Programm Hans im Glück

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Programm


Niklas, Yorck und Rebecca. Die Kaufleute sondieren die Lage.

Ahmad und Ernst-Richard

Beate - in ihrem Element

Helmut, Dietmar, Bettina “Man muss ke Karussell fahren! Seit da der grosse, star el!“ Teuf Bursche zieht, geht es wie der

Stefan - “stark und schwarz“

Yorck und Lisa “Du bist wohl hundemässig müde?“

Voilà, das Karussell

Frederic und die Co-Regie “Wie jetzt?“

Herde, “Freilich ist es auch kein Vorteil für die the) (Goe ist.“ af Sch wenn der Schäfer ein

“Dich liebt‘ ic h im heut - und wer mer, dich lieb‘ ich noch de (Liedtext) Yo dich lieben in Ewigkeit“ rck, Bettina


Liebes Publikum, „Hans im Glück“ schrieb Bert Brecht als 21-Jähriger, vom schriftstellerischen Ruhm späterer Jahre noch weit entfernt. Das Stück ist als Fragment in losen Szenen erhalten. Eine vorgeschriebene Abfolge der Szenen gibt es nicht, obwohl Brecht Anregungen zur Zusammensetzung gibt. Als Brecht seinen „Hans“ schrieb, befand er sich bereits in der kritischen Auseinandersetzung mit dem zeitgenössischen Theater. Er suchte nach neuen Ausdrucksmöglichkeiten, war nicht mehr wirklich inspiriert von den Formen, die der Expressionismus bot. Im Gegenteil, das Theater war ihm zu „unpolitisch, zu inhaltsarm“ geworden. Spekulierte zu sehr auf vordergründige Effekte denn auf Aussagen. Nicht gerade das, was sich der junge, wilde Brecht unter einem Aufbruch vorstellte – sein Theater der Zukunft sollte die Welt verbessern. Die Generation Avantgarde war geboren. Später entwickelte er aus diesem Ansatz sein episches Theater. Brecht übernahm von der Grimmschen Vorlage des Märchens die reigenartige Struktur, die Hans von einem Tausch zum anderen führt. Von den ursprünglichen Tauschobjekten behielt er nur die Gans bei. Die Szenenfolge des Stückes ist wie ein vorgetragenes Lied über das gleichermaßen schreckliche und rührende Motiv des Leichterwerdens. Diesen Weg erzählt unsere Inszenierung. In besonderer Weise unterstützt und umrahmt von einer eigens dafür komponierten Musik des Musikers Lukas Hövelmann-Köper. Das Bühnenbild hat Stefanie Tribukait umgesetzt. Für die pointierten und kritischen Überleitungen von Szene zu Szene lässt unser Regisseur Ernst-Richard Köper eine Kunstfigur zu Wort kommen, den Narren. Dieser hat seine ganz eigene Sicht und bewegt sich scheinbar schwerelos durch die Zeit und die Historie. Brechts Fragment „Hans im Glück“ ist für unsere Theatergruppe zu einer echten Herausforderung geworden. Technisch. Menschlich. Künstlerisch. Wir haben uns dieser Aufgabe gestellt. Mit all unseren künstlerischen, kreativen und handwerklichen Fähigkeiten ein lebendig-poetisches, inspirierendes Stück Theater auf die Bühne zu bringen. Wir wünschen Ihnen einen anregenden Theaterbesuch!

Ihre Klosterbühne Wennigsen

Vorwort:Bettina Borchert


Die Klosterbühne im Reformationsjahr Allein durch die Gnade Gottes wird der glaubende Mensch errettet, nicht durch seine Werke „Hans im Glück” heißt die neue Produktion der Klosterbühne, mit der sich die Wennigser Theatermacher dem Thema „Reformation” in künstlerischer Weise nähern wollen. Der junge Bertolt Brecht hat das Stück 1919 nach Motiven des bekannten Märchens aus der Sammlung der Gebrüder Grimm verfasst, aber unvollendet gelassen. Erst seit den 90er Jahren des letzten Jahrhunderts wird das Fragment immer mal wieder an deutschen Theatern aufgeführt. In das ländliche Idyll von Hans und Hanne tritt ein koketter Fremder. Er verführt Hanne, entreißt sie Hans und bricht mit ihr in ein neues Leben auf. Hans bekommt dafür lediglich den gemeinsamen Bauernhof. Kurz darauf tauscht er jedoch den Hof gegen zwei Wagen und läßt sich ebenfalls auf das Abenteuer Freiheit ein. Von da an taumelt Hans als ein Suchender durch das ihm unverständlich gewordene Dasein. Er ist dabei erschütternd wehrlos und trifft auf lauter allein auf ihren Vorteil bedachte Menschen, die ihm nach und nach alle irdischen Güter abluchsen. Am Ende bleibt nur das nackte Leben, und auch das hängt an einem seidenen Faden. Doch während Hans noch im größten Ungemach immer auch eine Spur Glück findet, sind die, die ihn bestehlen, betrügen und hintergehen, mit jeder Untat weiter entfernt von ihrer Vorstellung von Glück, der sie doch mit aller Macht nachjagen.

„Mit den Mitteln eines prallen und manchmal auch derben Volkstheaters spürt Brecht hier Themen nach, die auch für die Reformation von zentraler Bedeutung waren – Aufbruch, Glück und Tod", sagt der neue Regisseur der Klosterbühne Wennigsen, Ernst-Richard Köper.

„Luther war davon überzeugt, dass wir als Menschen selber nicht die Produzenten unseres Glückes sein können. Im Gegenteil, angesichts unserer Defizite müssten wir uns eher hassen. Alles Negative in uns wird aber aufgehoben von der Liebe Gottes”, hatte der evangelische Theologe und langjährige Ratsvorsitzender der EKD und damit höchste Repräsentant der Evangelischen Kirche in Deutschland, Nikolaus Schneider, einmal formuliert. Auch in Brechts „Hans im Glück” sind die Figuren, die das Glück unbedingt erzwingen wollen, am Ende doch die unglücklichsten, während Hans, der das Leben eher geschehen lässt als zu gestalten versucht, immer wieder glückliche Momente erfährt. Brecht genoss wohl keine ausgesprochen christliche Erziehung. Aber bemerkenswert ist schon, dass Vater Brecht als Katholik, und dies in der erzkatholischen, allerdings auch traditionell sehr liberalen Stadt Augsburg, nicht darauf bestand, dass sich seine Religionszugehörigkeit auch auf die Kinder übertrug. Brecht und sein Bruder Walter wurden evangelisch getauft und offenbar verbunden mit regelmäßigen Besuchen des Gottesdienstes.


„Wir wollen Brecht hier nicht in einen Lutheraner umdeuten, der er bestimmt nicht war”, sagt Köper. Doch dass die Lektüre der Luther-Bibel auf den jungen Dichter nicht ohne Einfluss geblieben ist, das könne man als historisch gesichert annehmen. Ja, renn nur nach dem Glück doch renne nicht zu sehr denn alle rennen nach dem Glück das Glück rennt hinterher. Bertolt Brecht, Dreigroschenoper

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Die Klosterbühne bedankt sich für die Unterstützung beim Bühnenbild!

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Biografie Bertolt Brecht (auch: Bert Brecht; eigentlich: Eugen Berthold Friedrich Brecht) wurde am 10. Februar 1898 in Augsburg als ältester von zwei Söhnen des späteren Fabrikdirektors Berthold Brecht (1869 – 1939) und dessen Frau Sophie (1871 – 1920) geboren.

Über seine Schulzeit schreibt Bertolt Brecht später: »Die Volksschule langweilte mich 4 Jahre. Während meines 9-jährigen Eingewecktseins an einem Augsburger Realgymnasium gelang es mir nicht, meine Lehrer wesentlich zu fördern. Mein Sinn für Muße und Unabhängigkeit wurde von ihnen unermüdlich hervorgehoben.« Nach dem Notabitur im Ersten Weltkrieg immatrikulierte sich Bertolt Brecht zwar am 2. Oktober 1917 an der Ludwig-Maximilians-Universität in München für das Studium der Medizin und der Naturwissenschaften – begann jedoch nicht ernsthaft damit, denn das wahre Interesse des jungen Mannes, der schon als sechzehnjähriger Gymnasiast mehrere Texte in den »Augsburger Neuesten Nachrichten« veröffentlicht hatte, galt dem Schreiben. Am 1. Oktober 1918 – wenige Wochen vor dem Ende des Ersten Weltkriegs – musste er noch zum Militär und wurde als Sanitätssoldat in einem Seuchenlazarett in Augsburg eingesetzt. Das Leid, das er dort sah, machte den Zwanzigjährigen zum bewussten Pazifisten. 1922 wurde sein erstes Stück »Trommeln in der Nacht« in München uraufgeführt. Sein Drama »Baal« erschien in Buchform. Bei der Premiere von »Trommeln in der Nacht« in Berlin lernte Brecht Helene Weigel kennen. Das Theaterstück »Baal«, das Bertolt Brecht im Alter von zwanzig Jahren geschrieben hatte, wurde am 8. Dezember 1923 in Leipzig uraufgeführt. Gleich darauf verbot der Oberbürgermeister das anarchische, expressionistische Stück, das von einem vermeintlichen Dichter- und Musikergenie handelt, einem jungen Mann, der sich und seine engsten Freunde zerstört, weil er sich in seinem egomanisch-narzisstischen Wahn gegen jede Vereinnahmung wehrt, nach einem schrankenlosen Leben giert und glaubt, keinerlei Rücksichten nehmen zu müssen. Im Oktober 1924 zog Bertolt Brecht von München nach Berlin, wo Max Reinhardt (1873 – 1943) ihn und seinen zwei Jahre älteren Kollegen Carl Zuckmayer als Dramaturgen für das Deutsche Theater unter Vertrag nahm. Ab 1926 beeinflusste Brechts Hinwendung zum Marxismus zunehmend sein Werk. Es entstanden sogenannte Lehrstücke. 1928 wurde »Die Dreigroschenoper« im Theater am Schiffbauerdamm uraufgeführt. Damit führte Brecht das von ihm konzipierte »epische Theater« ein: Durch den Einsatz von Verfremdungseffekten soll die Identifikation des Zuschauers mit dem Geschehen auf der Bühne erschwert werden. Angestrebt wird stattdessen eine kritische Distanz. 1929 heiratete Brecht Helene Weigel. Die Uraufführung der Oper »Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny« endete – gestört von Anhängern der NSDAP – in einem Skandal. Ab 1933 lebte Brecht im Exil in verschiedenen europäischen Ländern und in den USA. In dieser Zeit entstanden unter anderem »Mutter Courage und ihre Kinder«, 1941 in Zürich uraufgeführt, und »Das Leben des Galilei«. 1949 siedelte Brecht nach Ost-Berlin über, wo Helene Weigel mit der Gründung des »Berliner Ensemble« beauftragt worden war. Brecht wurde Künstlerischer Leiter des Theaters und 1951 mit dem Nationalpreis der DDR ausgezeichnet. 1955 stellte Brecht sich an die Spitze des Protests gegen die Aufnahme der BRD in die NATO. Privat wirkte Bertolt Brecht bescheiden, zurückhaltend und ein wenig schüchtern, doch wenn es sich um künstlerische Auffassungen handelte, vertrat er eine klare Meinung. »Es ging Brecht immer um die Sache, nie um seine Person.« (Marianne Kesting). Max Frisch kommentierte in seinem Tagebuch: »Die Faszination, die Brecht immer wieder hat, schreibe ich vor allem dem Umstand zu, dass hier ein Leben wirklich vom Denken aus gelebt wird.« Am 14. August 1956 starb Bertolt Brecht mit 58 Jahren an den Folgen eines Herzinfarkts. Quelle: Bertolt Brecht - Biografie und Inhaltsangaben www.inhaltsangabe.de/autoren/brecht/


Hans im Glück von Bertolt Brecht In das ländliche Idyll von Hans und Hanne tritt ein koketter Fremder. Er verführt Hanne, entreißt sie Hans und bricht mit ihr in ein neues Leben auf. Hans bekommt dafür lediglich den gemeinsamen Bauernhof. Kurz darauf tauscht er jedoch den Hof gegen einen Wagen und läßt sich ebenfalls auf das Abenteuer Freiheit ein. Wie in dem gleichnamigen Märchen der Gebrüder Grimm tauscht Hans gutgläubig Stück für Stück seines Besitzes und sucht in dem ihm widerfahrenden Übel immer wieder aufs Neue das Glück und die Liebe seines Lebens.

Der damals 21-jährige Bertolt Brecht sprach von einem mißlungenen Stück, heute jedoch wirkt dieses Fragment wie ein modernes Road-Movie, dessen Titelfigur sich permanent fragt, wofür es sich zu leben lohnt.

Bild oben links: Yorck, Anja (Hans + Karussellweib) „Und euch? Habt ihr nicht euch?“ Bild oben rechts: Dietmar, Helmut, Lisa Bild unten: Ernst-Richard, Yorck Freund: „Man muss den ganzen Menschen lieben. Auch das Sündhafte.“


Erfolg: Das Hans-im-Glück-Prinzip Mit einem Klumpen Gold machte er sich auf den Heimweg. Mit leeren Händen kam er zu Hause an. Aber ist Hans wirklich gescheitert? Der erfolgreichste Gescheiterte, der blamierteste Erfolgsmensch der deutschen Märchenwelt heißt Hans. Sein Nachname lautet: im Glück. Denn Hans verkörpert das Glück, wenn auch jenseits aller Stereotype. Was Glück und Erfolg für jemanden bedeuten, ist relativ. Ein Kranker ist glücklich, wenn der Schmerz nachlässt. Er braucht keinen Ferrari. Der lebensrettende Erfolg des Ein- oder Ausgesperrten besteht im schlichten Öffnen einer Tür. Erfolg – der Zwillingsbruder des Glücks – hängt also allein von der Beschaffenheit jenes Ziels ab, das zu erreichen man sich gewünscht hat. Und

Menschen wählen mitunter sehr eigene Ziele.

Die Geschichte vom Hans im Glück, welche die Brüder Grimm 1818 in ihre berühmte Märchensammlung aufgenommen haben, ist eine Erfolgsstory, die den Leser vor den Kopf stößt: Ein junger Mann, der seinem Meister sieben Jahre lang treu gedient hat, wird mit einem gewaltigen Goldklumpen von der Größe des eigenen Kopfes entlohnt. Mit diesem Schatz auf der Schulter macht er sich auf den Weg nach Hause. Doch Hans hat von Anfang an keine rechte Freude am Gold, er spürt nur das Gewicht. Bald beschwert er sich: „Es drückt mir auf die Schulter.“ Als er einem Reiter begegnet, tauscht er den Klumpen daher freudig gegen dessen Pferd und bedauert den andern noch: „Jetzt müsst Ihr Euch damit abschleppen.“ Doch das muntere Ross wirft den Hans prompt ab, drum tauscht er es beim nächsten Bauern gegen eine Kuh. Diese tritt ihn kräftig vor die Stirn, als er sie mit ungeschickter Hand zu melken versucht, drum tauscht er sie weiter – gegen ein Schwein. Der nächste Wanderer redet Hans ein, das Schwein sei gestohlen, und erleichtert gibt Hans es her und nimmt dafür die Gans des Fremden. Nach jedem für ihn nachteiligen Tausch ist Hans noch besserer Stimmung und preist Fortuna, weil die es so gut mit ihm meint. „Herz, was verlangst Du mehr“, ruft er oder: „Ich bin in einer Glückshaut geboren.“ Das Schicksal nimmt seinen Lauf, auch bei der Gans bleibt es nicht, Hans tauscht sie gegen den schadhaften Schleifstein eines Scherenschleifers. Der Stein plumpst zuletzt auch noch in einen Brunnen, und da kniet der aller Güter ledige Hans nieder und „dankte Gott mit Tränen in den Augen“, dass er ihn von seiner Last befreit habe. Im wahrsten Sinne unbeschwert kehrt er heim zu seiner Mutter. Hans im Glück ist eigentlich kein richtiges Märchen: Es gibt keine Feen, keine Hexen, keine drei Wünsche. Der Held gewinnt weder Prinzessin noch Königreich, sondern verliert bloß. Durch eigenes Zutun kommt ihm nach und nach alle Habe abhanden. Die Menschen sind richtige Menschen: tückisch und auf den eigenen Vorteil aus. Die Tiere sprechen nicht, sondern verhalten sich wie Tiere. Die einzige durch und durch märchenhafte Figur ist Hans selbst. Er allein ist nicht von dieser Welt. Was ist ihm wohl wichtig? Er investiert keine Mühe in auch nur eines seiner Güter. Versucht nicht, den drückenden Goldklumpen auf einen Karren zu laden, versucht nicht, das Pferd zu bändigen oder die Kuh zu beruhigen. Aller Besitz und alle damit verbundene Mühe sind ihm lästig. Er tauscht ohne Reue. Und auch der nächste Besitz macht ihn erst wieder froh, wenn er ihn los ist. Mit der Schrumpfung seines Eigentums wird Hansens Laune besser und besser. Obwohl er immer hemmungsloser übers Ohr gehauen wird, ist er an keiner Stelle verbittert oder enttäuscht. Hans ist einfach nicht zu betrügen. Für den Leser erzählt Hans im Glück vom Scheitern, für den Protagonisten selbst ist es eine Erfolgsgeschichte. Aus dieser Spannung gewinnt das Märchen


seinen tieferen Sinn. Der Leser lacht schadenfroh über den Dummen, er fühlt sich überlegen. Er denkt allein in ökonomischen Kategorien.

Warum der Sonntag so wichtig ist Doch das Lachen bleibt demjenigen im Halse stecken, der erkennt, dass es Hans ist, der zuletzt am besten lacht. Hans nämlich hat ein anderes Erfolgsmodell. Sein Wertesystem ist ver-rückt, und scheinbar Wertloses ist ihm kostbar. Bei Kindern erlebt man das manchmal, wenn sie den schicken neuen Teddybären, den sie zu Weihnachten bekommen haben, zugunsten des alten links liegen lassen, obwohl der nur noch ein Auge hat und schon die Sägespäne herausrieseln. Dabei ist Hans kein Idiot. Er muss ein kluger Kopf und ein fleißiger Arbeiter sein, sonst wäre er von seinem Meister kaum so exorbitant bezahlt worden. Sein Goldklumpen ist kein Lottogewinn, sondern der Lohn für sieben Jahre der Anstrengung und Entbehrung. Wir mit unserem Versicherungsdenken würden sagen: Das Gold ist Hansens Fundament für die Zukunft, jetzt kann er heiraten, Kinder ernähren, ein Haus bauen, einen Betrieb aufmachen. Aber darauf kommt es Hans offenbar gar nicht an. Sein Streben gilt Dingen, die man nicht sieht. Erfolgreich und reich gehören für ihn nicht zusammen. Die großen Philosophen und Religionsstifter haben sich verhalten wie Hans im Glück. Materieller Reichtum zählte nicht. Man solle sein Herz nicht an die irdischen Güter hängen, mahnte der Apostel Paulus, man solle „haben, als hätte man nicht“. Und auch Diogenes genügte die Sonne.

Hans wird seiner Mutter keinen Goldklumpen heimbringen. Aber er bringt ihr sich selber heim. Aber Hans ist kein Religionsstifter und auch kein Philosoph. Er hat keine Mission. Hans hat bloß eines: ein festes Ziel. So wechselhaft und wankelmütig er in seinen kurzfristigen Anwandlungen des Begehrens auch sein mag, so unbeirrbar ist er auf seinem Weg. Nach sieben Jahren schwerer Arbeit kehrt er heim zu seiner Mutter. Das bedeutet: Er hat eine stabile Beziehung und einen Ort, an dem er verwurzelt ist, an den er gehört. Er hat jemanden, der auf ihn wartet. Jemanden, den er liebt und der ihn liebt. Ob einer erfolgreich ist, hängt allein von der Beschaffenheit des Ziels ab, das zu erreichen er sich vorgenommen hat. Im Fall des Hans ist das Ziel sein Zuhause. Die Beziehung zu seiner Mutter ist das Einzige, was ihm etwas wert zu sein scheint, und das macht ihn frei von allem anderen. Er wird seiner Mutter keinen Goldklumpen heimbringen. Aber er bringt ihr sich selber heim – gesund und mit Fröhlichkeit im Herzen.

„Alles, was ich wünsche, trifft mir ein, wie einem Sonntagskind“, ruft Hans am Ende laut. Da hat er recht. Die Weisheit des Hans im Glück ist die Weisheit des Sonntags, jenes Tages also, der nur für sich selbst steht und keinerlei ökonomischen Zweck erfüllt. Sechs Tage in der Woche bestehen aus Mühe und Arbeit, Stress und Hektik. Am siebten Tag aber darf sich der Mensch im untätigen Dasein daran erinnern, dass er selbst einen Lebenswert hat, den er sich nicht verdienen muss, ja den er sich gar nicht verdienen kann. Hans muss nichts heimschleppen, er muss nichts leisten, er weiß: Ich darf leben, so wie ich bin. Ich werde geliebt, weil es mich gibt. Hans ist nicht korrumpierbar, er trägt den Sonntag in sich. Das ist sein Glück und sein Erfolg. Um seine Zukunft muss sich niemand Sorgen machen. Man könnte auch sagen: Hans ist ein gesegneter Mensch. Text von Sabine Rückert Quelle: ZEITmagazin Nr. 1/2014


Die Besetzung Hans

Yorck Heerhorst

Hanne

Jeanette Dobbertin

Herr Feili

Friedel Schiffer

Magd

Rosemarie v. Strohe

Erster Kaufmann

Niklas Niemann

Zweiter Kaufmann

Rebecca Gallinat

Freund

Peter Zanini

Mädchen (Szene 3,5,11)

Bettina Borchert

Junger Mensch

Frederic Lutter

Karussellweib

Anja Fahrenbach

Zweite Frau

Rosemarie v. Strohe

1. Kerl (Szene 5)

Dietmar Seyfert

2. Kerl (Szene 5)

Helmut Sinsel

Altes Weiblein

Rosemarie v. Strohe

Bursche

Stefan Kalisch

Mädchen

Lisa Hövelmann-Köper

Erster Hirte

Niklas Niemann

Zweiter Hirte

Rebecca Gallinat

als Narr

Michaela Niemann

Licht

Werner Gollubits, Johann Heerhorst

Ton

Ahmad Tamim

Kostüme

Niklas Niemann, Jeanette Dobbertin, Anne Tenzer, Susanne Manz

Requisiten

Ensemble, Niklas Niemann

Maske

Susanne Manz, Ensemble

Bühnenbild

Stefanie Tribukait

Bühnenbau

Stefanie Tribukait, Stefan Kalisch, Friedemann Schiffer, Werner Gollbits, Rainer Rabbow, Günter Schmidt, Niklas Niemann und Ensemble

Inspizienz

Ina Gärtner

Souffleuse

Beate Paffrath-Müller

Regieassistenz

Jana Bartschat

Co-Regie

Beate Paffrath-Müller und Ensemble (aufgrund krankheitsbedingter Abwesenheit des Regisseurs)

Musik

Lukas Hövelmann-Köper (Komponist)

Regie

Ernst-Richard Köper


Die künstlerische Leitung Regie: Ernst-Richard Köper, geb. 1953 in Krefeld Köper hatte nach dem Abitur an der Hochschule für Musik und darstellende Kunst in Frankfurt Schauspiel studiert und anschließend zehn Jahre an verschiedenen deutschen Bühnen gespielt, bevor er zunächst im Schreiben eine neue berufliche Herausforderung fand. In seinem Engagement an der Klosterbühne in Wennigsen sieht Köper einen sich schließenden Kreis seiner künstlerischen Tätigkeit.

Bühnenbild: Stefanie Tribukait, geb. 1977 in Koblenz. Die studierte Innenarchitektin hat während ihrer Zeit bei der spanischen Firma Futur-2 in Barcelona auch an der Gestaltung diverser Bühnenbilder mitgewirkt. Heute lebt Stefanie Tribukait mit Mann und vier Kindern in Degersen und bereichert mit ihren künstlerischen und professionellen Kenntnissen das Team der Klosterbühne Wennigsen.

Musik: Lukas Hövelmann-Köper, geb. 1989 in Kassel Im Alter von 16 Jahren lernte Hövelmann-Köper autodidaktisch das Gitarre spielen und komponieren. Mit 20 Jahren erhielt er Unterricht an der Musikhochschule Kassel im klassischen Klavierspiel und Jazzgitarre. Seit 2015 arbeitet er in Berlin als freiberuflicher Komponist. 2016 gewann er den 1. Preis des IOEF ( Indonesia Orchestra and Ensemble Festival) Composition Award für sein Orchestrales Werk.

Obere Reihe von links: Lisa Hövelmann-Köper, Jana Bartschat (Regieassistenz), Dietmar Seyfert, Bettina Borchert, Friedemann Schiffer, Jeanette Dobbertin, Ernst Richard Köper (Regisseur), Beate Paffrath-Müller (Souffleuse, Regieassistenz) Mittlere Reihe: Stefanie Tribukait (Bühnenbild), Stefan Kalisch (Bühnenbau), Anja Fahrenbach (Intendanz) Rebecca Gallinat, Rosemarie von Strohe, Vordere Reihe: Niklas Niemann (Bühnenbau, Kostüme), Michaela Niemann, Yorck Heerhorst, Ahmad Tamim (Ton, Bühnenbau) Nicht im Bild: Werner Gollubits (Licht), Johann Heerhorst (Licht), Thore Fahrenbach (Technik und Licht), Frederic Luther, Ina Gärtner (Inspizienz), Anne Tenzer (Kostüme), Susanne Manz (Maske), Peter Zanini


Ensemble

Gedanken zum Stück – zum Glück – zum Unglück „Leo, was bedeutet für Dich „Unglück“? Leo (11 Jahre): „Schlechte Noten zu schreiben.“ Ist „Unglück“ das Gegenteil von Glück? Und was ist dann „Pech“? Leo: „Wenn ich ´ne 6 schreibe, dann ist das Pech!“... „Unglück hat man, wenn man Gedanken hat, die nicht gut sind, wenn man traurig ist. Wenn man etwas nicht so tolles erlebt oder erfährt. Ein Unglück PASSIERT: ..., wenn in den Nachrichten kommt, dass es in Wennigsen sehr viele Terroristen gibt, wenn Du nach Hause kommst und das Haus steht in Flammen....“ Paul, was ist für Dich „Unglück“? Paul (9 Jahre): „Wenn etwas schlechtes passiert.“ Ist „Unglück“ das Gegenteil von „Glück“? Paul :„Ja.“ Und was ist dann „Pech“? Paul:„... keine Ahnung!“ Was wäre denn für Dich persönlich ein „Unglück“? Paul: „Hm... Warum fragst Du das eigentlich, Mama?“ Weil ich selbst nicht so richtig weiß, was für mich „Unglück“ heißt. Da dachte ich, ich frage Dich mal.” Paul: „Ich weiß es auch nicht... Eigentlich bin ich total zufrieden..., das einzige, was mich stört ist mein Wackelzahn.“ Jule, was verstehst Du unter „Unglück“? Jule (6 Jahre) „Hä? Was soll das sein, Mama?!“ Ich denke jetzt, ein Unglück wäre es für mich, wenn einem meiner Kinder etwas Schlimmes zustoßen würde. „Glück“ heißt auf spanisch übersetzt suerte.Mala suerte, also „schlechtes Glück“, heißt übersetzt aber nicht „Unglück“, sondern „Pech“. „Unglück“ ist desgracia, das Gegenteil von gracia - Gunst, Gnade

Stefanie Tribukait, Bühnenbild

„Der Lebenslauf des Narr ist ein holpriger, einsamer, ja vielleicht auch unglücklicher Weg. Sein Job ist es, den Spaßmacher zu geben. Aber durch seine laute, direkte und ehrliche, unangepasste und teilweise auch anklagende Art hat er in seinem Leben oft Pech gehabt und seine Arbeit verloren. (Wikipedia: Unglück ist ein anhaltender emotionaler negativer Zustand, auch Gram genannt. Grämt der Narr sich, ist er unglücklich, weil er nicht angepasst, nicht anerkannt ist? „Ich glaube nicht, dass man unglücklich wird, wenn man seinen Weg geht, sondern wenn man das Glück am falschen Ort sucht.“

Michaela Niemann spielt den Narr


Der Hans wünscht sich sehnlichst einen Freund. Ja, ein guter Freund, das ist das Schönste. Der Freund von Hans aber ist kein Freund. Hans lässt sich täuschen. Während ich mich auf die Rolle des Freundes vorbereitete, musste ich an meine eigenen Freundschaften denken. Nicht dass ich je getäuscht wurde oder selbst ein Täuschender war. Nein, es ging vielmehr um die Frage, mit welchen der vielen lieben Menschen, die ich mal täglich, mal gelegentlich um mich habe, mich eine wirklich tiefe und innige Freundschaft verbindet. Sind es am Ende gar nicht so viele, wie ich dachte? Ich versuchte die Namen alter Weggefährten aufzuzählen, meinen Freunden, denen ich mein ganzes Herz ausschütten und vorbehaltlos alles anvertrauen kann. Ohne dass ich mich dagegen wehren konnte, begann ich eine Rangund Reihenfolge zu überlegen, die ich, wie ich sie auch drehte, als ungerecht empfand und schnell verwarf. Vielleicht sind die meisten von uns am Ende doch gänzlich ohne echten und allerbesten Freund. Und wir haben für jede Lebenssituation andere Freunde, Bekannte, gute Beziehungen, die uns einen innigsten Freund, der über Allem steht, gar nicht vermissen lassen. Wann zuletzt bedurften Sie einer ganz besonderen Freundschaft und wann zuletzt durften Sie einem Mitmenschen ihre eigene tiefe Freundschaft schenken? „Hans im Glück“ lädt Sie ein, darüber nachzudenken.

Peter Zanini spielt den Freund

Es gibt so viele Inhalte des Stückes, die mich berühren und zum Nachdenken bringen. Ein ganz kurzer Satz meines Textes als Karussellweib: Weib zu Hans: „Deine Dummheit ist geradezu unheimlich!“ Aber nicht Hans steckt voller Dummheit, sondern alle Menschen, die um ihn herum sind. Und das ist das Unheimliche. So viel Dummheit, Abgebrühtheit und Egoismus um einen herum. Und Hans ist trotz der Menschen um ihn, die ihn nur betrügen und belügen und ausnehmen, immer voller Hoffnung. Er hat die Hoffnung auf Glück und Zufriedenheit. Bis zum Schluss. Hans: „Das ist schön. Jetzt ist kein Mangel mehr. Jetzt habe ich es bald heraus. Zumal da es Frühjahr wird, Ich fahre gleich heute Abend noch. Solange der Schnee schmilzt scheint der Mond. Es ist alles schön! Es ist alles schön!“

Anja Fahrenbach spielt das Karusselweib


„...in einer Glückshaut geboren“?!? Die Suche nach dem perfekten Leben ist die sicherste Methode, unglücklich zu enden. Dies postuliert Harald Martenstein in seiner Zeit-Kolumne „Über die Zone zwischen Glück und Unglück.“ Die Gesellschaft um ihn herum entspricht in ihrem ehrgeizigen Tun weitestgehend dieser Behauptung, doch Bertolt Brechts „Hans“, bei flüchtiger Betrachtung ein wenig dumm und einfältig erscheinend, zeigt sich auf den zweiten Blick erschütternd stark und konsequent in der Definition der Werte seiner eigenen Lebenswirklichkeit. Am Ende seiner dramatischen Reise angelangt, bedauert er nur noch eins: “Ich kann nicht überall zu gleich sein. Schade.“ Was man wohl übersetzen mag mit: „Ich würde gerne, doch ich kann nicht allem und jedem gerecht werden.“ Aber sich selbst und seinen Werten bleibt er treu; er spürt es wohl und erkennt: „Jetzt ist kein Mangel mehr.“ Hans stirbt glücklich!

Yorck Heerhorst spielt Hans

ist, sich persönlich zu kennen

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Die Erfahrung der Gnade bestimmt unser Handeln „Wie bekomme ich einen gnädigen Gott?“ Das ist die Frage, die Martin Luther umgetrieben hat. Diese Frage hat ihn intensiv beschäftigt und dann hat er schließlich in der Bibel die Antwort gefunden. Wir können noch heute die Befreiung spüren, die diese Antwort für ihn und für die Menschen damals bedeutete, welch ein Aufatmen, welch ein Schatz, ja, mit einem mal sieht die Welt ganz anders aus. Und darum haben die Menschen diese Antwort seither gepflegt, haben sie gehütet, weitergegeben, weiter entwickelt, diese Antwort hat das Leben bestimmt, hat ungeahnte Möglichkeiten eröffnet und hat alles leichter gemacht. Und wir haben das große Glück, in diesem Jahr sage und schreibe das 500. Jubiläum dieses großen Glücks zu feiern. Gnade hat Einzug gehalten in unser Denken und Fühlen durch die Gnade Gottes. Die Erfahrung der Gnade bestimmt unser Handeln. Sollte man denken! … Tja … sollte man denken … Wie ungnädig gehen wir mit uns und anderen Menschen um, effektiv, profitabel, optimiert, selbst-optimiert, fehler- und faltenfrei, erfolgreich und sexy nach Maßstäben des BMI.

Und dann kommt der Hans im Glück daher! Darf der überhaupt glücklich sein? Was für Maßstäbe hat der denn? Ist er nicht selbst schuld? Und woran ist er geradezu unschuldig? Wer sucht die Gnade? Wer findet den gnädigen Gott? Eine Menge Stoff zum Nachdenken, wunderbar aufbereitet und appetitlich präsentiert – am richtigen Ort – zur richtigen Zeit!

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27. März 2017

Einlass 19:00 Uhr Johanniterhaus Kloster Wennigsen

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Als der junge Brecht zur Generation Avantgarde gehören wollte, schrieb er das Stück „Hans im Glück“. Dann war es ihm zu sentimental. Jeder kennt „Baal“ von Bertolt Brecht, das weltberühmte Skandalstück über einen so verführerischen wie asozialen Ego-Shooter. Doch „Hans im Glück“? Ist allgemein bekannt bloß als grimmsches Märchen. Ist aber auch ein fast fertig formuliertes Stück vom 21 Jahre jungen Brecht. Mit „Baal“ wollte Brecht endlich groß rauskommen, schickte das Skript an mehrere große Bühnen, auch an Alfred Kerr und Max Reinhardt. „Hans im Glück“ hingegen, quasi parallel zu „Baal“ verfasst, ließ er auf Nimmerwiedersehen in der Versenkung verschwinden.

„,Hans im Glück‘ misslungen, ein Ei, das halb stinkt.“

Aber auch Brechts Papa ist sauer über Sohnemann, der das Jahr zuvor (unehelich!) Vater eines Knaben (Frank Banholzer) geworden war. Tagebucheintrag 15. September 1920: zerknirschtes Stöhnen über Vaters „unsinniges Gerede über Kommunismus“ und dessen Vorwürfe, der Sohn habe mit seinen 22 Jahren noch nichts für die Allgemeinheit getan. „Er will jetzt endlich eine ernste Arbeit bei mir sehen. Das, was ich mit meiner Literatur getan hätte, hält er für gar nichts. Parallel dazu eine andere, erstaunlich fatalistisch-selbstbewusste Notiz des Gescholtenen: „Das deutsche Drama geht unter. Jetzt verlassen die Ratten das Schiff: Der Reinhardt zieht ab, der Kerr igelt sich in der Walhalla ein und findet alles ‚so schön…‘. Aber wir wollen uns in ihm einquartieren und die Beine gegen die Planken spreizen und sehen, wie wir das Schiff vorwärts bringen. Vielleich saufen wir das Wasser auf, das durchs Leck quillt. Vielleicht hängen wir unsere letzten Hemden an den Mast als Segel und blasen dagegen, das ist der Wind, und furzen dagegen, das ist der Sturm. Und fahren singend hinunter, dass das Schiff einen Inhalt hat, wenn es auf Grund kommt.“

Die Suche nach dem Theater der Zukunft

Ein keck ironisches Statement der aufbrechenden Generation Avantgarde. Das wiederum plausibel macht, warum „Hans im Glück“ total fortgewischt wurde. Die Überrumpelungsmechanik des Expressionismus nämlich war Brecht zu unpolitisch geworden, zu kulinarisch, zu inhaltsarm, also ungeeignet für ein weltverbesserisches „Theater der Zukunft“, für das er alsbald die - heutzutage so nervend zeigefingerhafte Form des Lehrstücks erfinden sollte. Der Hans ist allerdings überhaupt kein Baal. Dieser Hans taumelt vielmehr als ein einfältig sich selbst Genügender durchs ihm unverständliche Dasein. Also ein Anti-Baal. Und ein derart weltentrückt passiver Gutmensch passte nicht in Brechts Theater, das eine Welt umkrempeln wollte, auch wenn er noch so wunderschön poetisch sprechen kann: „Ich denke oft so: Wenn die Menschen in die Hölle kommen, weil sie nicht gut gewesen sind, sondern immer schlechter geworden, dann werden sie vorher noch (Hans schwebt in einem Jahrmarktskarussell) hoch oben in der Luft über das Paradies gefahren. Dass sie sich hinunterbeugen und dies goldene sehen. Dann ist es schlimmer in der Hölle für sie.“ „Hans im Glück“ wurde anno 1998 in Hamburg uraufgeführt.
 Quelle: Peter Wengierek


Bertolt Brecht schreibt als 22jähriger:

„Mitunter überfällt es mich, dass meine Arbeiten vielleicht zu primitiv und altmodisch seien oder plump und zu wenig kühn. Ich suche herum nach neuen Formen und experimentiere mit meinem Gefühl wie die Jüngsten. Aber dann komme ich doch immer wieder drauf, dass das Wesen der Kunst Einfachheit, Größe und Empfindung ist und das Wesen ihrer Form Kühle.“

Das Glück im Wasserglas

Es musste mitten in der Nacht gewesen sein, als er die Decke zurückwarf, aufstand und seinen Morgenmantel überwarf. Leise und vorsichtig lief er durch den Flur, der nur vom Licht des Mondes erhellt wurde. Er kannte das alte Farmhaus genau. Er war hier geboren worden und hatte fast sein ganzes Leben hier verbracht. Auch in völliger Dunkelheit fand er sich zurecht und wusste ganz genau, welche Dielen knarrten. Er ging durch den kalten Wohnraum – das Feuer im Kamin war schon seit Stunden erloschen – und ging in den wärmsten Raum des Hauses. Die Küche. Grace, die Haushälterin war noch bei den letzten Arbeiten, anscheinend bereitete sie schon das Essen für den nächsten Tag vor.
 Grace war nicht nur Angestellte, Grace war Teil der Familie. Früher war sie sein Kindermädchen gewesen und dann, als er in den Krieg zog, war sie einfach geblieben. Seufzend setzte er sich an den Tisch, Grace stellte ihm ein Glas Wasser hin. 
„Kann der Herr nicht schlafen?“
 Er schüttelte den Kopf. 
„Zu viele Gedanken und Sorgen halten den Kopf wach.“
 „Ist irgendetwas passiert? Ist jemand erkrankt?“
„Nein, nichts passiert, niemand erkrankt. Das Geschäft, das Streben nach Glück zerbricht mir den Kopf. Sag mir Grace, wollen die Menschen immer mehr? Warum können sie nicht glücklich sein?“
„Schmeckt dir dein Glas Wasser, Herr?“ 
Er nickte und leerte das Glas in einem Zug.
 Grace füllte das Glas erneut mit Wasser. Sich selbst aber presste sie zwei Orangen aus und trank den frischen Saft. Fast neidisch sah er ihr zu.
 „Machst du mir auch ein Glas mit Orangensaft?“ 
Grace lächelte.
 „Ich dachte, dein Wasser ist gut?“
„Ja, aber Orangensaft ist besser.“
 Grace stellt ihm das neue Glas hin. 
„Du wärest vollkommen glücklich mit dem Wasser gewesen, hättest du den Saft nicht gesehen, Herr. Du musst lernen, das Glück im Wasserglas zu sehen.“ Aus „Anthology der Gier“, hg. von michason & may.


Der „Hans“ von Brecht Ein Prototyp? Für was? Für wen? Ein naiv taumelnder Gutmensch – surreal, nicht von dieser Welt, in keiner Welt zu Hause, nicht in die Welt passend. Ein Prototyp? „Er ist etwas dumm, aber tut alles, ist stark, ist ein guter Mensch“, sagt Hanne über ihn im Stück. Ein ganz und gar Naiver in ländlich-einfacher Idylle, in der er erschütternd wehrlos auf lauter böses Volk trifft, das ihm, dem „bäuerlichen Simpel“ alle irdischen Güter abluchst, bis ihm bloß noch das nackte Leben bleibt. „Jetzt ist kein Mangel mehr“, sagt er am Ende in den Armen des Mädchens, „verloren glückselig träumend unterm Sternenzelt“, sterbend. Ein Prototyp? Wohl kaum. Wer möchte sich schon mit Jemandem identifizieren, über den seine Frau sagt, er sei „etwas dumm, aber…ein guter Mensch“? Ich nicht. Obwohl, ein guter Mensch möchte ich schon sein. Im besten Sinne natürlich. Aber dumm? Nein. Hans bewegt sich schlafwandlerisch sicher immer direkt in die nächste Katastrophe, so jedenfalls erscheint es dem Betrachter. Zuerst die Frau, dann das Haus, der Wagen mit den Gäulen, ja sogar die Gans – nichts bleibt ihm. Hans gibt das, was er hat, dem, der es von ihm haben will. Nichts bleibt ihm. Nichts? „Hans ist ein wehrlos Verlorener, permanent zu seinem totalen Nachteil Manipulierter in einer total rationalen EgoGesellschaft.“ (Reinhard Wengierek, 4.3.2014, Welt N24). Das kennen wir: die Ego-Gesellschaft - den neidvollen Blick auf die neuen Klamotten der Kollegin, das abschätzende Fragezeichen im Kopf beim Taxieren des Hauses oder des fahrbaren Untersatzes unserer Mitmenschen „wie der sich das leisten kann?“. Alle gegen alle und jeder für sich. Das sind wir. Die Ego-Gesellschaft. Das Erst-komme-ich-Kredo, aktuell beinahe täglich in der Weltpolitik zu vernehmen und auf die Spitze getrieben: „America First“. (Ein Kredo, das es, man glaubt es kaum, in den Satirehimmel der westlichen Hemisphäre geschafft hat: „America First“ – Der Slogan von Donald Trump, der Rest ist bekannt. … „But who wants to be second?“ Das ist die Antwort. Ein weltweites Satireprojekt kontert (selbst)ironisch. Satire #everysecondcounts). Brechts Hans bewegt sich in dieser Welt – er vertraut seinem Gefühl, dass es gut und richtig sein muss, zu geben, aufzugeben, weiterzugeben, fortzugeben. Dafür wird er bestenfalls belächelt. Wieder Andere mag dieses Verhalten verunsichern, befremden. Ungläubiges Kopfschütteln und Ablehnung hervorrufen. Er ist sicher nicht perfekt, stolpert und sucht. Vertraut und wird betrogen. Wird allein gelassen und findet – sich? Gott?

Ein Prototyp? Gerade jetzt? Ein Prototyp. Gerade jetzt. Text: Bettina Borchert

„Prototyp” Bedeutungen [1] Inbegriff für etwas, typischer Vertreter einer Gruppe [2] Muster, Urform von etwas [3] Technik: Vorab-Exemplar, erste Ausführung eines Produktes vor der Serienfertigung, das zur Erprobung von Eigenschaften dient


Unser herzlicher Dank

Unser herzlicher Dank gilt Pastor Carsten Wedemeyer, Gabriele-Verena Siemers, Martin Wulf-Wagner, Melanie Günther, Frau Franke, Frank Schieke für die Suche nach einem Tischler, Fa. Tischlerart für die Elemente, der Deister-Freilicht-Bühne für die Kostüme, Dirk Müller und dem Heimatmuseum Wennigsen für das Zur-Verfügung-stellen der Bühnen-Requisiten, dem Verein Graue Haare-Buntes Leben für den Raum, der Christusgemeinde Wennigsen für die Nutzung des Saals als Probenraum, dem Johanniterhaus Wennigsen für den Raum, Dietmar Seyfert für sein Knowhow in allen Klosterfragen, Beate Nandzik, Kirchenbüro Wennigsen, Bettina Conrad vom Kirchenkreisamt, Ali Aktar, Inhaber des Geschäftes Hauptsache, Thore Fahrenbach, Johann Heerhorst, Rainer Rabbow, Günter Schmidt, Justus Gärtner, Tristan Borchert, Lasse Fahrenbach, Jonathan Borchert, Alicia Niemann, Juliane Schmüser, Lisa Strecker, Christa Schüler, Erika Voges, Stefanie Rogge für ihre unkomplizierte Umsetzung unserer Ideen und ihre kompetente Hilfe bei allen Fragen, allen Helferinnen und Helfern beim Ausschank und an der Abendkasse und allen Unterstützern, Förderern und Freunden! Und Elke und Lisa für ihre Kraft und ihren Optimismus in dieser schweren Zeit!

Darüberhinaus bedanken wir uns bei allen Sponsoren, die dieses Programmheft ermöglicht haben: Frau Kamelia Khatibian e.K., Apothekerin, Bergapotheke, Wennigsen, Herrn Philip Pappermann, VGH-Versicherungen, Wennigsen, Herrn Steffen Döring, Edekamarkt Ladage, Wennigsen, Frau Stefanie Rogge, Werbeagentur Rogge, Bredenbeck, Christina Müller-Matysiak und Dr. Peter Armbrust, RA Kanzlei Wennigsen, Fa. Tischlerart, Wennigsen, Reisebüro Cruising, Wennigsen, Herrn Dr. Dietrich Borchert, bbt Rechts-und Steuerkanzlei, Hannover. IMPRESSUM

Dankeschön!

Redaktion: Bettina Borchert Fotografie: Ernst-Richard Köper, Yorck Heerhorst, Stefanie Rogge, Calenberger Online News (Gruppenfoto S. 11) Grafik: rogge werbeagentur, Bredenbeck Auflage: 1000 Stück 2/2017


Ankündigung

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70 11-350 60 Karten: 05 n h e.de -hinterbue ticket@die

Liebes Publikum,

Die Klosterbühne gibt es seit 34 Jahren. Gegründet 1973 von Burkhard Gums, dem damaligen Pastor in der Gemeinde Wennigsen. Burkhard und seine Ehefrau Irmgard Gums prägten die Bühne 30 Jahre lang. Immer in vollem Einsatz vor und hinter den Kulissen und auf der Bühne. Es gibt viele Dinge, die wir bewahren möchten, vieles, was sich im Laufe der Jahre bewährt hat. Wir, das Ensemble, das aktuell die Klosterbühne verkörpert, fühlen uns dieser, ja, man möchte sagen, Tradition verpflichtet. Gern verpflichtet. Dazu gehört vor allem, dass wir unsere Karten nicht, wie es sonst allgemein üblich ist, verkaufen, sondern dass Sie eine Reservierung im Vorfeld vornehmen können und uns dann am Ende der Aufführung dafür einen Geldbetrag „ins Körbchen legen“. Ihre Spende ist für uns Anerkennung und Ansporn, auf diesem Wege weiterzumachen. Durch Ihre Spende ermöglichen Sie uns das Theaterspielen auf diesem Niveau und in diesem Rahmen. Wir haben keine anderen Einnahmen, wir „verdienen“ mit unserer Leidenschaft für das Theater nichts. Wir machen das, weil es uns Spaß macht, weil es unsere Passion ist. Dennoch ist jede Spielzeit mit Ausgaben und Kosten verbunden, die wir wieder einspielen wollen und müssen.

Bitte honorieren Sie unser Engagement. (Richtwert EUR 10,- für einen Erwachsenen). Die Klosterbühne Wennigsen sagt DANKE!


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