Kraft getretenen Finanzgesetzes betrachten wir (mal wieder) die Frage der Zulässigkeit von Sozialabgaben auf Veräußerungsgewinne für in Frankreich beschränkt Steuerpflichtige («non-résidents»). Alte Rechtslage: ● Für Verkäufe zwischen dem 01.01.2012 und dem 31.12.2015 hat der EuGH die Abgaben als europarechtswidrig eingestuft. ● Pünktlich zum 01.01.2016 wurde diese Rechtsprechung durch eine «Nacht-und-Nebel-Aktion» mit einem neuen Gesetz umgangen und die Zahlungspflicht mit identischen Prozentsätzen wieder eingeführt. Hierbei wurde nur der «Zahlungsempfänger» geändert – nicht mehr die allgemeine Sozialversicherung, sondern die besondere Rentenkasse. Kann es möglich sein, dass drei Jahre höchstrichterlich befreit sind, und dann alles wieder von Neuem anfängt? Die französischen Verwaltungsgerichte in erster und zweiter Instanz entscheiden (derzeit noch) im Sinne dieses Gesetzestextes für Verkäufe ab dem 01.01.2016. Leider kann der betroffene Steuerpflichtige den EuGH nicht direkt anrufen und ist im Zweifel auf den Instanzenzug oder ein sogenanntes Vorlageverfahren angewiesen. Ein Lichtblick für die Vergangenheit könnte die Entscheidung des Cour d’Appel de Nancy vom 31. Mai 2018 sein: Im Zusammenhang mit Kapitaleinkünften wurde auch das Gesetz aus 2016 als mit der EuGH-Rechtsprechung nicht konform erklärt. Aus den Entscheidungsgründen kann man erlesen, dass dies auch für alle anderen Einkunftsarten der «non-résidents» gelten müsste. Wie ist die aktuelle Rechtslage? Das «Loi des Finances» 2019 sieht eine vollständige Abschaffung der Sozialabgaben rückwirkend zum 01.01.2018 vor. Erstaunlicherweise wird für die Befreiung «nur» auf die Krankenversicherung in einem anderen EU-Land abgestellt und auf keinen anderen Aspekt der Sozialversicherungssysteme. Aktuelle Gerichtsentscheidungen hierzu gibt es noch nicht. Was sollte der Steuerpflichtige veranlassen, um seine Rechte für die Vergangenheit und die Zukunft durchzusetzen und zu wahren? Diese und andere Fragen beantworten wir Ihnen gerne – nehmen Sie Kontakt mit uns auf! Der Verfasser, Rechtsanwalt Stefan Kesting (Hamburg/Cannes/Berlin) informiert in der «RivieraZeit» regelmäßig über Besonderheiten im französischen Recht. Er ist spezialisiert auf französisches Wirtschafts-, Immobilien-, Erb und Steuerrecht sowie gerichtlich ermächtigter Übersetzer der französischen Sprache.
KESTING & Partner – Der Ansprechpartner für französisches Recht in deutscher Sprache Telefon Hamburg +49 (0)40/3 86 86 58 86
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Trauer um die «Lady of Negresco» Eines der letzten Originale der internationalen Hotelszene ist im Januar gestorben: Jeanne Augier, Eigentümerin des Luxushotels «Negresco» an der Promenade des Anglais, einem Wahrzeichen der Stadt Nizza. Sie wurde 95 Jahre alt. Von ROLF LIFFERS
ie etwas kauzige alte Dame, die den über 100 Jahre alten Hotelpalast in Aristocats-Manier testamentarisch einem Stiftungsfonds zum Wohl Not leidender Menschen und Tiere sowie dem Erhalt des mit seiner rosa Kuppel unverwechselbaren Palasthotels der Belle-Époque vermacht hat, habe ihr Leben lang zur Ausstrahlung der Metropole beigetragen, twitterte Bürgermeister Estrosi. Das Hotel selbst, in dem sieben gekrönte Häupter, viele Milliardäre sowie Stars wie Greta Garbo, Jean Marais und Salvador Dalí (mit Gepard), Michael Jackson, Mick Jagger und die Beatles wohnten, hat sich bisher nicht zu Details der Nachfolgeregelung geäußert. Fest steht, dass Jeanne Augier, die keine direkten Nachkommen hat, in den letzten Jahren an Alzheimer litt und seit 2013 unter Vormundschaft stand. Der Wert ihres Hauses an der Strandpromenade, in dem sie bis zum Schluss à l’ètage in einer großen Wohnung lebte, dürfte nach jüngsten Schätzungen zwischen 300 und 400 Millionen Euro liegen. Frau Augier hatten solche Beträge wenig bedeutet. Noch in ihren letzten Lebensjahren hatte sie starrköpfig allen Versuchungen widersagt, sich das Negresco (96 Zimmer, 21 Suiten) zu vergolden, das nach seinem Erbauer, dem Rumänen Henri Negrescu, benannt ist. Dem Sultan von Brunei hatte die resolute patronne mit den Worten einen Korb gegeben, ihr Hotel sei selbst für ihn zu teuer. Auch Bill Gates bekam eine Absage, ebenso wie ein nament-
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lich nicht bekannter Marokkaner, der ihr zugesichert hatte: «Der Preis spielt keine Rolle; wir kaufen!» Die Lokalpresse würdigte Jeanne Augier in Nachrufen mit bewegten Worten als «beherzte Kopffrau von starkem Charakter», durch deren Tod das «Negresco» seinen «Stern» verloren habe. Die Chefin, die das symbolträchtige Haus über 60 Jahre «beherrscht» habe, sei zuletzt jedoch sehr schwach gewesen. Am Ende habe sie künstlich ernährt werden müssen, bis eine Lungenentzündung sie hinwegraffte. Als Madame Augier das 1913 gebaute Haus übernahm, war es heruntergekommen. Sie war es, die dem Hotel neues Leben einhauchte, jedoch nie mit Traditionen brach. So gibt es in der von Eiffel entworfenen Nobelherberge bis heute weder Pool noch Spa. Unter dem Baldachin des Royal Salon hängt noch immer der über viereinhalb Meter große Kronleuchter mit seinen 16800 Kristallen, der ursprünglich für Zar Nikolaus II. bestimmt war und dessen Gegenstück heute im Kreml strahlt. Hunde und Katzen sind weiter willkommen. «Ich liebe Tiere, sie sind Brüder, Schwestern, Kinder, die ich nie hatte», hatte die Tiernärrin wiederholt erklärt. Augier, die bis zu dessen Tod mit dem Nizzarder Anwalt Paul Augier verheiratet war, hinterlässt eine kostbare klassische Kunstsammlung, die im Hotelmuseum aufbewahrt wird. Schon als junge Frau war das «Mädchen aus gutem Hause» in den Straßen der Stadt durch ihren Geschmack und ihre extravagante Garderobe – vorzugsweise von Courrèges und Balmain – aufgefallen. Auch der modernen Kunst war die enge Freundin von Niki de Saint-Phalle sehr zugetan. Schon 1965, acht Jahre nach Übernahme des Hotels, flog sie auf Bitten von Staatschef Charles de Gaulle nach Isfahan, um dort den Bau des ersten Palastes des damaligen Schahs zu beaufsichtigen.
Zuletzt war das «Negresco» bei dem islamistischen Terroranschlag vom 14. Juli 2016 in die Schlagzeilen geraten. Die Lobby des Hotels hatte als Lazarett für Verletzte hergehalten; nicht zum ersten Mal in der Geschichte des Hotels, das schon im Ersten Weltkrieg als Nothospital für verletzte Soldaten requiriert worden war. !
AU REVOIR, MADAME LA LÉGENDE! Von PETRA HALL
Jedes Mal, wenn ich am Hotel Negresco vorbeikomme, schweift mein Blick hinauf zu dessen weltberühmten Kuppel-Turm, dem Wahrzeichen von Nizza. Hier, im letzten Stock, mit unverbaubarem Blick auf das Meer, residierte Madame Jeanne Augier mit ihrer geliebten Katze und – später – ihren Pflegerinnen. Bis einige Jahre vor ihrem Tod fuhren diese sie jeden Abend zum Dîner im Negresco-eigenen Karussell-Restaurant La Rotonde. Dort speiste sie, die millionenschwere Besitzerin, meist unerkannt in ihrem Lokal. Schon damals war sie eine Legende, eine starke Persönlichkeit, an die schwer heranzukommen war. Bekannt für ihre Kompromisslosigkeit, aber auch für ihre Tierliebe und ihre Passion für Kunst. 6000 Werke aus fünf Jahrhunderten französischer Geschichte hat sie im Laufe ihres langen Lebens gesammelt. Umso glücklicher war ich, als sie einst einem Interview für die Riviera Zeitung zustimmte. Treffpunkt: die mythische Hotel-Bar. Pünktlich erschien die Grande Dame zu unserem Gespräch. Nach kurzem Small Talk sagte Jeanne Augier rund heraus: «Wissen Sie, die meisten Journalisten langweilen mich. Dann schütze ich nach fünf Minuten Kopfschmerzen vor und ziehe mich zurück. Sie aber dürfen bleiben.» Ich fühlte mich geadelt. Wir unterhielten uns zwei Stunden lang. Über ihre Beutezüge in der französischen Provinz, wo sie am Steuer eines kleinen Lieferwagens in Vergessenheit geratene Kunstschätze und antikes Mobiliar persönlich aufspürte. Über Bill Gates, der ihr einen Blanko-Scheck hinhielt, damit sie ihm das Negresco verkaufe. Was sie «natürlich» vehement ablehnte. Und über die Zukunft. Ihre Ehe mit Paul Augier war kinderlos geblieben, ihre ganze Liebe galt dem Tierschutz und der Kultur. Das Hotel und ihr Privatvermögen flossen in eine Stiftung. Nun mag man sagen, 95 Jahre sei ein beachtenswertes Alter und die zuletzt schwer an Alzheimer erkrankte Madame Augier habe endlich ihren Frieden gefunden. Aber die Traurigkeit ist dennoch immens. Traurigkeit über den Verlust einer Art von Persönlichkeit, die im Aussterben begriffen ist. Ihr Tod hinterlässt ein Loch in der Gesellschaft Nizzas. Denn Menschen von ihrem Kaliber sind immer dünner gesät.
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Deutsch, französisch, international! Neuer DFJW-Generalsekretär setzt auf interkulturelle Begegnungen Tobias Bütow ist seit dem 1. März Generalsekretär des Deutsch-Französischen Jugendwerks. Er leitet das DFJW gemeinsam mit seiner französischen Kollegin Béatrice Angrand. Der deutsch-französischen Community an der Côte d’Azur ist der 41-Jährige als Vorsitzender des deutsch- französischen Kulturzentrums CCFA in Nizza bekannt. Seinen Posten am Centre International de Formation Européenne (CIFE), das in der Côte d’Azur-Metropole Master-Studiengänge unter anderem in Europäischer Politik anbietet, gibt der Historiker und Politikwissenschaftler zugunsten der neuen Aufgabe in Paris und Berlin auf. er Nominierung des seit Jahren bei Nizza lebenden Tobias Bütow war das Resultat eines monatelangen Auswahlprozess. Kurz vor der Weihnachtspause entschied das Kabinett von Bundeskanzlerin Angela Merkel zugunsten des 41-jährigen gebürtigen Magdeburgers. Der Öffentlichkeit wurde Bütow während des Neujahrsempfangs des DFJW im Beisein von Bundesministerin Franziska Giffey und EuropaStaatsminister Michael Roth vorgestellt. Das Deutsch-Französische Jugendwerk – L’Office franco-allemand pour la Jeunesse – wurde auf Grundlage des deutsch-französischen Freundschaftsvertrages von 1963 gegründet und organisiert seither Austauschprogramme für junge Deutsche und Franzosen. Tobias Bütow, der auch im Vorstand der Berliner Schwarzkopf-Stiftung Junges Europa sitzt, hat Zeitgeschichte und Politik an der Berliner Humboldt-Universität studiert. Als Gründer des Mittelmeer-Programms am EuropaInstitut CIFE wird er unter anderem die Öffnung deutsch-französischer Jugendaustauschprogramme für Drittstaaten stärken. Bütow weiß, wie wichtig die Jugend für Europa ist, und setzt vollstes Vertrauen in den Nachwuchs. «Europas Jugend ist europäischer, als die Öffentlichkeit es häufig denkt. Ich habe in den vergangenen Jahren mit Schülern wie Studierenden zusammengearbeitet und kenne eine breite Schar an jungen Menschen, die begeisterte Europäerinnen und Europäer sind und die ihren Berufsweg enthu-
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Gemeinsam mit der bereits seit 2009 amtierenden französischen Co-Präsidentin Béatrice Angrand führt Tobias Bütow seit dem 1. März das DFJW. Sein Nachfolger im Mittelmeer-Programm am CIFE in Nizza wird Jean-Claude Verez, ein französischer Wirtschaftswissenschaftler, der lange in Afrika gelebt hat © 2019 Jennifer Sanchez vonZynski.com
siastisch pro-europäisch ausrichten. Leider wird in Deutschland wie in Frankreich zu wenig auf die Biographien dieser jungen Leute geachtet, die heute selbstverständlich in Deutschland wie Frankreich studieren, für die es im Zweifel spannender ist, als Franzose in Leipzig oder als Deutscher in Lyon zu arbeiten. Diese Gruppe von jungen Leuten wächst. Denn ohne europäischen Weitblick, verfangen im nationalen Denken, verpasst man die Chancen, die das 21. Jahrhundert bietet. Umso wichtiger ist es, dass verstärkt jene jungen Menschen erreicht werden, die die Vorteile Europas etwa aufgrund sozialer oder finanzieller Schwierigkeiten nicht alltäglich in ihrem Leben erfahren können. Wir dürfen dabei nicht aus den Augen verlieren, dass es gesamtgesellschaftlich in Deutschland wie Frankreich auch unter jungen Leuten tiefe Risse gibt. Auch ein Teil der Jugendlichen lässt sich von nationalistischen oder neo-nationalistischen Tendenzen in verschiedenen europäischen Ländern ansprechen. Im Südosten Frankreichs, wo der rechtsradikale Rassemblement National nahezu absolute Mehrheiten in den Kommunen erreicht, genauso wie in ostdeutschen Kommunen, wo eine anti-europäische Partei die Europa- oder Landtagswahlen gewinnen könnte», sagte er in einem Gespräch mit der Deutschen Welle. Bütow schloss sein Geschichts- und Politikwissenschaftsstudium 2004 mit Auszeichnung ab. Er war für die Internationale Holocaustgedenkstätte Yad VaShem in Jerusalem und Berlin sowie für die OSZE in Sarajevo tätig. Als DAAD-Langzeitdozent am Europa-Institut CIFE in Nizza leitete er ab 2010 multilaterale Mobilitäts-Studiengänge sowie den Fachbereich «Internationale Beziehungen». Von 2015 bis 2019 führte er schließlich als Gründungsdirektor das Mittelmeer- Programm des CIFE.
«Ich kann mir keine begeisterndere und erfüllendere Aufgabe vorstellen, als das DFJW im Dienste der europäischen Jugend weiterzuentwickeln und mit seinen Programmen noch mehr junge Menschen zu erreichen, unabhängig von ihrer sozialen Herkunft und ihrem Wohnort – von Deutschland und Frankreich über die westlichen Balkanstaaten bis hin zum Maghreb. Für mein berufliches Wirken sind Mobilität, Sprachförderung und interkulturelle Begegnungsarbeit zentral. Angesichts von Populismus und Nationalismus ist grenzüberschreitender Jugendaustausch wichtiger denn je, um den interkulturellen Erfahrungshorizont und beruflichen Lebensweg junger Menschen zu prägen und den europäischen Einigungsgedanken lebendig und nachhaltig in unseren Gesellschaften zu verankern», sagt Tobias Bütow. Die deutsch-französische Führungsspitze des DFJW besteht aus zwei Generalsekretärinnen oder -sekretären, die für eine Dauer von jeweils sechs Jahren einvernehmlich durch die Regierungen Deutschlands und Frankreichs ernannt werden. Ihre Amtszeit kann einmalig verlängert werden und beginnt zeitversetzt um drei Jahre. Tobias Bütow folgt auf Markus Ingenlath, der das Amt von 2012 bis 2018 innehatte. !
BÜTOW IM RZ-GESPRÄCH In der RZ-Ausgabe von November/Dezember 2018 spricht Tobias Bütow über den Mittelmeerraum, die für ihn «spannendste Region der Welt».
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Widerspenstige
PROVENZALEN
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© Marianne Casamance (https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Faucon_village_perché.jpg), https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0/legalcode
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«Mün-sing-gän» ist der Ort in Deutschland, den sie alle kennen Wer in den 1980er-Jahren als Soldat in der französischen Armee nicht pariert hat, wurde zur Strafe gern nach Deutschland verfrachtet, und zwar auf die Schwäbische Alb. Offenbar taten sich besonders Provenzalen mit dem Gehorsam schwer … Von GUDRUN MANGOLD
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iele der hölzernen Fensterläden in dem kleinen Nest Faucon nördlich des Mont Ventoux sind jetzt im März noch fest verriegelt. Eine Art Winterschlaf. Die Besitzer sind meist wohlhabende Leute von anderswo, oft Ausländer, die nur ihre Sommerferien in der Provence verbringen. Die Tagestouristen lassen ohnehin noch auf sich warten. Kein Wunder also, dass die drei kleinen Restaurants im Ort ebenfalls geschlossen sind. Treffpunkt Bäckerei Doch ganz oben im mittelalterlichen Dorfkern, der ungeschützt auf einer Bergkuppe liegt, geht eine Glastür mit Geklingel geschäftig auf und zu. Die Boulangerie Les Tilleuls, direkt neben der kleinen Kirche, ist nicht nur die einzige Bäckerei in Faucon, sondern versorgt darüber hinaus auch die noch winzigeren Nachbardörfer mit frischen Baguettes und Croissants. Insbesondere aber zieht Bäcker Bernard gegen Mittag stets ein kräftiges Tagesgericht aus seinem riesigen Ofen – ganzjährig dringen um diese Zeit wunderbare Gerüche nach draußen. Es ist noch eisig kalt, der Mistral fegt heute heftig durch die Gassen. Die bunten Blechstühle für die Sommerurlauber lehnen zusammengeklappt unter den Linden, tilleuls, nach denen die Bäckerei benannt ist. Bernards Stammgäste, meist Handwerker, finden sich um diese Jahreszeit an dem einzigen, aber riesigen Tisch mitten in der wohlig warmen Backstube ein. Zu den ersten gehört Robert («Robär» – Foto links),
der sich, bevor er hereinkommt, noch sorgfältig den Staub aus seinen Kleidern klopft und seinem großen Hund einen Platz auf der leeren Holzterrasse zuweist. Es schlägt Zwölf, an der gemütlichen Tafel sind noch ein paar Plätze frei, man kommt ins Gespräch. «Bernard rettet mich», erzählt Robert, der sich als Allrounder um die leeren Villen kümmert. Er pflege die Gärten, schaue nach den Schwimmbädern, im Moment baue er eine Trockenmauer – das mache ziemlich hungrig. Allemagne? Robert fragt nach. Stuttgart? Nein, kenne er nicht. Ulm? Auch nicht. Dann sagt er wie beiläufig, er kenne nur «Münsing-gän». Für Unverbesserliche Münsingen?! Nichts als ausgerechnet ein kleines Städtchen auf der Alb? Robert lacht sarkastisch – nur allzu gut kenne er das. Als er beim Militär gewesen sei, 1987, da habe man ihn zur Strafe nach Münsingen geschickt. Zur Strafe? Die üppige Lasagne kommt, das Rezept hat Bernard von der sizilianischen Großmutter seiner Partnerin Helène übernommen – auf den Tellern wankt ein Gedicht aus Nudelteig, Tomaten und crème fraîche. Robert haut rein. Wir können es kaum erwarten, bis er wieder sprechen kann. Er habe halt nicht gehorcht, sagt er. Zum Beispiel Gewehr putzen. Das habe er doof gefunden, tat’s nicht und kam ein paar Tage ins Militärgefängnis in Annecy, wo er stationiert war. Kaum aus dem Knast draußen, fand Robert auch den angeordneten Stechschritt albern, verweigerte wieder den Befehl und fuhr auch wiederum ein. Dann wurde ihm befohlen, militärische Lieder mitzusingen. Das gleiche Spiel – Robert blieb stumm. Also hieß es schließlich: Ab nach Münsingen! Mit dem Bus seien er und vielleicht zwanzig weitere unfolgsame Kameraden damals auf die Alb gekarrt worden. Lauter Revolutionäre? Robert verzieht die Mundwinkel. Es sei im Februar gewesen. Er habe so eine Art Kulturschock erlitten. In Annecy, da habe man nachts tun können, was man gewollt habe. Viel Geld habe man zwar nicht gehabt, aber trotzdem – eine tolle Stadt in den Alpen! Man habe eben nur morgens um Fünf wieder da sein müssen. Robert kommt fast ins Schwärmen. Aber nun Münsingen! Statt in der gewohnten Stube für fünf Mann habe er sich dort in einer Baracke mit zig Betten in einem einzigen Raum wiedergefunden. Die Waschräume seien nicht etwa wie in Annecy beheizt und an die Stube angrenzend gewesen, sondern in einem anderen, kalten Gebäude. Das Essen – Robert winkt ab. Und es sei noch schlimmer gekommen. Eines Tages sei man gemeinsam aufgebrochen in einen dichten, dunklen Wald, wo man Zelte aufschlagen und campieren musste. Jeden Morgen sei ein kleiner Las-
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ter vorbei gekommen und habe etliche 20Liter-Kanister mit Wasser gebracht, aber an Duschen sei wegen der klirrenden Kälte gar nicht zu denken gewesen. Nach zehn Tagen hätten die Soldaten dann SpezialBrillen bekommen, damit sie ihre Augen nicht schädigten, wenn sie wieder ins Sonnenlicht kämen. Ein weiterer hungriger Gast kommt bei Bernard zur Tür herein, offensichtlich ein Freund von Robert, ein paar Jahre älter, er wird uns als Jean-Pierre vorgestellt. Auch er fragt nach, wo wir herkommen – Allemagne? Jean-Pierre schüttelt den Kopf, er kenne nichts – außer Münsingen. Also hat auch er nicht gehorcht? Jean-Pierre hebt die Schultern und sagt mit unverhohlenem Stolz: «Münsingen kennt hier jeder!» Offenbar tut man sich in der Provence mit dem Gehorsam besonders schwer. An Münsingen selbst haben die beiden Ex-Soldaten allerdings keine Erinnerungen mehr. Doch, sagt Robert, ein einziges Mal sei er mit ein paar Kameraden auf ein Bier in einer Wirtschaft im Ort gewesen. Mehr wisse er nicht, auch nicht, ob der Ausflug erlaubt war oder nicht. Jedenfalls – insgesamt sei es in «Mün-sing-gän» wirklich horrible!, schrecklich, gewesen. Die Gefahr ist gebannt Robert und Jean-Pierre müssten sich heute keine Sorgen mehr machen. Nach dem Zweiten Weltkrieg war der Truppenübungsplatz Münsingen von der französischen Besatzungsmacht übernommen worden, deren Militär sie seit 1957 dann zusammen mit der Bundeswehr genutzt hat. 1992 zogen die Franzosen aus Münsingen ab. Seit 2005 ist der Truppenübungsplatz auch von deutscher Seite aus aufgegeben. Mit der Liebe zu Münsingen wird es von Seiten der strafversetzen Franzosen wohl trotzdem nichts mehr. Wir treffen noch einmal auf Robert. Es ist Mittwoch. Da gibt es in der Boulangerie Les Tilleuls immer Kalbskopf, ein Lieblingsgericht von Robert und sonst kaum noch irgendwo zu finden. Wir kommen schnell wieder ins Plaudern. Ist Robert mal wieder auf die Alb gefahren? Nach Annecy, dahin sei er wieder gefahren, sagt er, aber nach «Mün-sing-gän»? Die einzige Sorge, die er hätte, würde er wieder in die Nähe von Münsingen kommen, wäre, genügend Benzin im Tank zu haben und möglichst schnell daran vorbeizukommen! Robert muss wieder zurück zu seiner Mauer. Hund Kiki hat inzwischen den Knochen, den er von Bernard bekommen hatte, restlos abgenagt. Schwanzwedelnd und sichtlich vergnügt zockelt er mit Robert wieder zu der Baustelle in einem der verwaisten Gärten. Ein Provenzale im Stechschritt – wirklich eine absurde Idee! ! MÄRZ / APRIL 2019
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Traumhafte Ausblicke ergeben sich von den bis zu 2200 Meter hohen Gipfeln in Ligurien © Hans Messmer
Ligurien – gut zu Fuß Wandern im Hinterland der italienischen Riviera: Hier stellt sich authentisches Lebensgefühl ganz von selbst ein. Von SUSANNE ALTWEGER-MINET
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opografisch ist Ligurien ein schmaler Streifen Land, der sichelförmig den Golf von Genua umspannt. Das sind etwa 300 Kilometer Küste, lang gezogene Gebirge bis zu 2200 Meter Höhe, knapp 70 Prozent Wald und einige kurze, meist in Canyons verborgene Flüsse. Im touristischen Urlaubsgedächtnis sind es lange Strände, ins Meer abfallende Hügel mit Tunneln und Autobahnbrücken, romantische Wanderwege in Cinque Terre; dazu Genüsse der regionalen Küche, gekrönt vom flüssigen Gold, dem Öl der Taggiasca-Oliven. So verdichtet, wird dies dem Hinterland nicht gerecht. An jeder Ecke bietet es reizvolle MÄRZ / APRIL 2019
Blicke auf malerische Bergdörfer, Eichenwälder oder Olivenhaine. Hier verbindet Ligurien Kultur, Tradition und Geschichte zum authentischen Lebensgefühl. Das spürt man am besten zu Fuß: mit guten Wanderkarten und GPS selbst organisiert – oder begleitet, mit einem Rundum-Sorglos-Paket. Um über Letzteres mehr zu erfahren, erkundige ich mich bei Lorenzo Gariano, einem beeindruckenden Kenner der Region, nach besonderen Highlights. Er bietet geführte Spaziergänge und Wanderungen an, Bergtouren und Bergsteigen in Ligurien, darüber hinaus Klettern in den Hochalpen und im Himalaja.
Touren für jedes Alter, jeden Fitness-Zustand
«Keine Sorge», meint er lächelnd, «es gibt Touren aller Schwierigkeitsgrade, angepasst an Fitness und Alter.» Einige Beispiele findet man in seinem Programm «Walking Liguria». Er führt persönlich Einzelne oder Gruppen und geht auf individuelle Interessen ein wie Flora und Fauna, Historie oder Kulinarik. Seine Vorschläge reichen von zwei- bis vierstündigen Spaziergängen bis zu mehrtägigen Wanderungen mit Übernachtungen. Die finden auch schon mal in Berghütten statt, deren Sammelunterkünfte zwar keinen Luxus bieten, dafür aber fröhliche Erinnerungen an Jugendherbergen. Wer Berührungsängste hat, wählt Zweibettzimmer. Gegessen wird regionale Kost in ausgewählten traditionellen Trattorien und Restaurants. In vergangene Zeit zurückversetzt fühlt sich, wer über alte römische Straßen oder Salzrouten läuft, vorbei an ländlicher Tradition wie den caselle, Unterkünften für Schafhirten, die es in dieser
Wanderführer Lorenzo Gariano © Gunthild Hartmann
Form nur in Ligurien gibt, oder mittelalterlichen Kirchen mit verblüffenden Fresken. In der Kategorie «leicht» beschreibt Lorenzo unter anderem den Weg um Santa Brigida, vorbei an alten Brücken bis hinunter ins RioMerea-Tal. Mit Liebhabern wild wachsender Orchideen wandert er im Frühling um Cervo. Kulturliebhaber führt er zur Villa Faraldi, die durch ihre Lage den Beinamen «kleines Athen» erhalten hat. Im Juli gibt es hier ein Theater-Festival; eine kleine Kolonie norwegischer Künstler hat sich angesiedelt. Und all denjenigen, für die Seborga ein Fremdwort ist, empfiehlt er eine ungewöhnliche Wanderung von der alten Zitadelle in Bordighera
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in das sieben Kilometer entfernte Mini-Fürstentum. Das gibt eigene Briefmarken und Münzen heraus, auch wenn der mittelalterliche Status nicht offiziell anerkannt ist. Schließlich sprudeln aus Lorenzo, der selbst gern Langstreckenläufe von mehr als 200 Kilometern bestreitet, noch die besonderen Herausforderungen: Der Weg über einige der höchsten Gipfel Liguriens und der angrenzenden Provinz Cuneo wie den Monte Mongioie (2630 Meter), den Pizzo d’Ormea (2480 Meter) oder den Monte Saccarello (2200 Meter). Das sind gute 45 Kilometer in zwei Tagen. Diese Tour macht er seit über zehn Jahren. Sie wird «Ligurian Seven Summits Challenge» genannt, angelehnt an Lorenzos Erfolg, 2009 die sieben höchsten Gipfel auf allen Kontinenten in einem Jahr erklommen zu haben («Seven Summits
Challenge»). Ultimativ wandert er mit den ganz Fitten den Ligurischen Höhenweg (Alta Via de Monti Liguri), fast 440 Kilometer von Ventimiglia nach La Spezia mit atemberaubenden Panaromablicken auf Meer und Berge.
Wandern auf dem Wasser: Canyoning
Für Abwechslung im Programm ist gesorgt. Wem die Berge zu hoch, die Wege zu lang sind, der geht aufs Wasser. Nein, nicht aufs Meer, sondern auf Flüsse. Auf Flüsse? «Die sieht man nicht», erklärt Lorenzo, «die sind versteckt in den stark bewaldeten Canyons wie dem Rio Santa Lucia bei Mendatica. Selbst im Sommer haben sie Wasser, das versickert ist, wenn die Flüsse am Meer ankommen.»
Südflimmern Ganz persönliche Einblicke ins ligurische Leben, Teil 18. In dieser Ausgabe: «Installazione asfalto» Von SUSANNE ALTWEGER-MINET
anch einer denkt, ein neon-quietsch-lautes Orange sei die Farbe der Niederländer. Für mich verbindet sie sich so sicher mit dem geliebten Italien wie das tiefe Blau des Meeres oder das Silbergrün der Olivenbäume. Orange ist die Farbe der provisorischen Bauzäune, die viel und häufig eingesetzt werden. Im Land wird immer gebaut, zumindest begonnen. Der erste Akt be-steht darin, eine Baugrube auszuheben, ein riesiges Schild anzubringen mit wissenswerten Informationen,
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dazu ein stilisiertes Gesicht mit abwehrender Hand, das an Edward Munchs «Schrei» erinnert. Damit man auch kapiert, dass man fernbleiben soll, wird die Baustelle vom orangen Plastikzaun umrundet. Und da steht er dann, sehr lange, denn nicht immer wird vollendet, was begonnen wurde. Irgendwann zerfranst ihn der Wind und verteilt die Plastikteile über Land und Meer, wo sie dann im Magen der Fische landen. So weit, so schlecht. Trotzdem ist er so unverwechselbar, dass ich ihn schon in meine private Liste abstrakter Kunst aufgenommen habe. Ebenso originell ist das buco (Loch). Auch flächendeckend über das Land verteilt, mit Vorliebe auf Straßen, deren Asphalt einen etwas härteren Winter nicht übersteht. Das buco wird durch seine Gestaltung leicht zu einem Kunstwerk für sich. Es wird sorgfältig gerahmt von blauen Schildern mit Pfeilen, die naive Autofahrer anweisen sollen, das buco zu umrunden und nicht reinzustürzen. Auf wundersame Weise drehen sich
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Ruhe und Kraft findet Lorenzo im Winter in Nepal und Indien sowie beim Bücherschreiben. Ob ihm bei seiner Arbeit als Bergführer langweilig werde, will ich wissen. «Nie», sagt er überzeugend. «Ich liebe die Wanderungen mit unterschiedlichsten Menschen aus aller Welt.» Dabei ist es ihm ein tiefes Anliegen, ihnen das Ligurien nahe zu bringen, das ihm so viel gegeben hat. In England als Kind italienischer Eltern geboren, brachten sie den schwachen, kränkelnden Siebenjährigen wegen des Klimas nach Imperia, wo er sich schnell erholte und seine Jugend verbrachte. Ganz aus sich heraus entdeckte er die Leidenschaft für die Berge. Autodidaktisch und mit Wintertrainings in schottischen Bergen, mit harter Arbeit und Disziplin erklomm er schwierigste Routen in aller Welt. !
diese Pfeile im Laufe der Zeit, und man wird wahlweise angewiesen, mitten in das Loch zu fahren oder es auf dem angrenzenden Steilhang zu umrunden. Das Loch hat es bei mir noch nicht in den Status des Kunstwerks gebracht, aber immerhin in den eines beliebten Fotomotivs. Im Smartphone hochgeladen, hat es schon für viele Lacher und Likes gesorgt. Solche Kleinigkeiten verärgern oder erheitern, verblassen aber gegen die Schönheit des Landes, die Freundlichkeit der Menschen, die Milde des Klimas und die wunderbare Wirkung der Mittelmeerdiät. Jede Anreise in die ligurische Wahlheimat lässt mein Herz höher schlagen, jede Abreise macht ein wenig traurig. Die Rückfahrt im Herbst machen wir uns daher durch kleine Highlights schmackhaft, sei es durch ein schönes Trüffelessen in Alba oder alle zwei Jahre durch den Besuch der Biennale in Venedig. Für mich als gelernte Kunstgeschichtlerin ein absolutes Muss, für meine bessere Hälfte anfangs ein eher pflichtschuldig absolvierter Termin, nach dem Motto: «Wenn es meine Frau glücklich macht und ich abends in einer schönen Trattoria belohnt werde, dann ist das halb so schlimm.» Nach und nach entwickelte sich der anfängliche Kunstbanause zum Connaisseur. Die bei mir nicht sehr beliebte Frage «Was will uns der Künstler damit sagen?» wich
immer mehr einem vertieften Kunstverständnis. Vor zwei Jahren wurde dies auf eine harte Probe gestellt. Wir waren schon ziemlich lange unterwegs, hatten Pavillon für Pavillon wissbegierig abgearbeitet, und auf den letzten Metern im Arsenale stellte sich schon eine gewisse Müdigkeit ein. Wir schlurften mehr als wir gingen, was zu einem plötzlichen Stolperer führte. Verdutzt guckten wir auf den Boden, in dem sich ein veritables Loch befand. «Ist das jetzt auch Kunst?» fragte der Schüler die vermeintliche Meisterin. «Ach was, das ist italienische Schlamperei», war meine vernichtende Antwort. Gefehlt. Mit schlaffer Geste, aber triumphierend zeigte er auf ein Schild: «Installazione asfalto.» Und dann murmelte er etwas wie: «Italien ist also ein Gesamtkunstwerk.» Und so fahren wir Jahr für Jahr wieder geduldig um die Löcher herum und versuchen die hässlichen Bauzäune inklusive Ruinen zu übersehen. Wir konzentrieren uns auf das Schöne in diesem wundervollen Land, auch wenn es für uns unbegreiflich und manchmal sehr unvollkommen ist. Doch das gibt den Stoff, aus dem die Anekdoten sind. Mit dieser Liebeserklärung verabschiede ich mich von meiner regelmäßigen Kolumne. Das «Südflimmern» in mir aber bleibt – wie auch andere Beiträge für die RivieraZeit.
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GOLF
Golfplatz-Check: DOMAINE DU CHÂTEAU DE TAULANE
Natur pur – wild, romantisch und diese Ruhe! Bereits Napoleon hat nach seiner Landung im Hafen des Küstenstädtchens Golfe Juan im Jahre 1818 diese Route nach Norden gewählt. Er wollte nach Paris – und ich habe mich genau 200 Jahre später auf den Weg gemacht, den nördlichsten Golfplatz an der Côte d’ Azur zu suchen.
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ie Fahrt zur Domaine du Château de Taulane geht durch eine atemberaubende Landschaft mit größeren Dörfern und kleineren Weilern, vorbei an riesigen kargen Bergmassiven und über die Pässe Col de Pilon mit 795 Metern und Col de Val Ferrière mit 1169 Metern. Nach etwa einer Stunde Fahrzeit von der Küste erreiche ich ein riesiges grünes Hochtal, umgeben von bewaldeten Berghängen mit artenreichster Vegetation, soweit das Auge reicht. Hier in 1000 Metern Höhe, unweit der Route Napoléon, muss er sein, der Golfplatz. Und schon passiere ich das Tor der Domaine du Château de Taulane. Was mich von Beginn an fasziniert, ist die perfekt arrangierte Pflanzenwelt, ob am Parkplatz oder an den Clubgebäuden und später auf dem gesamten Platz. Der erste Blick über einige Bahnen auf dem von Gary Player 1992 designten Platz macht mich sehr neugierig, ebenso
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wie das Clubhaus mit seinem schönen Restaurant und dem großzügig angelegten Umkleide- und Duschbereich. Alles aus feinstem Holz, perfekt inszeniert und gepflegt. Empfangen werde ich von dem sehr freundlichen Caddymaster Karim, der mir anbietet, mich einem anderen Flight anzuschließen. So habe ich das Glück, mit zwei tollen Menschen aus Hamburg zu spielen. Corinna und Bernd haben den Platz am Tag zuvor schon getestet und können mich mit ihrer Erfahrung gut beraten. Was sich leider nicht auf mein Spiel und Ergebnis auswirkt – obwohl die beiden sich wirklich alle Mühe geben! Der Par-72-Platz mit seinen rund 5700 Metern (gelb) fasziniert mich vom ersten Loch an. Man merkt sofort, dass beim Bau dieses Platzes viel Gelände zur Verfügung stand. Die Bahnen sind perfekt in die wunderschöne Natur integriert. Unterschiedlicher können die Löcher nicht sein – sowohl von
der Vegetation als auch vom sportlichen Anspruch. So kommt man von kurzen, trickreichen Par-4-Löchern plötzlich auf wunderschöne Parklandbahnen mit großen Kiefergehölzen und breiten Fairways. Das Putten auf den perfekt gepflegten Grüns macht besonders viel Freude. Vorgrüns und Puttinggrüns sind nun mal die pflegeintensivsten Teile eines Golfplatzes. Anlagen auf diesem Niveau sucht man auf vielen Plätzen vergeblich. Taulane hat die Bewertung als einer der 20 besten Golfplätze in Frankreich mehr als verdient! Ich könnte jede einzelne Bahn beschreiben und analysieren, was je nach Tagesform anders ausfallen würde. Schöner und erlebnisreicher für den Golfer ist es, diesen wunderschönen Platz mindestens zweimal zu spielen, um ihn zu verstehen und in seiner ganzen Vielfalt zu erfassen. Machen Sie sich auf den Weg, wenn Sie Lust auf einen entspannten und romantischen Golftag in purer Natur haben! !
UNSER GOLFKOLUMNIST RAIMUND THEOBALD
Jahrgang 1956, seit 1992 leidenschaftlicher Golfer, Frankreichliebhaber in jeglicher Form: Menschen, Essen, Wein, Kultur, Provence, Côte d’Azur.
DOMAINE DU CHÂTEAU DE TAULANE D6085 Le Logis du Pin 83840 La Martre Anmeldung: +33 (0)4 93 60 31 30 resagolf@chateau-taulane.com www.chateau-taulane.com
Der Platz
18 Loch – Par 72 Längen von den verschiedenen Abschlägen: >6178 m Weiß >5728 m Gelb >5350 m Blau >4897 m Rot Drivingrange, Putting- und Chipping-Grün sehr großzügig angelegt. Viele Trainingsmöglichkeiten sowie ein 5-Loch-Compact-Parcour. Clubhaus mit Restaurant, Terrasse und Proshop. Greenfee für 18 Loch 100 € in der Hauptsaison (Juli/August) und 75-85 € in der Nebensaison. Der Platz ist von März bis Oktober geöffnet.
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NAUTIK
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Die Magie der Zwölfer Kleine «Schwester» der J-Class-Yachten im Aufwind Von GERHARD STANDOP
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egegnet man in den Riviera-Häfen oder auf See schlank geschnittenen, etwa 20 Meter langen Segelyachten mit sehr viel Segelfläche und im Segel einer «12» mit waagerechtem Strich darunter, dürfte es sich um die Klasse der sogenannten Zwölfer handeln. Ihr majestätischer Anblick erzeugt bei Fachleuten wie Zuschauern gleichermaßen Bewunderung. Was macht diese Boote so interessant? Schon vor gut hundert Jahren fanden es Adel, Politiker und Geschäftsleute schick, sich gegeneinander im Segelsport zu messen. Für den Yachtbau gab es bald bestimmte Regeln für unterschiedliche Bootstypen und -größen, damit man einigermaßen gerecht gegeneinander segeln konnte. Eine dieser Regeln war die International Rule, und innerhalb dieser gewann die 12mR-Klasse, kurz «Zwölfer» genannt, schnell an Beliebtheit. Die handlichen Yachten waren in ihrer Form den riesigen JClass-Booten, die vor dem Krieg den America’s Cup ausgetragen hatten, sehr ähnlich – nur etwa halb so groß und noch einigermaßen bezahlbar, relativ gesehen. Es waren sowohl schnelle Regattaboote als auch geräumige Fahrtenyachten für die ganze Familie, zu segeln mit kleiner Crew. Gut 300 Boote wurden gebaut, wenigstens 190 davon sind noch erhalten. Die älteste noch intakte 12mR-Yacht, die Cintra von 1909, segelt – mit Heimathafen Kiel – regelmäßig in der Ostsee. In den letzten Jahrzehnten haben sich drei große Zwölfer-Flotten gebildet, jeweils eine vor den amerikanischen NeuenglandStaaten, Skandinavien und Deutschland sowie rund ums Mittelmeer. In diesem Jahr wird die Weltmeisterschaft der Zwölfer in den USA ausgesegelt. Von den etwa 28 Startern reisen voraussichtlich sieben aus Europa an, davon drei von der französischen und italienischen Riviera: Nyala (Segelzeichen US12) und Kookaburra II (KA12), beide von Prada-Chef Patrizio Bertelli, und Kookaburra III (KA15). Auch Ikra (KA3), die Mitbegründerin der Voiles de Saint-Tropez, sowie die Boote France (F1), Emilia (I2) und Seven
Mehr zum Thema unter www.standop.net/voiles © Gerhard Standop
Seas (US9) sind häufig Gast in den RivieraHäfen. Halten Sie einmal Ausschau! Die Zahl der restaurierten Yachten wächst ständig, und längst haben finanzkräftige Investoren und Enthusiasten die Zwölfer wieder als gutes Mittel zum sportlichen Segeln, als Incentive-Angebot oder zu Werbezwecken für die eigene Firma entdeckt. Vor dem Krieg waren die Zwölfer olympische Klasse, und von 1958 bis 1987 wurde die Klasse als Regattaboot für den America’s Cup ausgewählt und durfte so bei immerhin zehn Cup-Wettbewerben einen gehörigen Aufschwung erleben. In Frankreich gab es in den 1970er-Jahren eine Kampagne unter der Führung des Barons Marcel Bich, des Erfinders der berühmten BIC-Kugelschreiber und -Feuerzeuge. Er ließ unter anderem die Boote Chancegger (F4) und France (F1) bauen und kaufte noch die gebrauchten Yachten Kurrewa V (die dann in Ikra umbenannt wurde), Sovereign sowie die amerikanische Constellation als Sparringspartner. Schließlich wurde France als das beste Boot des französischen Syndikats ausgewählt und musste gegen die australische Gretel um das Recht der Herausforderung antreten, unterlag dort aber mit 0:4. Eine der vielen technischen Innovationen, die schon immer und regelmäßig dem Ame-
rica’s Cup entsprangen, ist der Flügelkiel, erstmals bei der Australia II eingebaut, die 1983 den Wettbewerb – als erstes nichtamerikanisches Boot in der Geschichte des AC – gewann und den Amerikanern den Pokal abjagte. 1987 kam die Revanche, und der amerikanische Zwölfer Stars & Stripes mit «Mister Americas’s Cup» Dennis Conner am Ruder holte den Pokal zurück nach New York. Das Interesse an der über hundert Jahre alten 12mR-Klasse hält ungebrochen an. 2015 lief in der Flensburger Werft Robbe & Berking Classics mit der Siesta ein nagelneues Boot vom Stapel, der letzte Entwurf (1939) aus der Feder des berühmten norwegischen Konstrukteurs Johan Anker. Anker hat übrigens auch die beliebte DrachenKlasse entworfen, die sich im Oktober jedes Jahres in Saint-Tropez zur Regatta trifft. Ebenfalls bei Robbe & Berking Classics wartet der erhaltene Rumpf der Gretel auf eine Restaurierung. Das Wrack der Jenetta von Alfred Mylne kam in Einzelteilen im Container aus Kanada in die gleiche Werft. Ob man wirklich von einer Restaurierung dieses Bootes sprechen darf, wenn nur der Kiel noch einigermaßen original ist? Jedenfalls wird noch in diesem Frühjahr die neue Jenetta zu Wasser gehen und sich unter die Regattaszene der Zwölfer mischen. ! MÄRZ / APRIL 2019
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NATUR
Perfekt für eine Wanderung in der kühleren Jahreszeit: das Estérel-Gebirge zwischen Var und Alpes-Maritimes © AS
Einmal quer durch! Tipp für Wanderer: ein Traumtag im Estérel ier sterben die Alpen in Würde … sagte einst Victor Hugo, und wie Recht er hatte! Schon eine Autofahrt auf der Corniche d’Or zwischen Théoule-sur-Mer und Saint-Raphaël ist immer wieder ein Highlight. Noch intensiver aber wird das Natur-Erlebnis im roten Fels des Estérel-Gebirges beim Wandern. Dafür ist das Winterhalbjahr ideal: Wenn’s im Hinterland frisch wird, sorgt die Meernähe hier für angenehme Temperaturen. Im Sommer dagegen kann es unerträglich heiß werden – da sind die kleinen Badebuchten am Fuße des Vulkangesteins, das ins Meer abtaucht, einem Fußmarsch eindeutig vorzuziehen. Der Frühling (wie der Herbst) ist – wie für so vieles an der Côte d’Azur – die allerbeste Jahreszeit für eine ausgedehnte Wanderung! Aus jeder Richtung führen Fußwege in den knapp zur Hälfte als Naturschutzgebiet deklarierten 32 000-Hektar-Park; Autos dringen nicht vor bis ins Herz des Massivs. Wanderführer beschreiben schöne Touren, aber wer gut zu Fuß ist, kann sich auch einfach treiben lassen. Durch den Meer- oder Alpenblick, den man immer wieder erhascht, fällt die Orientierung nicht schwer. Außerdem sind die Wege gut beschildert.
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Als Tagesausflug für Wanderfreudige empfehlen wir: einmal quer durchlaufen! Zum Beispiel so: Auto am Bahnhof in Théoule parken, Zug nehmen bis Agay (Achtung, fährt nur alle zwei Stunden!) und von dort per pedes mitten durch die Felsen zurück zum Ausgangspunkt. GoogleMaps gibt die Strecke vor (Einstellung «Fußgänger»). Ohne Abstecher macht das
ziemlich genau 20 Kilometer. Mit Kindern zwischen 7 und 13 im Schlepptau hat unser TestTeam in gemütlichem Tempo und mit ausführlichem Picknick die Strecke in gut sieben Stunden bewältigt. Größere Anstiege kann man mitnehmen, kann sie aber genauso gut umlaufen. Es geht durch traumhafte Schluchten, über dünne Bächlein, manchmal wähnt der Wanderer sich fast in Kanada … Auch, wer das Estérel gut zu kennen glaubt, wird unentdeckte Ecken erleben. Und beim nächsten Mal lässt sich das Pferd auch andersherum aufzäumen: Start mit dem Zug in Agay, Rückmarsch ab Théoule. AS !
Mit Kindern im Schlepptau mitten durch: In sieben gemütlichen Stunden gelangt man ans Ziel © AS
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Weg von Kunststoff
PLASTIKTABU IN MONACO
as Fürstentum zieht es durch: Seit dem 1. Januar sind hier, noch vor der Europäischen Union, Trinkhalme aus Plastik sowie Plastik-Rührstäbchen verboten. Bereits seit 2016 verbietet Monaco Einwegplastiktüten. Die Reduzierung von Plastikmüll sei zum einen wichtig, um den Ausstoß von Treibhausgasen zu verringern, die bei seiner Verbrennung entstehen, so Ministerin Marie-Pierre Gramaglia. Zum anderen verursachten Mikropartikel aus
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Umweltfreundliches Hotelmanagement
GLAMOUR UND GRÜN " DAS GEHT!
DAS MARTINEZ MACHT ES VOR
ken unerlässlich. Für 40 Prozent der unter 20Jährigen ist für die Wahl des Urlaubsziels entscheidend, ob es sich gut auf Instagram machen wird … !
© Monaco DTC
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Kunststoffen 75 Prozent der Meeresverschmutzung. Monacos Umweltministerium vergibt seit 2014 das Öko-Label «Commerce engagé» (engagierter Handel). In diesem Jahr wird ein Äquivalent für Restaurants eingeführt, «Restaurant engagé», das sich vor allem an Restaurants mit Mahlzeiten zum Mitnehmen richtet: Sie sollen unter anderem dabei unterstützt werden, Alternativen zu PlastikEinweggeschirr und -Besteck anzubieten. !
Öko auf Instagram
lamour und Nachhaltigkeit brauchen sich nicht auszuschließen. Die neue digitale Kampagne des monegassischen Tourismusamtes (DCT) und seines Pendants an der Côte d’Azur (Comité Régional du Tourisme) macht es vor: «Green is the new glam» lautet das Motto. Bei einer Afterwork-Party am Hafen des Fürstentums wurde die Devise erfolgreich zelebriert: Innerhalb weniger Stunden wurde 1000-mal der Hashtag #mcgreenglam mit einem 3,29-Millionen-Publikum geteilt. Damit das Statement bei den Touristen ankommt, ist das Nutzen von sozialen Netzwer-
UMWELT
Fahrrad-Stadt
DURCH CANNES AUF ZWEI RÄDERN it dem Fahrrad zur Arbeit oder in den Supermarkt – Cannes’ Bürgermeister David Lisnard macht es möglich. Nun hat die Gemeinde 125 neue Fahrradständer an 14 verschiedenen Orten aufge-
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stellt, darunter 20 am Palais des Festivals vor dem Casino. Ziel ist es, das Fahrradfahren zu fördern, ein Projekt, das die Stadt seit 2014 intensiv vorantreibt. So wurden neue Fahrradwege und -streifen angelegt (auf einer Länge von insge-
samt 13,4 Kilometern) und die Maximalgeschwindigkeit auf zahlreichem Straßen auf 30 km/h begrenzt – zur Sicherheit der Radler. Außerdem haben mehr als 300 Bürger finanzielle Unterstützung beim Kauf eines Elektrorades erhalten. !
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Monaco subventioniert
ELEKTRISCH LOHNT SICH onaco hat zum 1. Januar die Subventionen für den Kauf von Elektrofahrzeugen erweitert. Ab sofort wird auch der Kauf von Elektrofahrrädern mit einer Leistung von bis zu 250 Watt unterstützt: Bis zu 30 Prozent des Kaufpreises gib der Staat dazu, maximal jedoch 400 Euro. Die
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as im vergangenen Jahr aufwändig renovierte Hotel Martinez in Cannes glänzt nicht nur wegen seiner fünf Sterne. Es ist kurz davor, den «Green Globe»-Platinstatus zu erhalten. Das amerikanische Label setzt auf Kriterien wie den Respekt vor der Umwelt und die Weiterbildung des Personals. Seit 2015 ist das Luxushotel für sein umweltfreundliches Management mit dem Goldstatus ausgezeichnet. Es hat dafür in Renovierungsarbeiten und neue Technologien investiert, aber auch Maßnahmen wie die Umstellung auf eine lokalere Küche und die Reduktion des Papierverbrauchs zählen zu den Initiativen. !
Obergrenze der Beitragshilfen für Elektroautos steigt von 9000 auf 10 000 Euro und von 8000 auf 10 000 Euro für Hybride, die weniger als 21g/km an CO2 ausstoßen. Um auch Taxifahrer oder Transportfirmen zum Nutzen ökologischer Alternativen zu motivieren, profitieren diese von einer zusätzlichen Hilfe von 3000 Euro. !
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GOURMET
Paukenschlag und lange Gesichter Michelin-Sterne im Süden Von AILA STÖCKMANN
Er hat gut lachen: Mauro Colagreco erhielt in seinem Restaurant «Mirazur» in Menton einen dritten Stern © Fabien Prauss
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ekordverdächtige 632 Restaurants dürfen sich 2019 frankeichweit mit einem, zwei oder drei der begehrten Michelin-Sterne schmücken. Wie gewohnt lüfteten die Restaurant-Kritiker Ende Januar in Paris das wohlgehütete Geheimnis um die neuen Stars am Gastronomie-Himmel. Insgesamt leuchten in diesem Jahr 75 neue Sterne: Zwei Restaurants zieren nun drei statt bislang zwei Sterne, fünf erhielten ihren zweiten Stern und 68 neue Top-Restaurants wurden mit einem Stern dekoriert.
Mehr Frauen im Spitzengeschäft
Hervorgehoben hat die neue Chefin des roten Führers, Gwendal Poullennec, dass mehr Frauen denn je ihren ersten Stern erhalten hätten und mit Stéphanie Le Quellec in Paris («La Scène») immerhin eine Köchin sogar ihren zweiten Stern. Mehr als eine Handvoll frisch ausgezeichneter Frauen sind es allerdings auch diesmal nicht. Im Süden bleibt die Szene fest in Männerhänden. Die kreativsten sind die des gebürtigen Argentiniers mit italienischen Großeltern, Mauro Colagreco, in Menton. Im vergangenen Jahr von «The World’s 50 Best Restaurants» als drittbeste Location der Erde in den Himmel gelobt, schlossen sich die Kritiker von Michelin diesem Urteil an, indem sie dem 42-Jährigen mit drei Sternen das bestmögliche Zeugnis ausstellten. Colagrecos Lokal zählt damit zur Riege der nur 27 höchstdekorierten Gourmet-Tempel im ganzen Hexagon. 2007, kaum ein Jahr nach der Eröffnung seines «Mirazur» an der Grenze zu Italien, hatte der Koch seinen ersten Stern erhalten. 2012 folgte der zweite. Dabei hatte es sein Restaurant allein aufgrund seiner Lage nicht allzu leicht: Trotz Meerblicks befindet es sich weit ab vom Schuss oberhalb der Küste, Avenue Aristide Briand, und das
Weitere Sterne für den Süden
Neben Colagreco durfte sich im Süden Alexandre Mazzia («La Table AM») in Marseille über ein Upgrade freuen; sein Lokal zählt nun zu den frankreichweit 85 Restaurants mit zwei Sternen. In Bandol im Var eroberte Jérémy Czaplicky mit seinem «L’Olivier de l’Ile Rousse» seinen ersten Stern ebenso wie José Bailly mit «La Terrasse» in Saint-Raphaël. Neu mit einem Stern dekoriert wurde im Departement Alpes-Maritimes nur das Restaurant «Quintessence» von Christophe Billau am Col de la Cayolle, hoch oben im Mercantour, kurz vor dem Skigebiet Valberg – wobei der Koch bereits in seinem vorigen Lokal im wenige Kilometer entfernten Roure zu den Michelin-gekürten chefs zählte. Monaco schließlich darf sich eines weiteren Sterne-Etablissements rühmen: Der «Grill» in der achten Etage des neu renovierten Hôtel de Paris (siehe auch Seite 48) hat sich unter der Regie von Franck Cerutti diese Auszeichnung erarbeitet. Lange Gesichter unterdessen im Westen der Alpes-Maritimes: Christophe Poard, der ehedem neue chef im «Le Park 45» in Cannes, verliert den vorhandenen Stern, und zwei Lokale büßen ihren zweiten Stern ein – «L’Oasis» in Mandelieu-La-Napoule (ebenfalls nach einem Koch-Wechsel) sowie «La Paloma» (Nicolas Decherchi) in Mougins. Kurz nach Veröffentlichung des neuen Guide Michelin verlautete aus Cannes, dass Hervé Busson, zuvor Vize, den degradierten Christophe Poard als Chefkoch im «Park 45» ablöst. Auch im Nachbardepartement Var dürfte die Veröffentlichung des Guide für Enttäuschung gesorgt haben: Paul Bajade verliert in seinem «Les Chênes Verts» im Bergdorf Tourtour den Stern, den er über 40 Jahre verteidigt hatte. Ebenfalls ohne MichelinAuszeichnung stehen nunmehr das «Le Castellaras» in Fayence und die «Villa Belrose» in Saint-Tropez da. !
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Restaurants mit einem Stern:
Les Pêcheurs - Antibes La Table de Patrick Ringeard - Eze Bord-de-Mer Les Bacchanales - Vence Jan - Nizza La Passagère - Juan-les-Pins Alain Llorca - La Colle-sur-Loup Paloma - Mougins Restaurant des Rois - Beaulieu-sur-Mer Les Terralliers - Biot L’Oasis - La Napoule Le Cap – Saint-Jean-Cap-Ferrat Le Candille - Mougins Le Saint-Martin - Vence La Bastide Saint-Antoine - Grasse Elsa – Roquebrune-Cap-Martin L’Aromate - Nizza Le Figuier de Saint-Esprit - Antibes Lou Cigalon Maison Martin - Valbonne Clovis – Tourettes-sur-Loup Le Clos Saint Pierre - Le Rouret L’Auberge Quintessence - Roubion
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Restaurants mit zwei Sternen:
Le Chantecler - Nizza Villa Archange - Le Cannet Hostellerie Jérôme - La Turbie Flaveur - Nizza La Chèvre d’Or - Eze La Palme d’Or - Cannes
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Restaurant mit drei Sternen: Le Mirazur - Menton VAR
Von AILA STÖCKMANN
Ganze in einem Ort, der nicht gerade als kulinarische Hochburg von sich reden macht. Nach Bekanntgabe der Ergebnisse in Paris war der Italo-Argentinier beinahe zu Tränen gerührt. Er ist der erste Nicht-Franzose, der auf französischem Boden drei Sterne erzielt. Glückwünsche von allen Seiten ließen nicht lange auf sich warten. So sagte etwa David Lisnard, Bürgermeister von Cannes und Tourismus-Chef der Côte d’Azur, man sei «extrem stolz», mit Mauro Colagreco – der kürzlich sein Restaurant «Estivale» am Flughafen Nizza (Terminal 2) eröffnet habe – über einen Botschafter der hiesigen Gastronomie-Szene zu verfügen. Der RivieraZeit hatte der bescheidene Koch übrigens vor drei Jahren im Interview gesagt, er träume nicht von einem dritten Stern, sondern arbeite ausschließlich für die Zufriedenheit seiner Gäste.
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Restaurants mit einem Stern:
Hostellerie Bérard - La Cadière d’Azur Bruno - Lorgues Faventia - Tourettes Les Oliviers - Bandol Le Jardin de Benjamin - Lorgues Hostellerie de l’Abbaye de la Celle - La Celle Hostellerie Les Gorges de Pennafort - Callas La Voile - Ramatuelle Le Relais des Moines - Les Arcs L’Olivier - Saint-Tropez La Palmeraie - La Croix-Valmer L’Olivier - Hyères La Rastègue - Bormes-les-Mimosas La Terrasse - Saint-Raphaël
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Restaurants mit drei Sternen:
Christophe Bacquié - Le Castellet La Vague d’Or - Saint-Tropez MONACO
Freud und Leid lagen in Südfrankreich eng beieinander, als die Namen der neuen (und alten) Superköche bekannt gegeben wurden. Der Paukenschlag an der Côte d’Azur: Mauro Colagreco holte sich Stern Nummer drei für sein «Mirazur» in Menton. Besonders in und um Cannes hingegen waren einige Gesichter lang.
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Restaurants mit einem Stern:
Le Vistamar Le Blue Bay Le Grill Yoshi
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Restaurant mit zwei Sternen: Joël Robuchon
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Restaurant mit drei Sternen: Le Louis XV
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Gut & günstig
L’Amandier de Mougins - Mougins Fine Gueule; Au Rendez-vous des amis; Bistrot d’Antoine; La Merenda; Olive et Artichaut - Nizza
Neu im Var:
Mimosa - Bormes-les-Mimosa La Grange des Agapes - Cogolin L’Arum - Hyères Le Clos Pierrepont - Montferrat Le Local - Toulon
Michelin vergibt seine «Bibs Gourmands»
Erneut dabei:
Frisch ausgezeichnet mit einem «Bib Gourmand»: das vor gut einem Jahr neu eröffnete «Lougolin» in Grasse © DR
edes Jahr kurz vor der Enthüllung der Riege der neuen Sterne-Köche veröffentlichen die Gastro-Kritiker von Michelin die Liste der mit dem «Bib Gourmand» bedachten Restaurants. Im Var und den Alpes-Maritimes dürfen sich 2019 neun Lokale erstmals mit der Auszeichnung schmücken. Dort erhält der Gast gehobene Küche zum attraktiven Preis. Tatsächlich kosten Menüs in den Restaurants mit Bib Gourmand nicht mehr als 33 Euro (Paris: 37 Euro). Frankreichweit verdienen in diesem Jahr nach Meinung der Michelin-Kritiker 604 Restaurants
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das Label «Bib Gourmand» – darunter 67 Neuentdeckungen.
Neu in den Alpes-Maritimes:
La Table de la Réserve - Beaulieu-sur-Mer Lougolin - Grasse Vegan Gorilla - Nizza Les Plaisirs - Peillon
Erneut dabei:
Café de la Fontaine - La Turbie Bistrot des Anges; Bistrot Saint-Sauveur - Le Cannet Bistrot du Clos - Le Rouret
L’Espérance - Bandol Auberge La Cauquière - Beausset La Table d’Yves - Fayence Le Nid - Flayosc L’Amandier - Fréjus Bello Visto; La Verdoyante - Gassin La Colombe - Hyères Le Relais des Maures - Le Rayol-Canadel Le Bistrot de Benjamin (Château de Berne) Lorgues La Roquette - Rians Les Voiles - Saint-Raphaël La P’tite Cour - Sanary-sur-Mer Chez Hugo - Seillans Carré 2 Vigne - Toulon La Table - Tourtour
Wofür steht eigentlich «Bib Gourmand»?
Bib ist die Abkürzung für Bibendum – und dieser Begriff wiederum (lange Geschichte!) hat sich eingebürgert als Name für das MichelinMännchen, das Maskottchen jenes Reifenherstellers, auf den Frankreichs renommiertes Gastro-Kritik-Universum zurückgeht. !
Das Öko-Restaurant «Vegan Gorilla» in Nizza wurde ebenfalls für seine gute, kreative Küche zu humanen Preisen ausgezeichnet © DR
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«Molo 56» in Pietra Ligure
Sterneverdächtig
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Was im «Molo 56» serviert wird, macht jedem Sterne-Restaurant Konkurrenz. Nur die Preise, die unterscheiden sich gehörig. Von PETRA HALL - Fotos RENATO SENTINATO
1 "Foto 1 Die Frittura Mista ist ein absolutes Must
"Foto 2 Cannolo Siciliano ... hmmmh!
"Foto 3 Geschäftspartner Filippo Rognoni, Küchenchef Giulio Santinato, Agata d’Anna, Giulios Assistentin und Verlobte Sara (v.l.)
as Konzept stand schon lange fest: Pino, Pizzabäcker aus Salerno, und Agata d’Anna, Tourismus-Fachfrau aus Pietra Ligure, wollten ein Restaurant, das sich von allen anderen unterschied. Das ist ihnen gelungen. Die Idee: eine Pizzeria und ein ristorante mit eigener Identität – unter einem Dach. Keine klassischen Gerichte, kein Touristiklokal. Nein, eine authentische, in Ligurien und Sizilien verwurzelte Küche, aber bereichert mit Feingefühl, Raffinesse und Phantasie. «Bei uns gibt es keine Massenabfertigung, hier genießt der Gast in aller Ruhe, was er ausgewählt hat», sagt Agata. Pino und Agata kennen sich seit dem Teenageralter. Im Jahr 2012 erspähte Pino das Lokal wenige Schritte vom Meer und war hin und weg: Das musste es sein! Zusammen mit Freunden erstand das Paar die ziemlich heruntergekommenen Räumlichkeiten, renovierte sie von Grund auf und nannte das fertige Restaurant «Molo 56», nach Pinos Geburtsjahr. Im Sommer 2013, nach einem furchtbaren BürokratieMarathon, konnten sie endlich loslegen. «Wir sind ins kalte Wasser gesprungen», erinnert sich Agata. Klar, Pizza und sterneverdächtige Gerichte gleichzeitig anzubieten, war ein Risiko. «Aber unsere Gäste waren von Anfang an begeistert.» Natürlich folgt die Speisekarte den Jahreszeiten, natürlich werden nur Produkte erster Qualität wie mediterraner Fisch in der winzigen Küche verwendet. 40 Plätze gibt es drinnen, im Sommer sind es draußen auf der Terrasse immerhin 80. «Da müssen wir ganz schön ran», sagt Agata, die auch gern Gemüse und essbare Blüten von biodynamischem Anbau aus dem nahen Tal Bottasana auf den Teller bringt. Sie schwärmt
für Innovationen, der originale Geschmack der Zutaten darf jedoch nicht verloren gehen. Da trifft es sich gut, dass ihr gastronomisches Konzept auf gleicher Wellenlänge mit dem von Koch Giulio Santinato liegt. Der erst 25-jährige Küchenchef stammt aus dem benachbarten Dorf Calice und verwöhnt die Gäste mit seinem Talent nach Strich und Faden. Nochmal zurück zu den Preisen: Vorspeisen wie Tartare di Pescato con crema di burrata e miele al Wasabi – ein unglaublicher Gaumengenuss für Liebhaber von rohem Fisch – kosten um die 16 Euro. Der erste Gang – zum Beispiel Spaghettoni Artigianali oder Ravioli di Pesce San Pietro 18 beziehungsweise 15 Euro, die zweiten Gänge bewegen sich zwischen 18 und 22 Euro. Die Frittura Mista ist das absolute Must und ein Renner der Speisekarte. Fisch und Garnelen werden in bestem Öl frittiert, das sehr häufig gewechselt wird und damit für gute Verträglichkeit sorgt. Pappsatt? Macht nichts! Denn so schnell kommt man an ein Dessert wie im Molo 56 nicht mehr ran! Allora buon appetito! !
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Restaurant im Industrie-Design © DR
Romain Fayas (r.) und sein Geschäftspartner Jérémy Gaspard © AS
Erst die Arbeit ... ... dann das Gourmet-Essen: Kochen mit Spaß lautet die Devise in diesem etwas anderen Lokal Von AILA STÖCKMANN
Das Fleisch hatten die Jungs bereits vorbereitet © AS
Vorspeise Ceviche – von den Gästen gezaubert © AS
in normales Restaurant sieht anders aus: Im Herzen der «Kitchen’s Fabrik» in Nizza-Nord steht eine übergroße Kochinsel mit zwölf Arbeitsplätzen. Der lässig-modern und doch liebevoll gedeckte Tisch wartet etwas abseits auf seinen Einsatz. Denn der Gast muss sich seine Mahlzeit hier erstmal erarbeiten. Was Romain Fayas und sein Geschäftspartner Jérémy Gaspard weit entfernt vom quirligen Zentrum der Stadt betreiben, ist weder Restaurant noch Kochschule. Als «dîner participatif» bezeichnen sie ihr Konzept, als Abendessen also, das gemeinsam zubereitet wird. Jede Menge kleine Tipps verraten die Profis nebenbei, aber tatsächlich geht es mehr um eine gute Zeit gemeinsam als um Grammzahlen und Garzeiten. Zwölf Lehrlinge stehen an diesem Abend rund um die Arbeitsfläche, ein jeder mit großer Schürze um den Hals. Schneidebrett und scharfe Messer liegen bereit. Romain erklärt, was heute auf dem Speiseplan steht: Peruanisch wird es werden; amuse-bouche,
Hauptspeise und Nachtisch hat er mit Jérémy bereits vorbereitet. Gemeinsam werde man die Vorspeise herrichten. Schließlich soll der Spaß am Abend nicht durch zu viel Arbeit gefährdet werden. Eine bis anderthalb Stunden kochen, dann wird geschlemmt – so lautet die Faustformel, wobei üblicherweise der Kunde die Menü-Richtung vorgibt. An den Schneidebrettchen wird’s nun ernst: Das als peruanisches Nationalgericht geltende Ceviche fällt in den Aufgabenbereich der Gäste. Die Basis ist roher, in kleine Stücke geschnittener weißer Fisch, dazu wird eine Marinade aus Limettensaft, Knoblauch, Ingwer und Koriander mit Minimaiskolben, Zwiebelringen und – vor allem fürs Auge und weil sie schön knackig sind – Granatapfelkernen benötigt. Jedes Zweierteam am Brett muss schnippeln; die kleinen Maiskolben gebe es übrigens im Asialaden zu kaufen, sagt Romain, während er zeigt, wie die Fingerkuppen beim Zwiebelschneiden unversehrt bleiben (Finger der «Zwiebel-Haltehand» krümmen, so dass die vorstehenden Knöcheln das Messer runter in die Zwiebel statt in die Finger leiten). Beim
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Knoblauch unbedingt die schlecht verdaulichen Samen aus der Mitte rausnehmen und den Ingwer, bitteschön, in Faser-Richtung schneiden – so tue man sich leichter. Die Kräuter holen die Köche im feuchten Geschirrtuch aus dem Kühlschrank: Omas Trick zum Frischhalten kennen natürlich auch Profis wie Romain und Jérémy. Die Limette schließlich wird mit einer verkehrt herum gehalten Reibe von unten geraspelt. Die Zeste bleibt dadurch oben auf der Reibe liegen und kann anschließend verteilt werden. Das Weiße zwischen Schale und Fruchtfleisch sei unbedingt zu meiden – zu bitter! Dann geht’s an den Fisch. «Je frischer er ist, desto schwieriger wird das Entgräten», erklärt Romain, der sein Handwerk bei Sterneköchen gelernt hat, ehe er entschied, sein eigenes Ding jenseits des üblichen Restaurantbetriebs aufzuziehen. Er zeigt die Technik; die Möchtegern-Köche tun sich schwer. Leichter wird anschließend auch das Absäbeln hauchdünner Fischscheibchen fürs Tartar nicht. Mit einem extrascharfen, biegsamen Messer gilt es, mit der richtigen Portion Druck quasi waagerecht über den Fisch zu gleiten. Romains Ergebnisse sehen eindeutig besser aus als die der Gäste. Während Romain das Ceviche anrichtet und Jérémy eifrig spült, dürfen die Kursteilnehmer Platz nehmen. Wie im piekfeinen Restaurant servieren die beiden jungen Männer, die für jeden Spaß zu haben sind, die gemeinsam erarbeitete Vorspeise. Ein Gedicht! Hauptgang und Nachtisch (nicht weniger köstlich) haben die beiden vorher zubereitet und braten nur noch das Fleisch vor den Augen der Gäste. Die sind froh, den Rest des Abends bedient zu werden. !
KITCHEN’S FABRIK 77 Avenue Henry Dunant - Nizza Nur nach Voranmeldung für Gruppen ab 6 Personen; kein regulärer Restaurantbetrieb. Verschiedene Varianten werden angeboten, z.B.: After-Work-Aperitif ab 39 Euro pro Person, 3-Gänge-Menü mit Wein ab 79 Euro pro Person oder Backkurse zum Kindergeburtstag. Die beiden chefs sprechen Französisch, Englisch und Spanisch.
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Ehrliche Küche
und hauchzarte Jakobsmuscheln anmacht, ist ein Gedicht; abgeschmeckt wird das Gericht mit Fleur de Cazette aus der Bourgogne, feinen Haselnussraspeln mit intensivem Geschmack. Eben erst, erzählt Tierry, sei sein neuer Jungkoch aus Lyon zurückgekehrt, wo er auf der Pirsch nach neuen Produkten und Inspiration war. Frischer Fisch, Meeresfrüchte, Klassiker wie foie gras, aber auch Pasta oder Gnocchi, veredelt mit Hummer oder Venusmuscheln, finden sich auf der Speisekarte der Gaudinade. Großes Kino: die jeweiligen Saucen, perfekt und überraschend abgeschmeckt. Und an Kreativität mangelt es auch beim Dessert nicht: Da wären etwa ein Millefeuille mit Pistaziencreme und Himbeeren oder die aus Australien importierte süßsaure Pawlowa mit Baiser, Rhabarber-Kompott und Verbenen-Mousse auf hauchdünnen Kaki-Scheiben. Wählen Sie unbedingt einen Platz im gemütlichen, beheizbaren Wintergarten! Die stilsichere Hand der Hausherrin zeigt sich hier wie auch im Innenraum in jedem Einrichtungs-Detail. Was bei der liebevoll in Handarbeit erstellten Dekoration des Lokals beginnt, findet seine Vollendung in den Kreationen des Kochs und seines Chefs. Wie sollte es auch anders sein bei diesem Namen? La Gaudinade heißt, frei übersetzt, «das fröhliche Festessen». !
Von AILA STÖCKMANN
1 "Foto 1 Thierry Caidominici (l.) mit seinem Chefkoch Jérémy
"Foto 2 Vorspeise: Zarte Jakobsmuscheln mit gegrilltem Blumenkohl und Haselnussöl
"Foto 3 Hauptgericht: Wilder Seehecht mit Paprikapüree und gefüllten Paprikaschoten
"Foto 4 Dessert: Die Pawlowa, ein süß-saures Gedicht aus Baiser, Rhabarber, VerbenenMousse und Kakifrucht
LA GAUDINADE 9 Rue de l’Eglise 06250 Mougins Tel. +33 (0)4 92 98 07 83 lagaudinade-mougins.com Menüs zu 31 und 39 €, Hauptgerichte um die 20 €, Mittagsmenü ebenfalls 20 Euro. Geöffnet von Dienstag bis Samstag jeweils mittags und abends.
Authentisch, sympathisch, köstlich: ein kulinarischer Stopp in der «Gaudinade» in Mougins istronomie, eine Mischung aus Bistrot und Feinschmeckerküche – nicht mehr und nicht weniger kredenzt Thierry Caidominici mittags und abends seinen Gästen. Das heißt: Produkte der Saison, frisch vom Erzeuger, raffiniert kombiniert und fein abgeschmeckt, und das Ganze zu fairen Preisen. Gut und günstig essen ist selbst mitten im international geprägten kulinarischen Mekka Mougins möglich! Im Herzen der Altstadt, umgeben von nicht weniger als 15 anderen Restaurants, haben Thierry und seine Frau vor sechs Jahren ihr «Baby», La Gaudinade, eröffnet. Längst haben sie sich einen Ruf für gute, ehrliche Küche erarbeitet und sind aus dem idyllischen Ort nicht mehr wegzudenken. Teamarbeit ist bei Caidominicis ganz groß geschrieben: Der neue, junge Koch Jérémy setzt um, was dem Hausherrn vorschwebt, hat aber großen Ehrgeiz, auch eigene Kreationen zu entwickeln. Deshalb sind die Tagesgerichte immer wieder eine Überraschung, während die Hauptkarte alle drei Monate der jeweiligen Saison angepasst wird. «Niemals von der Speisekarte nehmen würde ich das Kalbsbries und den Oktopus, das sind Lieblingsgerichte unserer Stammgäste», so Thierry. Für die kommende Saison habe er sich vorgenommen, verstärkt neue Variationen rund um wenige Hauptprodukte zu entwickeln. So spielt beispielsweise Spargel in der Frühjahrs-Karte eine große Rolle. «Wir machen alles selbst, was irgend geht», betont der Franzose mit italienischen Wurzeln, der mit seiner portugiesischen Frau 25 Jahre in Portugal gelebt hat, ehe es ihn zurück in die Heimat zog. «Bloß das Angeln und Schlachten nicht», fügt er verschmitzt hinzu. Große Bedeutung kommt der Auswahl der Produkte zu. Das Nussöl etwa, mit dem er gerösteten Blumenkohl
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Wein oder Obstsalat? Wenn Wein-Verkostungen als Imponiergehabe dienen, verlässt man sich am besten auf sich selbst Ein Kommentar von Gudrun Mangold, Autorin u.a. von «Trollinger & Co – Württemberger Weinkultur», fernab der sogenannten Weinsprache.
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m was geht es eigentlich, wenn sogenannte Experten Wein verkosten? Offenbar in erster Linie darum, dass wissbegierige Wein-Amateure staunen. Mit konzentriertem Blick wird durchleuchtet, geschwenkt, geschnuppert, eingesogen, geschmatzt, der Mund zum Whirlpool gemacht. Nach ausgiebigem Schweigen, währenddessen die Mimik betont, der Sache höchst gewissenhaft auf den Grund zu gehen, nickt man sich schließlich selbst zu. Dies steigert man nun, um auf dem Höhepunkt der kriminologischen Beweisführung schließlich zwei, drei Aromen dingfest zu machen: «Cassis!», ertönt es dann notorisch bei Rotwein, die etwas geheimnisvolleren «Waldbeeren» dürfen es auch sein. Ist der Wein hingegen weiß, destilliert man nach der gleichen von Ernsthaftigkeit getragenen Prozedur gerne «Pfirsich», beim Riesling vorzugsweise «Zitrusfrüchte». Das Allerfaszinierendste an diesem Spiel: Man kann es wiederholen, so oft man will. Es funktioniert immer und so zuverlässig wie der Zaubertrick mit dem Kaninchen aus dem Zylinder. Immer aufs Neue ist das Publikum entzückt und beeindruckt, denn was vorher nicht da war, ist es jetzt. Und wenn sich die Zuschauer dann selbst an den vorgekosteten Wein wagen, werden sie das Gefühl haben, etwas gelernt zu haben, denn sie werden jetzt
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genau das Gleiche wiederfinden wie der Impresario – Maracuja zum Beispiel ist derzeit in, oder Litschi. Wirklich wahr: Auf einmal riecht man es tatsächlich! Doch, doch! Toll – darauf wäre man alleine doch nie gekommen! Das ist auch ein eklatanter Vorteil gegenüber dem Zylinder. In dem kann man suchen, solange man will, man wird des Häschens dort nicht habhaft werden. «Schmeckt nach Trauben!» Nein, das ist kein Witz, sondern steht wörtlich so in einem dieser zahllosen Wein-Guides, die sich schwer voneinander unterscheiden lassen. Der Wein
schmecke also nach Trauben. Das toppt des Kaisers neue Kleider bei weitem. Wort-Kreationen wie «kirschig» werden neuerdings auch gerne ausgestoßen. Kirschig?! Wieso nicht gleich kirschös?! Es geht um Imponiergehabe, das Professionalität vortäuschen will – in diesem Fall wagt man sich keck auch noch auf das terroir, pardon, Terrain der Sprache selbst. Auch seriöse Weinverkoster bedienen sich mit traumwandlerischer Sicherheit bei der von Aromenrädern vorgegebenen heimischen wie exotischen Obstauslage, dazu noch im Blumenladen, im Holzgeschäft, beim Kürschner etc. Es gehe um eine Weinsprache, heißt es, die es brauche, um objektive Kriterien zu haben. Das scheint allgemeiner Konsens, die entsprechende Eloquenz ist für Profis anscheinend unabdingbar. Säure, Dichte, Tannine – darüber lässt sich wirklich objektiv reden. Aber all das andere? Nimmt man sich nicht auch etwas weg, wenn man sich etwa auf einen angeblich entdeckten Aprikosengeschmack konzentriert? Und wenn man davon so begeistert ist, könnte man dann nicht gleich eine Aprikose essen? Doch halt, halt – eine Aprikose, wie schmeckt denn die eigentlich? Ist nicht auch ihr Geschmack komplex? Gibt es nicht auch hier ganz verschiedene Sorten? Muss man bei ihr dann vielleicht erst feststellen, ob sie vielleicht einen Hauch von Ananas in sich trägt und im Abgang an ein Lavendelfeld erinnert? Man muss Wein nicht mit Obstsalat verwechseln. Man könnte sich auf seine Sinne verlassen, ohne gleich ein Standard-Repertoire an Schubladen bereit zu halten. Obwohl, eines muss man sagen – so manches entginge einem dann ja wirklich, zum Beispiel «Katzenpipi». Sie glauben das nicht? Nun – der strenge Saft wird nur selten und zwar von ganz erfahrenen wie mutigen Verkostern geortet und investigativ markiert. Manche müssen dann über sich selbst schmunzeln – welch eine Erleichterung! Professionalität hat ihren Sinn in sich. Nicht den Sinn, andere von deren eigener Nicht-Professionalität zu überzeugen. Wer andere klein machen will, der will entweder sein Wissen ja gar nicht teilen, oder er will verbergen, dass er eigentlich gar keines hat. Um professionell über Wein zu sprechen, braucht es keine eigene Sprache. Nur den Willen, sich verständlich zu machen. !
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chen Häuser vorzustellen. Im Gepäck hatten sie ihre Köche, die unter den Augen neugieriger Gäste statt am Herd in der Werkstatt einer der traditionsreichsten Glasbläsereien des Ortes hantierten – und köstliche Überraschungen fabrizierten. Nebenbei wurden die Hotels der für ihre «Perlen» bekannten Kette vorgestellt: Vom kleinen, mehrere Jahrhunderte alten, hochherrschaftlichen Stadthaus in Uzès (Gard) bis zu den klassischen Schönheiten an der Côte d’Azur – vom berühmten Château de La Chèvre d’Or in Eze über das Mas de Pierre im grünen Hinterland bei SaintPaul-de-Vence bis zum Muss am Meer, dem architektonisch zeitgenössischen Cap d’Antibes Beach Hotel direkt am Strand. !
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Moderne Glaskunst ist das Markenzeichen von Pierini © DR
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GOURMETKÜCHE IN DER GLASBLÄSEREI? as hat eine Glasbläserei mit Gourmetküche zu tun? Auf den ersten Blick wenig. Tatsächlich aber lässt sich beides wunderbar kombinieren, wie Familie Pierini in Biot beweist. Glasbläser Antoine Pierini hat so lange getüftelt, bis er die perfekte Lösung gefunden hatte: Er setzt mehrfach für wenige Augenblicke eine bei 1200 Grad erhitzte Glaskuppel auf einen Metallteller mit Fisch, Fleisch, Gemüse … und fertig ist eine auf den Punkt gegarte Mahlzeit. Erlebt haben dies unlängst Vertreter der Relais & Château-Hotels der Region Provence-Alpes-Côte d’Azur. Sie hatten zu Pierini geladen, um Kunden ihre so prachtvollen wie unterschiedli-
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Kochen in der Glasbläserei – es funktioniert! © DR
Gerhard heißt Sie in seiner neuen Weinbar bei selektiven Weinen aus aller Welt herzlich willkommen. Genießen Sie die entspannte Atmosphäre und den Meerblick sowie köstliche Tapas aus unserer internationalen Küche.
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VERANSTALTUNGEN
Frankreich Veranstaltungen 9. & 10. MÄRZ #SAINT RAPHAËL 1. Comic- und Jugendfestival Für diese erste Ausgabe wird der Palais des Congrès erfolgreiche Comicautoren für Workshops, Signierstunden, Shows und Konferenzen begrüßen. Palais des Congrès, 10-18 Uhr. www.saint-raphael.com 9. - 18. MÄRZ #NIZZA «Foire de Nice» Traditionelle Universal-Messe auf 25 000 m2 Ausstellungsfläche mit mehr als 500 Ständen! 10-19 Uhr, Montag 18. März bis 18 Uhr. www.sean-acropolis.com 10. MÄRZ #NIZZA Konzert Für alle Beethoven-Liebhaber bietet das Opernhaus von Nizza zwei Stunden lang unvergesslichen Musikgenuss. Oper Nizza, 15 Uhr. www.opera-nice.org 14. & 15. MÄRZ #GRASSE «Nomad» Einer der bedeutendsten Choreographen seiner Generation, Sidi Larbi Cherkaoui, zeigt eine eindringliche Ode an die Brüderlichkeit. Théâtre Grasse, 20 Uhr. www.theatredegrasse.com 15. - 17. MÄRZ MANDELIEU Messe für Wellness, Bio & Therapien Drei Tage lang Konferenzen, Stände und Aktivitäten, um Lösungen und neue Alternativen für ein gesünderes, glücklicheres Leben zu finden. Centre Expo Congrès, 10-19 Uhr. www.salonbienetremandelieu.com 16. MÄRZ #SAINT-JEAN-CAP-FERRAT Musikabend und Dîner in der Villa Ephrussi de Rothschild Wundervoller Abend am Mittelmeer mit Champagnerempfang und Candle Light Dinner. Begleitet von klassischen Melodien. Villa Ephrussi de Rothschild, 18:30 Uhr. www.villa-ephrussi.com
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#SAINTE-MAXIME «Jazzkonzert Youn Sun Nah» Von Seoul nach Paris: Youn Sun Nah gehört zu den großen Jazzstimmen der heutigen Zeit. Beeinflusst von amerikanischen Klassikern wir Paul Simon oder Jimi Hendrix, verzaubert sie ihr Publikum rund um die Welt. Le Carré, 20 Uhr. www.carre-sainte-maxime.fr 18. MÄRZ #NIZZA Konzert Klänge von Borodine und Smetana im Palais Lascaris in der Altstadt. 12.30 Uhr. www.opera-nice.org 29. MÄRZ #NIZZA Chorkonzert der Roten Armee Der berühmteste Chor der Welt kehrt nach Nizza zurück, um sein 90-jähriges Bestehen mit einer Rückblende auf die schönsten Werke seines Repertoires zu feiern. Eine atemberaubende Show, die Herz und Seele jedes Zuschauers berührt. Acropolis, 20.30 Uhr. www.sean-acropolis.com #NIZZA Ballettaufführung Hier treffen Tanz und Kunst aufeinander: Tänzer des Balletts von Monte-Carlo kombinieren Tanz und andere künstlerische Disziplinen. Musée National Marc Chagall, 20.00 Uhr. www.nicetourisme.com 30. MÄRZ #CANNES Chorkonzert Die drei Chöre des Konservatoriums versammeln sich zu einem außergewöhnlichen Konzert. Diese jungen Sängerinnen und Sänger unter der Leitung von Florence Daly zeichnen sich durch ihre vokalen und künstlerischen Qualitäten aus. Église Protestante Unie de Cannes, 7 rue NotreDame. 20.00 Uhr. www.cannes.com #BEAULIEU-SUR-MER «Carmen» Die einzigartige Oper von Georges Bizet kommt unter der musikalischen Leitung von Sir Mark Elder an die Côte d’Azur. Cinéma de Beaulieu-sur-mer, 14 Uhr. www.cinemadebeaulieu.com 31. MÄRZ #CANNES Konzert Das Konservatorium von Cannes
bietet eine zeitgenössische Kreation mit Thierry Mercier an der Gitarre und Hélène Breschand an der Harfe. Espace Miramar, 35 rue Pasteur, 16 Uhr. www.cannes.com #CANNES «Tausend und eine Nacht» Das Orchester von Cannes präsentiert ein Konzert zwischen Tradition und Moderne. Die klassischen Stücke von Saint-Saëns und Weber werden mit andalusischen und griechischen Liedern kombiniert. Eine einzigartige Mischung aus klassischer und zeitgenössischer Musik im Theater Croisette, 16.30 Uhr. www.orchestre-cannes.com 2. APRIL #CANNES Reise in die Barockzeit Das Orchester von Cannes lädt zum barocken Konzert mit französischer, deutscher und englischer Musik. Werke von Henry du Mont, Erlebach oder Dornel stehen auf dem Programm. Theater Alexandre III, 19 Uhr. www.orchestre-cannes.com #NIZZA «Celtic Legends» Zu ihrem 15-jährigen Jubiläum ist die Band Celtic Legends 2019 mit einer brandneuen Show wieder dabei. Auf dem Programm stehen 20 Tänzer und zwei Stunden spektakuläre Tänze und Choreographien, Palais Nikaïa. 20.30 Uhr. www.nikaia.fr
am Kai. Diese 29. Ausgabe präsentiert mehr als 300 Boote mit einer Länge von 6 bis 25 Metern. Port La Napoule. www.mandelieu.fr 12. - 14. April #FRÉJUS Fest der Pflanzen Jedes Jahr zu Beginn des Frühlings bereitet sich die Stadt Fréjus auf das Pflanzenfest vor. Place Camille Formigé. www.ville-frejus.fr 25. APRIL #CANNES «Antoine Boyer & Samuelito» Ein Zusammentreffen von Zigeunergitarre und Flamenco repräsentieren diese zwei jungen Artisten, die den 4. Europäischen Gitarrenpreis gewonnen haben und ihr erstes Album Coïncidence aufgenommen haben. Théâtre Alexandre III, 19.30 Uhr. www.cannes.com 26. - 27. APRIL #SAINT-RAPHAËL 4. Seniorenmesse Das Palais des congrès wird zu einem Ort des Austauschs, an dem Fragen zum Leben der Senioren beantwortet werden. Palais des Congrès, 10-18 Uhr. www.saint-raphael.com
Ausstellungen
#MENTON Königliches Nationalballett aus Georgien Eine Mischung aus klassischem, modernem und traditionellem Tanz, die das Publikum auf eine Reise durch Georgien mitnimmt. Théâtre Francis Palermo – Palais de l’Europe, 21 Uhr. www.agenda-menton.fr
BIS 10. MÄRZ #SAINT-TROPEZ «Exposition Edward Quinn» Dank des großen Erfolges wurde diese sehenswerte Ausstellung bis zum 10. März verlängert. Der Fotograf Edward Quinn verewigte Stars wie Brigitte Bardot, Pablo Picasso, Louis de Funès ... und andere. Musée de la Gendarme et du cinéma de Saint-Tropez www.saint-tropez.fr
5. - 10. APRIL #CANNES «Canneseries 2019» Nach dem Erfolg im Jahr 2018 kehrt die kleine Schwester der Filmfestspiele von Cannes rund um TV-Serien zurück. Palais des Festivals et des Congrès. www.canneseries.com
BIS 24. MÄRZ #SAINTE-MAXIME Fotografien Der französische Fotograf Dan Olivier zeigt die weibliche Schönheit ohne Retusche oder Fälschungen. Salle Jean Portal, Mairie Annexe, 1 Rue de Maures. www.sainte-maxime.com
11. - 14. APRIL #MANDELIEU-LA NAPOULE «Napoule Boat Show» Unverzichtbarer Treffpunkt für Liebhaber von Gebrauchtbooten auf mehr als 10 000 m2 Ausstellungsfläche an Land und 2 km
BIS 28. MÄRZ #NIZZA März in den Museen Die 18. Ausgabe der Initiative «März in den Museen» trifft dieses Jahr mit dem 100 jährigen Jubiläum der Victorine Filmstudios
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von Nizza zusammen. Die Veranstaltung, organisiert von der Stadt Nizza und der Universität der Côte d’Azur, bietet ein facettenreiches Programm von Musik, Photographie, Tanz und Theater in zahlreichen Museen Nizzas. Außerdem werden Workshops angeboten, um die Kollektionen der Museen neu zum Leben zu erwecken und den Austausch über die Werke zu ermöglichen. www.marsauxmusees.fr 5. - 7. APRIL #SAINT-RAPHAËL 5. Immobilienmesse Informativ für Verkäufer, Investoren oder einfach Besucher. Palais des Congrès, Port Santa Lucia, 101 Quai Commandant le Prieur. www.saint-raphael.com 6. & 7. APRIL #NIZZA Vintage-Ausstellung Eine Fundgrube für Nostalgiker, 150 Aussteller auf 5.000 m2 Fläche. Das diesjährige Thema: «Ikonische Objekte aus den 1950ern bis 1990ern». Dekoration, Mode, Luxus, Fripe-Chic, Accessoires, Vinyl und das beste Street-Food in Nizza. Le 109, 89 Route de Turin, 10-19 Uhr. www.salonduvintage.com 20. APRIL - 2. MAI #ANTIBES «47. Salon d’Antibes» Die 47. Ausgabe des international bekannten und einzigartigen Salons von Antibes findet auch dieses Jahr erneut statt. Von antiker bis zeitgenössischer Kunst, von Schmuck bis zu Möbelstücken. Esplanade du Pré des Pêcheurs. 24. APRIL - 4. MAI #CARQUEIRANNE Unterwasserfotos Die deutsche Unterwasserfotografin Gaby Fey stellt zeitgleich zum Mode-Festival in Hyères ihre einzigartigen Unterwasserfotos aus. In ihrem Repertoire erweckt sie Figuren wie Alice im Wunderland oder den griechischen Gott Poseidon unter Wasser zum Leben und gibt ihnen eine magische Note. La Galérie Carqueiranne. www.gaby-fey.com BIS 28. APRIL AIX-EN-PROVENCE Bauhaus.Photo Hundert Jahre Bauhaus werden bis Ende April mit einer Fotoausstellung gefeiert. Gezeigt werden hundert berühmte Fotos, die die
szene auf. Mit ihrem ersten Album im Jahr 2008 erhielt sie Platin in Kanada und Diamant in Frankreich. Nun kommt Martin für ein Konzert in das Grimaldi Forum, 21 Uhr, Salle des Princes www.fnacspectacles.com 13. - 21. APRIL «Rolex Monte-Carlo Masters» Weltberühmtes Tennisturnier im Monte-Carlo Country Club, siehe auch Seite 28 www.montecarlotennismasters.com Gaby Fey stellt ihre Unterwasserbilder in Carqueiranne aus
Themen «Das Leben im Bauhaus», «Architektur und Produkte», «Gesicht des Bauhauses» und «Die Klasse der Photographien des Peterhauses» abdecken. Fondation Vasarely. 1, avenue Marcel Pagnol. www.cfaprovence.com
Monaco Veranstaltungen 9. MÄRZ «Magic» Dieses Event sollten Sie nicht verpassen, wenn Sie ein Fan von Mangas und Comics, Videospielen, Animation und Popkultur sind. Hier treffen Sie weltbekannte Spieleautoren, Produzenten, Drehbuchautoren und Illustratoren. Um teilzunehmen, genügt es sich online kostenlos zu registrieren. Grimaldi Forum. www.magic-ip.com 15. MÄRZ - 14. APRIL «Printemps des Arts» Das Frühlingsfestival der Künste von Monte-Carlo ist seit 1981 ein großes Ereignis. Auf dem Programm stehen in diesen vier Wochen: Neuinterpretationen großer Musikklassiker wie Beethoven, Entdeckung neuer zeitgenössischer Kreationen und Begegnungen mit Künstlern aus aller Welt. www.printempsdesarts.com 22. März «Die Entführung aus dem Serail» Die Oper von Wolfgang Amadeus Mozart kommt 2019 mit einer brandneuen Produktion nach Monaco. Opéra Garnier, 20 Uhr. www.opera.mc 9. APRIL «Cœur de Pirate» Seit mittlerweile zehn Jahren mischt die kanadische Sängerin, Pianistin und Komponistin Béatrice Martin bereits die Indie-
24. APRIL «Othello» Die letzte Aufführung von Giuseppe Verdis Othello in Monacos Oper geht auf das Jahr 2007 zurück. Opéra Garnier, 20 Uhr. www.opera.mc
Ausstellungen 24. - 28. APRIL «Monaco Art Week» Mehrere Galerien und Auktionshäuser bilden einen Ausstellungsparcours durch die Stadt. Angeboten wird ein breites Kunstspektrum von 500 Jahren Geschichte (Seite 23). www.monacoartweek.com
Italien Veranstaltungen 15. – 17. MÄRZ #FINALE LIGURE BORGO «Salone dell’Agroalimentare Ligure» Beliebte gastronomische Veranstaltung mit den Spezialitäten Liguriens und vielen Verkaufsständen, Complesso Monumentale di Santa Caterina und Plätze der Altstadt. www.saloneagroalimentareligure.org 21. MÄRZ #GENUA Klavierkonzert Ludovico Einaudi Der italienische Pianist Ludovico Einaudi zählt zu den gefragtesten Künstlern unserer Zeit. Theater Carlo Felice, 21 Uhr. www.lamialiguria.it 29. März – 7. April #GENUA «Fiera Primavera» Seit 1970 findet die große traditionelle Frühlingsmesse mit 400 Ausstellern und einem großen Warenangebot an der Piazzale Kennedy statt. Ganztägig. info@primavera-online.it
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28. APRIL #IMPERIA «Art-On in Villa Grock» Tauchen Sie ein in die fabelhafte Welt des berühmtesten Clown aller Zeiten, dem ein Tag voller Veranstaltungen und Foto- und Gemäldeausstellungen in seiner Villa in Imperia gewidmet ist. Villa Grock, Via Fanny Roncati Carli 38. www.lamialiguria.it 2. – 12. MAI #GENUA «Tosca» Die einzigartige Oper von Giacomo Puccini kehrt in die genuesische Oper zurück. Unter der Regie von Davide Livermore wird, wie dieser selbst sagt, ein «Zusammentreffen von Kirche und aufklärerischer Modernität» geboten. Theater Carlo Felice. www.carlofelicegenova.it Jeder erster Sonntag des Monats #FINALE LIGURE BORGO «Fiera delle Vecchie Cose ed Antichi Mestieri» Floh- und Antikmarkt mit etwa 50 Ausstellern in der Altstadt von Finalborgo. Tel. +39 019 69 01 12
Ausstellungen BIS 30. MÄRZ #BORDIGHERA «Clarence Bicknell in the Past for the Future» Eine Ausstellung über Clarence Bicknell, 100 Jahre nach seinem Tod. Das nach ihm benannte Museum zeigt seine beeindruckenden Zeichnungen von Kultur und Fauna des westlichen Liguriens. Museo Clarence Bicknell. www.rivieraeventi.it BIS 24. JUNI #GENUA «Caravaggio» Genua war für einen kurzen Zeitraum der Wohnort des unverwechselbaren italienischen Künstlers Caravaggio. Nun kehren die Werke des Malers in die ligurische Hauptstadt zurück. Palazzo della Meridiana. www.ilturista.info 30. März – 7. Juli #GENUA «Giorgio De Chirico - Il volto della metafisica» 100 Werke des großartigen Meisters aus verschiedenen Museen und Privatsammlungen. Appartamento del Doge di Palazzo Ducale. www.palazzoducale.visitmuve.it MÄRZ / APRIL 2019
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BLICKPUNKT
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ORCHESTER CANNES
TICKETS ZU GEWINNEN Wir verlosen dreimal je zwei Eintrittskarten zum Konzert des Regionalorchesters Cannes «Eh bien, dansez maintenant!» am Freitag, 28. April, um 20.30 Uhr im Théâtre Croisette. Am Taktstock ist Benjamin Levy, Akkordeon spielt Gastsolist Félicien Brut (Foto) – und wie der Titel erahnen lässt, steht Tanzmusik auf dem Programm. Kommen Sie mit auf eine Reise ins Paris der ausgelassenen 1920er-Jahre – und erleben Sie zum Schluss eine Weltpremiere mit dem «Souvenir de bal» von Thibault Perrine! Teilnahmebedingungen unter www.riviera-press.fr/zeit (Rubrik NEWS, Unterpunkt GEWINNSPIELE).
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EUROPAWAHL
EINSCHREIBETAG AUF 31. MÄRZ VERSCHOBEN Dass die Europäische Kommission in Sachen Kommunikation nicht gerade glänzt, haben wir wohl alle mitbekommen. Aktuelles Beispiel: Die Einschreibepflicht für die Europawahlen 2019 war bis vor kurzem der 31. Dezember 2018. Nun sickerte durch, dass alle, die diesen Termin verpasst haben, noch bis zum 31. März Zeit haben. Auf diesen Mangel an Information angesprochen, hieß es von Seiten des europäischen Parlaments in Marseille, die jeweiligen Konsulate müssten ihren Landsleuten eine entsprechende Nachricht übermitteln. Aha. Haben Sie eine solche Info erhalten? !
TIPP VOM GOLFEXPERTEN
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REGELFÜHRER FÜR UNTERWEGS Sie planen bereits Ihren nächsten Golf-Urlaub an der Côte d’Azur? RivieraZeitGolf-Experte Raimund Theobald rät: Stecken Sie sich ein kleines Regel-Büchlein in Ihre Golfbag – denn seit Anfang 2019 gelten weltweit neue Golfregeln! Es handelt sich um die größte Regelrevision seit über 30 Jahren, so Theobald: «Das neu aufgelegte, aktualisierte Büchlein ‚Golfregeln kompakt‘ von Yves C. Ton-That verschafft Ihnen rasch einen Überblick über alle Änderungen, damit Sie von sämtlichen neuen Erleichterungen profitieren können.» Der handliche und wasserabweisende Regelguide ist das meistverkaufte Golfbuch der Welt: mehrfach preisgekrönt, von Golfverbänden empfohlen und über 1,5 Millionen Mal verkauft. Die Regeln werden leicht verständlich und anhand konkreter Spielsituationen erläutert. !
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MOURATOGLOU OPEN
TENNISTURNIER ZURÜCK IN SOPHIA
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KULINARISCHE VERFÜHRUNG
NEUE GESCHÄFTE IM POLYGONE Einige neue Geschäfte im Shopping-Paradies Polygone Riviera (Cagnes-sur-Mer) dürften Menschen jeden Alters begeistern. Sie haben vielleicht schon die neue thailändische Lebensmittelkette Pitaya entdeckt, die bereits Ende 2018 eröffnet hat. Für diejenigen, die nach Kleidung suchen, reißt ZARA gerade Wände ein, um sein Ladenlokal zu erweitern. Die Damenbekleidungskette Stradivarius eröffnet ein neues, 700 Quadratmeter großes Geschäft. Im neuen Arts Shop finden sich Gemälde, Skulpturen und anderes mehr – und wer mag, kann sogar einen Termin bei einem Designspezialisten vereinbaren, um das perfekte Werk fürs Heim zu finden. Der vielleicht aufregendste Neuzugang im Polygone? Der erste Haribo-Shop in den Alpes-Maritimes! Die Boutique liegt nur wenige Türen vom Kino entfernt und bietet auf 138 Quadratmetern farbenfrohe Süßigkeiten, die Sie kiloweise kaufen können: Mischen und kombinieren Sie aus Ihren Favoriten oder probieren Sie neue aus! ! MÄRZ / APRIL 2019
Zwei Jahre nach seiner Erstausgabe steigt das zweite «ATP Challenger 90»-Turnier auf dem beeindruckenden Gelände der Mouratoglou-Tennis-Akademie in SophiaAntipolis. Vom 1. bis 7. April treffen bei den «Mouratoglou Open» auf roter Asche hochklassige Spieler aufeinander. Man habe viel gelernt bei der ersten Ausgabe, so der Namensgeber der Akademie und des Turniers, Patrick Mouratoglou, der sich unter anderem als Trainer von Serena Williams einen Namen gemacht hat. Die Zuschauer dürfen sich auf spannende Matches freuen. Tagestickets kosten 10 Euro, am Finalwochenende 20 Euro. ! mouratoglou-open.com
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AGAVENRÜSSELKÄFER
NEUE PLAGE
Nizza hat einen neuen, missliebigen Stadtbewohner: den Agavenrüsselkäfer Scyphophorus acupunctatus. Auch in Monaco ist er bereits gesichtet worden. Das aus Mexiko stammende schwarze Insekt, das – abgesehen von der Farbe – dem roten Palmrüsselkäfer sehr ähnelt, ist wahrscheinlich mit importierten Pflanzen nach Europa gekommen. Seine Lieblingsspeise: Agaven, durch deren Wurzeln und Blätter sich die ausgewachsenen Biester bohren. Das Gewebe der Pflanze fault daraufhin, und sie stirbt letztendlich. Die Käfer lieben Sukkulenten, da sie während der Blütezeit Zucker produzierten. Im botanischen Garten von Nizza wurden bereits drei Agaven attackiert. Zu entdecken sind die Rüssler schwer, da sie die Pflanze am Grundstock angreifen. !
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Das Doppeljubiläum
500 & 50 Jahre Geschichte albonne blickt in diesem Jahr auf eine lange Geschichte zurück und feiert gleich zwei Jubiläen: 500 Jahre alt wird das pittoreske Städtchen und 50 Jahre der angeschlossene Technologie- und Wissenschaftspark Sophia-Antipolis (siehe auch Seite 37). Gegründet wurde Valbonne im Jahr 1519 vom Grasser Bischof Augustin de Grimaldi – mit dem Ziel, das durch die Pest seit 1351 entvölkerte Land wieder neu zu besiedeln. Es entstand nach römischem Vorbild mit schachbrettartig angelegten Straßen und zentral in der Mitte gelegenem Dorfplatz. Aus Sicherheitsgründen besaßen die außen gelegenen, als Stadtmauer fungierenden Häuser nur Eingänge, die ins Dorfinnere führten. Valbonnes Altstadt hat sich in 500 Jahren unwesentlich verändert. Noch bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts blieb es ein landwirtschaftlich geprägtes Dorf, in dessen Umgebung vor allem Oliven und Wein, aber auch Rosen und Jasmin für die Parfümindustrie angebaut wurden. Nach dem Zweiten Weltkrieg wuchs die Bevölkerung an, sodass der Wohnungsbau zunahm und sich die Wirtschaft auf Handel, Handwerk und Tourismus neu ausrichtete. Die Landwirtschaft wurde in den Hintergrund gedrängt. Die Gründung von Sophia-Antipolis 1969 schließ-
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lich bildete den jüngsten Wendepunkt in der Entwicklung der Gemeinde. Heute ist der Ort mit seinem mittelalterlichen Kern eines der begehrtesten Städtchen zum Leben im Hinterland der Côte d’Azur. Zum diesjährigen Jubiläum plant Valbonne mehr als 40 Veranstaltungen in Form von Sport- und Kulturaktivitäten sowie Konzerten und Ausstellungen. Nicht verpassen sollten Sie die Schatzsuche am 9. und 13. März, die Vallis-BonaWanderung am 14. April, die Ausstellung «Terre Argile» vom 11. Mai bis zum 2. Juni, das «Astrokon-
zert der 500 Jahre» am 12. Juli sowie «Tous les âges en jeu» (das Spiel aller Altersklassen) am 28. und 29. September. Besonders interessant werden dürften die Veranstaltungen der «Legenden über die Bonne Vallée», ein Spiel für Groß und Klein, bei dem es gilt, das versteckte Kulturgut der Gemeinde zu entdecken, sowie «Valbonne-Sophia-Antipolis, gestern, heute, morgen …», bei dem Videos zur Stadt in den sozialen Netzwerken und im Kino ausgestrahlt werden. ! www.valbonne.fr
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Fruchtbares Frankreich
EUROPAMEISTER TROTZ GEBURTEN! RÜCKGANGS E
s ist ein europaweites Phänomen und somit auch ein französisches: Mehr und mehr Kinderwiegen bleiben leer. Im Jahr 2018 lag die Kinderrate im Hexagon bei 1,87 Kindern pro Frau (2017: 1,9). Mit 758 000 Geburten im letzten Jahr ist die Anzahl im Vergleich zum Vorjahr um 12000 gesunken, wie das nationale Institut für Statistik (Institut national de la statistique, Insee) mitteilt. Der Rückgang, der sich jedoch stabilisiere, gehe einher mit der Tatsache, dass Frauen ihr erstes Kind immer später zur Welt bringen – 2018 im Schnitt mit 30,6 Jahren. Dennoch bleibt Frankreich das europaweit fruchtbarste Land (nach Zahlen von Eurostat aus dem Jahr 2016). Als Gründe gelten vor allem die hohe Anzahl an Plätzen in Kinderkrippen und der vergleichsweise frühe Schulanfang im Alter von drei Jahren. Das Jahr 2018 zeigt einen historisch niedrigen Saldo der Bevölkerungsentwicklung: weniger Geburten, mehr Todesfälle als zuvor. Verantwortlich dafür ist neben der sinkenden Geburtenrate der Umstand, dass die Generation des Babybooms in ein sterbefähiges Alter gekommen ist, was die Sterberate angehoben hat. Zugenommen hat hingegen die Anzahl der Eheschließungen im vergangenen Jahr: 235000 insgesamt, unterteilt in 229000 Hetero- und 6000 Homoehen.
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Morandi-Brücke in Genua
ERÖFFNUNG ERST IM APRIL 2020 A Einwohner wieder Hoffnung zu schöpfen, was auch Verdienst von Bürgermeister Marco Bucci ist. Voller Tatkraft ließ er unter anderem eine Alternativstraße für Lastwagen zum Hafen errichten, um den Verkehr zu entlasten. Voller Optimismus geht er davon aus, dass die neue, vom genuesischen Stararchitekten Renzo Piani entworfene Brücke im April
m 14. August 2018 kurz vor 12 Uhr mittags hörte Genuas Herz auf zu schlagen. Die Hauptverkehrsader der Stadt, die MorandiBrücke, stürzte mit höllischem Krachen ein und riss 43 Menschen in den Tod. Tagelang war die ligurische Hafenstadt wie gelähmt, Zehntausende Fahrzeuge pro Tag mussten sich durch das Zentrum quälen. Doch langsam beginnen die 580 000
Fall Lagerfeld
ERBRECHT F
olgt man den Gerüchten der Presse, soll auch die Katze des Modeschöpfers Karl Lagerfeld «erben». Rechtlich gesehen, ist dies natürlich Unsinn: Im deutschen und im französischen Recht sind Tiere zwar keine Sachen mehr, sondern unterliegen einem besonderen Schutz. Die Vorschriften, die für Sachen gelten, werden jedoch für alle Fragen außerhalb des Tierschutzes angewendet. Dies
2020 für den Verkehr freigegeben werden wird. 43 Lichtsäulen sollen an die Opfer erinnern, insgesamt werden die Kosten bis jetzt auf 202 Millionen Euro geschätzt. Mehr als 200 Familien, die in unmittelbarer Nähe der eingestürzten Brücke wohnten, mussten evakuiert werden und sollen dank finanzieller Hilfe des Staates ein neues Zuhause finden. !
bedeutet, dass Tiere im Ergebnis nicht erbfähig sind. Ein Erblasser kann jedoch im Rahmen einer testamentarischen Verfügung bestimmen, dass eine natürliche Person einen bestimmten Geldbetrag erhalten soll, mit der Auflage, diesen ausschließlich im Interesse des Tieres zu verwenden. Auch das Tier selbst kann an einen Menschen vererbt werden. An diesem prominenten Beispiel erkennt man, dass eine Verfügung von Todes wegen und sonstige erbrechtlich gestalterische Fragen zu Lebzeiten rechtzeitig wohl überlegt und rechtlich überprüft sein sollten. ! kestinglegal.eu
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Freudiges Wiedersehen: Jean-Claude Guibal, seit fast 30 Jahren Bürgermeister von Menton, nahm RZ-Gründerin Petra Hall im Februar mit zur Ernte im Zitronenhain «La Casetta» oberhalb der Stadt. Die beiden kennen sich gut, denn vor fast 25 Jahren war Menton der erste französische Redaktionssitz der damaligen Riviera Côte d’Azur Zeitung.
Twist ist ein total niedlicher junger Griffon-Nivernais-Mischling, noch nicht einmal zwei Jahre alt. Seinem Verhalten nach zu urteilen, hat er es bisher nie gut gehabt. Er ist immer hungrig und hat wahrscheinlich noch nie ein Haus betreten dürfen. Er ist ein zarter Hund ohne jegliche Aggressionen, ängstlich, sehr liebebedürftig und gutmütig. Twist wünscht sich nichts mehr als ein gutes, liebevolles neues Zuhause. Tel. +33 (0)6 43 06 19 60, +49 (0)172-45 55 033 www.joshi2.de
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Groß war der Spaß der beiden Chefredakteurinnen Nicole Ruskell (Riviera Insider, englische Schwester-Zeitschrift der RivieraZeit, l.) und Aila Stöckmann (RZ) beim Koch-Workshop in der «Kitchen’s Fabrik» in Nizza (siehe Seite 70). Dankbar nahmen sie Tipps und Tricks mit nach Hause – wussten aber am Ende des Tages, dass sie doch talentierter im Umgang mit Worten als beim Werkeln mit dem Schneidemesser sind.
«Schild»-Bürgerstreich? Seit Monaten muss man an der westlichen Ortsausfahrt von Cavalière, einem Ortsteil von Le Lavandou, von jetzt auf gleich Vollgas geben, um mit den Verkehrsschildern einigermaßen Schritt zu halten ...
© Gudrun Mangold
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Wir veröffentlichen täglich aktuelle News aus dem Süden auf unserer Website. Hier einige der meistgelesenen Artikel im Januar und Februar: "Vorsicht in Meernähe: Wetterdienst warnt vor 4-Meter-Wellen! "«Fête du citron»: Besuch eines Zitronenhains von Menton "Es weihnachtet sehr… festliche Events an der Riviera "So stellen Sie Gärtner & Co. korrekt und steuersparend ein "Die Welt nimmt Abschied vom großen Michel Legrand "Bormes-les-Mimosas: Wolf in Küstennähe erschossen "Schlechte Luft: Departement Var gibt Warnung heraus
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Chefreporter ROLF LIFFERS Mitarbeiter Susanne Altweger-Minet, Peter Bausch, Christine Helfritz, Annika Joeres, Sinja Klock, Dr. Jörg Langer, Gudrun Mangold, Hannelore Salinger, Ira Söhnge, Gerhard Standop, Nicole Ruskell, Raimund Theobald Art Director VINCENT ARTUS vincent.artus@wanadoo.fr Marketing FRANÇOISE MULLER Anzeigen & PR Tel: +33 (0)4 97 00 11 29 f.muller@riviera-press.fr PATRICE SAINT-LEGER Anzeigen & PR Tel: +33 (0)4 97 00 11 22 p.saintleger@riviera-press.fr DOMINIQUE FREULON Vertrieb, PR & Events-Manager Tel: +33 (0)4 97 00 11 22 d.freulon@riviera-press.fr Sekretariat CAROLE HEBERT contact@riviera-press.fr Unverlangte Manuskripte und Fotos werden nicht zurückgeschickt. Die Redaktion behält sich vor, Leserbriefe zu kürzen. Namentlich gezeichnete Beiträge geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder. Der Verlag ist nicht für die inhaltliche Richtigkeit der Anzeigen verantwortlich. © 2015-2019 - by Riviera Press s.a.r.l.
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